Donnerstag, 22. Dezember 2016
BÖHMISCHE DÖRFER
Deutlich leichtere Kost bietet Reiner Stockhausen nach ORLÉANS in diesem Jahr an. Kein Wunder, führt ihn doch sein Weg aus einer französischen Metropole in die böhmische Provinz. Dabei leitet der Autor seine Spieler gleich doppelt ins Abseits. Zusätzlich spielt er mit der Redewendung, „das ist mir ein böhmisches Dorf“, die völliges Unverständnis widerspiegelt, dabei besitzt sein Spiel BÖHMISCHE DÖRFER eine leichte Zugänglichkeit, wie lange nicht mehr bei ihm.
Um neun dieser ominösen BÖHMISCHE DÖRFER mit zum Teil unaussprechlichen Namen geht es in voller Besetzung mit fünf Spielern. Sind weniger beteiligt, reduziert sich die Dorfauslage bis auf sechs Dorfkärtchen. Die Dörfer besitzen minimal fünf und maximal neun Gebäude, das können kleine Läden, Manufakturen, Höfe, Mühlen, Wirtshäuser, Herrenhäuser, Kirchen und Rathäuser sein. Jedem Haus ist eine identische mit zwei Würfeln erreichbare Zahl zugeordnet, beginnend mit der „2“, der Bäckerei, endend mit der „12“, dem Herrenhaus.
Damit wird schnell klar: BÖHMISCHE DÖRFER ist ein Würfelspiel aus dem KNIFFEL-Dunstkreis. Reihum würfeln die Beteiligten mit vier Würfeln und bilden aus dem Ergebnis ein oder zwei Summen. Für jede Summe darf eine eigene Holzfigur auf ein entsprechendes Gebäude in einem beliebigen Dorf gestellt werden.
Irgendwann kommt es zum konkurrierenden Gegeneinander, allerdings muss beachtet werden, dass es Gebäude gibt, aus denen man nicht rausgeworfen wird, andere verlangen wiederum bestimmte Bedingungen für das Rauswerfen. Generell gilt, gefährlich wird es, wenn alle Gebäude einer Sorte besetzt sind, dann darf aus Höfen, Wirtshäusern, Kirchen und Rathäusern immer rausgeworfen werden, aus den vier kleinen Läden nur dann, wenn der Rauswerfende keinen Laden der entsprechenden Sorte besitzt. Am Ende, das eintritt, wenn ein Spieler keine seiner 13 Figuren mehr setzen kann, geht es nur um das zwischendurch und zum Schluss eingenommene Geld.
Böhmische Taler erhält man über Sofort-, Zwischen- und Schlusswertungen. So bringt die Zahl unterschiedlicher Läden bis zu 20 Taler ein. Die Rathäuser werden nur dann gewertet, wenn alle Häuser des entsprechenden Dorfes am Ende besetzt sind. Wer die meisten Kirchen besitzt, bekommt zehn Taler, die zweite Position wird immerhin noch mit sechs belohnt. Zwischendurch kann man mit Getreidesäcken und Glas-Plättchen Geld verdienen, da Mühlen und Manufakturen immer dann gewertet werden, wenn alle besetzt sind. Die Bauernhöfe bringen bei jedem Neuerwerb Geld in der Anzahl aller Höfe. Sofern mindestens drei potentielle Dorfgäste in ein Wirtshaus kommen können, gibt es auf für den Bierausschank regelmäßige Einnahmen. Wer sich mit einem Pasch den Bischof holt, bekommt ganz ähnlich Runde für Runde für jede Kirche in seinem Besitz Taler. Das Herrenhaus ist übrigens das einzige Gebäude, das ein bis neun Taler sofort einbringt. Der dort residierende Grundherr ist die einzige Figur, die von Anfang bis zum Ende unangetastet an ihrem Platz bleibt.
Stockhausen selbst bezeichnet BÖHMISCHE DÖRFER mit seiner Dauer von einer halben Stunde als ideales „Zwischendurchspiel“. Leichte, unterhaltsame Kost mit ansprechendem von Klemens Franz gestalteten Material. Damit die Bedeutung der Gebäude allen stets vor Augen ist, gibt es hilfreiche Übersichtskarten. In Hinblick auf die Übersichtlichkeit hätte ich mir nur gewünscht, dass auch die Positionen der einzelnen Gebäude in jedem Dorf identisch wäre. Dafür hätten die Dorfkarten etwas größer angelegt werden müssen, so finden sich nur Rat- und Herrenhaus an identischen Stellen, alles andere ist doch oft eine recht mühsame Suche. Da muss überprüft werden, ob es noch freie Gebäude der gewünschten Art gibt oder ob schon rausgeworfen werden darf. Bei Mühle und Manufaktur muss das letzte Gebäude im Blick sein. Das nimmt dem Spiel insbesondere in größeren Runden ab vier Spielern doch die Leichtigkeit, die es eigentlich besitzt. Daher gefällt es mir in kleinerer Rundenbesetzung auch deutlich besser.
Eine tschechische Ausgabe müsste der Autor übrigens SPANISCHE DÖRFER nennen, im ehemaligen slowakischen Anhang kämen gleich die Hottentotten ins Spiel, wieviel einfacher ist es dann, wenn wir „nur Bahnhof verstehen“, aber das wäre wohl ein ganz anderes Spiel. Und da BÖHMISCHE DÖRFER für Reiner Stockhausen nur eine „Zwischendurch“-Station sind, bin ich sicher, dass er Hochkarätigeres in Arbeit hat.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: BÖHMISCHE DÖRFER
Autor: Reiner Stockhausen
Verlag: dlp games
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2- 5
Spielzeit: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 27 Euro
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