Mittwoch, 16. Dezember 2015
CUCINA CURIOSA
Zu den Trends nach der „Spiel“ in Essen gehören vor allem deduktive Kommunikationsspiele, aber auch Variationen des Klassikers TAKE IT EASY. Haba folgt dieser Idee in seiner jungen Familienspiel-Reihe und setzt mit KARUBA neue Akzente. Noris stellt mit CUCINA CURIOSA eine knizianische Überarbeitung des Vorbilds vor.
Für das Noris-Spiel recycelt Reiner Knizia, der heuer sein dreißigjähriges Autorenjubiläum feiern darf, ein fünf Jahre altes Handyspiel, das er für Tribeflame entwickelt hat. In REINER KNIZIA’S LABYRINTH geht es auf Schatzsuche, die man sich nicht durch Monster stören lassen darf. Nichts Anderes passiert in der kuriosen Küche. Die Schätze sind nun Hummer, die Monster stinkende Fischgräten.
Alles spielt sich wie auf dem Handybildschirm auf einem 4x4 Feld ab, auf das 16 von 20 Wegeteile abgelegt werden müssen. Das Abenteuerlabyrinth ist zur Kreuzfahrtküche degeneriert, die kräftiger Seegang ganz schön durcheinander wirbelt. Jeder muss auf seinem Küchenspielplan die Küchenwelten wieder in Ordnung bringen. Dabei wollen die Köche möglichst viele entflohene Lobster einfangen und tunlichst wenig Gräten im Wegenetz haben.
Das Spielprinzip ist bekannt: Ein Spieler deckt der Reihe nach verdeckte Wegekarten auf, die anderen suchen die passende Karte und dürfen sie an beliebiger Stelle in ihrer Küche unterbringen. Sobald das 16. Plättchen gelegt ist, wird überprüft, wie viele Hummer jeder einfangen konnte. Die bringen stets einen Siegpunkt, Gräten verhageln die Bilanz mit zwei Minuspunkten. Wer die meisten Punkte erreicht, gewinnt nach 15 bis 20 Minuten das Spiel.
Nichts Neues aus dem Hause Knizia, im Gegenteil die Handyvariante bietet deutlich mehr Varianz. Wer das Spielprinzip kennenlernen möchte, der kann eine Lite-Version kostenlos ausprobieren oder für knapp 3 Euro auf die Vollversion zugreifen. Der Mehrwert von CUCINA CURIOSA besteht natürlich im Konkurrenzspiel mit bis zu drei Gegnern, das REINER KNIZIA’S LABYRINTH nicht bietet. Das Material ist solide, die comichaft angelegte Grafik trifft nicht jedermanns Geschmack. Dienlicher wären klarere Strukturen, das hätte beim Heraussuchen der passenden Kärtchen geholfen.
Das Spiel funktioniert, trotzdem wollen die edlen Lobster im Vergleich zum großen Vorbild nicht munden. Sogar MOPS ROYAL, das Noris 2014 veröffentlicht hat und das auch dem TAKE IT EASY-Prinzip folgt, hat gegenüber dem Schiffsküchenspiel die Nase vor. Das war reizvoller durch unterschiedliche Ausgangsbedingungen und spannende Zwischenwertungen. Meine Runden greifen jedenfalls lieber zum Original oder zu Rüdiger Dorns KARUBA.
Wertung: Vielleicht nächsten Monat
Titel: Cucina Curiosa
Autor: Reiner Knizia
Verlag: Noris
Spielerzahl: 1- 4 Spieler
Alter: ab 8 Jahren
Dauer: ca. 15 - 20 Minuten
Preis: ca. 20 Euro
GOUDA GANOVEN
Was haben Ferienwohnungen auf Norderney mit GOUDA GANOVEN zu tun? Nun ja, wer sich eine Woche bei Familie Heller einmietet, bekommt ein Kartenspiel des Sohnemanns geschenkt.
Stefan Heller, Doktor der Medizin, geht viele kreative Wege, um seine Spielidee an den Mann oder an die Frau zu bringen. An seinem alten Gymnasium, dem Ulricianum in Aurich, macht er Werbung auf der Homepage. Sein Risiko minimierte er durch eine knapp erfolgreiche Schwarmfinanzierung bei Startnext und mit Werbesprüchen hält er sich auch nicht zurück: „Viele Spielstunden haben das Spiel GOUDA GANOVEN geprägt und modifiziert, sodass man nun von einem sehr gelungenen und äußerst lustigen Gesellschaftsspiel sprechen kann, und das für jung bis alt.“
Heller ist überzeugt von seiner Idee, die ihn sein ganzes Studium lang begleitet hat. Mit immerhin 146 Unterstützern überschreitet er sein Finanzierungsziel von 9.900 Euro knapp, sodass seine GOUDA GANOVEN seit Juni 2015 auf dem Markt sind. Im Eigenvertrieb kostet das Spiel inzwischen 20 Euro, was für eine Kartenspielidee erst einmal eine ganze Menge Kohle oder Käse ist.
