Dienstag, 1. Dezember 2015
FLIP A BIRD
Der noch junge Spieleautoren-Wettbewerb der Wiener Spieleakademie hat herausragende Titel wie HÄNDLER DER KARIBIK (2013), das inzwischen als PORT ROYAL auf dem Markt ist, und ROYAL GOODS (2015) hervorgebracht, das Lookout Spiele herausbringen wird. Der Autor beider Spiele ist Alexander Pfister, der mit BROOM SERVICE, MOMBASA und ISLE OF SKYE im Augenblick wohl erfolgreichste österreichische Spielerfinder.
Eher zur zweiten Garde, die aber durchaus auch eine Reihe von Veröffentlichungen vorzuweisen hat, gehören Arno Steinwender und Wilfried Lepuschitz. Ihr FLIP A BIRD ist der dritte Gewinner des Autorenwettbewerbs. Die grafische Gestaltung hat, wie gewohnt, Klemens Franz übernommen. Die ausgezeichneten Spiele werden zugunsten einer Charity-Maßnahme in Österreich ohne jegliche Gewinnorientierung verkauft.
FLIP A BIRD ist ein recht einfaches Kartenablegespiel, das seinen besonderen Reiz aus den Kartenrückseiten gewinnt. Die zeigen nämlich offene und abgedeckte Vogelkäfige, die für die Kartenablage wichtig sind. Jeder der drei bis sechs Spieler erhält zwei Tippkarten und zwei Handkarten. Die Handkarten zeigen meist Vögel in den Werten eins bis drei in vier unterschiedlichen Farben, jede vierte Karte kann eine Sonderkarte sein, dazu später mehr.
Wer an der Reihe ist, zieht eine weitere Spielkarte und legt dann eine seiner drei Karten am Zugstapel an. Je nach Käfigabbildung des Nachziehstapels wird die Karte offen oder verdeckt gespielt. Da, abhängig von der Spielerzahl, in der Reihe nicht mehr als acht bis 14 Vögel liegen dürfen, darf der Zugspieler stets auch behaupten, die Zahl sei schon übertroffen. Die restlichen Spieler tippen mit, ob sie den Zweifler unterstützen oder, wie der vor ihm Sitzende, der Meinung sind, dass es schon noch reiche. Die Gruppe, die richtig liegt, teilt die ausliegenden Karten untereinander als Gewinnkarten aus. Sobald die letzte Karte vom Nachziehstapel gezogen wird, werden die Karten nur noch verdeckt gespielt, bis zum letzten Mal ein Zweifler auftritt.
In der Schlussauswertung bringen Farbquartette mit Vögeln aller vier Farben zehn Punkte, sonst zählt jede Vogelkarte nur einen Punkt, die Sonderkarten bringen zwei Punkte. Diese speziellen Karten, die mit Vorliebe verdeckt gespielt werden, werfen Hochrechnungen oft total über den Haufen. Da können Vogelfarben gar nicht oder doppelt gewertet werden, da gibt es Karten, bei denen die Nachbarkarten entwertet werden und schließlich können durch zwei Karten die Sonderkarten selbst von der Wertung ausgenommen werden.
Das Spiel mit den verdeckt und offen zu spielenden Vogelkarten besitzt einen gewissen Reiz. Wer sich die gespielten Sonderkarten merken kann, geht auch kalkulierter an die letzten Runden heran. Trotzdem lässt sich nicht allzu viel gezielt bestimmen und steuern. Wie der Vogel in seinem verdeckten Bauer stochern doch alle wie blinde Hühner durch die Tippphasen. Zudem gibt es Pechsträhnen, dass man immer nur offene Käfige vor sich findet, wenn man an der Reihe ist.
Der Anfangsreiz verfliegt sehr schnell, sodass FLIP A BIRD wohl eher nicht zum Dauerbrenner auf dem Kartenspieltisch werden wird. So ganz überzeugt von dem Spiel waren wahrscheinlich nicht einmal die Herausgeber, das Österreichische Spielemuseum e.V. um Dagmar und Ferdinand de Cassan, da Pfisters ROYAL GOODS sehr kurzfristig noch nachgeschoben wurde und innerhalb eines halben Tages auf der Messe in Essen ausverkauft war. Einen Monat später während des Spielfests in Wien waren dagegen noch mehrere hundert FLIP A BIRDs käuflich zu erwerben.
