
Obwohl schon vor 12 Jahren in Venedig verstorben, lebt der „Grandseigneur der Spielekultur“, wie Der Spiegel ihn im Nachruf nannte, durch viele Neubearbeitungen seiner Ideen weiter. Michael Matschoss arbeitet zusammen mit Michael Tschiggerl und ihrer Agentur Smart Cookie Games fleißig daran, Rechte und Lizenzen am Spielerepertoire Alex Randolphs in Europa zu vertreiben. MAHÉ von Franjos, das 2016 den Japon Boardgame Prize gewonnen hat, ist ein herausragendes Beispiel dafür. Mit BISON (Piatnik) und WÖRTERKLAUER (Steffen-Spiele) sind 2016 weitere Spiele aus dem großen Randolph-Fundus herausgekommen.
An dieser Stelle soll Randolphs WÖRTERKLAUER vorgestellt werden. Der Herausgeber Steffen Mühlhäuser folgt dabei dem diesjährigen Trend zu Wortspielen. WÖRTERKLAUER reiht sich ein neben KRAZY WORDZ, KERFLIP und SPEED DICE. Wobei Randolphs Idee erst einmal wenig originell daherkommt. Er folgt dem klassischen Kreuzwort- oder SCRABBLE-Prinzip. Die ersten Ausgaben aus den 70er Jahren in der Ravensburger Traveller-Reihe und 1985 bei Spear unter dem Titel JAGO besaßen noch ein Spielbrett, auf das Steffen Spiele verzichtet. Die pfiffige Idee Randolphs besteht in einem hin und her wogenden Wörterduell. Das gelingt ihm mit zweifarbigen Buchstabenplättchen mit der simplen Zielvorgabe, am Ende des eigenen Zuges mehr eigene Plättchen auf dem Tisch zu haben als der Gegner.
Dazu braucht es nicht mehr als 96 Buchstabenkärtchen, einen Leinenbeutel und eine Sanduhr. Die Spieler einigen sich auf ihre gewünschten Farben und legen die maximale Ausdehnung ihres Kreuzwortfeldes fest. In der Ravensburger Fassung war man auf ein 8x8-Raster angewiesen, jetzt kann das Feld auch kleiner (7x7) oder größer (12x12) werden, worüber auch die Spieldauer geregelt werden kann. Der Startspieler zieht 12 Buchstaben, dreht sie auf seine Farbseite und versucht innerhalb des dreiminütigen Sanduhrrieselns so viele Wörter wie möglich zu legen. Übrig gebliebene Buchstaben muss der Gegner weiterverwenden, er ergänzt aber erneut auf 12 Kärtchen. Sollte kein Vokal darunter sein, werden vier Buchstaben zur Seite gelegt und nachgezogen. Nun muss der Gegner mit seiner Auslage ein besseres Ergebnis schaffen als sein Vorgänger.
Das klappt nur deshalb mehrmals hintereinander, weil Wörter „geklaut“ werden können. Das gelingt dann, wenn durch Anfügen und Austausch von Buchstaben die Worte ihre Bedeutung verändern. Es reicht also nicht, in den Plural zu wechseln, und aus „Auto“ „Autos“ zu machen, aber der „Autor“ würde ausreichen, sämtliche Buchstaben des Wortes übernehmen zu dürfen. Mit diesen Grundregeln entwickelt sich allein schon ein spannendes Spiel. Wer es komplexer mag, kann das Einfügen eines Buchstabens zulassen oder das Entfernen mehrerer Buchstaben. Wer das totale Chaos will, kann zulassen, dass ganze Wörter unter der Bedingung aufgelöst werden, dass alle Buchstaben in neuen Wörtern auftauchen. Je nach Schwierigkeitsgrad, die in der Regel sehr schön farbabgestuft erläutert werden, kann ein Wörterduell von 15 Minuten bis hin zu einer Stunde dauern. Wer es schnell mag, wählt ein kleines Feld und nur die Grundregeln. Wer die größeren Herausforderungen sucht, kann sich allmählich an die weiteren Klau-Methoden heranpirschen, was durchaus auch im Teamspiel gut funktioniert.
Man merkt WÖRTERKLAUER die 40 Jahre überhaupt nicht an, die es schon auf dem Buckel hat. Die Spielidee kommt dank ihrer Varianz erstaunlich frisch daher und kann zumindest mit KERFLIP und SPEED DICE locker mithalten. Schon 1985 würdigte die Jury „Spiel des Jahres“ die Idee mit einer Auszeichnung auf ihrer Empfehlungsliste. Der Duell-Charakter macht damals wie heute die Auseinandersetzung spannend, da nach jeder Runde Schluss sein kann. Der Zeitdruck der Sanduhr tut sein Übriges. Wobei der Gegner nicht gelangweilt zusieht, sondern durchaus schon auf Restbuchstaben spekuliert und überlegt, was er mit ihnen anstellen kann. Steffen Spiele verpackt das Randolph-Spiel in eine kompakte würfelförmige Schachtel. Die Pappbuchstaben, die sich in ähnlicher Form und Größe auch in Schülings WÖ.RTELN wiederfinden, entsprechen nicht ganz dem gewohnt hohen Materialniveau des Verlags aus Krastel. Trotzdem lohnt ein Blick auf dieses neubelebte Spiel von Alex Randolph, das dank der Zugeständnisse an das Material preiswert zu erwerben ist.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: WÖRTERKLAUER
Autor: Alex Randolph
Verlag: Steffen-Spiele
Alter: ab 10 Jahren
Spielerzahl: 2
Spielzeit: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 17 Euro