Sonntag, 31. Oktober 2021
PFERDEÄPPEL
SAMMELSURIUM
Bütehorn Buchkassetten: PFERDEÄPPEL
Die Buchkassetten, die Ravensburger und Pelikan bis Mitte der 70er Jahre herausbrachten, waren wirtschaftlich nur bedingt Erfolge für die Verlage. Als beide Firmen ihre Reihen einstellten und die hannoverschen Pelikane dann bald auch ihre Spielproduktion, füllte die Lücke eine neue Firma aus dem Umfeld von Hannover. Die Bütehorn KG brachte ab 1976 wertige Buchschuber-Spiele unter dem Dach des Buchholz Verlags in Sarstedt bei Hannover heraus, hielt sich allerdings auch nur bis 1982 auf dem Markt.
Markenzeichen der Buchkassetten aus Sarstedt waren Klappdeckel und Druckknopf-Verschluss an einem Leinenanhänger. Heute ist das zwar eine Schwachstelle vieler in die Jahre gekommenen Spiele, damals war das aber eine originelle Idee. Eine Reihe der Ausgaben in den 80ern verzichtete dann schon auf diesen Verschluss und nutzte einen normalen Pappdeckel. Von diesen Ausgaben wurden mit der Insolvenz des Verlags einige von Hexagames übernommen. Der Verlag aus Dreieich nutzte die Spiele, um ein gutes Startprogramm neben dem Wirtschaftsspiel LONG SHORT zu haben.
Das Bütehorn-Programm war geprägt von großen, mittleren und kleinen Buchkassetten-Spielen. Daneben gab es einige Spiele in flachen Schachteln u.a. die damals sehr bekannten Ferienrallys. Prägend für die Programmgestaltung war Erik Grischeit als Produktmanager, er hatte vorher für Parker gearbeitet. Grischeit, der mit dem Schweizer Journalisten Walter Luc Haas befreundet war, holte bekanntere Autoren ins Programm. So kam er an DAMPFROSS, das in der Ausgabe von Schmidt Spiele 1984 Spiel des Jahres wurde. Auf der ersten Liste der Jury Spiel des Jahres 1979 waren gleich zwei Titel des Verlages vertreten. SETI bekam den ersten Sonderpreis für das schöne Spiel. Die Jury wollte damit zugleich auch den Buchholz-Verlag für sein Bemühen um besonders schön und aufwändig gestaltete Spiele würdigen. Neben SETI landete BLOCKADE von Sid Sackson auf der Auswahlliste. RÄUBER UND GENDARM von Rudi Hoffmann kam 1981 auf dem Bronzeplatz in diesem Jahr, hinter SAGALAND und FOCUS. 1982 schaffte es dann GEISTER von Alex Randolph auf die Liste der Jury.
PFERDEÄPPEL
Randolphs PFERDEÄPPEL ist erst 1981 erschienen, obwohl die Idee schon viele Jahre auf dem Markt war. Zuerst veröffentlichte sie 1969 Sid Sacksons in genialer Ideensammlung A GAMUT OF GAMES, die 1969 in den USA herauskam und in einer deutschen Ausgabe von Hugendubel 1981 erschien.
PFERDEÄPPEL hieß ursprünglich KNIGHT CHASE oder PFERDEJAGD und konnte mit einem weißen und schwarzen Pferd aus einem SCHACHspiel und 30 beliebigen Markierungszeichen gespielt werden.
Spezielle Pferdefiguren mit Loch im Kopf hat Randolph extra für das Bütehornspiel entwickelt, die das Markieren leichter machen. In dieser Fassung versucht Braun die weiße Figur zu fangen, Weiß versucht sich nicht in die Ecke treiben zu lassen. Gezogen wird nach Pferdesprungmanier. Jedes verlassene Feld wird mit einem braunen Köttel markiert. Darüber hinaus darf ein weiteres belegt werden.
Im Gegensatz zur PFERDEJAGD sind diesmal sogar 40 Köttel im Spiel, davon 12 goldene. Solange die 28 braunen gespielt werden und das weiße Pferd gefangen wird, hat Braun gewonnen. Kommen die goldenen PFERDEÄPPEL zum Einsatz, hat Weiß gewonnen. Jeder goldene Pferdeapfel bringt ihm ab sofort einen Gewinnpunkt.
Im Gegensatz zur Buchfassung lässt die Bütehornregel eine gewisse Beliebigkeit beim Setzen eines zweiten Blockadesteins zu. Randolph hatte das ursprünglich viel enger definiert und auf die erste Zugphase beschränkt.
Wer sich mit dem Rösselsprung auskennt, wird dieses Köttel-Duell lieben, zumal die randolphschen Pferdefiguren ein Hingucker sind. Vereinbart werden sollten gleich mehrere Partien, die Abrechnungsmodalitäten lassen dann auch einen eindeutigen Gewinner zu.
Titel: PFERDEÄPPEL
Autor: Alex Randolph
Verlag: Bütehorn
Spielerzahl: 2
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 10 - 20 Minuten
Preis: ca. 29.- DM
Wertung: Nächste Woche wieder
Sammelsurium 44 – S44/2021
Samstag, 30. Oktober 2021
ART ROBBERY
Streit um Raubkunst: ART ROBBERY
Reiner Knizia gehört, wie so oft schon, zu den fleißigsten Spieleautoren der Messe in Essen. Mit WITCHSTONE (HUCH!) ist er ganz vorn mit dabei (zweiter Platz der Fairplay Scoutaktion). Mit MILLE FIORI (Schmidt) und HIGH SCORE (Kosmos) mischt er ebenfalls gut mit und auch mit ART ROBBERY (Helvetiq) muss er sich nicht verstecken. BGG verzeichnet noch knapp 20 weitere Spieleveröffentlichungen.
Viel Mühe mit der Spielgeschichte geben sich Verlag und Autor nicht. Da wird einfach nur von Verteilungsproblemen unter Räubern nach einem Einbruch gesprochen. Dass es dabei um Kunstraub geht, wird grafisch nur durch eine Karte angedeutet, auf der ein Dieb zu sehen ist, der mit einem Gemälde unterm Arm die Biege macht. Ein bisschen mehr Atmosphäre hätte man der Spielidee schon gegönnt. So begegnen wir dem typischen Kampfzahlenspiel, von denen Reiner Knizia so einige entwickelt hat.
Wir streiten uns um Zahlenchips mit den Werten 0 bis 5 mit Hilfe von Spielkarten mit eben diesen Werten und einigen wenigen Sonderkarten, die beispielsweise einen Wachhund ins Spiel bringen.
Vier Überfälle sind abzuwickeln, in denen jeweils neun dieser Zahlenchips ausliegen. Besonders ist dabei der Boss-Chip, der eine Bossin zeigt. Ergeht nur in die Wertung, wenn der Erwerb mit dem zusätzlichen Besitz eines weiteren 5er oder 4er Markers verbunden ist. Um an einen Chip heranzukommen, wird eine von fünf Handkarten ausgespielt, das sind meistens Ziffernkarten, die Bosskarte, ein Wachhund und ein gieriger Dieb, der einen beliebigen Chip stibitzen darf.
Eine Runde endet, wenn die Beute verteilt ist. Davor wechseln die Punktechips aber noch häufig den Besitzer, den liegt die 4 nicht mehr in der Mitte, klaue ich sie natürlich vom aktuellen Besitzer, der nur geschützt ist, wenn er den Wachhund besitzt, den er dann aber an mich abtreten muss.
Unscheinbare weiße Punkte, die mit wachsender Anzahl auf den vier Überfällen auftauchen, spielen für die Schlusswertung eine entscheidende Rolle. Typisch knizianisch kommt nicht jeder in die Endwertung. Addiert ergeben die weißen Punkte so etwas wie eine weiße Weste, sie stellen die Alibis dar. Wer die wenigsten hat, fliegt raus, auch wenn er die meisten Punkte sammeln konnte. In unserer Erstpartie zu dritt, sind wir sogar alle rausgeflogen, da jeder fünf weiße Punkte besaß, wofür die Regel nur eine unbefriedigende Klärung bot. Im Duell ist die weiße Weste besonders wichtig, denn der Unterlegene verliert Tokens im Wert von zehn Punkten.
