Donnerstag, 10. November 2016
ARRASS
Seit mehr als zwanzig Jahren hat Karsten Adlung sein Kartenspielprogramm DIE KLEINEN erfolgreich auf dem Markt. Was mit Staupes SPEED begann, ist inzwischen auf über 100 unterschiedliche Kartenspiele angewachsen. Darunter so fantastische Vielspieler-Spiele wie VERRÄTER und MEUTERER, aber vor allem Ideen für Kindergärten, Vor- und Grundschulen, in denen es um differenzierte Wahrnehmung, Farberkennung, Konzentration und Motorik geht. Karsten Adlung weiß selbst ganz genau, was Hyperaktivität bedeutet. Mit Spielangeboten dagegen anzugehen, ist zu seiner Lebensausgabe geworden. Deshalb findet man Adlung zwar auch auf den Messen in Essen und Stuttgart, wichtiger sind ihm aber die Didacta, die Therapie in Leipzig oder Rehab in Karlsruhe. Hier findet er das Zielpublikum, das ihm besonders wichtig ist.
Dort wird ARRASS vom NIAGARA-Autor Thomas Liesching mit Sicherheit mit Begeisterung aufgenommen werden. Der Autor hat sich die bekannten vielfarbigen Aras aus Südamerika vorgenommen und spielt mit ihrem bunten Gefieder. Jeder von uns kennt den klassischen Gelbbrustara mit blauem Federkleid, goldgelber Brust und türkisblauem Nacken. Liesching konzentriert sich auf das Farbwechselspiel von Schwanz- und Flugfedern, Brustgefieder und Schnabelfarbe. Um genügend Verwirrung in die Vergleichbarkeit seiner Aras zu bringen, reichen ihm die Farben rot, blau und gelb.
48 bunte Papageien sind in der kleinen Spieleschachtel. Im Spiel zu viert, bekommt jeder Spieler 12 davon. Zwei Spieler decken ihre oberste Karte zeitgleich auf und legen die beiden Aras rechts und links neben einen Futternapf aus. Alle prüfen gleichzeitig die Farbübereinstimmungen und legen möglichst schnell eine ihrer Tippkarten mit den Werten 0 bis 3 auf den Futternapf. Danach wird überprüft, welche Körperteile farblich identisch sind. Die ersten beiden richtigen Tippgeber erhalten die ausliegenden Papageien als Siegprämie und dürfen die nächsten bunten Vögel aufdecken. Sobald ein Spieler keinen Ara mehr aufdecken kann, endet das Spiel sofort. Derjenige, der dann die meisten Vogelkarten vor sich liegen hat, ist der Gewinner.
Was sich mit dem Blick auf nur vier Körperpartien und drei Farben einfach anhört, ist es für Kinder ab fünf oder sechs Jahren anfangs gar nicht. Da wird oft der Schnabel vergessen, auch der Übergang von Schwanz- zu Flugfedern ist nicht immer einfach im Blick zu behalten. Fehler stören die Kleinen überhaupt nicht, sie wollen immer wieder neu die Bilder vergleichen. Das Schöne daran, die Konzentrationsfähigkeit nimmt mit den Spielen zu und auch die Trefferquote steigt. Wie üblich bei Adlung gibt es eine Reihe von Zusatzregeln, so auch eine für „Papageienpiepmätze“ ab vier Jahren, die auf die Hektik-Komponente verzichtet. Die grafische Umsetzung von Dennis Lohhausen ist gelungen, auch bei den Zählkarten ist an die Kinder gedacht, die die Zahlen noch nicht richtig beherrschen. Sie können Vogelkörner zählen.
Was mir nicht gefällt, sind die Spieldauerangaben und die doppelseitig bedruckten Zahlenkarten. In einer Spielrunde hatte ich einen pfiffigen Siebenjährigen, der sich einfach daran orientierte, welche Karte der erste auf den Fressnapf warf, er musste nur schnell die Karte mit der gleichen Rückseite als Zweiter unterbringen. Es wäre kein Problem gewesen, allen vier Karten mit den entsprechenden Werten und identischen Rückseiten zu geben, zumal zwei solcher Kartensätze für jüngere Spieler vorhanden sind. In der angegebenen Spielzeit von fünf bis zehn Minuten konnte ich in Vollbesetzung noch nie das Spiel beenden, mit zwanzig Minuten Spielspaß muss man schon rechnen, was aber kein Nachteil ist. Alles sind nur marginale Kritikpunkte an einem sonst sehr gelungenen Beobachtungsspiel.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: ARRASS
Autoren: Thomas Liesching
Verlag: Adlung Spiele
Alter: ab 6 (4) Jahren
Spielerzahl: 2 – 4 Spieler
Spielzeit: ca. 20 Min.
