Donnerstag, 24. Dezember 2015
WILLKOMMEN IM DUNGEON
Masato Uesugi, ein japanischer Spieleautor, heißt WILLKOMMEN IM DUNGEON. Irgendwie ahnt man schon, dass es nicht episch breit und ausufernd, sondern minimalistisch knapp zugehen wird.
So ist es dann auch. Gerade einmal dreizehn Monster tauchen auf, meist im Doppelpack, nur einige sind rar, insgesamt das übliche Ambiente: Goblins, Orks, Golems, ein Dämon und Drache. Einer von vier Abenteurern wagt es pro Runde, sich diesen Ungeheuern entgegenzustellen. Das kann ein Magier sein, aber auch ein Krieger oder Barbar.
Die Chancen des Helden stehen anfangs ganz gut, strotzt er doch nur so voll Kraft und Lebenswillen. Gut gepanzert, überlebt er auch die eine oder andere Niederlage, seine magischen Kräfte wenden sich gegen starke und schwache Gegner. Sein Problem ist nur, dass er nur selten so voll gerüstet ins Dungeon marschiert. Uesugi lässt die Beteiligten entscheiden, ob sie das Ungeheuer, das sie gerade vom Kartenstapel gezogen haben, verdeckt ins Dungeon legen oder lieber nicht auftauchen lassen, wofür sie allerdings eine der sechs Ausrüstungskarten des Helden opfern müssen. Da werden Lebenspunkte reduziert, da kann der Drache nicht mehr bekämpft werden. Und schon stellt sich die Frage, wagt sich überhaupt noch jemand ins Monster-Labyrinth?
Daraus ergibt sich ein taktisches Ausscheiden. Wer der Meinung ist, dass der Held mit den wenigen restlichen Waffen keine Chance mehr hat, passt lieber. Irgendwann ist nur noch ein Spieler übrig, für den nun Goblin für Goblin und Golem für Golem überprüft wird, ob die Kraft ausreicht, alle Kämpfe zu bestehen. Reicht es, gibt es zur Belohnung eine Erfolgsurkunde, reicht es nicht, wird die eigene Übersichtskarte von Weiß auf Rot gedreht. Was deutlich macht, dass man sich das nicht noch einmal erlauben darf. Das Spiel endet, wenn ein Recke zwei Erfolgskarten gewinnen konnte oder alle bis auf einen ausgeschieden sind.
Etwas MEMO, gepaart mit Bluff und dem Mut zum Risiko, wer da den besten Überblick hat, gewinnt in der Regel. Das Zittern fängt an, wenn Karten wie der „Drachenspeer“ aus dem Spiel kommen, beim „Heiligen Gral“ wird es noch komplizierter, da er alle Monster mit gerader Kampfzahl besiegt. Irgendwann verliert fast jeder den Überblick, steigt aus, und wundert sich dann, dass der Krieger doch noch siegreich alle Kämpfe beenden konnte. WILLKOMMEN IM DUNGEON ist ein pfiffiges minimalistisches Zockerspiel, das zum Ausprobieren gleich vier unterschiedliche Helden parat hat.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: WILLKOMMEN IM DUNGEON
Autor: Masato Uesugi
Verlag: Heidelberger / Iello
Spielerzahl: 2 - 4 Spieler
Alter: ab 10Jahren
Dauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 13 Euro
FLYING KIWIS
Früher flogen Hütchen in Zielfelder, inzwischen sind es Kokosnüsse, Heuschrecken und sogar neuseeländische Kiwis. Bekanntlich sind die kleinen Schnepfenstrauße, wie sie auch genannt werden, nicht flugtauglich und nachtaktiv. Was liegt also näher, als sich zur Geisterstunde in einen Früchtetransport mit Kiwikisten einzuschmuggeln, um einen Flug in ferne Gefilde zu bekommen.
Soweit die an den Vogelhaaren herbeigezogene Vorgeschichte der FLYING KIWIS von Marco Teubner und Frank Bebenroth. Der Rest ist klassische Spielvorbereitung, Mechanik und Geschicklichkeit. Ein Zielgitter wird mit Pappstreifen in 16 Kiwikisten verwandelt. Für den Vogelflug dient keine Wippe, sondern eine Abschussrampe mit Gummizug. Die Kiwis fliegen auch nicht in voller plastischer Größe, sondern als runde Scheiben, 40 Vögeln in vier Spielerfarben, durch die Wohnzimmerlandschaft.
Das Spielziel zeigt, dass wir sehr eigenwillige Vögel vor uns haben, die beachten keine Zugreihenfolge und haben sogar Sonderwünsche. Am liebsten sitzen sie in Gruppen zusammen, deshalb beenden sie das Einchecken sofort, wenn eine Kiwi-Familie eng im Viererquadrat zusammengluckt. Sonst ist Schluss, wenn alle in der Kiste sind. Wer oben aufliegt, sammelt alle Kiwis darunter für seine Siegbilanz. Wer dann den höchsten Kiwiturm hat, gewinnt die FLYING KIWIS nach schnellen zehn Minuten.
Anfangs merken alle, dass es sich um besonders tollpatschige Schnepfenvögel handeln muss. Bei den ersten Versuchen wollen sie noch nicht so richtig von der Rampe abheben, trudeln durch die Luft oder rutschen über die Kante. Das ändert sich aber schnell. Schon nach wenigen Probeflügen landen sie im Kisten-Quadrat und nach ein paar Runden hat man das Gefühl, dass man tatsächlich das schnelle Spielende gezielt herbeiführen kann. Das ist auch notwendig, denn sonst macht das Aufheben der Spielreihenfolge keinen Sinn, da alle dann Kiwis für das Ende aufheben, um oben zu liegen.
Altersmäßig liegt Huch! & friends völlig neben der Empfehlungsspur. Für Kindergartenkinder ist das nichts! Die kommen mit dem Abzugmechanismus nur ganz selten klar. Schulkinder beherrschen das besser und haben Spaß daran. Das größte Vergnügen habe ich allerdings in reinen Erwachsenenrunden mit dem Spiel erlebt. Dort kann es tatsächlich zu einem Gerangel um das vorzeitige Spielende kommen. Was mir trotzdem nicht gefällt, ist die Aufhebung der Spielreihenfolge, die auch für das normale Abrechnungsende gilt. Da fehlt entweder eine Sanduhr oder man legt fest, dass die ersten acht KIWIS wild durcheinanderfliegen dürfen, die letzten aber nach Spielerreihenfolge, bei der der Spieler beginnt, der zu dem Zeitpunkt die meisten Kisten besetzt hält. Dann wird FLYING KIWIS zu einem guten Familienspiel, das aber gegen die Kokosnuss-Katapulte von CRAZY COCONUTS keine Chance besitzt.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: FLYING KIWIS
Autoren: Marco Teubner und Frank Bebenroth
Verlag: Huch!&friends
Spielerzahl: 2 - 4 Spieler
Alter: ab 5 Jahren
Dauer: ca. 10 Minuten
Preis: ca. 20 Euro
SAG'S MIR! JUNIOR
Das gelungene Partyspiel TIME’S UP ist umbenannt worden, unter SAG’S MIR! läuft nun die Reihe von Peter Sarrett erfolgreich weiter. Erfolgreich wahrscheinlich deshalb, weil die Hürde bis zur Pantomime durch zwei Vorrunden deutlich gesenkt wird. In der ersten Runde wird umfänglich umschrieben, wogegen die zweite Runde nur noch ein erklärendes Wort zulässt. Erst danach, wenn die ratende Gruppe den Begriff schon zweimal hören durfte, kommen darstellerische Fähigkeiten zum Einsatz.
Die Idee gibt es nun auch in einer Ausgabe „für die Kleinsten“. SAG’S MIR! JUNIOR ab vier Jahren vereinfacht das System durch Bildkarten und durch die Verkürzung auf zwei Spielrunden. In der ersten wird das Bild beschrieben, in der zweiten nur noch pantomimisch oder durch Geräusche zum Ausdruck gebracht.
20 von den insgesamt 220 Bildkarten kommen in die Raterunde. Innerhalb der Durchlaufzeit einer großen Sanduhr müssen die Kinder alle Bilder erraten. Die Spielregel legt nahe, dass der Vorführer in den ersten Runden und für die ganz Kleinen ein Erwachsener sein sollte. Sechsjährige können sich mit doppelter Sandrieselzeit auch schon alleine mit dem Spiel beschäftigen, allerdings macht es Sinn, einige schwerere Begriffe vorher auszusortieren.
Peter Sarrett bricht seine Klassiker-Idee ganz wunderbar auf Kinderniveau herunter. Die Einbindung von Eltern und Erziehern als Erklärende am Anfang ist ganz wichtig. Die Kinder werden mit den Begriffen vertraut gemacht und erkennen sie wieder. Danach müssen es aber nicht erst Sechsjährige sein, die sich nun selbst an der Erklärung versuchen. Vierjährige können das auch schon! Da wird dann zwar oft nur ein Begriff zur Erläuterung genannt, das reicht aber meist aus. Wichtig ist das gemeinsame Lachen über die pantomimischen Versuche, die den Kleinen auch Spaß machen. Für die Sprachentwicklung, für die Förderung der Kreativität ist SAG’S MIR! JUNIOR ein Muss für jede Familie mit Kleinkindern, für jeden Kindergarten und für jede Vorschule. Steht mit großer Berechtigung auf der Empfehlungsliste für das Kinderspiel des Jahres 2016.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: SAG’S MIR! JUNIOR
Autor: Peter Sarrett
Verlag: Asmodee / Repos
Spielerzahl: 2 - 12 Spieler
Alter: ab 4 Jahren
Dauer: ca. 20 Minuten
Preis: ca. 20 Euro
BURG SCHLUMMERSCHATZ
Was Haba in die kleinen Mitbringschachteln packt, sind nicht nur tolle Kindergeburtstagsgeschenke, sondern oft genug überraschend gute Spielideen. Häufigster Autor ist Heinz Meister, der schon seit den frühen 80er Jahren Spiele erfindet. Die BURG SCHLUMMERSCHATZ reiht sich ein in eine Phalanx guter Kinderspiele, zu denen HOPPA GALOPPA (2012), ERTAPPT UND GESCHNAPPT (2012), KRIMS-KRAMS (2011), die KNUSPER-HEXE (2009), KLEINER TEDDY (2008) und viele noch ältere Spiele gehören.
Heinz Meister, der für SCHWEINSGALOPP und KARAMBOLAGE in den 90er Jahren den Sonderpreis Kinderspiel erhalten hat, ist neben Reiner Knizia der Autor, der es am besten versteht, klassische Grundideen geschickt zu variieren. Was er aus dem MEMO-Gedanken in BURG SCHLUMMERSCHATZ macht, ist hohe Kunst!
Die Burg in seinem Spiel lässt er nicht allzu gut bewachen. Das ist auch nötig, da die Spieler hier in die Rolle von Langfingern schlüpfen, gilt es doch, Schlafmünzen zu sammeln. 24 davon liegen zwischen zwölf Burgwächtern aus. Fuchs und Hase, Löwe und Maus, sehr witzig von Gabriela Silveira gezeichnet, wirken neben den Münzen noch ganz munter, aber die Wache dauert und dauert und Ablösung ist nicht in Sicht. Da klappt schon bei dem einen oder anderen Tier mal das Augenlid zu.
Das können die Kinder überprüfen, indem sie aus der Innenauslage passende eingeschlafene Tiere aufdecken. Liegen zwischen den entdeckten Schatzwächtern Schlafmünzen, dann wandern sie in den Besitz eines Kindes. Die kleinen Diebe suchen in BURG SCHLUMMERSCHATZ also nicht nach identischen Pärchen, sondern sind auf der Suche nach Paaren, die in Innenauslage und Bewachungskreis übereinstimmen und zudem noch nebeneinander Wache schieben. Eine ausgezeichnete Variante des schon unendlich variierten MEMO-Spiels.
Sobald alle Schlafmünzen weg sind, endet BURG SCHLUMMERSCHATZ und die Tiere finden ihre verdiente Ruhe. Das Kind, das am wachsten war, wird die meisten Münzen eingesammelt haben und organisiert vielleicht den Wachdienst neu. Nein, im Gegenteil, es wird zum Oberräuber, zum Robin von SLEEPY CASTLE ernannt und will natürlich diesen Titel in der nächsten Runde verteidigen.
Kinder sind begeistert, Erwachsene spielen bereitwillig mit und stellen sich immer wieder gern dieser raffinierten MEMO-Anforderung. Da sieht man auch als Älterer darüber hinweg, dass Diebe die Hauptrolle bei Heinz Meister spielen, solange es nur um Schlafmünzen und Schlafmützen geht, ist das noch hinzunehmen.