Wertung: Vielleicht nächsten Monat wieder.
Titel: FLIP A BIRD
Autoren: Arno Steinwender und Wilfried Lepuschitz
Verlag: Österreichisches Spielmuseum e.V.
Spielerzahl: 3 - 6 Spieler
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 7 Euro
Montag, 30. November 2015
GIPFELKRAXLER
Friedemann Friese schlägt 2015 sogar Reiner Knizia, kommt dieser Autor, der heuer sein 30jähriges Jubiläum feiert, vielleicht auf die üblichen zwei Dutzend Spiele, die in Essen auf der Spiel neu vorgestellt wurden, schafft der Bremer Autor 505. Da ist einmal sein modularer Spielbaukasten 504 mit entsprechend vielen Spielideen und ein kniffelähnliches Familienspiel, bei dem man nicht automatisch an ihn als Autor denken würde.
Sein Würfelspiel GIPFELKRAXLER für zwei bis vier Personen ab acht Jahren ist bei Amigo erschienen. Der Stimmungsanzeiger der Dietzenbacher Firma wandert Richtung Glück und Turbulenz, er ist weit weg vom Expertenanspruch. Letztes Jahr waren es LEMMINGE, die zu einem Wettlauf antraten, 2015 sind es Steinböcke, die zum Gipfelsturm antreten. Eigentlich, dachte ich, halten die sich nur in Gebirgsregionen auf. Bei Friedemann Friese starten sie aber in einem idyllischen Taldorf, um über mehrere Bergstationen schließlich auf dem Mount Friese zu landen.
Vom Dorf aus führen fünf Pfade zum Gipfel, die teilweise miteinander verbunden sind, talabwärts rauschen Gebirgsbäche. Jeder führt fünf Steinböcke über diese Wege würfelnd nach oben. Die Würfel dienen dabei nicht der einfachen Fortbewegung, sondern in Kniffelmanier dem Erfüllen von Würfelkombinationen. Das geht mit Pärchen los, bis ganz oben unter dem Gipfel gleich fünf identische Zahlen für den entscheidenden Schritt erforderlich sind. Fast unmöglich zu schaffen, da dazu nur fünf Würfel benutzt werden dürfen. Da hilft auch dreimaliges Nachwürfeln wenig. Damit die Steinböcke doch den Blick ins Tal vom Gipfel genießen können, hat sich Friese eine Schubsorgie ausgedacht. Eigene Böcke werden dabei nach oben befördert, fremde wandern zur Seite und flussabwärts. Diese Funktion wirkt sich vor allem in den höheren Regionen aus, da dort die Bergstationen nur ein Steinbock betreten darf. In den Startregionen sind es noch beliebig viele.
Wer es schafft, passende Geißbock-Ketten aufzubauen, kann recht schnell zum GIPFELKRAXLER werden. Das gilt vor allem für die Zweierpartien, da entscheidet letztlich das Würfelglück über die passende umgekehrte Geißbock-Lawine nach oben. Zu viert interagieren die Spieler zwar mehr, da schlägt auch die Ärgerkomponente voll durch, damit wird es aber am Ende zäh. Weil immer wieder Ketten zerstört werden und sich das Spiel damit deutlich über die angegebenen 30 Minuten hinziehen kann. Ideal ist es zu dritt, damit für die klassische Kleinfamilie annehmbar. Ein Familienspiel ohne großen Anspruch auf MENSCH ÄRGERE DICH NICHT-Niveau, ein bisschen KNIFFEL, ein bisschen LEITERSPIEL und MALEFIZ. Friese frischt Klassiker für seinen Wettlauf zum Berggipfel auf. Amigo liefert dazu ansprechendes Material und eine tadellose Regel. Für Wenigspieler und Grundschulkinder geeignet, fürs Erklimmen von Spielepreistiteln wird es allerdings nicht reichen.
Wertung: Vielleicht nächsten Monat wieder.
Titel: GIPFELKRAXLER (ehemals Gipfelstürmer)
Autor: Friedemann Friese
Verlag: Amigo
Spielerzahl: 2 – 4
Alter: ab 8 Jahren
Dauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 20 Euro
Samstag, 8. August 2015
THINK STR8!
