Sonntag, 31. Januar 2021
DORADO
SAMMELSURIUM
Berliner Spielkarten – SPIEL-O-THEK: DORADO
Der Berliner Spielkarten Verlag ist vor allem durch seine Quartettspiele bekannt. Der Verlag hat sich zwischen 1968 und 2000 zwischendurch immer wieder kleine Abstecher in den Brettspielbereich geleistet. Bekannt ist vor allem die schöne Brettspiel-Serie SPIEL-O-THEK, in der ab 1974 Spiele veröffentlicht wurden. Die quadratischen Schachteln mit samtigem Inlett sollten der CASINO-Serie von Ravensburger und der E-Serie von F.X. Schmid Konkurrenz machen. Der Berliner Spielkarten Verlag, der die Reihe bis 1976 produzierte, brachte es aber nur auf fünf Spiele.
Erfolgreich war der Verlag dann noch einmal in seiner Schlussphase als Reinhard Staupe als Redakteur Spiele wie DAVID UND GOLIATH (1997) und MIT LIST UND TÜCKE (1999) veröffentlichte. 1999 übernahm Ravensburger die Firma Berliner Spielkarten. 2000 wurde die Marke Berliner Spielkarten mit den zusätzlichen Produktfeldern Spiele und Puzzle in die Spielkartenfabrik Altenburg integriert.
Ganz wesentlich für die Serie der SPIEL-O-THEK war die Kooperation mit Rudi Hoffmann, der einige Spiele beisteuerte. Rudi Hoffmann, der Vater von Guido Hoffman, gehörte schon in den 60er und 70er Jahren zu den bekanntesten Autoren Deutschlands. Da er als Werbegrafiker arbeitete, hat er die meisten seiner Spiele mit einem unverkennbaren ironischen Stil selbst gestaltet. Seine Handschrift prägt viele frühe Spiele der Verlage Spear und Berliner Spielkarten. Seinen größten Erfolg hatte er 1989 mit CAFÉ INTERNATIONAL (Mattel), das Spiel des Jahres wurde. Dieser Preis führte vor allem in den 90ern zu vielen Neuauflagen seiner älteren Spiele. HALALI gehörte dazu, ursprünglich hieß das Spiel JAG UND SCHLAG und war 1973 bei Spear erschienen. Das auch solche alten Ideen immer noch erfolgreich sein können, zeigen die weiteren Auflagen, die 2012 und 2015 folgten. Von den Berliner Spielen erlebte ELDORADO mehrere Neuauflagen, so als DORADA (Ravensburger, 1988), ALLES FÜR DIE KATZ? (F.X. Schmid, 1994) und SCHATZ IN SICHT (Haba, 2006). Rudi Hoffmann starb im Juli 2008 mit 83 Jahren.
DORADO
In DORADO taucht Hoffmann gleich im Doppelpack auf mit den beiden Spielen ELDORADO und NUMERI, die ein Jahr zuvor als eigenständige Spiele bei Berliner Spielkarten erschienen waren. Der quadratischen Schachtel angepasst, änderte sich der ursprünglich rechteckige Spielplan in einen quadratischen, was auch grafische Veränderungen notwendig machte, die vor allem bei NUMERI zu erheblichen Abweichungen führte.
Beide Spiele sind relativ einfache Würfel- und Laufspiele, die aber trotzdem den Hoffmanschen Stempel der Originalität tragen.
ELDORADO ist ein risikoreiches Insel-Hopping zu einer blumenbekränzten Trauminsel. Alle starten mit vier Touristen und müssen dabei immer größere Meerengen überwinden. Der Sprung von der Startinsel zur zweiten führt locker über ein Wasserfeld, das steigert sich aber bis zu dramatischen fünf Feldern vor der Zielinsel.
Solange man noch alle vier Spielfiguren zur Verfügung hat, gibt es meist genügend Alternativen für den Einsatz eines Wurfresultats. Wenn dann aber doch eine Spielfigur im Wasser landet, wird sie umgedreht und damit zur kleinen Insel.
Zuerst im Ziel zu landen, das vor den Inselbildungen nur mit einer Sechs erreicht werden kann, bringt besonders viele Punkte. Der erste Tourist bekommt 100 Punkte, die nachfolgenden 75, 50, 25 und jeder weitere zehn Punkte. Am Ende wird addiert, welche Touristengruppe am erfolgreichsten war.
ELDORADO ist ein glücksabhängiges Würfelspiel, das als Familienspiel trotzdem Spielspannung entwickelt. Da gibt es ein Wettrennen um die 100 oder 75 Punkte. Solange man noch alle vier Figuren hat, lassen sich die Wurfergebnisse durchaus taktisch einsetzen. Da können andere Spieler blockiert werden, damit ihr Zugzwang wächst. Da kann man auch länger auf der fünften Insel ausharren, um auf die nötige Sechs zu warten. Gegen Ende wird es sowieso leichter, weil immer mehr kleine Inselbrücken geschaffen werden. ELDORADO macht daher in Vollbesetzung durchaus Spaß, zu zweit hält sich der Reiz in Grenzen.
