Sonntag, 25. April 2021
SATELLIT
SAMMELSURIUM
Berliner Spielkarten – SPIEL-O-THEK: SATELLIT
Der Berliner Spielkarten Verlag ist vor allem durch seine Quartettspiele bekannt. Der Verlag hat sich zwischen 1968 und 2000 zwischendurch immer wieder kleine Abstecher in den Brettspielbereich geleistet. Bekannt ist vor allem die schöne Brettspiel-Serie SPIEL-O-THEK, in der ab 1974 Spiele veröffentlicht wurden. Die quadratischen Schachteln mit samtigem Inlett sollten der CASINO-Serie von Ravensburger und der E-Serie von F.X. Schmid Konkurrenz machen. Der Berliner Spielkarten Verlag, der die Reihe bis 1976 produzierte, brachte es aber nur auf fünf Spiele.
Erfolgreich war der Verlag dann noch einmal in seiner Schlussphase als Reinhard Staupe als Redakteur Spiele wie DAVID UND GOLIATH (1997) und MIT LIST UND TÜCKE (1999) veröffentlichte. 1999 übernahm Ravensburger die Firma Berliner Spielkarten. 2000 wurde die Marke Berliner Spielkarten mit den zusätzlichen Produktfeldern Spiele und Puzzle in die Spielkartenfabrik Altenburg integriert.
Ganz wesentlich für die Serie der SPIEL-O-THEK war die Kooperation mit Rudi Hoffmann, der einige Spiele beisteuerte. Rudi Hoffmann, der Vater von Guido Hoffman, gehörte schon in den 60er und 70er Jahren zu den bekanntesten Autoren Deutschlands. Da er als Werbegrafiker arbeitete, hat er die meisten seiner Spiele mit einem unverkennbaren ironischen Stil selbst gestaltet. Seine Handschrift prägt viele frühe Spiele der Verlage Spear und Berliner Spielkarten. Seinen größten Erfolg hatte er 1989 mit CAFÉ INTERNATIONAL (Mattel), das Spiel des Jahres wurde. Dieser Preis führte vor allem in den 90ern zu vielen Neuauflagen seiner älteren Spiele. Von den Berliner Spielen erlebte ELDORADO mehrere Neuauflagen, so als DORADA (Ravensburger, 1988), ALLES FÜR DIE KATZ? (F.X. Schmid, 1994) und SCHATZ IN SICHT (Haba, 2006). Rudi Hoffmann starb im Juli 2008 mit 83 Jahren.
SATELLIT
SATELLIT, das zweite Spiele Rudi Hoffmanns aus der Reihe der SPIEL-O-THEK war weniger erfolgreich als ELDORADO, das Spiel kreiste einsam und von einer Zweitauflage 1976 abgesehen nur kurz im Programm des Berliner Spielkarten Verlags. Dabei hatte Hoffmann sogar eine interessante Teilkooperation ins Spiel mit eingebaut.
Vier Raumschiffe umkreisen in Hoffmanns Spiel die Erde, jedes hat Platz für vier Weltraumfahrer. In den Kabinen des SATELLITen, der unserem Planeten am nächsten ist, starten die zwei bis vier Spieler. Feste Umlaufbahnen halten die Raumschiffe auf starren Kurs, dort stoßen sie auf Raumstationen, bei denen sie andocken können und sogar eine Marslandung ist auf der äußeren Bahn vorgesehen.
Um dorthin zu gelangen, müssen die Astronauten mehrfach von einem Raumgleiter in den anderen umsteigen. Das klappt orthogonal und diagonal. Zentrale Aufgabe für alle ist, möglichst viele Raumstationen zu besuchen und eventuell auch den Mars. Das wird belohnt mit ein oder zwei Informationspunkten. Sind zehn erreicht, darf es zurück zur Erde gehen. Für die direkte Landung gibt es dort noch einmal fünf Punkte.
Zeitgemäß überlässt Hoffmann die Bewegung der Raumgleiter allein der Würfelsteuerung. Immerhin darf jeder jeden Satelliten bewegen, immerhin verlässt sich der Autor nicht nur auf einen zufälligen Wurf, sondern gesteht jedem aktiven Spieler deren zwei zu.
Da die Besatzung meist aus mehreren Weltraumfahrern besteht, decken sich zum Teil die Bewegungsinteressen. Das gilt vor allem auf der äußeren Bahn mit dem Planeten Mars. Die Belohnungspunkte bekommt zwar stets nur der aktive Spieler, aber andere können nachziehend, erneut die Landung versuchen.
Thematisch ist dieser Umlaufbahnwechsel und die Teilkooperation bei der Bewegung der Raumkörper durchaus gelungen. Der hohe Würfelanteil mit dem entsprechenden Glücksfaktor machen aus SATELLIT aber nur ein durchschnittliches Spiel, das in Zeiten, in denen wir den Mars terraformen, ziemlich altbacken wirkt.
Die Umsetzung mit Plastikkabinen und kleinen Plastikastronauten hat den Charme der frühen 70er. Der Spielplan bleibt sehr abstrakt, er hätte durchaus die Handschrift des Autors vertragen.
Titel: SATELLIT
Autor: Rudi Hoffmann
Grafik: o.A.
Verlag: Berliner Spielkarten
Spielerzahl: 2 - 4
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 30 DM
Wertung: Nächsten Monat wieder
Sammelsurium 17 - S17/2021
Montag, 19. April 2021
VERFLIXTE STREIFEN
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
SUDOKU in VERFLIXTE STREIFEN
Die Rätselform der SUDOKUS ist noch gar nicht so alt. 1979 hat Howard Garns dieses Zahlenrätsel erfunden, das in den 80ern in Japan populär wurde und dort den Namen SUDOKU erhielt. Der Weg von einem Zeitschriften-Rätsel aufs Spielbrett währte länger. Erst seit letztem Jahr drängen die SUDOKUS auf den Spieltisch. Kosmos, Jumbo, Clementoni,
Ravensburger, Noris streiten sich um die besten Varianten. Dabei treten zum Teil renommierte Autoren an. Kosmos hat Reiner Knizia mit im Boot, bei Clementoni ist es Leo Colovini.
In diesem Jahr ergänzt vor allem Kosmos die Varianten von Knizia beträchtlich. Nach SUDOKU – DAS BRETTSPIEL (2005), folgen heuer DAS WÜRFELSPIEL, DAS DUEL DER MEISTER und die VERFKLIXTEn STREIFEN (außerdem noch: VERHEXTE QUDRATE, VERDREHTE BLÖCKE).
Knizias Idee, er zerlegt das klassische 9x9 Raster in dem in jeder Reihe, Spalte und Diagonale jede Zahl nur einmal vorkommen darf in Streifen und lässt dabei die bis zu vier Kontrahenten einfach gegeneinander Puzzeln. Jeder bekommt dafür seinen Farbsatz mit den neun Zahlenstreifen und versucht, ein passen SUDOKU hinzubekommen. Sobald einer fertig ist, endet die Partei. Der Gewinner kann dann aber auch den anderen noch bei der Lösung helfen.
Die Streifen besitzen zwar eine Vor- und Rückseite, trotzdem ist die Anforderung deutlich geringer als bei einem echten SUDOKU, man muss nur ein bisschen hin- und herschieben und manchmal drehen. Das war’s! Die erfinderische Leistung Knizias ist nicht wirklich erkennbar. Das Prinzip der Aufteilung des 9x9- Rasters hat er exakt so bei VERHEXTE QUADRATE und VERDREHTE BLÖCKE übernommen. Keines dieser Spiele braucht die Welt. Eine typische Auftragsarbeit des Autors, die wir ganz schnell vergessen dürfen.
Wieland Herold
Titel: SUDOKU – VERFLIXTE STREIFEN
Autor: REINER KNIZIA
Grafik: SENSIT Communication
Verlag: Kosmos
Spieler: 1-4
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca.10 Minuten
Preis: ca. 8 Euro
Spiel 1/2006 R64/2021
Die Rezension erschien 2006 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 2 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächsten Monat wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Reiner Knizia, der weltweit produktivste Spieleautor, der auf inzwischen über 700 Spieleveröffentlichungen stolz sein kann, hatte bis 2004 schon einige Auszeichnungen gewonnen, darunter 1993 für MODERN ART und 1998 für EUPHRAT & TIGRIS. Die besondere Leistung für die spielerische Adaption von DER HERR DER RINGE zeichnete die Jury „Spiel des Jahres“ mit dem Sonderpreis „Literatur im Spiel“ 2001 aus.
2004 war Knizias EINFACH- Jahr. Mit EINFACH GENIAL erschien eines seiner besten Spiele, EINFACH TIERISCH war thematisch überzeugender als der Vorgänger HIGH SOCIETY, der aber noch den 10. Platz beim Deutschen Spielepreis erreicht hatte.
2008 erhielt Knizia für KELTIS erstmals den Titel „Spiel des Jahres“ und das gleichzeitig im Doppelpack, da WER WAR’S den blauen Pöppel bekam.
Das Bild stammt aus dem Jahr 2016 als Reiner Knizia mit MMM! für das Kinderspiel des Jahres nominiert war.
Donnerstag, 15. April 2021
DANCING DICE
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
DANCING DICE
Italienische Verlage scheinen ein Faible für pure Würfelspiele zu haben, so ist Kidultgame mit Spartaco Albertarellis DICELAND, DICERUN und POLTERDICE groß geworden. In diese Reihe fügt sich gut das gerade erschienene DANCING DICE von Silvano Sorrentini aus dem Verlag daVinci Games.
Die 36 „Tanzwürfel“ sind zwar eine Spezialanfertigung, sie drehen sich aber auch nicht anders als normale 6er-Würfel auf dem Spieltisch. Dafür sorgt der Blick auf die Würfelbilder erst einmal für einen Drehwurm. Trittfolgen männlicher Designer-Slipper - aus Italien natürlich – verwirren den geübten Würfler. Soll das etwa nachgetanzt werden? Zum Beispiel die „6“ , die aussieht wie ein großer Hummer, oder die “5” mit einem einbeinigen Tänzer in der Mitte. Keine Sorge, es geht nicht um irgendwelche Tanzschritte. Vergessen können Sie eigentlich auch gleich das gesamte Tanzthema. Es geht um nichts anderes als um Würfelkombinationen, richtig – YAHTZEE und KNIFFEL lassen grüßen.
Alles ist natürlich etwas anders verpackt. So besitzt jeder der maximal sechs Spieler zwei Würfelsätze mit jeweils drei Würfeln. Die Farbzuordnung ergibt sich einmal aus der Würfelfarbe und beim zweiten Satz mit weißen Würfeln aus den entsprechenden Farbabdruck der Schuhe. Gewürfelt wird gleichzeitig hinter einem Sichtschirm (!) – schummeln ist natürlich untersagt -, einmaliges Nachwürfeln ist erlaubt. Mit den Ergebnissen bilden die Spieler zwei Dreikombinationen, mit denen sie in die Kampfwertung gehen. Hochwertig sind vor allem Einer-, Zweier und Dreierpasch, wer den Tango – eine vorher ausgewürfelte Kombination – trifft, landet auf Platz vier, danach zählen ganz simpel nur Punkte von 18 bis 4. Bei Gleichstand ist es von Vorteil drei Würfel aus einem Satz zu haben, das gibt den Gewinnausschlag. Unterlegene Tänzer, das sind stets mindestens die Hälfte der Mitspieler, wobei abgerundet wird, bei fünf Spielern sind in einer Runde also drei betroffen, verlieren sogenannte „Vitalitätspunkte“. Zehn Punkte haben alle am Anfang, am Ende – nach 15 bis 20 Minuten – hat nur noch einer Punkte. Er hat sich erfolgreich durchgetanzt, sorry durchgewürfelt, wenn nicht vorher schon alle in Schweiß gebadet das Handtuch geworfen haben ob der mühsamen Würfelei.
Auch Spezialkombinationen wie Rock und Gala retten das Spiel nicht. Die Würfelorgie – wenn es denn eine wäre! – hinter dem Sichtschirm täuscht Taktik, Feinjustierung, Bluffmöglichkeit vor. Nichts davon erlebt man im Spiel. Wie viel spannender ist doch da ein offenes Würfelduell, an dem alle teilnehmen können.
DANCING DICE besitzt für die jeweilige Wertung eine Anzeige über einen Spielplan, der auch Auskunft über die Vitalitätspunkte gibt. Verpackt ist alles in einer mittelgroßen Spieleschachtel. Die Grafik ist thematisch ordentlich umgesetzt. Trotzdem ist das „Spiel für erprobte Tänzer“ nur ganz hart gesottenen Würfelfreaks zu empfehlen. Holen Sie lieber die klassischen Vorbilder wieder einmal raus.
Titel: DANCING DICE
Autor: Silvano Sorrentino
Grafik: Gianpaolo Derossi
Verlag: daVinci Games
Spieler: 2-6
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 20 Minuten
Preis: ca. 15 €
Spiel 7/2005 R62/2021
Die Rezension erschien 2005 www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 3 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächsten Monat wieder
Sonntag, 28. März 2021
ALI BABA
SAMMELSURIUM
Pelikan Kleine Reihe: ALI BABA
Die bei Spielesammlern bekanntesten Spiele aus dem Pelikan Verlag sind die Buchkassetten, die zwischen 1974 und 1976 herausgegeben wurden. Zeitgleich erschien eine Kleine Reihe bei Pelikan, die hauptsächlich Kinderspiele umfasste, durchaus aber Anspruch besaß.
Die ursprünglich nur für Tinten und Farben bekannte Firma aus Hannover mit dem Wappentier Pelikan, war ab den 30er Jahren die wesentliche Firma in Deutschland für Füllfederhalter. Die Erfolge führten in den 70er Jahren zu einer großen Erweiterung der Produktpalette. Neben Spielen kamen Drucker, Projektoren, sogar Kosmetik ins Sortiment der Firma. TKKG wurde von Pelikan ursprünglich entwickelt. Die Expansion ließ die inzwischen von der GmbH zur AG gewordene Firma straucheln. 1984 wurde sie von der Condorpart AG in der Schweiz übernommen, die die Spieleproduktion nicht fortführte. Inzwischen gehört Pelikan dem malaysischen Unternehmen Goodace, das nunmehr als Pelikan International Corporation Berhad firmiert.
Pelikan griff in der Kleinen Reihe kaum auf Spieleautoren zurück, viele Ideen waren Varianten klassischer Spiele oder direkt Klassiker wie die Schachtel mit DAME und MÜHLE. Eine Ausnahme stellt ALI BABA dar, eine Idee von Alex Randolph, der sich allerdings auch an der alten Idee von SCHNICK, SCHNACK, SCHNUCK orientiert.
ALI BABA
Viel Holz ist im Kasten. Jeder der bis zu vier Spieler verfügt über einen Offizier, einen Räuber und eine Dame. Alle stehen vor einer Brücke und wollen ans andere Ufer, das machen sie würfelnd, schicken sich dabei aber gegenseitig nach dem von SCHNICK, SCHNACK, SCHNUCK-Muster wieder zurück. Das gilt für die drei Figuren nach dem Prinzip, dass der Offizier den Räuber fängt, der die Dame und die wiederum den Offizier. Umgekehrt hat es keine Konsequenz. Wenn also die Dame auf ein oder zwei Offiziere trifft und noch ein Räuber auf dieser Brückenplanke steht, schickt sie nur die Offiziere zum Uferrand zurück.
Wer es als erster schafft, die sieben Schritte mit allen seinen Figuren zum anderen Ufer zu gehen, gewinnt ALI BABA nach schnellen 15 Minuten.
