Donnerstag, 4. Februar 2021
AUF DEN SPUREN VON MARCO POLO
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Gutes Familienspiel: AUF DEN SPUREN VON MARCO POLO
Ravensburgers diesjähriges großes Familienspiel knüpft an die Start-Ziel-Spiele der 80er Jahre an, die für die damalige Zeit zu so beachtlichen Ergebnissen wie IN 80 TAGEN UM DIE ERDE und dem ausgezeichneten FLIEGENDEn TEPPICH geführt haben. 2004 begibt sich Reiner Knizia auf die Spuren von MARCO POLO und führt zwei bis fünf Reiselustige ab acht Jahren vom persischen Hormus über die Oasenstadt Kantshou ins chinesische Daidu, das heutige Peking. Knizia wäre nicht Knizia, wenn er nur ein einfaches Start-Ziel-Spiel dazu erfunden hätte. Bei ihm kann auch derjenige gewinnen, der als zweiter theoretisch sogar als letzter ins Ziel kommt, vorausgesetzt, er ist derjenige, der die meisten Goldkisten mitschleppt.
Die Reiseroute besteht aus nur 30 Feldern, sie kann recht schnell bewältigt werden, da besetzte Felder übersprungen werden dürfen. Die freien Felder stellen Anforderungen an die Kartenabgabe. So muss anfangs nur eine beliebige Warenkarte abgegeben werden, dann werden es zwei Warenkarten oder zwei Karten einer Farbe bis hin zu vier oder sogar fünf Karten, die speziellen Anforderungen genügen müssen. Die Spieler dürfen mit ihren Kamelfiguren beliebig weit ziehen, solange sie die entsprechenden Karten abgeben können. Wer keine passenden hat, darf rasten und ruhen, wobei er am Ende eines solchen „Zuges“ seine Kartenhand ergänzt. Dies kann er blind von einem Zugstapel tun oder er kann sich von fünf offen ausliegenden Karten eine auswählen. Spitzenpositionen werden bei der Zwischenwertung in Kantshou und bei der Schlusswertung in Daidu mit besonders vielen Goldkisten belohnt. So erhält der erste in der Oase Kantshou sechs Kisten Gold, derjenige, der auf dem Feld direkt dahinter ist, fünf Kisten usw., im Zielort sind es dann sogar sieben Kisten. Nach der Zwischenwertung beginnt das Rennen zur zweiten Etappe für alle neu. Alle starten von der Oase aus, unabhängig davon, ob sie auf der ersten Etappe hinterherhinkten oder vorn dabei waren.
Marco Polo ist im ausgehenden 13. Jahrhundert als siebzehnjähriger Jüngling zu dieser Reise gestartet und als Einundzwanzigjähriger schließlich in der Mongolenhauptstadt Kublai Khans, in Daidu, angekommen. Die vier entbehrungsreichen Jahre verdichten sich für die Spieler auf lockere 30 Minuten, wenn es lange dauert, ist die Spielkarawane eine Dreiviertelstunde unterwegs. Das Spiel ist schnell erklärt, die farbige Spielregel lässt kaum Fragen offen. Erwartet werden darf kein großartiges Taktikspiel, aber ein ordentliches Familienspiel, das an gute Ravensburger Traditionen anknüpft. Knizia bietet einfaches Spielvergnügen, nicht mehr und nicht weniger!
Wieland Herold
Titel: AUF DEN SPUREN DES MARCO POLO
Autor: Reiner Knizia
Grafik: Michael Bayer
Verlag: Ravensburger
Spieler: 2-5
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 30 - 45 Minuten
Preis: ca. 20 €
Spiel 7/2004 R29/2021
Die Rezension erschien 2004 www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Reiner Knizia, der weltweit produktivste Spieleautor, der auf inzwischen über 700 Spieleveröffentlichungen stolz sein kann, hatte bis 2000 schon einige Auszeichnungen gewonnen, darunter 1993 für MODERN ART und 1998 für EUPHRAT & TIGRIS. AUF DEN SPUREN VON MARCO POLO (BGG-Wertung aktuell 6,2) war ein solides Spiel, landete aber auf keinen Auszeichnungslisten.
Die besondere Leistung für die spielerische Adaption von DER HERR DER RINGE zeichnete die Jury „Spiel des Jahres“ mit dem Sonderpreis „Literatur im Spiel“ 2001 aus.
2008 erhielt er für KELTIS erstmals den Titel „Spiel des Jahres“ und das gleichzeitig im Doppelpack, da WER WAR’S den blauen Pöppel bekam.