Auch den Kinderspieljuroren der Jury "Spiel des Jahres" hat dieses Spiel gefallen. Es ist 2016 das einzige von Haba stammende empfohlene Spiel auf der blauen Liste. Dafür hat der Verlag aus Bad Rodach es mit KARUBA immerhin zu einer Nominierung für den roten Pöppel geschafft.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: BURG SCHLUMMERSCHATZ
Autor: Heinz Meister
Verlag: Haba
Spielerzahl: 1 - 4 Spieler
Alter: ab 4 Jahren
Dauer: ca. 10 Minuten
Preis: ca. 8 Euro
SPACE PLANETS
Wenn schon nicht STAR WARS, dann zumindest ein Weltraumspiel, muss sich Haba wahrscheinlich gedacht haben, als man merkte, dass irgendwie alle Verlage am STAR WARS-Rummel beteiligt sind und sogar die sonst sehr irdische CARCASSONNE-Welt hofft, dass die Macht mit ihr sein möge.
Habas Weltraumausflug stammt von Benjamin Schwer, der einst LIVINGSTONE (Schmidt) erfand und in diesem Jahr mit BUTTONS (Noris) und zwei weiteren Spielen aus Bad Rodach auffällt (MONSTER MENU und UGAH UGAH!). Er führt zwei bis vier mutige Weltraumforscher ab sechs Jahren mit SPACE PLANETS in die Weiten des Weltraums.
Mit den minimalen Materialien einer Mitbringschachtel zaubert Schwer ein sehr eigenständiges Weltraumspiel, das viel Geschick verlangt. Da starten kleine Raumschiffe mit vier Treibstoffkristallen auf Entdeckertour, vor ihnen zwar nicht die unendlichen Weiten des Universums, aber immerhin neun im Quadrat ausliegende Planetenkarten. Was nun kommt, kennen wir aus RUMMS! (Kosmos) und aus anderen aktuellen Schnipp- und Würfel-Spielen dieses Jahrgangs. Wir fliegen zu den Planeten, indem wir sie mit geschickter Würfelhand treffen. Unsere Raumsonde ist ein silberner Würfel, mit dem man möglichst in Kontakt mit einer der ausliegenden Planetenkarten tritt.
Der Planet, auf dem die Sonde landet, kann erforscht werden. Dazu müssen die Raumfahrer aber Treibstoffkristalle bezahlen, die der Sondenwürfel zeigt. Wem der Treibstoff ausgegangen ist, kassiert die entsprechende Anzahl an Kristallen. Wer ohne Treffer im All herumirrt, bekommt immerhin einen Entschädigungskristall.
Für die Endabrechnung, die nach fünf erfolgreichen Treffern eintritt, entscheidend, sind Entdeckersterne. Manche Planeten bringen nur einen Punkt, andere sagenhafte Himmelskörper, die weit entfernt liegen, bedeuten gleich vier Punkte für die Endabrechnung. Viele Planeten besitzen noch einen Zusatzeffekt. Da gibt es Treibstoffnachschub, die Möglichkeit zum Nachwürfeln und zum Ärgern der anderen Raumfahrer. Schwarze Löcher sollten alle tunlichst meiden, sie verschlingen den Würfel. Für die Schlusswertung zählen die Sternpunkte der Karten und Restkristalle.
In der kleinen Schachtel von SPACE PLANETS steckt erstaunlich viel Spielspaß. Die Geschicklichkeit des Würfeleinsatzes mit dem Flug des Raumschiffs zu verbinden, ist eine pfiffige Idee, die nur den Nachteil hat, dass geübte Weltraumflieger nach fünf Runden den Sack schon zu machen. Dann dauert SPACE PLANETS nicht die angegebenen 15 Minuten, sondern ist schon nach acht bis zehn Minuten vorüber. Dafür können die Unterlegenen schneller eine Revancherunde fordern.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: SPACE PLANETS
Autor: Benjamin Schwer
Verlag: Haba
Spielerzahl: 2 - 4 Spieler
Alter: ab 6 Jahren
Dauer: ca. 10 - 15 Minuten
Preis: ca. 10 Euro
WER PUPST?!
„Gibt es denn wirklich Spiele, die du einmal und nie wieder spielst?“ Die Frage bekomme ich seit Bestehen meiner Seite „Mit 80 Spielen durch das Jahr“ recht häufig gestellt. Da gibt es diese Wertungskategorie, in der immer noch kein einziges Spiel auftaucht. Wozu dann das Ganze?
Es gibt solche Spiele, die ich einmal gespielt habe und dann nie wieder anrühren werde. Es gibt noch mehr Spiele, die ich nie gespielt habe und nie spielen werde, bei denen aber schon nach der Regellektüre das Fallbeil fiel. Das ist auch der Grund, weshalb so wenig Spiele in der letzten Kategorie landen können, das Aussortieren beginnt früher.
Bei WER PUPST?! konnte ich mich dem Gedrängel meiner Enkel nicht entziehen, die unbedingt dieses »unanständige Spiel« ausprobieren wollten. So richtig darf man die Kleinen bei den anrüchigen Tönen sich nicht selbst überlassen. Zum einen muss ein Erwachsener für Batterien sorgen, sonst funktioniert die Technik nicht. Auch beim Aufbau geht es sehr mechanisch zu, als hätte man eine komplizierte Küchenmaschine in Gang zu setzen oder den „Nippel durch die Lasche (zu) zieh’n“. Beispiel gefällig: „Das Spielbrett an der Grundplatte befestigen, indem die beiden kleinen Nasen auf der Grundplatte in die Nuten auf dem Spielbrett gesteckt werden. Sicherstellen, dass sich alle Kabel unter dem Spielbrett befinden.“ Dann gibt es auch noch Spielbretthalterungen mit Rillen, in die kommen Kabel von "Pupskissencontrollern". Ein Wort, das jedes Rechtschreibprogramm rot unterkringeln wird und das ich auch nicht in mein Lexikon aufnehmen werde.
Ist alles installiert, sind alle Controller unterm Tisch, der Startknopf gedrückt, leuchtet irgendwo ein Pupskissen auf. Dieses Kind darf der "Pupser" dieser Runde sein und die Taste seines Controllers unter dem Tisch drücken. Die Zentraleinheit mit einer großen Figur gibt nun eins von verschiedenen Pupsgeräuschen von sich und die Kinder raten, wer dieses Geräusch ausgelöst hat. Wer richtig rät, setzt seine Spielfigur auf dem Spielbrett voran, auch der "Pupser", wird für jedes falsche Raten belohnt. Wer das Spiralfeld als erster durchläuft, gewinnt nach geräuschvollen, ewig vorkommenden, 30 Minuten das Spiel.
Ich muss ja leider zugeben, dass die durchaus echt klingende Geräuschkulisse anfangs Lachsalven bei meinen Enkeln hervorrief. Das Tippspiel selbst wurde ihnen zum Glück auch bald langweilig, sodass wir die Pupserei unter verkürzter Strecke nach einer Viertelstunde beenden konnten. Teile der Goliath-Redaktion scheinen die anale Phase nicht so recht verlassen zu haben, nach der Kacke des Dackels (KACKEL DACKEL) nun die entsprechende Geräuschkulisse dazu. Fehlt nur noch die Geruchsvariante, wie wäre es mit einem entsprechenden PUPS-SMELLORY? Mir reicht’s jedenfalls. Die Batterien sind wieder draußen, stellt sich nur noch die Entsorgungsfrage.
Wertung: Einmal und nie wieder!
Titel: WER PUPST?!
Autor: ohne Autorennennung – dafür würde ich meinen Namen auch nicht hergeben!
Verlag: Goliath
Spielerzahl: 3 - 4 Spieler
Alter: ab 5 Jahren
Dauer: ca. 30 - 40 Minuten
Preis: ca. 25 Euro
MASKENBALL DER KÄFER
Das waren noch Zeiten, als die Firma Selecta ein echter Konkurrent der großen gelben Schachteln aus Bad Rodach war. Die Auszeichnungen der Jury „Spiel des Jahres“ im Kinderspielbereich starteten 1989 mit dem traumhaft schönen GUTE FREUNDE von Alex Randolph. 2002 und 2003 folgte ein Doppelsieg mit MASKENBALL DER KÄFER und VIVA TOPO, auch danach war Selecta mit hervorragenden Spielideen immer wieder auf vorderen Plätzen. Herausragend dabei die zum "Kinderspiel des Jahres" nominierten Spiele MARE POLARE, MAGO MAGINO, GIRO GALOPPO, PIRATISSIMO, RETTET DEN MÄRCHENSCHATZ, CURLI CULLER, ZOOWABOO und TURI-TOUR. Zehn Jahr lang, zwischen 2001 und 2011 setzte Selecta in Hinblick auf Materialqualität und Kreativität die entscheidenden Akzente. Danach zog sich der Verlag leider zurück und konzentriert sich seitdem wie früher auf Spielzeugproduktion und einfache MEMO- und DOMINO-Varianten.
Claudia Geigenmüller hat als Redakteurin, bevor sie zur Konkurrenz Drei Magier Spiele nach Berlin wechselte, zur Qualität dieses Programms beigetragen. Nach Mutterschutz und Elternzeit ist Geigenmüller nun für Ravensburger als Spieleagentin und für Pegasus als Redakteurin tätig. Was passt besser zu ihrem Start, als dass sie mit VIVA TOPO, MASKENBALL DER KÄFER und ZOOWABOO gleich drei Highlights aus dem attraktiven Programm Selectas neu präsentieren darf. Grafisch sind die Ideen völlig überarbeitet, knüpfen aber vom Holzmaterial an alte Selecta-Qualität an. Die Firma aus Edling liefert nämlich die Spielfiguren.
MASKENBALL DER KÄFER eröffnete zu Beginn des neuen Jahrtausends eine ganze Flut von Magnetspielen. Für den Autor Peter-Paul Joopen war es erst sein drittes Spiel und gleich die zweite Auszeichnung. Hätte es 1997 schon die Auswahlliste gegeben, wäre sein erstes Spiel WILLI WICHTEL (Amigo) mit Sicherheit mindestens auf der Liste gelandet. Zwei Jahre später hat er für das kreative Eisstochern in KAYANAK (Haba) den Kinderspielpreis erhalten.
Joopen arbeitet auf besonders sympathische Art und Weise mit dem magnetischen Prinzip der Abstoßung und Anziehung. Thematisch und gestalterisch wurde das wahrscheinlich nie so schön dargeboten wie im MASKENBALL DER KÄFER. Acht Marienkäferfiguren sind mit Magnetmündern ausgestattet, die die Anziehungskraft durch einen plastischen „Kuss“ zum Ausdruck bringen, die Ablehnung mit einer deutlichen Kehrwendung.
Die acht Marienkäfer starten von Blütenblättern aus zum Maskenball. Damit sie möglichst bunt verkleidet dort erscheinen, tauschen sie ihre anfangs fünf einfarbigen Käferpunkte – kleine Holzstäbchen – in verschiedenfarbige. Dazu müssen sie sich untereinander besuchen, mögen sie sich, dürfen sie Stäbchen tauschen, falls sich einer abwendet, geht’s zurück zum eigenen Blütenblatt. Der Spielmotor ist ein Drehpfeil, der auf dem Spielplan angebracht ist. Solange der Pfeil auf ein Blütenblatt gedreht wird, darf der dort sitzende Marienkäfer zu einem anderen Käfer fliegen und sein Tauschglück versuchen. Bleibt der Pfeil aber zwischen zwei Blütenblättern stehen, kommen Ameisen ins Spiel, die sich ebenfalls am Maskenballbüfett laben wollen. Dadurch wird der MASKENBALL DER KÄFER zum kooperativen Miteinander.
Das Bestreben der Kinder ist groß, mit den acht Marienkäfern schneller vollständig zum Fest zu erscheinen als die Ameisen. Da helfen sich die Kinder gern untereinander und geben die richtigen Tipps, bei welchen Käfern Kusserfolge garantiert sind. Die Spielgeschichte kommt ganz toll an, sie sorgt für Spielspannung und Spielatmosphäre, die auch erwachsene Mitspieler in ihren Bann zieht. Viel besser kann Spielfreude über das Spielmaterial und über die Spielgeschichte nicht transportiert werden.
