Freitag, 30. April 2021
AMAZONAS
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Taktisches Familienspiel von Haba: AMAZONAS
Wer die gelben Kinderspielschachteln von Haba gewohnt ist, reibt sich erstaunt die Augen, ob der grünen Verpackung und der Altersangabe ab zehn Jahren. Haba macht mit Spielen wie TIMBERLAND von Klaus Teuber und EULENZAUBER von Erich Manz Ravensburger, ASS und F.X. Schmid Konkurrenz. 1992 hat es die Firma aus Bad Rodach erstmalig mit DONNERWETTER von Peter Lewe auf die Empfehlungsliste der Jury Spiel des Jahres gebracht. Man darf gespannt sein, wie sich das Nachfolgerspiel AMAZONAS von Klaus Hartinger und Arno Miller im nächsten Jahr schlagen wird.
Das Autorenteam versetzt uns auf einem großen Spielplan in das Überschwemmungsgebiet des Amazonas. Jaguar, Faultier, Ameisenbär und Tapir müssen mit der Unberechenbarkeit des Flusses klarkommen und ihn auf dem Weg zu den jeweiligen Ruheplätzen sicher überqueren. Im Duell auf eigenem Spielplan bekommt jeder fünf Tiere, zu dritt und zu viert sind es nur jeweils drei.
Gesteuert wird dieser Weg durch Würfel. Im Familienspiel sind es deren drei, zwei 6er Würfel und ein gelber Spezialwürfel, der den Lauf des Amazonas verändert und vor allem durch Holzstämme den Brückenschlag über Flussteile ermöglicht, der den Tieren bei Querungen hilft. Die Punktewürfel dienen ganz simpel der Fortbewegung der Tiere, Paschwerte verdoppeln den Zug. Auf die MÄDN-Eigenschaft des Herauswerfens verzichten die Autoren leider nicht, so ist man in der Nähe gegnerischer Tiere nie sicher, zumal man zu viert sich wegen querender Wege nie aus dem Weg gehen kann. Immerhin können zwei eigene Figuren auf einem Feld nicht geschlagen werden. Sobald ein Spieler alle drei oder fünf Tiere in seinen Ruhebereich gebracht hat, endet das Spiel.
Für fortgeschrittene Spieler lässt Haba mit einem anderen Spezialwürfel die Bildung von Pfützen zu, sogar ein kleiner Nebenfluss zum Amazonas kann dadurch entstehen. Diese Variante zeigt auf dem Würfel aber nur noch einmal den wichtigen Brückenschlag an.
Auch dieses Spiel überzeugt wie die meisten Spiele von Haba durch hervorragendes Spielmaterial. Die ausufernde Wasserfläche des Flusses ist eine reizvolle Idee, deren Querung aber durchaus etwas Zeit benötigt. Besonders dann, wenn man oft vom Spielplan gekegelt wird und mit seinen Tieren wieder von vorn beginnen kann. Durch diese Regel nähert sich Hartingers und Millers Idee zu sehr dem klassischen Laufspiel von MENSCH ÄRGERE DICH NICHT (MÄDN), was eine Auszeichnungswiederholung nach DONNERWETTER eher unmöglich macht.
Titel: AMAZONAS
Autor: Klaus Hartinger, Arno Miller
Grafik: Walter Matheis
Verlag: Haba
Spieler: 2-4
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 45 Minuten
Preis: ca. 50 Euro
Spiel 6/1992 R73/2021
Die Rezension erschien 1992
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Von Klaus Hartinger und Arno Miller hat man als Spieleerfinder nur bei diesem Spiel etwas gehört.
Der 61jährige Arno Miller, hauptberuflich Journalist in Bregenz/Österreich, blieb aber vor allem als Spielekritiker der Szene treu. Er gründete die Fachzeitschrift "Die Spielwiese", die 2005 in das Internetportal spielwiese.at überging. Arno Miller ist seit vielen Jahren Sprecher der Jury von Graf Ludo, dem Designpreis der Leipziger Spielemesse.
Das Bild zeigt Arno Miller 2000 auf dem Spieleabend der Jury Spiel des Jahres in Essen.
Donnerstag, 29. April 2021
ISIS SÜSSE SÜNDE
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Wider das Schlemmen: Isis – Süße Sünde
Eigentlich wissen wir doch inzwischen alles über gesunde Ernährung. Journale wie der Focus sind zu unseren Ernährungsberatern geworden und halten uns zum Stäbchen-Gehen, neudeutsch Nordic-Walking genannt, an. Und trotzdem locken immer wieder süße Sünden. Der Verführungen sind viele, kein Wunder, dass sich der Werbefachmann Raimund Wybranietz auf die Verführungskraft der Göttin Isis verlässt, der ägyptischen Liebesgöttin. Isis hat aber auch ihre dunklen Seiten, sie gilt als Göttin der Toten. Zwischen Skylla und Charybdis, so kommt man sich bei ihr vor. Auf das ägyptische Ambiente ist der Autor wahrscheinlich nur deshalb gekommen, weil er in seinem Spiel ISIS SÜSSE SÜNDE von den Vorgaben einer Ernährungspyramide ausgeht.
Noch nie etwas davon gehört? Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) arbeitete mit einem Pyramidenmodell für ausgewogene Ernährung. Die Pyramidenabschnitte stellen die Lebensmittelgruppen dar, aus denen wir unsere Speisen zusammenstellen. Täglich sollte jeder etwas aus jeder Gruppe essen. An der Spitze der Ernährungspyramide stehen die kalorienreichen Nahrungsmittel, wie Schokolade, Nüsse und Öle und Fette. Diese sollten nur in geringen Mengen aufgenommen werden. In der zweiten Ebene findet man die Lebensmittelkategorien, Fisch/Fleisch und Milch- und Käseprodukte. Auch auf dieser Stufe ist kontrolliertes Essen notwendig. Dagegen können in der 3. und 4. Stufe mit Gemüse, Obst und Getreideprodukten wie Reis, Brot, Nudeln und Kartoffeln unbedenklich gesündigt werden. Hier nehmen wir Nahrungsmittelbestandteile wie Vitamine, Spurenelemente und Kohlenhydrate zu uns. Wichtig ist die Flüssigkeitszufuhr, zwei Liter pro Tag sind erforderlich, zu viel Kaffee und alkoholische Getränke sollten nicht sein.
Die Ernährungspyramide gilt es im Spiel zu füllen. Zwei bis vier Spieler, die durchaus schon jünger als die vorgegebenen zehn Jahre sein dürfen, treten an, um in der Tempelanlage der Isis die Speisekammern nach den richtigen Speisen zu durchsuchen. Jeder führt einen fleißigen Diener durch diese Anlagen. Ausgestattet mit einer Ernährungspyramide, acht Schlüsseln zum Öffnen der Kammern, würfeln die Spieler sich durch das Pyramidenlabyrinth. Jeder besitzt zusätzlich noch eine Isis-Figur, die auf einer Zählleiste die aktuelle Kalorien-Bilanz anzeigt. Der Spieler, der es als erster schafft, alle 15 Pyramidenfelder zu füllen und im Zielbereich um die 2000 Kalorienpunkte mit seiner Isis zu sein, gewinnt das Spiel nach meistens einer guten Stunde.
Natürlich ist ISIS SÜSSE SÜNDE erst einmal nur ein simples Würfelspiel. Die Anlage der Gänge, die frei zu wählenden Richtungen lassen aber viele Bewegungsmöglichkeiten zu. Auch die Aufnahme der Ernährungskarten, die bestimmten Farbfeldern zugeordnet sind, geschieht zufällig. Man kann nicht steuern, ob man eine Schale Erdbeeren (80 kcal) oder eine halbe Ananas (180 kcal) zu sich nimmt. Die Schlangenfelder sollte man tunlichst meiden, denn diese verführen zu extremen süßen Sünden, so dass meist ein Drittel der maximalen Kalorienmenge schon erreicht wird. So schlagen Köstlichkeiten, wie Trüffelpralinen, denen ich auch im richtigen Leben kaum widerstehen kann, gleich mit 700 Kalorien zu Buche. Wie gut, dass es die Sportfelder gibt, die sich einigermaßen gezielt ansteuern lassen. Da baut eine Stunde Brust-Schwimmen die Bilanz gleich wieder um 1200 Kalorien ab. Interaktiv sind die Rachefelder zu verstehen, die meist dem Gegner Unheil bringen und den scheinbar nah geglaubten Sieg erst einmal verhindern helfen.
ISIS SÜSSE SÜNDE transportiert en passant eine Menge Wissenswertes über Ernährung, der Spielspaß bleibt dabei nicht auf der Strecke. Erwarten Sie kein hochkomplexes Spiel, aber ein vergnügliches. Hochkomplex sind höchstens die Ernährungszusammenhänge. Der Materialaufwand, den Wybranietz für sein Spiel betreibt, ist beträchtlich. 230 Nahrungsmittelkärtchen liegen ihm bei, keine kleinen Counter, sondern große Kärtchen, die ihren Platz auf der aufstellbaren Pyramide finden. Die grafische Gestaltung ist gefällig, das Schachtelcover eindrucksvoll. Der Vorbereitungsaufwand vor jedem Spiel ist beträchtlich. Da die Kärtchen alle nur in einem Leinenbeutel untergebracht sind, müssen jedes Mal Gemüse, Getreide, Obst und die süßen Sünden nebst den Ereigniskarten aufwändig sortiert werden. Die Regel ist gut strukturiert und lässt keine wesentlichen Fragen offen. Insgesamt ist dem Autor Raimund Wybranietz ein erstaunlich professionell gemachter Spieleerstling gelungen, bei dem nur die Preisgestaltung problematisch scheint. Mit 40 Euro, bei der Kleinauflage sicherlich eine realistische Kalkulation, hat der Verlag CommonGame Grenzen überschritten, die den Absatz schwer werden lassen.
Das aktuellste Modell der DGE ist im Übrigen nicht mehr die zweidimensionale Dreieckspyramide, sondern eine dreidimensionale Lebensmittelpyramide, die vielschichtiger der gesunden Ernährung gerecht wird. Die verbraucherfreundliche Darstellung könnte zu einer kleinen Revolution an den Frühstückstischen führen, so die Erwartung von Bundesverbraucherschutzministerin Renate Künast, die das neue Modell im März 2005 der Öffentlichkeit vorgestellt hat. Eigentlich eine Herausforderung für Raimund Wybranietz für eine notwendige Erweiterung seines Spiels: Wir warten auf ISIS II, vielleicht mit kleineren Pyramiden und günstiger kalkuliert.