Auf deduktiven Spuren hat sich Leo Colovini schon in der Frühzeit seiner Autorentätigkeit als 24jähriger in der Zusammenarbeit mit Alex Randolph bewegt. Die beiden Venezianer, der eine von Geburt her, der andere, weil er die Lagunenstadt liebte, haben 1988 Venedig mit INKOGNITO das wohl eindrucksvollste spielerische Denkmal geschenkt.
Sein THINK STR8!, 2015 bei Huch erschienen, folgt dem schon klassischen DA VINCI-Prinzip, das verdeckt vor einem Spieler stehende Zahlenfolgen erraten werden müssen. Colovini treibt es aber etwas bunter. In seinem Spiel geht es um Zahlenkarten in sechs Farben in den Werten 0 bis 7. Von jeder Farbe steckt vor jedem der zwei bis vier Spieler jeweils eine Karte im Kartenhalter.
Der Ratevorgang wird durch ein Ermittlungsblatt und durch ein Spielbrett unterstützt. Auf dem Spielbrett wird neben der Spielstandsanzeige das Ergebnis des Wurfs dreier Farbwürfel markiert. Dieser Wurf darf einmal korrigiert werden, alle kreuzen in der entsprechenden Rundenspalte die entsprechenden Farbspalten an. Dabei darf eine Farbe auch mehrmals vorkommen. Die Zahlensumme aller ausgewählten Würfel muss nun erraten werden. Dafür gibt es Schätzleisten auf dem Spielplan und Tipp-Plättchen, die Bandbreiten bis zu sieben Feldern abdecken. Je kleiner das Plättchen, umso mehr Punkte gibt es zu gewinnen. Haben alle getippt, werten die Mitspieler aus. Wer falsch liegt, erfährt immerhin, ob die Summe seiner Zahlen in Wirklichkeit höher oder tiefer als der Tipp liegt. Zusätzlich müssen diese Spieler eine ihrer Karten austauschen.
Nach acht bis zehn Runden ist das Rätselraten vorbei und es folgt eine finale Tipp-Runde, in der die Spieler für jede Farbe ein bis drei Tipps abgegeben. Dabei bringt ein Volltreffer fünf zusätzliche Punkte ein, wer drei Tipps braucht und dann richtig liegt, kassiert nur einen Punkt. Diese Endrunde ist oft spielentscheidend und kann Reihenfolgen total durcheinander wirbeln.
THINK STR8! ist ein anspruchsvolles Denkspiel, das durch die Additionskomponente einen zusätzlichen Pfiff erhält. Auch mit weniger als vier Spielern haben alle stets die Informationen über drei Kartenhalter, der eigene bleibt ja unbekannt. Allerdings kommt es zu zweit und zu dritt seltener zum Kartenaustausch, sodass für die finalen Tipps am Ende weniger Informationen zur Verfügung stehen. Wer Deduktionsspiele mag, wird Gefallen an Colovinis Spiel finden. Woran ich allerdings überhaupt kein Gefallen finde, das ist die Umsetzung seiner Spielidee durch Huch. Für 25 Euro darf man wohl einen ordentlichen Spielplan und stabiles Kartenmaterial erwarten. Das, was die Firma aus Günzburg hier abliefert, ist unterhalb aller Norm. Die Zahlenkarten sind extrem dünn und spitzeckig. Der Spielplan hat die Materialqualität eines Sichtschutzes und verdient eigentlich den Namen „Spielplan“ überhaupt nicht. Auch Farbwürfel und Setzsteine habe ich schon in deutlich besserer Qualität erlebt. Das ist absolut nicht akzeptabel, was Huch sich hier leistet und lässt eine Wertung im 2er-Bereich, die die Spielidee eigentlich verdient hätte, nicht mehr zu!
Wertung: Vielleicht nächsten Monat wieder
Titel: THINK STR8!
Verlag: Huch
Autor: Leo Colovini
Spieleranzahl: 2-4
Alter: ab 10 Jahren
Dauer: ca. 60 Minuten
Preis: ca. 25 Euro
Freitag, 7. August 2015
VON DRACHEN UND SCHAFEN
Ein Einstieg in die Besprechung von VON DRACHEN UND SCHAFEN muss den Grafiker würdigen. Jonas Åkerlund hat für dieses Kartenspiel aus dem Kosmos Verlag eindrucksvolle Bilder gezeichnet. Das Vergnügen genießen die Spieler gleich doppelseitig, da sind einerseits unterschiedliche Schafe auf der Kartenrückseite und anderseits prägen 85 Aktions- und Schatzkarten den Spielverlauf. Åkerlunds Bilder gehören 2015 berechtigt zu den nominierten Werken für Graf Ludo. Die Gewinnchancen dürften hoch sein.