Die kleine Helvetiq-Schachtel ist wie gewohnt randvoll mit Karten und Chips, sogar ein kleiner Holzhund übernimmt die Rolle des Bewachers. Wie schon gesagt, ein bisschen mehr Atmosphäre hätte die Grafikerin Petra Eriksson Tokens und Karten schon spendieren können. Die einzelnen Raubzüge unterscheiden sich durch die Farbe der Pappchips. Da wegen der sich steigernden Alibi-Punkte die Abfolge von Bedeutung ist, hätte man dies auf der Rückseite der Chips durchaus vermerken können. So muss man jedes Mal wieder in der Regel nachschauen, damit wir mit dem gelben Überfall starten und der rote zuletzt kommt.
ART ROBBERY ist ein wirklich fetziges Kartenspiel, das man aber nicht zu ernst nehmen darf. Letztlich entscheiden die Kartenhände und das, was man nachzieht, über Gewinn und Verlust, über das Hin und Her der Tokens. Ganz nett sind die unterschiedlichen Konstellationen der Beutetokens, so tauchen im dritten Überfall gleich zwei Boss-Marker auf. Insgesamt solide Knizia-Kost in kleiner Schweizer Verpackung.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: ART ROBBERY
Autor: Reiner Knizia
Grafik: Petra Eriksson
Verlag: Helvetiq
Spieler: 2-5
Alter: ab 8 Jahre
Spieldauer: ca. 20 Minuten
Preis: ca. 15 Euro
Spiel 68/2021
Dienstag, 26. Oktober 2021
STERNSAMMLER
Dreidimensionaler Sternenregen
In die ganz große Spielekiste hat Haba im diesjährigen herausragenden Programm die dreidimensionale Umsetzung eines Märchenklassikers gepackt. Wenn Kai Haferkamp bei Selecta in einem ebenfalls dreidimensionalen Spielraum auf spannende Weise den MÄRCHENSCHATZ rettet, dann kann eines dieser geretteten Märchen bei Haba in einer traumhaften Spielelandschaft nachgespielt werden.
Wolfgang Kramer und Markus Lübke haben sich dazu dem Märchen Sterntaler spielerisch genähert. Das arme kleine Mädchen, das sogar sein letztes Hemd wohltätig opfert und dafür mit einem himmlischen Goldregen belohnt wird, kommt natürlich als wunderschöne große Haba-Figur im Spiel vor. Es wandert über einen Rundkurs mit zwölf Waldfeldern in vier Farben. Himmelsbahnen mit Sterntoren erreichen von einem Himmelsturm aus vier dieser Felder. Diese Bahnen transportieren auf Laufrinnen Goldtaler.
Zwei bis vier Kinder ab drei Jahren bewegen reihum die Sterntalerfigur mit einem Würfel. Zeigt dieser ein Farbsymbol, darf Sterntaler auf das nächste Waldfeld der gewürfelten Farbe. Wenn es Glück hat, würfelt es gleich ein Sterntor. Steht das Mädchen durch das gewürfelte Farbfeld oder das Sterntorsymbol unter einer Himmelsbahn, dürfen die Taler in Bewegung gesetzt werden, so dass sie auf das Sterntaler-Mädchen herabregnen. Das Kind darf die Taler in einem glänzenden Säckchen sammeln. Nach jedem Zug bestücken die Kinder eine der Himmelsbahn mit einer neuen Goldmünze, solange noch Münzen im Himmelsturm sind.
Sobald alle Münzen eingesammelt sind, endet das Spiel. Die Kinder bauen aus den Talern Goldtürmchen. Wer den höchsten Münzturm hat, gewinnt nach 10 - 15 Minuten. In einer Variante für etwas ältere Kinder bringen Kramer und Lübke noch zusätzlich Silbertaler ins Spiel. Dabei dürfen Münzen nur so lange gesammelt werden, bis eine andersfarbige Münze die Sternenbahnen herabrollt.
Die Märchenatmosphäre fängt das Spiel gut ein. Drei- und vierjährige Kinder kommen mit dem Spielablauf klar, wobei erwachsene Helfer beim Aufbau und bei der Bedienung der Himmelsbahn notwendig sind. Für ältere Kinder fehlt der Spielreiz, die spielen STERNSAMMLER einmal, vielleicht zweimal, das war's dann auch. Einen Härtetest im Kindergarten überstehen die Pappbahnen und besonders ihre Verankerungen im Himmelsturm auf Dauer auch nicht. Etwas mühsam, für kleine Kinder oft frustrierend, ist die Schlusswürfelei um die vorletzte und letzte gefüllte Bahn. Es bleibt daher ein etwas ambivalenter Eindruck. Das Märchen ist optisch opulent gerettet, aber es wird mir zu viel Aufwand um zu wenig Spielspaß betrieben.
Titel: STERNSAMMLER
Verlag: Haba
Autoren: Wolfgang Kramer, Markus Lübke
Spieleranzahl: 2 - 4
Alter: ab 3 Jahren
Dauer: ca. 15 Min.
Preis: ca. 35 Euro
Spiel 20/2007 R186/2021
Die Rezension erschien 2007 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 5 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächsten Monat wieder
Zum Spiel und zu den Autoren:
Der 78jährige Wolfgang Kramer ist neben Reinhold Wittig der dienstälteste Spieleautor in Deutschland und der erste, der sein Hobby zum Beruf gemacht hat. Der gelernte Betriebswirt und Informatiker hängte 1989, nach zwei Spiel des Jahres-Auszeichnungen seinen Beruf an den Nagel und lebte fortan vom Spielerfinden.
Sein erstes Spiel TEMPO erschien 1974 bei ASS, HEIMLICH & CO. war sein erstes Spiel des Jahres (1986), es folgte gleich danach AUF ACHSE. In vielen seinen späteren Erfolgen war er mindestens im Team unterwegs. Bei EL GRANDE (SDJ 1996) begleitete ihn Richard Ulrich und bei TIKAL und TORRES Michael Kiesling.
Markus Lübke hat zusammen mit Wolfgang Kramer neben STERNSAMMLER noch COLOSSEUM (2007, Days of Wonder) veröffentlicht.
STERNSAMMLER wird auf BGG mit 4,9 bewertet. Die Voten reichen nicht für eine Platzierungswertung aus.
Das Bild zeigt Wolfgang Kramer 2005 während einer SdJ-Veranstaltung in Berlin.
Donnerstag, 21. Oktober 2021
SCHRECKLICHT
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Schrecklich(t)er Spieltitel
Mit Spieltiteln begeben sich Verlage schnell aufs Glatteis. Das klassische Beispiel ist Kramers vor 15 Jahren bei Ravensburger erschienenes SO EIN MIST!, der Titel war Programm. Auf brüchiges Titeleis begibt sich Kosmos mit dem sprachschöpferischen Titel SCHRECKLICHT, für den Verlag ist es zwar nur der assoziative Ausflug in die Halloween-Welt, für den Rezensenten aber die Möglichkeit zu einem schnellen Verriss über das schreckliche Spiel, das es zum Glück nicht ist.
Günter Burkhardt zeichnet verantwortlich für die eigentlich rein abstrakte Spielidee. In vier Spielrunden versuchen zwei bis fünf Spieler jeweils drei Aufgabenkarten durch das Ausspielen von Farbkarten punkteträchtig zu erfüllen. Ganz pfiffig löst Burkhard dabei die Wertung der Aufgabenerfüllung. Die Aufgabenkarten sind den drei Spielfarben der Spielkarten zugeordnet, deren Ablage nicht nur die Schlusswertung steuert, sondern die Fortbewegung von drei Farbsteinen auf einem kleinen Spielplan. Am Ende der Runde bringt die Erfüllung von Aufgaben der vorn liegenden Steine erheblich mehr Punkte als der hinterste Platz.
Diese abstrakte Idee hat Kosmos in eine Hexen-, Geister- und Vampirwelt verpackt, die in einer Vollmondnacht „schaurig pfiffig“, wie es im Untertitel heißt, Spielvergnügen bringen soll. Dazu werden Aufgabenkarten zufällig den Spielfarben zugeordnet. Danach könnte ein Spielziel sein, die meisten der auf den Karten befindlichen Kürbisköpfe zu sammeln oder die niedrigste Summe an Kartenwerten am Ende zu besitzen. Von jeder Farbe sind sogenannte 12 Gruselkarten im Spiel mit Werten von 0 bis 11. Eine Karte wird zu Spielbeginn zufällig vor jedem Spieler ausgelegt und der entsprechende Spielstein wird vorwärts gezogen. Für die Spielrunde erhält jeder sechs weitere Handkarten, mit denen der Spielablauf gesteuert wird. Diese Karten dürfen die Spieler entweder in die eigene oder in eine fremde Auslage bringen, eine offen liegende Karte darf vor jedem Spieler auch einmal abgedeckt werden. Beschränkend ist zu beachten, dass die Auslage vor jedem Spieler auf vier offene Karten begrenzt ist und dass abgedeckte Karten mindestens mit dem gleichen oder höheren Kartenwert zugedeckt werden müssen. Eine solche Maßnahme hat natürlich zur Folge, dass der Farbstein der abgedeckten Farbe zurückgesetzt werden muss. Das Rundenende tritt ein, wenn entweder vor allen Spielern vier offene Karten liegen oder ein Zählstein 45 oder 50 Felder vorangekommen ist. Die Aufgabe, die der Siegfarbe zugeordnet ist, wird mit fünf Punkten für die beste Erfüllung gewertet, wobei auch der zweite noch drei Punkte erhält und der dritte Platz mit einem Punkt gewertet wird.