Titel: Isis – Süße Sünde
Autor: Raimund Wybranietz
Grafik: Steffen Winker
Verlag: CommonGame (www.commongame.de)
Spieler: 2-4
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 30 bis 90 Minuten
Preis: ca. 40 Euro
Spiel 11/2005 R72/2021
Die Rezension erschien 2005 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Für Raimund Wybranietz war es das erste und gleichzeitig letzte Spiel, das er mit CommonGame veröffentlichte. Immerhin kann er einen ersten Platz beim Deutschen Lernspielpreis vorweisen, den er 2005 gewann. Damals war er Konkurrent von dem Spieltrieb Spiel ENERGIE 21, das ich gestern vorgestellt habe.
Das Bild zeigt den Autor bei seiner Erstvorstellung des Spiels in Göttingen 2004.
Dienstag, 27. April 2021
GOLD DER INKA
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Schiebepuzzle im Inka-Tempel
Tobias und Roland Goslar waren bisher auf Rautenspiele abonniert, eigentlich wäre Harald Lieskes Spieleerstling, das GOLD DER INKA, etwas für die Kronberger Kleinverleger gewesen, aber Queen Games(ALHAMBRA) hat den Zuschlag bekommen. Das Spiel für zwei bis vier Personen hat zwar ein Thema, Schatzsuche in einem Inkatempel, stellen Sie sich dieses aber bitte nicht real umgesetzt vor. Wahrscheinlich sucht eher Indiana Jones spielerisch nach Inka-Schätzen, denn der Inka-Tempel, ein sechsteiliger Spielplan, lebt von beweglichen Bodenteilen. Korrekt beschrieben ist das GOLD DER INKA ein intelligentes Schiebepuzzle mit Rautenteilen.
Im Zentrum des Tempels befinden sich Zielrauten mit je drei Inka-Statuen, die die Spieler zu bergen versuchen. Der Weg dorthin ist beschwerlich, da er über viele Abgründe führt. Mit 13 beweglichen Wege-Rauten können diese aber überbrückt werden, wobei allerdings Mauern und Schlangen Zusatzhindernisse darstellen. Spielzüge der Spieler sind in vier Phasen unterteilt, für die drei Aktionspunkte zur Verfügung stehen. In der ersten und letzten Phase wird kostenfrei ein Blockadestein entfernt bzw. gesetzt. Wichtiger ist die zweite und dritte Phase, in der die Rauten und die Schatzsucher bewegt werden können. Auf dem in dreieckige Spielfelder unterteilten Spielfeld dürfen die Rautenteile beliebig frei verschoben und über eine Ecke gedreht werden. Hindernisse oder Überschneidungen beim Schieben oder Drehen beenden einen Zug. Die Spielfiguren können unter Beachtung der Hindernisse beliebig weit ziehen, jedes Überschreiten einer Schlange kostet allerdings einen Aktionspunkt. Sonderfelder ermöglichen eine Art Teleportation, aber auch die Bewegung der Zielrauten. Wer so als erster an die Statuen kommt und schließlich mit drei Figuren den Ausgang erreicht, gewinnt das Spiel.
Beachtlich: In der kleinen, preiswerten Schachtel steckt ein großes Spiel. Das Material ist solide, das Schiebepuzzle funktioniert gut, die Grafik, für die der Autor selbst verantwortlich zeichnet, ist gelungen.
Bedenklich: Der Grübelfaktor. Drei Aktionspunkte wollen sinnvoll verteilt werden, bei der Vielfalt der Schiebe-, Dreh- und Bewegungsmöglichkeiten dauert das ganz schön lange. Im Spiel zu viert eindeutig zu lang. Hinzu kommt, dass vorbereitende Planung fast unmöglich ist.
Bedeutend: Die intelligente Herausforderung des Schiebelabyrinths. Lieske kommt damit zwar nicht an das Kobbertsche VERRÜCKE LABYRINTH heran, liefert aber reizvollen Spielspaß besonders für zwei Schatzsucher in seinem Inka-Tempel.
Titel: GOLD DER INKA
Autor und Grafik: Harald Lieske
Verlag: Queen Games
Spieler: 2-4 (am besten 2)
Alter: ab 8 Jahren ( besser ab 10 Jahren)
Spieldauer: 30 bis 60 Minuten
Preis: ca. 15 Euro
Spiel 9/2005 R70/2021
Die Rezension erschien 2005 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der 46jährige Harald Lieske ist eigentlich eher als Spiel-Illustrator bekannt, weniger als Spieleautor. Er ist so etwas wie der Hausgrafiker von Friedemann Friese, auch für Spielworxx macht er viele Spiele
Zum Abschluss seines Designstudiums hatte er aber zwei Spiele entwickelt, von denen eines DAS GOLD DER INKA war.
Neben den Arbeiten Michael Menzels gehören die von Harald Lieske für mich zu den bemerkenswertesten der 00er Jahre. Die Arbeitsweise der beiden Grafiker könnte unterschiedlicher nicht sein: Menzel ist ein Perfektionist am Grafiktablett, Lieske vertraute anfangs ganz klassisch Stift und Pinsel. Seine Entwürfe entstanden ganz originär auf Papier.
2007 gelangte es ihm noch einmal , ein Spiel als Autor und Grafiker bis zur Endfertigung zu bringen. Winning Moves veröffentlichte das 2004 entwickelte Wetterspiel WIND UND WETTER.
Das Bild zeigt Harald Lieske 2004 auf dem Autorentreffen in Göttingen mit einem Vorläufer des Spiels.
Samstag, 24. April 2021
GESCHICKT GESTECKT
GESCHICKT GESTECKT
Im Schatten der erfolgreichen Flügelschläge der 170 Startvögel in WINGSPAN wuchs im Hargravschen Erfindergärtchen noch ein Strauß bunter Blumen heran. Die Masse macht es weniger in dem Spiel, Hargrave beschränkt sich nämlich auf 18 Sorten, aber die Klasse der Autorin zeigt sich auch schon in diesem kleinen Kartenspiel.
TUSSIE MUSSIE nannte sie ihr blumiges Spiel, in viktorianischer Zeit ein kleines Blumenarrangement aus duftenden Kräutern und Blüten. Ursprünglich gedacht, um den Träger vor schädlichen Gerüchen zu schützen, die durch die schlechten Bade- und Hygienebedingungen in früheren Jahrhunderten hervorgerufen wurden, blieb es wegen seines Charmes beliebt.
In Deutschland eher unbemerkt, schaffte es das kleine Spiel sogar zur hauseigenen Konkurrenz um das beste Kartenspiel 2019 auf BGG. Gegenüber 170 Vögeln hatten die 18 Blumen zwar keine Chance, aber für beide Erstlinge Nominierungen in den USA zu erreichen, war ein beachtlicher Erfolg.
Seit wenigen Wochen liegt eine deutsche Ausgabe von TUSSIE MUSSIE vor. Der Titel blieb leider nicht erhalten. Wegen der deutschen Neigung zu Alliterationen müssen wir mit GESCHICKT GESTECKT vorliebnehmen. Immerhin steckt in der kleinen Schachtel von Frosted Games nicht nur die damalige Fassung für zwei bis vier Spieler, sondern auch eine Solo-Variante für Blumenarrangeure.
Hargraves Idee, kleine Arrangements von Blumen zu erstellen, gehört zum Genre der Mikro-Games. Am Ende von vier Kartenverteilungsrunden besitzt jeder vier Blumenkarten, teilweise offen, teilweise verdeckt, die durch Wechselwirkungen und Punkteherzchen über Sieg oder Niederlage entscheiden. Gespielt wird über drei Runden.
Hargraves mechanischer Kniff bei der Konstruktion des Spiels geht von Randolphs „Kuchenregel“ aus, die er erstmalig für TWIXT entwickelte. Das „Ich teile den Kuchen und du wählst“, nutzt die Autorin für die Kartenverteilung. Im Wechsel nehmen die Spieler zwei Karten auf. Eine davon müssen sie dem Gegner offen anbieten, die andere verdeckt. Je nach Wahl kommen sie dann entsprechend offen oder verdeckt in das Arrangement des TUSSIE MUSSIE. Offene Karten werden als „Strauß“ definiert, verdeckte als „Erinnerung“, was wertungstechnische Bedeutung haben kann.
Unabhängig von offener oder Erinnerungskarte zählen am Ende Herzen auf den Karten Siegpunkte, die findet man auf knapp der Hälfte der Karten. Dann gibt es Farbwertungen für lila, rosa und rote Blumen, für bestimmte Positionen im Arrangement und für Sträuße und Erinnerungen. Die Ringelblume führt sogar zur Entfernung einer Blume. Ähnlich wie in FLÜGELSCHLAG hat sich die Autorin hier im Bereich der Flora vorher kundig gemacht und denkt auch an die Konnotation, die beim Verschenken bestimmter Blumen mitschwingen. Die „Goldblume“ nimmt man neben dem Gänseblümchen klassischerweise für die Frage, ob er mich liebt oder doch nicht liebt.
In der Schachtel stecken neben den 18 liebevoll von Beth Sobel illustrierten Blumenkarten, sechs Solospielkarten für ein Duell mit einer fiktiven Konkurrentin, außerdem eine Übersichtskarte mit einem Glossar und einer Erläuterung einiger spezieller Karten. Nach der Regel für drei oder vier Spieler wird die Kartenverteilung einfach durch Angebote im und gegen den Uhrzeigersinn vorgenommen.