Der ursprünglich längliche Spielplan der ersten Ausgabe lebte von den kleinen Karikaturzeichnungen Hoffmanns, nur wie eine Skizze wirkend, aber mit dem typischen Augenzwinkern versehen, das diesen Grafiker auszeichnete. Der quadratische Spielplan der SPIEL-O-THEK-Fassung ist bunter gehalten, betont den Südsee-Charakter, besitzt aber nicht ganz so viel Esprit. Die Wendesteine sind in beiden Ausgaben aus Plastik. Regeltechnisch und auf die Laufstrecken bezogen gibt es keine Unterschiede.
Auch NUMERI ist ein Würfel- und Laufspiel, das noch ein bisschen abstrakter als ELDORADO ausfällt. Jeder besitzt einen Satz Holzzylinder mit den Werten von eins bis sechs. Ist man an der Reihe, würfelt man und kann nun die Spielfigur mit dem passenden Wert auf das nächste unbesetzte Feld stellen. Hat man alle Spielfiguren im Spiel, darf man seinen Augenwurf auf mehrere Figuren aufteilen. Mit einer „6“ lassen sich damit gleich drei Figuren bewegen. Wer eine Kettenbildung mit drei eigenen Figuren hinbekommt, ist erneut am Zug, das kann auch mehrfach geschehen.
NUMERI endet, wenn die letzten drei Zielfelder, die mit 50, 30 und 20 Punkten ausgewiesen sind, besetzt werden. Für die Abrechnung werden alle Figuren herangezogen, die auf solchen Zahlenfeldern stehen. Ihre Zahl wird mit dem Wert der Figur multipliziert. Solchen 18 Wertungsfeldern stehen aber auch 24 leere Felder gegenüber, so dass in der Regel nie alle sechs Figuren in die Wertung kommen.
NUMERI wirkt fast wie ein Radrennen, im großen Peloton hält man sich am besten auf, weil da die größten Sprünge möglich sind. Kleine Lücken schließt man. Vor allem die niedrigen Figurenwerte können gut pendeln , da sie durch die Wurfaufteilung häufiger genutzt werden. Daher bekommt man auch kaum eine „5“ oder sogar „6“ auf das 50er Schlussfeld, bestenfalls eine „3“. Wer hinterherhinkt, hat kaum Chancen, dem Hauptfeld zu folgen, auch Ausreißer haben es schwer, da sie ja immer nur ein Feld vorrücken können. Die Dynamik bringt nur die große Gruppe und da sollte man mit seinem Team dabei sein. Die hohen Nummern parkt man am besten auf kleineren Wertungszahlen, damit sie zumindest etwas für die Wertung beitragen können.
Auch NUMERI ist recht glücksabhängig, aber in Ansätzen taktisch spielbar. Altmodisch wie die „6“ bei MENSCH ÄRGERE DICH NICHT wirkt allerdings die Regel, dass erst alle Figuren im Spiel sein müssen, bevor man Zahlen aufteilen darf. Wer ewig auf eine fehlende „3“ warten muss, wird hinterherhinken. Da helfen nur Hausregeln weiter.
Der ursprünglich einfache ovale Laufplan mit bunten Hoffmann-Figuren ist in der DORADO-Fassung zu einer eher grellen lila-orangenen Schleifenfassung geworden, die mich wenig überzeugt. Das Peppen auch die weißen Karikaturen des Autors nicht mehr auf.
Titel: DORADO
Spiel: ELDORADO
Verlag: Berliner Spielkarten
Autor: Rudi Hoffmann
Spielerzahl: 2 - 4
Alter: ab 5 Jahren
Spieldauer: ca. 20 Minuten
Spiel: NUMERI
Verlag: Berliner Spielkarten
Autor: Rudi Hoffmann
Spielerzahl: 2 - 4
Alter: ab 5 Jahren
Spieldauer: ca. 20 Minuten
Preis: ca. 59.- DM
Wertung: Nächste Woche wieder
Sammelsurium 5 - S5/2021
Donnerstag, 28. Januar 2021
ACH DU DICKES EI
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Neue Lernspielreihe bei HABA
Gleich mit sechs neuen Spielen eröffnet die für hervorragendes Spielmaterial bekannte Firma HABA eine neue Lernspiel-Reihe. Für Kinder ab vier Jahren haben die HABA-Spielredaktion und einige renommierte Spieleautoren durchweg gute Spiele herausgebracht, die sich für den Einsatz im Familienkreis, aber auch im Kindergarten und in der Vorschule bestens eignen.
Sehr schön ist das Spiel ACH, DU DICKES EI von Heinz Meister. Vier kleine Bastkörbe stehen zum Sammeln von mittelgroßen Holzeiern bereit. An die kommen die Kinder aber erst heran, wenn sie möglichst schnell eine Beobachtungsaufgabe gelöst haben.
In der Tischmitte liegen nämlich fünf beidseitig bedruckte Holztäfelchen mit einem blauen Hasen und einem roten Huhn. Am Rand jeder Tafel sind verschiedene Farbkombinationen mit blauen und roten Punkten zu finden. Ein Kind legt die Holzbilder aus, die anderen versuchen dann so schnell wie möglich, die Farbreihenfolge von Hühnern und Hasen in einer der Randkombination wiederzufinden. Wer es als erster schafft, erhält ein Holzei für sein Körbchen und legt die Holztäfelchen neu aus. Ein Spiel, das Reaktionsvermögen und Konzentration von Vorschulkindern vorzüglich schult.