Im Spiel zu zweit kommt man sich bei diesem Brückenduell kaum in die Quere. Der Würfel mit seiner Verteilung (0,1,1,2,2,3) sorgt für einen hohen Zufallsfaktor. Einen gewissen Reiz entwickelt ALI BABA erst mit drei und vier Spielern. Der ganz große Wurf von Alex Randolph war das nicht, es wirkt eher wie eine klassische Auftragsarbeit, bei der der große Meister, der er 1974 durchaus schon war, eine Klassiker-Variante für ein Kinderspiel-Programm abliefern sollte.
Die großen Holzfiguren waren durchaus nicht selbstverständlich für die 70er Jahre. Das Material ist fast noch das Beste am ganzen Spiel. Pelikan hat Randolphs Idee übrigens nicht nur in der kleinen Spielschachtel herausgebracht, sondern auch im ganz großen Format (39x29x3 cm). Die Figuren sind in beiden Fassungen identisch, das sorgt für viel Luft in der großen Verpackung, deren Regel zusätzlich für Verzweiflung sorgt. In dieser Fassung muss das rettende Ufer wurfgenau erreicht werden. Wer nur noch eine Planke vor sich hat, muss exakt eine „2“ würfeln, um ans Ufer zu kommen. Das verzögert den Ausgang ungemein und vergrößert den Glücksfaktor.
Titel: ALI BABA
Autor: Alex Randolph
Grafik: o.A.
Verlag: Pelikan
Spielerzahl: 2 - 4
Alter: ab 6 Jahren
Spieldauer: ca. 15-20 Minuten
Preis: ca. 20.- DM
Wertung: Nächsten Monat wieder
Sammelsurium 13 - S13/2021
Freitag, 26. März 2021
SQUEEKY
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
SQUEEKY
Die Zutaten sind stimmig: Eine gute Mischung aus Würfelglück, Taktik und Strategie, dazu ein bisschen Bluff. Ein Spiel, das funktioniert! Aber ein Spiel ohne spielerischen Reiz. Der Funkenschlag zur Zielgruppe findet nicht statt.
Woran liegt’s? Noch mal, die spieltechnischen Planungsvorgaben stimmen. Sogar das Spielthema scheint gut gewählt. Nichts war im letzten Jahr im Kinderspielsektor erfolgreicher als Mäuse auf Käsejagd (VIVA TOPO, „Kinderspiel des Jahres“; MAX MÄUSESCHRECK, auf der Auswahlliste 2003). Diesem Trend folgt SQUEEKY von Winning Moves, „ein turbulentes Mäuserennen um das größte Käsestück“, wie es im Untertitel heißt. Das Spielmaterial, 42 kleine Holzmäuse, ist in Ordnung. Hält natürlich nicht mit den Selecta-Mäusen mit, ganz standfest sind sie im Übrigen beide nicht. Die quadratische Spielschachtel enthält nicht allzu viel Luft. Die comicartige Schachtelgrafik, in käsegelb gehalten, ist peppig. Die zweiseitige Spielregel ist klar, grafisch gut aufbereitet. Der Spielplan ist stabil, für Sechsjährige aber sehr unübersichtlich. Da haben wir die erste Hürde, die Vorschulkinder und Erstklässler nicht so einfach überwinden.
Sie finden auch kaum Zugang zu dem Spiel, das möglicher Weise zu anspruchsvoll für sie ist. Jeder Spieler, maximal sechs dürfen es sein, führt eine Mäusefamilie mit Werten von 1 bis 7. Die Mäusepunkte befinden sich auf der Unterseite der kleinen Holztiere, so dass den Mitspielern die Wertigkeiten verborgen bleiben. Jede Mausfamilie besitzt eine eigene Startbahn, über die sie sich, von anderen unbehelligt, würfelnd einem Stuhl nähern, der für alle Mäuse das gemeinsame Sprungbrett auf den Küchentisch bedeutet. Dort führt eine spiralförmig angelegte Laufbahn zum Käse. Nur auf dem Stuhl und auf den Feldern des Tisches findet ein Verdrängungswettbewerb statt, dort fangen sich die Mäuse gegenseitig. Am Ende zählen gefangene eigene Mäuse, die zum Käse gelangt sind, ihre jeweilige Punktzahl, gefangene gegnerische Mäuse bringen zusätzlich einen Punkt pro Maus. Hat man eigene Mäuse verloren, wird deren Wert vom Gesamtergebnis abgezogen. Ganz schön kompliziert für die Kleinen diese Rechenarbeit am Ende.
Das Spiel ist scheinbar einfach, bedarf aber vieler strategischer Vorüberlegungen. Wo platziere ich meine wertvollen Mäuse? Wie entscheide ich mich beim Vorwärtsgehen für die richtige Maus? Erschwerend kommt hinzu, dass mit zwei Würfeln gewürfelt wird, ein üblicher Sechserwürfel und einer mit den Werten 0 bis 5. Das bedeutet, dass in der Regel pro Zug zwei Mäuse gesetzt werden müssen. Derjenige, der als erster den Sprung auf Stuhl und Tisch wagt, ist meist ganz schnell gefangen, was für die meisten Verfolger ebenfalls gilt. Das ist das Frustrierende für die jüngeren Kinder, wenn eine Maus nach der anderen auf der Strecke bleibt und manchmal sogar am Ende Minusergebnisse in der Spielbilanz stehen. Im Gegensatz zu VIVA TOPO, wo nur die Katze wenige Mäuse fängt und immer ein Hintertürchen zu kleineren Käsestücken offen bleibt, ist die Rangelei der Mäuse untereinander in SQEEKY ganz schön brutal für die Kleinen.
Mit SCHATZ DER DRACHEN und SQEEKY wendet sich Winning Moves der für sie neuen Zielgruppe Kinder zu. Der Einstieg mit dem Mäusespiel muss als misslungen bezeichnet werden. Die Spielidee von Rosanna Leocata und Gaetano Evola gehört eindeutig in die Familienspielecke für Kinder und Erwachsene ab acht Jahren aufwärts. So angesiedelt, besitzt es die ordentlichen Qualitäten von Spielen á la GOUDA GOUDA. Für jüngere Kinder ist das Spiel eine Zumutung: Sie haben Probleme mit dem Spielplan. Mit der Abrechnung am Ende sind sie überfordert. Der Frust über den ständigen Mäuseverlust ist riesig und außerdem zieht sich in voller Besetzung das Spiel weit über die angegebenen 20 Minuten dahin, so dass ein Spielabbruch fast vorprogrammiert ist.
Titel: SQUEEKY
Autoren: Rosanna Leocata und Gaetano Evola
Grafik: Rolf Vogt
Verlag: Winning Moves
Spieler: 2 bis 6
Alter: ab 6 Jahren
Spieldauer: mindestens 20 Minuten
Preis: ca. 13 Euro
Spiel 24/2003 R59/2021
Die Rezension erschien 2003 www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 4 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächsten Monat wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Gaetano Evola und Rosanna Leocata haben beide nur zwei Spiele entwickelt. Neben SQUEEKY ist noch TERRA NOVA 2005 ebenfalls bei Winning Moves erschienen.
Dienstag, 16. März 2021
NERO
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
NERO
Otho klingt nach Versandhaus, Galba nach neuer Eissorte und Vitellius nach Mineralwasser, deshalb prangt in Schachtelbreite der Titel NERO über dem neuen Phalanx-Spiel. Erst der Untertitel, „Vermächtnis eines Tyrannen“, verweist auf den historischen Kontext, in dem sich das strategische Brettspiel von Alexander S. Berg bewegt. Der von Seneca erzogene Nero trat 68 von der politischen Bühne ab. Seine Nachfolgeregelung ist als Vierkaiserjahr in die Geschichte eingegangen und lief zwischen 68 und 69 ab. Spielerisch müssen Sie sich auf zwei Stunden Machtgeplänkel einstellen.
Das Ambiente ist stimmig. Franz Vohwinkels Grafik trägt dazu bei. Sein Spielecover, in blutiges Rot getaucht, führt Schlachtgetümmel vor dem brennenden Colosseum vor (historisch zwar zweifelhaft, da von Vespasian, dem historischen Gewinner der Auseinandersetzung, erst später erbaut), eine Büste Neros greift den Spieltitel wieder auf. Ein großer Spielplan mit Wertungsleiste, viele stabile und nicht zu kleine Pappcounter, große Holzzylinder zur Spielstandanzeige, stabile Pappsteller für die Anwärter der Macht, alles solide und viel versprechend gemacht, so dass nach ausführlichem Regelstudium (16 Seiten) die Erwartungshaltung hoch ist.
Die Ausgangslage ist für alle vier Feldherren identisch. Sie besitzen jeweils ein großes Gebiet des römischen Imperiums mit fünf Provinzen. Herrschaftsfrei sind zu Spielbeginn Italien, das in zwei Provinzen eingeteilt ist, und die Hauptstadt Rom. Die Spieler starten mit sieben Legionen, die am Anfang in den fünf Provinzen platziert werden, außerdem wird in eine dieser Provinzen, die jeweils gewählte Spielfigur, also Otho, Galba, Vitellius oder Vespasian, gestellt, die zu diesem Zeitpunkt den Rang eines Generals innehat. Das Spiel wird gesteuert durch den Einsatz von Spielkarten, von denen jeder zehn erhält. Maximal vier dieser Karten dürfen in einem Spielzug gespielt werden. Sobald alle Spieler ihre Karten ausgespielt haben, endet eine Spielrunde, drei Monate sollen nun vergangen sein. NERO endet meist erst nach einem Spieljahr, d.h. nach vier Runden, wer dann am meisten Siegpunkte hat, ist Nachfolger Neros. Ein Sieg während des Spiels tritt dann ein, wenn es ein Spieler schafft, alle vier Regionen zu kontrollieren, oder wenn er seinen General zum Herrscher gemacht hat und drei Regionen kontrolliert. In der Regel sind die Siegpunkte wichtig, die am Ende jeder Runde verteilt werden. Sollte es einen Herrscher geben, erhält er 5 Punkte, zwei Zusatzpunkte, wenn er sich gleichzeitig in Rom aufhält. Zwei Punkte erhält jeder für jede kontrollierte Region, einen Punkt für jede Provinz Italiens. In der vierten Wertung am Ende gibt es 8 statt 5 Punkte für den Herrscher und 3 Punkte für die Regionen.
Wie wird man nun vom General zum Herrscher? `Wie erobert man fremde Provinzen und Regionen? Entscheidend ist der Karteneinsatz, der wohl überlegt sein muss. Da mindestens eine Karte pro Zug gespielt wird, andererseits aber auch bis zu vier gespielt werden können, ist die Terminierung des Karteneinsatzes von großer Bedeutung. Die Spielkarten haben unterschiedliche Funktionen: Jede Karte kann zur Bewegung (2-8 Felder) von Legionen benutzt werden, dabei ist es gleichgültig, ob eine Legion oder ein Stapel bewegt wird; die Regel spricht dann von Armeen, die Kosten pro Feld sind identisch. Ein zweiter Wert der Karten verweist auf Kampfpunkte (1 bis 4), die zu Angriffs- oder Verteidigungszwecken benötigt werden. Alle Karten können aber auch für Ereignisse benutzt werden, die von mehr oder weniger großer Bedeutung für den Spielverlauf sind. Es gilt also immer zwischen Bewegung, Kampf und eventuellem Ereigniseinsatz abzuwägen, all das stets verbunden mit Blick auf die Kartenzahl der Mitspieler.
Für die Eroberung einer fremden Provinz muss ein Angreifer mit einer Legion oder Armee in diese Provinz ziehen. Ein Angriff auf dort stationierte Truppen kostet einen zusätzlichen Bewegungspunkt. Jede Legion zählt einen Kampfpunkt, der verstärkt werden kann durch einen begleitenden Herrscher. Zusätzlich dürfen Karten gespielt werden. Dabei ist stets zu berücksichtigen, dass die Maximalzahl von vier Karten nicht überschritten wird. Der Angegriffene darf sich natürlich außer der Reihe wehren, dazu kann er bis zu drei Karten ausspielen. Das macht deshalb Sinn, weil der Sieger eine Legion des Verlierers in eine eigene umwandeln darf. Nur so lassen sich eigene Truppen vergrößern. Die Anzahl der Legionen bleibt stets gleich, die Zugehörigkeit zu den jeweiligen Feldherren ändert sich aber durch die Angriffe. Sieben Legionen sind aber ein nicht allzu großes Startkapital, deshalb spielt der Schutz der eigenen Soldaten eine wichtige Rolle.
Für die Übernahme der Herrschaft müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Viele Wege führen nach Rom, drei führen im Spiel zur Herrschaft, wobei der Weg nach Rom auch von Bedeutung ist. Herrscher kann man nämlich durch Deklaration in Rom werden, dazu muss der eigene General sich in der Metropole befinden, außerdem benötigt man fünf sogenannte Deklarationspunkte (DP). Zwei besitzt man für jedes Gebiet, das man kontrolliert. Mehrheiten in den Provinzen Italiens sorgen ebenfalls für DPs. Ereigniskarten, wie die des Senatseinflusses oder die Prätorianer-Karte, bringen ebenfalls Punkte. Das Ausrufen des Herrschers durch eine Legion ist der zweite Weg, der zweistufig abläuft. Auf der ersten Stufe muss eine „Ave Caesar“-Karte gespielt werden und der General sich mit mindestens einer Legion in der Heimatregion des Spielers aufhalten. Dadurch wird der General zum Anwärter. Herrscher wird er, indem er nach Rom zieht und dort zu Beginn einer Spielrunde sich aufhält. Ein Herrscherwechsel tritt natürlich auch dann ein, wenn er eine Schlacht gegen einen anderen General oder Anwärter verliert. Herrscher, es können sogar zwei gleichzeitig sein, leben gefährlich, vor allem wenn sie sich in Rom aufhalten. Unter den Ereignissen befinden sich vier Meuchelmörderkarten, die gegen Herrscher in der Hauptstadt gespielt werden können. Ganz perfide ist die Kombination „Krise in Rom“ (nur einmal vorhanden) und „Meuchelmörder“. Die Krisenkarte beordert einen Herrscher in die Metropole, wo er sich sofortigen Angriffen stellen muss. Schutz bietet eine Prätorianerkarte, wobei auch deren Funktion durch andere Karten aufgehoben wird.
Soweit in Kürze die Beschreibung der wesentlichen Elemente des Spiels. Alles wirkt sinnvoll verwoben, klingt interessant, vielschichtig, spielt es sich auch so? Leider nein. Spätestens nach den ersten beiden Spielen führt die Spielmechanik zu einer durchaus historischen Strategie, die den Römern im Zweiten Punischen Krieg den Sieg über die Karthager gebracht hat. Fabius Maximus, der den Beinnamen „Cunctator“ (Zögerer) erhielt, verfolgte eine Ermattungsstrategie, indem er Schlachten aus dem Weg ging. Das, was historisch erfolgreich war, führt zur spielerischen Langeweile. Der Mutige wird bestraft, der Zögernde belohnt. Da das Haushalten mit den Karten wichtig ist, erhält auch das punktesparende Bewegen mehrerer Legionen eine große Bedeutung. So werden die Legionen schnell zu großen Armeen zusammengeführt. Das machen alle, da das Zurücklassen einzelner Legionen sofort zum Schlucken durch einen großen Moloch führt. Legionsverlust mit dem Vorteil für den Sieger ist bitter und oft ein spielentscheidender Nachteil. So zögerlich, wie mit den Angriffen umgegangen wird, erfolgt das Ausspielen der Karten. Auch hier muss man darauf achten, nicht ins Hintertreffen zu geraten. So werden ganz oft nur einzelne Karten ausgespielt, die am Anfang der Sammlung dienen und danach dem taktierenden Heranschleichen an Italien. Die Entscheidung ist letztlich sehr zufällig und hängt vom Besitz bestimmter Karten ab. Wenn ich einen Gegner schwächen kann, dann gelingt das mit der Aufruhr-Karte, die ihn zwingt, zwei seiner Legionen in einer Heimatprovinz zu stationieren. Hier ist er plötzlich angreifbar, alles natürlich nur in den letzten Kartenzügen. Sehr stark ist auch die Karte „Verräter“, da mit ihr einem Gegenspieler eine Karte weggenommen wird.
