
Viel Vergnügen für Verschwörungstheoretiker
Realisten lächeln eher nur leicht vergnüglich. Klaus-Peter Wolfs neunter Krimi über die Norder Kommissarin Ann Kathrin Klaasen gerät ganz schön aus dem Ruder, um nicht zu sagen: wird ganz schön abstrus.
Rambolike verfolgt die berühmte Ostfriesin den Mörder ihres Vaters. Sie randaliert vor dem niedersächsischen Innenministerium, sprengt Zwangsjacken, nimmt eine Pflegerin als Geisel und setzt so manchen Pfleger schachmatt. Auf der Flucht vor der Polizei wechselt sie gefühlte 99 Mal das Fluchtfahrzeug, um schließlich im fallischen Dangast zum Abschuss zu kommen. Zum erwarteten Showdown kommt es aber nicht, im Gegenteil, sie rettet den Unhold vor einer anderen Rachefurie, um das ostfriesisches Wasser zu schützen.
Frank Weller, ihr Gatte und Kollege, kocht irgendwann in der Mitte der knapp 500 Seiten genüsslich einen Eintopf, der natürlich am nächsten Tag aufgewärmt viel besser schmeckt. Irgendwie wirkt Wolfs neuer Erguss, wie dieser Eintopf. Die wolfschen Kochzutaten klingen wie aus der Verschwörungsküche. Da sind als Hauptsubstanz biologische Kampfmittel, die das Wasser bedrohen. Da geht es aber auch um Datenverkehr zwischen Europa und den USA, da das transatlantische Kabel in Norden endet und anfällig scheint für Attentate. Entsprechend anfällig könnten auch Börsenkurse sein. Zur nötigen Würze spielt selbstverständlich ein Broker mit, der sich in griechischen Schuldendimensionen verzockt hat und durchaus Interesse an einem neuen Schwarzen Freitag haben könnte, dessen Welle von der Nordseeküste ausgeht. Die Korruptheit der Behörden, insbesondere von Innenministerium und Verfassungsschutz sind das Fleisch in der Suppe, die lassen Gefangene frei, sie auf See bestatten, um ihnen neue Identitäten geben zu können, arbeiten mit dem organisierten Verbrechen eng zusammen und spielen sogar mit dem Gedanken, für den Staatsschutz treue Beamte über die Klinge springen zu lassen.
Da fehlen eigentlich nur noch Mohammed-Karikaturen im Ostfriesland-Magazin, eine islamistische Zelle und IS-Heimkehrer an Ostfrieslands erster Moschee, der Eyüp-Sultan-Moschee in Emden. Natürlich wird Holger Bloem entführt. Genug Grund dafür, dass nun wöchentlich Pegida auch in Emden aufmarschiert mit faschistischen Hooligans, die Teezeremonien am Deich aufmischen.
Bei aller Verrücktheit, vergnüglich lesen lässt sich der Krimi von Wolf wieder. Er versteht es Spannung zu erzeugen, bei dem der Humor nie auf der Strecke bleibt. Ruperts Gestaltung gelingt mit Bandscheibenschaden und Schmuddelvideos erneut köstlich, seine Verfolgungsjagd mit den Hannoveraner Kollegen eingeschlossen. Ann-Kathrin bleibt in dieser Rambo-Version menschlich eher flach. In einem Jahr, da leg ich einen Schwur ab, geht es weiter, ob mit Islamisten oder ohne werden wir sehen. Ich wünsche mir jedenfalls eine mehr ermittelnde und weniger jagende Ann Kathrin Klassen, die Serientäter zur Strecke bringt.
Wertung: **
Titel: Ostfriesenwut
Verlag: Fischer Taschenbuch
Autor: Klaus-Peter Wolf
Seiten: 496
Preis: 9,99 Euro