Philip Marlowe lebt
Der irische Autor John Banville, der in diesem Jahr 70 wird, schreibt unter seinem Krimi-Pseudonym Benjamin Black einen neuen "Philip-Marlowe-Roman". Chandler, der Erfinder dieses Prototypen eines Privatermittlers, ist seit 56 Jahren tot. Sein Privatschnüffler lebt weiter. Schon 1989 und 1991 kamen mit „Einsame Klasse“ und „Tote träumen nicht“ von den Erben autorisierte, aber nicht so erfolgreiche Romane heraus, die Robert B. Parker verfasst hat. Nun spürt Banville, ebenfalls autorisiert, Chandler nach und kopiert ihn durchaus perfekt. Sogar den Titel hatte Chandler einst im Fokus.
Irgendwie sieht man ständig Humphrey Bogart vor dem inneren Auge: Am Schreibtisch seines Büros, mit dem Ginglas in der Hand, das Zigarettenetui öffnend, im Clinch mit Gangstern und mit schönen Frauen, fast unbestechlich, seinen eigenen Gesetzen folgend. Banville Kopiert Chandlers Marlowe fest perfekt. Das ist vergnüglich zu lesen, dabei ist der Fall aus den frühen 50ern arg konstruiert, nicht allzu spannend und folgt den üblichen Klischees.
Eine schöne Frau, „groß und schlank mit breiten Schultern und üppigen Hüften. Mit anderen Worten:“ genau sein Typ beauftragt Marlowe, nach ihrem scheinbaren Liebhaber zu suchen, der seit einiger Zeit verschwunden ist. Nicht nur verschwunden, tot soll er sein, findet Marlowe wenig später heraus. Clare, die schöne und äußerst wohlhabende Blondine mit den schwarzen Augen, glänzend wie feuchtes Robbenfell, wusste allerdings schon davon. Sie glaubt aber nicht an seinen Tod, da sie meint, ihn noch vor vierzehn Tagen gesehen zu haben. Hinter Nico Petersen, ihrem Freund, scheint nicht nur Marlowe hinterher zu sein, zwei Mexikaner und ein Gangsterboss wollen ebenfalls etwas von ihm und die wahren Motive von Clare bleiben lange unklar.
Showdown am Ende mit einem melancholischen Marlowe, der Blumenlampen vernichtet und für seine Dienste nicht einmal bezahlt wird. Die Handlung gerät zur Nebensache, das muss man schon mögen. Marlowe-Fans werden die Wiederauferstehung ihres Helden feiern. Wer gut konstruierte Krimis mag, wird amüsiert lächeln und, durchaus besser bedient, zu Alan Carters „Prime Cut“ greifen.
Wertung: ****
Titel: Die Blonde mit den schwarzen Augen
Verlag: KiWi
Autor: John Banville
Seiten: 287 Seiten
Preis: 14,99 Euro