Die neue Umsetzung mit den Grafiken von Anne Pätzke ist gelungen und an den fantastischen Holzfiguren hat sich nichts geändert. Auszeichnungen kann dieses Spiel zwar nicht mehr ernten, aber es ist schön, dass es wieder auf dem Markt ist. Wir dürfen nun gespannt sein, wie Claudia Geigenmüller bei Pegasus mit neuen Ideen an ihre vielen Erfolge bei Selecta und Drei Magier Spiele anknüpfen wird.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: MASKENBALL DER KÄFER
Autor: Peter-Paul Joopen
Verlag: Pegasus
Spielerzahl: 2 - 6 Spieler
Alter: ab 4 Jahren
Dauer: ca. 20 Minuten
Preis: ca. 25 Euro
DIE GUTEN UND DIE BÖSEN GEISTER
Der vor elf Jahren verstorbene Altmeister der Spielautoren, Alex Randolph, geistert immer noch durch die Spielewelt. Nicht nur mit seinen Klassikern TWIXT und SAGALAND, sondern wieder und wieder mit Neuauflagen. 2015 hat das schon vor 40 Jahren erschienene WÖRTERKLAUER bei Steffen Spiele eine Neubelebung erfahren. Ein weiteres Spiel von ihm begeistert anscheinend besonders. Seine GEISTER sind 1982 in der Erstauflage von Bütehorn auf der „Empfehlungsliste Spiel des Jahres“ gelandet. Schmidt Spiele hat sie dann 1984 übernommen, aus den ursprünglichen GEISTER(n) waren DIE GUTEN UND DIE BÖSEN GEISTER geworden. So kam das Spiel 1992 zu Noris und 2001 zu Drei Magier, damals noch unter der Ägide Johann Rüttingers. Ganz aktuell liegt eine Asmodee-Ausgabe auf dem Spieltisch.
Obwohl so viel Zeit seit dem ersten Erscheinen ins Land gegangen ist, an der Spielvorbereitung hat sich nichts geändert. Da müssen 16 jungfräuliche Geisterfiguren durch rote und blaue Stecker erst einmal zu guten und bösen Geistern werden. Randolphs Regel gehört zu den kürzesten der Spielgeschichte. Auf einem 6x6 Feld stehen sich jeweils acht Geister im rechteckigen Block gegenüber. Wechselseitig werden die Gespenster orthogonal gezogen. Trifft dabei ein Geist einen anderen, wird dieser unabhängig von seinem Charakter geschlagen. Wer so vier gute Geister des Gegners schlägt, gewinnt sofort, umgekehrt gilt das auch, wer vier böse Geister fängt, verliert sofort. Schließlich können die Kontrahenten versuchen, einen guten Geist über die gegnerischen Eckfelder aus dem Spielfeld zu führen.
Das ist schon das ganze Regelwerk, aus dem sich immer wieder ein hochspannendes Duell ergibt. Das geht mit dem Aufbau der Figuren los, wo kommen die guten Geister hin, wo die bösen? Presche ich Richtung Ausgang vor, damit der Gegner in der Figur einen guten Geist vermutet und ich ihm einen bösen unterjubeln kann? Ganz wichtig, die Ausgänge müssen bewacht bleiben. Haarig wird es immer dann, wenn man schon drei böse Geister gefangen hat, und dann wandert schon wieder einer auf den Ausgang zu.
DIE GUTEN UND DIE BÖSEN GEISTER sind ein herrliches intellektuelles Geplänkel mit etwas Psychologie oder einfach nur Bluff. Das Spiel hat auch nach 33 Jahren seinen Reiz nicht verloren und wird ihn auch in 50 Jahren noch besitzen. Ein zeitloser Klassiker, der in jede Spielesammlung gehört. Wer kann, sollte allerdings versuchen, eine ältere Ausgabe gebraucht zu erwerben. Mir ist die Asmodee-Fassung viel zu überladen für die klaren Strukturen die Randolphs Idee besitzt. Das konnte vor allem Rüttinger in der Ausgabe von Drei Magier besser, deren Cover und Spielplan am meisten begeistert.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: DIE GUTEN UND DIE BÖSEN GEISTER
Autor: Alex Randolph
Verlag: Asmodee
Spielerzahl: 2 Spieler
Alter: ab 6 Jahren
Dauer: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 19 Euro
Mittwoch, 23. Dezember 2015
CRAZY COCONUTS
Wer einen Nachfolger für LOOPING LOUIE sucht, sollte sich unbedingt CRAZY COCONUTS anschauen. Ein Spiel von Walter Schneider, auf dem Autorentreffen in Göttingen entdeckt und 2013 zuerst in Korea erschienen. Über Korea Board Games ging es seinen Weg zurück nach Deutschland und landete 2015 bei Pegasus. Auf der Liste der besten Kinderspiele bei BGG hat COCONUTS, wie es ursprünglich hieß, inzwischen den Hühnerjäger LOUIE vom ersten Platz vertrieben.
Wie beim Klassiker von Hasbro kommt es auf den richtigen Fingerdruck an. Wird dort das Flugzeug in die Höhe gejagt, um im Sturzflug die Hühner des Gegners von der Leiter zu kippen, ist hier der sensible Druck entscheidend, um mit einem Affenkatapult Kokosnüsse in Becher zu schnippen.
Acht Weichplastiknüsse haben alle zu Beginn, dazu einen Affen mit Schleuderhand und ein Spielbrett, auf dem am Ende eine Becherpyramide mit sechs Gefäßen errichtet sein muss. Anfangs stehen zehn gelbe und vier rote Becher zwischen den Spielbrettern. Landet eine Nuss in ihnen, kommt der Becher auf das Spielbrett des erfolgreichen Schützen. Trifft er in einen roten, ist er noch einmal an der Reihe. Bald werden natürlich auch die gewonnenen Becher der Mitspieler ins Visier genommen, denn das Spiel endet sofort, wenn das sechste Gefäß auf der Pyramide steht. Da die Nüsse in ihren Behältern bleiben müssen, kann auch irgendwann die Munition ausgehen. Dann gewinnt der Spieler, der die meisten Kokosnüsse vor sich hat. Wer will, kann auch mit Handicap-Karten spielen, mit denen der Abschuss für gegnerische Spieler meistens erschwert wird.
CRAZY COCONUTS ist ruckzuck erklärt und wenn einmal die Nüsse geflogen sind, will keine Spielrunde aufhören. Mit etwas Übung sind diese Affen nämlich zielsicher zu gebrauchen, sodass der Kampf um die entscheidenden Becher oft ein Auf und Ab der Führenden ergibt. Ein Kinderspiel? Mitnichten! Wie schon LOOPING LOUIE macht CRAZY COCONUTS vor allem Erwachsenenrunden Spaß.
Das ist auch gut so, denn selten ist der übliche Warnhinweis, „Nicht für Kinder unter 3 Jahren geeignet. Erstickungsgefahr!“, so nötig wie hier. Die fast lebensmittelecht wirkenden Nüsschen ähneln schon stark Schokolinsen, die früher Treets hießen und jetzt als M&M’s auf dem Markt sind. Karten- und Schachtelqualität sind grottenschlecht. Die Faltschachtel geht ständig auf, sodass die Teile immer herumfliegen. Das kann Pegasus besser!
Die Qualitätsmängel sind für ein Kinderspiel inakzeptabel. Wiegt man das Ganze aber gegen den Spielspaß für die Großen auf, dann bewegt sich diese Idee von Walter Schneider tatsächlich in der Region von LOOPING LOUIE: Extremer Spielspaß mit Suchtfaktor!
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: CRAZY COCONUTS
Autor: Walter Schneider
Verlag: Pegasus
Spielerzahl: 2 - 4 Spieler
Alter: ab 5 Jahren
Dauer: ca. 10 - 20 Minuten
Preis: ca. 25 Euro
MMM!
Reiner Knizias kooperativen Mäusespaß MMM! haben die Österreicher mit ihrem Spielpreis gewürdigt, in Deutschland haben sich die Mäuse eher in ihren Mauselöchern verkrochen. Keine Würdigung der Jury, der deutsche Spielepreis sah eher Spinnen in der Spitzenposition. Sogar die Spieletester des BDJK, die eher breit streuen, würdigten im November in Darmstadt lieber Schweine, Affen, Kakerlaken und natürlich ebenfalls die SPINDERELLA von Zoch.
Die Österreicher lieben Mäuse anscheinend mehr, dort gibt es sogar eine Band, die sich „Mäuse“ nennt und überzeugend darlegt, dass NICHTS BESSER IST ALS MÄUSE. Solange man genügend davon in den Taschen hat, unterschreibe ich das auch.
Knizias Hausmaus heißt Charly, sie erwartet Besuch, dafür muss die Vorratskammer von Familie Meier geplündert werden, bevor Hauskater Moritz einschreiten kann. Auf dem Speiseplan Charlys stehen Brote, Gurken, Karotten, Fische und selbstverständlich Käse. In der Speisekammer gibt es von allen Nahrungsmitteln kleine und große Stücke, die nicht schon angeknabbert in Charlys Wohnung sollen. Er weiß schließlich, was sich für einen guten Gastgeber gehört.
Der Nahrungstransport wird mit drei Würfeln vorbereitet. Ein Kind würfelt, die Gruppe entscheidet dann gemeinsam, auf welches Nahrungsteil mindestens ein Würfel kommt. Solange gelegt werden kann, ist das gut. Klappt es aber nicht mehr, sind zum Beispiel alle Felder belegt oder ein leidiges rotes „X“ wird gewürfelt, dann ist das eine Null-Runde für die Gruppe. Alle Würfel müssen zurück und Kater Moritz wandert ein Feld in Richtung der Mäuse. Das macht er auch, wenn ein Nahrungsmittel nicht vollständig abgedeckt wird. Klappt aber alles, werden die Würfel durch Mäusechips ersetzt, bis schließlich alle 49 Felder belegt sind, bevor Moritz die Speisekammer erreicht hat. Wem das zu einfach ist, der wechselt zur Rückseite des Spielplans. Dort sind die Nahrungsmittel deutlich größer und können nicht so leicht in einem Spielzug abgedeckt werden.
Knizias Idee ergibt ein kleines taktisches Würfelspiel mit etwas CAN’T STOP-Gefühl, bei dem gegenseitige Unterstützung der Kinder hilfreich ist. Am besten sind die Ergebnisse, die Nahrungen auf zwei Feldern abdecken, sodass der dritte Würfel bei Teilen liegt, die später in Angriff genommen werden. Das funktioniert, solange das Würfelglück mitspielt. Kommt das „X“ zu häufig, wird der nötige zweite Käse nicht gewürfelt, haben die Kinder gegen Moritz keine Chance. Mehrmals hintereinander kann das ganz schön frustrierend sein. Spielt ein Siebenjähriger mit drei Fünfjährigen wird aus dem kooperativen Spiel zwar ein wechselseitiges Würfeln, aber eine Dominanz in der Entscheidung. Kindergartenkinder haben noch Probleme bei der strategischen Vorausplanung, da nimmt dann das ältere Kind oft das Heft in die Hand. Erwachsene können sich zurückhalten, Kinder eher nicht.
Eine Würdigung mit dem Titel „Spiel der Spiele“ ist für Knizias Kinderspiel klar eine Nummer zu hoch gegriffen. Bei den „Spiele Hits für Kinder“ wäre MMM! neben CRAZY COCONUTS und PUSH A MONSTER einigermaßen gut aufgehoben gewesen. Alles Spielideen, die genau das, was ein sehr gutes Kinderspiel ausmacht, besitzen: Sie machen Eltern und Kindern Spaß. MMM! macht Kindern Spaß, Eltern bemängeln den zu hohen Glücksfaktor und fehlenden Anspruch. Das Spielmaterial ist in Ordnung, die Spielregel hätte klarer strukturiert werden können. Hilfreich ist allerdings das Ablaufschema am Ende des Regelwerks. Für die Menge des Materials hätte auch eine deutlich flachere Spieleschachtel gereicht, so enthält die Box viel frische Luft aus Friedberg.
Ergänzung Mai 2016: Nun hat sich die Kinderspieljury "Spiel des Jahres" doch noch zu einer Nominierung des Spiels durchgerungen. Ob es für mehr reicht, wird man im Juni sehen.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: MMM!
Autor: Reiner Knizia
Verlag: Pegasus
Spielerzahl: 2 - 4 Spieler
Alter: ab 5 Jahren
Dauer: ca. 15 - 20 Minuten
Preis: ca. 20 Euro
Dienstag, 22. Dezember 2015
SPLASH!
Spiele aus der Schweiz spielen in Deutschland keine wichtige Rolle. Gäbe es nicht Fata Morgana mit ANNO DOMINI, EIN SOLCHES DING und einigen anderen herausragenden Ideen, wäre die Schweiz spielerisch völlig zu vernachlässigen. Seit kurzer Zeit lohnt es sich aber durchaus wieder, eidgenössische Spielideen auf den Spieltisch zu holen. Schuld daran ist die Carletto AG, in der Schweiz einer der führenden Distributoren von Markenspielen wie Schmidt, Amigo und Haba und nicht zu verwechseln mit Carlit, die sich im engen Verbund mit Ravensburger befinden.