Ausgehend von der Bewertung der Handkarten und der ersten Spielauslage, gilt es, die Runden zu steuern. Da die Mitspieler fleißig die eigene Auslage sabotieren können, die zudem mit nur vier offenen Karten arg beschränkt ist, sind auch die Steuerungsmöglichkeiten begrenzt. Der Spielreiz ergibt sich sehr kartenabhängig weniger aus dem Aufbaucharakter des Ablagespiels als aus dem Ärger, den man anderen bereiten kann. Es stellt sich immer wieder die spannende Frage, wann man mit seinen wertvollen Karten herausrückt. Oft macht es auch Sinn, in der eigenen Auslage eine nicht so wichtige Karte abzudecken, damit eine sehr gute nicht von den Mitspielern zugedeckt wird. Beim Spiel zu viert oder zu fünft kann das aber schnell dazu führen, dass die Mitstreiter die restlichen offenen Plätze belegen, so dass man für die eigene Auslage nur noch indirekt agieren kann.
SO EIN MIST ist SCHRECKLICHT sicherlich nicht, es kommt auch gar nicht so schrecklich daher, ist eher leichte, unterhaltsame Kost. Ein kleines Ärgerspiel für Zwischendurch. Das Spielmaterial ist solide, das Spiel ist preiswert zu erwerben, insofern für Freunde von glücksabhängigen Spielen mit Ärgerkomponente durchaus empfehlenswert, unbedingt haben muss man dieses Spiel aber nicht.
Titel: SCHRECKLICHT
Verlag: Kosmos
Autor: Günter Burkhardt
Illustration: Tanja Donner
Spieleranzahl: 3-5
Alter: ab 10 Jahre
Dauer: ca. 30 Min.
Preis: ca. 10 Euro
Spiel 18/2007 1996 R184/2021
Die Rezension erschien 2007 unter
www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der Realschullehrer Günter Burkhardt startete 1997 als 36jähriger zu Beginn gleich richtig durch. Er durfte sich nicht nur über MANITOU freuen, sondern hatte mit LANG LEBE DER KÖNIG und BÜRO CRAZY (beide F.X. Schmid) gleich zwei weitere Spiele in seinem Erstveröffentlichungsprogramm. BGG verzeichnet vorher noch Eigenpublikationen wie die QUASSELSTRIPPE (1994) und DAS LIEBLINGSSPIEL DES ADAM RIESE (1996).
MANITOU gefiel nicht nur den Juroren von Spiel des Jahres, es erreichte den fünften Platz beim Kartenspielpreis der Fairplay und den zehnten beim Deutschen Spielepreis. Im Jahresrhythmus folgten mindestens zwei bis drei weitere Veröffentlichungen. Mit KUPFERKESSEL (Goldsieber) landete er 2002 erneut auf der Auswahlliste der Jury, gewann den österreichischen Titel Spiele Hit für Zwei und erreichte den achten Platz des Kartenspielpreises der Fairplay. Die Spiele MAORI (Hans im Glück, 2009) und POTATO MAN (Zoch, 2014) kamen auf die Empfehlungsliste der Jury Spiel des Jahres.
Beim Kartenspielpreis der Fairplay war er noch erfolgreicher, sein VOLLTREFFER (Berliner Spielkarten) gelangte 2000 auf den vierten Platz und mit VOM KAP BIS KAIRO (Adlung Spiele) erreichte er 2002 den ersten Platz.
Sein bisher größter Erfolg im Team mit seiner Tochter Lena war 2018 die Auszeichnung mit dem Kinderspiel des Jahres für FUNKELSCHATZ.
Von seinem Lehrerberuf hat er sich schon vor einiger Zeit beurlauben lassen. Er arbeitet inzwischen hauptberuflich als Spieleautor, engagiert sich in seiner Heimat in der Nähe von Bad Ditzenbach im Sportverein und ist für Die Grünen im Gemeinderat.
Das Bild zeigt Günter Burkhardt 2005 auf dem Autorentreffen in Göttingen.
Mittwoch, 20. Oktober 2021
DIE REGENSBURGER RITHMOMACHIE
Fast eintausend Jahre alt: Das Regensburger Zahlenspiel
Die Firma Heros ist bekannt für Holzbausteine in der bunten Tonne, einige Kinderspiele hat der Verlag auch im Programm. Fast wie ein Fremdkörper wirkt da ein uraltes Zahlenspiel.
Der Zusammenarbeit des Forums Mittelalter der Universität Regensburg und dem Verlag aus dem bayerischen Wald ist es zu verdanken, dass eins der rätselhaftesten und ältesten deutschen Spiele käuflich zu erwerben ist: DIE REGENSBURGER RITHMOMACHIE.
In Süddeutschland ist das Spiel seit dem 11. Jahrhundert bekannt. Die Herausgeber der Heros-Fassung führen es auf einen Mönch Asilo aus Würzburg zurück. Um 1090 ist ein Ableger Im Kloster Sankt Emmeran in Regensburg aufgetaucht, an der sich die Heros-Ausgabe teilweise orientiert. Abraham Riese Sohn des bekannten Adam, hat das Zahlenspiel 1562 erstmalig in einer deutschen Fassung veröffentlicht. Ein Jahrhundert später soll die REGENSBURGER RITHMOMACHIE beim Adel ebenso beliebt gewesen sein wie das Schachspiel. Der Herzog August von Braunschweig Wolfenbüttel beschreibt sie 1616 unter dem Pseudonym Selinus gleichwertig neben dem Schachspiel. Im 18. Jahrhundert Gerät das Zahlenspiel allerdings in Vergessenheit.
Über die Regeln des Zahlenkampfes herrscht große Unklarheit; erst im 16. Jahrhundert kristallisierten sich einzelne Kernpunkte heraus. Das Spielbrett müssen wir uns als doppeltes Schachbrett vorstellen. Die beiden Kontrahenten im zahlen Kampf besitzen 24 Spielsteine, jeweils acht runde, drei- und viereckige. Diese Spielsteine sind mit Zahlenwerten versehen die sich unter Verwendung von speziellen seit der Antike bekannten Proportionen die auch für die Charakterisierung von Tonverhältnissen der Musik und Längenverhältnissen in Geometrie (Architektur) und Astronomie bedeutsam sind, errechnen lassen. So gehen die runden weißen Spielsteine erst einmal von den geraden zahlen 2, 4, 6 und 8 aus und werden durch ihre Quadratzahlen ergänzt. Bei den schwarzen runden Steinen geschieht dies entsprechend für die ungeraden Zahlen. Für die dreieckigen und viereckigen Steine werden alternierend die Zahlenverhältnisse von 3:2 bis zu 10:9 auf die beiden Parteien verteilt und danach die Werte ausgerechnet, so das weiß die Zahlen 6, 9, 20, 25, 42, 49, 72, 81 (dreieckig) und 15, 45, 81, 91, 153, 169 und 289 (viereckig) erhält, schwarz dagegen die Zahlen 12, 16, 30, 36, 56, 64, 90, 100 (dreieckig) und 28, 49, 66, 120, 121, 190, 225 und 361 (viereckig). Beide Spieler haben einen Pyramidenstein, der aus übereinander liegenden Quadraten besteht. Für weiß ist es der Stein 91 (gebildet aus 36 + 25 + 16 + 9 + 4 + 1), für schwarz die 190 (gebildet aus 64 + 49 + 25 + 16).