Wäre nicht diese Grafik, hätte ich wahrscheinlich die Verlagsstrategie für eine Einleitung genutzt, denn inzwischen fragt man sich, wozu Kosmos eigentlich noch Redakteure bezahlt. Da lebt man von Teuber (CATAN und KNÄTSEL) und hat Erfolg mit Produkten, die im Ausland erfolgreich waren (MACHI KORO und UGO. Auch von VON DRACHEN UND SCHAFEN ist kein hauseigenes Produkt, sondern ein Kickstarter Projekt, das der in den USA lebende Autor unter Mortensen Games hat produzieren lassen. Dort wo Redaktionsarbeit möglich wäre, machen die Redakteure wie bei DA LUIGI gravierende Fehler.
Der Redakteurin Bärbel Schmidts sind bei ihrer Aufbereitung des Spiels von Nathanael Mortensen nur wenige Fehler unterlaufen. Die Umsetzung des Spiels gelingt ihr gut, sie hätte aber noch stärker in die Spielmechanik eingreifen sollen. Die Funktion von Sonderkarten wird mit Übersichtskarten erläutert, die Regel ist gut strukturiert, die Übersicht am Ende für die Besonderheiten bei jeder Spielerzahl hilfreich.
Dank dieser Regel gibt es keine Einstiegshürde. Wir Spieler sind Drachen und jagen nach Schätzen. Jeder Schatz kostet Schafe in unterschiedlicher Anzahl und verschiedener Wollfärbung. Alle starten mit vier Handkarten und ziehen ab drei Spielern zu Rundenbeginn stets drei Karten nach. Dabei orientiert man sich nur an der Schaffarbe, und weiß nicht, ob sich auf der Rückseite ein Schatz oder eine Aktionsmöglichkeit befindet. Wer an der Reihe ist, kann kostenfrei eine Höhle auslegen, die dort untergebrachte Schätze wertvoller macht. Gegen Bezahlung von zwei bis fünf Schafen dürfen die Spieler Schätze auslegen, die bis zu sieben Siegpunkte bringen. Schließlich können Aktionskarten Pläne der Mitspieler durchkreuzen. Da sorgt ein wütender Mob dafür, dass alle die Hälfte ihrer Karten verlieren. Ein Dieb schädigt nur einen Beteiligten und klaut ihm zwei Karten. Wer eine Drachenkarte oder ein Einhorn besitzt, kann sich schützen, mit einer Hirtin gibt es noch zwei zusätzliche Karten.
Mit rein destruktivem Spiel kommt man nicht weit, da auch die Aktionskarten der Schatzgewinnung dienen. Trotzdem zögern diese Aktionsmöglichkeiten das Spielende hinaus. Da wird dann gegen den Führenden gern der Ritter gespielt, der zu einer Runde Zuschauen verdonnert, oder der wütende Mob wird von einem Zauberer begleitet, der verhindert, dass der Drache sich schützend vor seinen Besitzer stellen darf. In dieser Phase ist das Spiel auch nicht ganz frei vom Königsmachereffekt, sodass manchmal ein Mitspieler entscheiden kann, wer letztlich gewinnt.
Die Wege zum Sieg können unterschiedlich sein. Wer acht Schätze ausliegen hat, beendet bei vier Beteiligten das Spiel. Da kann einer hochwertige Schatzkarten mit sieben Siegpunkten sammeln und mit vier Karten mehr Punkte besitzen, als ein anderer, der schnell acht Schätze auslegt, aber damit vielleicht nur bei 21 Punkten gelandet ist. Zünglein an der Waage sind oft die Höhlen. Vier rote Schätze in der roten Höhle bringen nämlich zehn Zusatzpunkte, wer dann vielleicht noch drei Schätze in einer blauen Höhle hat, bekommt sechs weitere Extrapunkte. Auch wenn der letzte Schatz keine Höhle hat, reicht das dann wahrscheinlich trotz geringer Einzelwerte der Schätze zum Sieg.
