Donnerstag, 23. November 2017
MAJESTY
Was für ein Start in die Spielewelt. Moritz Brunnhofer, seit Jahresbeginn alleiniger Verlagschef von Hans im Glück, hat bei der Veröffentlichung von MAJESTY gleich elf Partner beteiligt. Marc Andrés Spiel erscheint in 16 Sprachen in wertiger Ausstattung und fantastisch von der französischen Illustratorin Anne Heidsieck gestaltet.
Ein solcher Hammerstart sollte begründet sein. Mit Marc André hat Brunnhofer einen Autor im Boot, der einst mit SPLENDOR die Space Cowboys bekannt gemacht hat. André besitzt ein gutes Händchen für einfache Spielstrukturen, die Spieltiefe zulassen und hohen Wiederspielreiz ergeben. Die Nähe zu SPLENDOR nutzt der Verlag, indem er auf wertige Münzen zurückgreift, die den haptischen Eindruck des Erfolgsspiels wiederholen. Auch das Bild von Marc André auf der Rückseite der Schachtel stammt aus dem Jahr 2014, in der nicht sichtbaren Verlängerung hält der Autor ein SPLENDOR in den Händen.
MAJESTY - DEINE KRONE – DEIN KÖNIGREICH plustert sich vom Titel her gewaltig auf, denn im Grunde genommen bewegen wir uns in überschaubarer feudaler Landschaft. Das Schloss mit angeschlossener Lazarettabteilung blickt nur auf eher dörfliche Einrichtungen herab. Im Herrschaftsbereich befinden sich eine Mühle, eine Brauerei, die dazugehörige Taverne, ein Wachturm zur Verteidigung und ein paar Hütten für Soldaten, die zu Angriffen ausschwärmen. Schließlich qualmt etwas abgelegen ein altersschwacher Schornstein aus einer Hexenhütte. Diese acht Gebäude liegen in vorgegebener Reihenfolge nebeneinander und ergeben ein von Heidsieck gestaltetes einheitliches Landschaftsbild, das jeder vor sich hat.
Bevölkerungslos ist diese Landschaft nur am Anfang. In zwölf Runden ziehen zwölf Bewohner ein und mehren den Reichtum ihrer Besitzer bis zu Endwertungen, die sie für (fast) jedes Gebäude vornehmen. Ergänzt wird die Schlusswertung durch eine Zusatzquadratur der belegten verschiedenen Einrichtungen.
Personennachschub wird je nach Spielerzahl über 33 bis 53 Karten geregelt, von denen immer sechs in einer offenen Auslage auf dem Markt sind. Der erste Bewohner kostet nichts, ab dem zweiten muss bezahlt werden. Die Kartenwährung sind dabei Meeples, von denen jeder anfangs fünf besitzt. Wer teuer einkauft, das heißt, die letzte Karte haben will, hat in Folgerunden weniger Auswahl, sodass sorgfältiges Abwägen nötig ist, bei welcher Karte man zuschlägt. Im Blick sind dabei die Einkommensregelungen der Karten und zum Teil deren Sonderfunktion, wenn sie ins eigene Dorf gelegt werden. So füllt jede Müllerin die Privatkasse erst einmal nur mit zwei Geld. Trotzdem wird sie gern genommen, denn jeder Brauer, der seinem Besitzer ebenfalls zwei Geld und zusätzlich noch einen Meeple bringt, ist ein potentieller Abnehmer für ihr Getreide und bringt allen Müllern im Spiel zwei weitere Münzen. Das System setzt sich beim Gastwirt in der Taverne fort, der erhält vier Geld, außerdem bekommen alle Zulieferer drei Geld. Ein solches Wechselspiel, das für ständige Interaktion sorgt, findet obendrein zwischen Wachturm und Kaserne statt. Verteidiger im Wachturm schützen vor Soldatenangriffen aus der Kaserne. Wer sich nicht verteidigt, verliert die am weitesten links liegende Person, meist eine Müllerin oder einen Brauer. Die Dorfbewohner müssen ins Lazarett. Zusätzlich zu diesem Gegeneinander bringen beide Figuren Geld. Der Verteidiger jeweils zwei Münzen für jede Person im Wachturm, aber auch für jeden Soldaten und Gastwirt, der Angreifer erhält drei Münzen für jeden Soldaten. Wer seine Verletzten aus dem Lazarett retten möchte, braucht die Heilkraft einer Hexe, die darüber hinaus lukrative Einnahmen für jede Müllerin, jeden Brauer und jede Hexe einbringt. Schließlich bleiben die majestätischen Schlossbewohner übrig, die Prinzessinnen, die dort einziehen, erweitern die Schatztruhe um fünf Münzen und einen Meeple.
Die Bilanzierung findet sehr real mit jeder ins Dorf einziehenden Person statt. Da wird nicht emotionslos auf einer Wertungsskala Buch geführt, sondern wertig in Münz-Chips ausbezahlt. Wirklich ein haptisches Vergnügen, bei dem der Verlag angeblich bewusst die 5er-Chips weggelassen hat. Wenn das stimmt, weil man dadurch häufiger wechseln muss, ist das zumindest ein guter Werbegag. In den schnell vorüberziehenden zwölf Runden ist man ständigen Zwängen ausgesetzt. Da will man den Aufbau von Punktemaschinen, zu denen Müllerin und Brauer gehören, die in genügender Anzahl Hexeneinsätze unabhängig von ihrer Heilkraft richtig lohnend machen. Da ist es das Geplänkel zwischen Verteidigungsaufbau und Angriffsvarianten. Und vor allem gibt es den notwendigen Blick auf die Endwertung. Einerseits den Mehrheitenkampf um jede Einrichtung, der zwischen zehn und sechszehn Münzen bringt und dann das Einkalkulieren von 49 Münzen, die nur dann ausgezahlt werden, wenn alle sieben zentralen Gebäude besetzt sind. Das Lazarett zählt dabei nicht mit, für jeden Verletzten, der am Ende dort liegt, muss sogar noch ein Taler gezahlt werden.
Das ist durchweg spannend, allerdings nur zum Teil steuerbar. Wer Pech hat und an keine Verteidigung kommt, wird ständig bestraft und muss auf viele Hexen hoffen. Der Glücksfaktor ist damit hoch, zumal in solchen Fällen der Schlussbonus von 49 Punkten ausbleiben kann, den man für den Gewinn schon einfahren sollte. Für Vielspieler wird das Ganze eine Portion Glück zu viel sein. Wer das einfache Familienspiel sucht, das Atmosphäre bietet, Interaktion und ein optisches und haptisches Vergnügen, der muss bei MAJESTY zugreifen. Eine erste Erweiterung ist übrigens mit B-Seiten der Gebäude inkludiert, das gelungene Tiefziehteil der Schachtel lässt Platz für viele weitere Optionen.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: MAJESTY
Autor: Marc André
Verlag: Hans im Glück
Alter: ab 7 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4 Spieler
Spielzeit: ca. 20 - 30 Min.
Preis: ca. 33 Euro
Spiel 71/2017
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Was ist das denn? Ernies Quietsche-Ente ist beim letzten Wettrennen nicht eingesammelt worden, ein ganzes CARCASSONNE-Spiel treibt im Fluss und mein geliebtes altes Nokia 3310, das 126 Millionen Mal über den Ladentisch wanderte, wird
Aufgenommen: Mär 07, 07:13