Haba nutzt wunderschönes Material und witzige Zeichnungen der Grafikerin Doros Matthäus für ein unterhaltsames Kinderspiel.
Spieletelegramm:
Titel: ACH DU DICKES EI
Autor: Heinz Meister
Grafik: Doris Matthäus
Verlag: Haba
Spielerzahl: 2 – 4
Alter: ab 5 Jahren
Spieldauer: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 29.- DM
Die Rezension erschien 1996 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Spiel 25/ 1996 R 24/2021
Zum Spiel und zum Autor:
Heinz Meister gehört zu den produktivsten und am längsten aktiven Spieleautoren in Deutschland. Mit Blick auf die Anzahl seiner Veröffentlichungen dürfte ihn nur Reiner Knizia übertreffen.
Besonders erfolgreich war und ist Heinz Meister mit Kinderspielen. Mit SCHWEINSGALOPP gewann er 1992 sowohl den Sonderpreis der Jury Spiel des Jahres als auch den des Deutschen Spielepreises. Auf diesen war er Anfang der 90er Jahre abonniert, er gewann ihn 1993 für VERFLIXT GEMIXT und 1994 für HUSCH, HUSCH, KLEINE HEXE. Ein Jahr später zeichnete ihn die Jury Spiel des Jahres mit dem damaligen Sonderpreis Kinderspiel für KARAMBOLAGE aus. ZAPP ZERAPP war dann fast wieder ein Doppelerfolg, mit Klaus Zoch zusammen gewann er 2001 den Deutschen Kinderspielepreis und eben die Nominierung. ACH DU DICKES EI ist 1996 erschienen, konnte aber keine Auszeichnungen gewinnen.
Das Bild zeigt Heinz Meister mit Synes Ernst bei der Übergabe der Nominierungsurkunde während der Preisverleihung in Berlin 2005 für DADDY COOL, ein weiteres erfolgreiches Meisterstück.
Dienstag, 26. Januar 2021
DIE MAUS IM NACKEN
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
DIE MAUS IM NACKEN
Manfred Ludwig lässt 16 Elefanten vor einer kleinen Maus in einer Zirkusarena davonlaufen. Jeder der vier Spieler ab 7 Jahren besitzt vier Elefanten, die er bei diesem Wettlauf möglichst in das sichere Wasserbassin bringen möchte. Der Würfelwurf entscheidet, ob der Spieler die Maus bewegen muss oder einen seiner Elefanten. Auf der Rundstrecke zum Ziel können sich die Rüsseltiere auf Sitzmöbeln in Sicherheit bringen, die ihnen aber für die Endabrechnung viel weniger Punkte bringen. In der Reihenfolge des Einlaufes erzielen nämlich die schnellsten Elefanten 13, 12 oder 11 Punkte, auf den Ruhesesseln gibt es nur 3 bis 8 Punkte. Diese Wertungspunkte ergattern aber nur Elefanten, die nicht von der Maus eingeholt werden.
DIE MAUS IM NACKEN ist ein abwechslungsreiches und spannendes Würfelspiel, in dem sich Glücksfaktoren und in Ansätzen strategische Planungsüberlegungen die Waage halten. Die Ausstattung des Spiels mit Pappfiguren ist eher spartanisch, die graphische Umsetzung geht aber in Ordnung. Für Spielunterhaltung für die ganze Familie ist bei dieser Spielidee allemal gesorgt.
(Wieland Herold)
Spieletelegramm:
Titel: DIE MAUS IM NACKEN
Autor: Manfred Ludwig
Grafik: Gabriela Silveira
Verlag: Goldsieber
Spielerzahl: 2- 4
Alter: ab 6 Jahren
Spieldauer: ca. 20 Minuten
Preis: ca. 20.- DM
Die Rezension erschien 1996
Wertung Spielreiz damals 7von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 24/ 1996 R 22/2021
Zum Spiel und zum Autor:
Manfred Ludwig, einst Lehrer für Französisch und Sport an einem Gymnasium in Regensburg, gehört zu den erfolgreichsten und produktivsten Autoren Deutschlands. Die erste Spieleveröffentlichung des 84jährigen Autors liegt schon 40 Jahre zurück. Damals kam GEFÄHRLICHGE BRÜCKEN beim Verlag Spear heraus. Für diesen Verlag gewann er 1983 mit FUZZI, HEINZ UND SCHLENDRIAN auch seine erste Auszeichnung. Das Spiel landete auf der AWL der Jury. Es folgten über 70 weitere Spiele und viele Preise, darunter mit DIEGO DRACHENZAHN das Kinderspiel des Jahres 2010.