Für das kleine, seichte Tischduell bietet GESCHICKT GESTECKT kurzweilige Unterhaltung mit reizvollen Bluff-Phasen. Alles geht schnell, drei Spiele mit insgesamt zwölf Entscheidungen dauern gerade einmal 15 Minuten. Die Spannung bei der Kartenauswahl trägt, führt auch zu Emotionen am Spieltisch, bietet aber keinen langfristigen Spielspaß. Da würde ich mir dann aber doch eine deutliche Pflanzenerweiterung im Hargravschen Garten wünschen, der die Ärgerfaktoren verstärkt und mehr Abwechslung in die Arrangements bringt. Trotzdem ist es ein stimmiger Ansatz, in dem Hargrave an die ursprüngliche Bedeutung von „durch die Blume sprechen“ erinnert.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: GESCHICKT GESTECKT
Autorin: Elisabeth Hargrave
Grafik/Design: Beth Sobel, atelier 198
Verlag: Frosted Games
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 1-4
Spielzeit: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 9 Euro
Spiel 28/2021
Freitag, 23. April 2021
EXKLUSIV
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Exklusives taktisches Legespiel
Edel sei das Spiel, einfach und gut. So könnte der Leitspruch für fast alle Spiele von Niek Neuwahl lauten. In einer Minute erklärt, mit großer Spielspannung versehen und einem hohen ästhetischen Anspruch an das Spielmaterial. Das sind Spiele, die holt man nicht nur wegen ihrer intellektuellen Herausforderung hervor, sondern auch wegen der haptischen und optischen Reize.
Der in Florenz lebende Holländer Neuwahl liebt das Spiel mit geometrischen Formen. Durch äußerste Reduktion zur Perfektion gebracht hat er es in dem Holzinselspiel 1-STEIN & CO. (2003), wo er aus simplen identischen Quaderspielsteinen ein hochkomplexes Spiel entwickelt. 2005 bietet er mit dem Zweipersonenspiel EXKLUSIV eine etwas vertracktere Spielsteinform an. Ein spielplanfeldgroßes Quadrat ist mit einem rechtwinkligen Dreieck verbunden, dessen Hypotenuse sich über zwei Spielplanfelder erstreckt. Dieses an einen Pferdekopf erinnernde Gebilde ergibt beim Ablegen häufig Aussparungen, um die es letztlich in dem Spiel geht.
Auf dem quadratischen Spielfeld mit 9x9-Feldern versucht jeder Spieler maximal 16 dieser Spielsteine unterzubringen. Beachtet werden muss nur, dass die quadratischen Formen immer in einem Spielplanquadrat liegen und die neuen Steine Kontakt zu einem gelegten Stein besitzen müssen. Es wird abwechselnd gelegt, dabei versuchen die Spieler, Flächen, die von eigenen Steinen umschlossen sind, ohne dass ein gegnerischer Stein noch hineinpasst, zu bilden. Dafür gibt es Punkte, ganze Quadrate bringen zwei, halbe einen Punkt. Zur Abrechnung werden entsprechend der Punktwertung Zählsteine verwendet, die in die gewonnenen Felder gelegt werden. Sobald ein Spieler, nach schellen 10 bis 15 Minuten, keinen Stein mehr legen kann, endet das Spiel und es gewinnt derjenige, der die meisten Flächen für sich verbuchen konnte.
Auf dem Spielbrett von EXKLUSIV entwickelt sich in dieser Viertelstunde bei gleichwertigen Spielern meist ein spannendes Ringen um die Flächen mit knappen Spielausgang. Sollten die Spieler mehr für sich und weniger gegen den Mitspieler agieren, reichen die Zählsteine manchmal nicht aus, weil zu viele exklusive Flächen gewonnen werden. Bei der kurzen Spieldauer sollte man mindestens zwei Partien mit wechselndem Startspieler ansetzen. Die kurze, aber ausreichende Spielregel schlägt sogar Serien mit fünf und mehr Spielen vor. Für Liebhaber abstrakter Spiele sicherlich keine Zumutung, sondern eine Herausforderung, der man sich immer wieder gern stellt. Das Spielmaterial erfüllt die anfangs formulierten hohen Ansprüche, untergebracht ist es in einer gefalteten Wellpappenschachtel. Einzig die Regel könnte etwas edler daher kommen, denn der Preis ist auch exklusiv. Mit knapp 30 Euro bewegt sich das Spiel an der Schmerzgrenze.
Wieland Herold
Titel: EXKUSIV
Autor: Niek Neuwahl
Verlag: Rombol, Friedrich-List-Strasse 65, 33100 Paderborn (www.rombol.de)
Spieler: 2
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 30 Euro
Spiel 14/2004 R69/2021
Die Rezension erschien 2004 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der 1944 im niederländischen Zoeterwoude geborene Nicolaas Neuwahl wollte und sollte als Architekt eigentlich einen eher sicheren Berufsweg einschlagen. Erst als er Mitte der 70er Jahre mit seiner italienischen Frau in die Nähe von Florenz zog, erfuhr er, nach dem Verkauf der schwiegerväterlichen Firma, einer Fabrik die Waagen herstellte, und seinem Eintritt in eine Geschenkartikelfirma, dass man spielend gutes Geld verdienen kann. Der auf Werbeprodukte spezialisierten Firma gelangen hervorragende Umsätze mit dem einfachen KLAPPENSPIEL, das er 1984 als SHUT THE BOX sogar als Lizenzausgabe bei MB unterbringen konnte.
Finanziell hat er das meiste Geld über Werbespiele verdient, wahrgenommen wurde er zuerst für die vielen Spiele bei Peri und seinen Erfolg mit AZTEC, später kam noch die Auszeichnung für TA YÜ (Kosmos, 1999) dazu und Würdigungen für TOSCANA (Piatnik, 2001).
Niek Neuwahl engagierte sich zusätzlich, um uneigennützig für die Verbreitung des Kulturguts Spiel und für Interessen der Spielautoren einzutreten. So hat er von Anfang an die Arbeit der Spielautoren Zunft (SAZ) wohlwollend begleitet und war von 1997 bis 1999 Vorsitzender der Zunft. Während dieser Tätigkeit konnte er besonders den internationalen Anspruch der SAZ betonen. In Italien unterstützte er als Juror die Arbeit des inzwischen auch über die italienischen Grenzen hinaus bekannten Autorenpreises „Premio Archimede“, der seit 1993 vergeben wird. Daneben gehört er mit zum Patronat der international bekannten „Board Game Studies“. 2004 erhielt er während des 23. Göttinger Spieleautorentreffens den Inno-Spatz für sein Lebenswerk.
Das Bild zeigt Niek Neuwahl auf dem Autorentreffen in Göttingen 2002.
Donnerstag, 22. April 2021
DROLL!
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Partner wechsele dich! DROLLl!
Ein echter Luftikus scheint ein Studienrat aus Amberg zu sein, der sich nicht nur seinen Aufgaben als Englisch-Lehrer widmet, sondern sich auch noch an der spielerischen Umsetzung klassischer Lektürestoffe versucht. Vielleicht war es ihm irgendwann zu langweilig, „A Midsummer Night’s Dream“ zum x-ten Mal mit einem Englisch Leistungskurs durchzukauen. Die theatralische Umsetzung lockt auch kaum noch Schüler hinter der Schulbank hervor, also musste ein Spiel erfunden werden. Inwieweit sich Partner- und Rollentausch bei erfahrungsgemäß mädchendominanten Englischkursen schulisch wirklich umsetzen lassen, oder ob die bairische Kultusbehörde eigentlich gegen ein „in-teames“ Spiel an der Schule einschreiten müsste, lassen wir mal dahin gestellt. Georg Luft, so heißt der Anglist passend, hat sich jedenfalls mit Puck und Elfen eingelassen und ist seit 1999 unter die Spielentwickler gegangen.
Dass es ein langer Reifeprozess bis zu endgültigen Spielegeburt sein kann, musste der Amberger Autor ebenfalls erleben. Dabei ging er den Weg der meisten jungfräulichen Autoren. 2002 machten sich zehn mühsam hergestellte Prototypen auf den Postweg zu renommierten deutschen Verlagen. Fast zwei Jahre dauerte es, bis der letzte Rückläufer eintraf. Die Einschätzung war einhellig: Zu kompliziert, kein Markt für die Spielidee vorhanden, eine zu eingeschränkte Zielgruppe. Luft nahm sich die Kritik zu Herzen. Aus der ursprünglichen Spielidee, die sich ausschließlich an zwei erwachsene Paare richtete, wurde eine Kinderspielfassung ab fünf Jahren, ein weniger lyrisches Familienspiel ab zehn Jahren und die alte, aber deutlich überarbeitete Romantikfassung, fast identisch mit dem Familienspiel, für zwei bis drei verliebte Paare. Georg Luft resümiert in seiner Leidens- oder Erfolgsgeschichte über den Entstehungsprozess des Spiels: „So wurde innerhalb eines Jahres aus einem Spiel mit einer kleinen Zielgruppe ein Spiel, das ein große Publikum anspricht. Innerhalb von fünf Jahren wurde aus einem Geistesblitz ein wunderbares Spiel.“
Prüfen wir diese Werbeaussage, ob er erfolgreich „von Spiel zu Spielen fortgezogen“ (Helena im Sommernachtstraum) ist oder ob letztlich Philostrats Aussage gilt: „Kein Spieler weiß Bescheid“. Optisch wirkt Lufts Sommernachtstraum-Adaption, die er, weil es toll klingt, DROLL! genannt hat, ansprechend. Mit Katrin Ehmann hat er eine Illustratorin gefunden, der eine familiengerechte, augenzwinkernde Umsetzung gelungen ist. Das Spielplangerüst besteht aus drei mehrfach verbundenen konzentrischen Kreisen mit sechs Zugängen, Wertungsskalen – Elfenleiter genannt – und einem zentralen Lichtungsfeld für den oder die Sieger.
Im Kinderspiel geht es letztlich nur darum, vorgegebene Mitspieler auf dem Spielplan zu treffen. Im Spiel zu viert sucht zum Beispiel die lilafarbene Figur, die gelbe und rote auf. Eine Herzchen-Karte gibt vor, wer gesucht wird. Da die gelbe Figur nicht nur lila, sondern auch grün sucht, laufen die Spieler nicht immer nur aufeinander zu, sondern durchaus voneinander weg. Motor des Spiels ist natürlich ein Würfel. Besuchen die Spieler ein DROLL-Feld, von denen es drei gibt, dürfen sie ihre Zielkarte wechseln. Erreichen sie den gesuchten Partner, gibt es stets zwei Elfenpunkte, wobei der aufgesuchte zumindest mit einem Punkt dabei ist, wenn auch er hinter dem Aufsuchenden hinterher war. Bei zehn erreichten Punkten ist Schluss, wobei sich das Ende manchmal etwas mühsam nach elendig langer Würfelei ergibt. Für die vorgegebene Zielgruppe ab fünf Jahren denkbar ungeeignet, oft frustrierend, auch die Abstraktion der Herzens-Symbolik überfordert Kindergartenkinder.
