
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Geschichte im Spiel
Nicht nur Geschichten werden in Spielen erzählt, sie lassen ein Eintauchen in Spielwelten zu, manchmal wird die Geschichte sogar selbst zum Thema. Der Trend zur Historie im Spiel lässt sich bei vielen Herbstneuheiten ablesen. Zurück zu den Ursprüngen scheinen sich die Spieleautoren zu sagen: In dem Spiel EUPHRAT & TIGRIS wird auf die Entwicklung erster Hochkulturen im Zweistromland zurückgegriffen, den universalen Start ins Leben auf diesem Planeten greift das Spiel URSUPPE auf.
URSUPPE habe ich gestern besprochen und es mit EL GRANDE verglichen. An den Erfolg des letztgenannten Spiels möchte der EL GRANDE-Verlag aus München mit EUPHRAT & TIGRIS von Reiner Knizia anknüpfen.
Zwei bis vier Spieler entwickeln auf dem großen Zweistromland-Spielplan ihre Dynastien. Sie müssen sich sowohl um den kulturellen Ausbau als auch um landwirtschaftliche Ressourcen und den Ausbau des Handels in ihren Königreichen bemühen. Machtwechsel waren historisch und sind auch im Spiel an der Tagesordnung. Der gezielte Einsatz der eigenen Anführer, gekoppelt mit dem geschickten Auslegen von Zivilisationsplättchen, deren Vorratshaltung auch von Bedeutung ist, kann den Spielsieg bringen, aber nur dann, wenn man es geschafft hat, sich in allen Zivilisationsbereichen relativ gleichmäßig fortzuentwickeln.
Das komplexe Spiel dauert mindestens neunzig Minuten, die aber wie im Fluge vergehen, da der abwechslungsreiche Spielverlauf den Spannungsbogen stets oben hält. Eine opulente Ausstattung und eine sehr gute Spielregel runden die spielerische Zivilisationsreise vollkommen ab.
Heo
Titel: EUPHRAT & TIGRIS
Verlag: Hans im Glück
Autor: Reiner Knizia
Grafik: Doris Matthäus
Spielerzahl: 2-4
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: ca. 90 Minuten
Preis: ca. 75.- DM
Die Rezension erschien 1997 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 9 von 10 Sternen,
das entspricht: Jederzeit wieder
Spiel 4/1997 R 72/2020

Zum Spiel und zum Autor:
EUPHRAT UND TIGRIS konnte die URSUPPE knapp schlagen und landete 1998 auf dem 1. Platz beim Deutschen Spielepreis. Dieses Spiel vergaß die Jury „Spiel des Jahres“ nicht und gewährte ihm immerhin einen Platz auf der Empfehlungsliste 1998. Für die Qualität des Spiels spricht, dass es mehrfach neu aufgelegt wurde. 2007 erschien eine Ausgabe von Pegasus, 2015 brachte der Heidelberger Spieleverlag eine Neuauflage zusammen mit Fantasy Flight heraus.
Reiner Knizia, der weltweit produktivste Spieleautor, der auf inzwischen über 700 Spieleveröffentlichungen stolz sein kann, hatte bis 1998 schon einige Auszeichnungen gewonnen, darunter 1993 für MODERN ART und TUTANCHAMUN und 1995 für MEDICI.
Die besondere Leistung für die spielerische Adaption von DER HERR DER RINGE zeichnete die Jury „Spiel des Jahres“ mit dem Sonderpreis „Literatur im Spiel“ 2001 aus.
2008 erhielt er für KELTIS erstmals den Titel „Spiel des Jahres“ und das gleichzeitig im Doppelpack, da WER WAR’S den blauen Pöppel bekam.
Das Bild stammt vom Goldsieber-Abend 1996, zu sehen sind die damaligen beiden Jungstars der Szene Klaus Teuber und Reiner Knizia.