Carletto hat vor sieben Jahren mit Game Factory einen Spieleverlag gegründet, der seit 2013 mit frischen, unverbrauchten und pfiffigen Ideen auf sich aufmerksam macht. Verantwortlich dafür sind der Kopfkran LIFT IT! oder das raffinierte Magnetspiel BELLZ!, überzeugend auch SPLASH!, ein winziges Bauspiel in der Metalldose.
SPLASH! kommt als Turmbauspiel mit gerade einmal 30 Holzbausteinchen in sechs unterschiedlichen Farben und fünf unterschiedlichen Formen aus. Da sind Würfel dabei, die mit einer Kantenlänge von 15mm schon riesig wirken, im Gegensatz zu der kleineren Ausgabe, die gerade einmal auf 7 mm kommt, noch winziger sind die Stäbchen, deren Schmalseiten nur einen halben Zentimeter messen. Anfangs nehmen sich zwei bis sechs Turmbauer wechselnd Holzteile aus der Tischmitte, bis alle Bauteile verteilt sind.
Die Bauregeln danach sind einfach, Farbe folgt Farbe oder Form folgt Form. Der letztliche Pfiff dieses Geschicklichkeitsspiel besteht in einem winzigen Regeldetail, das sich das Autorenpärchen Wilfried und Marie Fort ausgedacht hat. Die passenden Bausteine werden an den linken Nachbarn weitergereicht, der diese in den Bau einzufügen hat. Klar, dass er es nicht so einfach haben soll, da kommen die ganz kleinen Würfelchen und schmalen Stäbchen viel schneller zum Einsatz.
Wer bisher beim Turmbau im Kinderzimmer stabile Heros-Bausteine gewohnt war, wird erstaunt sein, wie hoch es durchaus auch filigran zugehen kann. Da meint man, seinem Nachbarn eine nicht zu bewältigende Aufgabe hinterlassen zu haben, und muss dann nach weiteren Bauaktivitäten feststellen, dass der Wackelturm wieder im eigenen Aufgabenhorizont steht. Bei aller Spannung und Aufregung mit diesen Kleinteilen ist es besonders wichtig, dass die Hände der anderen weg vom Tisch sind, es darf absolut nicht gewackelt oder geruckelt werden.
Stürzt der Turm ein, was nicht ausbleibt, muss der letzte Turmbauer drei Holzteile in seinen Vorrat nehmen. Derjenige, der das Bauteil geliefert hat, das letztlich den Einsturz bewirkte, erhält einen Siegpunkt, einen blauen Saphir oder, wie die Spielregel uns weißmachen möchte, einen Wassertropfen. Irgendwo will SPLASH! Turmbau- mit Schwimmbad-Feeling vermitteln, was jetzt im Winter eher schwerfällt und auch sonst thematisch an den Haaren herbeigezogen ist. Jedenfalls gewinnt der Spieler, der als erster drei Saphire vor sich hat oder seine Bausteine alle loswerden konnte. Das dauert nicht lange, spätestens nach 15 Minuten ist der Turmbauspaß vorüber. Oder auch nicht, denn Revancherunden gibt es viele. Nicht nur bei Kindern, die schon unter sechs Jahren, wenig taktisch zwar, aber begeistert, am SPLASH!-Turm bauen, sondern durchaus auch in reinen Erwachsenenrunden, die die kleinen Gemeinheiten lieben, die dieses Spiel ständig vermittelt. Insgesamt eine überzeugende spannende Bauspielidee, bei der der Verlag allerdings auf eine etwas bessere Endkontrolle bei der Holzqualität achten sollte.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: SPLASH!
Autor: Wilfried und Marie Fort
Verlag: Game Factory
Spielerzahl: 2 - 6 Spieler
Alter: ab 6 Jahren
Dauer: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 13 Euro
LOS ROLLOS
Die große Überraschung auf der Spiel in Essen war HCM Kinzel, ein Unternehmen aus dem schwäbischen Zaberfeld, das ausschließlich auf Denkspiele für einen Spieler spezialisiert schien. Nun beginnt sich der Verlag aber in eine echte RUSH HOUR zu begeben, die Kinzels wollen als kompletter Spieleverlag durchstarten. Ihre Zielvorgabe: „Vom Importeur zum Spieleverlag“ setzt neue Akzente. „Erstmals in der Unternehmensgeschichte bringen wir unter der Marke HCM Kinzel sieben innovative Spiele in Deutschland, Österreich, der Schweiz und in Italien auf den Markt.“
Viel eigene Entwicklung steht noch nicht hinter den Produkten, es sind durchweg Lizenzprodukte unterschiedlicher Hersteller. Auffallendes Merkmal fast aller Spiele, dass die Suche nach einem Spieleautor vergeblich ist. Für die grafischen Arbeiten setzt HCM auf das anoka Designstudio in Remseck, das auch für Kosmos und Huch! &friends arbeitet.
Unter den Neuheiten gibt es einige interessante Spielkonzepte, zum Beispiel den Kugelturm LOS ROLLOS, der von der Hongkonger Firma Intex Syndicate stammt. Die Spielidee für zwei bis vier Kinder ab sechs Jahren erfordert gutes räumliches Vorstellungsvermögen. Aufgebaut werden muss erst einmal ein großer Plastikturm. Am Hochhaus sind acht bewegliche Balkonteile angebracht. Im Turmdach befinden sich vier Startlöcher für insgesamt 16 Kugeln, außerdem stellt die Turmspitze einen sehr schnell ablaufenden Timer dar. Unbedingt beachten: Batterien werden nicht mitgeliefert, zwei AAA Batterien müssen im Haus sein, damit der Timer in Gang gesetzt werden kann. Jeder Spieler besitzt eine Zielmulde im Parterrenbereich, dort sollen möglichst punkteträchtige silberne und goldene Kugeln landen, die schwarzen Kugeln, die Minuspunkte bringen, möglichst beim Gegner.
Wer an der Reihe ist, analysiert das Balkongewirr und versucht, die Laufstrecke einer Kugel zu erahnen. Dann wird der Turmknopf gedrückt und innerhalb von acht Sekunden muss eine aus einem Säckchen gezogene Kugel in einem Loch im Dach stecken. Wer das nicht schafft, packt die Kugel wieder zurück in den Sack. Unabhängig vom Erfolg oder Misserfolg werden die Wege für den nachfolgenden Kugelwerfer verändert. Dazu dürfen bis zu zwei Balkonteile versetzt werden. Wenn alle 16 Kugeln in Zielmulden gelandet sind, endet LOS ROLLOS nach zehn bis fünfzehn Minuten. Der Punktbeste gewinnt natürlich.
LOS ROLLOS erinnert an CUBORO TRICKY WAYS. Das Spiel des Schweizer Kugelbahn-Produzenten läuft allerdings etwas komplexer ab und kann daher gut auf den Zeitdruck verzichten. Wer LOS ROLLOS schnell beherrscht, für den kann der Timer beschleunigt werden, sodass schon nach gut vier Sekunden die Kugel rollen muss. Ähnlich wie bei TRICKY WAYS fällt auf, dass es schon Sechsjährige gibt, die ein Talent für die Analyse der Laufwege haben. Andere Kinder, auch deutlich ältere, tun sich oft schwer. Entsprechend unterschiedlich wird das Spiel bewertet. Da geben Achtjährige schon nach der ersten Runde auf und Erstklässler sind nicht wegzubekommen von Kugelbahn und Steckbalkonen. Um den Druck zu nehmen, funktioniert das Ganze natürlich auch ohne Timer gut und führt jüngere Kinder besser an die Veränderungen heran, die sich durch das Umstecken der Balkonteile ergeben. So lässt sich früher Frust verhindern, auch eine Mischung von Spielen mit und ohne Timer ist natürlich möglich.
Die Faszination, die immer wieder von Kugelbahnen ausgeht, funktioniert auch hier. Wobei sich die Kinder aber einen deutlich höheren Turm mit viel mehr Balkonen wünschen, damit die Kugel gaaanz lange läuft.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: LOS ROLLOS
Autor: ohne Autorennennung
Verlag: HCM KINZEL
Spielerzahl: 2 - 4 Spieler
Alter: ab 6 Jahren
Dauer: ca. 10 Minuten
Preis: ca. 25 Euro
Montag, 21. Dezember 2015
WO IST BITTE UMTATA?
Irgendwo wissen wir inzwischen, dass Buxtehude im Landkreis Stade am Rande des Alten Landes liegt, aber WO liegt BITTE UMTATA? Arno Steinwender widmet sich wie seine Kollegen Bernhard Lach und Uwe Rapp von AUSGERECHNET BUXTEHUDE und AUSGERECHNET UPSALA der europäischen Geographie.
Der Österreicher Steinwender betreibt seine Erdkunde-Stunde mit schrägem Wissen über Europa. Das Schöne daran, auch die Supergeographen, die Beherrscher aller Stummen Karten der frühen Schulzeit, kommen mit ihrem Grips oft nicht weiter. Dafür lernen wir alle ein bisschen mehr über UMTATA und Umgebung.
Ein Beispiel gefällig? Die Umtatater sind ein ganz besonderes Völkchen, 33 Prozent ihrer Wähler wollten 1997 zurück zur Monarchie. Wo liegt, bitteschön, dieses UMTATA?
Zwei bis fünf Spieler blicken irritiert auf die Europakarte, deren Staaten den Regionen der vier Himmelsrichtungen zugeordnet sind. Zusätzlich besitzt jedes Land noch eine von vier Farben, die eine genaue Zuordnung möglich macht. Wenn ich also der Überzeugung bin, dass Portugal an seine 1910 endende Monarchie anknüpfen wollte, dann stelle ich auf meiner Drehscheibe Westeuropa und die Farbe Gelb ein. Andere wollten vielleicht die griechische Krise durch die Monarchie beheben, Kaczyński zum Nachfolger der Piasten machen oder Putin zum neuen Zaren. Weit gefehlt, wobei Griechenland gar nicht so weit weg von der richtigen Lösung lag. Die Albaner haben nämlich in der Nachwendezeit mit dem Gedanken gespielt, die Monarchie könnte hilfreich sein. Deshalb bekommt nur der Spieler mit der Griechenland-Vermutung einen Punkt für die richtige Region.
Da man wirklich oft im Dunkeln stochert, darf das Glück auch eine Rolle spielen. Albanien hat eine grüne Landesfarbe, wer sich für Bulgarien entschieden hat, hätte einen Punkt für die richtige Farbe bekommen. Sogar doppelte Punkte wären möglich gewesen, wenn jemand in der Südregion die grünen Länder Bosnien-Herzegowina oder Slowenien gewählt hätte. Es gibt aber auch einfache Fragen, bei denen Geschwindigkeit verlangt wird. Wo liegt denn das UMTATA mit dem höchsten Berg Europas? Klar, in Frankreich. Der Spieler, der am schnellsten seine Tippscheibe in den Kasten mit „Tataa – ich weiß es!“ werfen konnte, darf zuerst die Antwort überprüfen. Liegt er wirklich richtig, bekommt er drei Siegpunkte. Wer auf der Siegpunktskala als Erster 16 Punkte erreicht, gewinnt WO IST BITTE UMTATA? nach meist einer knappen halben Stunde.
Der Verlag moses. hat diese Spielidee aus Österreich ansprechend umgesetzt. Die Regeln sind einfach, sodass man sofort loslegen kann. Mit 300 Fragen sind die „schrägen Seiten Europas“ allerdings schnell abgegrast. Zumal die oft so verrückt sind, dass sie gut im Gedächtnis verankert bleiben. Bekannte Kartensätze verlieren damit schnell ihren Spielreiz und nur auf den Drehscheibenwurf will man UMTATA nicht reduzieren. Die Grundidee ist witzig, der Lerneffekt ständig da, positiv empfinde ich auch die Glücksfaktoren, die Steinwender eingebaut hat. Redaktionell gefällt außerdem, dass nicht nur einfach Antworten gegeben werden, sondern Hintergrundinformation frei Haus dabei sind. Von der Altersempfehlung her sehe ich WO IST BITTE UMTATA? durchaus schon im Bereich der Zehnjährigen, die beginnen, weiterführende Schulen zu besuchen.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: WO IST BITTE UMTATA?
Autor: Arno Steinwender
Verlag: moses.
Spielerzahl: 2 - 5 Spieler
Alter: ab 12 Jahren
Dauer: ca. 25 Minuten
Preis: ca. 25 Euro
CAPTAIN BLACK
Ravensburger setzt in dieser Saison Maßstäbe, was große Spiele angeht. Die RIESEN BILDER-RALLYE läuft auf einem 180 Zentimeter langen Spielplan ab. Nur halb so lang ist das Piratenschiff des CAPTAIN BLACK, dafür kann es mit seinem dreidimensionalen Aufbau mit jedem Playmobil-Schiff mithalten.