Inzwischen sind eine Menge Vorschläge gemacht worden, die NERO retten könnten. Auf der Forums-Seite von Phalanx gibt es eine sinnvolle Variante, die die Bewegung von Armeetürmen verteuert. Danach kostet es eine Armee, die ein bis drei Legionen umfasst, einen Bewegungspunkt pro Legion, um sich in eine benachbarte Provinz zu bewegen. Größere Armeen kostet es gar zwei bzw. drei Punkte pro Legion. Gute Erfahrungen haben wir auch mit der auf spielbox-online vorgestellten Bonusregel bei der Kartenvergabe für die nächste Runde gemacht. Jeder erhält danach nur sieben Karten, für jeweils zwei weitere Provinzen gibt es eine Karte zusätzlich. Beides kombiniert, macht aus NERO ein offeneres Strategiespiel, das die Erwartungen, die es weckt, auch erfüllt. Das Resümee bleibt aber doch gespalten. Der jetzige NERO-Käufer erwirbt die Cunctator-Fassung, mit der wahrscheinlich nicht oft gespielt werden wird. Erst intensive Internetnutzung kann zur Aufwertung des Spiels beitragen. Ist das für den Endverbraucher zumutbar? Ich denke, nein! Offizielle Ergänzungsregeln müssen dringend her, damit das Spiel die Verbreitung bekommt, die es verdient.
Wieland Herold
Titel: NERO
Verlag: Phalanx
Autor: Alexander S. Berg
Spieler: 3 bis 4
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: ca. 120 Minuten
Preis: ca. 40 Euro
Spiel 19/2003 R51/2021
Die Rezension erschien 2003 www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 5 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächsten Monat wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Nach BGG ist Alexander S. Berg ein Pseudonym des bekannten Wargame-Designers Richard Harvey Berg (1943-2019), der auch als Papst des Wargaming bezeichnet wird. Von ihm stammt eine frühe Bearbeitung des Ringkriegs (WAR OF THE RING, 1977) und eine ganze Serie zum amerikanischen Bürgerkrieg (GREAT BATTLES OF THE AMERICAN CIVIL WAR). BGG verzeichnet fast 200 Spiele. Unter Pseudonym erschienen noch BORGIA und WATERLOO bei Phalanx games.
Dienstag, 2. März 2021
GRUFTMEISTER
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
GRUFTMEISTER
Vor noch nicht einmal einem Jahr war der Hanauer Druckereibesitzer Kemal Yun im Brettspielbereich völlig unbekannt, erst seit Mai 2003 macht er auf sich aufmerksam, nur spielbegeisterte Atari- und Mac-Besitzer kannten den 34-jährigen schon lange als versierten Programmierer unter dem Namen Kemal Ezcan, der vor 21 Jahren sein Taschengeld mit Programmen für den Atari 400 aufbesserte. Seitdem sind viele Spiele für Atari und jetzt auch für Mac-Rechner von ihm entwickelt worden. Die Bekanntheit, die er sich in der Computerspielszene erworben hat, wünscht er nun im Brettspielbereich zu erlangen. Seit Anfang 2003 entwickelt er Ideen für Brettspiele. Direkter Auslöser für das erste Spiel war Yuns persönliche Kritik an Fantasy Klassikern der frühen 80er, so am HEXENMEISTER VOM FLAMMENDEN BERG und am DRACHENLABYRINTH. Spiele, die ihm zu glücksabhängig waren. „Das kann ich besser“, meinte er vollmundig und entwickelte das Spiel GRUFTMEISTER. Volker Schwägerl, der 2002 für das Kartenspiel MÖMMEN den Spielverlag DIE WUSELMÄUSE gründete, lernte das Fantasyabenteuer im Frühjahr 2003 kennen und versprach Yun, es als erstes großes Spiel im Rahmen seines Kleinverlages herauszubringen, was er in Rekordzeit bis Mai 2003 auch umsetzte.
GRUFTMEISTER ist ein familientaugliches Dungeon-Spiel, das nicht zu komplex ist und auch nicht ewig dauert. 12 rechteckige Spielplanteile können beliebig zu einem 3x4 Felder großen Gruftplan ausgelegt werden. Jeder der zwei bis vier Spieler erhält zwei Spielfiguren (einfache Holzpöppel), einen großen Gruftmeister und seinen kleinen Gruftknecht, außerdem einen Monsterstein und eine Spielerkarte, die der Besitzstandsanzeige dient und mit drei Herzen und einem Schlüssel als Startkapital ausgestattet ist. Auf den Spielplan werden recht aufwändig noch knapp 120 Plättchen mit Schlössern, Särgen, Kisten und Türen abgelegt. Es geht darum fünf Schätze zu finden, die in den Särgen versteckt sind. Diese müssen in eine Startzone, die für jeden Spieler festgelegt ist, gebracht werden, außerdem müssen am Ende Gruftmeister und –knecht auf diesem Feld stehen.
Yun verzichtet in seinem Spiel GRUFTMEISTER auf Würfelabhängigkeit. Jede Spielfigur darf bis zu fünf Feldern pro Zug ziehen, Aktionen werden zwischendurch abgewickelt, sie beenden den Zug eines Spielers nicht. Die große Spielfigur kann Türen, Kisten, Schlösser und Särge öffnen, Gegenstände aufheben und Monster bekämpfen. Der Gruftknecht hat eine rein tragende Rolle, er darf maximal zwei Gegenstände von seinem Meister übernehmen, um ihm Tragelast abzunehmen bzw. Schätze in Sicherheit zu bringen. Das Spiel besteht weitgehend aus dem Einsammeln von Gegenständen und Schätzen. Wandert ein Gruftmeister auf eines der 28 Kistenfelder, erhält er Ausrüstungsgegenstände, Waffen, Rüstungsteile, Werkzeuge oder Schlüssel. Durch ein knappes Drittel der Türen gelangt man nur mit einem Schlüssel oder einem passenden Werkzeug. Die Waffen werden benötigt, um Monster zu bekämpfen, die die Särge bewachen. Rüstungen schützen zusätzlich vor dem Verlust von Schadenspunkten. Das Duell ist ein Schüttelvorgang, ein Monsterplättchen und vorhandene Waffen und Rüstungen, maximal jeweils zwei, werden in beide Hände genommen, geschüttelt und fallen gelassen. Mit jeweils 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit fügt das Monster dem Angreifer einen Schadenspunkt zu, der durch Rüstungen abgewehrt werden kann. Das Monster stirbt, sobald eine Waffe sichtbar ausliegt. Sollte der seltene Fall eintreten, dass ein Spieler seine drei Lebenspunkte verliert, bleiben seine erworbenen Schätze und Ausrüstungen im Sarg und er beginnt mit neuen Lebenspunkten von seinem Startfeld. Wenn dies zwischendurch aufgesucht wird, dient es auch als Auftankstation für die Herzen.
YUN sieht neben den Sammelaktivitäten und kleinen Gefechten überhaupt nichts an Interaktion zwischen den Spielern vor. Er hat wohl seinen Atari-Spieler vor Augen, der allein durch die Gänge rast und sammelt und sammelt und kämpft und kämpft. Man kann den anderen nichts abjagen, steht sogar ganz friedlich auf gleichen Feldern herum. Eine wirkliche Gefährdung besteht zu keiner Zeit. Das gilt auch für die Knechte, nicht einmal die beharken sich gegenseitig oder dürfen von einem Großmeister auseinandergenommen werden. Ein bisschen Taktik kommt durch die Rucksack-Logistik ins Spiel, da der Gruftmeister nur fünf Gegenstände tragen darf und sein Knecht zwei. Auf der Spielerkarte steht zwar missverständlich „5 Steine“, was sich gut nur auf die Schätze beziehen ließe, die Spielregel macht aber deutlich, dass alle Gegenstände einbezogen sind. Für die Kämpfe ist es sinnvoll möglichst eine Waffe und eine Rüstung zu haben, dann braucht man auch noch Axt oder Stemmeisen und Schlüssel als Türöffner und dann natürlich die Schätze. Für ein gewisses Auslagern am Anfang, um sich gut auszurüsten, und dann vor allem für den Schatztransport ist der Gruftknecht sehr hilfreich.
GRUFTMEISTER genügt den hohen Ansprüchen des Autors keineswegs. Da helfen auch nicht die vielen Spielvarianten, die die Regel anbietet. Yuns Erstling wirkt nicht ganz ausgereift, etwas mehr Entwicklungszeit hätte dem Spiel sicher gut getan, denn durchaus interessante Ansätze sind erkennbar. Das Material ist weitgehend akzeptabel, stabile Spielplanteile und Kärtchen, mit einer auf das notwendige reduzierten Computergrafik, auch die Regel ist in Ordnung. Die Pappcounter kann man für 9 Euro inzwischen auch gegen stabile Holzsteine austauschen, oder gleich GRUFTMEISTER DELUXE erwerben. Der Autor gesteht selbstkritisch, dass sein im Herbst 2003 erschienenes Spiel DAS SCHLOSS erst das Spiel sei, das GRUFTMEISTER ursprünglich werden sollte.
Wieland Herold
Titel: GRUFTMEISTER
Autor: Kemal Yun (www.yungames.de)
Verlag: Spieleverlag Die Wuselmäuse (www.diewuselmaeuse.de)
Spieler: 2 bis 4
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 60 Minuten
Preis: ca. 22 Euro (in der Deluxe-Fassung 29 Euro)
Spiel 12/2003 R43/2021
Die Rezension erschien 2003 www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 4 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächsten Monat wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Nach der Zusammenarbeit mit Volker Schwägerl gründete Kemal Yun den Verlag Yun Games und brachte in den Folgejahren bis 2008 gut ein Dutzend Spiele heraus.
Inzwischen heißt er nicht mehr Yun, sondern dank Heirat Zhang. Er agiert unter Yoda’s Spiele Manufaktur immer noch von Hanau aus. Hier bietet er Entwicklungsunterstützung und Produktion von Kleinauflagen an. Seine Kompetenz preist er dort wie folgt an: Er sei „Spieleentwickler mit Leidenschaft, Musik Produzent, Firmengründer und Life Coach. Bereits im Alter von 13 Jahren schreibt er Spiele für Atari Computer, kurz darauf gründet er seine eigene Firma für Computerspiele. Später folgt eine eigene Zeitschrift, Print-Service, Musik Veröffentlichungen, Brettspiele und ein Escape Room Center.“
Erreichbar ist diese neue Seite immer noch unter www.yungames.de.
Das Bild zeigt ihn 2003 in Göttingen.
Dienstag, 16. Februar 2021
SCHWIMMENDE INSELN
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
SCHWIMMENDE INSELN
Haben Sie auch so einige alte Spiele auf Ihrer Wunschliste? Ich meine nicht JATI oder CRUDE, sondern durchaus Erreichbares, wie die SCHWIMMENDE(n) INSEL, die Edgar Forschbach euphorisch vor über 20 Jahren in der SpielBox (4/1982, S. 30/31) besprochen hat. Für ihn war es ein dynamisches Spielerlebnis, das „dem Idealtyp von Spiel außerordentlich nahe“ kommt. Mit 5 Punkten war das Spiel auch gut bewertet. Nicht nur die Besprechung, auch das beschriebene Spielmaterial machten Lust auf dieses Spiel. Keramiksteine, das hat was. Das hatten wir zuletzt bei der Erstausgabe von Schülings ZATRE.
Den Lagerbeständen von Martin Kastenholz ist es zu verdanken, dass seine beweglichen Inseln seit der Spiel 2002 wieder erhältlich sind. Anfang der 80er Jahre haben er und zwei Kommilitonen, allesamt Mathematiker, mühsam in Handarbeit 200 Exemplare produziert und für preiswerte 28 DM verkauft. Fünf Kartons mit quadratischen Fliesen haben die letzten 20 Jahre im Kastenholzschen Keller überlebt. Da er sein Badezimmer nicht unbedingt kleinkariert fliesen wollte, kam die Idee mit der Neuauflage.
„Schwimmende Inseln ist ein Spiel für alle, die Spiele mit langen Spannungsbögen mögen; die Spaß daran haben, wenn ein Spiel mit einfachen Regeln knifflige Situationen erzeugt; die bereit sind, sich auf ein Spiel einzulassen, es oft zu spielen und zu erforschen; und die nichts gegen eine Spieldauer von 1,5 bis 2 Stunden haben.“ So beschreibt Kastenholz seine Spielidee auf seiner Homepage. Man weiß also, worauf man sich einlässt oder einlassen muss. Das, was er „einfache Regeln“ nennt, sind immerhin 12 grafisch aufgelockerte A5-Regelseiten, die durch 12 weitere Seiten mit „Tipps & Tricks“ ergänzt werden. Es ist schon schwer verdauliche Kost, die Kastenholz bietet, da sich in seinem „organischen Strategiespiel“ leider nichts organisch aus dem Spielthema ergibt, sondern alles nur abstraktes Konstrukt bleibt.
Da gibt es ein 400 Felder großes quadratisches Spielfeld, in diesem blauen Meer schwimmen beim Spiel zu viert 13 Inseln mit mindestens vier Inselsteinen. Zu Beginn besitzt jeder zwei Viererinseln, auf jeder Insel steht ein so genannter „Läufer“, eine Insel besitzt mit einem runden Keramikstein einen „Motor“. Weitere Motoren liegen auf acht „Kraftfeldern“ aus, denen „Ladefelder“ zugeordnet sind. Spielziel ist, als erster mit seinen Läufern alle Kraftfelder zu erreichen. Dabei sind drei „Grundgesetze“ zu berücksichtigen:
Grundgesetz 1: Eine Insel ist eine Gruppe aus mindestens vier aneinander angrenzenden Inselsteinen. 2er- oder 3er-Inseln gibt es nicht. Allerdings kann eine Insel beliebig groß werden.
Grundgesetz 2: Auf einem Inselstein befinden sich höchstens ein Motor und/oder höchstens ein Läufer.
Grundgesetz 3: Auf einer Insel hat ein Spieler höchstens drei Motoren. Da sich aber auf einer Insel Motoren mehrerer Spieler befinden können, kann eine Insel deutlich mehr als drei Motoren tragen.
SCHWIMMENDE INSELN ist letztlich ein Wettrennen, bei dem die Voraussetzungen für alle Spieler gleich sind. Hier kann sich niemand durch Würfeln oder Kartenziehen einen besonderen Vorteil verschaffen, sondern allein durch geschickte taktische Planung beim Zusammentreffen von Inseln. Zu Beginn spielt jeder für sich und steht vor der Entscheidung, in welche Richtung er sich bewegt, um Motoren zu gewinnen, die den Läufer beschleunigen, aber auch die Insel schneller voranbringen. Denn der Läufer bewegt sich nach der Anzahl der eigenen Motoren, genauso wie mit jedem Motor ein Inselstein verrückt werden darf. Positionsgewinne erreicht man dadurch, dass man es schafft, gegnerische Läufer zu blockieren. Deshalb wird das Spiel immer dann interessant, wenn sich Inseln verbinden. Durch Abschneiden der Wege oder Trennung von Läufer und Motoren kann man versuchen den Gegner zu ärgern. Besonders tragisch kann eine Inselverbindung sein, wenn man wegen des 3. Grundgesetzes Motoren verliert. Die Möglichkeiten sind vielschichtig. Martin Kastenholz geht ausführlich in seinen „Tipps“ darauf ein und ergänzt diese zusätzlich auf seiner Website. Dort beschäftigt er sich u.a. mit den Vor- und Nachteilen unterschiedlicher Eröffnungsstrategien.