VON DRACHEN UND SCHAFEN ist kein schnelles Spiel. Das Schätzesammeln dauert rund eine dreiviertel Stunde, das zieht sich vor allem am Ende lange hin. Optimierer rechnen, da der jeweilige Punktestand für alle erkennbar ist. Um das zu vermeiden, sind wir inzwischen dazu übergegangen, dass die Schätze in den Höhlen unter die Höhlenkarte geschoben werden. Da bleibt dann doch noch etwas Überraschung für das Ende möglich, es sei denn, es gibt einen absoluten Memo-Crack in der Runde. Hilfreich wäre auch gewesen, wenn das Gleichgewicht zwischen Schatz- und Aktionskarten zugunsten der Schatzkarten verändert worden wäre. Gegen Ende sind nämlich im Spiel zu viert fast nur noch Aktionskarten im Deck. Eine Relation von 50 Schatzkarten zu 30 Aktionskarten oder sogar ein Verhältnis von 60:20 würde für einen zügigeren Ablauf sorgen.
Fazit: Tolle Optik, mittelmäßiges Spiel, dem die Feinabstimmung fehlt. Da hätte man mehr daraus machen können.
Wertung: Vielleicht nächsten Monat wieder
Titel: Von Drachen und Schafen
Verlag: Kosmos
Autor: Nathanael Mortensen
Grafik: Jonas Åkerlund
Spieleranzahl: 2-4
Alter: ab 9 Jahren
Dauer: ca. 45 Minuten
Preis: ca. 13 Euro
BERMUDA
Stoppuhren, Sanduhren, Zählorgien - der Möglichkeiten Timer beim Spielen zum Einsatz zu bringen, sind viele. Was Carlo Emanuele Lanzavecchia in BERMUDA dazu eingefallen ist, war aber noch nie da: Luft anhalten als Zeitmesser. Apnoetaucher sind eindeutig im Vorteil.
Der italienische Autor, der sich bisher eher mit FEUERDRACHEN (Haba) und RUMPELRIESEN (Drei Magier) beschäftigt hat, geht im Bermuda Dreieck auf Tauchgang. Dort liegen wertvolle Schätze, die eine unheimliche Nixe aber gar nicht so gerne rausrückt. Da müssen mutige Taucher schon gemeinsam an der Schatzsuche arbeiten.
Das Taucherlebnis nimmt Lanzavecchia wörtlich. Sind drei Taucher beteiligt liegen drei Schätze aus, bei denen die Tiefe des Tauchganges vorgegeben ist. Sie liegt zwischen sechs und zehn Tiefenmetern. Das Tauchen läuft in Form eines kooperativen Ablagespiels á la THE GAME ab. Tauchkarten dürfen auf- und absteigend gelegt werden. 12 Karten mit Werten von 1 bis 9 hat davon jeder auf der Hand. Auf eine 5 können sie damit entweder eine 6 oder eine 4 legen. Das Problem der Absprache gibt es nicht, da alle damit zu tun haben, die Luft lange anzuhalten. Jeder spielt möglichst schnell seine Karten ab. Die Gruppe muss daher darauf achten, nicht mehr Karten als gefordert zu spielen, denn sonst sind sie am Schatz vorbeigetaucht.
Sobald einer Luft holen muss, ist der Spaß vorbei. Schätze, die sie nicht erreichen, bekommt die Nixe, was der wiederum ein bis drei Siegpunkte bringt. Insofern muss die Gruppe darauf achten, die höherwertigen Schatzkarten selbst zu ergattern, denn für sie zählt jeder Schatz nur einen Punkt. Nach fünf Tauchgängen wird Bilanz gezogen, wobei es nicht einfach ist, die Nixe zu besiegen.
Eine verrückte Idee, die für die Österreicher immerhin eine der vielen dort vergebenen Auszeichnungen Wert war. Neben UGO und BROOM SERVICE taucht BERMUDA als „Spiele-Hit mit Freunden“ auf. Mich selbst fasziniert der kreative Einfall, ich zweifle aber an der Langzeitwirkung. Die Tauchvorgänge sind einfach zu schnell vorbei. Es ist zwar schön, sich am schwächsten Glied in der Gruppe orientieren zu dürfen, aber wenn dem schon nach 15 Sekunden die Luft ausgeht, dann gewinnt durchweg die Nixe. Zumal die Karten auch stimmen müssen. Im Spiel zu dritt stehen gerade einmal 36 von 63 Karten zur Verfügung, da entstehen automatisch Lücken, die beim besten Willen und bei extremer Tauchdauer nicht gefüllt werden können. Tolle Idee, der aber dann doch auf dem Weg in die Spieltiefe die Luft ausgeht.