Dienstag, 19. Januar 2021
RAINBOWS
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Seifenblasen bei White Wind
Der Erfolg von Phantoms Of The ICE weckte scheinbar Hoffnungen: So stellt White Wind in diesem Jahr in der kleinen Reihe gleich zwei neue Spiele vor und macht sich dabei mit RAINBOWS auf die Suche nach dem bekannten Goldtopf am Ende eines Regenbogens. Alan Moon und Peter Gehrmann ist es bei all ihren Bemühungen der letzten Jahre zu wünschen, dass sie sich mit ihren Spielen eine goldene Nase verdienen, aber ihnen wie uns Spielern machen es die Luckychauns schwer, an den Goldschatz heranzukommen. Wir Spieler können wenigstens spielerisch versuchen, Luckychauns einzufangen, um den Weg zum Regenbogen zu legen, für Moon und Gehrmann wird es viel profaner um Spielqualität gehen, die sich in bare Münze umsetzen lässt. Zumindest für RAINBOWS darf das Gelingen bezweifelt werden. Spielurteile vorweg: Ganz nett - das typische Spiel für zwischendurch - ja,ja muss aber nicht wieder auf den Tisch kommen - zweimal reicht! - Nicht schlecht, aber auch nicht mehr, so der eindeutige Tenor in meinen Spielkreisen, zumal es inhaltliche Kritikpunkte gibt und thematische und Abrechnungsfragen, die offenbleiben.
Drei bis fünf Spieler versuchen eine knappe halbe Stunde lang, möglichst lange Regenbogen zu legen oder Kartenreihen zu sammeln. Dazu erhält jeder zehn Marker einer Farbe und Goldkarten im Wert von 15. Das Objekt der spielerischen Begierde sind 60 Luckychaun-Karten (Sechs Farben mit Werten von 1 bis 10). Ins untere Drittel dieser Karten wird eine Kleeblattkarte gemischt, die eine Möglichkeit für das Spielende vorgibt, eine zweite Kleeblattkarte kennzeichnet den jeweiligen Startspieler einer Runde. In der Tischmitte liegt ein kleiner Spielplan mit sechs Farbreihen und jeweils von der Spielerzahl abhängigen Farbfeldern. Außerdem sind hier die für die Endabrechnung erreichbaren Wertungspunkte gut sichtbar aufgeführt.
Der Startspieler deckt in jeder Spielrunde eine Luckychaun-Karte mehr, als Mitspieler vorhanden sind, auf. Da er die erste Karte nehmen darf, erhält er also auch die letzte. Für den Karteneinsatz gibt es zwei Alternativen: Kaufen oder Sammeln. Kartenkauf berechtigt zur Ablage eines Markers in der Farbspalte der erworbenen Kartenfarbe, der Kartenwert spiegelt dabei nur den Kaufpreis wider. Für das Sammeln erhält man den Wert der Karte ausgezahlt und legt die Karte vor sich ab. Obwohl das Geld am Ende nichts zählt, sollte man am Anfang, um genügend Geldreserven zu haben, kleine Werte einkaufen und große sammeln. Auf dem Spielplan versucht man möglichst lange Markerreihen zu erreichen, nur waagrecht oder diagonal angrenzende Marker bilden dabei einen Regenbogen, wobei zwei Marker schon erste Punktwerte ergeben (20 Punkte), der längste Regenbogen mit sechs Markern bringt 100 Punkte. Isolierte Marker, z.B. nur senkrecht benachbarte oder einzelne ohne Kontakt, führen zu Punktabzügen ( minus 10 Punkte pro Marker). Bei der Kartenauslage muss auf Folgewerte geachtet werden, ab drei Karten in Folge (z.B. 7,8,9) gibt es Punkte (5 Punkte bis maximal 50 Punkte). Eine einmal gelegte Zahl darf nicht noch einmal gesammelt werden, so dass man manchmal gezwungen wird, Karten zu kaufen, die man gar nicht haben will. Das Spiel ist beendet, wenn alle Spielplanfelder belegt sind oder die Kleekarte aufgedeckt wird.
Die drastischen Wertungsunterschiede zwischen Spielplanablage und Kartenauslage führen zu einer eindeutigen Bevorzugung der Marker auf dem Spielplan. Dort wird das Spiel entschieden. Die Karten dienen meist nur als Geldreservoir, eher zufällig kassiert man noch einige Punkte in der Endabrechnung über die Karten mit ein.
Nicht nur das Wertungsmissverhältnis finde ich störend, auch thematisch ist die Kartenablage nicht stringent umgesetzt. Die Kartenfolgen haben nichts mehr mit einem Regenbogen zu tun, obwohl davon in der Spielregel ausdrücklich die Rede ist. So ist eine einfarbige Kartenablage möglich. Die Einhaltung eines Farbwechsels mit höheren Punktwerten (etwa doppelte Werte) wäre hier stimmungsvoller und für die Spieltaktik spannender gewesen.
Die taktischen Möglichkeiten sind begrenzt, da erst einmal für alle das Aufbauziel besteht, mindestens eine 6er-Kette zu erreichen; dabei spielen Abblockungsstrategien meist weniger eine Rolle. Interessanter wird das Spiel, wenn man es zu viert als Partnerspiel versucht, da hierbei konstruktives und destruktives Spiel abgesprochen und besser genutzt werden können.
So ein bisschen wirkt RAINBOWS wie eine schillernde Seifenblase, die beim ersten Hinsehen gleich zerplatzt. Mehr Entwicklungszeit hätte der Spielidee sicher gut getan.