Das Bild stammt aus dem Jahr 2001 und wurde im Februar 2001 am SAZ-Abend in Nürnberg aufgenommen. Die Hut-Partnerin Knizias ist Marieke Hoeber, Redakteurin bei Jumbo.
Mittwoch, 3. Februar 2021
FRANTIC FRANKFURT
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
FRANTIC FRANKFURT
Ich bin außer mir, neudeutsch: frantic! Da habe ich das fünfte Spiel der Goslar-Brüder vor mir und ihr Markenzeichen fehlt! Wo sind die Rauten? Vergeblich drehe und wende ich die kleine quadratische Schachtel und finde nur Spielkarten. Auch ihre Autorennamen suche ich vergeblich auf der Schachtel. Günter Burkhardt macht bei den Kronbergern mit FRANTIC FRANKFURT auf sich aufmerksam.
Zur schnellen Einordnung: FRANTIC FRANKFURT gehört in die Kategorie der rasanten Ablegespiele á la LIGRETTO und SPEED. Die Regeln sind denkbar einfach und sorgen trotzdem in der Ablegehektik immer wieder für Durcheinander und Kopfzerbrechen. 132 Karten in drei Farben sind im Spiel, Kartenwerte mit geraden Zahlen von 8 bis 20 und ungeraden Zahlen von 1 bis 13. Die Logik dieser ungleichen Verteilung ergibt sich aus den zwei Regeln für die Kartenablage:
1. Wird eine andere Farbe als die ausliegende gespielt, muss diese höher im Zahlenwert sein.
2. Wird die gleiche Farbe gespielt, darf dies nur mit einer ungeraden Zahl auf eine gerade erfolgen.
Diese einschränkenden Regeln machen eine gewisse Auswahl für die Kartenablage nötig. Jeder Spieler besitzt dazu einen Kartenstapel, den er loswerden möchte. Zehn Karten davon liegen in einem Vierer-, Dreier-, Zweierstapel und einer Karte vor ihm, die oberste jeweils offen. Vier Karten hat man also bei der aktuellen Ablage am Anfang im Blick. Abgelegt wird auf zwei bis vier Kartenstapel, je nach Spieleranzahl. Dazu zieht jeder am Anfang verdeckt eine Karte vom Nachziehstapel. Nachdem alle gleichzeitig ihre Karten umgedreht haben, geht’s los. Wer als erster seine zehn Karten los ist, klopft auf einen der Abwurfstapel, möglichst einen mit wenigen Karten, da die Reststapel unter den übrigen Spielern, nachdem sie auch fix Hand angelegt haben, verteilt werden. Gespielt wird bis ein Spieler nach dem Ende einer solchen Kurzrunde nur noch eine Karte im Nachziehstapel hat. Der hat damit nach zehn bis fünfzehn Minuten eine Partie Frantic Frankfurt gewonnen.
Wer sich dem Stress solcher hektischen Ablegespiele gern stellt, der muss sich FRANTIC FRANKFURT näher anschauen. Nicht weil hier jemand neue Legeregeln „erfunden“ hat, das sind letztlich willkürliche Setzungen, die einmal dieses und dann jenes von den Spielern verlangen, was mehr oder weniger lustvoll nachvollzogen werden kann, sondern weil phantasievolle redaktionelle Arbeit geleistet wurde. Eine Hommage an die Stadt Frankfurt und deren ehemalige und immer noch lebende Bewohner. Hier wird die Spielmechanik durchaus sinnvoll in Beziehung gesetzt zu den Bildmotiven. Die blauen Karten spiegeln das wirtschaftliche und politische Leben der Mainmetropole, die gelben Karten stellen Motive aus der Frankfurter Geschäfts- und Kulturwelt dar, vom Äpelwoi-Schenk bis J.W. v. Frankfurt. Das Rot führt uns letztlich in Frankfurts Nachtleben. Die Gebäudekarten haben die geraden Zahlen, Personenkarten sind in dem Spiel generell ungerade.
Tobias Goslar legt Grafiken vor, die auf Wiedererkennung angelegt sind. Er spielt mit Bildausschnitten und zoomt sich an die Objekte heran. So bekommen wir im Bildschnitt den hälftigen Reich-Ranicki mit demütiger Blickperspektive von unten noch gut mit, wenig später dürfen wir uns erhebend über seine dominierende Glatze freuen. Petra Roth ist in der Detailsicht allein an ihrer Amtskette erkennbar und Joschka mikrofongewaltig in allen Posen seiner jungen Jahre. Klasse Arbeit! Für das Spiel selbst macht diese Einteilung Sinn, so muss man sich bei den hohen Zahlen in Folge von Regel 2 nur noch auf Personen und gleiche Farben konzentrieren.
