
Geschichte im Spiel
Nicht nur Geschichten werden in Spielen erzählt, sie lassen ein Eintauchen in Spielwelten zu, manchmal wird die Geschichte sogar selbst zum Thema. Der Trend zur Historie im Spiel lässt sich bei vielen Herbstneuheiten ablesen. Zurück zu den Ursprüngen scheinen sich die Spieleautoren zu sagen: In dem Spiel EUPHRAT & TIGRIS wird auf die Entwicklung erster Hochkulturen im Zweistromland zurückgegriffen, den universalen Start ins Leben auf diesem Planeten greift das Spiel URSUPPE auf.
Es muss schon ein eigenartiges Gebräu gewesen sein, aus dem das Leben auf der Erde entstand, aus dem wir hervorgegangen sind. Nach der Vorstellung von Doris Matthäus und Frank Nestel tummelte sich eine Reihe verschiedener Amöben in der Ursuppe, immer auf der Suche nach Nahrung, bestrebt sich weiterzuentwickeln. Jeder der drei oder vier Spieler kontrolliert einen urzeitlichen Amöbenstamm mit anfangs zwei Amöben. In sechs verschiedenen Spielphasen bewegen sich die Einzeller in der Ursuppe, sorgen für ihre Nahrung, entwickeln sich genetisch fort, können sich über Zellteilung vermehren, gehen in dem harten Überlebenskampf aber auch zugrunde, wenn sie nicht genügend Nahrung finden oder von fremden Amöben aufgefressen werden. In der abschließenden Wertungsphase dient die Anzahl der Amöben und der genetische Fortschritt zur Weiterbewegung von Spielfiguren auf einem Spielstandanzeiger.
Die Spielspannung ergibt sich aus der genetischen Ausstattung der eigenen Amöben. Sogenannte „Genkarten“ können mit Hilfe von „Biopunkten“ erworben werden und helfen den Amöben mit ihren unterschiedlichen Fähigkeiten beim Überleben in der Ursuppe. Da gibt es die eher aggressiven Einzeller, die sich auch an ihre Artgenossen heranmachen, aber auch die Genügsamen, die mit weniger Nahrung vorliebnehmen. Eine eindeutige Gewinnstrategie gibt es nicht. Immer wieder gilt es, neu zu überlegen, wie man in diesem quirligen Durcheinander bestehen kann.
URSUPPE ist ein exzellentes Spiel mit einem ungewöhnlichen Thema und Spielablauf. Die Zielgruppe: Jugendliche ab 14 Jahren und Erwachsene werden an diesem Spiel vergleichbaren Spielspaß wie mit den SIEDLERN VON CATAN oder EL GRANDE finden.
Wieland Herold
Titel: URSUPPE
Verlag: Spiele von Doris&Frank, Obere Büch 24, 91054 Buckenhof
Autor: Doris Matthäus und Frank Nestel
Grafik: Doris Matthäus
Spielerzahl: 3-4
Alter: ab 14 Jahren
Spieldauer: ca. 120 Minuten
Preis: 74.- DM
Die Rezension erschien 1997 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 9 von 10 Sternen,
das entspricht: Jederzeit wieder
Spiel 3/1997 R 72/2020

Zum Spiel und zu den Autoren:
Ein kleiner Igel war das Maskottchen auf den Spielen von Doris & Frank. Sie starteten 1989 mit eher seichter Unterhaltung in Tierwettläufen von Eseln und Igeln, entwickelten aber auch bald Hochkaräter wie FUGGER, WELSER, MEDICI und ihr erfolgreichstes Spiel URSUPPE, das 1998 den 2. Platz beim Deutschen Spielepreis erreichte. Daneben ist ihr MÜ & MEHR unvergesslich, das beim Spielepreis auf Platz 4 kam und den Sieg beim Kartenspielpreis der Fairplay 1996 davontrug. Doris Matthäus ist allerdings noch berühmter durch ihre Spielillustrationen für Klassiker wie CARCASSONNE, EL GRANDE, ELFENLAND, SPINDERELLA und TIEF IM RIFF. Für das letzte Spiel wurde sie 2018 mit dem Designpreis Graf Ludo in Leipzig ausgezeichnet.
Das Bild zeigt Doris & Frank 1993 auf dem Autorentreffen in Göttingen zusammen mit Volker Schäfer. Das obere Bild stammt von der Erstvorstellung des Spiels in Essen 1997.