Das Spiel funktioniert, aber es dauert und dauert und dauert. Bei gleichstarken Spielern mag auch nach zwei Stunden die Spielspannung noch anhalten. Sind die Voraussetzungen nicht gleich, wird es für schwächere Spieler schnell langweilig. Abstrakte Spiele haben es immer schon schwer gehabt. Je kompakter sie daherkommen, desto größer sind ihre Chancen auf Akzeptanz. Kris Burm hat zum Beispiel mit seiner GIPF-Serie Maßstäbe gesetzt. Roland Siegers UISGE aus der Zeit der SCHWIMMENDEn INSELN ist ein weiteres vorzeigbares Beispiel. Kastenholz wird es schwer haben, seine Neuauflage an den interessierten Spieler zu bringen. Es gibt inzwischen reizvollere Alternativen. Das Innovative, das 1982 galt, ist verpufft. Den „Idealtyp von Spiel“ sehe ich wahrlich nicht. Da rettet auch das exotische Material nichts mehr. Das vor einigen Monaten auf dieser Homepage beschriebene TRIAS hätte vielleicht berechtigter den Namen SCHWIMMENDE INSELN verdient. Das, was dort durch Karten in Bewegung gesetzt wird, passt thematisch gut in die Erdentwicklung hinein, das, was Martin Kastenholz bewegt, sind Mosaikfliesen mit runden Mosaiksteinchen als Motoren in einem Irgendwo oder Nirgendwo.
Soviel zu den Sehnsüchten, die manchmal mit alten Spielen verbunden sind.
Wieland Herold
Titel: SCHWIMMENDE INSELN
Autor: Martin Kastenholz
Verlag: Avantgarde, Vertrieb: Chrysanthemenweg 6, 41540 Dormagen,
Spielerzahl: 2 bis 4
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: ca. 120 Minuten
Preis: ca. 37.- €
Wieland Herold
Spiel 13/2002 R35/2021
Die Rezension erschien 2002 www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 4 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächsten Monat wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Für Martin Kastenholz waren die SCHWIMMENDEn INSELN die einzige Spieleveröffentlichung. Über die Kleinauflagen 1982 und 2002 ist er nicht hinausgekommen. Erreichbar ist er immer noch über die Adresse von 2002. Dort betreibt der Mathematiker jetzt einen Biobauernhof und verkauft in einem Hofladen Produkte in Bioland-Qualität.
Samstag, 19. Dezember 2020
SMELLORY
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Nase vorn bei der Schnüffelparty
Wenn es ein Spiel gibt, bei dem Kinder den Erwachsenen mindestens ebenbürtig, wenn nicht überlegen sind – dann ist es MEMORY. Ganz cool servieren die Fünfjährigen ihre Eltern und Großeltern ab. Werden am Ende die eingesammelten Kärtchen zu Türmen gelegt, freuen sie sich diebisch über ihre Wolkenkratzer. Ein Spiel mit echter Chancengleichheit für die ganze Familie, bisher in allen Bildvariationen auf dem Markt.
Der Spielejahrgang `91 beschert MEMORYspielern eine innovative neue Variante. SMELLORY lädt ein zur Schnüffelparty für 2 bis 8 Spieler. Nicht nur Erinnerungsvermögen, sondern ein Gespür für Düfte ist bei diesem Spiel nötig. Das MEMO-Prinzip ist leicht abgewandelt: 32 verschiedene Bildkarten mit Früchten oder Blumen müssen entsprechenden Geruchflakons zugeordnet werden. Augen und Nase werden also gefordert, eine sinnvolle spielerische Idee zur Wiederentdeckung aller Sinne. Können Sie zum Beispiel Aprikosenduft vom Pfirsichgeruch unterscheiden oder Thymian von Rosmarin? Wenn nicht, hilft vielleicht eine Runde SMELLORY weiter.
Auf eine „Sinfonie der Düfte“ , so der Untertitel des Spiels, müssen Sie sich aber einstellen. Das ist nicht für jeden etwas, vor allem empfindliche Riechorgane, empfinden das eher als Belästigung. Auf chemischer Basis hergestellt, geht von dem ganzen Spiel ein eindringlicher Geruch aus. Die Einzelgerüche bleiben beim genauen Hinriechen aber durchaus erkennbar.
Der Spieleproduzent, das „Spielbrett" aus Berlin, garantiert mindestens zweijährigen „Duftgenuss“. Für manche mag das auch eine Warnung sein. Allergiker sollten jedenfalls vorsichtig mit den 32 Düften von A (Ananas) bis Z (Zitrone) umgehen, das gilt ebenfalls für die etwas abgespecktere Version, JUNIOR-SMELLORY, mit nur 16 Gerüchen.
Wieland Herold
Titel: SMELLORY
Autor: Scandinavia AB
Grafik/Design: keine Angabe
Verlag: Joker Production
Alter: ab 7 Jahren
Spielerzahl: 2 – 8
Spielzeit: ca. 30-45 Min.
Preis: ca. 60 DM
Spiel 17/1991 R177/2020
Die Rezension erschien 1991
Wertung Spielreiz damals 4 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächsten Monat wieder
Donnerstag, 17. Dezember 2020
NAUTILUS
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Das Schnecken-Schüttelspiel
Im Indischen und Pazifischen Ozean kann man sie heutzutage noch finden, die "Seefahrer“ der Meere, auf gut deutsch heißen sie "Perlboote", bekannter sind sie unter dem Namen NAUTILUS.
Gesehen haben wir sie alle schon, meist allerdings nicht lebend, sondern als Versteinerung in einem der vielen deutschen Steinbrüche: Ammoniten nennt man sie in dieser Zustandsform. Der ägyptische Gott Amun, meist mit Widderhörnern dargestellt, ist der Namensgeber und verweist auf die Spiralform des Muschelkörpers. In diesem planspiralig aufgerollten und gekammerten Gehäuse sitzt das Perlboot in der ersten großen Wohnkammer. Die Zuleitung und das Abführen von Gas in den weiteren Kammern ermöglichen es dem Tier, in verschiedenen Wassertiefen zu schweben. Sicherlich auch ein Mechanismus, der spieltechnisch für eine Simulation des Tauchvorganges verwendet werden könnte.
Mit Tauchen hat aber das Spiel, um das es in dieser Rezension geht, wenig zu tun. Thematisch finden wir uns weder im Pazifik noch im Indischen Ozean wieder. Die österreichische Firma Peri, bekannt für formvollendete Spiele, ist diesmal der Faszination der NAUTILUS-Form erlegen und hat daraus ein ästhetisches Gesamtensemble geschaffen, das auch zum Spielen, besser Schütteln dient.
In die Nautilusspirale, eine quadratische Kunststoffplatte mit Spiralvertiefung, werden 32 nicht Nautilusse sondern Nautilaushäuser, kleine runde Döschen in vier verschiedenen Farben eingebettet. Jeweils vier Häuser einer Farbe erhalten einen Bewohner, eine kleine gelbe Nautilaus, Diese Häuser werden in gleichmäßiger Farbabfolge in die Spirale gesetzt, so dass niemand weiß, wo die Läuse stecken.
Zwei bis vier „Schüttler“ dürfen mitspielen, denn darum geht es in dem Spiel: Jeder muss für eine ihm zugewählte Farbe seine vier gefüllten Nautilaushäuser aus der bunten Farbverteilung in eine Viererreihe seiner Farbe erschütteln. Eigene Häuser dürfen beliebig aus dem NAUTILUS herausgenommen werden, um mit ihnen dann die Schüttelprobe anzustellen, Danach müssen sie am Anfang oder am Ende des Nautilus wieder eingeschoben werden. Auch fremde Häuser dürfen herausgenommen werden. Diese werden aber nur auf Verlangen des Besitzers geschüttelt. Blöcke dürfen selbstverständlich nicht getrennt werden. Nimmt man sie heraus, dann nur als 2er- oder 3er Block. Sie werden auch nur als Block geschüttelt.
Sieger ist der Spieler, der seine vier Nautiläuse als erster gefunden hat. Geöffnet werden die Häuser nur als 4er Block. „Supersieger“ darf sich der nennen, wem dies auf Anhieb gelingt.
Soweit die Spielbeschreibung. Für die Spielpraxis ergeben sich ungewohnte Spielbedingungen. Die kleine Nautilaus ist doch recht laut in ihrem Haus, so dass mit äußerster Vorsicht die runden Hausdöschen bewegt werden. Bei der Schüttelprobe begibt man sich am besten in ein anderes Zimmer, um ja nichts zu verraten. Auch laute dröhnende Musik kann hilfreich sein und ablenken von dem Klacken unserer gelben Nautiläuse. Das ist beim ersten Mal evtl. auch beim zweiten Mal noch ganz witzig, aber dann geht der Reiz des Neuen verloren. Was bleibt ist ein vom Spieldesign her überzeugendes Spiel, dessen Schüttelmechanik dann aber doch ganz schön auf den Geist geht.
Wieland Herold
Titel: NAUTILUS
Autor: Sean McGuire, Nicolas McGuire
Grafik/Design: o.A.
Verlag: Peri
Alter: ab 7 Jahren
Spielerzahl: 2 – 4
Spielzeit: ca. 20-30 Min.
Preis: ca. 35 DM
Spiel 15/1991 R175/2020
Die Rezension erschien 1991
Wertung Spielreiz damals 4 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächsten Monat wieder
Zum Spiel und zu den Autoren:
Die McGuire-Brüder prägten ab 1989 bis 1994 ganz wesentlich das Programm des österreichischen Verlages Peri. Sie starteten mit NAUTILUS, es folgten SUPER-QUADA, KENNEN SIE TRAXENBLICHL und KAPITÄN WACKELPUDDING. Zeitgleich arbeiteten die Brüder mit Piatnik zusammen, dort erschienen Spiele wie LIEBER NACHBAR , GRÖSSER ALS EIN AUTOBUS und WEG MIT DIR! 1994 kam dann mit LAST CHANCE auch noch ein Spiel bei Ravensburger heraus.
Die letzte Veröffentlichung der Brüder ist OBONTO, das sie 2001 im Eigenverlag herausbrachten.
Sonntag, 29. November 2020
TOTONKA
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Kampf um Federn – TOTONKA
Wie Indianerhäuptling Abahatchi an seinen Kopfschmuck gelangt, lässt sich in Manfred Ludwigs Kinderspiel TOTONKA nachempfinden. Selecta bietet tolles Spielmaterial dazu an: vier kleine filzbespannte Tipis, vier große Indianderköpfe, die Spielfiguren für die zwei bis vier Kinder, die auf die Federjagd gehen können, dazu noch 16 Indianerfedern und einen Würfel. Das alles macht Lust auf freies Spielen, wird aber gebändigt durch einen Spielplan, der kreisförmiges Laufen vorschreibt.
Ausgestattet mit einer einzigen Kopffeder starten die Indianer von ihren Zelten aus, um sich von hinten an die anderen heranzuschleichen, um ihnen dann ihre Feder zu stibitzen. Diese gilt es dann schnell ins eigene Tipi zu bringen, denn wer dort zwei fremde Federn deponieren konnte, hat das Spiel gewonnen. Was so einfach und unterhaltsam klingt, ist letztlich eine öde Würfelei mit Regelungenauigkeiten. Die Kinder sind dem Würfel völlig ausgeliefert. Gelingt es Ihnen endlich einmal, sich einem Mitspieler von hinten fast zu nähern, würfelt der garantiert einen Richtungswechsel und die beiden stehen sich von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Da hat keiner etwas davon, da man ja von hinten anschleichen muss, um an die begehrte Feder zu kommen. Mühsam müssen erneut Kreisschleifen gelaufen werden, um wieder in eine günstige Ausgangsposition zu gelangen, bis – nun ja - der andere wieder einen Positionswechsel würfelt oder in 5er-Schritten davoneilt.
Zu zweit ist TOTONKA eigentlich überhaupt nicht spielbar, auch zu dritt macht es wenig Spaß. Etwas Spielvergnügen kommt in der Maximalbesetzung mit vier Spielern auf. Da kann ein gerade erworbenes Federteil auch schneller wieder abgejagt werden. Ob das dann die Beutefeder oder die eigene Feder sein wird, ist nicht klar zu entscheiden, da alle Federn orange sind. Besser ist es allemal, sich „eigene“ Federn klauen zu lassen, so dass man mit fremden Federn sein Zelt schmücken kann. Neuen Kopfschmuck gibt es auf drei Federfeldern im zentralen Bereich der Kreisläufe. Alles Paletti? Oder was? Und wieder in die Drehmühle hinein, hinter dem nächsten hinterher, bis endlich das Spielende erreicht ist oder die Kinder vorher zum Freispiel übergegangen sind.
Aus dem Material hätte man viel mehr machen können. Die spielerische Kost, die Manfred Ludwig bietet, ist mager. Es reicht vielleicht gerade zum Pausenfüller auf Winnetouchs Schönheitsfarm Puderorsa, der passende rote Farbstift liegt dem Spiel bei.
Wieland Herold
Titel: TOTONKA
Autor: Manfred Ludwig
Grafik: Barbara Kinzebach
Verlag: Selecta
Alter: ab 4 Jahren
Dauer: ca. 30 Minuten
Spieler: 2 -4
Preis: ca. 20
Die Rezension erschien 2002 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 4 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächsten Monat wieder
Spiel 10/ 2002 R 160/2020
Zum Spiel und zum Autor:
Manfred Ludwig, einst Lehrer für Französisch und Sport an einem Gymnasium in Regensburg, gehört zu den erfolgreichsten und produktivsten Autoren Deutschlands. Die erste Spieleveröffentlichung des 84jährigen Autors liegt schon 40 Jahre zurück. Damals kam GEFÄHRLICHGE BRÜCKEN beim Verlag Spear heraus. Für diesen Verlag gewann er 1983 mit FUZZI, HEINZ UND SCHLENDRIAN auch seine erste Auszeichnung. Das Spiel landete auf der AWL der Jury. Es folgten über 70 weitere Spiele und viele Preise, darunter mit DIEGO DRACHENZAHN das Kinderspiel des Jahres 2010.
Montag, 27. Juli 2020
CUBICADO
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Neues aus Kleinmachnow
Die Erfinderwerkstatt Kleinmachnow / Bonn mit den Autoren Michael Sohre (MINOTAURUS) und Werner Falkhof (PUSHER) läuft zurzeit auf Hochtouren. Die Kooperation dieser Autoren ist endlich einmal ein positives Beispiel für das Zusammenwachsen unserer beiden deutschen Staaten.
Michael Sohre (Deutschland-Ost) hat nach seinen ersten, noch mit den von Produktionsmängeln alter DDR-Tradition belasteten Gehversuchen (DIE ALTEN RITTERSLEUT) durch die Zusammenarbeit mit dem hochgepuschten Werner Falkhof (Deutschland-West) eine Nische auserlesener Spieleproduktionen entdeckt, die als Designer-Spiele Objektwerte darstellen.
