Freitag, 10. Dezember 2021
TIKI TOPPLE
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
TIKI TOPPLE indianisch oder polynesisch?
Der Titel des neuen Spiels von Keith Meyers (u.a. DER KLEINE HOBBIT, SITTING DUCKS) lässt indianische Assoziationen zu. TIKI TOPPLE erinnert an Tippi und Totem und irgendwie geht es um die Spitze: „Top die Wette gilt!“ Die jeweilige persönliche Rundenwette erhält jeder der zwei bis vier Spieler anfangs in die Hand, ein gewünschter Zieleinlauf sozusagen, aus dem ein neunteiliger Totempfahl am Ende in der Spitze bestehen soll.
Die Totemteile, die Tikis, werden zu Beginn jeder Runde nach ihren Symbolen halb zufällig in die Totem-Rinne des Spielplans geschoben. Zur Veränderung der Ausgangslage erhalten die Spieler beim Spiel zu zweit neun Aktionskarten, sonst acht. Aus diesen Karten werden zwei zufällig entfernt, so dass nach sechs oder sieben Kartenrunden das Ergebnis der Wette feststeht.
Mit Hilfe der Karten können Tikis ein bis drei Felder vorwärtsbewegt werden, ein Zurückfallen um zwei Felder oder sogar bis zur Schlussposition ist ebenfalls möglich, zwei Tikis dürfen getauscht und das letzte gar entfernt werden. Ein Durchgang endet, wenn alle ihre Karten ausgespielt haben. Fälschlich steht in der Regel, dass ein vorzeitiges Ende möglich sei, wenn nur noch drei Tikis auf dem Plan seien, weil die Karten aber nur eine maximale Reduzierung auf fünf Tikis zulassen, bleibt diese Regelpassage unverständlich. Die Tippergebnisse werden sofort auf einer Wertungsleiste rund um die Tikis angezeigt. Wer seine Topwette erfüllt, erhält 9 Punkte, wer in den beiden Einlaufwetten richtig liegt, kann immer noch fünf oder zwei Punkte ergattern.
TIKI TOPPLE ist also im Grunde genommen nichts anderes als ein Wettspiel, bei dem die Einflussmöglichkeiten besonders in voller Besetzung gering sind. Keith Meyers sorgt zwar dafür, dass die Ungerechtigkeiten gerecht verteilt sind, also eigentlich sich keiner beklagen dürfte, trotzdem bleibt die Begeisterung aus. Das Vorspiel ist belanglos, der bestimmende Höhepunkt findet in den letzten beiden Runden statt, wobei die letzte Karte und damit der Spieler, der zuletzt ausspielt, die Entscheidung bringt. Wer meint, mit Psychologie käme er weiter, sieht sich auch meist getäuscht, denn im Täuschen und Tarnen waren und sind alle Tipi-Bewohner großartig. Irgendwie hintergangen fühlen sich dann nur noch die Totembauer, die die Tiki-Wiki-Karte, die für den Positionstausch sorgt, am Anfang verloren haben. An die neun Punkte kommen sie nicht mehr heran, ihre Gewinnchancen tendieren gegen null.
Der Begriff „Tiki“ ist passender Weise polysem: Die Tikis haben in Wirklichkeit nichts Indianisches an sich, sondern sind polynesische Holzfiguren. Viel schöner ist aber die zweite Bedeutung des Begriffs, steht doch „Tiki“ für die typische amerikanische Trivialkultur. Genauso trivial oder banal ist letztlich TIKI TOPPLE. Schmidt hat sich allerdings große Mühe mit dem Material gegeben, für einen roten Schein gibt es viel Holz, stabile Karten und einen ansprechenden Spielplan für das Spiel aus der Reihe „Easy Play“, in der immerhin Top-Spiele wie BIG POINTS und FINITO zu finden sind.
Titel: TIKI TOPPLE
Verlag: Schmidt Spiele
Autor: Keith Meyers
Graphik: Dennis Lohausen
Spieleranzahl: 2-4
Alter: ab 8 Jahren
Dauer: ca. 20 Min.
Preis: ca. 11 Euro
Spiel 06/2009 R 220/2021 Rezension erschien 2009 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 4 von 10 Sternen,
das entspricht: Vielleicht nächsten Monat wieder
Zum Spiel und zum Autor
Keith Meyers ist seit Ende der 1980er Jahre in der Spielebranche tätig. Er hat nach eigenen Angaben mehr als drei Dutzend veröffentlichte Spiele entworfen, unterrichtet Spieledesign, hat ein Buch über Spieledesign und hält Vorträge über dieses Thema.
Er hat für The Game Works (kleiner Nischenhersteller von Spielen) und The Game Keeper (größte Kette unabhängiger Spieleläden) gearbeitet, die von Wizards of the Coast und dann von Hasbro gekauft wurden. Derzeit arbeitet er mit IELLO USA zusammen und betreibt mit Board Game Republic sein eigenes Spielehaus mit Bar und Restaurant in Denver.