Leider sind rasante Spiele wie FRANTIC FRANKFURT nicht für jeden Spieler geeignet. Ungefähr gleiche Voraussetzungen in der Auffassungsgabe sollten bei den Beteiligten schon vorhanden sein, sonst kommt schnell Frust auf. Diejenigen, die nun gar kein Auge für neue Kartenkonstellationen auf dem Spieltisch haben, können eventuell bald doch etwas mit FRANTIC FRANKFURT anfangen, denn ursprünglich soll es ein Stichspiel gewesen sein, das der Autor Burkhardt auf dem Spieleautorentreffen 2004 in Göttingen Tobias und Roland Goslar vorgestellt hat. Auf ihrer Homepage kündigen die beiden Verlagsinhaber an, dass dort demnächst die Ausgangsregel für den Prototyp QUICK STOP veröffentlicht wird. Der Einsatz eines grünen Eddings wird allerdings notwendig werden. Für Ästheten ein Gräuel, vielleicht erweist sich diese Maßnahme auch förderlich für den Kauf eines Zweitspiels. Wie BONOBO und CRONBERG, zwei beachtliche Rautenspiele aus dem Verlag, lässt das Spielprinzip unendliche Variationen zu. Ich warte auf FRANTIC FRANKFURT mit einem Kanzler, der an der Leine liegt.
Wieland Herold
Titel: FRANTIC FRANKFURT
Autor: Günter Burkhardt
Grafik: Tobias Goslar
Verlag: Kronberger Spiele (www.kronberger-spiele.de)
Spieler: 2-4
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 10 Minuten
Preis: ca. 10 €
Spiel 6/2004 R28/2021
Die Rezension erschien 2004 www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der Realschullehrer Günter Burkhardt startete 1997 als 36jähriger zu Beginn gleich richtig durch. Er durfte sich nicht nur über MANITOU freuen, sondern hatte mit LANG LEBE DER KÖNIG und BÜRO CRAZY (beide FX Schmid) gleich zwei weitere Spiele in seinem Erstveröffentlichungsprogramm. BGG verzeichnet vorher noch Eigenpublikationen wie die QUASSELSTRIPPE (1994) und DAS LIEBLINGSSPIEL DES ADAM RIESE 1996.
MANITOU gefiel nicht nur den Juroren von Spiel des Jahres, es erreichte den fünften Platz beim Kartenspielpreis der Fairplay und den zehnten Platz beim Deutschen Spielepreis. Im Jahresrhythmus folgten mindestens zwei bis drei weitere Veröffentlichungen. Mit KUPFERKESSEL (Goldsieber) landete er 2002 erneut auf der Auswahlliste der Jury, gewann den österreichischen Titel Spiele Hit für Zwei und erreichte den achten Platz des Kartenspielpreises der Fairplay. Die Spiele MAORI (Hans im Glück, 2009) und POTATO MAN (Zoch, 2014) kamen auf die Empfehlungsliste der Jury Spiel des Jahres.
Beim Kartenspielpreis der Fairplay war er noch erfolgreicher, sein VOLLTREFFER (Berliner Spielkarten) gelangte 2000 auf den vierten Platz und mit VOM KAP BIS KAIRO (Adlung Spiele) erreichte er 2002 den ersten Platz.
Sein bisher größter Erfolg im Team mit seiner Tochter Lena war 2018 die Auszeichnung mit dem Kinderspiel des Jahres für FUNKELSCHATZ.
Von seinem Lehrerberuf hat er sich schon vor einiger Zeit beurlauben lassen. Er arbeitet inzwischen hauptberuflich als Spieleautor, engagiert sich in seiner Heimat in der Nähe von Bad Ditzenbach im Sportverein und ist für Die Grünen im Gemeinderat.
Das Bild zeigt Günter Burkhardt 2004 im Veröffentlichungsjahr des Spiels in Göttingen.