Reizvoller kommt da doch die Familienspielfassung daher, obwohl auch sie würfelgesteuert abläuft. Jeder hat hier seinen festen Partner, so sind Lysander und Hermia miteinander verbunden, unterliegen aber dem shakespeareschen Wechselspiel der Liebe. So verfällt Lysander von Zeit zu Zeit der schönen Helena und Hermia zeigt sich Demetrius nicht abgeneigt. Entsprechend aggressiv dürfen sie dabei gegen ihre Nebenbuhler vorgehen. Wenn sie diese antreffen, dürfen sie beliebig in der Landschaft verschickt werden. Im Grunde läuft das Spiel ähnlich wie in der Kinderspielfassung ab. Die Spieler würfeln, versuchen sich an ihre Zielvorgaben, die aktuellen Herzchen, zu halten und die entsprechenden Figuren zu treffen. Die Wertung unterscheidet sich etwas und Geschenke kommen hinzu, außerdem ein zweiter Symbolwürfel, der Zusatzaktionen zur Folge hat. Mit ihnen bringt Georg Luft das Elfenpaar Titania und Oberon mit ins Spiel, wobei das Symbol der Titania die Bewegungsweite des Zahlenwürfels variiert und Oberon zum Geschenkeklau animiert. Hauptsächlich dient der Aktionswürfel aber dem Gewinn von Geschenken, außerdem bringt er eine echte Ziegelsteinmauer ins Spiel, die Umwege zur Folge hat, und er sorgt – etwas nervig – für ständig wechselnde Herzchenkarten.
Mit dem Erreichen von zehn Elfenpunkten ist fast ein Teilsieg da. Sollten dazu noch zwei Geschenke im Besitz sein und der wahre Partner auf der Anzeigetafel, dann gelingt der Sprung ins Elfenparadies. Damit ist das Spiel aber noch nicht zu Ende, denn jetzt sind die Partner gefordert. Alle streben dem Zentrum zu und versuchen ihre jeweiligen Zielfelder punktgenau zu erreichen. Geschenke und Punkte spielen keine Rolle mehr, das richtige Partnerherzchen wird aber immer noch verlangt. Es klappt nicht immer, dass der Teilsieger sich auch mit seinem Partner am Ende gemeinsam über den Sieg freut, da sich das Würfelglück auch anderen zuneigen kann. Meist steht aber nach etwa einer Stunde fest, welches Team oder Paar sich am Ende siegreich gefunden hat. In der entsprechend ablaufenden Romantikfassung dürfen die sich liebenden Paare Liebeserklärungen austauschen, fremdgehen, Nebenbuhler verjagen und Körbe geben.
Georg Luft warnt seine Spieler: „Für Anhänger des taktischen Knobel- und Strategiespiels ist das Spiel nicht geeignet!“ Auch die zweite und damit ebenfalls die dritte Variante sind äußerst glücksabhängig. Der Symbolwürfel bringt nur bedingt taktische Möglichkeiten ins Spiel, die Titania-Rolle hätte ich mir zum Beispiel häufiger gewünscht. Wer sich auf ein solches Spiel einlassen will, wird aber ordentlich bedient. Das Spielmaterial ist von guter Qualität, die zweiteilige Regel zwar gewöhnungsbedürftig, aber letztlich doch einigermaßen verständlich. Zur Hintergrundinformation ist die Lektüre der Homepage (www.droll.info) ausdrücklich zu empfehlen, dann wird vielleicht auch deutlicher, dass das Spiel DROLL! doch etwas mehr mit Shakespeare zu tun hat, als man beim Spielen mitbekommt. Enden wir deshalb auch mit Puck, dem Troll aus dem Sommernachtstraum:
„Nun gute Nacht! Das Spiel zu enden,
Begrüßt uns mit gewognen Händen!“
Hoffen wir, dass diese „gewognen“ Hände Würfelglück verheißen, dann wird des Autors „in-teames“- Spiel vielleicht keine Luftnummer in der Spielelandschaft werden.
Titel: DROLL!
Autor: Georg Luft
Grafik: Katrin Ehmann
Verlag: Love Games Spieler: 3 – 6
Alter: ab 5 Jahren (drei unterschiedliche Fassungen)
Spieldauer: je nach Spiel 15 bis 90 Minuten
Preis: ca. 30 Euro
Spiel 13/2004 R68/2021
Die Rezension erschien 2004 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
GGeorg Luft ist gebürtiger Regensburger. Seit 1996 arbeitet er als Geographie- und Englischlehrer am Dr.-Johanna-Decker-Gymnasium in Amberg. Nebenbei führten beide Fächer zu Nebenbeschäftigungen. Anglistik hat ihn zu der einmaligen Spielentwicklung gebracht. Die Geographie, verbunden mit seiner Begeisterung fürs Wandern, zu mehreren Buchveröffentlichungen. Außerdem war er als Tontechniker unterwegs und nahm CDs für seine Schule auf. In seinem Studio "live is live!" sind über70 CDs entstanden, von Kabarett über Orgelkonzerte bis hin zu großen Oratorienchören.
In diesem Jahr hat er das Buch BURGEN, RITTER, SCHLOSSGESPENSTER mit Abenteuer-Wanderungen in der südlichen Oberpfalz veröffentlicht. Er pflegt die Seite www.wanderbar.bayern mit Impressionen aus der blau-weißen Region und „anderen Paradiesen“.
Mittwoch, 21. April 2021
DRUIDS
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
DRUIDS
Mit Mehrheiten spielt der italienische Autor Leo Colovini sehr gerne, vorbildlich in CLANS und recht reizvoll auch in dem neuen Spiel DRUIDS, das bei Kidult Game erschienen ist. Ohne Autorennennung würde man unbedarft wahrscheinlich von einem typischen Knizia sprechen, ein verdecktes Kartenanlegespiel mit Bluffelementen.
Abstrakte Spielideen verkaufen sich mit thematischer Einbindung besser. In Colovinis Spiel werden Druiden bemüht, die Runenamulette aus wertvollen Edelsteinen sammeln. Der Weg zum Punktesammeln wirkt reichlich konstruiert, hat aber durchaus seinen Reiz. Gewertet wird an mystischen Ortskarten, von denen sechs ausliegen. Steinkarten mit Zahlenwerten von eins bis neun sind in sechs Serien diesen Orten zugeordnet, da 12 mystische Orte im Spiel sind, ist jede Farbe oder Steinsorte also zweimal vertreten. Außerdem gibt es noch sogenannte Diener-Karten mit den Werten eins bis sechs. In jedem Spielzug werden zwei Karten, entweder eine Diener-Karte und eine Steinkarte oder zwei Steinkarten an ein oder zwei mystische Orte gespielt. Vor dem Ausspielen der Karten darf an einem der Orte eine Wertung vorgenommen werden, sofern dort mindestens drei Karten ausliegen, eine muss davon eine Diener-Karte sein. Bei der Wertung wird zuerst überprüft, ob die abgelegten Edelsteinkarten zum mystischen Ort passen. Falsche Karten werden aussortiert, alle korrekten Karten ergeben in der Addition den Punktwert, der zur Verteilung ansteht. Die Punkte werden an die ausliegenden Diener verteilt. Die kleinsten Werte werden zuerst bedient, bleiben Punkte übrig, erhalten 5er- und 6er-Diener auch ihren Lohn. Generell gilt, der Letzte bekommt alles, das kann ganz viel, aber auch gar nichts sein. Für die Punktanzeige gibt es Pöppel und Punktekarten, die aneinander gelegt eine Wertungsleiste ergeben. Eine pfiffige Lösung für dieses kleine Kartenspiel, die Schule machen könnte. Nach der Wertung wird der mystische Ort durch einen anderen ersetzt. Die Spieler erhalten ihre Diener-Karten wieder, die Steinkarten werden beiseitegelegt. In der Regel müssen 11 Orte gewertet werden, bis das Spielende eintritt. Nur in dem Fall, in dem ein Spielstein über die letzte Punktekarte gezogen werden müsste und die nachzulegende unterste Karte besetzt ist, tritt ein vorzeitiges Spielende ein.
Das Regelwerk ist damit schon beschrieben. Der Spielreiz ergibt sich aus der verdeckten Kartenablage, die Bluffmöglichkeiten bietet. Allerdings sollte man diese auch nicht überbewerten. Spielziel bleibt für alle Spieler, die eigenen Diener mit wertvollen Edelsteinen zu bedienen. Wem es gelingt, mystische Orte besonders reich zu bestücken, die passenden Diener parat zu haben und zum rechten Zeitpunkt zur Wertung zu schreiten, der kann kräftig Punkte kassieren. Zufällig können sich natürlich auch Mitspieler an solchen Orten engagiert haben. Meist ist daher Glück und weniger Psychologie im Spiel. Trotz allem macht DRUIDS vor allem zu viert Spaß. Die italienische Firma Kidult Game, die nun auch mit Kartenspielen auf dem Markt ist, hat Colovinis Idee grafisch ansprechend umgesetzt. Ein ordentlicher Einstieg in das neue Genre.
Wieland Herold
Titel: DRUIDS
Autor: Leo Colovini
Grafik: Antonio Lutapelli
Verlag: Kidult Game
Spieler: 2-4
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: 30 Minuten
Spiel 12/2004 R67/2021
Die Rezension erschien 2004 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
der promovierte Historiker Leo Colovini ist mit rund 100 Veröffentlichungen der wohl bekannteste Spieleautor Italiens. Schon als 12jähriger lernte der Venezianer Alex Randolph in einem Schachclub kennen. Daraus erwuchs eine lange Freundschaft. Über den Status des Spieletesters wurde er bald Co-Autor. 1986 war DRACHENFELS die erste Veröffentlichung beider Autoren. Nur zwei Jahre später bekam er mit Alex Randolph eine Auszeichnung für INKOGNITO (1988).