Wieland Herold
Spieletelegramm:
Titel: RAINBOWS
Autor: Alan R. Moon
Verlag: White Wind
Spielerzahl: 3-5
Alter: ab 8 Jahre
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 19.- DM
Die Rezension erschien 1995
Wertung Spielreiz damals 5 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Spiel 20/ 1995 R 15/2021
Zum Autor:
Alan Moon war in den 80er Jahren für Avalon Hill journalistisch tätig, arbeitete auch an der Spielentwicklung für diese Firma und für Parker Brothers. Dem deutschen Publikum wurde er Anfang der 90er Jahre durch den Verlag White Wind bekannt, den er zusammen mit Peter Gehrmann gründete. In dieser Reihe erschien RAINBOWS 1995.
In 1000er Auflagen erschienen die meisten Spiele wie auch ELFENROADS, das später in der Version von Amigo als ELFENLAND Moons erstes „Spiel des Jahres“ wurde. Zwischen 1998 und 2004 war Moon besonders erfolgreich. ADROMEDA erschien 1999. Mit UNION PACIFIC (1999) und DAS AMULETT (2001) landete er auf der Nominierungsliste. 2004 gelang ihm sein größter Erfolg mit ZUG UM ZUG, zu dem in der Folgezeit verschiedene Varianten und Erweiterungen erschienen sind und immer noch erscheinen.
In dieser erfolgreichen Phase war Moon erster Vorsitzender der Spieleautorenzunft.
Das Bild stammt aus dem Veröffentlichungsjahr von RAINBOWS. Alan Moon am Stand vom White Wind erklärt das zweite Spiel des Verlags, ELFENWIZARDS.
Freitag, 15. Januar 2021
COLLECTOR
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
COLLECTOR - Spiele am Postschalter
Briefmarken soll es demnächst an den Tankstellen und im Tante-Emma-Laden um die Ecke zu kaufen geben, heute macht die Post aber schon den Spieleläden Konkurrenz. Seit ein paar Monaten gibt es an jedem Postschalter ein Gesellschaftsspiel zu kaufen, das durchaus das Hinsehen lohnt.
COLLECTOR, so heißt das neue Spiel, ist primär Werbeträger für das Briefmarkensammeln. Hinter dieser Werbeidee steht aber ein pfiffiger Quizspielmechanismus. Für knapp 40.-DM erhalten Sie eine prall gefüllte Spieleschachtel in hervorragender Ravensburger Spielequalität. Der Branchenführer aus Süddeutschland hat das Spiel im Auftrag der Bundespost produziert. Vergleichbare Quizspiele mit diesem Niveau kosten sonst meist das doppelte, das Preis-/Leistungsverhältnis ist hervorragend.
Sicherlich auf Ravensburger Vermittlung hin hat die Bundespost einen einschlägigen Spieleautor für die Spielentwicklung gewinnen können. Bertram Kaes, vor allem bekannt durch Spiele wie NOBODY IS PERFECT und NILPFERD IN DER ACHTERBAHN, hat ein pfiffiges Quizspiel rund ums Briefmarkensammeln entwickelt. Auf einer Sammeltafel versucht jeder Spieler vier Briefmarken in einer waagrechten, senkrechten oder diagonalen Reihe anzuordnen. Briefmarken erhält man meist nach der Beantwortung von Quizfragen aus den Wissensgebieten Natur, Umwelt, Soziales, Geschichte und Politik, Kunst und Kultur, Wirtschaft und Gesellschaft, Wissenschaft und Technik und Sport und Spiel. Hilfestellung geben dabei die Kartenrückseiten: authentische Briefmarkenabbildungen verweisen auf den Inhalt möglicher Fragen. Heinrich Schliemann (Deutsche Post, 1990) signalisiert trojanische Bezüge. Entsprechend gefragt wird auch auf einer der drei Fragen auf der Rückseite. Dass die Goldschätze aus Troja in Berlin zu bewundern sind, wird man wahrscheinlich noch wissen. Ob der Altertumsforscher außerdem noch in Mykene, Orchomenos oder Luxor Ausgrabungen unternommen hat, wird man dann eventuell raten müssen. Für die richtige Antwort (Luxor) gibt es eine Briefmarke, die die eigene Sammlung wachsen und dem Spielziel näherkommen lässt. Mit Hilfe von Sonderfeldern kann man schon fast fertige Sammlungen der Mitspieler reduzieren. Die Stunde der Wahrheit schlägt auf den sogenannten "Wahr-Feldern". Behauptungen sind auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Hier werden Sie mit Behauptungen von folgender Art konfrontiert: "Stracciatella ist neben der Eissorte auch ein italienischer Volkstanz". Wahr oder unwahr?
Insgesamt ein Spielmechanismus, der erheblich mehr Abwechslung bringt als geläufige Quizspiele. Die Markenbildchen der Bundespost wird man in Zukunft sicherlich auch genauer betrachten, wahrscheinlich gewinnt die Post sogar den ein oder anderen Sammler hinzu. 100 000 Spiele sind schon in den Verkauf gegangen, eine außerordentlich hohe Auflage für ein Brettspiel. Vom Erfolg überzeugt, plant die Post schon die zweite Auflage.
Eine Sammlungseröffnung lohnt!
