Samstag, 13. August 2016
GLUPSCHGEISTER
Typisch für Spiele von Jens Peter Schliemann sind zwei Dinge: Sie besitzen eine hohe Originalität und damit verbunden einen extremen Aufforderungscharakter, außerdem holt er sich fast immer einen Partner oder eine Partnerin mit ins Erfinderboot. Mit der leider viel zu früh verstorbenen Kirsten Becker hat er so tolle Spiele im Dunkeln wie NACHT DER MAGIER (Drei Magier Spiele) und VAMPIRE DER NACHT (Drei Magier Spiele) entwickelt. In Kooperation mit dem Wiener Autor Guido Hoffmann sind sensitive Spiele wie DAS GEHEIMNIS DER ZAUBERER (Mattel) und HOLTERDIPOLTER (moses.) entstanden. Bernhard Weber, der in Bonn lebt, war erfolgreich mit ihm bei BURG APPENZELL (Zoch) und wird es jetzt wieder bei der aktuellen Koproduktion GLUPSCHGEISTER (Kosmos) sein.
Wie schon beim GEHEIMNIS DER ZAUBERER arbeitet Schliemann in diesem Spiel mit der optischen Wahrnehmung. Waren es dort die Spiegelwelten, sind es hier Linsen, die die in Spiegelkabinetten üblichen verzerrenden Wirkungen hervorrufen. In GLUPSCHGEISTER entführen Schliemann und Weber zwei bis vier Kinder in eine magische Unterwasserwelt. Sie werden auf eine Tauchfahrt mitgenommen und betrachten durch die gerundeten Bullaugen ihres U-Bootes eigenartige Unterwassergeister. Da sehen sie Bob, den Kugelfisch, oder das kleine Seepferdchen Maggie. Sechs zum Teil sehr ähnliche Wassertiere, alle mit überdimensionierten Glupschaugen, tummeln sich um das Boot herum, 60 sind es insgesamt.
Die 60 runden Plättchen werden auf einer Scheibe verteilt, auf der zusätzlich noch einmal ganz viele Fische abgebildet sind. Diese werden dann mit dem sogenannten „Tiefsee-Spielplan“ abgedeckt, in dem sich 14 Vergrößerungslinsen als tropfenförmige Bullaugen befinden. Mittig ist eine kleine Insel mit einem Krakengeist, mit dem die Scheibe gedreht werden kann. Mit einem Seestern ausgestattet und guter Sicht auf die Spielschachtel starten die Kinder bei ihrer Suche nach den GLUPSCHGEISTERn.
Die Suchrunden beginnen mit einem Würfelwurf. Entsprechend der gewürfelten Zahl wird der Krakengeist gedreht. In einem Sichtfenster erscheint dann eines des sechs Unterwassertiere, da taucht dann zum Beispiel der Kugelfisch Bob auf. Alle gehen jetzt auf Suche und linsen durch die Seedeckel, um zu erkennen, welche der Zerrbilder zu Bob passen könnten und wo vielleicht auch mehrere seiner Art zu finden sind. Wer meint, mindestens einen Kugelfisch gefunden zu haben, legt schnell seinen Seestern auf das Bullauge, das ab sofort tabu für die anderen Kinder ist. Wenn alle ihre Sterne gelegt haben, beginnt der Fischfang. Das Bullauge wird geöffnet und die Kinder fischen mit dem Finger passende Fische heraus. Dabei darf durchaus auch verschoben werden, um an Randfische zu kommen oder in der Nähe agierende Mitspieler zu ärgern. Dieser Beobachtungs- und Fummelspaß dauert rund 20 Minuten, denn dann wird einer der Spieler neun GLUPSCHGEISTER gefangen haben, was zum Spielsieg reicht. Wer will, kann zusätzlich mit dem „gemeinen Krakengeist“ spielen, das sind drei Plättchen, die wie alle anderen anfangs verteilt werden. Ist ein solcher Geist hinter dem Bullauge zu sehen, ist dieser Platz gesperrt.