Die Spielsteinformen ziehen unterschiedlich weit nach der Regensburger Ausgabe wird festgelegt, dass die runden Steine zwei Felder ziehen, die dreieckigen drei und die viereckigen vier, dabei dürfen sie rechtwinklig abbiegen. Das bedeutet für die runden Steinen einen Diagonalschritt, für die dreieckigen einen Rösselsprung und für die viereckigen zwei Diagonalschritte bzw. einen Rösselsprung mit weiterführendem senkrechten oder waagrechten Schritt. Wie im Schach gibt es eine feste Grundaufstellung, durch die jeweils Felder in den ersten vier Reihen belegt werden.
Unter bestimmten Bedingungen können Spielsteine geschlagen werden, wenn beispielsweise Steine mit gleichem Wert aufeinandertreffen. Unabhängig vom Wert gilt ein von vier Seiten umzingelter Stein als geschlagen. Wird ein gegnerischer Spielstein von zwei Seiten in die Zange genommen, gilt er als geschlagen, wenn mit Hilfe von Rechenoperationen sein Wert erreicht werden kann. Am überraschendsten kann der „Überfall“ sein, der Bewegungen über die normale Zugweite hinaus zulässt. Bei diesem Zug werden Rechenoperationen von Spielstand, Wert und Anzahl der Zugschritte zugelassen, die dann dem angegriffenen Wert entsprechen müssen. Zusätzlich kann der Wert eines angrenzenden eigenen Steins mit in die Berechnung einbezogen werden.
Bei den Pyramiden ist besonders zu beachten, dass sie zwei angreifbare Zahlenwerte besitzen, ihre Basis 36 beziehungsweise 64 und die Additionswerte. Wird die weiße Pyramide mit dem Wert 36 geschlagen, fallen weitere fünf Steine (4, 9, 16, 25, neben der 36) dem Angriff zum Opfer. Die Pyramiden müssen ähnlich wie der König im Schach besonders geschützt werden.
Im Laufe des Mittelalters haben sich zwei Varianten für das Spielende herauskristallisiert. Ein einfaches Ende für Anfänger, bei dem es nur auf den Wert der geschlagenen Steine ankommt, und eine komplexe mathematische Variante, die das Setzen von Folgen aus drei Zahlen mit bestimmten Mittelwert-Eigenschaften verlangt.
Analog dazu wird im Spiel eine einfache Fassung vorgeschlagen, bei der man am Anfang auch mit Kindern spielen kann. Als Rechenoperationen wird nur die Addition zugelassen. Gespielt wird, bis eine vorher festgelegte Punktzahl erreicht ist. Im Spiel für Fortgeschrittene kommen die Multiplikation und die Überfall-Regel dazu, gespielt wird hierbei auf 500 Punkte. Gute Mathematiker dürfen sich natürlich mit allen Rechenmöglichkeiten herumschlagen.
Will man sich aber dem eigentlichen mittelalterlichen Zahlenkampfspiel nähern, dann ist man mit der Variante für Fortgeschrittene, was die Schlagmöglichkeiten angeht, schon beim Original angelangt. Die Siegbedingungen sind aber ganz andere und für Nichtmathematiker schwer nachvollziehbare. Bei der REGENSBURGER RITHMOMACHIE geht es nicht um das Beseitigen von Steinen, sondern um das Bilden von Gruppen aus drei Spielsteinen, deren mittlerer einer Mittelwerteigenschaft genügt. Das kann das arithmetische Mittel sein, für das bei den Steinen 6, 9, 12 entsprechend die „9“ mittig sein müsste. Das aus der Musik bekannte harmonische Mittel muss ebenfalls erreicht werden, dabei verhält sich die größte der drei Zahlen zur kleinsten wie die Differenz zwischen der größten und der mittleren zur Differenz zwischen der mittleren und der kleinsten. Solche harmonischen Mittelwerte sind zum Beispiel 6,8, 12 oder 3,4, 6 oder 5,8, 20. Man gewinnt, wenn man als erster sowohl eine arithmetische als auch eine harmonische Dreierfolge in der Spielplanhälfte des Gegners platziert hat.
Regeltechnisch würde man heute von einem kaum ausgewogenen Spiel sprechen, die Harmonien lassen sich nämlich vernünftig nur aus dem Mischbestand beider Farben bilden. Die schwarzen Steine gelangen gar nicht zu einer harmonischen Stellung und bei der Farbe Weiß gibt es nur zwei Konstellationen. Um zu allen 18 möglichen harmonischen Mitteln zu kommen, dürfen geschlagene Steine wieder ins Spiel genommen und in eigene Siegstellungen mit eingebaut werden. Wichtig ist auch die Regel, dass angekündigt werden darf, wenn eine Dreierfolge gebildet werden soll. Die betroffenen Steine dürfen nicht mehr geschlagen werden.
Die REGENSBURGER RITHMOMACHIE erweist sich in seiner einfachen Spielform als ein hervorragendes Lernspiel, das auf ganz besondere Weise einen Zugang zur Zahlenwelt eröffnet. Für die Originalfassung muss man schon ein ausgesprochenes Gespür besitzen, ohne entsprechende Zahlentabellen ist man als Laie hoffnungslos verloren. Auf der Internetseite des Mittelalter Forums der Universität Regensburg gibt es aber ausführliche Hintergrundinformationen, die ein tieferes Einsteigen in die Materie zulassen (www.forum-mittelalter.org).
Heros hat den Spielplan auf nicht ganz knickfreies Leinen gedruckt, die Holzsteine sind von ordentlicher Qualität. Die Regel ist informativ, lässt allerdings Fragen offen, was sich aber aus der Geschichte des Spiels als Problem erklären lässt. Insofern gilt stets die „Spielart für Tüftler“, die der Kreativität beim Erfinden neuer Regel keine Grenzen setzt.
Es muss nicht immer etwas Neues sein, was anspruchsvollen Spielgenuss verspricht. Dieser Rückgriff auf die Anfänge des Spiels in Deutschland macht uns mit einem außergewöhnlichen Spielerlebnis bekannt, mathematisch konstruiert, als würde ein Tüftler wie Reiner Knizia dahinterstehen, dabei waren es Mönche, die ihre Zahlenweltsicht hiermit verarbeiteten. Edith Heister (Universität Regensburg) und Alfred Holl (Fachhochschule Nürnberg) verdienen Dank für ihre Bemühungen um das alte Zahlenspiel, ebenso wie der Verlag Heros, der für sein Verlagsprogramm einen neuen Akzent setzen konnte.
Titel: REGENSBURGER RITHMOMACHIE
Verlag: Heros
Autor: Mönch Asilo aus Würzburg, um 1030
Spieleranzahl: 2
Alter: ab 8 Jahre
Dauer: 30 bis 60 Min.
Preis: ca. 20 Euro
Spiel 17/2007 R183/2021
Die Rezension erschien 2007 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel:
Auf BGG wird das Spiel mit einem Ranking von 5,9 geführt. Hugendubel veröffentlichte
1987 ein lesenswertes Buch von Detlef Ilmer über das Zahlenspiel unter dem Titel RHYTHMOMACHIA
Dienstag, 19. Oktober 2021
PINGUIN RALYYE
Auf’s Glatteis begeben
Jedes Spiel ist ein Lernspiel, gleichgültig ob es direkt für das Lernen angelegt ist oder ob soziales und kommunikatives Miteinander en passant erlernt wird. Die Mindestanforderung an Spiele muss daher sein, dass sie thematisch stimmig und korrekt sind. Im wahrsten Sinne des Wortes aufs Glatteis begeben haben sich Manfred Ludwig und die W&L Verlagsgesellschaft mit dem Spiel PINGUIN RALLYE. Autor und Verlag würfeln antarktische und arktische Tierwelten wild durcheinander, da taucht das auf der Nordhalbkugel heimische Walross mitten unter den südamerikanischen und antarktischen Pinguinen auf. Spätestens seit der Reise der Pinguine oder Happy feet wissen auch die Kleinsten genau über das Lebensumfeld der Königspinguine Bescheid, da irritieren solche elementaren redaktionellen Fehler.
Das Spiel selbst bietet seichte Würfelkost für zwei bis vier Kinder ab fünf Jahren. Die Kinder führen ihre Pinguinfigur auf Eisschollen rund um eine große Eisbergrutsche, die das falsch platzierte Walross bewacht. Der Würfel lässt Fortbewegungen der Pinguine in Einer- bis Viererschritten zu. Wird nur eine „1“ oder „2“ gewürfelt, darf zusätzlich die Walrossfigur zu einer kleinen Eisscholle gestellt werden, steht dort ein Pinguin oder halten sich sogar mehrere auf der Scholle auf, sind sie gefährdet. Wenn der nächste Spieler statt einer Zahl eins der beiden Walrosssymbole würfelt, kippt die Scholle und die Pinguine müssen zurück auf große Schollen, die an jeder fünften Stelle auf dem Weg zum Eisberg ankern. Der Aufstieg zur Eisbergrutsche darf nur noch allein und muss exakt vorgenommen werden. In kleiner Wettlaufrunde ist die Rallye meist schon nach zehn Minuten beendet, in Vollbesetzung kann es auch 20 Minuten dauern, bis der erste Pinguin auf dem Eisberggipfel gelandet ist.