(Wieland Herold)
Spieletelegramm:
Titel: COLLECTOR
Verlag: Deutsche Bundespost - Postdienst
Autor: Bertram Kaes
Spielerzahl: 3-18
Spieldauer: 60-90 Min.
Preis: 39.50 DM
Spiel 18/1993 R12/2021
Die Rezension erschien 1993
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächsten Woche wieder
Zum Autor:
Bertram Kaes ist so etwas wie der Hausautor des Ravensburger Spieleverlags. Ursprünglich hat er eine kaufmännische Ausbildung im Verlag absolviert, dann aber erfolgreich Spiele wie DAS NILPFERD IN DER ACHTERBAHN entwickelt. 1989 hat er sich mit der Firma Funtasy Factory selbstständig gemacht und rund 50 Spiele veröffentlicht, häufig auch Werbespiele für Mercedes, BMW und Ikea und eben das COLLECTOR für die Post.
Bekannt sind vor allem noch NOBODY IS PERFECT und die MAULWURF COMPANY, die 1995 immerhin auf der Auswahlliste für das Spiel des Jahres landete.
Montag, 11. Januar 2021
KULA KULA
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Traumhaft schön: KULA KULA
An hervorragend gestaltetes Holzspielmaterial ist man inzwischen bei guten Spielen gewohnt, erwartet es auch geradezu. Echte Buccinum- und Kauri-Schnecken in einem Spiel gab es bisher allerdings nur in den in geringer Auflagenzahl produzierten Spielen der Edition Perlhuhn. Das Perlhuhnniveau hat der Berliner Blatz-Verlag mit Reinhold Wittigs Spiel KULA KULA gehalten, wenn nicht gar übertroffen. Die Jury Spiel des Jahres hat dies inzwischen auch entsprechend gewürdigt. KULA KULA ist nicht nur auf die Auswahlliste gekommen, sondern hat zurecht den Titel für das schönste Spiel des Jahres erhalten.
Das spielerische Wunderwerk entführt in die Südsee. Das auch real stattfindende Kula-Ritual der Bewohner der Salomon-Inseln stellt den Spielhintergrund dar. Spielatmosphärisch wird man durch den großen Spielplan und das prächtige Holzmaterial (nur die Boote hätten farblich besser unterschieden werden müssen) inklusive der Originalschnecken in den Bann der Spielgeschichte gezogen. Besser kann man nicht eingestimmt werden.
Worum geht es? Die Südseeinsulaner tauschen sehr gerne und beschenken ihre Besucher. Auf der Fahrt durch die Südsee von Insel zu Insel sammeln die Spieler Buccinum-Schnecken ein, die sie auf den Inseln gegen wertvolle Kauri-Schnecken eintauschen können. Als Zahlungsmittel war diese glänzende porzellanartige Schnecke bis ins 19. Jahrhundert hinein in Südostasien zum Teil auch in West und Zentralafrika verwendet worden. Von diesen wertvollen Schnecken muss man sich in diesem Spiel möglichst viele einhandeln. Für drei Buccinum-Schnecken gibt es eine Porzellanschnecke.
Damit man an möglichst viele von solchen Hornschnecken herankommt, darf man ein Karten-Orakel befragen, das die Zugweite der Boote regelt. Zieht der Spieler eine Kanukarte, darf er ein Feld weiterfahren, bei einer Fischkarte sogar zwei Felder. Es dürfen beliebig viele Karten gezogen, entsprechend auch viele Schnecken unterwegs eingesammelt werden. Mit dem Risiko allerdings, dass beim Aufdecken einer Karte mit einem Götzenbild alle vorher gezogenen Karten verfallen und das Kanu damit nicht fahren kann. Die eingesammelten Schnecken sind natürlich auch verloren. In diesem CAN`T STOP-Mechanismus liegt der eigentliche Reiz dieses Brettspiels - geht man das Risiko, eine weitere Karte noch aufzudecken noch ein, oder gibt man sich mit den gesammelten Schnecken zufrieden? Sehr hübsch ist der Delphinkreisel, der stets bei Kartenaufnahme eingesetzt wird und festlegt, auf welche Streckenstation eine neue Schnecke gelegt wird. Zusätzlich besteht ein Anreiz, Mitspieler einzuholen, da diese als freundliche Insulaner stets ein Geschenk in Form einer Buccinum-Schnecke parat haben.
Je nach Spielerzahl endet das Spiel mit dem Besitz von vier bis sechs ertauschten Kauri-Schnecken. Ein wunderschönes Spiel, dass für eingefleischte Spieltaktiker allerdings wenig Reiz bietet. Als Familienspiel mit Kindern ab sechs Jahren ist es aber gut geeignet. Der Südseeausflug wird in dieser Zielgruppe nicht nur zu einem optischen Genuss.
