Samstag, 8. August 2015
THINK STR8!
Auf deduktiven Spuren hat sich Leo Colovini schon in der Frühzeit seiner Autorentätigkeit als 24jähriger in der Zusammenarbeit mit Alex Randolph bewegt. Die beiden Venezianer, der eine von Geburt her, der andere, weil er die Lagunenstadt liebte, haben 1988 Venedig mit INKOGNITO das wohl eindrucksvollste spielerische Denkmal geschenkt.
Sein THINK STR8!, 2015 bei Huch erschienen, folgt dem schon klassischen DA VINCI-Prinzip, das verdeckt vor einem Spieler stehende Zahlenfolgen erraten werden müssen. Colovini treibt es aber etwas bunter. In seinem Spiel geht es um Zahlenkarten in sechs Farben in den Werten 0 bis 7. Von jeder Farbe steckt vor jedem der zwei bis vier Spieler jeweils eine Karte im Kartenhalter.
Der Ratevorgang wird durch ein Ermittlungsblatt und durch ein Spielbrett unterstützt. Auf dem Spielbrett wird neben der Spielstandsanzeige das Ergebnis des Wurfs dreier Farbwürfel markiert. Dieser Wurf darf einmal korrigiert werden, alle kreuzen in der entsprechenden Rundenspalte die entsprechenden Farbspalten an. Dabei darf eine Farbe auch mehrmals vorkommen. Die Zahlensumme aller ausgewählten Würfel muss nun erraten werden. Dafür gibt es Schätzleisten auf dem Spielplan und Tipp-Plättchen, die Bandbreiten bis zu sieben Feldern abdecken. Je kleiner das Plättchen, umso mehr Punkte gibt es zu gewinnen. Haben alle getippt, werten die Mitspieler aus. Wer falsch liegt, erfährt immerhin, ob die Summe seiner Zahlen in Wirklichkeit höher oder tiefer als der Tipp liegt. Zusätzlich müssen diese Spieler eine ihrer Karten austauschen.
Nach acht bis zehn Runden ist das Rätselraten vorbei und es folgt eine finale Tipp-Runde, in der die Spieler für jede Farbe ein bis drei Tipps abgegeben. Dabei bringt ein Volltreffer fünf zusätzliche Punkte ein, wer drei Tipps braucht und dann richtig liegt, kassiert nur einen Punkt. Diese Endrunde ist oft spielentscheidend und kann Reihenfolgen total durcheinander wirbeln.
THINK STR8! ist ein anspruchsvolles Denkspiel, das durch die Additionskomponente einen zusätzlichen Pfiff erhält. Auch mit weniger als vier Spielern haben alle stets die Informationen über drei Kartenhalter, der eigene bleibt ja unbekannt. Allerdings kommt es zu zweit und zu dritt seltener zum Kartenaustausch, sodass für die finalen Tipps am Ende weniger Informationen zur Verfügung stehen. Wer Deduktionsspiele mag, wird Gefallen an Colovinis Spiel finden. Woran ich allerdings überhaupt kein Gefallen finde, das ist die Umsetzung seiner Spielidee durch Huch. Für 25 Euro darf man wohl einen ordentlichen Spielplan und stabiles Kartenmaterial erwarten. Das, was die Firma aus Günzburg hier abliefert, ist unterhalb aller Norm. Die Zahlenkarten sind extrem dünn und spitzeckig. Der Spielplan hat die Materialqualität eines Sichtschutzes und verdient eigentlich den Namen „Spielplan“ überhaupt nicht. Auch Farbwürfel und Setzsteine habe ich schon in deutlich besserer Qualität erlebt. Das ist absolut nicht akzeptabel, was Huch sich hier leistet und lässt eine Wertung im 2er-Bereich, die die Spielidee eigentlich verdient hätte, nicht mehr zu!
Wertung: Vielleicht nächsten Monat wieder
Titel: THINK STR8!
Verlag: Huch
Autor: Leo Colovini
Spieleranzahl: 2-4
Alter: ab 10 Jahren
Dauer: ca. 60 Minuten
Preis: ca. 25 Euro
Freitag, 7. August 2015
VON DRACHEN UND SCHAFEN
Ein Einstieg in die Besprechung von VON DRACHEN UND SCHAFEN muss den Grafiker würdigen. Jonas Åkerlund hat für dieses Kartenspiel aus dem Kosmos Verlag eindrucksvolle Bilder gezeichnet. Das Vergnügen genießen die Spieler gleich doppelseitig, da sind einerseits unterschiedliche Schafe auf der Kartenrückseite und anderseits prägen 85 Aktions- und Schatzkarten den Spielverlauf. Åkerlunds Bilder gehören 2015 berechtigt zu den nominierten Werken für Graf Ludo. Die Gewinnchancen dürften hoch sein.