Dieser Käse regnet zu Beginn jeder Spielrunde auf ein kleines Häuschen mit vier Zimmern. Der Startspieler hat dabei stets ein Käsestück weniger, als Mitspieler beteiligt sind, in der Hand. Er lässt die zwei bis fünf Holzteile mittig auf einen Hausplan fallen. Je nach Nähe, werden die Käsestücke eindeutig dem Bade-, Schlaf, Kinderzimmer oder Kellerraum zugeordnet. Um diese streiten sich dann die Kontrahenten als kleine Ratten. Dafür haben sie Karten von jedem Zimmer zur Verfügung und anfangs drei weitere Spielkarten als Waffen-, Fallen- und Käsekarten.
Erst einmal entscheiden sich alle geheim für ein Zimmer, in das sie spazieren wollen. Dann überlegen sie, mit welcher Ausrüstung sie ihre Nager ausstatten, wobei die Waffenkarten Werte von 1 bis 20 haben. Sie können bei entsprechender Stärke auch Käsekarten hinzunehmen, die die Käseanzahl erhöhen. Ganz gemein sind Fallen, die gegnerische Ratten verletzen. Diese Karten wirken sich in der folgenden Spionage-Phase aus, in der alle Spieler eine Karte eines beliebigen Mitspielers umdecken. Wer eine Falle erwischt, bekommt in dieser Runde zehn Stärkepunkte abgezogen. Damit man danach nicht ohnmächtig dasteht, hat der Autor noch eine Verstärkungsphase eingebaut, in der alle Karten aber offen gespielt werden müssen. Nur in dieser Phase dürfen Aktionskarten gespielt werden. Mit denen können die Spieler Käsestücken verschieben, samt Ausrüstung das Zimmer wechseln, aber auch die Runde vorzeitig beenden.
Dann folgt die Phase der Offenbarung, der Streit um den Käse wird entschieden. Die Kampfstärke greift immer dann, wenn die Zahl der Käsestücke für eine gerechte Verteilung nicht ausreicht. Jeder Käsegewinn wird mit einem Rattenchip belohnt. Wer als Erster eine Rattenbande mit fünf Ratten sammeln kann, gewinnt GOUDA GANOVEN nach einer guten halben Stunde Käse-Regenzeit.
Heller arbeitet mit dem typischen Reiz von Bluffspielen. Wer geht in welchen Raum? Diese Frage ist von Runde zu Runde spielentscheidend. Wer keine hohen Kampfkarten hat, wird wohl kaum die Konfrontation im Schlafzimmer suchen, in dem zwei Gouda-Stücke liegen. Aber vielleicht sagen sich das auch die lieben Mitspieler und plötzlich streiten alle im Kinderzimmer um nur ein Stückchen Käse. Zusätzlich kommt Spannung beim Spionieren auf, wobei ich mir eine größere Zahl von Rattenfallen gewünscht hätte. Mit nur vier von 55 Karten fällt die Chance, in eine Falle zu tappen, äußerst gering aus. Interessanter ist die nächste Phase, aber auch hier gilt, dass die Zahl der Aktionskarten mit je drei von jeder Sorte leider auch nicht so groß ist. Damit wird klar, dass die Glückskomponente beim Kartenziehen einen extrem hohen Stellenwert hat. Das muss man mögen. Die Begeisterung über GOUDA GANOVEN blieb deshalb bisher auch meist aus. Vermutlich können Papa und Mama Heller daher noch viele Ferienwohnungen mit Spielzugabe vermieten.
Wertung: Vielleicht nächsten Monat
Titel: Gouda Ganoven
Autor: Stefan Heller
Verlag: Goldschmidt Druck GmbH
Spielerzahl: 3 - 6 Spieler
Alter: ab 10 Jahren
Dauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 20 Euro
Dienstag, 1. Dezember 2015
FLIP A BIRD
Der noch junge Spieleautoren-Wettbewerb der Wiener Spieleakademie hat herausragende Titel wie HÄNDLER DER KARIBIK (2013), das inzwischen als PORT ROYAL auf dem Markt ist, und ROYAL GOODS (2015) hervorgebracht, das Lookout Spiele herausbringen wird. Der Autor beider Spiele ist Alexander Pfister, der mit BROOM SERVICE, MOMBASA und ISLE OF SKYE im Augenblick wohl erfolgreichste österreichische Spielerfinder.