1995 gründete er gemeinsam mit Randolph und Dario de Toffoli den Spielerverlag Venice Connection. Er gehört außerdem zum Team von Studiogiochi, das u.a. verantwortlich für den Premio Archimede ist.
Nachdem Colovini sein Geschichte-Studium mit einer Arbeit über Karl den Großen (Carolus Magnus) und die Langobarden in Italien abgeschlossen hatte, entwickelte er daraus das Spiel CAROLUS MAGNUS, das ihn zu seiner ersten Nominierung zum Spiel des Jahres führte. 2002 gelang ihm das noch einmal mit CLANS.
2016 galt er als der geheime Gewinner des Kinderspielpreises für LEO MUSS ZUM FRISÖR (vgl. Bild), für dieses Spiel von Abacus erhielt er die Kinderspielauszeichnung des Deutschen Spielepreises.
Dienstag, 20. April 2021
PISTACHIO
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
PISTACHIO unter antiker Sturmhaube
Mit VERTIGO und PISTACHIO beschreitet Parker Neuland im Bereich der Spiele für zwei Personen, die unter dem Logo „Kopf an Kopf“ angeboten werden. Das Spielwerk selbst gerät hier zum Designobjekt.
Wie ein kleiner Rechenschieber kommt PISTACHIO daher. Aufgereiht sind 15 orangene und dunkelrote Kugeln auf fünf Stäben, die in einem Sockel eingelassen sind und gekrönt werden von einem halbrunden Abschluss, der wie eine antike Sturmhaube wirkt. Optisch macht das richtig viel her. Spielerisch haben wir hier eine Variante von 4 GEWINNT, bei der es aber um eine Gewinnstellung von fünf Kugeln in ununterbrochener Reihe geht, die senkrecht, waagrecht oder diagonal über die fünf Stäbe hinweg erreicht werden muss.
Das Besondere an dem Aufbau dieses tempelartigen Gerüsts, die Kugeln fallen nicht einfach am Gestänge herunter, sie dürfen auch wieder entfernt werden und das macht das Kalkül für die zu erreichende Siegbedingung besonders. Eine Gewinnstellung in der Senkrechten ist absolut unwahrscheinlich, interessanter sind die diagonalen und horizontalen Positionen.
Wer am Zug ist, setzt wie im klassischen 4 GEWINNT eine Kugel ein. Sobald es die sechste Kugel auf einem Stab ist, wird die unterste entfernt und seinem Besitzer zurückgegeben. Dadurch kann es ganz selten passieren, dass ein Spieler, der alle seine Kugeln auf die Stäbe gesetzt hat, aussetzen muss, bis er eine Kugel zurückbekommt.
Die Beschränkung auf ein mobiles 5x5-Raster, gegenüber dem statischen 6x7-Raster beim Klassiker tut der Idee gut. Farblich hätte ich mir stärkere Kontraste gewünscht, aber diese fast orangenen und violetten Töne sind wohl dem Gesamtkunstwerk geschuldet. Optisch jedenfalls eine gelungene Variante der 4 GEWINNT-Idee.
Wieland Herold
Titel: PISTACHIO
Autor: o.A.
Grafik: o.A.
Verlag: Parker
Spieler: 2
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 10- 20 Minuten
Preis: ca. 29 DM
Spiel 13/1994 R66/2021
Die Rezension erschien 1994
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Samstag, 17. April 2021
WÜRMELN
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Würmeliges Wettrennen: WÜRMELN
Alex Randolph hat wohl eine Vorliebe für Kriechtiere. Kleine Kinder lieben TEMPO KLEINE SCHNECKE, für die der in Venedig lebende Autor die wunderschönen Holzschnecken selbst entworfen hat. Für ältere Kinder und deren Eltern bietet er aktuell ein Wurmwettrennen an, bei dem Würfel auch eine Rolle spielen, aber eine ganz andere als in dem einfachen Farbwürfelspiel mit den Schnecken von Ravensburger.
WÜRMELN hat der Berliner Blatz-Verlag in eine kleine Schachtel gepackt, der Spielspaß kommt aber gar nicht so gering daher. Jeder besitzt einen Farbwurm aus sieben Teilen, kleine Plastikhalbschalen, die die Würmelinge wendig kriechen lassen. Das Besondere an Randolphs Idee: Es gibt keinen Spielplan, sondern eine frei zu definierende Rennstrecke, die die Spieler selbst durch einen Start- und Zielbereich begrenzen. Die Würfel dienen auch nicht als üblicher Glücksmotor, sondern einem Bietverfahren, das aus WÜRMELN ein raffiniertes Bluffspiel macht.
Jeder Würfel besitzt Zahlen von 3 bis 7 und ein X. Die geheimen Gebote haben Erfolg, wenn das eingestellte Ergebnis nur von einem Spieler gewählt wurde. Wer ein „X“ alleine wählt, darf sich eine Zahl auswählen, die noch nicht gezeigt wird. Wir kennen dieses Prinzip aus Randolphs HOL’S DER GEIER-Spiel, geht es da nur um Punkte, dient das Ganze hier der Fortbewegung. Nach dem Gebot, bewegt sich der Wurm mit dem niedrigsten Ergebnis zuerst. Da es keine Rennbahnen gibt, sondern nur die freie Tischfläche, muss sich der Wurm auch nicht gerade bewegen, das heißt, ein Teil vor das andere setzen. Er kann die Wurmbahnen der anderen queren, und sie damit ganz schön wurmen. Ärger muss man schon abkönnen, dafür dürfen sich die nachkriechenden Würmer ja auch länger schlängeln.
Wer zuerst mit seinem Wurm die Ziellinie erreicht, ein Wurmteil reicht dafür aus, gewinnt dieses würmelige Rennen.
Zu dritt macht WÜRMELN nicht so richtig Spaß, da man meistens mit seinem Gebot durchkommt und gibt es einmal ein Patt, dann darf nur einer ziehen. Fetzig wird das Pokern ums Vorankommen in Vollbesetzung oder zu viert. Das freie Spiel im Raum mit dem Bluffmechanismus beim Bieten machen aus WÜRMELN ein ganz besonderes Rennspiel.
Wieland Herold
Titel: WÜRMELN
Autor: Alex Randolph
Grafik: o.A.
Verlag: Blatz
Spieler: 3-5
Alter: ab 7 Jahren
Spieldauer: ca.10-20 Minuten
Preis: ca. 15 DM
Spiel 12/1994 R63/2021
Die Rezension erschien 1994
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Alex Randolph war der Kosmopolit unter den Spieleautoren. 1922 in Böhmen geboren. Seine Mutter stammte aus Colorado, sein Vater war Russe. Schon als Kind lebte er mehrere Jahre in Venedig, bevor er als Zehnjähriger in ein Schweizer Internat geschickt wurde. Ein Jahr vor dem Zweiten Weltkrieg ging die Familie zurück in die USA. Während des Krieges arbeitete er am Entschlüsseln feindlicher Codes.
Nach dem Krieg lebte er als Werbetexter und Romancier in Boston, bevor er 1961 mit Pentomino-Steinen sein erstes Spiel veröffentlichte. Randolph siedelte dann nach Wien um, spielte dort im Café Hawelka TWIXT mit Herbert Feuerstein, das bald als 3M-Spiel in einer edlen Buchschuberausgabe erschien und ihm einen mehrjährigen Aufenthalt in Japan finanzierte. Mitte der 70er Jahre fand der Spieleautor nach Venedig zurück, wo er 2004 starb.
Anfangs entwickelte er, inspiriert durch die Japanreise, hauptsächlich taktische Spiele für zwei, wie EVADE, BUFFALO und GEISTER. In den 80er Jahren erfand er erfolgreich viele Familienspiele wie SAGALAND, „Spiel des Jahres“ 1981, das er zusammen mit seinem engen Freund Michael Matschoss entwickelte, der sich inzwischen um sein spielerisches Erbe kümmert. Es blieb zwar sein einziges „Spiel des Jahres“, für GUTE FREUNDE (1989) gewann er den ersten Sonderpreis „Kinderspiel“, was er mit LEINEN LOS! 1997 noch einmal wiederholte. INKOGNITO (1988) und VENICE CONNECTION (1996) bescherten ihm den Sonderpreis „Schönes Spiel“.
WÜRMELN erschien nach der Blatz-Ausgabe noch mehrmals in Deutschland. 1996 kam eine Fassung mit kleinen Kamelen und Karawanen-Schlangen als KAMELTREIBER bei MB heraus. Mit schönen Holzteilen setzte Abacus Randolphs Idee 2008 als WORM UP! noch einmal um.
In den 90er Jahren arbeitete Randolph eng mit Johann Rüttinger zusammen. Posthum veröffentlichten Rüttinger und Kathi Kappler 2012 das lesenswerte Buch Randolphs „Die Sonnenseite. Fragmente aus dem Leben eines Spieleerfinders“.
In seinem 68. Lebensjahr wird der Philosoph unter den Spieleautoren mit dem Göttinger SPATZ ausgezeichnet, außerdem erhält er 1992 einen Sonderpreis für sein Lebenswerk beim Deutschen Spielepreis. Randolph gilt neben Sid Sackson als einer der ersten Spieleautoren, der seine Leidenschaft zum Beruf gemacht hat. Er hat schon in den 70er Jahren dafür gesorgt, dass Autorennamen auf den Schachteln auftauchten. Das Bild zeigt Randolph während der Preisverleihung mit dem Göttinger SPATZ 1990.
Mittwoch, 14. April 2021
AUF DIE NÜSSE
Die kleinen Metallschachteln der Schweizer Game Factory entpuppen sich immer mehr als Garant für kurzweiligen Spielspaß. Das gilt für PUNTO von Bernhard Weber, aber auch für das im letzten Jahr erschienene GOLD von Reiner Knizia und das fetzige ZOINX von Garret Donner & Co. Das Team um den amerikanischen Autor Donner, dessen Veröffentlichungsliste bei BGG inzwischen schon auf über 120 Spiele angewachsen ist, taucht fast identisch erneut mit Michael Steer im aktuellen AUF DIE NÜSSE! wieder auf. Diesmal nur ergänzt durch Brian Spence, der rund ein Drittel der Spielentwicklungen Donner und Steers begleitet hat. Besonders in den 90er Jahren und im ersten Jahrzehnt dieses Jahrtausends war das Duo bzw. das Trio erfolgreich unterwegs. AUF DIE NÜSSE ist daher auch eine alte Spielidee von 2008, die als GO NUTS! damals bei Gamewright erschien.
