
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Gleich zwei von den sieben Spielen der diesjährigen Empfehlungsliste für das Spiel des Jahres 1995 spielen in Italien im 15. Jahrhundert. In CONDOTTIERE geht es um die Kämpfe der vielen Stadtstaaten, in MEDICI von Reiner Knizia speziell um die Handelsmetropole Florenz und den Aufstieg reicher Kaufleute durch den Handel mit Farben, Tuchen und Gewürzen.
MEDICI ist ein Versteigerungsspiel um Warenkarten in unterschiedlicher Wertigkeit von 0 bis 5 Einheiten, ein neutraler 10er Wert spielt eine besondere Rolle in der ersten Wertungsphase. Mit dem Startkapital von 40 Florentiner Münzen steigen alle ein, je nach Spielerzahl sind zwischen 18 und 36 Warenkarten im Spiel.
Der Startspieler deckt bis zu drei Karten auf, um die dann als Gesamtpaket einmalig reihum geboten wird. Der Spieler mit dem höchsten Gebot bekommt alle Waren. Innerhalb einer Spielrunde darf jeder nur maximal fünf Karten ersteigern. Wer mit drei Warenkarten beginnt, muss bei folgenden Dreierpaketen passen. Ist bei allen das Lager gefüllt, wobei der letzte seine fünf Karten einfach vom Stapel ergänzt, endet die Spielrunde.
In der Auswertung wird zuerst ermittelt, wer den höchsten Warenwert besitzt, der bekommt 30 Florentiner gutgeschrieben. Bis auf den vorletzten Platz gehen die meisten nicht leer aus. Der zweite Blick gilt den Warenkontoren, in denen die Einkäufe bilanziert angezeigt werden. Wobei jede Warenkarte unabhängig von ihrem Wert die Bilanz um einen Schritt verbessert, die 10er-Karte bringt hierbei nichts ein. Die Sieger in den fünf Kontoren gewinnen jeweils 10 Florentiner, die Zweitplatzierten immerhin noch 5.
In ähnlicher Weise läuft die zweite und dritte Spielrunde ab, wobei Spitzenfelder Sonderprämien von 10 und 20 Florentiner einbringen. Wer nach der dritten Runde das größte Vermögen besitzt, gewinnt MEDICI nach einer knappen Stunde.
Knizias Kalkulationen in MEDICI beziehen sich immer auf das Gesamtvermögen, das über den Sieger entscheidet, das aber auch für die wichtigen Versteigerungsphasen genutzt werden muss. Sein Kalkül ist durch die Warenbegrenzung auf fünf Karten besonders raffiniert. Da kann man zwar auf die kostenlosen letzten Karten spekulieren, sollte aber schon gezielter vorgehen, um am Ende seine Florentiner-Truhe am besten gefüllt zu haben. Konzentration auf das Wesentliche – und das sind meistens die Boni – machen den Reiz des Spiels von Knizia aus. MEDICI ist ein Klassiker unter den Versteigerungsspielen, kommt aber nicht ganz an MODERN ART (Hans im Glück, 1992) heran.
Wieland Herold
Spieletelegramm:
Titel: MEDICI
Verlag: Amigo
Autor: Reiner Knizia
Grafik: Franz Vohwinkel
Spielerzahl: 3-6
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 60 Minuten
Preis: ca. 25.- DM
Die Rezension erschien 1995
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: gerne morgen wieder
Spiel 14/ 1995 R 105/2020

Zum Spiel und zum Autor:
MEDICI landete nicht nur auf der Auswahlliste der Jury Spiel des Jahres. 1995 gewann es auch den 5. Platz beim Deutschen Spielepreis.
Reiner Knizia, der weltweit produktivste Spieleautor, der auf inzwischen über 700 Spieleveröffentlichungen stolz sein kann, hatte bis 1995 schon einige Auszeichnungen gewonnen, darunter für QUO VADIS, TUTANCHAMUN und MODERN ART.
Die besondere Leistung für die spielerische Adaption von DER HERR DER RINGE zeichnete die Jury „Spiel des Jahres“ mit dem Sonderpreis „Literatur im Spiel“ 2001 aus.
2008 erhielt er für KELTIS erstmals den Titel Spiel des Jahres und das gleichzeitig im Doppelpack, da WER WAR’S den blauen Pöppel bekam.
Das Bild stammt vom Goldsieber-Abend 1996, zu sehen sind die damaligen Jungstars der Szene Klaus Teuber und Reiner Knizia.