Vergangenheitsbewältigung
Der Mord an einem ehemaligen OAS-Angehörigen wird als Auftakt aus der Täterperspektive samt allen damit verbundenen arthritischen Schmerzen geschildert. Der Fall liegt in den Händen von Inspecteur Gilles Sebag, der sehr lustlos, aus einer Woche Sommerferien kommend, seinen Dienst angetreten hat.
Eigentlich hat ihn seine Tochter beauftragt, dem tödlichen Verkehrsunfall eines Freundes nachzuspüren, aber erst einmal geht der Mord vor. Klar ist, der Familienfrieden ist bedroht, auch seiner Frau ist er sich nicht mehr sicher. Unklar bleibt vorerst der Fall selbst.
Philippe Georget, 52 Jahre, lebt in der Nähe von Perpignan. Er kennt die südwestliche Ecke Frankreichs mit ihrer katalanischen Zwitterstellung wie seine Westentasche. Der Fall, in dem er aktuell Sebag ermitteln lässt, reicht weit in die Geschichte und über die Ländergrenzen hinweg.
Georget wechselt nicht nur die Perspektive zwischen Täter und ermittelndem Kommissar. In Rückblenden erzählt er von den Gräueltaten eines OAS-Kommandos zu Beginn der 60er Jahre in Algerien. Aus der historischen Einbettung gewinnt die Geschichte an Wert. Zumal der Autor die Vergangenheit stets auch mit der Gegenwartsbrille betrachtet, was bei den Ermittlungen eine Rolle spielt.
Im eigentlichen Fall überwiegt mir zu sehr das Bauchgefühl Sebag. Etwas mehr Täterdistanz wäre vielleicht auch hilfreich. Da schwingt sonst zu viel Empathie und Sympathie mit, wo doch vier Opfer auf der Strecke bleiben, das eingangs erwähnte Unfallopfer eingeschlossen, und in der historischen Dimension sicher Hunderte. Das lässt sich auch kritischer betrachten.
Wertung: ****
Titel: Wetterleuchten im Roussillon
Verlag: Ullstein
Autor: Philippe Georget
Seiten: 475 Seiten
Preis: 9,99 Euro