„Schiff ahoi! Ich bin der Geist des Captain Black!“, so werden zwei bis vier Kinder von einer großen schwarzen Kapitänsfigur begrüßt, unter deren Piratenhut ein Schädel grinst. Keine Angst, der Gruselfaktor hält sich in Grenzen. Der ruhelose Geist will nur seinen Frieden finden und das gelingt ihm am besten auf seiner alten Schatzinsel. Dort warten wertvolle Schätze und auch auf den Weg dorthin verführt der Geist von Zeit zu Zeit die Kinder mit attraktiven Belohnungen. Aber Achtung, wenn sie zu sehr trödeln und nicht gut kooperieren, dann schaffen sie es nicht, die Insel vor Einbruch der Dunkelheit zu erreichen.
CAPTAIN BLACK gehört zur Elektronik-Reihe von Ravensburger, die mit WER WAR’S (2008) und SCHNAPPT HUBI (2012) sehr erfolgreiche Spiele hervorgebracht hat. Wie beim „Kindersiel des Jahres“ 2008 ist erneut Reiner Knizia der Spielentwickler.
Bevor es losgeht, sollte man vor dem ersten Spiel eine halbe Stunde Aufbauzeit berücksichtigen. Danach müssen sich die Kinder mit dem Schiff und der Geisterfigur vertraut machen. Im Spiel gilt es später, Anker und Schiffsglocke, den Papagei und die Kanone schnell zu finden, denn überall dort und an weiteren Stellen tauchen Kraken, Seeungeheuer, Schiffsratten und andere Piraten auf, die alle bekämpft werden müssen. Wichtig ist auch, dass die Kinder Segel setzen, Wassereinbrüche und Feuer bekämpfen. Es gibt viel zu tun auf dem Schiff von CAPTAIN BLACK. So hetzen die Spieler von einem Malheur zum anderen, immer angetrieben vom „Beeilt Euch!“ des Geistes.
Atmosphärisch ziehen Schiff und Geist des CAPTAIN BLACK die Kinder schnell in ihren Bann. Die Bewältigung der Abenteuer geschieht nur würfelnd. Wenn ein Unheil auftaucht, eilen die Spieler dorthin, wo Ratten, Ungeheuer oder Piraten als Pappbedrohung zu sehen sind. Reicht der Würfelwurf, dürfen sie auch Black dorthin ziehen, der Goldbelohnungen verteilt, manchmal aber auch ein Puzzleteil der zu erreichenden Insel verschenkt. Sind die Spieler zu langsam, setzt Black die Daumenschrauben an und erhöht die Bedrohungen. Gute Absprache ist wichtig. Wer geht wohin? Da müssen die schnellsten Wege im Blick sein. Ein paar Minispiele lockern die ewigen Touren über die Schiffsplanken auf. Da gibt es den Zweikampf mit Piraten, das Schießen mit Wurfsteinen auf Seeungeheuer, das auf dem Wohnzimmerboden gespielt wird. Dort wird auch die Fitness der Mannschaft überprüft, die Kniebeugen und Liegestützen machen muss. Schließlich findet noch der Tastsinn Anwendung, wenn unter dem Heck des Schiffes nach passenden Werkzeugen gesucht wird.
Erreichen die Spieler die Insel vor Einbruch der Dunkelheit, haben sie alle gemeinsam gewonnen. Freuen können sich alle, auch CAPTAIN BLACK, der endlich seine Ruhe findet. Reiner Knizia setzt allerdings nicht ganz auf den rein kooperativen Gedanken, denn ein Kind fühlt sich als besonderer Sieger, wenn es die meisten Goldschätze einsammelt. Irgendwann müssen die Kids ja wieder runter von der Insel und dann braucht das Schiff einen neuen Kapitän.
Der Anfangsspielreiz ist riesig. Ich habe noch keine Runde erlebt, die nicht sofort noch einmal starten oder im schulischen Bereich zumindest beim nächsten Mal wieder unbedingt dabei sein wollte. Das Spiel dauert nämlich. Eine ganze Schulstunde geht schnell mit Aufbau, Zwischenspielchen und Wiederholungen drauf, da die Kinder den Captain nicht immer verstehen. Wer den Schwierigkeitsgrad erhöht, liegt dann auch ruckzuck bei einer Stunde. Das Gute für neue Gruppen ist, dass lange Regelerklärungen nicht nötig sind, die übernimmt die Figur des CAPTAIN BLACK.
Die Gratwanderung zwischen kooperativen und kompetitiven Spiel empfinde ich als problematisch, Kinder ärgern sich deshalb über ungerechte ungleiche Belohnungen. Wer aus diesem Grund, egoistisch den Verführungen des CAPTAIN BLACK erliegt und goldträchtige Zusatzorte ansteuert, kann durchaus den gemeinsamen Sieg unmöglich machen, was natürlich auch ein Lerneffekt sein kann. Wer irgendwann sagt, dieses Würfeln, Hinlaufen und Plättchen beseitigen, wird mir auf die Dauer zu langweilig, Blacks nervige Stimme mag ich auch nicht mehr hören, der hat immer noch ein wundervolles Piratenschiff zum freien Spielen, auf dem ganz viele Piraten von Playmobil oder Legomännchen Platz finden. Schiff ahoi!
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: CAPTAIN BLACK
Autor: Reiner Knizia
Verlag: Ravensburger
Spielerzahl: 2 - 4 Spieler
Alter: ab 6 Jahren
Dauer: ca. 45 Minuten
Preis: ca. 45 Euro
Sonntag, 20. Dezember 2015
TOP & FLOP
Das erfolgreiche Partyspiel WITS & WAGERS feierte 2015 sein zehnjähriges Jubiläum. Ähnlich wie einst Martin Luther vor über fünfhundert Jahren ein Erweckungserlebnis hatte, ging es dem Autor Dominic Crapuchettes (u.a.a. EVOLUTION). Er geriet als Kapitän eines Lachsfischers vor der Küste Alaskas in Seenot. Als die gesamte Schiffselektronik ausfiel, musste er sich auf der Heimfahrt am Polarstern orientieren. Er schwor, nun nur noch seinen Träumen zu folgen. So gründete er 2003 den Spieleverlag North Star Games und landete zwei Jahre später mit dem Partyspiel WITS & WAGERS einen ersten großen Erfolg.
Wie bei QWIRKLE hat es eine ganze Zeit gedauert, bis ein deutscher Verlag auf diesen Dauerbrenner aus den Vereinigten Staaten aufmerksam wurde. Zwischenzeitlich hatte Days of Wonder die Idee schon einmal als GAMBIT 7 vermarktet. 2015 ist aus „Grips & Wetten“ nun bei Kosmos TOP & FLOP geworden, an der grundsätzlichen Idee hat sich aber nichts verändert.
TOP & FLOP spielt mit unserem Halbwissen, mit Ahnungen, Vermutungen, daher ist es auch kein reines Quiz-, sondern eher ein Schätzspiel. Wobei die Qualität solcher Spiele hauptsächlich von der redaktionellen Bearbeitung der Fragenkarten abhängt. Soviel vorweg: Kosmos hat gut gearbeitet, es gibt nur wenige Fragen, die man sicher beantworten kann. Fast alle könnten mit vier Antworten Millionenfragen bei Jauch sein. Es gibt aber auch Ausreißer wie die zur Regierungszeit der Queen.
Der Rateaufwand hält sich in Grenzen, schon nach sieben Tipprunden ist der Spaß vorbei. Ein Spieler liest eine Frage vor, die könnte lauten: „Wie viele Buchstaben hat das aktuell längste Wort, das im Duden steht?“ Alle, auch der Vorleser, fangen nun an zu grübeln, allein oder im Team, und schreiben dann mit einem abwischbaren Stift ihre Vermutung auf eine Tipptafel. Die Ergebnisse werden nach Größe sortiert und wahrscheinlich irgendwo zwischen den Zahlen 30 und 60 landen. Wer sich an Extremwörtern wie „Oberweserdampfschifffahrtsgesellschaft“ oder Mary Poppins „Supercalifragilisticexpialigetisch“ orientiert, muss also schon mindestens die 34 oder 38 auf seiner Tafel stehen haben. Danach legen alle einfache oder doppelte Wettchips auf beliebige Tafeln. Wichtig ist dabei, dass alle Tipps, die höher als das korrekte Ergebnis sind, nicht gewertet werden. Wer mit seinem aufgeschriebenen Tippergebnis gewinnt, bekommt einen Siegpunkt, entsprechend gibt es einfache oder doppelte Punkte für die Wettchips.
So läuft TOP & FLOP über die ersten sechs Runden, bis es zum großen Finale kommt. Diese letzte Runde kann alle bisherigen Ergebnisse total verändern, da die Spieler zusätzlich zu den Wettchips gewonnene Siegpunkte einsetzen können. Es gibt kein Limit, sodass dieses Alles oder Nichts hinten liegende Spieler oder Teams in die Spitzenposition hieven kann. Regeltechnisch bleiben dabei aber Fragen offen. Es wird überhaupt nicht festgelegt, in welcher Reihenfolge die Tipps abgegeben werden. Wir sind dazu übergegangen, dass diese Wetten geheim auf der Tafel mit der entsprechenden Zusatzwertung notiert werden.
Die Redaktion ist für die Bearbeitung der insgesamt 596 Fragen, die für über 80 Spiele ausreichen, zu loben. Zumal Kosmos sich nicht nur mit Zahlenantworten zufriedengibt, sondern Belege anführt und zu vielen Fragen weitere Informationen liefert. Bei der Beispielsfrage war das Wort mit 55 Buchstaben wohl zu lang, um dem juristischen Begriff der „Vermögenszuordnungszuständigkeitsübertragungsverordnung“ noch etwas hinzuzufügen. Was weniger gefällt ist der Wertungsrhythmus, der letztlich alles auf die letzte Frage zulaufen lässt, auch das Procedere hätte klarer geregelt werden müssen. Das war bei GAMBIT 7 mit einem zu beliebiger Zeit einsetzbaren Chip, mit dem das Ergebnis versiebenfacht wurde, eleganter gelöst. Mir fehlt auch die Sanduhr, die diesem Spiel noch beilag. Was auf alle Fälle 2015 besser funktioniert, sind die Stifte mit in der Kappe integriertem Wischer.
Ein ordentliches Partyspiel, bei dem sich keiner verstecken muss, das vor allem in großer Runde eine Menge Spaß macht, für das aber Hausregeln nötig sind, um die letzte Runde ohne Streit über die Bühne zu bringen.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: TOP & FLOP
Autor: Dominic Crapuchettes
Verlag: Kosmos
Spielerzahl: ab 4 Spieler
Alter: ab 10 Jahren
Dauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 35 Euro
DIE VERBRANNTEN
Alle sehen weg
Flüchtlingsheime, die brennen, Erpressung, Vergewaltigung auf den Flüchtlingsrouten, Behörden, die sich abschotten, die wegsehen oder die Hand aufhalten. Die irritierenden Bilder, die der 39jährige Mexikaner Antonio Ortuño in seinem vierten Roman, „Die Verbrannten“, entwirft, sind erschreckend real. So als ob er eine Dystopie von Europas Zukunft entwerfe. Dabei ist sein Buch 2013 erschienen und spiegelt das Schicksal von in Mexiko gestrandeten lateinamerikanischen Flüchtlingen auf dem Weg in die USA wider.
Brutaler könnte der Einstieg nicht sein. Das Flüchtlingsheim einer heruntergekommenen Kleinstadt im Süden Mexikos wird niedergebrannt. Die meisten Bewohner des Hauses kommen elendig um, da die Verbrecherbande, die Motow-Coctails durch die Fenster wirft, alle Türen verrammelt hat. Nur halbherzig verspricht die Nationalkommission für Migration Aufklärung, haben ihre Angestellten doch zum Zeitpunkt der Tat alle gefeiert.
Ortuño entwirft im Wechselspiel unterschiedlicher Erzählperspektiven die Facetten und Auswirkungen dieser Tat. Da ist die alleinerziehende Sozialarbeiterin Irma, die bei der Untersuchung helfen soll und sich und ihre Tochter plötzlich selbst bedroht sieht. Da ist die 22-jährige Yein aus El Salvador, die dem Flammenhorror entkommen konnte, die dort aber ihren Mann verlor. Ihr Schicksal steht sinnbildhaft für viele Flüchtende. Da sind offizielle Stimmen, im Chor obendrein Betrachtungen von Irmas Mann, der sich, zwar fern der Kleinstadt, auch schuldig macht.
Das Buch ist äußerst brutal, kompromisslos in der Darstellung mexikanischer Realität, das ist nicht jedermanns Sache. Ich konnte die 204 Seiten aber nicht aus der Hand legen. Völlig zurecht steht es seit Monaten auf der Krimi- Bestenliste der Zeit, dort treffend charakterisiert: „Zum Kotzen realistisch!”