Dienstag, 2. Februar 2021
KRIEG UND FRIEDEN
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
KRIEG UND FRIEDEN: Nicht immer ganz friedlicher Kathedralenbau
Hinter dem Verlagskürzel TM-Spiele stehen der renommierte Spieleautor Klaus Teuber und sein Lieblingsredakteur Reiner Müller. Der Kleinverlag startete 1993 mit Teubers Spiel VERNISSAGE, das den Bronzeplatz beim deutschen Spielepreis erreichte. Das dann folgende KNOCK OUT von Wolfgang Panning landete immerhin noch auf dem achten Platz. Weitere Spiele blieben erst einmal auf der Strecke, da das Team die Betreuung des neu gegründeten Goldsieber-Verlages von Simba Toys überaus erfolgreich übernahm. 1997 wechselte das TM-Team nach dem Erfolg mit CATAN dann zu Kosmos. Danach gab es dann auch wieder TM-Spiele. 1998 MINISTER von Rudi Hoffmann, das auf die Auswahlliste der Jury kam und in diesem Jahr KRIEG UND FRIEDEN von Gerald Mulder.
Optisch verpackt wie ein großes Buch mit angedeuteten Leinenrücken und einer opulenten Kathedralen-Grafik auf dem Cover kommt das Spiel eindrucksvoll daher. Um den Bau dieser Kathedrale geht es in dem Spiel von Gerald Mulder. Bis zu vier Fürsten wetteifern um die Gunst ihres Königs im Ablauf der Jahreszeiten, in dem sie königliche Berater stellen, Arbeiter zum Bau der Kathedrale delegieren, eigene Höfe und Hütten bauen und gegnerische Ritter herausfordern. Für Bauteile der Kirche gibt es königliche Siegel, wer davon nach Errichtung der Kathedrale am meisten hat, gewinnt das Spiel.
Entscheidendes Steuerungselement sind Macht- und Schicksalskarten, mit denen man um die Position des Beraters steigert, Häuser und Arbeiterhütten baut oder kämpft
und sich verteidigt. Man muss Sorge tragen, dass der Kartennachschub nicht ausbleibt, sonst muss man den König um Gnade anflehen. Kartenglück und strategische Planung halten sich die Waage. Das Spiel bietet viel Interaktion, hat tolles Material und besitzt einen schönen Spielrhythmus in seiner Orientierung am Jahresablauf. Trotzdem stört mich die abschließende Dachabdeckung, die fast jedes Mal den Gewinner bestimmt. Damit hängt zu viel von der letzten Bietrunde ab und den Karten die man genau in diesem Moment auf der Hand hat. Das liegt auch daran, dass man drei Siegel für das Dach erhält, was meistens für den Schlusssieg reicht.
(Wieland Herold)
Spieletelegramm:
Titel: KRIEG UND FRIEDEN
Autor: Gerald Mulder
Grafik: Franz Vohwinkel
Verlag: TM-Spiele
Spielerzahl: 2-4
Alter: ab 12 Jahre
Spieldauer: etwa 90 min
Preis: ca. 59.00 DM
Spiel 21/1999 R27/2021
Die Rezension erschien 1999 unter www.spielundautor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Gerald Mulder ist ein 51jähriger holländischer Spieleautor, der zwischen 1998 und 2000 eine besonders erfolgreiche Phase hatte.
KRIEG UND FRIEDEN veröffentlichte er 1998 als CHARLEMAGNE, da wurde statt der Kathedrale noch eine Burg errichtet. Es folgte WORTELBOER für den Eigenverlag Think-Games, ein Jahr später kam dann sein größter finanzieller Erfolg mit BIG BROTHER: DAS SPIEL für Jumbo, das dann auch Verlage wie Hasbro und Clementoni übernahmen.
Montag, 1. Februar 2021
ALI BABA
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Scheherezade als Spielautorin
In der Vorgeschichte dieses im April '93 bei Abacus erschienenen Spieles von Ian Livingstone, dessen Vorläufer das Versicherungsspiel CALAMITY ist, taucht Scheherezade ausnahmsweise einmal nicht als Geschichtenerzählerin, sondern als Spieleautorin auf. Sie lenkte ihren Sultan über einige Nächte mit dem zauberhaften Spiel von ALI BABA ab. In Livingstones Spiel übernehmen die Spieler Räuberrollen und ergaunern sich ein möglichst großes Vermögen.
Sieht man einmal von diesem verwerflichen Tun ab, das nur dadurch relativiert wird, dass ALI BABA von Zeit zu Zeit einige Banditen zur Strecke bringt, hat der Abacus Verlag ein spannendes Familienspiel für 2 bis 6 Spieler produziert, das viel Spielspaß bringt.