Holzfiguren, leider nur einseitig bedruckt, ein atmosphärisch passender und klar strukturierter Spielplan stellen das nötige Ambiente für das Spiel. Die taktischen Einflussmöglichkeiten halten sich in Grenzen, sind aber vorhanden. Die Schadenfreude ist jedenfalls groß, wenn das Walross an der richtigen Eisscholle wartet. Das passgenaue Würfeln am Ende, das die Spielregel etwas unklar beschreibt, ist mühsam. Von Manfred Ludwig, Autor u.a. von VIVA TOPO, bin ich anspruchsvollere Kost gewohnt. PINGUIN RALLYE funktioniert, ein richtig „heißes Rennen“, wie der Untertitel verspricht, habe ich aber in keiner Spielrunde erlebt. Für in Pinguine vernarrte Kinder bleibt das im letzten Jahr ausgezeichnete PACKEIS AM POL das Nonplusultra.
Titel: PINGUIN RALLYE
Verlag: W & L Verlagsgesellschaft
Autor: Manfred Ludwig
Illustration: Kurt Gall
Spieleranzahl: 2 – 5
Alter: ab 5Jahren
Dauer: ca. 15 Min.
Preis: ca. 17 Euro
Spiel 16/2007 R182/2021
Die Rezension erschien 2007 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 5 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Manfred Ludwig, einst Lehrer für Französisch und Sport an einem Gymnasium in Regensburg, gehört zu den erfolgreichsten und produktivsten Autoren Deutschlands. Die erste Spieleveröffentlichung des 84jährigen Autors liegt schon 40 Jahre zurück. Damals kam GEFÄHRLICHGE BRÜCKEN beim Verlag Spear heraus. Für diesen Verlag gewann er 1983 mit FUZZI, HEINZ UND SCHLENDRIAN auch seine erste Auszeichnung. Das Spiel landete auf der AWL der Jury. Es folgten über 70 weitere Spiele und viele Preise, darunter mit DIEGO DRACHENZAHN das Kinderspiel des Jahres 2010.
Die PINGUIN RALLYE läuft wertungslos bei BGG.
Samstag, 16. Oktober 2021
KLARE KISTE
KLARE KISTE mit Socken unterm Bett
Kirsten Hiese gehört seit knapp 15 Jahren zu den bekanntesten Spieleautorinnen, die sich vor allem auf Kinderspiele spezialisiert haben. Ihr KÄPT’N KULLER (Schmidt) landete 2020 auf der Empfehlungsliste der Kinderjury, was ihr vor zehn Jahren mit der SCHÄTZINSEL von Haba schon einmal gelungen war.
In KLARE KISTE, ihrem neuesten Spiel bei Haba, geht es um das unbeliebteste Thema in den Kinderzimmern: das Aufräumen. Wenn’s schnell gehen soll, dann wird auch einfach der Rest unters Bett geschoben, ganz realistisch geht es daher in Hieses Spiel zu.
Jedes Kind bekommt ein Bettchen und sechs Spielzeugkisten. Das ganze Spielzeug liegt wild verstreut in der Tischmitte. Alles in Papier- und Pappformat, hinzu kommen noch 15 Chaos-Plättchen mit zwei oder drei Socken.
Der Reiz ergibt sich in Hieses Spiel aus dem Wendecharakter der Spielzeugplättchen. Jede Kiste zeigt zwei Spielzeuge und eben diese Teile gibt es exakt nur auf Vor- und Rückseite eines Plättchens. Da geht es recht hektisch zu, wenn die Kinder ihre passenden Teile suchen. Wer zuerst fertig ist, schnappt sich ein grünes Stäbchen, der zweite bekommt ein gelbes und der dritte ein rotes Stäbchen. Entsprechend gibt es rote und gelbe Chaos-Plättchen, natürlich auch für diejenigen, die nicht fertig wurden oder Fehler gemacht haben. Denn kontrolliert wird, ob alles richtig in den Kisten geordnet ist.
Das Chaos verschwindet unter dem Bett und darf nicht zu sehen sein. Gelingt das, geht’s in die nächste Runde, sonst ist Schluss und der Spieler mit den wenigsten Socken unterm Bett gewinnt.
Die Wendekärtchen machen den eigentlichen Pfiff von KLARE KISTE aus. Ein witziges Suchspiel, das recht hektisch abläuft, aber Vorschulkindern Spaß bereitet. Witzig ist auch die Idee mit dem realen Verstecken der Socken unter dem Bett. Weitere große Preise wird Kirsten Hiese damit zwar nicht gewinnen, aber durchaus für Unterhaltung am Spieltisch sorgen.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: KLARE KISTE
Autor: Kirsten Hiese
Grafik: René Amthor
Verlag: Haba
Spieler: 2-4
Alter: ab 5 Jahre
Spieldauer: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 9 Euro
Spiel 65/2021
Montag, 11. Oktober 2021
DIE Z STRATEGIE
SAMMELSURIUM
Bütehorn Buchkassetten: DIE Z STRATEGIE
Die Buchkassetten, die Ravensburger und Pelikan bis Mitte der 70er Jahre herausbrachten, waren wirtschaftlich nur bedingt Erfolge für die Verlage. Als beide Firmen ihre Reihen einstellten und die hannoverschen Pelikane dann bald auch ihre Spielproduktion, füllte die Lücke eine neue Firma aus dem Umfeld von Hannover. Die Bütehorn KG brachte ab 1976 wertige Buchschuber-Spiele unter dem Dach des Buchholz Verlags in Sarstedt bei Hannover heraus, hielt sich allerdings auch nur bis 1982 auf dem Markt.
Markenzeichen der Buchkassetten aus Sarstedt waren Klappdeckel und Druckknopf-Verschluss an einem Leinenanhänger. Heute ist das zwar eine Schwachstelle vieler in die Jahre gekommenen Spiele, damals war das aber eine originelle Idee. Eine Reihe der Ausgaben in den 80ern verzichtete dann schon auf diesen Verschluss und nutzte einen normalen Pappdeckel. Von diesen Ausgaben wurden mit der Insolvenz des Verlags einige von Hexagames übernommen. Der Verlag aus Dreieich nutzte die Spiele, um ein gutes Startprogramm neben dem Wirtschaftsspiel LONG SHORT zu haben.
Das Bütehorn-Programm war geprägt von großen, mittleren und kleinen Buchkassetten-Spielen. Daneben gab es einige Spiele in flachen Schachteln u.a. die damals sehr bekannten Ferienrallys. Prägend für die Programmgestaltung war Erik Grischeit als Produktmanager, er hatte vorher für Parker gearbeitet. Grischeit, der mit dem Schweizer Journalisten Walter Luc Haas befreundet war, holte bekanntere Autoren ins Programm. So kam er an DAMPFROSS, das in der Ausgabe von Schmidt Spiele 1984 Spiel des Jahres wurde. Auf der ersten Liste der Jury Spiel des Jahres 1979 waren gleich zwei Titel des Verlages vertreten. SETI bekam den ersten Sonderpreis für das schöne Spiel. Die Jury wollte damit zugleich auch den Buchholz-Verlag für sein Bemühen um besonders schön und aufwändig gestaltete Spiele würdigen. Neben SETI landete BLOCKADE von Sid Sackson auf der Auswahlliste. RÄUBER UND GENDARM von Rudi Hoffmann kam 1981 auf dem Bronzeplatz in diesem Jahr, hinter SAGALAND und FOCUS. 1982 schaffte es dann GEISTER von Alex Randolph auf die Liste der Jury.
DIE Z STRATEGIE
Zwischen 1973 und 1976 hat Brian McCarthy vor allem Spiele für zwei Personen veröffentlicht. Sein erstes Spiel THE NAVY GAME war eine Art Schiffeversenken, das bei Ariel Productions erschien. Mit TANK COMMANDER wechselte McCarthy zur Kriegssimulation auf dem Land, diesmal bei Smurfit Games. Sein englischer Verlag, der alle weiteren vier Spiele von ihm veröffentlichte, ab sofort keine martialischen Feldschlachten mehr, sondern eher abstrakte Duelle.