Wertung: ****
Titel: Die Verbrannten
Verlag: Antje Kunstmann
Autor: Antonio Ortuño
Seiten: 204 Seiten
Preis: 19,95 Euro
Samstag, 19. Dezember 2015
HARRY HOPPER
Zwei Zehnerwertungen von insgesamt sieben Wertungen bei BoardGameGeek für HARRY HOPPER, wenn sich das nicht sehen lassen kann!? Wohl weniger, wenn Ranita Landgraf und Ranita Rubia gleich im Doppelpack als Wertende auftreten. Eher peinlich, wenn die Redakteurin des Lizenzgebers White Castle, Anita Landgraf, hier versucht, eigene Produkte zu pushen. Dabei hat dieser Spielerstling des 38jährigen Wieners Florian Nadler solch unrealistische Benotungen gar nicht nötig. Seine hüpfenden Heuschrecken, bei Kosmos erschienen, bringen nämlich eine Menge Spielspaß für die ganze Familie.
Irgendwo hat Nadler wohl hüpfende Frösche, die in einen Eimer wollen, und KUBB, den Klassiker aus Skandinavien, bei der Entwicklung vor Augen gehabt. Die Plastikfrösche sind große Heuschrecken, deren Beine gewaltiges Sprungvermögen entwickeln. Die großen KUBB-Kegel sind zu Grashalmen mutiert, kleine Holzstäbe, die ein Plastikhüpfer locker zur Seite räumt.
Die Grundversion ABGEGRAST! ist das Teamspiel, das an KUBB oder WIKINGER-SCHACH erinnert. Jede Mannschaft muss neun eigene „Grashalme“ umwerfen, um dann am Ende den roten Königsstein ins Wanken zu bringen. Die Wurfhölzer sind durch zwei Grashüpfer ersetzt und der Aufbau gestaltet sich anders. Bei HARRY HOPPER sind um den Königsstein die „Grashalme“ wechselnd in zwei konzentrischen Kreisen angeordnet. In einer halben Armlänge Entfernung starten die jeweiligen Heuschrecken der Teams und versuchen, eigene Holzklötze zu Fall zu bringen. Mit dosiertem Druck auf das Hinterteil des Hüpfers kann Richtung und Höhe des Sprungs recht gut gesteuert werden. Bevor es losgeht, sollten aber alle ein paar Sprungversuche machen. Alle Klötze, die umfallen, kommen aus dem Spiel. Beim roten Stab, sind die Regeln zum Glück nicht ganz so hart wie im KUBB-Spiel. Dort wäre sofort Schluss, hier wird der Stein wieder aufgestellt und das gegnerische Team darf einen beliebigen Holzstab entfernen. Die Mannschaft, die am Ende den roten Stab umwirft, gewinnt nach rund einer Viertelstunde das Geschicklichkeitsspiel.
Kann das erste Spiel durchaus noch am Tisch ablaufen, ist der GRASHÜPFER-PARCOURS ein Spiel im freien Raum. Die Spieler entwerfen dazu einen entsprechenden Hüpfkurs mit zehn Hindernissen, wobei das letzte wieder der rote Holzstab krönt. Im Unterschied zum ersten Spiel ist nun der Landeplatz des Grashüpfers gleichzeitig die Absprungstelle für den nächsten Spieler des Teams. Wer ein eigenes Holz umwirft, ist gleich noch einmal dran. Fallen gegnerische Hölzer, werden sie diesmal erneut aufgestellt.
Spielen Erwachsene mit, entscheiden die sich meist für die Tischversion und damit die KUBB-Variante. Reine Kindergruppen haben viel Freude am Spiel im freien Raum mit selbst erstellten Hindernissen, wobei wir nahelegen, umgefallene gegnerische Hölzer nicht wieder hinzustellen. Etwas Schadenfreude soll doch erlaubt sein. Kosmos empfiehlt das Spiel für Kinder ab sechs Jahren. Die Kleinen brauchen zwar etwas Zeit, um die Sprungtechnik zu beherrschen, aber mit Übung schaffen es durchaus auch Fünfjährige gut. Der Aufforderungscharakter ist in jeder Hinsicht groß. Florian Nadlers Söhne finden jedenfalls dessen Spiel "ur-geil!", was deutlich ehrlicher als die Bewertungen Ranita Rubias klingt.
"Ur-geil" fanden die Kinderspieljuroren das Spiel wahrscheinlich nicht, aber immerhin gut, sodass es auf der 2016er Empfehlungsliste landete.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: HARRY HOPPER
Autor: Florian Nadler
Verlag: Kosmos
Spielerzahl: 2 – 4 Spieler
Alter: ab 6 Jahren
Dauer: ca. 20 Minuten
Preis: ca. 20 Euro
ENDLICH MEIN
Donna Leon übertreibt etwas in diesem Jahr, schon der zweite Brunetti 2015, nachdem sie den ersten einen TOD ZWISCHEN DEN ZEILEN hat sterben lassen. Irgendwie fällt es ihr ja nicht schwer, die gewohnte Routine abzuspulen. Ihr ENDLICH MEIN ist auch ihr persönliches ENDLICH ZURÜCK in die Opernwelt, in der die Autorin sich besonders zu Hause fühlt. Nach VENEZIANISCHES FINALE und ACQUA ALTA taucht die Sopranistin Flavia Petrelli wieder auf.
Der spannendste Teil des Buches läuft auf den ersten Seiten ab. Das sich scheinbar real abspielende Drama erweist sich als TOSCA-Inszenierung mit Flavia in der Hauptrolle. Überschüttet von gelben Rosen nimmt sie die Ovationen des Publikums entgegen, darunter auch die von Salvo und Paola Brunetti. Bald muss Flavia den Commissario um Hilfe bitten, denn sie fühlt sich von einem Rosenkavalier verfolgt. Gelbe Rosen, wohin sie auch geht, in London und Petersburg, in ihrer venezianischen Künstlergarderobe und in ihrem Palazzo.
Das, was sich entwickelt, kommt an die Dramatik der Eingangsszene überhaupt nicht heran. Langatmig geht es um Stalker, um eine Nachwuchssängerin, die eine Treppe hinabgestoßen wird, um die Leiden des Künstlerlebens. Das Ganze retten eigentlich nur die unterhaltsamen Intrigen im Kommissariat, der alte Kampf von Signorina Elettra gegen ihren Vize-Questore. Der Wiedererkennungswert ist hoch, aber irgendwann ist der Kredit aufgezehrt. Ich warte jedenfalls das Silberjubiläum mit dem 25. Brunetti im Mai nächsten Jahres noch ab, bevor ich mich eventuell endgültig von Venedig verabschiede. Vielleicht heißt es dann ja auch nicht ENDLICH MEIN, sondern ENDLICH SCHLUSS!
Wertung: **
Titel: Endlich mein
Verlag: Diogenes
Autor: Donna Leon
Seiten: 307 Seiten
Preis: 24 Euro
Freitag, 18. Dezember 2015
TOP 12
„1 – 3 – 6 – 24 – 31 – 43“ – jeder Wunsch wird erfüllt. Mit diesen Zahlen wäre es in der Lottoziehung vom 12.12. 2015 sogar ein Sechser gewesen. Schön wär’s!
Schön ist es! Heinz Meister, seit über dreißig Jahren erfolgreicher Spieleautor, geht nicht nur auf die Suche nach sechs Richtigen, sondern entwickelt ein Zahlenwunschkonzert für zwölf Richtige. In TOP 12 darf jeder die Zahl nennen, die ihm in den Kram passt.
Meisters Idee besteht aus einem Wertungsblock, einem Würfel und vier kleinen Stiften, alles fast zu aufwendig von Schmidt Spiele in einer Metallschachtel verpackt. Der Block hat fünf Spalten, denen fünf auf dem Würfel auftauchende Symbole zugeordnet sind, und jeweils 12 Eintragungsfelder. Die Spieler notieren dort aufsteigend Zahlen zwischen 1 und 100, der erste, der eine Spalte vollenden kann, gewinnt TOP 12.
Bevor es losgeht, werden die Startzahlen 10, 20, 30, 40, 50 jeweils einer Spalte zugeordnet und dann beginnt das Wunschkonzert. Reihum nennen die Beteiligten eine beliebige Zahl, die durchaus auch schon auf den Blöcken markiert sein kann. Dann legt das Wurfergebnis des Würfels fest, in welche Spalte die Zahl eingetragen werden muss, nur beim roten Blitz steht eine beliebige zur Verfügung. Wie bei den Würfelspielen QWIXX oder QWINTO gelten die Wurfergebnisse immer für alle Spieler.
Spicken ist ausdrücklich erlaubt! Denn die ausgewählte Zahl soll natürlich gut in die eigene Planung passen und Mitspielern Probleme bereiten. Das gilt vor allem gegen Ende, wenn nur noch wenige Felder offen sind. Meist führt dies zu einer Nivellierung der Ergebnisse, da Führende schnell eingeholt werden und alle am Ende dann auf passende Spaltenwürfe hoffen. An die Spielqualität der Ideen vom Nürnberger Spielkarten Verlag kommt TOP 12 nicht heran. Trotzdem hat diese Zahlenwunschmaschine von Heinz Meister ihren Reiz und kann als unterhaltsamer Start für einen Spielabend oder als Absacker dienen.
Die Spielregel sieht auch eine Solovariante vor, deren Rundenzahl vom Anfänger bis zum TOP 12-Profi bewertet wird. Richtig reizvoll ist diese Variante nicht, da das Ergebnis letztlich nur von der Würfelhäufigkeit der vorkommenden Symbole abhängt.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: TOP 12
Autor: Heinz Meister
Verlag: Schmidt Spiele
Spielerzahl: 1 – 4 Spieler
Alter: ab 8 Jahren
Dauer: ca. 10 - 15 Minuten
Preis: ca. 7 Euro
Donnerstag, 17. Dezember 2015
NEW YORK 1901
Was für eine Aussicht! Über den Dächern von Manhattan scheinen eine Bauarbeiterin und ein Bauarbeiter sich auf ihr Frühstück vorzubereiten, den Hudson bei blauweißem Himmel im Blick. Charles Clyde Ebbets ist wohl das große Vorbild für den französischen Grafiker Vincent Dutrait (LEWIS & CLARK, AUGUSTUS etc.). Er variiert Ebbets bekanntes „Lunch atop a Skyscraper“ und versetzt es mit politisch unzeitgemäßer Korrektheit ins New York der vorletzten Jahrhundertwende.
Der kanadische Autor Chenier La Salle darf sich jedenfalls über eine fantastische Covergestaltung seiner ersten Spieleveröffentlichung NEW YORK 1901 freuen. Auch auf der Rückseite des Spielplans überließ der Verlag blue orange seinem Grafiker Spielräume. Die vier Bilder auf der üblicher Weise einfarbigen Rückseite sehen wie weitere Coverentwürfe aus, die zwar nicht ganz mit der ausgewählten Fassung mithalten können, aber durchaus Atmosphäre besitzen.
Der Bauboom zu Beginn der 20. Jahrhunderts hat es La Salle angetan. Er lässt zwei bis vier Bauunternehmer Anteil am Hochhausbau in New York nehmen. So begeistert wir Spieler erst einmal vom Cover sind, so ernüchternd kommt dann das reine Spiel eher abstrakt daher. Es läuft nur zweidimensional mit Legeplättchen ab. Immerhin ist unser Punkteanzeiger ein nicht ganz zeitgemäßes Abbild des Empire State Buildings, da es erst 30 Jahre nach der Bautätigkeit im Spiel errichtet wurde.
Der Spielplan kommt sehr bunt daher, farbige Bauplätze, die durch Straßen getrennt sind, werden Baubereichen zugeordnet. Dort errichten die Spieler Hochhäuser, dafür hat jeder eine Startimmobilie und ein identisches Set aus 18 Wolkenkratzern, die nach Entwicklungsstufen geordnet sind. Für das Vorbereiten von Bauplätzen stehen vier Arbeiter zur Verfügung, zusätzlich bekommt jeder drei Aktionskarten. Wer am Zug ist, erwirbt Land und okkupiert es mit einem Arbeiter, zusätzlich kann das Land sofort bebaut werden. Gebäude können auch durch neue, höhere Entwicklungsstufen ersetzt werden. Dafür gibt es Siegpunkte. Landerwerb und eventuelles Bauen und Abriss mit Wiederaufbau sind getrennte Aktionen, für eine von beiden muss der Bauherr sich entscheiden.