Ein optischer Blickfang, der in Essen vorgestellt wurde, ist CUBICADO von Werner Falkhof und Michael Sohre. Als ästhetisches Spielobjekt gibt die Idee durch ihre Holz- und Farbgestaltung viel her. Es erreicht dabei fast die Qualität der Produkte der Schweizer Firma naef. Wie es mit dem spielerischen Niveau aussieht, soll im Folgenden dargestellt werden.
Auf den ersten Blick faszinierend scheint die Idee von CUBICADO zu sein. In einer großen, äußerst stabilen Holzkiste befinden sich 75 gelochte Holzwürfel in vier verschiedenen Größen, jeweils in unterschiedlichem Blauton gehalten, farblich hervorragend abgestimmt zu dem tiefschwarzen Gesamtgehäuse. Der quadratische Deckel der Kiste ist gleichzeitig das Spielfeld. Der geriffelte Boden erinnert etwas an Wittigs Würfelpyramidenuntersatz. Er sorgt dafür, dass die Würfel, wenn sie in den Deckel geschüttet werden, sich zu einem unregelmäßigen Geröllhaufen auftürmen. Dieser große Würfelhaufen muss nun im Spiel nach MIKADO-Manier abgetragen werden. Zwei Holzstäbchen, in die Bohrungen der Würfellöcher gesteckt, sind die Hilfsutensilien beim Tagebau der Würfelhalde. Die 40 kleinen Würfel bringen einen Punkt, 20 etwas größere zwei Punkte, dann ergeben zehn ziemlich große und fünf ganz große Würfel vier bzw. acht Punkte. Die Regel entspricht der des MIKADO-Spiels, sobald ein Würfel sich bewegt, ist der nächste Spieler an der Reihe. Herabgefallene Würfel werden aus dem Spiel genommen. Man spielt solange, bis alle Spieler passen, weil sie der Meinung sind, dass ohne Wackler kein Würfel entnommen werden kann, oder bis zum bitteren Ende, der leeren Kiste also.
Der Anfangsspielreiz ist hoch, schnell stellt man dann aber fest, dass die scheinbar stabilen Würfel von CUBICADO den wackligen, dünnen MIKADO-Stäbchen deutlich unterlegen sind. Das Würfelgebilde nach einem Stäbchenwurf mag noch so grazil sein, es ist in sich stabiler und damit prädestinierter für die Herausnahme von Stäbchen als die wuchtige Würfelhalde. Bis auf die ganz kleinen Würfel kann fast kein anderer ohne Wackler entnommen werden. So kommt ganz schnell Frust auf, da man nur selten mehrere Würfel hintereinander in die Wertung bekommt. Das Material ist toll, die Grundidee einer MIKADO-Variante pfiffig, aber Spielspaß stellt sich nicht ein. Vielleicht sollten die Theta-Macher das schöne Spielmaterial für Regelvarianten mit taktischen Spielideen freigeben, die schöne Spielkiste hätte es verdient
(Wieland Herold)
CUBICADO
Autoren: Michael Sohre, Werner Falkhof
Verlag: Theta
Spieler: 1-5 Spieler
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: 20 Minuten
ca. 90.- DM
Die Rezension erschien 1993
Wertung Spielreiz damals 3 von 10 Sternen,
das entspricht: Vielleicht nächsten Monat wieder
Spiel 3/1995 R 86/2020
Zu den Autoren:
Michael Sohre war neben Wolfgang Großkopf der erste Spieleautor aus der DDR, der im Westen präsent war. Sohre war zu DDR-Zeiten Produktionsleiter für die Defa, aber auch schon vor 1989 interessierte sich der ausgebildete Werkzeugmacher für die Spielzeugentwicklung und entwarf Baukastensysteme.
1993 gründete er mit dem Bonner Werner Falkhof, der gerade mit PUSHER reüssierte (Auswahlliste 1993) den Theta Verlag, der 1995 für Sohres TRI-BA-LANCE mit dem Sonderpreis Schönes Spiel ausgezeichnet wurde und in Frankreich den „Super As D’Or“ erhielt. Folgeprodukte wie HEADQUARTER und HANDICAP waren weitere herausragende Spiele.
Die Designobjekte von Theta setzten sich leider nie so richtig durch. Zwischenzeitlich übernahm sie ASS, dann stellte die Firma aber ihre Produktion ein.
Seit der Jahrtausendwende experimentierten beide in Kleinmachnow mit einem Material, das zu neuer ästhetischer Qualität im Brettspielbereich führen sollte. Sohre wandte sich vom Holz ab und begab sich auf die Suche nach Möglichkeiten, Kunststoffe zu ersetzen. Ihr Ergebnis nannten sie „THETA-Stone“. Ihr Geheimrezept lässt wie Steinholz eine sehr kurze kalte Aushärtung von nur zwei Stunden zu. Abgeformt wurde in kostengünstige Kautschukformen, Figuren, Objekte einzeln, Spielsteine in Platten, die mit Wasserstrahltechnik exakt geschnitten werden. Die Nachbearbeitung fand wie bei Holzfiguren in Schleiftrommeln statt. In Spielen wie LETTER STONE und einer Neuauflage von MINOTAURUS zeigten sie die Qualitäten des Stoffes.
2011 verstarb Sohre leider viel zu früh mit 62 Jahren, drei Tage vor seiner liebsten Spielemesse in Essen.
Das obere Bild zeigt Michael Sohre in Essen 1995 mit CUBICADO, das zweite Bild zeigt Falkhof und Sohre in Kleinmachnow mit Theta-Stone-Produkten.
Donnerstag, 14. Mai 2020
DIE VERLASSENE BIBLIOTHEK
Es lag nahe, dass nun auch der moses. Verlag ins Genre der Escape-Spiele einsteigt. Im Grunde genommen sind es ausgetretene Pfade, denn Holger Böschs rabenschwarze BLACK STORIES sind morbide Rätselgeschichten, die alle Teile eines Escape-Falles sein könnten. Böschs Stärke liegt im Geschichtenerzählen, entsprechend ist die erzählerische Erwartung hoch, wenn sein Verlag eine Spielgruppe in einem Raum einschließt, aus dem sie entkommen muss.
Der Arrangeur des ersten Falls, der VERLASSENEn BIBLIOTHEK ist allerdings nicht Bösch, sondern der renommierte venezianische Autor Leo Colovini. Der Spieleautor startete in den 80er Jahren zusammen mit Alex Randolph u.a. mit INKOGNITO, einem Klassiker des deduktiven Spiels, seine Autorenkarriere. Überzeugte die Idee damals durch überbordende Kreativität unter mimischen Einbindungen und einem originellen Würfelmechanismus, zeigt seine aktuelle Entwicklung für moses. eher klassisches Handwerk.
Erzählerisch bleibt das Konzept karg, wir sind in einer Bibliothek eingeschlossen, aus der wir entkommen müssen. Das ist schon die ganze Geschichte. 18 Bücherregale mit Rätseln wollen geknackt sein. Dazu ordnen wir kompatible Zahlenschloss-Karten, von denen anfangs vier ausliegen, den passenden Aufgaben zu, was nicht weiter schwerfällt. Die Karten ergeben eine Aufgabe, mit deren Code das Schloss geöffnet wird. Wer meint, die korrekte Antwort gefunden zu haben, dreht beide Karten um. War es das richtige Pärchen, dann ergibt sich ein Zahlencode. Stimmt dieser mit der eigenen Lösung überein, kommt die Zahlenschloss-Karte für den letzten Fall zur Seite und die Aufgabenkarte in die Schachtel, außerdem werden die Aufgaben ergänzt.
Wer den falschen Code gefunden hat, erhält keine neue Karte, sollten dadurch die Fragen ausgehen, kostet die nächste Aufgabe zehn Strafminuten, was den Druck etwas erhöht, da man maximal 75 Minuten Zeit verbrauchen sollte, um die Bibliothek zu verlassen. Sind die 18 Rätsel geknackt, geht es an ein abschließendes Exit-Puzzle, für das die gelösten Codekarten von Bedeutung sind.
Die Mehrheit der Rätsel gehört in die einfache Aufgabenkiste, die zum Teil sogar Grundschüler leicht lösen. Für die wenigen etwas anspruchsvolleren Aufgaben, bei denen man eventuell nicht weiterkommt, gibt es ein abgestuftes Hilfesystem, das die Spielgruppe ohne Zeitstrafen nutzen darf.
Für geübte EXIT-Spieler sind die verschlossenen Türen der Bibliothek keine allzu große Hürde. Die oft mathematisch angehauchten Rätsel lassen sich meistens einfach lösen. Ältere Grundschulkinder und ungeübte Familien sind eher die Zielgruppe der VERLASSENEn BIBLIOTHEK Colovinis. Erzählerische Stärken und originelle Aha-Erlebnisse sucht man in diesem Konzept aber vergeblich. Positiv bleibt die Wiederverwertbarkeit der Schuber-Schachtel von moses., da nichts zerstört wird.
Wertung: Nächsten Monat wieder
Titel: DIE VERLASSENE BIBLIOTHEK
Autor: Leo Colovini
Grafik/Design: Kreativbunker
Verlag: moses.
Alter: ab 12 Jahren
Spielerzahl: 1 - 4
Spielzeit: 45 – 75 Minuten
Preis: ca. 10 Euro
Spiel 28/2020
Sonntag, 23. Februar 2020
BANANAS ALLES BANANE AFFENGEIL AFFENSTARK
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Affen auf Bananenjagd
Das beliebteste Spieltier, die häufigste Spielfrucht des Jahres ’96 sind Affen und Bananen. Noch nie gab es so viele affenstarke Urwaldjagden und kleine und große Spielbananen in allen Variationen. 1996 werden keine Kokosnüsse spielerisch geklaut, die Affen sind wie verrückt hinter den Bananen her.
Besonders gut gelungen ist diese Bananenjagd dem Autor Johannes Tranelis mit seinem Spiel BANANAS (Goldsieber Spiele), ein Brettspiel für 2 bis 4 Spieler ab 7 Jahren. Der kooperative Ansatz, ein Team von möglichst drei Spielern führt drei Schimpansenfiguren gegen einen Gorillaspieler, ist gut umgesetzt. Beide Gruppen versuchen auf einem Rundkurs mit 20 Feldern als erste 9 von 17 Bananen zu ergattern. Der Gorilla kann die Schimpansen auf die Urwaldbäume jagen, dort werden sie erst von einem vorbeikommenden Schimpansen befreit. Diese rächen sich mit einem „Affenschmatz“ am Gorilla, der so betörend sein muss, dass der Gorilla in Ohnmacht fällt und eine Runde lang keine Bananen einsammeln kann. Treffen sich zwei Tiere auf einem Feld, darf das ankommende Tier erneut würfeln. Diese drei einfachen Grundregeln sorgen für ein abwechslungsreiches Spiel. Der scheinbar unterlegene Gorilla, der allein gegen die drei anderen Affen antreten muss, hat gute Gewinnchancen. Immer wieder jagt er die Schimpansen ins Geäst der Bäume und setzt sie damit außer Gefecht. Nur bei guter Absprache der Schimpansenspieler bleibt das Spiel bis zum Ende spannend, wenn es um die letzten Bananen geht.
Überhaupt nichts zu kritisieren gibt es an Verpackung und Material beim Spiel AFFENSTARK. Für nicht einmal 25.- DM bietet die Firma Haba einen großen und einen kleinen Holzaffen, zehn große Bananen aus Holz und viele Dschungelsteine. Das Spiel für zwei bis vier Kinder ab 5 Jahren ist ein Balancespiel, in dem je nach Würfelwurf der große Affe Carla mit ein oder zwei Bananen „beladen“ wird. Das Stapeln der Bananen ist gar nicht so einfach, zumal am Ende der kleine Affe Alfons noch auf die Bananenpyramide muss. Hält das ganze Bauwerk, gibt es zur Belohnung Dschungelsteine, fällt der Turm, müssen mühsam erworbene Steine wieder abgegeben werden. Wer zuerst 9 Steine sammeln konnte, gewinnt das Spiel. AFFENSTARK ist ein Geschicklichkeitsspiel, das von Vorschulkindern viel Geduld verlangt. Der wacklige Bananenturm ist eben doch eine recht kipplige Angelegenheit und nicht für alle Kinderhände geeignet.
Nicht Carla, sondern Carlo heißt der Plastikaffe in dem Ravensburger Spiel ALLES BANANE. Die kleine Mitbringschachtel der Ravensburger enthält die größte Spielebanane, ebenfalls aus Plastik, die bisher je in einem Spiel war. Um diese Riesenbanane geht es natürlich. Zwei bis vier Kinder zwischen 4 und 8 Jahren versuchen in fünf Spielrunden Carlo die große Banane abzujagen. Dies gelingt ihnen, wenn sie sich im Laufe der Runden 12 Bildkarten einprägen, auf denen je dreimal Carlo und leere Bananenschalen abgebildet sind, außerdem sechsmal eine Banane. Wer diese aufdeckt, erhält die Banane, wird aber Carlo aufgedeckt, schnappt er sich die Banane wieder.
ALLES BANANE ist ein recht anspruchsloses, fast zu einfaches MEMO-Spiel, in dem der arme Carlo so gut wie nie zu seiner Banane kommt.
Hinter dem Spiel mit dem neudeutschen Namen AFFENGEIL (MB) verbirgt sich letztlich nur ein großer Plastikaffe als Würfelbecher. Zwei Bananenwürfel , ein Wertungsblock und die Spielregel machen schnell deutlich, dass dieser „bananenstarke Würfelhit“ nichts anderes als der Kneipenklassiker MÄXCHEN, auch LÜGENPASCH oder 21 genannt, ist. Die Firma MB weist für diese Spielenovität sogar einen Autor aus. Der nicht ganz unbekannte Wolfgang Riedesser muss sich fragen lassen, wofür er hier eigentlich seine Tantiemen kassiert?
Nur wer Würfelbecher sammelt und unbedingt einen Affen schütteln möchte, sollte hier zugreifen. Der klassische Würfelbecher bleibt immer noch die preiswertere Spielart.
Spieletelegramm:
Titel: Bananas
Verlag: Goldsieber
Autor: Johannes Tranelis
Grafik: o.A.
Spielerzahl: 2-4
Alter: ab 7 Jahren
Spieldauer: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 20.- DM
Wertung Spielreiz damals freundliche 7 von 10 Sternen
Titel: Affenstark
Verlag: Haba
Autor: Stephanie Rohner u. Christian Wolf
Grafik: Ines Frömelt.
Spielerzahl: 2-4
Alter: ab 5 Jahren
Spieldauer: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 25.- DM
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen
Titel: Alles Banane
Verlag: Ravensburger
Autor: Heinz Meister
Grafik: Walter Pepperle, Michael Schober
Spielerzahl: 1-4
Spieldauer: ca. 10 Minuten
Alter: ab 4 Jahren
Preis: ca. 12.- DM
Wertung Spielreiz damals 5 von 10 Sternen
Titel: Affengeil
Verlag: MB
Autor: Wolfgang Riedesser
Grafik: o.A.
Spielerzahl: 2- beliebig
Spieldauer: abhängig von der Spielerzahl
Alter: ab 8 Jahren
Preis: ca. 20.- DM
Wertung Spielreiz damals 3 von 10 Sternen
Die Rezensionen erschienen 1996 unter www.spiel-und-autor.de
Die Bewertungen schwankten nach heutigem Maßstab zwischen
„Nächste Woche wieder“ und „Vielleicht nächsten Monat“.
