Freitag, 10. Dezember 2021
TIKI TOPPLE
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
TIKI TOPPLE indianisch oder polynesisch?
Der Titel des neuen Spiels von Keith Meyers (u.a. DER KLEINE HOBBIT, SITTING DUCKS) lässt indianische Assoziationen zu. TIKI TOPPLE erinnert an Tippi und Totem und irgendwie geht es um die Spitze: „Top die Wette gilt!“ Die jeweilige persönliche Rundenwette erhält jeder der zwei bis vier Spieler anfangs in die Hand, ein gewünschter Zieleinlauf sozusagen, aus dem ein neunteiliger Totempfahl am Ende in der Spitze bestehen soll.
Die Totemteile, die Tikis, werden zu Beginn jeder Runde nach ihren Symbolen halb zufällig in die Totem-Rinne des Spielplans geschoben. Zur Veränderung der Ausgangslage erhalten die Spieler beim Spiel zu zweit neun Aktionskarten, sonst acht. Aus diesen Karten werden zwei zufällig entfernt, so dass nach sechs oder sieben Kartenrunden das Ergebnis der Wette feststeht.
Mit Hilfe der Karten können Tikis ein bis drei Felder vorwärtsbewegt werden, ein Zurückfallen um zwei Felder oder sogar bis zur Schlussposition ist ebenfalls möglich, zwei Tikis dürfen getauscht und das letzte gar entfernt werden. Ein Durchgang endet, wenn alle ihre Karten ausgespielt haben. Fälschlich steht in der Regel, dass ein vorzeitiges Ende möglich sei, wenn nur noch drei Tikis auf dem Plan seien, weil die Karten aber nur eine maximale Reduzierung auf fünf Tikis zulassen, bleibt diese Regelpassage unverständlich. Die Tippergebnisse werden sofort auf einer Wertungsleiste rund um die Tikis angezeigt. Wer seine Topwette erfüllt, erhält 9 Punkte, wer in den beiden Einlaufwetten richtig liegt, kann immer noch fünf oder zwei Punkte ergattern.
TIKI TOPPLE ist also im Grunde genommen nichts anderes als ein Wettspiel, bei dem die Einflussmöglichkeiten besonders in voller Besetzung gering sind. Keith Meyers sorgt zwar dafür, dass die Ungerechtigkeiten gerecht verteilt sind, also eigentlich sich keiner beklagen dürfte, trotzdem bleibt die Begeisterung aus. Das Vorspiel ist belanglos, der bestimmende Höhepunkt findet in den letzten beiden Runden statt, wobei die letzte Karte und damit der Spieler, der zuletzt ausspielt, die Entscheidung bringt. Wer meint, mit Psychologie käme er weiter, sieht sich auch meist getäuscht, denn im Täuschen und Tarnen waren und sind alle Tipi-Bewohner großartig. Irgendwie hintergangen fühlen sich dann nur noch die Totembauer, die die Tiki-Wiki-Karte, die für den Positionstausch sorgt, am Anfang verloren haben. An die neun Punkte kommen sie nicht mehr heran, ihre Gewinnchancen tendieren gegen null.
Der Begriff „Tiki“ ist passender Weise polysem: Die Tikis haben in Wirklichkeit nichts Indianisches an sich, sondern sind polynesische Holzfiguren. Viel schöner ist aber die zweite Bedeutung des Begriffs, steht doch „Tiki“ für die typische amerikanische Trivialkultur. Genauso trivial oder banal ist letztlich TIKI TOPPLE. Schmidt hat sich allerdings große Mühe mit dem Material gegeben, für einen roten Schein gibt es viel Holz, stabile Karten und einen ansprechenden Spielplan für das Spiel aus der Reihe „Easy Play“, in der immerhin Top-Spiele wie BIG POINTS und FINITO zu finden sind.
Titel: TIKI TOPPLE
Verlag: Schmidt Spiele
Autor: Keith Meyers
Graphik: Dennis Lohausen
Spieleranzahl: 2-4
Alter: ab 8 Jahren
Dauer: ca. 20 Min.
Preis: ca. 11 Euro
Spiel 06/2009 R 220/2021 Rezension erschien 2009 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 4 von 10 Sternen,
das entspricht: Vielleicht nächsten Monat wieder
Zum Spiel und zum Autor
Keith Meyers ist seit Ende der 1980er Jahre in der Spielebranche tätig. Er hat nach eigenen Angaben mehr als drei Dutzend veröffentlichte Spiele entworfen, unterrichtet Spieledesign, hat ein Buch über Spieledesign und hält Vorträge über dieses Thema.
Er hat für The Game Works (kleiner Nischenhersteller von Spielen) und The Game Keeper (größte Kette unabhängiger Spieleläden) gearbeitet, die von Wizards of the Coast und dann von Hasbro gekauft wurden. Derzeit arbeitet er mit IELLO USA zusammen und betreibt mit Board Game Republic sein eigenes Spielehaus mit Bar und Restaurant in Denver.
Bekannt sind Spiele wie DER KLEINE HOBBIT (Klee 2001), SCHNELLDENKER (Amigo 2006) und SITTING DUCKS (Amigo 2006). Mit diesem Spiel landete er 2007 immerhin auf den 5. Platz beim Kartenspielpreis der Fairlplay.
TIKI TOPPLE wird auf BGG mit einem Rating von 6,5 geführt (Stand 27.11.21) und liegt auf Rang 739 bei den Familienspielen. Den Regelfehler, auf den die Rezension hinweist, hat Schmidt Spiele in einer Neuauflage ausgebügelt. „Leider hat sich bei der ersten Produktion von Tiki Topple ein Fehler eingeschlichen. Pro Spielerfarbe war die Tiki Topple-Karte zweimal vorhanden, während es nur eine Tiki Toast-Karte gab. Dadurch kann dann auch das Spiel nicht durch drei verbleibende Tikis beendet werden. Eigentlich müsste es genau umgekehrt sein, nämlich zwei Tiki Toast-Karten und nur eine Tiki Topple-Karte pro Spieler. Dadurch wird der Druck auf die untenstehenden Steine viel größer (es können bis zu 8 Tiki Toast-Karten zum Entfernen von Steinen im Spiel sein). Damit kann man auch nicht bis zum Spielende warten und dann mit einer Tiki Wiki-Karte locker den ersten Platz erreichen. Es tut uns leid, dass dieser Fehler passiert ist. Mit dem falschen Kartensatz macht das Spiel auch keinen Sinn und die Noten sind für das Spiel mit falschem Kartensatz absolut berechtigt. In allen neu ausgelieferten Spielen ist dieser Lapsus bereits behoben.“
Mit veränderter Regel hätte ich damals wohl eher sechs Sterne vergeben und nicht nur vier.
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