GLUPSCHGEISTER reiht sich in die Reihe der außergewöhnlichen Spielerlebnisse hervorragend ein, die Jens Peter Schliemann erfunden hat. Die Faszination, die von den Zerrspiegeln ausgeht, ist riesig. Da wird schon lange vor dem Spiel die Unterwasserwelt begeistert durch die Bullaugen betrachtet. Die Beobachtungsanforderung danach, trotz der Verzerrungen typische Merkmale des gesuchten Fisches zu finden, ist anfangs hoch. Kinder ab fünf Jahren bekommen aber recht schnell den richtigen Blick hin und stellen sich dann immer wieder gerne der Suchaufgabe. Etwas eng mit den Köpfen wird es dann meistens über und vor dem Spiel. In der Regel verweisen Schliemann und Weber ausdrücklich darauf, dass „die Sicht der anderen Spieler nicht behindert“ werden darf, aber wer achtet schon während der spannenden Suche auf so etwas.
Die Umsetzung durch den Verlag ist sehr gut gelungen. Entscheidend ist ja die Wirkung der tropfenförmigen Bullaugen, die aus Plastik sind. Sie ist so effektiv, dass sich Kosmos sogar genötigt sieht, vor Brandgefahr zu warnen. Beim Spiel im Garten könnten die Vergrößerungslinsen bei entsprechender Sonneneinstrahlung die Unterwasserwelt entflammen. Es wäre schade um das Spiel, von dem ich hoffe, dass es noch lange in der Spielewelt herumgeistern wird.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: GLUPSCHGEISTER
Autoren: Jens Peter Schliemann, Bernhard Weber
Verlag: Kosmos
Alter: ab 5 Jahren
Spielerzahl: 2 – 4 Spieler
Spielzeit: ca. 20 Min.
Preis: ca. 29 Euro
Freitag, 5. August 2016
GEISTERBURG
2015 war das bisher erfolgreichste Kinderspieljahr für Queen Games, was der Verlag vor allem der redaktionellen Betreuung Wolfgang Dirscherls zu verdanken hat. Der einstige Haba-Redakteur, der inzwischen als freier Autor rund 50 Spiele veröffentlichen konnte, zeichnete mit seinem Co-Autor Manfred Reindl verantwortlich für PUSH A MONSTER, das sicherlich zu den besten drei Spielen des letzten Jahrgangs gehörte und sowohl auf der Nominierungsliste der Jury als auch in Österreich mit dem „Spielehit für Kinder“ ausgezeichnet wurde. In einer ähnlichen Liga spielte CHEF ALFREDO von Michael Schacht, das auf der Empfehlungsliste der Kinderjury landete.
Die Erwartungen für 2016 waren daher entsprechend hoch. Nach der Präsentation von SUPER VAMPIRE und GEISTERBURG in Nürnberg war der Verlag zuversichtlich, „mit diesen Spielen an die Erfolge des vergangenen Jahres … anknüpfen zu können.“
Dirscherl ist erneut nicht nur als Redakteur, sondern als Autor verantwortlich für eines der Spiele. Co-Autorin ist diesmal Janet Kneisel, die zusätzlich mit dem pfiffigen Ablegespiel DREIST (Ravensburger) gleich mit zwei Erstveröffentlichungen auf sich aufmerksam macht.
Die Spielidee der beiden Autoren, die sie mit der GEISTERBURG umsetzen, ist erst einmal vielversprechend. Da läuft etwas kooperativ in der Schachtel ab, da gibt es einen dreidimensionalen Aufbau, zudem spielt der Magnetismus noch eine wichtige Rolle. Eigentlich die klassischen Elemente die erfolgreiche DREI MAGIER SPIELE ausmachen. Die Grundidee ist sogar noch klassischer: Kneisel und Dirscherl greifen auf das bei keinem Kindergeburtstag fehlende TOPFSCHLAGEN zurück, das blinde Orientieren im Raum mit dem Holzlöffel in der Hand und den Hinweisen der Kinder, in welcher Richtung man weitertasten soll.