Zwei dieser Spiele übernahm Bütehorn, einmal das raffinierte Zahnradspiel THE POWER GAME (1975), das Bütehorn als TURN veröffentlichte. Dann das Z Game, das 1979 als DIE Z STRATEGIE bei Bütehorn in der kleinen Schachtel erschien.
Für das schachartige Duell, in dem es darum geht, den gegnerischen Z-Stein zu schlagen, hat sich McCarthy einen scheinbar raffinierten Dreh ausgedacht, der ein bisschen an STRATEGO erinnert. Jeder besitzt nur acht Spielsteine, wobei die Z-Steine mittig auf den Grundlinien eines 11x7 Rasters für das Duell bereitstehen. Alle anderen Steine liegen vorerst verdeckt zu einer kleinen Phalanx aufgebaut. Da gibt es die markierungslosen Bauern, die Null-Steine, die sich nur ein Feld nach vorn bewegen dürfen. Ein Pfeil-Stein toppt das leicht, er geht ein oder zwei Felder geradeaus nach vorn oder diagonal, aber nicht seitlich oder zurück. Schließlich gibt es je zwei Pendants zum Läufer und Turm mit beliebigen Bewegungen in diagonaler oder orthogonaler Richtung. Kleine Öffnungen in den Spielsteinen, die zum jeweiligen Spieler zeigen, offenbaren durch eine Strichlösung, um welchen Stein es sich handelt.
DIE Z STRATEGIE spielt sich statischer als SCHACH, da Springer und Dame fehlen und alle, die ihre Optionen noch nicht durch Umdrehen offenbart haben, ziehen nur wie die Null-Steine. Deshalb zieht man nach diesen Optionen oder dreht einen Stein um, um ihn voll nutzen zu können. Geschlagen wird in klassischer Manier, indem man auf das Feld des Gegners zieht. Wem das mit dem Z-Stein gelingt, gewinnt das Spiel.
Die Idee klingt reizvoll, ist es aber nur bedingt. Da die Entscheidungen doch nur offen herbeigeführt werden. Spannender und deutlich weniger berechenbar wäre es, wenn auch aus der verdeckten Position heraus voll agiert werden könnte und dann ein MEMO-Effekt für den Gegner eintritt und eine andere Risikoabwägung.
Gespielt wird auf einer Art Vlies-Spielfeld, aus dem die Knicke schlecht herausgehen. Die Lösung für die Erkennung der Plastikspielsteine ist durch die kleine Öffnung in Ordnung und funktioniert bei gutem Lichteinfall sehr gut.
Titel: DIE Z STRATEGIE
Autor: J. Brian McCARTHY
Verlag: Bütehorn
Spielerzahl: 2
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 20 Minuten
Preis: ca. 15.- DM
Wertung: Nächste Woche wieder
Sammelsurium 41 – S41/2021
Samstag, 9. Oktober 2021
JINX
JINX
Der österreichische Autor Klaus Altenburger konnte mit dem Karten- und Würfelspiel JINX den Preis Spiele Hit Kartenspiel 2021 in Österreich gewinnen. 2021 zählt daher für ihn, der mit ZIPPERS 2013 sein erstes Spiel vorweisen konnte, zum erfolgreichsten Jahr, zumal ihm mit SILENT PLANET bei Amigo noch eine weitere Veröffentlichung gelang.
JINX läuft über drei Runden. 16 Zahlenkarten in sechs Farben mit den Werten 1 bis 6 werden in jeder Runde in ein 4x4 Raster ausgelegt. Wer am Zug ist, würfelt ein oder maximal zweimal und nimmt sich passend zum Wurfergebnis eine Karte aus der Auslage. Die Wertungsbedingungen hat man dabei stets im Hinterkopf. Gewertet wird nämlich immer dann, wenn ein Spieler nach dem zweiten Wurf keine Karte mehr aufnehmen kann. Behalten darf man nur Karten von den Farben, die nicht mehr in der Auslage sind. Der Spieler, der das Rundenende herbeigeführt hat, verliert zusätzlich seine höchste Karte.
Wer möchte, darf danach eine seiner gesicherten Karten gegen eine Glückskarte tauschen, die das Wurfergebnis variieren, die Option auf einen dritten Wurf bieten oder auch Kombinationen von gleichfarbigen Zahlenkarten ermöglichen, sodass man für eine „6“ Karten mit den Werten 1,2 und 3 in einer Farbe aufnehmen dürfte, sofern diese ausliegen. Schließlich gibt es nur einmal nutzbare Glückskarten, die die Aufnahme bestimmter Karten zulassen.
Haben alle, wenn sie denn wollten, eine Glückskarte eingetauscht, geht es in die nächste Runde. Gesammelte Karten bleiben offen liegen, können damit auch später wieder verloren gehen. Die nächste und die abschließende dritte Runde verlaufen identisch. Gerettete Karten werden am Ende addiert und die höchste Summe entscheidet über den Spielsieger.
So einfach wie JINX ist, so spannend ist der Spielablauf. Diese Mischung aus Glück und Taktik, vor allem wenn einen gute Glückskarten unterstützen, sorgt für Emotionen. Es macht auch Sinn, sich in den ersten beiden Runden die Farben zu merken, die im Spiel waren, um das Risiko einzuschätzen, das man später eingeht, Karten noch zu verlieren. Ein schnell erklärter Würfelspaß für zwei bis vier Spieler, der gut als Absacker durchgeht.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: JINX
Autor: Klaus Altenburger
Grafik: Fiore GmbH
Verlag: Piatnik
Spieler: 2-4
Alter: ab 6 Jahre
Spieldauer: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 9 Euro
Spiel 65/2021
Donnerstag, 7. Oktober 2021
GEZANKE AUF DER PLANKE
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Piraten auf der Planke
Das Piratenthema ist aus der Brettspielwelt für Kinder nicht wegzudenken, allein im letzten Jahr hat es Selectas PIRATISSIMO zur Nominierung für das „Kinderspiel des Jahres“ gebracht und DER SCHWARZE PIRAT von Haba hat diesen Preis gleich gekapert. Kein Wunder, dass 2007 die verwegenen Gestalten mit Augenklappen und Holzbeinen, Säbel rasselnd auf sich aufmerksam machen. Da herrscht ein harter Konkurrenzkampf nicht nur um Preise für ausgezeichnete Spiele, sondern auch auf See.
Den Verdrängungswettbewerb führt uns GEZANKE AUF DER PLANKE von Dominique Ehrhardt exemplarisch und dramatisch vor. Winning Moves hat die Spielidee des französischen Autors in einer imposanten dreidimensionalen Spielelandschaft umgesetzt. Da bewegen die zwei bis vier kleinen Piraten, die aber mindestens sechs Jahre alt sein sollten, 16 kleine Plastikpiraten in vier Farben auf einem großen Piratenschiff, das von einem Hai umkreist wird. Auch der Würfelersatz, eine Windrose zum Drehen ist fest auf dem Spielbrett verankert. Praktisch ist, dass dieser Aufbau einfach aus der Schachtel gehoben und umgedreht wird und sofort kann es losgehen.
Dazu werden die Piraten in einer vorgegebenen Reihenfolge auf die Reling des Schiffes gestellt, an deren Ende ein Haimaul wartet. Die Spieler ziehen aus einem Säckchen einen Glasstein, der ihre Spielfarbe anzeigt. Diese gilt es möglichst lange geheim zu halten, denn der Spieler gewinnt, dessen Pirat sich am längsten auf der Planke halten konnte. Gesteuert wird das Spiel über einen Drehpfeil mit zwei Auswahlmöglichkeiten. Da dürfen Piraten in ihren Positionen vertauscht werden, da darf einer ans Ende oder an die Spitze der Reihe gehen, oder die Piratenmannschaft wird an einer beliebigen Stelle auseinandergerissen und nach vorn verschoben. Neben der Veränderung durch den Drehpfeil müssen die kleinen Piratenspieler ihre Züge stets damit abschließen, dass eine Piratenreihe um ein Feld nach vorn geschoben wird. Dem Wasser und damit auch dem Hai entrinnt nur eine Spielfigur.