Wertung: Vielleicht nächsten Monat wieder
Titel: BERMUDA
Verlag: Huch
Autor: Carlo Emanuele Lanzavecchia
Spieleranzahl: 3-6
Alter: ab 10 Jahren
Dauer: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 8 Euro
Dienstag, 19. Mai 2015
FRÖSCHLEIN AUFGEPASST!
Mit FRÖSCHLEIN AUFGEPASST! knüpft Manfred Ludwig an die Frühzeit seiner Autorentätigkeit an. Irgendwie scheint das Spiel aus der Zeit gefallen zu sein. Ein HALMA-Plan und Störche, die Frösche fangen, das hätte auch ein Spiel in den 70ern sein können.
Zugegeben, toll produziert! Die neue Noris-Linie, die Johann Rüttinger grafisch betreut, knüpft ebenfalls an alte Zeiten an, als Rüttinger vor über 30 Jahren schon einmal die Noris-Spiele prägte. Für Noris bedeutet diese Rückkehr nichts Nostalgisches, sie wirkt belebend. Letztlich bleibt nur Ludwigs Spielidee altbacken.
Vier hungrige Adebare bewegen sich auf dem HALMA-Plan, um Frösche zu fangen. Immer einer der Quaker hockt im Teich auf einem der sieben Seerosenblätter. Natürlich wird gewürfelt und entsprechend der eigene Storch gezogen oder der Frosch bewegt. Das einzige pfiffige Element ist das mögliche Spiel mit dem Risiko, mit Unterstützung von Aktionskärtchen. Wer eine schwarze Eins würfelt, darf, statt zu ziehen, die Kärtchen nutzen. Die ermöglichen Bewegungen bis zu vier Feldern, beinhalten aber auch das fast fünfzigprozentige Risiko, zurück zum Start zu müssen. Ludwig hat sich dazu immerhin etwas Neues einfallen lassen, da die Kinder die Karten nicht von oben nach unten abarbeiten, sondern ihr Glück in der Hand haben, in dem sie abheben müssen. Dem Spiel tut das aber nicht wirklich gut. Die Kinder merken schnell, dass die Gefahr, einen Storch aufzudecken, sehr hoch ist, sodass jüngere Kinder auf diese Risikomöglichkeit ganz verzichten. Hilfreicher wäre hierbei eine eher konventionelle Entscheidung gewesen, die Erinnerung zu nutzen und die Reihenfolge der wenigen Karten nicht zu verändern.
Wer drei Frösche hat, gewinnt nach einer Viertelstunde die Froschjagd. Die Altersangabe ab vier Jahren ist mit Blick auf die taktischen Möglichkeiten viel zu tief gegriffen. Wer etwas von dem durchaus vorhandenen Spielreiz erahnen möchte, sollte mindestens Vorschüler sein. Nichts Neues im Spieleteich, aber wunderschön produziert!
Wertung: Vielleicht nächsten Monat noch einmal
Titel: FRÖSCHLEIN AUFGEPASST!
Verlag: Noris
Autor: Manfred Ludwig
Spieleranzahl: 2-4
Alter: ab 4 Jahren
Dauer: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 25 Euro
Sonntag, 10. Mai 2015
SCHLAFMÜTZE
Das Kartenablegespiel SCHLAFMÜTZE von Amigo ist eigentlich ein Klassiker. Es entspricht fast hundertprozentig dem alten ESELSPIEL, das ursprünglich aus dem skandinavischen Bereich stamm. In Dänemark soll es um 1950 erfunden worden sein. In Schweden habe ich mehrere Holzfassungen in Spieleläden gesehen und bei uns gibt es zusätzlich auch noch die Kartenspielfassung von ASS auf dem Markt.