Wo und wie groß gebaut werden darf, regeln Grundstückskarten. Vier liegen stets offen aus, von denen der Spieler, der diese Aktion wählt, eine nehmen muss. Beim Bau achten die Bauherren nur noch auf Bedingungen wie Straßen- oder Parkanbindung. Die einfachen bronzenen Hochhäuser können durch silberne und die wiederum doch goldene überbaut werden, die immer punkteträchtiger werden. Jeweils einmal darf jeder einen der realen legendären Wolkenkratzer errichten, die neun bis 13 Siegpunkte bringen. Der Hochhausbau endet, wenn ein Spieler nur noch vier nicht errichtete Hochhäuser vor sich liegen hat oder wenn die Grundstückskarten ausgehen. Aktionskarten für die Spielrunden, Bonuskarten für die Schlusswertung ergänzen das Grundspiel.
Für die ersten Runden macht es Sinn, dem Einsteigerspiel zu folgen. Es führt in die Standardregeln gut ein, sodass alle ein Gefühl für Landerwerb, Häuserbau und -abriss erhalten. Das Spielende wird hierbei über die Siegpunktleiste eingeläutet. Es tritt dann ein, wenn einer die 50-Punkte-Grenze überschreitet.
Im Grunde genommen ist NEW YORK 1901 ein klassisches Legepuzzle, das in starker Abhängigkeit von nur vier Bauplatzoptionen abläuft. Die daraus entstehenden Zwänge sind ziemlich groß, sodass langfristige strategische Bauplanung nur bedingt möglich ist. Das Problem haben aber alle, jeder versucht das Beste aus den gegebenen Bedingungen herauszuholen. Da alle identische Bauteile haben, machen die Unterschiede bei den legendären Wolkenkratzern ganz schön viel aus. Früh Plätze dafür frei zu blocken, macht Sinn, vor allem, wenn man die 13 Punkte für den Woolworth-Tower kassieren will. Das gilt ebenfalls für die unterschiedlichen Bonus-Wertungen am Ende. Diese bringen fünf Siegpunkte für Straßendominanz oder Belohnungen für noch stehende einfache Wolkenkratzer. Je nach Karte, die ins Spiel kommt, verlaufen die Runden anders.
Zu zweit kommen sich die Bauherren fast gar nicht in die Quere, obwohl im Rosa-Viertel nicht gebaut wird. Zu viert ist die Interaktion am höchsten, da wird es richtig eng und aggressives Spiel macht den Bau großer Gebäude schwer. In dieser Zusammensetzung dauert NEW YORK 1901 eine gute Stunde, sonst reichen meist zügige 45 Minuten aus, Zweierpartien sind schon nach einer halben Stunde vorbei.
Die Regeln sind schnell verstanden. Da es nur zwei Handlungsoptionen gibt, stellt das Spiel auch für Grundschüler keine große Hürde dar. Daher ist NEW YORK 1901 ein ordentliches Familienspiel, um das Vielspieler aber eher einen Bogen schlagen. Der Glücksfaktor mit den nur vier ausliegenden Grundstückskarten ist einfach zu groß. Bei aller optischen Schönheit des Covers, die Zweidimensionalität im Legespielablauf führt uns schnell in die Niederungen eines nicht unbedingt originellen Spiels zurück.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: NEW YORK 1901
Autor: Chenier La Salle
Verlag: Huch! & friends / blue orange
Spielerzahl: 2 – 4 Spieler
Alter: ab 8 Jahren
Dauer: ca. 30 - 60 Minuten
Preis: ca. 40 Euro
Mittwoch, 16. Dezember 2015
INDUKTO
Harmut Kommerell, ein Berliner Spieleautor und augenblicklicher zweiter Vorsitzende der SAZ, feiert 2016 sein zwanzigjähriges Autorenjubiläum. Obwohl er schon über 40 Spiele veröffentlicht hat, ist er relativ unbekannt. Das liegt vor allem daran, dass er sich überwiegend dem spannenden, aber wenig lukrativen Genre der Zweipersonen-Spiele widmet. Er war so etwas wie der Hausautor bei HiKu-Spiele und hat allein dort bis zur Einstellung des Verlags 2010 zehn Spiele veröffentlicht. Diese Tradition hat er bei Clemens Gerhards (QUINT-X)) und Rombol fortgesetzt. Dort ist u.a. 2015 INDUKTO erschienen.
Für INDUKTO hat der Autor zwei Varianten entwickelt. Das Grundspiel, das Achtjährige schon ans Brett holt, wird in einem Holzbrettrahmen auf 7x7 Feldern mit zwölf Spielsteinen gespielt. INDUKTO II nutzt identische Spielsteine, das Spielfeld vom Grundspiel, ergänzt dieses aber durch eine dreistufige Stufenpyramide.
Wie immer bei Kommerell ist der Regelzugang ganz einfach, der sich daraus entwickelnde Denkanspruch recht hoch. Jeder startet mit sechs Spielfiguren, kleine Türmchen in drei Größen. Sie beginnen meist aus den Eckfeldern heraus ihre Spielzüge, die Startaufstellungen können aber variiert werden. Pfiffig gelöst ist die Bewegung der Steine. Isoliert stehende Türme ziehen je nach Größe orthogonal oder diagonal ein bis drei Felder weit. Steine mit Nachbarn orientieren sich in ihrer Zugweite ausschließlich an den Nachbarsteinen. Dadurch können große Steine in ihrer Bewegung behindert werden und kleine plötzlich den Turbo einlegen. Dies geschickt zu nutzen, um damit Bewegungsvorteile herauszuschlagen, entscheidet letztlich über den Spielsieg. Dieser tritt dann ein, wenn alle eigenen Steine gleicher Höhe benachbart stehen.
Man muss höllisch aufpassen. Anfangs übersehen die Spieler häufig die diagonalen Kopplungsmöglichkeiten, da machen sie auch Fehler. Spätestens in der zweiten Partie sitzt der Zugmechanismus und sorgt meist für einen knappen Spielausgang, wobei zu beachten ist, dass die Spielrunde beendet werden muss. Gewinnt der Startspieler, sollte sein Gegenspieler noch eine Kontermöglichkeit besitzen. Das sieht die Regel aber nicht vor. In unseren Runden hat sich gezeigt, dass der Nachziehende dann häufig doch noch ein Unentschieden erreichen kann.
INDUKTO II folgt dem identischen Zugmechanismus, die Siegbedingungen sind aber andere. Die Steine werden nun so aufgestellt, dass jeweils ein Stein eine Vertiefung zeigt, der andere aber nicht. Wie bisher müssen am Ende Partnersteine die gleiche Farbe besitzen, aber eine andere Markierung. Da benachbarte Türme am Ende gleich hochstehen müssen, können das durch das pyramidale Spielfeld Steine auch auf unterschiedlichen Ebenen erreichen. Bei der Bewegung zählt das Treppensteigen nicht mit, da werden alle Felder so behandelt, als stünden sie in einer Ebene. Der Anspruch ist deutlich höher. Hier stehen sich bei der Nutzung der Treppenstufen die Spieler schneller im Weg und sie müssen gut planen, die Siegbedingungen zu erfüllen. Kann INDUKTO I durchaus schon nach zehn Minuten beendet sein, darf eine Partie INDUKTO II auch eine halbe Stunde dauern.
Das Holz ist sauber verarbeitet, kommt aber nicht an die Qualität der Spiele von Clemens Gerhards heran. Die hellen Teile stammen vom Kautschukbaum, die dunklen Teile sind aus Cassia-Holz. Verpackt ist das Spiel in einem Faltkarton. Die doppelseitige Regel mit Bildern für die Startaufstellung und für die Siegbedingung ist bis auf die mir fehlende Nachziehregel in Ordnung. Wer anspruchsvolle Strategiespiele mag, ist mit INDUKTO in der Bearbeitung von Rombol gut bedient, muss aber für diese edle Holzausgabe auch etwas tiefer in die Tasche greifen.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: Indukto
Autor: Hartmut Kommerell
Verlag: Rombol
Spielerzahl: 2 Spieler
Alter: ab 8 Jahren
Dauer: ca. 10 - 30 Minuten
Preis: ca. 45 Euro
CUCINA CURIOSA
Zu den Trends nach der „Spiel“ in Essen gehören vor allem deduktive Kommunikationsspiele, aber auch Variationen des Klassikers TAKE IT EASY. Haba folgt dieser Idee in seiner jungen Familienspiel-Reihe und setzt mit KARUBA neue Akzente. Noris stellt mit CUCINA CURIOSA eine knizianische Überarbeitung des Vorbilds vor.
Für das Noris-Spiel recycelt Reiner Knizia, der heuer sein dreißigjähriges Autorenjubiläum feiern darf, ein fünf Jahre altes Handyspiel, das er für Tribeflame entwickelt hat. In REINER KNIZIA’S LABYRINTH geht es auf Schatzsuche, die man sich nicht durch Monster stören lassen darf. Nichts Anderes passiert in der kuriosen Küche. Die Schätze sind nun Hummer, die Monster stinkende Fischgräten.
Alles spielt sich wie auf dem Handybildschirm auf einem 4x4 Feld ab, auf das 16 von 20 Wegeteile abgelegt werden müssen. Das Abenteuerlabyrinth ist zur Kreuzfahrtküche degeneriert, die kräftiger Seegang ganz schön durcheinander wirbelt. Jeder muss auf seinem Küchenspielplan die Küchenwelten wieder in Ordnung bringen. Dabei wollen die Köche möglichst viele entflohene Lobster einfangen und tunlichst wenig Gräten im Wegenetz haben.
Das Spielprinzip ist bekannt: Ein Spieler deckt der Reihe nach verdeckte Wegekarten auf, die anderen suchen die passende Karte und dürfen sie an beliebiger Stelle in ihrer Küche unterbringen. Sobald das 16. Plättchen gelegt ist, wird überprüft, wie viele Hummer jeder einfangen konnte. Die bringen stets einen Siegpunkt, Gräten verhageln die Bilanz mit zwei Minuspunkten. Wer die meisten Punkte erreicht, gewinnt nach 15 bis 20 Minuten das Spiel.
Nichts Neues aus dem Hause Knizia, im Gegenteil die Handyvariante bietet deutlich mehr Varianz. Wer das Spielprinzip kennenlernen möchte, der kann eine Lite-Version kostenlos ausprobieren oder für knapp 3 Euro auf die Vollversion zugreifen. Der Mehrwert von CUCINA CURIOSA besteht natürlich im Konkurrenzspiel mit bis zu drei Gegnern, das REINER KNIZIA’S LABYRINTH nicht bietet. Das Material ist solide, die comichaft angelegte Grafik trifft nicht jedermanns Geschmack. Dienlicher wären klarere Strukturen, das hätte beim Heraussuchen der passenden Kärtchen geholfen.
Das Spiel funktioniert, trotzdem wollen die edlen Lobster im Vergleich zum großen Vorbild nicht munden. Sogar MOPS ROYAL, das Noris 2014 veröffentlicht hat und das auch dem TAKE IT EASY-Prinzip folgt, hat gegenüber dem Schiffsküchenspiel die Nase vor. Das war reizvoller durch unterschiedliche Ausgangsbedingungen und spannende Zwischenwertungen. Meine Runden greifen jedenfalls lieber zum Original oder zu Rüdiger Dorns KARUBA.
Wertung: Vielleicht nächsten Monat
Titel: Cucina Curiosa
Autor: Reiner Knizia
Verlag: Noris
Spielerzahl: 1- 4 Spieler
Alter: ab 8 Jahren
Dauer: ca. 15 - 20 Minuten
Preis: ca. 20 Euro
GOUDA GANOVEN
Was haben Ferienwohnungen auf Norderney mit GOUDA GANOVEN zu tun? Nun ja, wer sich eine Woche bei Familie Heller einmietet, bekommt ein Kartenspiel des Sohnemanns geschenkt.
Stefan Heller, Doktor der Medizin, geht viele kreative Wege, um seine Spielidee an den Mann oder an die Frau zu bringen. An seinem alten Gymnasium, dem Ulricianum in Aurich, macht er Werbung auf der Homepage. Sein Risiko minimierte er durch eine knapp erfolgreiche Schwarmfinanzierung bei Startnext und mit Werbesprüchen hält er sich auch nicht zurück: „Viele Spielstunden haben das Spiel GOUDA GANOVEN geprägt und modifiziert, sodass man nun von einem sehr gelungenen und äußerst lustigen Gesellschaftsspiel sprechen kann, und das für jung bis alt.“
Heller ist überzeugt von seiner Idee, die ihn sein ganzes Studium lang begleitet hat. Mit immerhin 146 Unterstützern überschreitet er sein Finanzierungsziel von 9.900 Euro knapp, sodass seine GOUDA GANOVEN seit Juni 2015 auf dem Markt sind. Im Eigenvertrieb kostet das Spiel inzwischen 20 Euro, was für eine Kartenspielidee erst einmal eine ganze Menge Kohle oder Käse ist.
