
2020 war für Piatnik ein überaus erfolgreiches Jahr. Mit SPEEDY ROLL konnte der Wiener Verlag erstmalig den Preis für das Kinderspiel des Jahres gewinnen. Auch sonst war das Programm mit Spielen wie DRAGON MARKET, LAMA EXPRESS und KANALOA recht ansehnlich.
Zu den Herbstneuheiten gehörte KLEINE KLÄFFER des spanischen Autors von Félix Bernat Julián, der seit 2015 Spiele entwickelt. Er startete mit Eigenproduktionen wie dem DUELO PRIMIGENIO. Die erste Verlagsveröffentlichung kam 2019 mit MASATABAS bei GDM Games. Das Spiel von Piatnik ist erst seine dritte Veröffentlichung, die 2021 als CONCLAVE bei Reverse Games RG grafisch erwachsener überarbeitet erscheinen wird.
Einer recht abstrakten Kartenspielidee im Kampf um Farbmehrheiten hat der Autor einen Revierkampf von Hunden übergestülpt. Er versetzt uns nach New York in den Stadtteil Queens, dort geht es um die Neuaufteilung der Hundereviere. Letztlich entscheidet darüber ein Hundeparlament, der „Rat der kleinen Kläffer“, in dem um jede Stimme gekämpft werden muss. Es gibt sechs farblich gekennzeichnete Reviere, in denen Chihuahuas, Zwergspitze und Bulldogen ihr Unwesen treiben. Die Hunde gibt es in unterschiedlicher Verteilung in den Werten 1 bis 5, die für den Kartengewinn und die abschließende Abstimmung von Bedeutung sind.
Bis zu vier Spieler starten mit vier Handkarten, deren Revierzugehörigkeit aus den Kartenrückseiten ablesbar sind. In der Auslage wird der „Rat der kleinen Kläffer“ in einer 4x4 Auslage mit leerer Mitte offen präsentiert. Die restlichen Karten liegen als Nachziehreihe, sodass die Rückseiten der Farben erkennbar sind, an den Seiten aus.
Die Runden beginnen mit den Pflichtzügen, in denen eine Karte dem Hunderat zugefügt wird. Ergibt dadurch die Addition angrenzender Karten in der Reihe und Spalte einen Wert von 10 Punkten oder mehr, bekommt der Spieler zur Belohnung alle karten die mit der Farbe seines gelegten Hundes oder mit der Rasse übereinstimmen. Die gewonnenen Karten werden offen gesammelt und nach Revieren sortiert. Wer weniger Punkte erreicht, darf nur nachziehen, das gilt natürlich ebenfalls für den Gewinner von Karten. Falls mehr als vier Plätze im Hunderat frei sind, werden diese ergänzt.
Wenn die Karten der Nachziehreihen aufgebraucht sind, haben alle Beteiligten noch einen Zug und müssen die restlichen Handkarten den eigenen Revierreihen zuordnen. Dann wird in allen Revieren die Stimmmehrheit geprüft. Wer diese erreicht, sichert sich das Revier und darf diese Karten umdecken. Alle anderen müssen die Farbe offen liegen lassen, das sind dann die abschließenden Strafpunkte. Und genau diese gilt es im Blick zu behalten. Wer die wenigsten hat und mindestens ein Revier gewinnen konnte, ist am Ende Spielsieger.
Diese Wertungsregelung könnte zu sehr passivem Spielverhalten führen. Gegen Spieler, die meinen, nur eine Revierfarbe sammeln zu können, hat Bernat Julián eine Regel eingebaut, die optional ab der zweiten Runde genutzt werden darf. Danach kann jeder zu Beginn seines Zuges die Farbkarten eines Reviers an einen Mitspieler verschenken, der diese Farbe noch nicht hat. Diese Geschenkeregel führt automatisch zum Anhäufen von Minuspunkten, die gewöhnungsbedürftig „Schlechtpunkte“ genannt werden. Wer so fünf oder sechs Strafpunkte abbaut, sollte aber zur Sicherheit einen kleinen Wert dieser Farbe in sein Portfolio aufnehmen, sonst landet das „Geschenk“ wieder bei ihm. Nicht optional, sondern verpflichtend geregelt ist der Fall, dass durch passives Spielen alle 16 Felder belegt sind. Der Autor spricht dann von einer Krise im Hunderat, die so aufgelöst wird, dass der arme Betroffene jeden Hund in Spalte und Reihe aufnehmen muss, der nicht seiner Farbe und Rasse der gespielten Karte entspricht.
Thematisch und regeltechnisch ist KLEINE KLÄFFER ein Spiel- und Wertungskonstrukt, das mit seinen mathematischen Bezügen durchaus aus dem Hause Knizia stammen könnte. Im Spielablauf ist man nicht automatisch auf Kartengewinn hin orientiert. Die Aufnahmezwänge über die gelegte Tierrasse auch andere Farben mit in seine Auslage zu bekommen, führt doch dazu, dass man häufiger niedrigere Karten spielt, um nicht über den Wert 10 zu erreichen. Andererseits will man sich in bestimmten Farben die Mehrheit sichern. Da auch in Vollbesetzung zu viert nie alle Karten im Spiel sind, lässt sich die Endabrechnung nicht prognostizieren. Wichtig sind die Handkarten, mit denen man am Ende noch überraschend auf die Siegerseite kommen kann.
KLEINE KLÄFFER ist zwar Konstrukt, aber ein intelligentes, das mit der Idee eines ganz alten Piatnik-Spiels liebäugelt. 1987 hat Alex Randolph INDISCRETION veröffentlicht, bei dem die Kartenrückseiten Auskunft über die Kartenart gaben. Mit dieser Idee spielt der spanische Autor. Piatnik hatte damals einen mit 10.000 DM dotierten Ideen-Wettbewerb ausgeschrieben, dessen Ergebnisse in einem späteren Regelheft veröffentlicht wurden. Hier hätten die KLEINEn KLÄFFER auch gut hineingepasst.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: KLEINE KLÄFFER
Autor: Félix Bernat Julián
Grafik: Paletti-Grafik
Verlag: Piatnik
Alter: ab 10 Jahre
Spieler: 2-4 Spieler
Spieldauer: ca. 25-30 Minuten
Preis: ca. 10 Euro
Spiel 4/2021