(Wieland Herold)
Spieletelegramm:
Titel: Kula Kula
Verlag: Blatz-Spiele
Autor: Reinhold Wittig
Grafik: Hartmut Gärling
Spielerzahl: 3-5
Alter: ab 10 Jahre (auch schon ab 6 Jahre)
Spieldauer: etwa 30 min
Preis: ca. 59.00 DM
Spiel 15/1993 R8/2021
Die Rezension erschien 1993
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Über den Göttinger Geologen, Puppenspieler, Künstler und Spieleerfinder ließen sich Seiten füllen. Ich halte mich an dieser Stelle kurz:
Reinhold Wittig, der 83jährige Erfinder des Spieleautoren Treffens in Göttingen, entwickelt seit 1958 Spiele. 1976 gründete er seinen Kleinverlag Edition Perlhuhn, der mit Skaiplänen und Spielen in der Rolle bekannt wurde.
Zu seinen bekanntesten Spielen gehört die Würfelpyramide DAS SPIEL (1980 mit dem Sonderpreis Schönes Spiel ausgezeichnet), das heute immer noch von Abacus vertrieben wird. Für WIR FÜTTERN DIE KLEINEN NILPFERDE und MÜLLER & SOHN bekam er ebenfalls diese Auszeichnung, für die Grafik war jeweils sein Sohn Matthias verantwortlich. Seine ästhetischen Maßstäbe für Spielmaterial und Optik haben maßgeblich dazu beigetragen, dass der einfache Pöppelalltag aus den Spieleschachteln verschwand. Den Kosmos-Verlag brachte er durch edle Spiele in der Reihe mit der Feder voran, darunter auch eigene Veröffentlichungen wie MARITIM, das 1987 Chancen auf das Spiel des Jahres hatte.
In den 90er Jahren prägte seine Handschrift die Spiele von Blatz und teilweise auch Haba. KULA KULA und das hier schon vorgestellte DOCTOR FAUST aus diesem Verlag bekamen ebenfalls den Preis für das Schöne Spiel. Die ganz großen Erfolge blieben dann zwar im neuen Jahrtausend aus, immerhin landete CORNU 2007 auf der Empfehlungsliste der Kinderspieljury und MOGULI erhielt 2013 eine MinD-Würdigung.
Die Organisation des Autorentreffens hat Wittig 2016 an die SAZ übergeben, in seiner Edition Perlhuhn unterstützt ihn seit letztem Jahr Timo Diegel. Ein Jahr danach ist er mit dem Göttinger SPATZ ausgezeichnet worden. Das Foto zeigt Wittig auf dem Autorentreffen in Göttingen mit dem Blatzspiel KULA KULA. Außerdem ist der Prototyp von 1991 mit abgebildet.
Donnerstag, 7. Januar 2021
HEXEN HEXEN
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Spiele rund um den Blocksberg
Neben spielerischen Teufeln (IN TEUFELSKÜCHE, F.X. Schmid; TEUFEL TEUFEL, Salagames) macht der Blocksberg in den 93er Spielekästen mobil und die Kinderzimmer unsicher. Schmidt Spiel und Freizeit geht auf HEXENJAGD. Recht spaßig können Kinder in diesem Spiel auf einem Hexenkarussell eine batteriebetriebene Kicherhexe jagen. Weniger laut, aber sicherlich mit ebenso viel Spielfreude, läuft das recht einfache Brettspiel HEXEN HEXEN ab, das Detlef Wendt entwickelt hat.
In Wendts Spiel können zwei bis vier Hexen auf die Suche nach Zaubergegenständen gehen. Der Oberhexe sind nämlich alle wichtigen Zauberutensilien abhanden gekommen, sie liegen nun wild verstreut im ganzen Hexenland herum. Auf einem Rundkurs versuchen die Spieler ihrer Oberhexe zu helfen, um Kröte, Giftflasche und Zaubersiegel wieder einzusammeln. Hexen sind allerdings nicht sehr kooperativ; der Konkurrenzkampf im Hexenland ist knallhart. Wähnt man sich kurz vorm Erreichen der Zauberkugel, wird man von seinen Mitspielern recht häufig in die Gegenrichtung geschickt. Entsprechende Spielfelder und ein Zauberwürfel bringen hier genügend Durcheinander.
Für kleine Kinder ab fünf Jahren hat der Autor eine gelungene Mischung von Würfelglück und in Ansätzen auch taktischen Planungsmöglichkeiten gefunden, die vor allem in der Endphase Spielspannung bringen. Ob allerdings die graphische Gestaltung des Spielplanes überall auf Zustimmung stößt, wage ich zu bezweifeln. Einen liebevoller gestalteten Entwurf des Hexenlandes hätte ich mir hier gewünscht, zumal Salagames mit dem auch in diesem Jahr erschienenen TEUFEL TEUFEL bewiesen hat, dass es über hervorragende Spielbrettdesigner verfügt.
(Wieland Herold)
Spieletelegramm:
Titel: Hexen Hexen
Verlag: Salagames
Autor: Detlef Wendt
Grafik: Sven Höffer
Spielerzahl: 2-4
Aller: ab 5 Jahre
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 34.00 DM
Spiel 13/1993 R6/2021
Die Rezension erschien 1993
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Detlef Wendt war bis 2017 Rechtsanwalt in Recklinghausen. Jetzt ist er eher als Buchautor unterwegs und verleiht in seinem Blog den „Wendt der Woche“. Wie er selbst sagt, habe er sich, solange er denken könne, kreativ betätigt, unter anderem bereits während seines Studiums als Autor von Gesellschaftsspielen. ASS und Salagames waren für ihn wichtige Verlage. So startete er 1989 mit dem Spiel ZAUBERTRANK und ALLE MEINE TIERE (1990) bei ASS, es folgten SCHLAFMÜTZE (1992) und HEXEN HEXEN bei Salagames. Auch Ravensburger veröffentlichte mit SCHMUGGLER AN BORD (1992) und SUPERNASE (1993) zwei Spiele von ihm. In dieser aktiven Phase Anfang der 90er Jahre war er auch an der Gründung der SAZ beteiligt und publizierte in der spielbox Artikel zu Urheber- und Titelschutzfragen von Spielen.