GEZANKE AUF DER PLANKE ist ein einfaches Bluffspiel mit hohem Aufforderungscharakter, es erinnert etwas an den Klassiker HEIMLICH & CO., besitzt aber nicht ganz dessen taktische Möglichkeiten. Trotzdem bereitet es Kindern viel Spaß, dem sich auch mitspielende Erwachsene nicht entziehen können. Bleibt nur die Frage, inwieweit ist ein die Piraten verschlingendes Haimaul pädagogisch vertretbar? Die Kinder stört’s nicht, die treibt es nach 15 spannenden Spielminuten gleich in die nächste Runde, in der sie fleißig schubsen und drängeln können, um sich rechtzeitig hintenanzustellen, damit ihre Spielfarbe gewinnt.
Titel: GEZANKE AUF DER PLANKE
Verlag : Winning Moves
Autor : Dominique Ehrhardt
Grafik: Claus Stephan
Spieleranzahl : 2 – 4
Alter : ab 6 Jahre
Dauer : ca. 15 Min.
Preis: ca. 20 Euro
Spiel 10/2007 1996 R174/2021
Die Rezension erschien 2007 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der 63jährige Dominique Ehrhard ist Spiele- und Buchautor. Er lebt in Orléans. Zu seinen bekanntesten Veröffentlichungen gehört CONDOTTIERE, das 1995 nicht nur auf der Auswahlliste der Jury Spiel des Jahres landete. Im gleichen Jahr gewann es auch den französischen Spielepreis Super As d’Or. Außerdem reichte es zum 10. Platz beim À la carte Kartenspielpreis der Fairplay.
Ähnlich erfolgreich war er 2008 mit SULEIKA, das zum Spiel des Jahres nominiert war, den As d‘Or gewann und zusätzlich noch den Hauptpreis Spiel der Spiele in Österreich.
GEZANKE AUF DER PLANKE fuhr keine Preise heim. Auf BGG wird es (Stand 01.10.21) mit 4,7 bewertet und liegt auf Rang 20.155. Meinen Testkindern hat es aber 2007 viel Spaß bereitet.
Mittwoch, 6. Oktober 2021
FIGARO
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
An den Haaren herbeigezogen: FIGARO
Für ein kleines, einfaches Kartenspiel mit Ärgerfaktor betreibt dV-Games bei FIGARO von Reiner Knizia einen gewaltigen Aufwand. Abstrus wie die Spielgeschichte, aber immerhin zum Spieltitel passend, scheint alles an den Haaren herbeigezogen: Ein König, der ein „Mädchen für alles“ sucht, da sein Hofstaat sich beim Ritterturnier amüsiert.
Wer das „Mädchen für alles“ am Ende ist, wird über ein dreirundiges Kartenspiel entschieden, dessen Wertungsmechanismus Verlag und Autor zusätzlich aufgepeppt haben. Da wird nicht einfach gepunktet, sondern da dienen lange und kurze Wegstrecken dazu, letztlich den kürzesten Weg zum König festzulegen. Viel Lärm um eine simple, aber zu viert und zu fünft durchaus unterhaltsame Kartenspielidee.
60 Karten sind im Spiel, je zehn in fünf Farben mit den Werten von 1 bis 3, außerdem fünf graue Joker, die 1 bis 2 Punkte wert sind und fünf sogenannte „Ringelreihen“-Karten. Alle Karten werden verteilt, nur beim Spiel zu dritt wird mit 45 Karten gespielt. Der Spielablauf ist sehr einfach. Der Reihe nach werden Karten vor den Mitspielern offen abgelegt, wobei man auch vor sich selbst eine Karte ausspielen darf. Dabei dürfen vor den Spielern nur Karten einer Farbe ausliegen und diese Farbe darf nicht gleichzeitig vor einem anderen Spieler liegen. Joker können natürlich zu jeder Farbe gespielt werden. Mit der Sonderkarte „Ringelreihen“ werden die ausliegenden Karten im Uhrzeigersinn weitergeschoben.
Wozu das Ganze? Die Auslegeregeln steuern die Zwangsaufnahme von Karten á la 6 NIMMT! immer dann, wenn ein Spieler zwar nicht sechs Karten, aber Karten im Wert von sechs oder mehr Punkten vor sich liegen hat, muss er sämtliche ausliegenden Karten einsammeln. Am Ende, wenn ein Spieler keine Karten mehr auf der Hand hat, muss man zwar keine Hornochsen, aber alle Strafeinnahmen zählen, da die Karten unabhängig von ihrem Wert in die Endabrechnung gehen. Der Spieler mit den meisten Karten erhält die längste Wegstrecke, das geht so weiter bis zum besten Spieler, der ohne Wegstrecke bleibt. Klar, dass er derjenige in der nächsten Runde sein wird, der von allen Seiten Kartengeschenke erhält. Für die Schlussrunde hat sich Knizia noch eine Sonderregel einfallen lassen, dabei darf der Spieler vor der abschließenden Verteilung der Wegestrecken sein längstes Straßenstück gegen die kürzeste noch verfügbare Wegstrecke austauschen. Eine recht starke Regel, die oft den Spielsieger bestimmt.
FIGARO gaukelt auch über die unterhaltsame Grafik der Spielkarten nichts Tiefgehendes vor, trotzdem ist es nicht banal. Das Spiel wird weniger aus der Kartenhand heraus entschieden als aus dem kommunikativen Miteinander. Hier besitzt das Spiel seinen besonderen Reiz sicherlich auch durch einen beträchtlichen Ärgerfaktor, den der Spielverlauf mit sich bringt. Ein bisschen Aufpassen lohnt natürlich, denn gegen Ende ist es schon hilfreich zu wissen, welche Farben weniger gefährlich sind. Wobei man sich stets darüber im Klaren sein muss, dass das „Ringelreihen“ die besten Pläne immer wieder kaputt macht. Schieben wir also aufgesetztes Thema und aufwändigen Wertungsmechanismus einmal beiseite, dann bleibt spielerische Unterhaltung, die FIGARO zu einem ganz ordentlichen Kartenspiel für die ganze Familie machen.
Titel: FIGARO
Autor: Reiner Knizia
Grafik : Roberta Barletta
Verlag: dV-Games / Abacus
Spieler: 3- 6
Alter: ab 8 Jahre
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 15 Euro
Spiel 09/2007 1996 R173/2021
Die Rezension erschien 2007 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Reiner Knizia, der weltweit produktivste Spieleautor, der auf inzwischen über 700 Spieleveröffentlichungen stolz sein kann, hatte bis 2006 schon einige Auszeichnungen gewonnen, darunter 1993 für MODERN ART und 1998 für EUPHRAT & TIGRIS. Die besondere Leistung für die spielerische Adaption von DER HERR DER RINGE zeichnete die Jury „Spiel des Jahres“ mit dem Sonderpreis „Literatur im Spiel“ 2001 aus.
2004 war Knizias EINFACH- Jahr. Mit EINFACH GENIAL erschien eines seiner besten Spiele, EINFACH TIERISCH war thematisch überzeugender als sein Vorgänger HIGH SOCIETY.
FIGARO, das 2006 in Essen erschien, gewann keine Preise. Mit einer Wertung auf BGG von 5,3 und einem Rang 20.428 läuft es unter „ferner liefen“ (Stand 01.10.21).
2008 erhielt Knizia dann endlich für KELTIS erstmals den Titel „Spiel des Jahres“ und das gleichzeitig im Doppelpack, da WER WAR’S den blauen Pöppel bekam.
Das Bild stammt aus dem Jahr 2016 als Reiner Knizia mit MMM! für das Kinderspiel des Jahres nominiert war.
Montag, 4. Oktober 2021
ELEMENTO
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
SUDOKU im Elementarbereich: ELEMENTO
Dass die ältere Generation durchaus eine attraktive Zielgruppe sein kann, hat Selecta schon vor zwei Jahren mit dem Start seiner Nobile-Reihe entdeckt. Ravensburger reagiert inzwischen auch auf diesen Trend. Zur Spielwarenmesse 2007 in Nürnberg stellte der Verlag eine Reihe mit Gesellschaftsspielen speziell für Menschen ab 50 Jahren vor, die im Herbst erscheinen sollen. Man darf gespannt sein, welche weiteren Verlage noch auf diesen Zug aufspringen. Bei Selecta sind inzwischen schon sieben Spiele unter dem Nobile-Label veröffentlicht. Ganz neu TOMOKO, ein vertracktes Kugelschieben, und ELEMENTO, ein an SUDOKU angelehntes taktisches Lege- und Würfelspiel.