Wäre nicht diese Grafik, hätte ich wahrscheinlich die Verlagsstrategie für eine Einleitung genutzt, denn inzwischen fragt man sich, wozu Kosmos eigentlich noch Redakteure bezahlt. Da lebt man von Teuber (CATAN und KNÄTSEL) und hat Erfolg mit Produkten, die im Ausland erfolgreich waren (MACHI KORO und UGO. Auch von VON DRACHEN UND SCHAFEN ist kein hauseigenes Produkt, sondern ein Kickstarter Projekt, das der in den USA lebende Autor unter Mortensen Games hat produzieren lassen. Dort wo Redaktionsarbeit möglich wäre, machen die Redakteure wie bei DA LUIGI gravierende Fehler.
Der Redakteurin Bärbel Schmidts sind bei ihrer Aufbereitung des Spiels von Nathanael Mortensen nur wenige Fehler unterlaufen. Die Umsetzung des Spiels gelingt ihr gut, sie hätte aber noch stärker in die Spielmechanik eingreifen sollen. Die Funktion von Sonderkarten wird mit Übersichtskarten erläutert, die Regel ist gut strukturiert, die Übersicht am Ende für die Besonderheiten bei jeder Spielerzahl hilfreich.
Dank dieser Regel gibt es keine Einstiegshürde. Wir Spieler sind Drachen und jagen nach Schätzen. Jeder Schatz kostet Schafe in unterschiedlicher Anzahl und verschiedener Wollfärbung. Alle starten mit vier Handkarten und ziehen ab drei Spielern zu Rundenbeginn stets drei Karten nach. Dabei orientiert man sich nur an der Schaffarbe, und weiß nicht, ob sich auf der Rückseite ein Schatz oder eine Aktionsmöglichkeit befindet. Wer an der Reihe ist, kann kostenfrei eine Höhle auslegen, die dort untergebrachte Schätze wertvoller macht. Gegen Bezahlung von zwei bis fünf Schafen dürfen die Spieler Schätze auslegen, die bis zu sieben Siegpunkte bringen. Schließlich können Aktionskarten Pläne der Mitspieler durchkreuzen. Da sorgt ein wütender Mob dafür, dass alle die Hälfte ihrer Karten verlieren. Ein Dieb schädigt nur einen Beteiligten und klaut ihm zwei Karten. Wer eine Drachenkarte oder ein Einhorn besitzt, kann sich schützen, mit einer Hirtin gibt es noch zwei zusätzliche Karten.
Mit rein destruktivem Spiel kommt man nicht weit, da auch die Aktionskarten der Schatzgewinnung dienen. Trotzdem zögern diese Aktionsmöglichkeiten das Spielende hinaus. Da wird dann gegen den Führenden gern der Ritter gespielt, der zu einer Runde Zuschauen verdonnert, oder der wütende Mob wird von einem Zauberer begleitet, der verhindert, dass der Drache sich schützend vor seinen Besitzer stellen darf. In dieser Phase ist das Spiel auch nicht ganz frei vom Königsmachereffekt, sodass manchmal ein Mitspieler entscheiden kann, wer letztlich gewinnt.
Die Wege zum Sieg können unterschiedlich sein. Wer acht Schätze ausliegen hat, beendet bei vier Beteiligten das Spiel. Da kann einer hochwertige Schatzkarten mit sieben Siegpunkten sammeln und mit vier Karten mehr Punkte besitzen, als ein anderer, der schnell acht Schätze auslegt, aber damit vielleicht nur bei 21 Punkten gelandet ist. Zünglein an der Waage sind oft die Höhlen. Vier rote Schätze in der roten Höhle bringen nämlich zehn Zusatzpunkte, wer dann vielleicht noch drei Schätze in einer blauen Höhle hat, bekommt sechs weitere Extrapunkte. Auch wenn der letzte Schatz keine Höhle hat, reicht das dann wahrscheinlich trotz geringer Einzelwerte der Schätze zum Sieg.