Preis: ca. 8 Euro
Mittwoch, 9. November 2016
NINJA ARENA
Oliver Schneider läuft und läuft und läuft. Auf der Spiel in Essen ist er von Donnerstag bis Sonntag in allen Hallen unterwegs gewesen, er dürfte der einzige Aussteller sein, der in jedem Gang war, stets stolz sein Spiel NINJA ARENA vor sich her tragend. Wie in einem Bauchladen präsentierte er die Kampfarena aus Holz und sorgte so für einen ständig umlagerten Stand in Halle 4.
Eigentlich kümmert Schneider sich mit seiner Firma 2mt Software Solutions im hessischen Fronhausen um Hard- und Softwareprobleme, bietet professionelle Webauftritte an und verkauft die passende Hardware. Entsprechend perfekt kann er nun auch seine erste Spielidee vermarkten.
Zusammen mit Rainer Schoof hat Oliver Schneider ein NINJA Kampfspiel entwickelt. Wichtig war dabei den beiden Autoren von Anfang an eine plastikfreie und in Deutschland gefertigte Umsetzung. 2mt Games bietet uns daher nicht nur ein Buchenholzbrett als Arenafläche, sondern auch viele Holzwürfelteile, die eine variable Arenengestaltung zulassen. Für vier Zinnfiguren haben die Autoren und ihr Team selbst Pose gestanden. Als Steuermotor für NINJA ARENA sind Würfel in einem Jutesäckchen enthalten, die für einen strategischen Spielablauf sorgen. Was paradox klingt, klappt aber vorzüglich, denn jeder darf sich beispielsweise im Grundspiel drei von vier Würfeln so einstellen, wie er es möchte.
Damit planen wir Bewegungsschritte und Aktionen ganz ähnlich wie bei der Programmierung der Mitfahrenden im COLT EXPRESS. Die Ninjas stürzen sich von den Seitenfeldern aus ins Kampfgetümmel. Für den Bau der Arena macht der Verlag viele Vorschläge, der Start ins Spiel kann aber auch mit einem abwechselnden eigenen Aufbau beginnen. Jeder erhält eine Charakterkarte mit zehn Lebenspunkten, die, dem ökologischen Grundgedanken folgend, mit kleinen Wäscheklammern angezeigt werden. Zusätzlich erhält jeder zwei Waffenkarten mit Schwertern und Wurfsternen, je zwei rote und blaue Aktionswürfel und einen Anwendungswürfel.
In der Planungsphase stellen die Spieler hinter der Hand drei ihrer vier Farbwürfel ein. Wer als erster fertig ist, schnappt sich einen Initiativmarker, der bei gleichen Entscheidungen die Zugreihenfolge regelt. Man muss dabei nicht immer nach der „1“ greifen, denn die eigene Planung kann auch bewusst auf Reaktionen eingestellt sein. Entsprechend der drei Würfel gibt es drei Aktionsrunden. Wobei in jeder Runde rote Würfel für schnelle Aktionen vor den blauen Würfeln abgehandelt werden. Haben mehrere Spieler gleichzeitig rote oder blaue Würfel gewählt, entscheiden die Initiativmarker über die Reihenfolge. Die roten Würfel bieten Bewegungsmöglichkeiten in Blickrichtung der Figur und Drehungen um 90 und auch 180 Grad. Wer einen Angriff erwartet, kann sich schützen oder gleich kontern. Mit roten Würfeln bewegt man sich nur in einer Ebene, erst die blauen machen Auf- und Abstiege möglich, mit einer Rolle kommt man sogar gleich zwei Felder weiter und kann diagonal gehen beziehungsweise Gräben springend überwinden. Die blauen Aktionswürfel enthalten zusätzlich Angriffskomponenten im Nahkampfbereich mit dem Schwert und im Fernkampf mit dem Wurfstern. Ungeschützt bringt die Schwertattacke vier Schadenspunkte, kontert der Gegner, kostet das nur die Hälfte an Schaden und fügt zusätzlich dem Angreifer einen Schadenspunkt zu. Wurfsterne hat jeder anfangs sechs zur Verfügung, der Verbrauch wird über den Anwendungswürfel auf der entsprechenden Karte angezeigt. Unverdeckte Ziele können stets von einem Wurfstern getroffen werden, was zwei Schadenspunkte zur Folge hat. Die rote Aktion „Verbergen“ schützt allerdings vor diesem Fernangriff. Für den Schlusskampf kann die direkte Konfrontation wichtig werden. Wenn Ninjas auf einem Feld landen würden, erhalten sie je nach Positionierung ihrer Figur null bis zwei Schadenspunkte. Verliert ein Ninja seinen letzten Lebenspunkt, wird er aus dem Spiel genommen. Im Spiel zu dritt oder zu viert geht es dann weiter, bis nur noch ein Kämpfer in der Arena steht, was im Grundspiel nach 20 bis 30 Minuten eintritt. Zweierpartien können auch viel schneller beendet sein.