Es ist erstaunlich, was die Schweizer in ihrer 5,5x5,5x3 cm Metallschachtel alles unterbringen: Neun handliche Würfel, die mit 3,4 cm3 nicht einmal winzig ausfallen , außerdem eine mehrfach geklappte Spielregel im A5-Format. Gegenüber dem Original fehlen nur Wertungsblock und Stift, das dürfte aber in jedem Haushalt zu finden sein.
AUF DIE NÜSSE! ist ein typisches Zockerspiel, diesmal mit Eichhörnchen- und Hunde-Würfeln. Jeder bekommt einen Hunde-Würfel, das eigentliche Spiel läuft aber mit den fünf Eichhörnchen-Würfeln ab. Die zeigen entweder Nüsse, Tannenhäher oder Eichhörnchen, wobei diese mit hälftiger Wahrscheinlichkeit auftauchen, die Rabenvögel gibt es nur einmal. Das Sammelziel beim Würfeln gilt den Nüssen. Jede Nuss bringt einen Punkt, Eichhörnchen und Tannenhäher dagegen keine Punkte. Die Hörnchen darf man zum Weiterwürfeln benutzen, die Tannenhäher kommen aus dem Spiel. Solange man nicht nur Häher oder Hörnchen würfelt, darf man austeigen und das Nussergebnis eintragen lassen oder weiterwürfeln, mit dem Risiko, dass die Tannenhäher alles bisher Gesammelte für sich beanspruchen, wenn nur sie zu sehen sind. Wahrscheinlicher ist ein lupenreiner Hörnchen-Wurf, der zwar auch zum Verlust aller Punkte führt, zusätzlich aber zu einer speziellen AUF DIE NÜSSE-Runde, die viel mehr Gewinnpunkte bringen kann. Der aktive Spieler darf dabei alle zuletzt genutzten Würfel so oft werfen und laut seine erwürfelten Nüsse addieren, bis seine Mitspieler mit ihrem Hundewürfeln alle jeweils den einmal vorkommenden roten Hund geworfen haben, was sie laut mit einem „Wuff Wuff!“ ankündigen müssen.
Einerseits wartet man auf solche AUF DIE NÜSSE-Runden, andererseits reizt auch „der letzte Würfel“. Gelingt es, mit ihm eine Nuss zu werfen, darf man gleich noch einmal mit seinen fünf Würfeln weitermachen.
Gespielt wird auf 50 Punkte oder mehr. Das kann entsprechend vorher vereinbart werden. Das doppelte Zocken um die Schnellwürfelrunde oder das Blankspielen macht aus AUF DIE NÜSSE ein fetziges Zockerspiel. Die Wahrscheinlichkeit spricht für häufige AUF DIE NÜSSE-Runden, aber wie das so ist mit der Wahrscheinlichkeitsrechnung, irgendwie machen die Tannenhäher einem doch wieder einen Strich durch die Rechnung. Das simple Glücksspiel macht vor allem mit Kindern viel Spaß, die Altersangabe können Sie locker von acht auf sechs Jahre reduzieren. Das vielfältige Addieren der Wurfergebnisse müssen aber etwas ältere Kinder oder Erwachsene übernehmen.
Der Tannenhäher war übrigens ursprünglich ein Auto, das hat BGG und australische Juroren aber nicht abgehalten GO NUTS! für den Golden Geek der besten Kinderspiele 2009 zu nominieren und für das beste australische Kinderspiel 2010. Gewonnen hat die Idee von Donner & Co. keinen der Preise, dazu ist es dann doch zu seichte, aber äußerst unterhaltsame Kost.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: AUF DIE NÜSSE!
Autoren: Garrett J. Donner, Brian S. Spence, Michael S. Steer
Grafik/Design: Sam Ward, Michelle Albano
Verlag: Game Factory
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2-4
Spielzeit: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 9 Euro
Spiel 27/2021
Dienstag, 13. April 2021
JUMPING CUPS
BACKGAMMON lässt grüßen: JUMPING CUPS
Das Cover erinnert erst einmal an eine CUP STACKER Challenge , JUMPING CUPS vermittelt Hektik, Bewegung und Stress. Was bei dieser Idee von René Bros und Jaques Zeimet wirklich übrigbleibt ist höchstens gedanklicher Stress. Für die STACK-Pyramide reichen die Becher nicht. Was sich die beiden Autoren ausgedacht haben, ist nichts anderes als ein taktisches gegenläufiges Laufspiel, das irgendwie an BACKGAMMON erinnert, aber vollständig auf Würfelglück verzichtet.
Jeweils fünf Becher, gelbe und rote, müssen, ausgehend von fünf entsprechend farbigen Startfeldern, über vier neutrale Felder in den gegnerischen Startbereich, der gleichzeitig der jeweilige Zielsektor ist, geführt werden. Die Bewegung ist simpel. Es darf bei den gegenläufigen Sprüngen immer nur ein Becher gezogen werden, der wandert so viele Felder, wie sein Becherturm hoch ist. Vor allem in der neutralen Zone kommt es immer wieder zu Begegnungen und Blockaden eingenommener Becher.
Das Spiel endet, wenn entweder ein Spieler nicht mehr ziehen kann, weil seine Becher alle blockiert sind oder er übers Ziel hinausschießen würde. Ganz ideal ist es, wenn ein Spieler alle seine fünf Zielfelder besetzen kann. Das zweite Ziel exakt zu erreichen, ist aber ganz schön schwer, da eigene Doppelbecher sich sofort weiterbewegen müssen, wenn dabei das letzte Feld überschritten wird, hat man automatisch verloren. Da ist es schon sinnvoller, auf die Blockade des Gegners zu spielen.
Wie bei BACKGAMMON ist das Mittelspiel entscheidend, danach läuft sich das Ganze nur noch aus. JUMPING CUPS ist ein Spielduell, mit dessen Anforderungen schon Sechsjährige gut klarkommen, die stören sich auch nicht an der CUP STACKER-Aufmachung. Das Ganze könnte man auch mit BACKGAMMON-Steinen Spielen. Die Entscheidungen fürs Spieldesign kann ich bei dieser taktischen Herausforderung nicht nachvollziehen, Kinder stört das aber gar nicht.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: JUMPING CUPS
Autoren: René Brons, Jacques Zeimet
Grafik/Design: Fiore GmbH
Verlag: HUCH!
Alter: ab 8 Jahren, (funktioniert problemlos ab 6 Jahren)
Spielerzahl: 2
Spielzeit: ca. 10-15 Minuten
Preis: ca. 20 Euro
Spiel 26/2021
Montag, 12. April 2021
LANTRIS
LANTRIS
Der Berliner Marcel Davidsohn hat zusammen mit drei Freunden 2018 den Kuriosum-Verlag gegründet. Ihm ging es dabei hauptsächlich um eine Veröffentlichungsplattform für eigene Spielideen, gleichzeitig bietet er aber auch an, die Ideen von anderen umzusetzen und zur Produktionsreife zu bringen. Auf der letzten „echten“ Spiel 2019 stellte er das Spiel FAULES EI vor. Ein witziges Kartenspiel, das bei Grundschulkindern gut ankommt.
Neben dem FAULEn EI hat Davidsohn hauptsächlich preiswerte Print & Play-Spiele herausgebracht. Nicht nur eigene Ideen, sondern auch die von anderen Autoren, beispielsweise RUNGHOLT von Ronald Hild und PIXPLAIN von Florian Ortlepp. Die Spiele kosten nur 2,99 Euro.
Aktuell liegt mit dem Legespiel LANTRIS wieder ein Schachtelspiel des Berliner Verlags vor, für das der Verlagsinhaber und Ulrike Klattkowsky verantwortlich zeichnen. In LANTRIS gehen wir auf die Suche nach dem Posten eines königlichen Landschaftsarchitekten, der archetypische Landschaften wie Eis, Wald, Wasser und Wüste und bebaute Flächen in gewünschte Konstellationen bringt.
Das Thema können Sie vergessen, der Architekt sieht auf dem Cover auch wahrlich nicht königlich aus. Die Spielidee selbst führt aber zu einem spannenden Legespiel á la HONSHU. Die Basis dafür ergibt sich aus Landschaftskarten mit jeweils vier Feldern, die je nach Bedürfnis überlappend gelegt werden dürfen. Die Bedürfnisse regeln Auftragskarten, die sich auf einfache oder komplexere geometrische Formen einer Landschaft beziehen oder große Landschaftsformen mit exakt sieben Landschaftsteilen umfassen und schließlich bestimmte benachbarte Gebiete von jeweils vier Feldern erfordern.
Alle starten mit drei Landschaftskarten und drei Aufträgen. Jeder besitzt zusätzlich noch drei Architekten, mit denen zu wertende Gebiete besetzt sein müssen. Wer am Zug ist, spielt eine Landschaftskarte aus, die angrenzend oder beliebig überlappend auf vorhandene Karten gelegt wird. Gebietsflächen, die ein Architekt beansprucht, dürfen durch andere Spieler aber nicht verkleinert werden. Die zweite optionale Aktion bezieht sich auf diese Figuren. Mit ihr darf ein Architekt ein- oder versetzt werden. Als dritte Aktion wird überprüft, ob eine Auftragskarte erfüllt werden kann unter der Voraussetzung, dass in dem zu wertenden Gebiet auch ein eigener Architekt steht, der nach Erfüllung des Auftrages vom Feld genommen wird.
Sobald die 60 Landschaftskarten gezogen sind oder der Stapel mit den Auftragskarten leer ist, endet die Suche nach dem königlichen Architekten. Die Runde wird noch beendet und dann werden die Punkte für alle erfüllten Aufträge addiert. Auch an eine Expertenvariante denkt der Verlag. Gewertete Gebiete werden dabei mit einem Chip gekennzeichnet und dürfen vom gleichen Spieler nicht noch einmal gewertet werden, es sei denn, die Landschaftskarte wird überdeckt und der Landschaftstyp verändert.