VON DRACHEN UND SCHAFEN ist kein schnelles Spiel. Das Schätzesammeln dauert rund eine dreiviertel Stunde, das zieht sich vor allem am Ende lange hin. Optimierer rechnen, da der jeweilige Punktestand für alle erkennbar ist. Um das zu vermeiden, sind wir inzwischen dazu übergegangen, dass die Schätze in den Höhlen unter die Höhlenkarte geschoben werden. Da bleibt dann doch noch etwas Überraschung für das Ende möglich, es sei denn, es gibt einen absoluten Memo-Crack in der Runde. Hilfreich wäre auch gewesen, wenn das Gleichgewicht zwischen Schatz- und Aktionskarten zugunsten der Schatzkarten verändert worden wäre. Gegen Ende sind nämlich im Spiel zu viert fast nur noch Aktionskarten im Deck. Eine Relation von 50 Schatzkarten zu 30 Aktionskarten oder sogar ein Verhältnis von 60:20 würde für einen zügigeren Ablauf sorgen.
Fazit: Tolle Optik, mittelmäßiges Spiel, dem die Feinabstimmung fehlt. Da hätte man mehr daraus machen können.
Wertung: Vielleicht nächsten Monat wieder
Titel: Von Drachen und Schafen
Verlag: Kosmos
Autor: Nathanael Mortensen
Grafik: Jonas Åkerlund
Spieleranzahl: 2-4
Alter: ab 9 Jahren
Dauer: ca. 45 Minuten
Preis: ca. 13 Euro
BERMUDA
Stoppuhren, Sanduhren, Zählorgien - der Möglichkeiten Timer beim Spielen zum Einsatz zu bringen, sind viele. Was Carlo Emanuele Lanzavecchia in BERMUDA dazu eingefallen ist, war aber noch nie da: Luft anhalten als Zeitmesser. Apnoetaucher sind eindeutig im Vorteil.
Der italienische Autor, der sich bisher eher mit FEUERDRACHEN (Haba) und RUMPELRIESEN (Drei Magier) beschäftigt hat, geht im Bermuda Dreieck auf Tauchgang. Dort liegen wertvolle Schätze, die eine unheimliche Nixe aber gar nicht so gerne rausrückt. Da müssen mutige Taucher schon gemeinsam an der Schatzsuche arbeiten.
Das Taucherlebnis nimmt Lanzavecchia wörtlich. Sind drei Taucher beteiligt liegen drei Schätze aus, bei denen die Tiefe des Tauchganges vorgegeben ist. Sie liegt zwischen sechs und zehn Tiefenmetern. Das Tauchen läuft in Form eines kooperativen Ablagespiels á la THE GAME ab. Tauchkarten dürfen auf- und absteigend gelegt werden. 12 Karten mit Werten von 1 bis 9 hat davon jeder auf der Hand. Auf eine 5 können sie damit entweder eine 6 oder eine 4 legen. Das Problem der Absprache gibt es nicht, da alle damit zu tun haben, die Luft lange anzuhalten. Jeder spielt möglichst schnell seine Karten ab. Die Gruppe muss daher darauf achten, nicht mehr Karten als gefordert zu spielen, denn sonst sind sie am Schatz vorbeigetaucht.
Sobald einer Luft holen muss, ist der Spaß vorbei. Schätze, die sie nicht erreichen, bekommt die Nixe, was der wiederum ein bis drei Siegpunkte bringt. Insofern muss die Gruppe darauf achten, die höherwertigen Schatzkarten selbst zu ergattern, denn für sie zählt jeder Schatz nur einen Punkt. Nach fünf Tauchgängen wird Bilanz gezogen, wobei es nicht einfach ist, die Nixe zu besiegen.
Eine verrückte Idee, die für die Österreicher immerhin eine der vielen dort vergebenen Auszeichnungen Wert war. Neben UGO und BROOM SERVICE taucht BERMUDA als „Spiele-Hit mit Freunden“ auf. Mich selbst fasziniert der kreative Einfall, ich zweifle aber an der Langzeitwirkung. Die Tauchvorgänge sind einfach zu schnell vorbei. Es ist zwar schön, sich am schwächsten Glied in der Gruppe orientieren zu dürfen, aber wenn dem schon nach 15 Sekunden die Luft ausgeht, dann gewinnt durchweg die Nixe. Zumal die Karten auch stimmen müssen. Im Spiel zu dritt stehen gerade einmal 36 von 63 Karten zur Verfügung, da entstehen automatisch Lücken, die beim besten Willen und bei extremer Tauchdauer nicht gefüllt werden können. Tolle Idee, der aber dann doch auf dem Weg in die Spieltiefe die Luft ausgeht.
Wertung: Vielleicht nächsten Monat wieder
Titel: BERMUDA
Verlag: Huch
Autor: Carlo Emanuele Lanzavecchia
Spieleranzahl: 3-6
Alter: ab 10 Jahren
Dauer: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 8 Euro
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