Spiel 1-4/1996 R 7-10/2020
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Affen auf Bananenjagd
Das beliebteste Spieltier, die häufigste Spielfrucht des Jahres ’96 sind Affen und Bananen. Noch nie gab es so viele affenstarke Urwaldjagden und kleine und große Spielbananen in allen Variationen. 1996 werden keine Kokosnüsse spielerisch geklaut, die Affen sind wie verrückt hinter den Bananen her.
Besonders gut gelungen ist diese Bananenjagd dem Autor Johannes Tranelis mit seinem Spiel BANANAS (Goldsieber Spiele), ein Brettspiel für 2 bis 4 Spieler ab 7 Jahren. Der kooperative Ansatz, ein Team von möglichst drei Spielern führt drei Schimpansenfiguren gegen einen Gorillaspieler, ist gut umgesetzt. Beide Gruppen versuchen auf einem Rundkurs mit 20 Feldern als erste 9 von 17 Bananen zu ergattern. Der Gorilla kann die Schimpansen auf die Urwaldbäume jagen, dort werden sie erst von einem vorbeikommenden Schimpansen befreit. Diese rächen sich mit einem „Affenschmatz“ am Gorilla, der so betörend sein muss, dass der Gorilla in Ohnmacht fällt und eine Runde lang keine Bananen einsammeln kann. Treffen sich zwei Tiere auf einem Feld, darf das ankommende Tier erneut würfeln. Diese drei einfachen Grundregeln sorgen für ein abwechslungsreiches Spiel. Der scheinbar unterlegene Gorilla, der allein gegen die drei anderen Affen antreten muss, hat gute Gewinnchancen. Immer wieder jagt er die Schimpansen ins Geäst der Bäume und setzt sie damit außer Gefecht. Nur bei guter Absprache der Schimpansenspieler bleibt das Spiel bis zum Ende spannend, wenn es um die letzten Bananen geht.
Überhaupt nichts zu kritisieren gibt es an Verpackung und Material beim Spiel AFFENSTARK. Für nicht einmal 25.- DM bietet die Firma Haba einen großen und einen kleinen Holzaffen, zehn große Bananen aus Holz und viele Dschungelsteine. Das Spiel für zwei bis vier Kinder ab 5 Jahren ist ein Balancespiel, in dem je nach Würfelwurf der große Affe Carla mit ein oder zwei Bananen „beladen“ wird. Das Stapeln der Bananen ist gar nicht so einfach, zumal am Ende der kleine Affe Alfons noch auf die Bananenpyramide muss. Hält das ganze Bauwerk, gibt es zur Belohnung Dschungelsteine, fällt der Turm, müssen mühsam erworbene Steine wieder abgegeben werden. Wer zuerst 9 Steine sammeln konnte, gewinnt das Spiel. AFFENSTARK ist ein Geschicklichkeitsspiel, das von Vorschulkindern viel Geduld verlangt. Der wacklige Bananenturm ist eben doch eine recht kipplige Angelegenheit und nicht für alle Kinderhände geeignet.
Nicht Carla, sondern Carlo heißt der Plastikaffe in dem Ravensburger Spiel ALLES BANANE. Die kleine Mitbringschachtel der Ravensburger enthält die größte Spielebanane, ebenfalls aus Plastik, die bisher je in einem Spiel war. Um diese Riesenbanane geht es natürlich. Zwei bis vier Kinder zwischen 4 und 8 Jahren versuchen in fünf Spielrunden Carlo die große Banane abzujagen. Dies gelingt ihnen, wenn sie sich im Laufe der Runden 12 Bildkarten einprägen, auf denen je dreimal Carlo und leere Bananenschalen abgebildet sind, außerdem sechsmal eine Banane. Wer diese aufdeckt, erhält die Banane, wird aber Carlo aufgedeckt, schnappt er sich die Banane wieder.
ALLES BANANE ist ein recht anspruchsloses, fast zu einfaches MEMO-Spiel, in dem der arme Carlo so gut wie nie zu seiner Banane kommt.
Hinter dem Spiel mit dem neudeutschen Namen AFFENGEIL (MB) verbirgt sich letztlich nur ein großer Plastikaffe als Würfelbecher. Zwei Bananenwürfel , ein Wertungsblock und die Spielregel machen schnell deutlich, dass dieser „bananenstarke Würfelhit“ nichts anderes als der Kneipenklassiker MÄXCHEN, auch LÜGENPASCH oder 21 genannt, ist. Die Firma MB weist für diese Spielenovität sogar einen Autor aus. Der nicht ganz unbekannte Wolfgang Riedesser muss sich fragen lassen, wofür er hier eigentlich seine Tantiemen kassiert?
Nur wer Würfelbecher sammelt und unbedingt einen Affen schütteln möchte, sollte hier zugreifen. Der klassische Würfelbecher bleibt immer noch die preiswertere Spielart.
Spieletelegramm:
Titel: Bananas
Verlag: Goldsieber
Autor: Johannes Tranelis
Grafik: o.A.
Spielerzahl: 2-4
Alter: ab 7 Jahren
Spieldauer: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 20.- DM
Wertung Spielreiz damals freundliche 7 von 10 Sternen
Titel: Affenstark
Verlag: Haba
Autor: Stephanie Rohner u. Christian Wolf
Grafik: Ines Frömelt.
Spielerzahl: 2-4
Alter: ab 5 Jahren
Spieldauer: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 25.- DM
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen
Titel: Alles Banane
Verlag: Ravensburger
Autor: Heinz Meister
Grafik: Walter Pepperle, Michael Schober
Spielerzahl: 1-4
Spieldauer: ca. 10 Minuten
Alter: ab 4 Jahren
Preis: ca. 12.- DM
Wertung Spielreiz damals 5 von 10 Sternen
Titel: Affengeil
Verlag: MB
Autor: Wolfgang Riedesser
Grafik: o.A.
Spielerzahl: 2- beliebig
Spieldauer: abhängig von der Spielerzahl
Alter: ab 8 Jahren
Preis: ca. 20.- DM
Wertung Spielreiz damals 3 von 10 Sternen
Die Rezensionen erschienen 1996 unter www.spiel-und-autor.de
Die Bewertungen schwankten nach heutigem Maßstab zwischen
„Nächste Woche wieder“ und „Vielleicht nächsten Monat“.
Spiel 1-4/1996 R 7-10/2020
Freitag, 21. Dezember 2018
ROCK ME ARCHIMEDES
Matt Buchanans ROCK ME ARCHIMEDES ist schon seit 2012 im Programm von Marbles Brain Workshop. Die Firma aus Chicago wurde aber 2017 von der kanadischen Konkurrenz Spin Master übernommen, die ROCK ME ARCHIMEDES nun seit 2018 in ihrem Programm führt.
Das Waage-Spiel ist designtechnisch ein Hingucker. Ursprünglich hatte Marbles Brain Workshop eine der Waageform nachgebildete Verpackung entwickelt, die Spin Master leider zu einer Weinflaschen-Verpackung hat verkommen lassen. 3x16 sauber gefräste Vertiefungen machen das längliche Brett aus, das auf einer halbrunden Wippe gelagert ist, für die zusätzlich noch eine Abstellplattform mitgeliefert wird. In die Wippe integriert ist eine kleine Holzschale für jeweils 12 weiße und schwarze Murmeln, die für das Waagespiel benötigt werden.
Das Besondere an ROCK ME ARCHIMEDES ist der beiliegende Würfel, der recht viel Glück in ein eigentlich geschicklichkeitsgeprägtes Spielegenre bringt. Die beiden Endzonen und die mittlere Spielzone sind dunkelbraun markiert. Wer es schafft, vier seiner Murmeln in die sechs Endmulden zu bekommen, ohne dass die Wippe den Tisch berührt, gewinnt ROCK ME ARCHIMEDES.
Wer am Zug ist, setzt entweder eine Murmel in die mittlere Zone ein oder er würfelt. Das Wurfergebnis lässt Bewegungen zwischen einem und drei Feldern zu, die beliebig auf einzelne Murmeln verteilt werden dürfen. Da mit hälftiger Wahrscheinlichkeit die größte Zahl gewürfelt wird und die „1“ nur einmal vorkommt, kommen die Murmeln Richtung Gewinnzone recht schnell voran. Da beide Spieler das machen, ist die Gefahr von Maximalausschlägen eher gering. Das führt leider dazu, dass im Endspiel meist derjenige die Nase vorn hat, der häufiger die „3“ würfelt und damit etwas schneller ist.
Theoretisch klingt es zwar interessant, ein Balance-Spiel mit einer Art Wettlauf zu verbinden. Praktisch bleibt der Balance-Aspekt fast auf der Strecke, sodass ein Rennspiel übrigbleibt, das der gewinnt, der besonders hoch würfelt.
Spannender wird es, wenn man das Grundspiel vergisst und vor allem zur zweiten Variante greift. Danach können die vier Murmeln in beliebige Endzonen gebracht werden. Damit lässt sich das kipplige Waagegerät besser austesten und der Mut zum Risiko wird stärker belohnt oder bestraft. Mit Kindern lässt sich die Waage auch gut ohne Würfel erproben.
Wertung: Vielleicht nächsten Monat wieder
ROCK ME ARCHIMEDES
Grafik/Design: keine Angabe
Verlag: Spin Master
Alter: ab 5 Jahren
Spielerzahl: 2
Spielzeit: ca. 15 Min.
Preis: ca. 49 Euro
Spiel 79/2018
Sonntag, 9. Dezember 2018
SCHAU SCHAU!
Noris ist in Hinblick auf innovative Produkte stets vorn mit dabei. Vor knapp acht Jahren hatten sie mit dem TOY STICK sogar noch vor dem TIP TOI ihren Fuß in der Tür digitaler Sprechstifte. Technisch hatte damals das Noris-Produkt eigentlich die Nase vorn, konnte man doch schon mit dem Stift Aufnahmen machen, auch die Speicherkapazität war viermal höher als beim Ravensburger Produkt, aber das Beiprogramm enttäuschte. Deshalb verdient Ravensburger heute immer noch gut mit den Tiptoi Produkten, während der TOY STICK schon lange keine Konkurrenz mehr ist. Auch auf den EXIT- oder ESCAPE-Zug ist Noris mit aufgesprungen und mit dem Chrono Decoder und einer Wiederverwendbarkeit der Fälle neben Kosmos gut im Rennen.
Ganz aktuell bindet die Fürther Firma in SCHAU SCHAU! amazons Alexa mit in ein Spiel ein. Im Grunde genommen ist es ein einfaches Beobachtungsspiel mit Karten in vier Hintergrundfarben und mit jeweils acht Gegenständen. Alexa stellt Fragen, die meist zwei oder drei Gegenstände mit einander verbinden. „Wo seht ihr genau ein Kleidungsstück und einen Gegenstand aus der Schule?“ „Wo findet ihr drei Nahrungsmittel?“ Mengenvergleiche kommen ebenfalls vor: „Wo findet ihr die wenigsten Nahrungsmittel?“, lautet beispielsweise eine Frage.
Wer die Antwort weiß, greift nach einer großen Schnappfigur und nennt die Kartenfarbe mit der vermuteten Lösung. Ist sie richtig, gibt es die Karte. Bei einer falschen Antwort muss eine Karte abgegeben werden. Alexa lässt die anderen in einem solchen Fall nicht weiterraten, sondern nennt die korrekte Lösung. Nach 20 Fragen ist Schluss. Wer die meisten Karten sammeln konnte, gewinnt dann nach 10 bis 15 Minuten das Spiel.
Noris empfiehlt SCHAU SCHAU! für Kinder ab fünf Jahren. Die teilweise geforderten gedanklichen Verknüpfungen sind durchaus anspruchsvoll, sodass jüngere Kinder mit der Taktung von zehn Sekunden für die Beantwortung der Fragen überhaupt nicht klarkommen. Alexa wiederholt zwar einmalig die Frage, schaltet dann aber nach weiteren zehn Sekunden völlig ab. Mir fehlen hier individuell einstellbare Überlegungszeiten. Im Augenblick muss das Spiel ständig wieder neu gestartet werden. Man kann zwar an der Stelle weitermachen, an der Alexa ausgestiegen ist, aber das ist sehr umständlich. Alexa erkennt auch nicht alle korrekten Antworten, so fragt sie einmal nach einer Karte mit genau einem fliegendem Fortbewegungsmittel. Richtige Antworten gibt es auf grünen und gelben Karten, Alexa akzeptiert aber nur die gelbe Farbe. Problematisch ist auch, dass die Zahl der Fragen überschaubar ist, sodass sich identische Fragen teilweise sogar während einer 20er- Serie wiederholen. Dazu ist dann die Gesamtstruktur der Bildkarten zu simpel gestrickt. Wer sich einprägt, dass die gelben Karten beispielsweise durch drei Tiere und Nahrungen, außerdem ein Fortbewegungsmittel, das fliegt, und ein Kleidungsstück definiert werden, kann viele Antworten, ohne auf die Karte zu schauen, lösen.
SCHAU SCHAU! sage ich ein ähnliches Schicksal wie dem TOY STICK voraus. Im Augenblick ist dieses eindimensionale Fragespiel mit Alexa für zwei oder drei Runden ganz nett, das war es dann aber auch schon. Meinen Enkeln kann ich jetzt nicht mehr damit kommen, die winken ab oder basteln sich selbst Fragen zu den Karten. Denn als Suchspiel ohne Alexa taugt SCHAU SCHAU! genauso gut, wie „Ich sehe was, was du nicht siehst!“ und das wird zwischendurch immer einmal wieder gespielt.
Wertung: Vielleicht nächsten Monat wieder
Titel: SCHAU SCHAU!
Autor: keine Angabe
Grafik/Design: Fiore GmbH
Verlag: Noris
Alter: ab 5 Jahren
Spielerzahl: 2 - 5
Spielzeit: 10 – 15 Min.
Preis: ca. 13 Euro
Spiel 74/2018
Dienstag, 16. Januar 2018
KRASS KARIERT
Kartenspielautoren greifen auf ein überschaubares Repertoire zurück. Da werden Klassiker variiert, Ravensburger probiert das aktuell mit MAU MAU, Pokerelemente aufgegriffen, perfekt zur Zeit in HALF PINT HEROES. Richtige Innovationen wie zuletzt bei HANABI sucht man vergeblich, dafür finden wir die 1001 Stich- oder Stichvermeidungsvariation.
KRASS KARIERT (Amigo) von Katja Stremmel ist ein solch bemühtes Produkt, das Genialität vortäuscht, aber letztlich Altbekanntes liefert. In Stremmels Erstveröffentlichung treffen BOHNANZA und KARRIEREPOKER (oder: DER GROSSE DALMUTI, DAS GROSSE UND DAS KLEINE A) aufeinander. Jedes Vorbild für sich ist klasse, in der karierten Fassung aber eher Krampf.
Mit 48 Zahlenkarten mit Werten von jeweils viermal 1 – 12 und drei Spezialkarten in doppelter Ausführung wird KRASS KARIERT gespielt. Jeder besitzt zwei bis drei Chips, die vorerst sein Überleben garantieren und erhält zehn Handkarten. Wie bei BOHNANZA werden die Karten ungeordnet auf die Hand genommen, sie dürfen auch später nicht sortiert werden. Immerhin gibt es zur Verbesserung der Ausgangslage zwei offene Reservekarten, die vor jedem der drei bis fünf Beteiligten ausliegen.