Insgesamt zweimal wird die schöne ALI BABA-Figur über einen 52-Felder-Kurs in Basra gesteuert. 24 Bewegungskarten mit unterschiedlicher Zugweite von 1 bis 5 Feldern stehen den Spielern pro Runde zur Verfügung. ALI BABA kann auf leere Felder gesteuert werden, auf denen man Beute machen kann, auf Felder mit farbigen Symbolen oder auf Ereignisfelder. Die Verbrecherbanden Basras, derer man sich bedienen kann, sind Schwindler, Diebe, Betrüger und Räuber. Jede Bande besteht noch aus vier weiteren Untergruppen. Besitzt man alle vier Mitglieder einer Gruppe, kann man das Doppelte erbeuten, geht aber auch ein höheres Risiko, erwischt zu werden, ein. Auf den leeren Feldern dürfen bis zu drei Banditenkarten erworben werden. Landet Ali Baba auf einem farbigen Symbolfeld, dann ist er der Bande in dieser Farbe auf der Spur. Alle Bandenbesitzer dürfen sich loskaufen, pro Bandenkarte kostet das 20 Piaster. Die Spieler können auch untereinander Karten frei verkaufen. Jeder Räuber besitzt eine persönliche Schicksalsrolle in einem 6x6-Raster. Je nach Beutewert der Räuberkarte sind mehr oder weniger Zahlen gekennzeichnet. ALI BABA würfelt mit zwei Würfeln die "Trefferzahl' aus. Dies geschieht in zwei Stufen. Nach dem ersten Wurf, der die Zahlenreihe festlegt, kann man immer noch seine Räuberkarte abstoßen, nun aber gegen 100 Piaster. Sollte man nach dem zweiten Wurf mit einer entsprechenden Karte erwischt worden sein, muss man vor den Kadi. Jetzt wird es teuer: Teure 200 Piaster kostet die Bestechung des Kadis.
Am Ende der ersten Runde wird ausgezahlt. Für jedes Bandenmitglied erhält man den Wert der Beute, besitzt man die gesamte Bande, gibt es den doppelten Wert. Dann geht es in die zweite Runde, die nach dem gleichen Schema, wie oben beschrieben, abläuft.
Das Abwägen zwischen dem Risiko, erwischt zu werden oder doch noch durchschlüpfen zu können, macht den großen Spielreiz dieser Spielentwicklung aus. Die Steuerungsmechanismen über die Bewegungskarten lassen gewisse taktische Freiräume zu, obwohl das Spiel hauptsächlich von den Schicksalswürfen der beiden Würfel abhängt. Hier liegt aber auch die enorme Spielspannung, der es wohl zuzuschreiben ist, dass Scheherezade über mehrere Monate hin auf das Geschichtenerzählen verzichten durfte, da der Sultan ganz wild auf die Schatzjagd bei Ali Baba war.
(Wieland Herold)
Spieletelegramm:
Titel: ALI BABA
Verlag: Abacus
Autor: Ian Livingstone
Grafik: Hartmut Gärling
Spielerzahl: 2-6
Alter: ab 10 Jahre
Spieldauer: etwa 90 min
Preis: ca. 50.00 DM
Spiel 23/1993 R26/2021
Die Rezension erschien 1993
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der 71jährige Ian Livingstone ist vor allem als Gründer von Games Workshop bekannt. Zusammen mit seinem Partner Steve Jackson brachte er DUNGEONS & DRAGONS 1975 nach Europa und übernahm 1977 den Vertrieb von Citadel-Figuren. 1978 wurde der erster Laden eröffnet.
1982 erschien das erstes Fantasyabenteuerbuch der beiden Autoren, DER HEXENMEISTER VOM FLAMMENDEN BERG. Innerhalb weniger Monate wurden zehn Auflagen davon verkauft, auch in Deutschland war das Buch ein riesiger Erfolg, der Thienemann Verlag übernahm die Rechte. Die Reihe wurde fortgesetzt und ist inzwischen weltweit über 15 Millionen Mal verkauft worden.
Mitte der 90er Jahre wechselte Livingstone in den Computerspielsektor. Er war vor allem für Eidos Interactive tätig.
Livingstone hat einige Spiele veröffentlich, darunter BOOM TOWN (1990), LEGEND OF ZAGOR (1993) und eben ALI BABA (1993). Keines seiner Spiele konnte an die Erfolge der Bücher heranreichen
« vorherige Seite
(Seite 2 von 2, insgesamt 29 Einträge)