Sonntag, 18. September 2016
CODE MASTER
ThinkFun (früher Binary Arts) wurde 1985 von Bill Ritchie und Andrea Bart gegründet. Der große Durchbruch kam vor 20 Jahren mit dem Spiel RUSH HOUR von Nob Yoshigahara. Auf dem deutschen Markt hat das Familienunternehmen HCM Kinzel aus dem schwäbischen Zaberfeld die ThinkFun Produkte in den letzten Jahren bekannt gemacht.
Rätseln, das Knacken von Codes, das Programmieren von Wegen kennzeichnet die aktuelle Renaissance von Denksportaufgaben. Wir finden sie in den Escape-Spielen wieder, an denen u.a. auch HCM Kinzel mit DAS GEHEIMNIS DER STERNWARTE aus der Reihe Escape the Room von ThinkFun beteiligt ist. Asmodee strapaziert die Gehirnwindungen mit der CORTEX CHALLENGE und in CODE MASTER von ThinkFun geht es um die Strukturen von Computerprogrammen.
Der Autor Mark Engelberg hat sich mit der Reihenfolge von Tieren bei einer Flussüberquerung einen Namen gemacht. Sein ANIMALOGIC, 2008 bei HUCH & friends erschienen, war der Kinderspieljury vor acht Jahren eine Empfehlung wert. 2012 ging es ihm in CHOCOLATE FIX (ThinkFun) um die richtige Positionierung von Pralinen. Aktuell will der Informatiker mit CODE MASTER Kindern die Strukturen von Programmausführungen näherbringen. Da geht es um einfache Abfolgen, aber auch um Zeitschleifen und „Wenn-Dann“-Verzweigungen.
Ein großer Plastik-Pixel-Ritter sucht den Ausgang aus einer Pixelwelt. Im Grunde genommen geht es ihm wie den Gefangenen in EXIT-Räumen, er muss Aufgaben lösen, um zu einem Portal zu gelangen. Meist sind unterwegs Kristalle einzusammeln, zusätzlich geben Aufgabenkarten vor, welche Farbwege dazu genutzt werden müssen. Auf einer Abenteuerschriftrollenlegende werden entsprechende Aktionsplättchen abgelegt, das entspricht der Programmierung der Ritterfigur. Wenn sie alles richtig durchläuft, die Kristalle einsammelt und beim Portal landet, dann war die Programmierung erfolgreich.
ThinkFun empfiehlt das Spiel für Kinder ab acht Jahren. Die 15 Aufgaben im Anfänger-Level schaffen auch Erstklässler gut. Unser siebenjähriger Enkel Zacharias, der gerade den Start ins zweite Schuljahr vollzieht, kommt auch mit den nächsten 15 Aufgaben für Fortgeschrittene klar. Dabei spielen einfache Wenn-Dann-Beziehungen schon eine Rolle. Die erreichte Anzahl der gesammelten Kristallplättchen gibt vor, wie der Weg weitergeht und ab wann das Portal betreten werden kann. Komplexer wird es bei den restlichen 30 Aufgaben, wenn mehrere Bedingungsplättchen ins Spiel kommen, das schafft er im Augenblick noch nicht.
Da mit der Ritterfigur alles abgegangen werden kann, wird die Programmierung nachvollziehbar und damit der Weg zum Portal erfahrbar. Erstaunlich ist aber, dass wachsende Komplexität nicht automatisch mit erhöhtem Spielspaß verbunden ist. Die Zeitschleifen versteht Zacharias zwar, aber sie reizen ihn nicht. Weshalb soll er mit der Figur noch eine identische Runde durchlaufen, um ein zusätzliches Kristall einzusammeln, wenn sich sonst nichts ändert? Da hängt sich der Wiederspielreiz in den Wiederholungsrunden auf.
Wissenschaftler wie Juraj Hromkovic, Professor für Informationstechnologie und Ausbildung an der ETH Zürich, sind der Überzeugung, dass das beste Einstiegsalter in die Welt des Programmierens zwischen neun und zwölf Jahren liege. CODE MASTER kann daher ein erster Schritt in der Heranführung sein. Plastischer und reizvoller wird es, wenn die Eingaben nicht nur per Hand überprüft werden, sondern die Effekte einfach ablaufen. Dazu bieten Lego und Fischertechnik Bausätze an, mit denen die Kinder kleine Roboter programmieren können. Auch das mit dem Toy Award 2016 ausgezeichnete KOSMOBITS geht diesen Weg. In dem im Herbst erscheinenden Experimentierkasten von Kosmos erlernen Kinder die Programmiersprache Arduino, mit der sie dann eigenständig Schaltungen programmieren können.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: CODE MASTER
Autor: Mark Engelberg
Verlag: ThinkFun, Vertrieb HCM Kinzel
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: ab 1 Spieler
Spielzeit: ca. 1 bis 30 Min.
