
Thema verfehlt: TULPENFIEBER
Im frühen 17. Jahrhundert brach in Holland ein Tulpenwahn aus, der den Niederländern ihre erste Spekulationsblase bescherte. Zwischen 1634 und 1637 explodierte der Wert rarer Tulpenzwiebeln, die über Konstantinopel nach Europa kamen. Die Tulpenmanie oder das TULPENFIEBER wird als die erste gut dokumentierte Spekulationsblase der Wirtschaftsgeschichte angesehen. Die Tulpe Semper Augustus wurde 1637 als teuerste Tulpe aller Zeiten gehandelt. Ihr Wert war zwischen 1633 und zum Höhepunkt der Spekulation 1637 von 5500 Gulden auf 30.000 Gulden für drei Zwiebeln angestiegen. Grachtenhäuser in teuerster Lage Amsterdams kosteten damals 10.000 Gulden.
Welche Erwartungen schwingen damit mit, wenn Amigo aktuell ein Spiel TULPENFIEBER auf den Markt bringt. Die werden noch gesteigert, wenn man weiß, dass Uwe Rosenberg das Spiel entwickelt hat. Da wird doch wohl mindestens etwas in der Kategorie der Hopfenernte in HALLERTAU in der Schachtel stecken.
Weit gefehlt, die Amigoschachtel signalisiert ein Duell zwischen zwei holländischen Kaufleuten, der Altershinweis mit acht Jahren verweist in den Familienspielbereich und dann steht da auch noch: „Würfelspiel“.
Was in der Schachtel steckt hat nicht wirklich etwas mit dem historischem TULPENFIEBER zu tun, letztlich bietet uns Uwe Rosenberg nur eine KNIFFEL-Variante mit Würfelzuwachs und variablen Siegbedingungen an, die Erwartungen an ein komplexes Wirtschaftsspiel schnell zerstören.
Jeder besitzt ein Tulpenfeld im 7x5 Raster, auf dem wenige Startplättchen liegen. Nun geht es nicht einmal darum Farbflächen optisch zu gestalten, sondern ganz simpel um die Füllung der vorletzten Reihe oder das Erreichen von drei zusammenhängenden Feldern oder vier beliebigen in der letzten.
Der Rest ist Kniffeln um kleine und große Straßen, Pärchen, Triple bis zu Fünferkombinationen von identischen Zahlen. Alles ist bekannt, das dreimalige Würfeln um optimale Ablageplätze, wobei doppelt umgedrehte Tulpenfelder extra Würfe ergeben. Alle starten mit vier Würfeln, die sie durch Spaltenbelegungen oder diagonale Felder bis auf sieben Würfel erweitern können. Schließlich bringt eine kompakte Belegung eines 2x3 oder 3x2 Feldes ein Schubkarren-Plättchen, das in zukünftigen Runden einen Jokerwürfel trägt.
Nicht viel Neues in den Würfellanden von KNIFFEL und YAHTZEE. Wer das mag, wird an dem Wettlauf um Farbreihen und Spalten Vergnügen finden, zumal es meist recht knapp zugeht.
Wäre nicht diese Erwartungshaltung, die ich mit dem Thema verbinde, das ich überhaupt nicht im Spiel wiedererkenne, würde ich das ganze befriedigend finden. So kommt in mir aber der alte Deutschlehrer wieder hoch, der seinen Rotstift zückt und unter die Arbeit schreibt.
Lieber Uwe, ich weiß, dass du es besser kannst, diesmal hast du aber leider das gestellte Thema voll verfehlt.
Wertung: Vielleich nächsten Monat wieder
Titel: TULPENFIEBER
Autor: Uwe Rosenberg
Grafik: Lukas Siegmon
Verlag: Amigo
Spielerzahl: 1-4
Alter: ab 8 Jahre
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 22 Euro
Spiel 61/2021