Bei diesem Spiel gilt, Augen zu und den Mechanismus genießen. Grafisch ist das Ganze aus dem letzten Jahrhundert, das Legespiel selbst mit der geschickten Nutzung der Wertungskarten ist konfrontativ und herausfordernd und reizt zu Revancherunden.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: LANTRIS
Autoren: Ulrike Klattkowsky, Marcel Davidsohn
Grafik/Design: Laura Lakacauskaite, Alicenorines
Verlag: Kuriosum
Alter: ab 7 Jahren
Spielerzahl: 2-4
Spielzeit: ca. 30-45 Minuten
Preis: ca. 23 Euro
Spiel 25/2021
Sonntag, 11. April 2021
HEPTA
SAMMELSURIUM
Ravensburger Traveller-Serie: HEPTA
Neben der Casino-Serie war die Traveller-Reihe in den 70er Jahren besonders beliebt. Sie erschien in zwei Schachtelformaten, zuerst als flache Ausgabe (202x202x28 mm; 1972 und 1973) und als etwas kleinere dickere Schachtel (190x190x36 mm; 1973-1978). Diese Schachtelform setzte sich durch und diente auch der Veröffentlichung weiterer Titel. Zur Serie gezählt werden aber nur Titel mit dem Logo „traveller serie“. Die Spiele in der Reihe waren fast durchweg Spiele für zwei Personen, meist taktische Spiele mit geringem Glücksanteil.
In der Reihe veröffentlichte Alex Randolph die meisten Spiele, zum Teil wie auch in der Casino-Serie unter dem Pseudonym L.W. Bones (PEGGINO). Daneben erschienen Klassikerausgaben wie REVERSI, GO und GOBANG, TANGRAM, SOGO und 3x16, das alte NÜMMERCHEN.
Herausragend sind für mich die Randolph-Spiele WÖRTERKLAUER, BANDA und HEPTA. Immer wieder gut ist RACKO, das es aber auch in vielen anderen Ausgaben von Ravensburger gibt.
HEPTA
Für HEPTA entwickelte Randolph, absolut nicht selbstverständlich für die frühen 70er Jahre, sowohl eine Solo-Variante als auch ein klassisches Duell.
Im Spiel für zwei Personen müssen die Kontrahenten auf einem 7x7 Raster 14 Legeformen unterbringen. Im Wege sind sieben Hindernissteine, die anfangs beliebig platziert werden. Ein Spieler platziert diese roten Steine, der andere darf sich aussuchen, mit welchen Legeformen er spielen möchte, die gibt es als Winkel oder Rechtecke, die jeweils drei Felder abdecken.
In HEPTA geht es darum, den Gegner in die Enge zu treiben, damit er keine seine Legeformen mehr ablegen kann. Wer die meisten seiner sieben Teile loswird, gewinnt. Die gleiche Anzahl führt zu einer unentschiedenen Wertung. Taktisch geschickt muss man Freiräume in Bereichen für eigene Legeteile einbauen, die der Gegner nicht mehr nutzen kann. Das gut im Blick zu behalten, sichert den Sieg.
Besonders ist die Solovariante, die Randolph auf einer farbigen Spielplanseite integriert. Die 7x7 Felder sind sieben Farben zugeordnet. Die Aufgabe ist jeweils, mit allen Legeformen die Felder zu bedecken, aber eine Farbe auszusparen. Diese Solo-Puzzle sind durchaus reizvoll und unterschiedlich schwierig. Es empfiehlt sich, erst einmal mit den roten Lücken zu beginnen.
Die Solovariante hebt HEPTA für mich aus der Masse der Traveller-Spiele heraus. Sie hat etwas Meditatives, fast künstlerisches, wenn am Ende an Mondrian erinnernde Bilder entstehen.
HEPTA erschien später noch einmal als MAGIC 7 bei Arxon (1983) und war außerdem in der Spielesammlung DIE DREI (1998) von Franjos dabei.
Titel: HEPTA
Autor: Alex Randolph
Grafik: o.A.
Verlag: Ravensburger
Spielerzahl: 1 - 2
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 15-20 Minuten
Preis: ca. 15 DM
Wertung: Nächste Woche wieder
Sammelsurium 15 - S15/2021
Samstag, 10. April 2021
4MATION
Geburtstagsgeschenk kommt zur Veröffentlichungsreife: 4MATION
Eigentlich sollte es nur ein Geburtstagsgeschenk werden, was sich die Waldviertlerin Melanie Haumer da ausgedacht hat. Die 4 GEWINNT-Variante 4MATION der 22jährigen Autorin, die sich mit nachhaltiger Produktentwicklung und Innenarchitektur beschäftigt, ist nicht nur auf einem Gabentisch gelandet, sondern auch in der Redaktion des einzigen österreichischen Verlags im benachbarten Wien. Piatnik gefiel Haumers Idee und ihr erstes Spiel liegt nun seit wenigen Wochen produziert vor.
Nicht schon wieder eine 4 GEWINNT-Variante, werden Sie vermutlich jetzt sagen, aber geben Sie der jungen Autorin ruhig eine Chance, denn sie bringt Lenkung ins Spiel. Die bonbonfarbenen blauen und pinken Spielsteine dürfen in den Würfeleinsatz der Schachtel mit 7x7 Feldern nicht beliebig gespielt werden, sondern stets orthogonal oder diagonal angrenzend zu dem zuvor gesetzten Stein. Diese Lenkung führt in 4MATION zu einem durchaus spannenden Spielerlebnis. Da entstehen gewollte Zugzwänge, manchmal begibt man sich sogar mit Absicht in eine Sackgasse, nur um berechenbar wieder herauszuspringen und spielentscheidende Gewinnzüge zu machen, die zu einer Viererreihe führen.
Die einfachen Regeln machen das wertig umgesetzte Strategiespiel ideal für Grundschulkinder. Sechsjährige sind schon begeistert und fordern immer wieder Revanche. Auf drei Siegpunkte sollte man daher ruhig spielen.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: 4Mation
Autor: Melanie Haumer
Grafik/Design: Yvonne Tauss
Verlag: Piatnik
Alter: ab 6 Jahren
Spielerzahl: 2
Spielzeit: ca. 10 Minuten
Preis: ca. 15 Euro
Spiel 24/2021
Freitag, 9. April 2021
COMMUNICATE!
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Bauspiel auf Anweisung: COMMUNICATE!
An klassische alte Baukästen erinnert der große Holzkasten mit Schiebedeckel der sächsischen Firma Beleduc. Brückenteile, Dächer, Zylinder, und Quader, 26 handliche Bauteile und das zweimal, enthält die Holzkiste. Freies Bauen könnte angesagt sein, aber COMMUNICATE!, das die Firma Dialogform von der Bauhaus Universität in Weimar entwickelt hat, will mehr sein. „Ein Spiel zur Förderung der Sprachentwicklung und Verständigung, außerdem gut für Formenverständnis und Motorik“, verspricht die Spielregel.
Die Zielgruppen, Vorschul- und Grundschulkinder, sind damit klar vorgegeben. Entsprechend einfach ist die Regel gehalten, wenn man den entwicklungspsychologischen Teil weg lässt, reduziert sie sich auf zwei überschaubare Absätze. COMMUNICATE! ist ein Spiel für zwei Kinder, die sich am Spieltisch gegenüber sitzen. Zwischen ihnen ist ein Sichtschutz aufgebaut, praktischer Weise der Schiebedeckel, der in zwei Ständern aufgestellt werden kann. Jedes Kind hat seinen Holzbausatz mit den 26 Steinen zur Verfügung. Ein Kind spielt den bauausführenden Architekten, das andere Kind versucht einen möglichst adäquaten Nachbau. Dazu beschreibt der „Architekt“ so genau wie möglich sein Bauvorhaben. Er benennt das gewählte Bauteil und dessen Platzierung. Sobald das Bauwerk fertig ist, wird der Sichtschutz entfernt und die entstandenen Objekte können verglichen werden.
Die Spielregel lässt viele Freiheiten für das eigentliche Spiel, so können Vorgaben verabredet werden, die wachsende Bauprojekte beinhalten. Die Kleinen können mit drei oder fünf Bausteinen beginnen und sich allmählich steigern. Für richtiges Bauen können Punkte vergeben werden, so dass im Wechselspiel COMMUNICATE! kompetitiv angegangen werden kann. Bauen durch nonverbale Verständigung ist ebenso möglich, aber natürlich deutlich schwieriger.
Das Spiel erinnert in Ansätzen an VISIONARY, einem 1997 von der Jury „Spiel des Jahres“ empfohlenem Spiel von Schmidt Spiel und Freizeit. Was dort „blind“ über verbale Steuerung geschah, läuft ersichtlich einfacher in der Beleduc-Variante ab. Trotzdem fällt es kleinen Kindern nicht leicht, die Bauhandlungen zu beschreiben und zu verstehen. Insofern erfüllt das Spiel die hoch gesteckten Ansprüche, die oben formuliert sind, voll und ganz. Das Spielmaterial ist hervorragend und eignet sich natürlich nicht nur zum Regelspiel. Preislich bleibt COMMUNICATE! in den Regionen, in denen sich damals VISIONARY bewegte, wobei der Holzanteil mehr als doppelt so groß ist. Ein Baukasten und ein herausforderndes Spiel, dessen Anschaffung lohnt.
Wieland Herold
Titel: COMMUNICATE!
Autor: Dialogform, Weimar
Verlag: Beleduc (www.beleduc.de)
Spieler: 2
Alter: ab 5 Jahren
Spieldauer: 10 - 30 Minuten
Preis: ca. 35 Euro
Spiel 6/2005 R61/2021
Die Rezension erschien 2005 www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Sonntag, 4. April 2021
ALLERLEY SPIELEREY
SAMMELSURIUM
PRO LIGNO: ALLERLEY SPIELEREY
Auf Holzmaterial setzte ab 1991 die Spielwerkstatt Pro Ligno von Siegfried Biehler, die leider nur wenige Jahre Spiele anbot. Die auf 500 Stück beschränkten Auflagen der taktischen Schmankerl von Reiner Knizia waren meistens schnell ausverkauft, so dass die Spiele dieses Verlages wohl jetzt in Sammlerhänden sein werden. Das Konzept von Pro Ligno, kleine, aber feine Spielideen vor allem des Spieleautors Reiner Knizia in hochwertiger Umsetzung herauszubringen, ist überzeugend umgesetzt worden. Der Start mit vier Spielen, darunter Knizias PRISMA (ehemals Spiel im Heft in der spielbox) und COMPLICA gelang 1991 eindrucksvoll. Fortgesetzt wurde das Programm 1992 mit CATENA von Reiner Knizia, es gipfelte zwei Jahre später in der wohl einmaligen Spielesammlung ALLERLEY SPIELEREY. Mit PYRAMIDO, ebenfalls von Knizia, schloss Pro Ligno die Werkstatttore 1996.