Wie sich das für einen Klassiker gehört, ist der Ablauf simpel. Das Spiel besteht aus 100 Karten, die je fünfmal in den Werten 1 bis 20 vorhanden sind. Mittig werden alle 1er-Karten ausgelegt, dort darf dann aufsteigend ablegt werden. Alle restlichen Karten werden an die zwei bis acht Spieler verteilt und liegen als verdeckter Zugstapel vor ihnen. Wer an der Reihe ist, überprüft, ob er seine aufgedeckte Karte ablegen kann, gelingt das nicht, eröffnet er einen eigenen Ablagestapel. Das hat zur Folge, dass nicht nur prioritär die fünf mittleren Stapel überprüft werden müssen, sondern auch alle bei den Mitspielern, wobei dort sogar absteigend gelegt werden darf. Wer übersieht, dass er eine Karte ablegen konnte, wird zur „Schlafmütze“ und erhält Strafkarten der Mitspieler, die er unter seinen Zugstapel packen muss. Sobald ein Spieler alle seine Karten los ist, endet das Spiel nach knapp 30 Minuten.
Vielspieler sagen: Ist das alles? Wo ist der Sinn des Spiels? Oder kritisieren ganz scharf, wie auf BoardGameGeek: „Leider nur hirnloses Kartenablegen. Keinerlei Entscheidungsmöglichkeiten oder ‚Spaß‘.“
Wenigspieler, Familien mit Kindern ab sechs Jahren urteilen weniger kritisch. In solchen Runden kommt es zu Fehlern und die dem Spiel immanente Schadenfreude kommt zum Zuge. Es kann eben doch passieren, dass eine Karte bei einem Mitspieler abgelegt wird, obwohl die Ablage in der Tischmitte Priorität hätte. Manchmal wird auch der Zugstapel vor dem Ablagestapel benutzt, was nicht zugelassen ist. Insbesondere in kleinen Runden werden allerdings kaum Fehler gemacht. Da geht es dann sehr stereotyp zu. Ständig passen die Karten nicht und man deckt einfach immer nur neue Karten auf, bis dann einer mal Glückt, dass eine angelegt werden kann. Das dauert am Anfang und dauert und dauert und führt oft zu Spielabbrüchen.
Am besten gelungen ist noch die grafische Gestaltung der Karten, da wird von 1 bis 20 eine richtige kleine Aufstehgeschichte erzählt, vom Weckerklingeln, übers Zähneputzen und Duschen bis zum fit in den Tag starten.
Letztlich muss sich Amigo fragen lassen: Wer ist denn hier die SCHLAFMÜTZE? Weshalb dieses Spiel jetzt, wenn doch die fast identische Idee von ASS als DAS LUSTIGE ESELSPIEL noch auf dem Markt ist. ASS hat immer wieder Neuauflagen des Klassikers herausgebracht, zuletzt 2010. Eine Ausgabe, die zwar nicht ganz so hübsch ist, aber für deutlich weniger Geld erworben werden kann.
Wertung: Vielleicht nächsten Monat noch einmal
Titel: Schlafmütze
Verlag: Amigo
Autor: ohne Nennung
Spieleranzahl: 2-8
Alter: ab 6 Jahren
Dauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 8 Euro
Freitag, 10. April 2015
Plan B
Das Strategiespielen mit Original Ankersteinen
Unverkennbar, dieser Geruch! Wenn es denn Wetten dass! noch gäbe und Karsten Adlung würde wieder einmal eine Spiele-Wette abschließen, dann könnte er ja versuchen, Spiele nach Geruch zu identifizieren. Der Duft der großen weiten Welt kommt heutzutage fast nur noch aus China, da ist oft langes Lüften angesagt, wenn die Spieleschachtel geöffnet wird. Ganz anders bei den Bauspielen aus dem thüringischen Rudolstadt. Ihr traditionelles Rezept besteht aus 100 Prozent natürlichen Materialien wie Kreide, Quarzsand, Farbpigmente und Leinöl. Und eben dieses Leinöl bringt den unverwechselbaren Geruch der Ankerbausteine mit sich, eine Erinnerung an Kindheit, die eigentlich nur noch vom Tannenduft übertroffen wird.