Wem das nicht reicht, der kann die weißen Sonderwürfel für „langsame Aktionen“ hinzunehmen, mit denen Spezialfähigkeiten der Ninjas aktiviert werden, neue Waffen und neuer Waffeneinsatz hinzukommen. Schließlich gibt es für die ganz geübten Kämpfer in der NINJA ARENA dann auch noch Profiregeln.
Die Regeln des Grundspiels sind einigermaßen schnell verinnerlicht. Am Anfang ist der Blick auf die Rückseite des umfangreichen Regelhefts mit der Aktionsübersicht zwar manchmal noch nötig, aber die 12 Symbole prägen sich recht gut ein. Das Kampfgeschehen ist durch seine Programmierung in Dreierschritten gut planbar und immer wieder spannend in der Auflösung, wenn sich die Hände vor den Würfeln heben. Da ist dann viel Psychologie im Spiel, vor allem dann, wenn es schnell gelingt die Wurfsterne des Gegners an sich abprallen zu lassen, sodass seine Aktionsmöglichkeiten im Fernkampf eingeschränkt werden. So ein bisschen hat man wirklich das Gefühl, wie in COLT EXPRESS an einem Filmskript mitzuwirken, bei dem es dann nach schnellem Würfeldrehen stets „Film ab!“ heißt, wenn die Aktionen in Folge abgespult werden. Wir haben hier zwar keinen 3D-Zug, in oder auf dem wir uns bewegen, aber die Holzarena mit ihren Ecken, Nischen und Türmen bietet durchaus auch Atmosphäre.
Die soll nun sogar viel professioneller werden. Besitzt die Ursprungsfassung noch den Charme eines handgefertigten Prototypens, obwohl immerhin rund 250 NINJA ARENAS über den Verlagstresen gingen, soll die zweite Auflage höheren Standards genügen. Schoof und Schneider haben sich dazu einen äußerst kompetenten Holzproduzenten mit ins Boot geholt. Die Spielbretter und Holzsteine sollen demnächst in der Holzmanufaktur Ludwig Gerhards im Westerwald gefertigt werden. Die zurzeit auf den Messen gezeigten ersten Exemplare sehen hervorragend aus. Ob es zu dieser Umsetzung kommen wird, hängt aber vom Erfolg der Kickstarter-Kampagne ab, die am 21. November ausläuft. Bei aller Liebe zum Jutesack und selbstgebrannten Würfeln, der Kampfarena stünde ein professionelleres Aussehen gut zu Gesicht. Insofern ist zu hoffen, dass die Jungs aus Fronhausen am 21. November die Sektkorken knallen lassen. Ich empfehle dazu den Riesling Sekt aus ökologischem Anbau von Peter Mentges.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: NINJA ARENA
Autoren: Rainer Schoof und Oliver Schneider
Verlag: 2mt Games
Alter: ab 12 Jahren
Spielerzahl: 2 – 4 Spieler
Spielzeit: ca. 20 bis 30 Min.
Preis: ca. 75 Euro
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