ALLERLEY SPIELEREY
Pläsier bei Spiel und Trank verspricht die Spielregel dieses ziemlich einmaligen Projekts. Siegfried Biehler beschränkte seine Handarbeit auf 100 Exemplare, die er wohlfeil für 199 DM verkaufte.
Reiner Knizia hat dem Projekt sechs Spiele spendiert, daher enthält der große Holzkoffer sechs wertige, gefräste Spielbretter, eine Menge Spielmaterial, Bohnen eingeschlossen, zusätzlich für den Trank eine Flasche Pfälzer Riesling, halbtrocken und sicher gelagert.
Reiner Knizia bettet seine eher abstrakten Spielideen in die Zeit des ausgehenden Mittelalters ein. Landsknechte stellt er sich beim Zocken vor und versucht dabei seine Ideen den Bedingungen der Zeit anzupassen. So gibt es mit CONTRA ein einfaches Setz- und Schlagspiel als Duell in der Sammlung, ein raffiniertes Würfel- und Laufspiel unter dem Titel SCHANZEN, außerdem ein taktisches Setzspiel (DAS HUFEISENSPIEL) und ein Tauschspiel (UM SPEIS’ UND TRANK). DER STEIN DER ZÜNFTE ist ein taktisches Ablegespiel für zwei Spieler. Schließlich führt Knizia mit einem Knobelspiel an den HOF DES KÖNIGS.
Die Spiele sind meist recht einfach und auch nicht unbedingt originell, wie beispielsweise DAS HUFEISENSPIEL oder CONTRA. In manchen keimt der Erfolg später veröffentlichter Ideen. So kann das Würfelspiel SCHANZEN als Vorläufer von dem großen Knizia-Erfolg HECKMECK AM BRATWURMECK angesehen werden.
Das Außergewöhnliche dieser Spielesammlung sind weniger die Spielideen als die stimmungsvolle Umsetzung der Knizia-Spiele durch Siegfried Biehler. Das Spielmaterial ist dabei nur Durchschnitt, aber die pyramidal gefrästen dicken Spielbretter im Format 25x25 cm sind wunderschön und für einige Spiele lohnt es sich auch nach fast 30 Jahren, diesen Holzkoffer immer einmal wieder zu öffnen. Der pfälzische Wein ist zwar schon lang geleert, aber eine neue Begleitung für Spiel und Trank lässt sich immer finden.
Titel: ALLERLEY SPIELEREY
Autor: Reiner Knizia
Grafik: o.A.
Verlag: Pro Ligno
Spielerzahl: 1 - 7
Alter: ab 6 Jahren
Spieldauer: ca. 15-20 Minuten
Preis: ca. 200.- DM
Wertung: Von gerne morgen wieder bis vielleicht nächsten Monat
Sammelsurium 14 - S14/2021
Donnerstag, 1. April 2021
GO FOR GOLD
Neue Minnys bei NSV: 5 MINUTEN PUZZLE und GO FOR GOLD
Nach HAMSTERN & Co. 2020 setzt NSV die Angebote an preiswerten vernähten Spielideen fort. 2021 beschränkt sich der Spielkarten Verlag aus Fürth bei Nürnberg aber nicht mehr nur auf einen Autor, damals war es der noch völlig unbekannte Moritz Dressler, und auf ein Genre, das der Roll & Write-Spiele, neu sind nun Kartenspiele. Was vergleichbar bleibt, ist die Anzahl der Ideen, vier nämlich. Außerdem verzichtet NSV weiterhin auf eine Pappschachtel, die Ideen kommen immer noch in reiner Papierverpackung daher. Oben und unten vernäht, schält sich aus dem aufgerissenen Material ein Papiercover, eine Spielregel und unterschiedliche Materialien, diesmal liegen sogar Stifte bei.
Redaktionell betreut hat Steffen Benndorf die Reihe schon im letzten Jahr. 2021 steuert er gleich selbst anderthalb neue Spiele bei. Da ist einmal sein 5 MINUTEN PUZZLE, ein Roll&Write-Spiel, in dem amorphe Formen aus Kreisen und Sechsecken in einem entsprechend wabenartigen Spielfeld untergebracht werden müssen. Die Würfelvorgabe gibt die Puzzleteile vor, der Rest sind gute räumliche Vorstellung und möglichst lückenlose Füllung des Plans. Wenn alle 12 Puzzleteile abgewickelt sind, dann steht nicht nach fünf Minuten, sondern meist nach zehn Minuten die Abrechnung an. Nicht gefüllte Puzzlefelder und -flächen bringen Minuspunkte, wer die wenigsten hat, gewinnt das Spiel. A- und B-Seiten der Pläne und eine Aufgabenstellung für Profis bringen Varianz ins 5 MINUTEN PUZZLE.
Auch das zweite Spiel Benndorfs stammt aus der Roll&Write-Ecke. GO FOR GOLD ist eine eher klassische Schatzsuche, in der Ausrüstungsgegenstände wie Schaufeln das Glück minimieren helfen. Bei diesem Spiel ist Benndorf nicht alleine unterwegs, mit Hand angelegt beim Schatzausgraben hat Kaddy Arendt, auch als Spielefritte bekannt und als Kollegin Benndorfs, allerdings bei der Konkurrenz. Die Kölnerin Arendt arbeitet als Spieleredakteurin für die Edition Spielwiese in Berlin. Beim vorinszenierten Jubel für die Auszeichnung für MICROMACRO: CRIME CITY beim As d’Or 2021 war sie voll in ihrem Element.
In GO FOR GOLD liegt vor den zwei bis vier Schatzsuchern ein Inselplan aus, der Zugänge über vier Hafenbuchten zulässt. Jeder startet von einem anderen Hafen ins Inselinnere, ausgestattet mit vorerst zwei Schaufeln und einer Fußspur. Auf der Insel gibt es fünf Tempelanlagen und zehn Schatzfelder, die Punkteerträge abwerfen, die letztlich entscheidend für den Spielsieg sind.
Gewürfelt wird stets für alle. Das Wurfergebnis legt die Zugweite beim Erkunden der Insel fest. Diese muss voll ausgenutzt werden, es sei denn, man verzichtet und nutzt einen Fuß, der beliebige Strecken zwischen einem und sechs Feldern ermöglicht. En passant werden unterwegs weitere Schaufeln und Füße eingesammelt. Auf Schatz- und Tempelfeldern muss man genau landen. Bei Schätzen muss die aufgedruckte Zahl mit Hilfe eines Würfelwurfs erreicht werden. Geringere Ergebnisse können durch abgegebene Schaufeln nachgebessert werden. Schätze können die Spieler beliebig einsammeln, Tempel werden nur einmal erfolgreich erkundet. Dazu muss das Wurfergebnis mit der vorhandenen Schaufelzahl korrelieren. Wer mindestens so viele Schaufeln besitzt, wie er gewürfelt hat, darf sich neun Gewinnpunkte notieren. Für alle anderen wirft dieser Tempel keinen Ertrag mehr ab, zusätzlich kosten diese neun Punkte sämtliche Schaufeln, die im Einsatz waren. Außerdem ist die Tempelentdeckung mit dem Risiko verbunden, dass misslungene Erkundungen mit einem Fluchpunkt geahndet werden. Da jeder maximal sechs Ergebnisse eintragen kann, ist das ein erheblicher Ballast.
Das Spiel endet, wenn ein Spieler eben diese sechs Eintragungen vornehmen konnte oder keiner mehr Punkte eintragen kann. Wer die meisten Punkte hat, gewinnt GO FOR GOLD nach schnellen zehn bis 15 Minuten.
Klar, GO FOR GOLD ist ein reines Glücksspiel, aber jeder hat schon ein paar Stellschrauben, die Wahrscheinlichkeit für sich ausnutzen zu können. Das Wettrennen um die Tempelanlagen steht dabei im Vordergrund. Wer einen Randtempel und den zentralen weißen Tempel für sich gewinnt, steht schon einmal mit 18 Punkten auf der Liste. Dies ergänzt durch kleinere Schatzwerte wie die Vierer-Schätze kann zum Spielsieg beitragen. Da insgesamt 12 Schaufeln im Spiel sind, von denen man meistens auch gut zehn erreicht, bleiben oft auch Schaufeln zum Schatzausgraben übrig. Wer allerdings Pech hat und mit fünf Schaufeln zweimal an einem Tempel scheitert, hat keine Chance. Er kassiert nicht nur Fluchpunkte, sondern verflucht wahrscheinlich das Spiel und sein Würfelglück.
Die Schatzsuche und Tempelerkundung in GO FOR GOLD ist eher herkömmliche Roll&Write-Kost, die trotzdem das Minny-Angebot 2021 von NSV solide ergänzt. Preiswert, überall mitnehmbar, nur ergänzt durch eine Zip-Tüte, trägt dieses Konzept mit ordentlichen Spielideen von NSV und kann für meinen Geschmack gerne 2022 fortgeführt werden.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: GO FOR GOLD
Autor: Kaddy Arendt, Steffen Benndorf
Grafik/Design: Christian Opperer
Verlag: NSV
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2-4
Spielzeit: ca. 10-15 Minuten
Preis: ca. 4 Euro
Titel: 5 MINUTEN PUZZLE
Autor: Steffen Benndorf
Grafik/Design: Christian Opperer
Verlag: NSV
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 1-6
Spielzeit: ca. 5- 10 Minuten
Preis: ca. 4 Euro
Außerdem in der Reihe erschienen sind:
BUNTE BLÄTTER, Jens Merkl, Jean-Claude Pellin
LOOT SHOOT WHISKY, Moritz Dressler
Spiel 21/2021
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