
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Partnerspiele um Lust und Liebe: LOVE AFFAIRS
Spielhistorisch betrachtet geht sicherlich das letzte Jahr als das Jahr der B(r)ettspiele in die Annalen der Spielgeschichte ein. Fast kein Verlag, der es ausließ, am Sexrummel mitzuverdienen.
Für viele gewiss die logische Fortsetzung der Kommunikationsspiele für Erwachsene, die Ravensburger gelungen mit LIFESTYLE, der Neubearbeitung von SYMPATHIE, gefördert hat. Spiele wie JETZT MAL EHRLICH (Bandai-Huki) und BLACK-BOX (Jumbo) setzen diese Tradition erfolgreich fort. Hier bleibt es aber beim kennenlernenden Vorgeplänkel, der Spielreiz ist relativ hoch.
Vollmundigere Versprechungen sind da von den neuen Partnerspielen aus dem 91er-Jahrgang zu hören: Ihre Kuss-Technik verfeinern Spielpartner in KÜSS MICH, von der Stirn über die Nase und den Rücken küssen sie sich bis in die nicht sonnenbeschienen Regionen voran, nur der sozialistische Bruderkuss bringt Strafpunkte. Erika Berger gibt vor, mit ihrer CHANCE FÜR DIE LIEBE die Liebeskurven der Spieler auf die Spitze zu treiben. Das Fernsehschicksal ihrer Sendung dürfte auch diesem Spiel, das Wolfgang Riedesser entwickelt hat, beschieden sein. Der Ravensburger Sündenfall PARTY TIME belässt es erst einmal beim Strip auf dem Spielbrett, zum "Anbaggern" fordert allerdings schon HERZKLOPFEN auf. Ob das Herz zu klopfen anfängt, wenn man zu diesen Spielen greift, ist fraglich, aphrodisische Wirkungen sollte man jedenfalls nicht erwarten.
Oder ich versuche es noch einmal mit einem der neuen Spiele: Würde man alle Spielpläne der Erotikspiele nebeneinanderlegen, gebe es sowieso nur einen Favoriten, nämlich LOVE AFFAIRS. Das Spiel für Paare, im des es um Liebe, Erotik, Sexualität und ein harmonisches Zusammenleben gehen soll, besitzt einen Spielplan zum Verlieben. Hier führen die simplen Lauffelder nicht einfach nur eine Herzbahn entlang, sondern erzählen eine anregende Geschichte in einer exzellent gezeichneten Wohnung, die man sein Eigen nennen möchte. Bilder voller Anspielungen, eine Geschichte, die - wie kann es anders sein - im Himmelbett endet.
Das Spiel LOVE AFFAIRS wird vom Spielbrett Berlin vertrieben. Die Autorin Malena Ivarsson ist laut Spielregel schwedische Sexualpädagogin und hat "die vielen Ausdrucksformen von Liebe und Sexualität spielerisch so umgesetzt, dass Mitspieler offen und in kommunikativer Form ihr Wissen erweitern und gegenseitiges Verständnis um das 'Thema Nr.1' aufbauen können.
Das Spiel ist kein Kennenlernspiel, sondern basiert auf der Zusammenarbeit von festen Partnern. Wer auf Partnertausch aus ist, liegt mit diesem Spiel nicht richtig, da die Partner jeweils nur mit einer Spielfigur spielen und diese auch nur vorwärtsbewegen können, wenn sie sich gemeinsam in unterschiedlichen Frage- und Spielsituation bewähren. Der Partnertest wird auf unterschiedlichen Gebieten durchgeführt. Im Bereich "Harmonie" stößt man auf viele direkte Fragen, die gleich zur Sache gehen. Wobei es spielerisch nur darum geht, ob der Partner auch die gleiche Antwort gibt. Ob man allerdings bereit ist, die ganzen Fragen auch vor sehr guten Freunden und Freundinnen offen zu beantworten, hängt wohl sehr von der Spielrunde und von den Freunden ab. Sie könnte zum Beispiel folgende Frage für ihren Partner vorgelegt bekommen: „Könnte er sich vorstellen, vor den Augen Eurer Freunde mit Dir zu schlafen?“ Oder er müsste ihre Antwort voraussagen auf die Frage: „Könntest Du sie an einem Regentag auf einer Waldlichtung zum Geschlechtsverkehr überreden?" So geht es weiter, im "Geständnis"-Bereich muss er zum Beispiel kundtun, ob er schon einmal mit mehr als einer Person Sex gehabt hat, verweigert er die Antwort, geht's ein paar Felder zurück, das Himmelbett rückt fern. Weniger problematisch geht's in den Bereichen "richtig oder falsch" und "Szene" zu, so erfährt man zum Beispiel, dass die deutschen Frauen größere Brüste als die amerikanischen haben (richtig oder falsch) und dass Jackie Kennedy gesagt haben soll: “Sex taugt nichts, weil dabei die Kleidung zerknittert". Ich wusste das nicht vorher, aber da das für die meisten Mitspieler gilt, bewegt man sich hier auf glattem Boden. Im "Scharadenbereich" schließlich ist die Montagsmalerqualität der Spieler gefordert, Redewendungen und Sprüche gilt es, zeichnerisch umzusetzen. Nicht ganz einfach, versuchen Sie doch einmal ihr Glück bei "ein BH hält, was der Pulli verspricht" oder "Karottensaft gibt Liebeskraft". Reduziert man das Spiel auf die letzten drei Bereiche, wird es auch im Freundeskreis spielbar. Für "Harmonie" und "Geständnis" bietet sich eher die Zweiervariante an: Ein Paar spielt das Spiel allein, zumal im Partnerspiel noch ein Wunschzettel ausgefüllt werden darf, der unbedingt erfüllt werden muss. Wer also schon immer einmal Champagner am Bett servieren bekommen möchte und in einer Nacht alles bestimmen wollte, der kann sich mit dem Gewinn bei LOVE AFFAIRS am Ziel seiner Wünsche sehen.
Titel: LOVE AFFAIRS
Verlag: HanseStadt Verlag
Autor: Malena Ivarsson
Grafik: Klaus Fischer
Spielerzahl: 2-8
Alter: ab 18 Jahren
Spieldauer: 60 Min
Preis: ca. 89.00 DM
Spiel 06/1990 R155/2021
Die Rezension erschien 1990
Wertung Spielreiz damals 4 von 10 Sternen,
das entspricht: Vielleicht nächsten Monat wieder