An dieser Stelle soll ELEMENTO näher vorgestellt werden. Auf dem großen, stabilen, quadratischen Holzspielbrett gibt es vier mal vier Felder, die vier farbigen Regionen zugeordnet sind. Beim Spiel zu zweit erhält jeder Spieler acht Holzspielsteine, je zwei der vier Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde. Diese gilt es passend in SUDOKU-Manier abzulegen. Da sie nur einmal in den Reihen, Spalten und Farbquadraten des Spielplans vorkommen dürfen, beendet der Spieler eine Spielrunde, der das entscheidende vierte Element setzt. Wer als erster fünf Siegpunkte, große Glassteine, erhält, gewinnt das Spiel. Ganz ohne Siegpunktberechnung gewinnt im Übrigen der Spieler, der es schafft, alle acht Spielsteine zu platzieren.
Nicht alles in dem Spiel bleibt der Strategie überlassen, ein beträchtliches Glückselement stellen zwei Farbwürfel dar, die den jeweiligen unteren beiden bzw. oberen beiden Farbquadraten zugeordnet sind, so dass ein Spielstein nur auf eins der gewürfelten Farbfelder gesetzt werden darf. Dadurch kann es passieren, dass ein Spieler gar keinen Stein ins Spiel bringen kann. Was gar nicht so tragisch ist, da er dafür einen eigenen Stein orthogonal um ein Feld verschieben darf. Allerdings ist auch bei diesem Ersatzzug der Würfelwurf von Bedeutung, da nur von diesen Farbfeldern aus ein Stein verschoben wird. Geht das auch nicht, verfällt dieser Zug. Kommt es zu einer Wertung, entscheidet der Spieler, der mit dem Glasstein belohnt wird, ob alle gegnerischen oder eigenen Steine aus dieser Wertungsreihe oder dem Wertungsfarbfeld entfernt werden. Sie stehen dem jeweiligen Spieler dann wieder zur Verfügung.
Der Startspieler hat einen gewissen Nachteil, wenn der nachziehende Spieler aufpasst, ist der Startspieler derjenige, der mit der Belegung des neunten Feld die Option zum Schließen einer Reihe oder eines Farbfeldes eröffnet. Die Würfel dienen hier als sinnvolles Korrektiv, da der Zweite seine Chance eventuell nicht nutzen kann. Unbefriedigender verläuft das Spiel zu dritt oder zu viert. In dieser Variante stehen den Spielern alle 16 Spielsteine zur Verfügung. Gespielt wird nach den Regeln des Grundspiels, allerdings nur auf drei Siegpunkte. So richtig steuern kann man den Spielverlauf nicht, aber auch hier ist es so, dass der Spieler an zweiter Stelle oft einen Anfangsvorteil hat.
ELEMENTO ist kein hochkarätiges Strategiespiel, soll es vom Anspruch der Nobile-Reihe her auch gar nicht sein. Wer leichte Kost mag, ist zumindest mit der Zweierversion des Spiels, das Selecta solide, aber nicht nobel umgesetzt hat, ordentlich bedient.
Titel: ELEMENTO
Autor: Momo Besedic, Wilfried Lepuschitz
Verlag: Selecta
Spieler: 2- 4
Alter: ab 9 Jahren
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Spiel 06/2007 1996 R171/2021
Die Rezension erschien 2007 unter
www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zu den Autoren:
Für das österreichische Autorenduo Besedic und Lepuschitz war es die einzige Zusammenarbeit. Momo Besedic hat dann nur noch mit ADIOS AMIGOS (Pegasus, 2009) ein weiteres Spiel veröffentlicht. Der 41jährige Wiener Wilfried Lepuschitz gehört zu den bekannteren österreichischen Autoren (DEUKALION, Parker 2008; MAKE`N BREAK PARTY, Ravensburger 2012, PROFESSOR TEMPUS, Gigamic 2013).
Für beide war ELEMENTO die erste Veröffentlichung.
Das Spiel hat auf BGG eine Wertung von 6,4, es gibt allerdings nur vier Wertungen.
Sonntag, 3. Oktober 2021
MR. PRESIDENT
SAMMELSURIUM
MR. PRESIDENT
3M Buchkassetten
In den 60er und 70er Jahren hat die Firma 3M (Minnesota Mining & Manufacturing Company) Maßstäbe in der Spielentwicklung gesetzt, die sich auch auf den deutschen Markt auswirkten. Spiele landeten im Buchschuber und damit plötzlich im Bücherregal nicht nur von 3M, sondern als Casino-Spiel von Ravensburger oder in der E-Serie von F.X. Schmid und im kleineren Schuber von Pelikan.
Gut die Hälfte der 3M-Spiele kommt ohne Autorennennung aus, hauptsächlich tauchen Sackson (AQUIRE, BAZAAR, EXUCUTIVE DECISION) und Randolph (TWIXT, BREAKTHRU, OH-WAH-REE) auf, daneben noch Frank Thibaut (CONTIGO, PLOY), Winters (HIGH BID), Bernett (PHLOUNDER) und Lipman (POINT OF LAW).
Insgesamt gibt es 29 Spiele der Bookshelf-Reihe, in Deutschland sind dann allerdings nur 10 erschienen (AQUIRE, BAZAAR, BREAKTHRU, EXECUTIVE DECISION, FACTS IN FIVE, FEUDAL, PLOY, STOCKS AND BOUNDS und TWIXT), ergänzt durch drei Klassiker (BACKGAMMON, GO und SCHACH).
Die deutschen Spiele hat Michel Matschoss betreut, der zusammen mit Alex Randolph SAGALAND entwickelt hat und lange Zeit Produktmanager für Winning Moves war.
MR. PRESIDENT
Das Spiel von Jack Carmichael (BEAT THE CAT, POWERPLAY, beide 1970) ist 1967 in den USA erschienen. Es gehört zu den Spielen der Bookshelf-Reihe, die es nicht zu einer deutschen Ausgabe gebracht haben. Es geht um eine recht nahe Adaption des amerikanischen Wahlkampfes in den 60ern, das mag ein Grund gewesen sein, dass man auf eine deutsche Veröffentlichung verzichtet hat.
Schade eigentlich, denn MR. PRESIDENT gehört zu den guten Wahlspielen. Die zwei oder vier Spieler erhalten Kandidatenkarten mit unterschiedlichen Stärken und Schwächen beispielsweise in ihrer Kampagnenfähigkeit, ihren Geldgebern, ihrer Presseunterstützung und Werbung. Sie stehen für die Demokraten oder Republikaner und vertreten spezifische politische Ansätze. Zu zweit übernehmen die Kontrahenten die Rolle von Präsidentenkandidat und Vizepräsidenten, zu viert werden die Rollen aufgeteilt.
Zusätzlich gibt es spezifische Decks für die Kandidaten, die Stimmergebnisse für einzelne Staaten anzeigen, die den vier Regionen Südstaaten, Oststaaten, Weststaaten und dem mittleren Westen zugeteilt sind. Im Deck für die Präsidentenkandidaten stecken stärkere Karten als in denen der Vizepräsidenten. Alle Ergebnisse und sonstigen Daten werden auf einer abwischbaren Tafel bilanziert.
Am Anfang geht es um diesen Karteneinsatz in mit zwei Würfeln ausgewürfelten Bundesstaaten. Die Stimmkarten werden dabei verdeckt abgelegt, sodass der Gegenspieler nicht über die dort abgegebenen Stimmen informiert ist. Das machen beide so lange, bis sie keine Karten mehr habe. Briefwahlzettel kommen ebenfalls noch dazu. Am Ende wird gezählt, wer die meisten Stimmen in einem Bundesstaat hat, bekommt dessen Wählerstimmen, mit denen der Präsident bestimmt wird.
In einer Expertenvariante spielen dann Werbung, Spenden und Debattenthemen eine Rolle, die das Spiel deutlich aufwerten. Schon allein die Themen spiegeln die 60er Jahre wider, wenn es beispielsweise um das Weltraumprogramm geht.
Spannend sind die prinzipiellen Entscheidungen, bei welchen Bundesstaaten man kämpfen möchte und welche man aufgibt. Das entspricht fast den aktuellen Kämpfen um die Swing States. Man kann nicht überall sein, aber muss in wichtigen Staaten schon dabei sein.
Einerseits ist MR. PRESIDENT ein Stück Zeitgeschichte der USA in den 60ern, anderseits ist der verdeckte Karteneinsatz ein Spielelement, das auch heute noch trägt.
Titel: MR. PRESIDENT
Verlag: 3M
Autor: Jack Carmichael
Spielerzahl: 2 - 4
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: ca. 60 Minuten
Preis: ca. 60.- DM
Wertung: Nächste Woche wieder
Sammelsurium 40 – S40/2021
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