Bekannt sind Spiele wie DER KLEINE HOBBIT (Klee 2001), SCHNELLDENKER (Amigo 2006) und SITTING DUCKS (Amigo 2006). Mit diesem Spiel landete er 2007 immerhin auf den 5. Platz beim Kartenspielpreis der Fairlplay.
TIKI TOPPLE wird auf BGG mit einem Rating von 6,5 geführt (Stand 27.11.21) und liegt auf Rang 739 bei den Familienspielen. Den Regelfehler, auf den die Rezension hinweist, hat Schmidt Spiele in einer Neuauflage ausgebügelt. „Leider hat sich bei der ersten Produktion von Tiki Topple ein Fehler eingeschlichen. Pro Spielerfarbe war die Tiki Topple-Karte zweimal vorhanden, während es nur eine Tiki Toast-Karte gab. Dadurch kann dann auch das Spiel nicht durch drei verbleibende Tikis beendet werden. Eigentlich müsste es genau umgekehrt sein, nämlich zwei Tiki Toast-Karten und nur eine Tiki Topple-Karte pro Spieler. Dadurch wird der Druck auf die untenstehenden Steine viel größer (es können bis zu 8 Tiki Toast-Karten zum Entfernen von Steinen im Spiel sein). Damit kann man auch nicht bis zum Spielende warten und dann mit einer Tiki Wiki-Karte locker den ersten Platz erreichen. Es tut uns leid, dass dieser Fehler passiert ist. Mit dem falschen Kartensatz macht das Spiel auch keinen Sinn und die Noten sind für das Spiel mit falschem Kartensatz absolut berechtigt. In allen neu ausgelieferten Spielen ist dieser Lapsus bereits behoben.“
Mit veränderter Regel hätte ich damals wohl eher sechs Sterne vergeben und nicht nur vier.
Donnerstag, 9. Dezember 2021
OHNE BEWÄHRUNG
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Länger in Haft für ein Spiel: OHNE BEWÄHRUNG
„Sie sind Teilnehmer in der Arbeitstherapie, Ihre Aufgabe ist das Bemalen von Holzprodukten. Da Sie sich nicht an die Farbvorgaben halten und lieber eigene Kreationen erschaffen, muss die Produktpalette neu überarbeitet werden. Denn wer will schon rosa Weihnachtsbäume kaufen? Sie werden vorerst von der Tätigkeit entbunden und ruhen sich zwei Runden aus.“
Was soll der SCH…? Natürlich könnte ich mir Abnehmer für rosa Weihnachtsbäume vorstellen! Es gibt ja sogar Abnehmer für so verrückte Spielideen wie die von der JVA Moers.
Uns Spielern wird so einiges zugemutet - oder besser - wir muten uns einiges zu. Ganz normal ist das nicht, wenn wir nur auf dem Spielbrett den Jakobsweg abwandern, unbedingt Follets Kathedrale nachbauen wollen oder pandemisch die Welt verseuchen. Da mag es dann auch Verrückte geben, die den Strafvollzug „hautnah erleben wollen“.
Katharina Willecke, Justizvollzugsbeamtin in Moers, sieht ihre Spielidee OHNE BEWÄHRUNG als Teil der Öffentlichkeitsarbeit der JVA, mit der der offene Strafvollzug vorgestellt werden soll. In gewisser Hinsicht ist das Spiel auch Teil der Arbeitstherapie der Inhaftierten, das gesamte Spielmaterial wird in Moers und zum Teil in der JVA Geldern gefertigt. So viel Holz inklusive der Verpackung bekommen Sie selten in einem Spiel geboten, auch der Spielplan ist auf Sperrholzbasis kaschiert, sogar die Pöppel und Siggi (s.u.) haben ihren eigenen Stil. Die graphische Gestaltung hat ein Insasse des offenen Vollzugs entworfen, er soll von dieser Idee so angetan gewesen sein, dass er sogar freiwillig in Geldern blieb, um das Spiel fertigzustellen.