Eher zur zweiten Garde, die aber durchaus auch eine Reihe von Veröffentlichungen vorzuweisen hat, gehören Arno Steinwender und Wilfried Lepuschitz. Ihr FLIP A BIRD ist der dritte Gewinner des Autorenwettbewerbs. Die grafische Gestaltung hat, wie gewohnt, Klemens Franz übernommen. Die ausgezeichneten Spiele werden zugunsten einer Charity-Maßnahme in Österreich ohne jegliche Gewinnorientierung verkauft.
FLIP A BIRD ist ein recht einfaches Kartenablegespiel, das seinen besonderen Reiz aus den Kartenrückseiten gewinnt. Die zeigen nämlich offene und abgedeckte Vogelkäfige, die für die Kartenablage wichtig sind. Jeder der drei bis sechs Spieler erhält zwei Tippkarten und zwei Handkarten. Die Handkarten zeigen meist Vögel in den Werten eins bis drei in vier unterschiedlichen Farben, jede vierte Karte kann eine Sonderkarte sein, dazu später mehr.
Wer an der Reihe ist, zieht eine weitere Spielkarte und legt dann eine seiner drei Karten am Zugstapel an. Je nach Käfigabbildung des Nachziehstapels wird die Karte offen oder verdeckt gespielt. Da, abhängig von der Spielerzahl, in der Reihe nicht mehr als acht bis 14 Vögel liegen dürfen, darf der Zugspieler stets auch behaupten, die Zahl sei schon übertroffen. Die restlichen Spieler tippen mit, ob sie den Zweifler unterstützen oder, wie der vor ihm Sitzende, der Meinung sind, dass es schon noch reiche. Die Gruppe, die richtig liegt, teilt die ausliegenden Karten untereinander als Gewinnkarten aus. Sobald die letzte Karte vom Nachziehstapel gezogen wird, werden die Karten nur noch verdeckt gespielt, bis zum letzten Mal ein Zweifler auftritt.
In der Schlussauswertung bringen Farbquartette mit Vögeln aller vier Farben zehn Punkte, sonst zählt jede Vogelkarte nur einen Punkt, die Sonderkarten bringen zwei Punkte. Diese speziellen Karten, die mit Vorliebe verdeckt gespielt werden, werfen Hochrechnungen oft total über den Haufen. Da können Vogelfarben gar nicht oder doppelt gewertet werden, da gibt es Karten, bei denen die Nachbarkarten entwertet werden und schließlich können durch zwei Karten die Sonderkarten selbst von der Wertung ausgenommen werden.
Das Spiel mit den verdeckt und offen zu spielenden Vogelkarten besitzt einen gewissen Reiz. Wer sich die gespielten Sonderkarten merken kann, geht auch kalkulierter an die letzten Runden heran. Trotzdem lässt sich nicht allzu viel gezielt bestimmen und steuern. Wie der Vogel in seinem verdeckten Bauer stochern doch alle wie blinde Hühner durch die Tippphasen. Zudem gibt es Pechsträhnen, dass man immer nur offene Käfige vor sich findet, wenn man an der Reihe ist.
Der Anfangsreiz verfliegt sehr schnell, sodass FLIP A BIRD wohl eher nicht zum Dauerbrenner auf dem Kartenspieltisch werden wird. So ganz überzeugt von dem Spiel waren wahrscheinlich nicht einmal die Herausgeber, das Österreichische Spielemuseum e.V. um Dagmar und Ferdinand de Cassan, da Pfisters ROYAL GOODS sehr kurzfristig noch nachgeschoben wurde und innerhalb eines halben Tages auf der Messe in Essen ausverkauft war. Einen Monat später während des Spielfests in Wien waren dagegen noch mehrere hundert FLIP A BIRDs käuflich zu erwerben.
Wertung: Vielleicht nächsten Monat wieder.
Titel: FLIP A BIRD
Autoren: Arno Steinwender und Wilfried Lepuschitz
Verlag: Österreichisches Spielmuseum e.V.
Spielerzahl: 3 - 6 Spieler
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 7 Euro
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