Dieser Käse regnet zu Beginn jeder Spielrunde auf ein kleines Häuschen mit vier Zimmern. Der Startspieler hat dabei stets ein Käsestück weniger, als Mitspieler beteiligt sind, in der Hand. Er lässt die zwei bis fünf Holzteile mittig auf einen Hausplan fallen. Je nach Nähe, werden die Käsestücke eindeutig dem Bade-, Schlaf, Kinderzimmer oder Kellerraum zugeordnet. Um diese streiten sich dann die Kontrahenten als kleine Ratten. Dafür haben sie Karten von jedem Zimmer zur Verfügung und anfangs drei weitere Spielkarten als Waffen-, Fallen- und Käsekarten.
Erst einmal entscheiden sich alle geheim für ein Zimmer, in das sie spazieren wollen. Dann überlegen sie, mit welcher Ausrüstung sie ihre Nager ausstatten, wobei die Waffenkarten Werte von 1 bis 20 haben. Sie können bei entsprechender Stärke auch Käsekarten hinzunehmen, die die Käseanzahl erhöhen. Ganz gemein sind Fallen, die gegnerische Ratten verletzen. Diese Karten wirken sich in der folgenden Spionage-Phase aus, in der alle Spieler eine Karte eines beliebigen Mitspielers umdecken. Wer eine Falle erwischt, bekommt in dieser Runde zehn Stärkepunkte abgezogen. Damit man danach nicht ohnmächtig dasteht, hat der Autor noch eine Verstärkungsphase eingebaut, in der alle Karten aber offen gespielt werden müssen. Nur in dieser Phase dürfen Aktionskarten gespielt werden. Mit denen können die Spieler Käsestücken verschieben, samt Ausrüstung das Zimmer wechseln, aber auch die Runde vorzeitig beenden.
Dann folgt die Phase der Offenbarung, der Streit um den Käse wird entschieden. Die Kampfstärke greift immer dann, wenn die Zahl der Käsestücke für eine gerechte Verteilung nicht ausreicht. Jeder Käsegewinn wird mit einem Rattenchip belohnt. Wer als Erster eine Rattenbande mit fünf Ratten sammeln kann, gewinnt GOUDA GANOVEN nach einer guten halben Stunde Käse-Regenzeit.
Heller arbeitet mit dem typischen Reiz von Bluffspielen. Wer geht in welchen Raum? Diese Frage ist von Runde zu Runde spielentscheidend. Wer keine hohen Kampfkarten hat, wird wohl kaum die Konfrontation im Schlafzimmer suchen, in dem zwei Gouda-Stücke liegen. Aber vielleicht sagen sich das auch die lieben Mitspieler und plötzlich streiten alle im Kinderzimmer um nur ein Stückchen Käse. Zusätzlich kommt Spannung beim Spionieren auf, wobei ich mir eine größere Zahl von Rattenfallen gewünscht hätte. Mit nur vier von 55 Karten fällt die Chance, in eine Falle zu tappen, äußerst gering aus. Interessanter ist die nächste Phase, aber auch hier gilt, dass die Zahl der Aktionskarten mit je drei von jeder Sorte leider auch nicht so groß ist. Damit wird klar, dass die Glückskomponente beim Kartenziehen einen extrem hohen Stellenwert hat. Das muss man mögen. Die Begeisterung über GOUDA GANOVEN blieb deshalb bisher auch meist aus. Vermutlich können Papa und Mama Heller daher noch viele Ferienwohnungen mit Spielzugabe vermieten.
Wertung: Vielleicht nächsten Monat
Titel: Gouda Ganoven
Autor: Stefan Heller
Verlag: Goldschmidt Druck GmbH
Spielerzahl: 3 - 6 Spieler
Alter: ab 10 Jahren
Dauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 20 Euro
Dienstag, 15. Dezember 2015
ROAR! FANG DAS MONSTER
Im letzten Jahr waren sie noch der große Trend, Brettspiele mit Handysteuerung. Ravensburger entwickelte extra eine Halterung für smartPLAY-Spiele wie KING ARTHUR oder DAS MAGISCHE MUSEUM. Ein visuelles Strohfeuer, das schon ein Jahr später am Verglimmen ist. Nur der polnische Verlag Trefl hat die Idee noch nicht aufgegeben und Vieles in der Umsetzung einfacher und damit auch besser gemacht.
Coco, Blub und Zzab, drei junge, übermütige Monster, sind aus dem Labor Doktor Schwindels entfleucht und verunsichern die Stadt. Sie tauchen in der Nähe von Schulen auf, sind schon in Geschäften gesehen worden und machen sogar vor Polizeistationen nicht halt. Ein Arzt, ein Chemiker und ein Techniker versuchen die Ungetüme wieder einzufangen. Die Jagd findet auf einem 10x10 Felder großen Stadtplan statt. Auf einer Spielplanseite ist er nur ikonographisch angelegt, sodass die Spieler Schulen, Geschäfte, Polizeistationen und elf weitere Orte schnell finden. Auf der anderen Seite ist die Stadt eine Art Wimmelbild, das fantastisch aussieht, aber die Zuordnung erheblich erschwert.
Die Aufgabe erinnert an einen Spieleklassiker: SCOTLAND YARD, das „Spiel des Jahres“ 1983, lässt grüßen. Die Wissenschaftler starten in drei Ecken und dürfen sich in ihren Zügen zwei Felder weit bewegen. Mit Sonderfähigkeiten geht es manchmal schneller, so kann der Arzt von einem Krankenwagenfeld zu einem anderen fahren. Der Techniker darf Radar nutzen, um das Monster aufzuspüren und der Chemiker kann mit einer Mixtur ganze Reihen für das Monster sperren. Die Spielerfiguren sind in Plättchenform real auf dem Spielplan zu sehen. Eines der drei Monster, das die Spieler einfangen wollen, ist immer nur virtuell auf dem Handyschirm des Monsterspielers sichtbar. Coco & Co. bewegen sich bis zu drei Felder weit. Den genauen Zug legt der Spieler auf dem Bildschirm fest. Bei den einfachen Missionen muss das kleine Ungeheuer drei unterschiedliche Orte auf dem Spielplan besuchen, später können es auch mehr sein. Gelingt ihm dies in einer vorgegebenen Rundenzahl, gewinnt der Monsterspieler. Schnappen die Wissenschaftler es vorher, gewinnen sie. Das gilt auch, wenn das kleine Ungetüm sein Ziel in der festgelegten Rundenzeit nicht schafft.
Das entscheidende Element des Spiels ist die Ortung des Monsters. Nach einem Zug sind dessen Umgebungsgeräusche zu hören. Da es stets an vier Felder angrenzend steht, sind es auch immer vier Geräusche. Die Spieler nutzen eine Ortungskarte, auf der sie gehörte Geräusche markieren. Danach diskutieren sie über mögliche Standorte des Monsters und versuchen es einzukreisen. Oft lässt sich der Ort eindeutig zuordnen, sodass die Jäger nicht ganz so im Dunkeln tappen, wie das oft bei SCOTLAND YARD der Fall ist. Die schnellere Bewegung des Monsters sorgt trotzdem für manche Überraschung. Zudem haben auch die Ungetüme Spezialfähigkeiten. Coco kann Wissenschaftler überspringen, Zzap sendet Störgeräusche, wenn die Spieler versuchen, seinen Standort zu erraten. Am stärksten ist Blub, der über Gullys im Untergrund verschwinden und an ganz anderer Stelle wiederauftauchen kann.
Bei den Geräuschen macht es Sinn, zu Spielbeginn alle den Spielern einmal vorzuspielen. Das geht leicht über das Info-Menü der App. Da die Monster recht schnell entkommen und besonders Blub so gut wie gar nicht gefangen wird, sollte man sehr früh die Missionsanforderungen steigern, damit die Wissenschaftler auch eine reale Gewinnchance besitzen. Die visuelle Aufnahme der Spielbrettdaten läuft über die App und zumindest iOS-Geräte vorzüglich. Ein leicht schräger Blick aufs Spielbrett reicht aus und auch die Ausleuchtung muss nicht extrem hell sein. Das System übersteht den Praxistest viel stabiler und deutlich weniger störanfällig, als ich das mit smartPLAY-Spielen erlebt habe. Was allerdings mühsam ist, dass der Monster-Spieler das Gerät immer hochhalten muss. Funktioniert mit dem i-Pad nur wenige Minuten, dann hat man einen Krampf in der Hand, klappt mit dem Handy einigermaßen. Deshalb ist dieser Part auch weniger etwas für Kinder, sondern für mitspielende Erwachsene. Die Idee überzeugt, zumal die Varianz durch Steigerung des Schwierigkeitsgrades recht groß ist. Ganz verabschieden sollte man sich also noch nicht von handygesteuerten Spielen. Trefl beweist, dass es durchaus klappen und zudem noch Spaß machen kann.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: ROAR! FANG DAS MONSTER
Autor: Hubert Spala
Verlag: Trefl
Spielerzahl: 2 - 4 Spieler
Alter: ab 7 Jahren
Dauer: ca. 15 - 20 Minuten
Preis: ca. 25 Euro
Montag, 14. Dezember 2015
FENDO
Dieter Stein ist inzwischen so etwas wie der Hausautor bei Clemens Gerhards. Kaum ein Jahr, in dem nicht von ihm eine Idee in der Spiel- und Design-Manufaktur aus dem Westerwald veröffentlicht wird. Vor zwei Jahren konnte er mit MIXTOUR gleich einen doppelten Erfolg landen. Die Jury „Spiel des Jahres“ hatte es auf ihrer Empfehlungsliste der besten Spiele des Jahrgangs und der deutsche Mensa-Verein zeichnete das raffinierte Strategiespiel mit dem „MinD Spielepreis“ aus.
An die Qualität von MIXTOUR kommt Steins neues Spiel FENDO durchaus heran. Ging es in dem Spiel vor zwei Jahren noch um die dritte Dimension und einen raffinierten Bewegungsmechanismus, der Umdenken erforderte, bleibt Stein bei dem neuen Spiel auf einem 7x7-Felder großen Holzbrett in der Fläche. Es geht um Grenzziehungen und Raumgewinn.
Die Grundregeln sind einfach: Jeder startet mit einer von sieben Spielfiguren, die er beliebig weit und mit einer Abwinkelung bewegen darf. Im Zielgebiet wird eine Grenze in Form eines Stäbchens gezogen. Wer sich nicht bewegen möchte, bringt eine neue Figur ins Spiel. Die darf ohne anschließende Grenzziehung auf jedes Feld gesetzt werden, das eigene andere Figuren erreichen können.
Durch dieses Vorgehen entstehen mit der Zeit abgeschlossene Gebiete, die klar einem Besitzer zugeordnet sind. Deshalb darf sich dort auch nur eine einzige Figur befinden. Diesen Gebieten, die wichtig für die Endabrechnung sind, steht das anfangs große offene Gebiet gegenüber. In dem tummeln sich die restlichen Spielfiguren, dort starten auch neue Figuren. Sobald ein Spieler 25 Felder in seinem Besitz hat, endet das Spiel. Das ist auch dann der Fall, wenn durch eine Schlussaktion das offene Gebiet durch durchweg geschlossene aufgelöst wird.
Die Übersicht zu behalten, wird im Fortlauf des Spiels immer schwerer. Das gilt vor allem für das offene Gebiet. Dort dürfen keine Gebiete abgeschlossen werden, die keinem Besitzer zugeordnet werden können oder in denen mehr als eine Figur steht. Wer im Übrigen anfangs nicht aufpasst, kann durch einen selbst eingeleiteten „Schäferzug“ völlig blamiert dastehen.
Wenn sich die rote Figur vor die weiße setzt, kann diese eingeschlossen werden und Rot gewinnt die Partie 48:1.
FENDO empfinde ich ebenso anspruchsvoll wie MIXTOUR. Die Zwänge gegen Ende des Spiels sind ziemlich hoch, sodass die Überlegungszeiten wachsen.
Sind die Spielpartner sich nicht ganz ebenbürtig, schlägt Stein eine geschickte Handicap-Regel vor. Der stärkere Spieler setzt einfach weniger Figuren ein, dann stehen ihm beispielsweise nur noch fünf oder sechs für die Gebietsgewinnung zur Verfügung. Das Material ist gerhardsspezifisch hervorragend. Ein fast ein Kilo schweres geöltes Buchenbrett, ganz saubere Fräsungen der Spielfelder und des Spielfeldrandes, schöne Spielfiguren und passende Grenzstäbe. Da stimmt wieder alles: Tolles Material, gute Regel und ein taktischer Leckerbissen!
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: Fendo
Autor: Dieter Stein
Verlag: Gerhards Spiel und Design
Spielerzahl: 2 Spieler
Alter: ab 10 Jahren
Dauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 40 Euro
(Seite 1 von 2, insgesamt 36 Einträge)
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