Preis: ca. 25 Euro
Donnerstag, 15. September 2016
PERLENTAUCHEN
Die SPIEL in Essen beschert uns dieses Jahr über 1000 Aussteller, die Zahl der neuen Spiele wandert damit in Regionen, die überhaupt nicht mehr überschaubar sind. Auch auf dem deutschen Markt trauen sich immer noch Kleinverleger mit neuen Produkten. Vielversprechend vor allem die Edition Spielwiese aus Berlin mit COTTAGE GARDEN von Uwe Rosenberg. Müller-Mätzig Spiele aus Hamburg zeigt in Halle 4 das Kaiserkanal-Spiel DA YUNHE, ebenfalls in Halle 4 tritt erstmalig der Mogel-Verlag aus Rhede mit drei Kartenspielen an.
Eines davon ist PERLENTAUCHEN von den Verlagsgründern, der Familie Loth. Hinter den Moglern verbirgt sich eine große Gruppe von Freunden und Familienmitgliedern der Loths. Auf der Homepage lächeln sechs Damen und fünf junge Herren freundlich in die Kamera, wobei vier Brüder fast zwillinghaft daherkommen, mittendrin die jugendliche Mutter dieser Großfamilie, die auch an den Entwicklungen beteiligt ist. Die Freude am Spielen sieht man allen an. Der Elan, der hinter dieser großen Truppe steckt, wird sicherlich für mehr als drei Veröffentlichungen reichen.
PERLENTAUCHEN ist ein Ärgerspiel á la DRECKSAU. Jeder Taucher besitzt eine Auftragskarte, die festlegt, welche Perlen jeweils in einzelnen Tauchgängen unter den Muschelkarten gefunden werden müssen. In Vollbesetzung mit vier Tauchern sind es meistens vier bis fünf Perlen in ein oder zwei Farben. Dazu bergen und knacken die Taucher passende Muscheln. 25 Muschelkarten liegen dafür am fiktiven Meeresboden aus, darunter jeweils fünf gelbe, rote, grüne und blaue Perlen, außerdem eine in allen vier Farben leuchtende Jokerperle und vier stinkende Stiefel als Nieten.
Gesteuert wird PERLENTAUCHEN über 56 Aktionskarten, von denen jeder Taucher zwei auf der Hand hat und jeweils eine dritte zu Beginn seines Zuges zieht. 30 Karten beziehen sich auf das Bergen der Muscheln, mit dem die Taucher die Katze im Sack kaufen und verdeckt eine Muschel in ihre Auslage übernehmen, und das Knacken derselben. Damit werden die Karten umgedreht, was sowohl in der eigenen Auslage als auch in der Gesamtauslage auf dem Meeresboden durchgeführt werden darf. Hilfreicher sind da natürlich die sechs Karten, mit denen die Spieler beide Aktionen auf einmal vollziehen dürfen. Bei manchen Aufgaben ist von vornherein klar, dass Ärger nicht ausbleibt. Im dritten Tauchgang im Spiel zu viert muss der erste Taucher vier gelbe Perlen sammeln, der zweite zwei gelbe und drei rote. Da nur fünf gelbe Perlen im Spiel sind, brauchen wir Aktionskarten, die zu einer Lösung führen. Jeweils sechs Karten, die Optionen zum Tauschen und Klauen bieten, helfen hier weiter. Wer Pech hat, muss sich auch eine schon gesammelte Karte wegspülen lassen. Schließlich ist noch zweimal das Seebeben da, das zu einer neuen Auslage der Muschelkarten auf dem Meeresboden führt.
Sobald ein Taucher seine Aufgabe gelöst hat, ist das PERLENTAUCHEN für alle vorbei. Wer die meisten der vorher verabredeten Tauchgänge gewinnt, ist letztlich der erfolgreichste Taucher. Zum Eingewöhnen reichen daher vielleicht drei Tauchgänge, wer will, kann aber auch das Maximum von zehn auskosten.
PERLENTAUCHEN überzeugt als kleines Ärgerspiel, dessen Rundenergebnisse stets knapp ausgehen. Da alle wissen, was die gegnerischen Taucher sammeln müssen und wer der Hauptgegner in der aktuellen Runde ist, werden Führende meist ausgebremst. Es macht durchaus Sinn, anfangs einige nicht geknackte Muscheln vor sich zu sammeln, denn die werden nicht so leicht angegriffen. Anderseits lassen sich mit ihnen durchaus Tauschvorgänge abwickeln. Meine Spielrunden haben allerdings vermisst, dass es überhaupt keine Schutzmechanismen gegen Klauen oder Tauschen gibt. Auch die Rundenwertung hätten sie lieber bilanziert gehabt, sodass gesammelte Perlen für jeden noch angerechnet werden. Trotzdem überzeugt PERLENTAUCHEN als erste Spieleperle des neuen Verlags aus dem emsländischen Rhede. Die Kartengrafik ist gelungen, die Regel solide und der Spielspaß hält für mehrere Runden an.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: PERLENTAUCHEN
Autoren: Familie Loth
Verlag: Mogel-Verlag
Alter: ab 6 Jahren
Spielerzahl: 2 – 4 Spieler
Spielzeit: ca. 10 bis 60 Min.
Preis: ca. 10 Euro
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