Am erfolgreichsten war er mit dem kleinen Kartenspiel MAUSEN (Abacus), das 2004 erschien und gleichzeitig seine letzte Spieleveröffentlichung war, wenn man von der Neuauflage des Spiels unter dem Titel JUMBO& CO. 2015 absieht. Mit diesem Spiel landete er 2004 auf der Empfehlungsliste der Jury und erreichte Platz 10 beim Kartenspielpreis der Fairplay.
Da er sich im Augenblick im Unruhestand des Pensionärs befindet, ist es durchaus möglich, dass demnächst wieder Spiele von ihm zu erwarten sind. Auf seiner Seite (www.detlefwendt.de) verrät er jedenfalls, dass er sich momentan wieder mit dem Erfinden von Spielen beschäftige.
Das aktuelle Foto stammt von Wendts Homepage und wird mit seiner Genehmigung hier verwendet.
Sonntag, 3. Januar 2021
UNGEHEUER INDISKRET
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Puzzlebilder spielerisch genutzt
Bisher kannte man die Produkte des Friedrich W. Heye Verlages nur als kleine ausgestanzte Puzzleteilchen, die, zusammengefügt, meist witzige Cartoon-Puzzle internationaler Cartoonisten von Degano bis Mordillo ergaben. Dass mit solchen einfallsreich ironischen Detailbildern mehr anzufangen ist als die alleinige Zerlegung in Kleinstteile, hat der Verlag in diesem Jahr herausgefunden. Passend zu Bildern von Marino Degano - die natürlich auch als Puzzle zu haben sind - haben renommierte Spieleautoren Gesellschaftsspiele für Jugendliche und Erwachsene entwickelt.
Wolfgang Riedesser nennt sein Spiel UNGEHEUER INDISKRET. Puzzlebild und Spielplan sind hier völlig identisch. Wir sehen eine Landkarte Europas unter der Herrschaft lustiger und liebenswerter Drachen. Mit viel Liebe zum Detail werden wir Deutschen und unsere Nachbarn ironisch aufs Korn genommen.
Mindestens eine Stunde Betrachtungsvergnügen sind erst einmal angesagt, sicherlich der schönste Spielplan des Jahres 1992. Riedesser nutzt die vielen Spielplaneinzelheiten für seine psychologische Spielidee. Wer will nicht gern wissen, was die anderen denken? In diesem Spiel kann man es herausbekommen.
Der Spielablauf ist einfach. Ein Spieler liest eine Fragenkarte vor und setzt danach eine Drachenmaske auf, damit er für einige Zeit blindgestellt ist. Die anderen Spieler suchen passend zur Frage Bildmotive aus dem Spielplan aus, die sie mit einem Papprahmen kennzeichnen. An einem Beispiel verdeutlicht, läuft die Spielrunde so ab: Bei der Frage "Wo würde ich am liebsten voll mitmischen?" entscheidet sich Tom für das liebende Drachenpaar in Dänemark, Marianne für den Flamencotanz in Spanien und Peter bevorzugt das Fußballspiel der Drachen in Süditalien. Der Spieler mit der Maske versucht danach herauszubekommen, wer sich für welchen Bildausschnitt entschieden hat. Für Übereinstimmungen gibt es ECUs, deren Besitz am Ende auch den Spielsieg bringt, aber das ist sicherlich nicht spielentscheidend.
Zugegeben, diese Spielidee ist nicht ganz neu, aber zusammen mit dem herrlichen Spielplan von Degano ist UNGEHEUER INDISKRET eine sehr sehenswerte Neuerscheinung dieses Jahres.
(Wieland Herold)
Spieletelegramm:
Titel: UNGEHEUER INDISKRET
Verlag: Heye
Autor: Wolfgang Riedesser
Grafik: Marino Degano
Spielerzahl: 3-6
Spieldauer: 45 Min
Preis: ca. 59.00 DM
Spiel 3/1992 R2/2021
Die Rezension erschien 1992
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Für knapp zehn Jahre gehörte Wolfgang Riedesser zwischen 1988 und 1998 zu den bekanntesten Spieleautoren Deutschlands. Bekannt wurde er vor allem durch AVE CAESAR (Ravensburger 1989) und Spiele wie der GOLDERNE DRACHE (F.X. Schmid, 1992) und ROUTE 66 (ASS, 1993). Von 1993 bis 1995 war er erster Vorsitzender der SAZ.
Das Bild zeigt ihn auf einer SAZ-Veranstaltung 1995 in Nürnberg mit Friedhelm Merz und Bernward Thole.
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