Der Spielablauf entspricht dem klassischen KARRIEREPOKER, jedes Kartengebot muss nachfolgend überboten werden. Da die Kombinationen durch die unsortierten Kartenhände in der Regel ziemlich eingeschränkt sind, reduziert Stremmel die Maximalzahl der abzulegenden Karten auf drei. Paare und Drillinge überbieten Straßen, die beste Kombination ist damit ein 12er Drilling. Wer nicht überbieten kann, darf eine Reservekarte aufnehmen und die immerhin passend einsortieren. Rettend sind oft auch die Spezialkarten, so ein Joker und eine Stopp-Karte, die sofort die Runde beendet, so dass man danach mit einer Einzelkarte starten darf. Wer den Durchgang verliert, gibt einen seiner Chips ab. Am Ende wird den Verlierern auch noch eine „Schwimmrunde“ zugestanden, erst wenn die verlorengeht, endet das Spiel, bei dem es dann nach einer halben Stunde mehrere Gewinner gibt.
Das Spiel funktioniert, die Regel ist ordentlich, das Kartenmaterial gut. Über die karierte Kartengrafik lässt sich wohl streiten. So richtig zünden will aber die Idee nicht. Mehrfach musste ich beim Ausprobieren Spielabbrüche erleben, wo schon nach der ersten Chipabgabe keine Bereitschaft mehr bestand, in die nächsten Runden zu gehen. KRASS KARIERT ist seelenloses Konstrukt, dem die Bemühtheit, die Vorbilder neu auszureizen, anzumerken ist. An die fantastischen Herbstspiele von Amigo wie DRUIDS und SCHÖNE SCH #!?E kommt dieses kleinkarierte Kartenspiel Katja Stremmels überhaupt nicht heran.
Wertung: Nächsten Monat wieder
Titel: KRASS KARIERT
Autor: Katja Stremmel
Grafik/Design: ?
Verlag: Amigo
Alter: ab 10 Jahren
Spielerzahl: 3 - 5 Spieler
Spielzeit: ca. 30 Min.
Preis: ca. 9 Euro
Spiel 3/2018
Montag, 8. Januar 2018
CAFÉ FATAL
Es gibt Entscheidungen der Jury „Spiel des Jahres“, bei denen nach vielen Jahren klar wird, eigentlich hätte ein anderes nominiertes oder empfohlenes Spiel in dem Jahrgang die Nase vorn haben sollen. Der Klassiker stammt aus der Frühzeit der Juryarbeit, 1986 wurde DAS VERRÜCKTE LABYRINTH nur empfohlen und HEIMLICH & Co. prämiert, das schon ein Jahr zuvor auf der Empfehlungsliste gelandet war. Der gefühlte Sieger von 2012 war LAS VEGAS, das gegen KINGDOM BUILDER unterlag.
Rüdiger Dorns Würfelspiel ist der typische Türöffner für Wenigspieler. Ein klassisches Zockerspiel, das immer wieder auf unseren Spieltischen landet. In Essen erschien im Herbst 2017 ein LAS VEGAS-Derivat, dem zumindest beachtliche Nähe zum Original attestiert werden darf.
Die beiden englischen Autoren Brett J. Gilbert und Trevor Benjamin veröffentlichen mit CAFÈ FATAL im Zoch-Verlag ein Mehrheitenspiel mit Würfeln, bei dem es nicht um Casinogewinne, sondern um Torten- und Pizzastückchen geht. Die Nähe zum Vorbild ist signifikant, trotzdem ist eine gewisse abgrenzende Eigenständigkeit von CAFÈ FATAL zu erkennen. Die ergibt sich hauptsächlich aus der Topologie der Cafétische. Wie in einem Pariser Bistro stehen sieben bis 13 Tische auf engstem Raum nebeneinander. Zufällig werden dort die Pizzahäppchen verteilt. Fast nichts wert sind die 30 Käseecken, die einen Gourmetpunkt bringen und als fünfteilige Käsepizza 10 Punkte. Die Salamipizza mit 20 Ecken verdoppelt die Punktwerte, schließlich bleibt die kostbare Heidelbeertorte mit nur zehn Tortenteilen, von denen jedes fünf Punkte wert ist. Wer eine vollständige Torte erwürfelt, ist sofortiger Gewinner, sonst reichen 40 Häppchenpunkte aus, um nach 20 bis 30 Minuten die Würfelschlacht in CAFÈ FATAL zu gewinnen.
Der Zusatzreiz, den die Caféhaus-Würfelei bietet, besteht in der Einschätzung der Startauslage. Wer sieht, dass sich viele andere um Heidelbeertische prügeln, kann sich in Sektoren bewegen, mit denen er mit weniger Konkurrenz schneller an fertige Käse- und Salamipizzen gerät, denn eine Ausbreitung der eigenen Würfel ist nur orthogonal angrenzend zum Starttisch möglich. Identische Augenzahlen eines Spielers dürfen nur an einem Tisch liegen, dafür entscheiden bei Gleichstand höhere Würfelwerte.
Der Würfelreiz mit viel Emotionen am Spieltisch kann auch im CAFÉ nachempfunden werden, allerdings hätte gerade der Zoch Verlag etwas mehr Liebe in die Umsetzung stecken können. Zur Würfelhaptik eines guten Zockerspiels gehören ordentliche Würfel und nicht solche Kleinstausgaben. Das gilt auch für die winzig kleinen Essenshäppchen, das ist Gourmetniveau angepasst und fast nur mit der Lupe erkennbar. Die grafisch sterilen Tischquadrate geben auch nicht viel her, hätten durchaus größer und atmosphärischer ausfallen dürfen. Nicht einmal eine HECKMECK-Schachtel wird damit zur Hälfe gefüllt.
Ich konstatiere durchaus Spielspaß, hätte mir aber eine viel attraktivere Umsetzung gewünscht. Wer LAS VEGAS kennt, wird allerdings beim Originalspiel bleiben.
Wertung: (Über)Nächsten Monat wieder
Titel: CAFÉ FATAL
Autoren: Brett J. Gilbert, Trevor Benjamin
Grafik/Design: Victor Boden / Dennis Lohausen
Verlag: Zoch Verlag
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 3 - 5 Spieler
Spielzeit: ca. 30 Min.
Preis: ca. 20 Euro
Spiel 1/2018
Sonntag, 15. Oktober 2017
KAKERLAKEN DUELL
Ich liebe sie, die von Rolf Vogt gezeichneten Kakerlaken, die bei Drei Magier zum Quartett-Poker antreten oder tanzen und im Salat auftauchen. Die dahinterstehenden Ideen des Luxemburger Autors Jaques Zeimet hatten bisher alle Pepp und sorgten für dauerhafte Spannung am Spieltisch.
Leider gilt die Begeisterung für das neue KAKERLAKEN DUELL nur noch der Grafik. Zeimet verzichtet diesmal auf Spielkarten und bietet uns für das DUELL vier KAKERLAKEN-Spielsteine und vier Tipp-Steine an, die auf einem Spielfeld mit 4x9 Feldern platziert werden. In der Mitte stehen die Kakerlaken, an den schmalen Randfeldern rechts und links stehen wechselseitig die Tippsteine. Wer zuerst eine Kakerlake auf seine Seite zieht, gewinnt das DUELL.
Im Wechsel übernehmen die Kontrahenten die Rollen des Bluffers und Hellsehers. Der Bluffer verteilt seine Tippsteine verdeckt auf seiner Grundlinie, darunter befinden sich drei grüne Steine und ein Stein mit einem roten Kreuz. Das Interesse des Bluffers besteht darin, dass der Gegenspieler möglichst schnell das rote Kreuz findet, denn dann endet sein Zug. Solange er grüne Steine aufdeckt, wandern die Kakerlaken der entsprechenden Bahnen in seine Richtung. Beim roten Kreuz bleibt die Kakerlake stehen, für unaufgedeckte Steine zieht der Bluffer Kakerlaken in seine Richtung. Danach wechseln die Rollen solange, bis ein Spieler eine der Kakerlaken auf seine Grundlinie locken konnte.
Der Reiz dieses Bluff-Spiels hält nicht lange vor, dazu spielt der Zufall eine zu große Rolle. Agieren die Kontrahenten verbal aktiv, locken sie, bluffen sie, kann es auf der kommunikativen Ebene noch etwas Spaß bereiten, aber eine Langzeitsog entwickelt sich nicht. Auch nicht durch die Variante DUELL ROYAL, in der einer Kakerlake die Krone aufgesetzt wird. Entscheidungen in der Spalte des gekrönten Tiers werden mit Doppelschritten belohnt.
Was bleibt, sind tolle Grafiken, fantastisches Material, aber ein ödes Spiel, das nur zu wenigen Revancherunden taugt. Vielleicht lässt sich Zeimet zu den schönen Kakerlaken- und Zielsteinen noch einmal ein neues Spiel einfallen.
Wertung: Vielleicht nächsten Monat
Titel: KAKERLAKEN DUELL
Autor: Jaques Zeimet
Verlag: Drei Magier / Schmidt
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2 Spieler
Spielzeit: ca. 10 Min.
Preis: ca. 15 Euro
Spiel 64/2017
Sonntag, 20. August 2017
KRISS KROSS
Knizias KRISS KROSS in Kooperation mit dem Kreativbunker (für die Krafik, pardon Grafik) ist 2017 in der typischen stabilen Schuberverpackung der kleinen Spiele von moses. erschienen. Knizia hängt sich damit an den Trend von QWIXX & Co. dran, bleibt aber abstrakter. Statt Zahlen werden in seinen Auswertungsblock Symbole eingetragen.
Wer die Übersicht über die 10.000 Spiele der letzten zehn Jahre bewahrt hat, wird feststellen, dass die Grundidee Knizias nicht neu ist. In deutlich abgespeckter Form sind die Parallelen zu Christof Tischs MOSAIX nicht von der Hand zu weisen. Auch 2009 mussten Kreis, Dreieck und X in ein quadratisches Raster eingetragen werden. Bei dem Schmidt-Spiel war dies allerdings 7x7 Felder groß und es wurde mit vier Würfeln geworfen. Tischs Anforderungen waren höher, da die Würfelvorgaben nach einem vorgegebenen Würfelmuster eingetragen werden mussten. Ab fünf zusammenhängenden Mustern brachte das Punkte.
Knizia reduziert das alles massiv, seine nur zwei Würfel besitzen zwar zusätzliche drei Symbole (Punkt, Stern und Quadrat kommen hinzu), diese müssen aber nur noch auf einem 5x5 Feld untergebracht werden, wobei es ab zwei zusammenhängenden identischen Feldern Punkte gibt. Eine Verdopplung der Punkte erfolgt ab vier gleichen Symbolen, wobei alle Reihen und Spalten nach 12 Würfelrunden gewertet werden.
Damit in diesem kleinen Ausgangsfeld nicht alle identische Eintragungen vornehmen, gibt es in der Mitte der ersten Reihe ein Startfeld, in das alle der bis zu sechs Spieler ein unterschiedliches Symbol einzutragen haben. KRISS KROSS ist ruck zuck erklärt, im Ablauf simpel. Die größten Schwierigkeiten bereiten anfangs vielleicht noch die Zeichnung der Sternchen. Etwas aufpassen muss man, dass keine Felder frei bleiben, denn die Eintragung der Würfelvorgaben müssen stets benachbart erfolgen. Das sind Anfängerfehler, die sich schnell legen.
An den Qualitätsanspruch von MOSAIX reicht KRISS KROSS nicht heran. Tischs Idee landete 2010 immerhin auf der Empfehlungsliste der Jury „Spiel des Jahres“. Mit Würfel- und Blockspielen wie QWINTO, TWENTY ONE und NOCH MAL! kann Knizias Idee auch nicht mithalten. Wenn es um Empfehlungen meinerseits ginge, lägen alle diese Spiele deutlich vor KRISS KROSS. Nur wer das ganz schnelle, einfache Würfelspiel mit hohem Glücksanteil und etwas Planung sucht, der sollte bei KRISS KROSS zugreifen. In der Umsetzung durch moses. erhält er ein hochwertiges Spiel.
Wertung: Vielleicht nächsten Monat wieder
Titel: KRISS KROSS
Autor: Reiner Knizia
Verlag: moses.
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 1 - 6 Spieler
Spielzeit: ca. 10 Min.
Preis: ca. 10 Euro
Spiel 49/2017
Donnerstag, 23. März 2017
SPRING INS FELD
Sportlich, fast im Spagat, hüpft Flora, die Gartenfee über die Blumenwiese. Auf dem Kopf trägt sie eine durchsichtige große Haube, in der ein Würfel herumfliegt. Spätestens wenn man die Würmer und Käfer im Grasgewirr entdeckt, erkennt man den Zeichenstift einer begnadeten Illustratorin: So bunt, so verrückt kann nur Doris Matthäus ein Titelcover gestalten.
Diese Flora spielt als eine Art Holzeierbecher mit Plexiglaskopf tatsächlich auch im Spiel SPRING INS FELD die zentrale Rolle. Nicht nur die Gestaltung stimmt, auch das Material ist üppig. Die Idee zum Spiel stammt von Anja Dreier Brückner, Klaus Zoch hat zugearbeitet. Bevor Flora auf Gartenfeldern herumspringt, müssen Eltern erst einmal sorgfältig Hand anlegen. Floras Würfelkopf muss vorbereitet werden, 40 Blüten und Schmetterlinge dürfen mühsam mit Klebepunkten auf kleine Holzklötzchen geklebt werden. Nichts ist mit sofortigem Losspringen, erst müssen die lieben Kleinen gut zwanzig Minuten warten und vielleicht ein bisschen mithelfen.
Ist alles fertig, werden sieben Blumenbeete mit fünf bis sechs Blumen und Schmetterlingen bestückt. Jedes Kind bekommt einen Blumenkorb mit Platz für jeweils zwei Schmetterlinge und acht Blumen in vier Farben. Wer an der Reihe ist, schnappt sich Flora und springt mit ihr in ein Blumenbeet. Dazu heißt es etwas nebulös in der Spielregel, dass sich dabei ihr Würfel drehen solle. Das kann in der Luft geschehen, aber auch beim schwungvollen Absetzen auf dem Beet. Praktisch bedeutet das allerdings, dass dann schnell alle Blumen „entwurzelt“ werden. Schütteln die Kinder Flora während des Fluges, sehen ganz Pfiffige schon das Ergebnis und landen in ganz sicheren Gärten. Denn nur, wenn die erwürfelte Blume oder der Schmetterling noch im Garten sind, darf geerntet werden. Wer Pech hat, darf einen Glückskäfer einsetzen und sich in einem anderen Beet bedienen. Geht das Kind das nächste Mal leer aus, gibt es den Glückskäfer wieder zurück. Wer als erster seinen Korb gefüllt hat, gewinnt nach 15 bis 20 Minuten das Blumensammelspiel mit Flora.
SPRING INS FELD gehört zu den Farbsammelspielen für die ganz Kleinen. Drei- und vierjährige Kinder üben sich in der Farb- und Motivzuordnung und tasten sich an erste taktische Überlegungen heran. Der Aufforderungscharakter durch das Material ist anfangs recht hoch, trotzdem überzeugt der Einsatz des Würfelkopfes nicht. Für etwas ältere Kinder empfehlen wir, dass sie vor dem Würfeln ihr Ziel angeben, um dann vor sich oder im Flug Flora zu schütteln und sanft im gewünschten Beet zu landen. Dann kann SPRING INS FELD durchaus für einige Partien Freude bereiten, wenn sich auch eine langfristige Begeisterung eher nicht einstellen wird.
