Dienstag, 18. Februar 2020
AGGERSBORG
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Viel Holz: AGGERSBORG
Essen 2005, zehn Jahr nach dem ersten Auftritt des Spieleverlags Spielteufel, war fast eine Euphorie wie 1995 zu spüren, als der Kleinverlag mit WESTWÄRTS und FETTE KÜHE auf sich erstmalig und durchaus erfolgreich aufmerksam machte. Wieder waren es zwei Spiele die Marion und Andreas Dettelbach mit viel Engagement präsentierten, einmal das an anderer Stelle vorgestellte ABUSIR und dann – und das ist ganz neu für die Dettelbachs – das erste Spiel eines Gastautors. Uwe Fischle darf sich über seine erste Spielveröffentlichung freuen, das Wikingerspiel AGGERSBORG , für das er nicht nur die Idee geliefert hat, sondern auch gleich grafisch verantwortlich zeichnet. Dabei versucht er sich dem Stil der Dettelbachs anzupassen, was in Ansätzen gelingt.
Rund 3500 Jahre nach dem Pyramidenbau in der Nekropole ABUSIR will ein Wikingerfürst die mächtige Burg AGGERSBORG errichten. Um den Titel „Königlicher Bauherr“ streiten zwei bis vier Spieler. Ein Wegekreuz teilt die typische Ringanlage der Wikinger in vier Gebiete, in denen bis zu 48 Langhäuser errichtet werden können, wobei die gesamte Absicherung durch einen großen Schutzwall eine zentrale Rolle spielt. Die Materialausstattung ist wie bei den meisten Spielteufel-Spielen beeindruckend. Viel Holz ist mit im Spiel, das brauchen die Wikinger nun aber auch für ihre Palisaden und Langhäuser. Im Spiel zu viert erhält jeder Spieler 16 Wallsteine, 12 Gebäudeunterteile und die farblich passenden Dächer dazu. Für das Recht zu bauen, werden Abstimmungen durchgeführt. Dazu erhält jeder einen Kartensatz, daneben sind Feuermarker und Kärtchen für Aufstände von Bedeutung. Der Startspieler erhält passend einen wuchtigen Runenstein.
Der Stein wird in eine der vier Sektoren gelegt, dort baut der Spieler auf einem Bauplatz und platziert ein Hausteil ohne Dach. Alle anderen Spieler machen das ebenfalls in diesem Sektor. Dann wechselt der Startspieler und die übrigen drei Burgviertel werden entsprechend bebaut.
Die eigentlichen Spielrunden beginnen stets mit einer Abstimmung über die Spielreihenfolge, der Runenstein übernimmt für den Startspieler Tiebreaker-Funktion. Alle legen verdeckt eine ihrer Abstimmungskarten ab, der Spieler mit dem höchsten Kartenwert erhält das erste Baurecht. Die sechs Abstimmungskarten müssen alle erst gespielt sein, bevor der gesamte Satz wieder zur Verfügung steht.
Das Voten legt nicht nur die Baureihenfolge fest, bestimmte Karten wirken sich auf die Bautätigkeit aus. Spielt nur ein Spieler die Karte mit dem Wert 1, geht der Feuerteufel in AGGERSBORG um. Ein Dach geht in Flammen auf oder ein Langhaus ohne Dach versinkt in Schutt und Asche. Der betroffene Spieler erhält einen Feuermarker und die Brandstelle wird durch eine Feuermarkierung vorerst von weiteren Bautätigkeiten ausgenommen. Eine gespielte Karte mit dem Wert 2 hat einen Aufstand zur Folge, dessen Marker ein gesamtes Bauviertel für weitere Baumaßnahmen blockiert. Der Baustopp endet spätestens bei Wiederaufnahme der sechs Abstimmungskarten. Sobald eine erste Gebietswertung durchgeführt wurde, sind die Wikinger in AGGERSBORG befriedet, und es kommt zu keinen Aufständen mehr.
In der Abstimmungsreihenfolge können die Spieler bis zu vier Aktionen durchführen. Sie müssen stets bauen, d.h. ein Langhaus oder ein Dach an beliebiger Stelle errichten, Dächer dürfen auch auf fremde Langhäuser platziert werden. Für bestimmte Baukonstellationen darf der Schutzwall verlängert werden. So bringt ein einfarbiges Langhaus den Bau eines Wallteils, zwei Teile dürfen gebaut werden, wenn in Bauquadraten, entlang der Wege oder des Walles die jeweils vier Bauplätze in den Räumen oder Dächern in einer Farbe oder in allen vier Farben sind. Durch Setzen eines Langhauses oder Daches können mehrere Bedingungen erfüllt werden, die alle zum Wallbau beitragen. Wer drei Feuermarker vor sich hat, muss diese abgeben und darf dann entweder zusätzlich ein Haus- oder Wallteil bauen. Sollte durch Platzieren eines Daches ein Baugebiet vollständig bebaut sein, erfolgt eine Gebietswertung, die nach den Dächern berechnet wird. Der Spieler mit den meisten Dächern in diesem Gebiet darf drei Wallteile bauen, die anderen zwei bzw. ein Teil.
Sobald ein Spieler seine 16 Wallteile verbaut hat, endet das Spiel. Das tritt auch dann ein, wenn der Ringwall, der aus 48 Segmenten zusammengesetzt ist, vollendet ist, oder alle 48 Langhäuser gebaut sind. In diesen Fällen gewinnt der Spieler, der die wenigsten Wallteile vor sich hat. Bei Gleichstand entscheidet wieder der Runenstein. Für das Spiel zu dritt und zu zweit gibt es Sonderregeln, so müssen zwei Spieler mit jeweils zwei Farben spielen.
Das, was sich optisch während des Baues von AGGERSBORG entwickelt, ist eindrucksvoll. Auch wenn die bunten Farben der Langhäuser nicht unbedingt authentisch sind, ist das Wachsen der Wikingerburg durchaus ein ästhetischer Genuss. Das Spiel selbst funktioniert gut, aber Funken der Begeisterung habe ich nie so recht in meinen Spielrunden erlebt. Das Feuer bricht nur auf dem Spielbrett aus und entflammt nicht die um das Brett agierenden Spieler. Dazu ist das Spiel letztlich zu mechanisch, folgt seinen zum Teil diffizilen Abrechnungsregeln, da man nicht nur den Endausbau, sondern auch die Teilausbauten der Langhäuser im Blick haben muss. Wer AGGERSBORG erfolgreich spielen will, muss ins Grübeln kommen und das kann dauern. Vieles gefällt, das Ambiente, das thematische Aufgreifen des Baues der größten Wikingerburg Dänemarks, in Ansätzen auch die Spielidee, aber man muss dieses Konstellationsdenken mögen, um richtig Gefallen an dem Spiel zu finden. Dann kann man sich auch über die schon in der Erstausgabe enthaltene Erweiterung freuen, eine zusätzliche Abstimmungskarte nämlich, die, alleine gespielt, den Runenstein bringt.
Titel: AGGERSBORG
Autor: Uwe Fischle
Grafik/Design: Uwe Fischle
Verlag: Spielteufel
Alter: ab 10 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4
Spielzeit: 60 Minuten
Preis: ca. 38 Euro
Die Rezension erschien 2005 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: nächste Woche wieder
Spiel 2/2005 R 4/2020
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