Die Ankerbausteine tauchen wieder einmal in einem Spiel auf. Die Firma Gollnest & Kiesel ist ein in den letzten Jahren stark gewachsenes mittelständisches Unternehmen, das ein breites Spielzeugsortiment anbietet. Im Brettspielbereich sind bisher eher Klassiker á la LUDO, GÄNSESPIEL und DOMINO im Programm, ganz neu ist das Spiel mit Ankerbausteinen, das Jürgen Knischewski, der bei Goki als Grafiker arbeitet, unter dem Titel PLAN B entwickelt hat.
Sein Material: 22 Würfelsteine, 21 hellgrüne Scheiben, je sieben rote, gelbe, grüne und blaue Dreiecksteine – alles Anker pur. Dazu noch ein großer Holzwürfel und ein massives Pressholz-Spielbrett mit 7x7 Feldern. Knischewskis Spielidee: Nahezu ebenso klassisch wie die Bausteine, ein Häuserbau „Drei in einer Reihe“, wobei er rechtwinkliges Abbiegen erlaubt, die diagonale Verbindung aber nicht. Zur Spieleridentifikation dienen die Dreiecksteine als Dachsteine, die Hausbasis stellen die Würfelsteine dar. Die grünen Baumsteine können taktisch zum Ärgern, aber auch zum eigenen Vorteil genutzt werden.
Knischewski klassifiziert sein Spiel als „Strategiespiel“. Stapeln wir ruhig mal tiefer und sprechen lieber von einem einfachen würfelgesteuerten Bauspiel für die ganze Familie. Das ergibt sich allein schon aus dem Motor des Spiels, hier werden nicht abwechselnd Steine gesetzt, sondern hier bestimmt der Würfel, was baulich zulässig ist. Das bedeutet am Anfang, dass man mit hälftiger Wahrscheinlichkeit aussetzen darf. Denn der Autor wollte in seinem „Strategiespiel“ nicht auf das Aussetzsymbol verzichten. Da ein Dach ohne Rohbau auch nichts bringt, ist der Einstieg eher dröge. Ansonsten gibt es natürlich die entsprechenden Bauteile auf den Würfelseiten, einen Joker und das interessanteste Wurfergebnis, die Rochade, mit der man als Startspieler allerdings auch nichts anfangen kann. Mit dieser dürfen Spielsteine, auch fertige Häuser auf nebeneinanderliegenden Feldern ausgetauscht werden. Damit kommt Pfiff ins Spiel, zumal natürlich auch der Joker so genutzt werden kann.
Beim Spiel mit Kindern, was durchaus schon ab fünf Jahren möglich ist, kann PLAN B durchaus Spaß machen. Da wird das Setzen der Ankerbausteine zu einer ersten spielstrategischen Einführung. Wo kommt der Rohbau hin, wo kann ich vielleicht später Gebäude tauschen? Erwachsene sehen sich eher durch den Anspruch „Strategiespiel“ getäuscht. Da helfen wahrscheinlich nur Hausregeln weiter. Wir spielen es inzwischen so, dass jeder zum Start jeweils von jeder Sorte einen Spielstein schon zur Verfügung hat, die er setzen kann, aber nicht muss. Wenn dann noch das Aussetzsymbol als Joker gedeutet werden darf, dann wird PLAN B zu einem ordentlichen Spiel. Wer nicht so massiv ins Regelwerk eingreifen möchte, der kann auch einfach den zusätzlichen Würfel mit einbauen, der dem Spiel beiliegt. Wenn beide Würfel geworfen werden und man sich dann ein Ergebnis aussuchen darf, dann wird der Glücksfaktor gleich deutlich reduziert. Kreativ muss man auch ohne Regelveränderung mit dem eher lückenhaften Regelwerk umgehen. Was macht man zum Beispiel, wenn Dächer oder Rohbauten ausgehen? Wir empfehlen, das Versetzen auf dem Spielplan zuzulassen. Wie man sieht, wer regeltechnisch seinen Plan B bereit hält, kommt auch mit Knischewskis PLAN B klar, das sonst eher konventionell daherkommt. Aber auch das passt natürlich zu den wunderbaren Ankerbausteinen.
Wertung: Vielleicht nächsten Monat noch einmal
Titel: Plan B
Verlag: goki
Autoren: Jürgen Knischewski
Spieleranzahl: 2-4
Alter: ab 5 Jahren
Dauer: 20 bis 30 Minuten
Preis: ca 40 Euro
« vorherige Seite
(Seite 3 von 3, insgesamt 58 Einträge)