Wertung: Vielleicht nächsten Monat
Titel: SPRING INS FELD
Autoren: Anja Dreier-Brückner und Klaus Zoch
Verlag: Zoch
Alter: ab 4 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4
Spielzeit: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 25 Euro
Spiel 16/2017
Mittwoch, 22. März 2017
PIZZA DIAVOLO
Solo unterwegs
Und gleich noch ein Kohn, nach den niedlichen Russenpuppen wandern wir zum Pizza Lieferservice weiter. Inon Kohn serviert erneut gehirnakrobatische Aufgaben, diesmal fehlt aber die Würze.
PIZZA DIAVOLO kann materialmäßig mit dem Matrojschka-Spiel überhaupt nicht mithalten, will es auch nicht, da es in der kleinen Mitbringschachtel der logicus-Reihe daherkommt. Drinnen sind ein Papp-Pizzabrett mit einer achtteiligen Grundpizza auf Käsebasis, außerdem vier doppelseitig bedruckte transparente Scheiben mit unterschiedlichen Belägen. Jede Scheibe besitzt drei bis vier Pizza-Achtel die je nach Kundenwunsch die unterschiedlichsten Konstellationen ermöglichen. Bedruckte Teile sind dabei nicht transparent und decken damit andere ab.
Die Aufgaben, diesmal nur 54, bestehen aus der konkreten Bestellungen einer Familienpizza, deren Belag bezogen auf die Achtelstückchen genau vorgegeben wird. Außerdem wird festgeschrieben, welche Folienscheiben mit in den Pizzaofen müssen. Die leichten Aufgaben bestehen aus nur zwei Scheiben mit Pizzastücken, die mittelschweren aus drei Teilen und die letzten sieben Aufgaben aus vier Teilen. So richtig lecker sehen die dicken Pizzen dann nicht aus, da der unterste Belag nur noch schemenhaft zu erkennen ist.
Kann man anfangs noch durchaus logisch an die Lösung der Aufgaben herangehen, wird es dann später immer mehr eine Drehorgie und ein Hin- und Hergeschiebe der Folienteile. Das überzeugt mich nicht so sehr, zumal das Material in der Mitbringpackung überhaupt nicht an die Standardqualität von Spielen wie BABUSHKA heranreicht. Das Ringbuch für Aufgaben und Lösungen mutiert hier zu einer kleinen Heftbroschüre. Die Folien wünschte ich mir klarer, durchsichtiger, damit die Pizza am Ende lecker daherkommt. So wirkt das Ganze eher milchig und blass und gar nicht so feurig wie der Titel suggeriert. Relativ gesehen ist dann dieses Produkt mit dem hälftigen Preis von BABUSHKA richtig teuer. Das Material lässt eigentlich nur einen Preis unter zehn Euro zu.
Wertung: Vielleicht nächsten Monat
Titel: PIZZA DIAVOLO
Autor: Inon Kohn
Verlag: HUCH! & friends
Alter: ab 7 Jahren
Spielerzahl: 1
Spielzeit: ca. 10 Minuten
Preis: ca. 15 Euro
Spiel 15/2017
Montag, 19. September 2016
BURG MENGENSTEIN
„Hohe Lernmotivation“, „individuelle Förderung“ verspricht die „mit Pädagogen entwickelte“ Reihe SPIELEND NEUES LERNEN von Ravensburger. Inzwischen klebt der blaue Stempel auf vielen Kinderspielen der Firma mit dem blauen Dreieck. Da werden Klassiker wie QUIPS, COLORAMA und DIFFERIX gleich mit vereinnahmt, da gibt es aber auch beachtliche Neuentwicklungen wie DIE FRECHE SPRECH-HEXE und DER VERDREHTE SPRACH-ZOO.
Auch BURG MENGENSTEIN wirkt erst einmal so, als habe hier Ravensburger wieder manches richtig gemacht. Da wird für 14 Euro eine ganze Burganlage mit Turnierplatz und imposanten Bergfried, der gleichzeitig Würfelturm ist, frei Haus geliefert. Rund um die Mauer der Burganlage soll ein Wettrennen kleiner Plastikritter stattfinden. Die Begeisterung ist nicht nur bei Jungen erst einmal groß.
Für das Rennen müssen zuerst sechs Würfel und ein weißer Holzmarker den Würfelturm durchlaufen. Es gibt sechs verschiedene Motive in drei Farben und drei Kategorien. Da gibt es Bilder wie Schwert und Schild, die zum Ritter passen, aber auch ein Krönchen und einen Ring, der der Prinzessin gehört. Die Würfelmotive, Farben und Kategorien finden wir auf einem halben Meter langen Turnierplan wieder. Dort versuchen die Kinder schnipsend möglichst attraktive Ziele zu treffen. Ob sie einen großen oder kleinen Schnippstein nutzen dürfen, legt der Landebereich des Holzmarkers fest. Wer dann den grünen Sektor trifft, darf sich alle grünen Würfel nehmen und entsprechend viele Felder mit dem Ritter um die Burg wandern. Nachfolgende Spieler streiten sich nur noch um die restlichen Würfel. Wer in diesen Duellen zuerst das Gemäuer umrundet, gewinnt nach 15 Minuten das Spiel.
Wenn Lernspiele mit Geschicklichkeitselementen verbunden sind, dann geht es meist um das Erfahrbachmachen bestimmter Zusammenhänge. Da es hier ja auch um den Vergleich von Mengen gehen soll, hätten die Kinder vielleicht Würfeltürme von der häufigsten Kategorie bauen können. Das Zielschnipsen ist leider nicht zielführend, denn vierjährige und auch fünfjährige Kinder, sind auch nach einer Einübungsphase froh, wenn ihr Stein irgendwo im Zielbereich landet. Dann nimmt man sich das, was da ist. Das ist keine große gedankliche Anforderung mehr, sondern nur eine Zuordnung des Zielfeldbildes zu den Würfelbildern. Entsprechend unsinnig ist außerdem noch die zufällige Entscheidung über die Größe des Schnippsteins.
Wahrscheinlich hat der Autor Wolfgang Dirscherl selbst erkannt, dass die Geschicklichkeit kontraproduktiv für das eigentliche Spiel ist. In einer Variante lässt er die Kinder tippen, welche Ergebnisse der Würfelturm liefern könnte. Hier wird der Schnipp- zum Tipp-Stein und es darf sogar dreimal gewürfelt werden. Die Geschicklichkeit wird nun durch das reine Glück ersetzt, die Zuordnungsanforderung bleibt ähnlich leicht.
Schade, der Aufforderungscharakter durch die Burg mit ihrem Würfelturm ist hoch. Die materialtechnische Umsetzung ist Ravensburger vorzüglich gelungen. Der Frust kommt auf beim Schnipsen. Da hat ein Kind nichts davon, erkannt zu haben, dass die Prinzessinnenwerte hervorragend sind, wenn es die rechte obere Ecke nie sicher erreicht. Da verfliegt alle Anfangsbegeisterung ganz schnell, nur der Würfelturm darf stehenbleiben für andere Würfelspiele.
Wertung: Vielleicht nächsten Monat wieder
Titel: BURG MENGENSTEIN
Autoren: Wolfgang Dirscherl
Verlag: Ravensburger
Alter: ab 4 Jahren
Spielerzahl: 2 – 4 Spieler
Spielzeit: ca. 15 Min.
Preis: ca. 14 Euro
Mittwoch, 16. Dezember 2015
CUCINA CURIOSA
Zu den Trends nach der „Spiel“ in Essen gehören vor allem deduktive Kommunikationsspiele, aber auch Variationen des Klassikers TAKE IT EASY. Haba folgt dieser Idee in seiner jungen Familienspiel-Reihe und setzt mit KARUBA neue Akzente. Noris stellt mit CUCINA CURIOSA eine knizianische Überarbeitung des Vorbilds vor.
Für das Noris-Spiel recycelt Reiner Knizia, der heuer sein dreißigjähriges Autorenjubiläum feiern darf, ein fünf Jahre altes Handyspiel, das er für Tribeflame entwickelt hat. In REINER KNIZIA’S LABYRINTH geht es auf Schatzsuche, die man sich nicht durch Monster stören lassen darf. Nichts Anderes passiert in der kuriosen Küche. Die Schätze sind nun Hummer, die Monster stinkende Fischgräten.
Alles spielt sich wie auf dem Handybildschirm auf einem 4x4 Feld ab, auf das 16 von 20 Wegeteile abgelegt werden müssen. Das Abenteuerlabyrinth ist zur Kreuzfahrtküche degeneriert, die kräftiger Seegang ganz schön durcheinander wirbelt. Jeder muss auf seinem Küchenspielplan die Küchenwelten wieder in Ordnung bringen. Dabei wollen die Köche möglichst viele entflohene Lobster einfangen und tunlichst wenig Gräten im Wegenetz haben.
Das Spielprinzip ist bekannt: Ein Spieler deckt der Reihe nach verdeckte Wegekarten auf, die anderen suchen die passende Karte und dürfen sie an beliebiger Stelle in ihrer Küche unterbringen. Sobald das 16. Plättchen gelegt ist, wird überprüft, wie viele Hummer jeder einfangen konnte. Die bringen stets einen Siegpunkt, Gräten verhageln die Bilanz mit zwei Minuspunkten. Wer die meisten Punkte erreicht, gewinnt nach 15 bis 20 Minuten das Spiel.
Nichts Neues aus dem Hause Knizia, im Gegenteil die Handyvariante bietet deutlich mehr Varianz. Wer das Spielprinzip kennenlernen möchte, der kann eine Lite-Version kostenlos ausprobieren oder für knapp 3 Euro auf die Vollversion zugreifen. Der Mehrwert von CUCINA CURIOSA besteht natürlich im Konkurrenzspiel mit bis zu drei Gegnern, das REINER KNIZIA’S LABYRINTH nicht bietet. Das Material ist solide, die comichaft angelegte Grafik trifft nicht jedermanns Geschmack. Dienlicher wären klarere Strukturen, das hätte beim Heraussuchen der passenden Kärtchen geholfen.
Das Spiel funktioniert, trotzdem wollen die edlen Lobster im Vergleich zum großen Vorbild nicht munden. Sogar MOPS ROYAL, das Noris 2014 veröffentlicht hat und das auch dem TAKE IT EASY-Prinzip folgt, hat gegenüber dem Schiffsküchenspiel die Nase vor. Das war reizvoller durch unterschiedliche Ausgangsbedingungen und spannende Zwischenwertungen. Meine Runden greifen jedenfalls lieber zum Original oder zu Rüdiger Dorns KARUBA.
Wertung: Vielleicht nächsten Monat
Titel: Cucina Curiosa
Autor: Reiner Knizia
Verlag: Noris
Spielerzahl: 1- 4 Spieler
Alter: ab 8 Jahren
Dauer: ca. 15 - 20 Minuten
Preis: ca. 20 Euro
GOUDA GANOVEN
Was haben Ferienwohnungen auf Norderney mit GOUDA GANOVEN zu tun? Nun ja, wer sich eine Woche bei Familie Heller einmietet, bekommt ein Kartenspiel des Sohnemanns geschenkt.
Stefan Heller, Doktor der Medizin, geht viele kreative Wege, um seine Spielidee an den Mann oder an die Frau zu bringen. An seinem alten Gymnasium, dem Ulricianum in Aurich, macht er Werbung auf der Homepage. Sein Risiko minimierte er durch eine knapp erfolgreiche Schwarmfinanzierung bei Startnext und mit Werbesprüchen hält er sich auch nicht zurück: „Viele Spielstunden haben das Spiel GOUDA GANOVEN geprägt und modifiziert, sodass man nun von einem sehr gelungenen und äußerst lustigen Gesellschaftsspiel sprechen kann, und das für jung bis alt.“
Heller ist überzeugt von seiner Idee, die ihn sein ganzes Studium lang begleitet hat. Mit immerhin 146 Unterstützern überschreitet er sein Finanzierungsziel von 9.900 Euro knapp, sodass seine GOUDA GANOVEN seit Juni 2015 auf dem Markt sind. Im Eigenvertrieb kostet das Spiel inzwischen 20 Euro, was für eine Kartenspielidee erst einmal eine ganze Menge Kohle oder Käse ist.
Dieser Käse regnet zu Beginn jeder Spielrunde auf ein kleines Häuschen mit vier Zimmern. Der Startspieler hat dabei stets ein Käsestück weniger, als Mitspieler beteiligt sind, in der Hand. Er lässt die zwei bis fünf Holzteile mittig auf einen Hausplan fallen. Je nach Nähe, werden die Käsestücke eindeutig dem Bade-, Schlaf, Kinderzimmer oder Kellerraum zugeordnet. Um diese streiten sich dann die Kontrahenten als kleine Ratten. Dafür haben sie Karten von jedem Zimmer zur Verfügung und anfangs drei weitere Spielkarten als Waffen-, Fallen- und Käsekarten.
Erst einmal entscheiden sich alle geheim für ein Zimmer, in das sie spazieren wollen. Dann überlegen sie, mit welcher Ausrüstung sie ihre Nager ausstatten, wobei die Waffenkarten Werte von 1 bis 20 haben. Sie können bei entsprechender Stärke auch Käsekarten hinzunehmen, die die Käseanzahl erhöhen. Ganz gemein sind Fallen, die gegnerische Ratten verletzen. Diese Karten wirken sich in der folgenden Spionage-Phase aus, in der alle Spieler eine Karte eines beliebigen Mitspielers umdecken. Wer eine Falle erwischt, bekommt in dieser Runde zehn Stärkepunkte abgezogen. Damit man danach nicht ohnmächtig dasteht, hat der Autor noch eine Verstärkungsphase eingebaut, in der alle Karten aber offen gespielt werden müssen. Nur in dieser Phase dürfen Aktionskarten gespielt werden. Mit denen können die Spieler Käsestücken verschieben, samt Ausrüstung das Zimmer wechseln, aber auch die Runde vorzeitig beenden.
Dann folgt die Phase der Offenbarung, der Streit um den Käse wird entschieden. Die Kampfstärke greift immer dann, wenn die Zahl der Käsestücke für eine gerechte Verteilung nicht ausreicht. Jeder Käsegewinn wird mit einem Rattenchip belohnt. Wer als Erster eine Rattenbande mit fünf Ratten sammeln kann, gewinnt GOUDA GANOVEN nach einer guten halben Stunde Käse-Regenzeit.
Heller arbeitet mit dem typischen Reiz von Bluffspielen. Wer geht in welchen Raum? Diese Frage ist von Runde zu Runde spielentscheidend. Wer keine hohen Kampfkarten hat, wird wohl kaum die Konfrontation im Schlafzimmer suchen, in dem zwei Gouda-Stücke liegen. Aber vielleicht sagen sich das auch die lieben Mitspieler und plötzlich streiten alle im Kinderzimmer um nur ein Stückchen Käse. Zusätzlich kommt Spannung beim Spionieren auf, wobei ich mir eine größere Zahl von Rattenfallen gewünscht hätte. Mit nur vier von 55 Karten fällt die Chance, in eine Falle zu tappen, äußerst gering aus. Interessanter ist die nächste Phase, aber auch hier gilt, dass die Zahl der Aktionskarten mit je drei von jeder Sorte leider auch nicht so groß ist. Damit wird klar, dass die Glückskomponente beim Kartenziehen einen extrem hohen Stellenwert hat. Das muss man mögen. Die Begeisterung über GOUDA GANOVEN blieb deshalb bisher auch meist aus. Vermutlich können Papa und Mama Heller daher noch viele Ferienwohnungen mit Spielzugabe vermieten.
Wertung: Vielleicht nächsten Monat
Titel: Gouda Ganoven
Autor: Stefan Heller
Verlag: Goldschmidt Druck GmbH
Spielerzahl: 3 - 6 Spieler
Alter: ab 10 Jahren
Dauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 20 Euro
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