Der Holzlöffel der GEISTERBURG ist ein kleiner Magnetstab und aus dem Topf sind sechs magische Gegenstände geworden, die in den Mauerecken der Burg versteckt liegen. Außerdem spuken acht kleine Gespenster im Mauerwerk herum, denen man tunlichst aus dem Weg geht. Das Nachwuchsgespenst Spooky steht vor seiner Aufnahmeprüfung in den Kreis der Spukgespenster, dafür muss es aber in 18 Minuten, die durch einen Timer angezeigt werden, sechs Aufgabenkarten erfüllen und darf sich nicht durch zu viele der Gespenster ablenken lassen.
Wer Spooky führt, setzt eine Gespenstermaske auf, platziert den Stab auf ein Farbfeld seiner Seite und verlässt sich nun auf die Hilfen seiner Mitspieler, die eine der sechs Aufgabenkarten aufdecken müssen. Dort sind zwei magische Gegenstände abgebildet, zu denen sie Spooky führen müssen. Scheitern die Kinder nicht mehr an rechts oder links, können sie so durch das Mauerlabyrinth geführt werden, sonst helfen auch die Kindernamen weiter, die an der rechten oder linken Seite des Burgaufbaus sitzen. Der Stabmagnet ist ziemlich stark, sodass ein Gegenstand sicher eingefangen werden kann. Das gilt leider auch für die Gespenster, die sich ebenfalls in den Ecken des Mauerwerks aufhalten. Wird ein solcher Geist gefangen, muss er erst einmal entsorgt werden und über mittlere Randfelder aus dem Spiel gebracht werden. Solange dort noch Gespensterkärtchen liegen, ist das möglich, wenn es keine mehr gibt, verliert die Gruppe. Sobald eine Aufgabenklarte erfüllt ist, kommt es zum Spielerwechsel und ein neues Kind führt Spooky auf Anweisung durch die Burg. Schaffen die Kinder die sechs Aufgabenkärtchen in 18 Minuten, gewinnen sie das Spiel gemeinsam. Wenn sie wollen, können sie in der nächsten Runde die Anforderungen steigern, sie dürfen die Zahl der Aufgabenkarten erhöhen, sie können die Zeit verkürzen und auch die Zahl der Gespensterkärtchen verringern.
Der Zeitdruck macht aus GEISTERBURG ein spannendes Spiel. Vom Alter setzt die Redaktion völlig richtig das Spiel erst ab sechs Jahren an. Jüngere Kinder haben deutliche Schwierigkeiten beim Lenken des Spooky-Spielers. Für ältere Kinder ab neun Jahren wird es dann allerdings fast zu leicht, da hilft auch die Schwierigkeitsanpassung wenig und der Wiederspielreiz tendiert gegen null.
Da stimmt zwar Vieles, aber irgendwie will der Funke dieser Spielidee in vielen Gruppen nicht so recht überspringen. Die Anfangsbegeisterung bei Erstklässlern ist meist hoch, da reizt der Magnetstab, da reizt die Maske, das Spiel im Dunkeln, auch die Konzentration hält meistens an. Das reicht für einige Runden, aber nicht mehr. Dem Spiel fehlt die Atmosphäre, die zum Beispiel von BURG FLATTERSTEIN (Drei Magier Spiele) ausgeht. Der dreidimensionale Aufbau wirkt mit seinen vier simplen Kreuzgemäuern viel zu einfach. Wirkliche Gespensterstimmung will da nicht aufkommen. Das scheint auch Queen Games inzwischen einzusehen und erhofft sich Kaufanreize durch den Preis, nur wenige Monate nach der Veröffentlichung senkt die Firma bei amazon den Kaufpreis von 34,99 auf 19,99 Euro (Stand 5. August 2016).
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: GEISTERBURG
Autoren: Wolfgang Dirscherl, Janet Kneisel
Verlag: Queen Games
Alter: ab 6 Jahren
Spielerzahl: 2 – 4 Spieler
Spielzeit: ca. 20 Min.
Preis: ca. 20 Euro
(Seite 1 von 1, insgesamt 2 Einträge)