Ich lade Sie zu einem Gefängnisrundgang ein. Das Schreiben des für Sie zuständigen Staatsanwalts liegt Ihnen vor: Strafantritt zum ersten des nächsten Monats - und schon ist es so weit: Sie stehen vor der Pforte der JVA Moers und sollen das Zugangshaus erreichen, um dort ihre Vollzugsziele genannt zu bekommen. Die müssen Sie erfüllen und zusätzlich noch Entlastungsvorbereitung Münzen (EvM) sammeln - einen solchen gewaltigen Begriff kann nur ein Beamter erfinden - und erneut durch die Pforte zu gelangen, diesmal aber in der anderen Richtung. Logisch, dass Sie sich an die Regeln halten wollen. Die erste Regel lautet: Würfel dich immer exakt durchs JVA-Gelände! Bringen Sie Geduld mit, manchmal viel Geduld. So kann es nämlich ganz schön dauern, bis die sechs Felder zum Zugangshaus erwürfelt sind. Irgendwann bekommen sie aber ihre drei bis fünf Ziele zugeteilt, die sie sinnvollerweise in eine Reihenfolge bringen, die Sie einzuhalten haben, komme, was wolle! So gehen Sie vielleicht erst zu ihrem Vollzugsbeamten, um dann im Speisesaal ihre Arbeitstherapie zu erledigen, abschließend kümmern Sie sich um ihre sportliche Ertüchtigung. Ein Wegeplan, der Sie durch das gesamte Gelände führt, der aber oft nicht eingehalten werden kann. Dafür sorgen Siggi, Vollzugskonferenzen und der Haftalltag. Meist sind das Ereignisfelder, die zum Erwerb zusätzlicher EVM‘s führen, aber auch Konsequenzen, wie die eingangs geschilderten, haben. Siggi ist ein Vollzugsbeamter, der für die Drogenkontrollen zuständig ist, auch er wird über Ereigniskarten aktiviert. „Achtung Siggi!“ heißt es dann und Sie müssen stets mit schlechtem Gewissen untertauchen. Siggi und Sie würfeln abwechselnd fünfmal. Schaffen Sie es, sich in einem Hauseingang zu verstecken - Sie erinnern sich, exakte Würfelergebnisse sind nötig! - waren Sie clean und Siggi lässt sie in Ruhe. Erwischt Sie Siggi, was wahrscheinlich ist, da er stets von der Spielfeld-Zentrale aus startet, müssen sie mit ihm zur Urinkontrolle aufs Revier. Auch diese wird würfeln vollzogen. Bei einer 1 - 3 haben sie Glück und dürfen Ihren Weg von Sigis Kammer aus fortsetzen. Falls Sie sich schuldig gewürfelt haben, wird es bitter: Sie kommen in die geschlossene Abteilung, verlieren drei EvM‘s und müssen dann erst einmal zur Suchtberatung, bevor sie an ihre weiteren Ziele denken dürfen.
So schnell wird es also nichts mit der Entlassung aus der JVA Moers, stellen sie sich auf mindestens 90 Minuten Irrungen und Wirrungen ein, die Ihnen den Alltag und den Frust näherbringen, den sie immer wieder erleben, wenn Sie würfelnd von einem Zielhaus stehen. Raus gehts übrigens etwas schneller, sofern sie zusätzliche EvM‘s zur Verfügung haben, die in Wegepunkte umgesetzt werden können. Gute Idee, die Sie sich wahrscheinlich auch schon für frühere Ziele gewünscht hätten.
Endlich raus, werden Sie dann sagen und aufatmen, den Würfel in die Ecke schmeißen und verfluchen. Ob Sie länger in Haft für ein weiteres Spiel bleiben wollen, müssen Sie entscheiden. Ich mag dann doch mehr Ausbruchspiele á la CARTAGENA, bei denen ich das Gefängnis schneller hinter mir lasse.
Titel: OHNE BEWÄHRUNG
Verlag: JVA Moers-Kapellen
Autorin: Katharina Willecke
Graphik:
Spieleranzahl: 2-6
Alter: ab 14 Jahren
Dauer: 90 Min.
Preis: ca. 30 Euro
Spiel 14/2008 R 219/2021 Rezension erschien 2008 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 3 von 10 Sternen,
das entspricht: Vielleicht nächsten Monat wieder
Donnerstag, 25. November 2021
DIE KLEINE RAUPE NIMMERSATT – DAS SPIEL
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
NIMMERSATT wird 40: DIE KLEINE RAUPE NIMMERSATT – DAS SPIEL
Unter dem Titel “The very hungry Caterpillar“ erschien vor 40 Jahren ein Bilderbuch von Eric Carle, das mit seinen Löchern im Buch und seinen einfachen Zeichnungen zum Kinderbuchklassiker wurde. Mehr als 20 Millionen Bände des Kinderbuchs wurden verkauft und DIE KLEINE RAUPE NIMMERSATT verschaffte Carle damit seinen größten Erfolg.
Gerade auf der Welt, entwickelt die kleine Raupe einen enormen Appetit und frisst sich durch alles, was sie so finden kann, wird aber eine ganze Woche lang nicht satt. „Am Montag fraß sie sich durch einen Apfel, doch satt war sie noch lange nicht.“ Am Ende der Woche ist ihr schlecht, weil jeden Tag eine Obstsorte dazu kam und sie wechselt zu gesunder Blätternahrung. Das Buch gibt den Kindern nicht nur Ernährungstipps, es lässt die Zahlen, die Wochentage und etwas über das Wunder der Metamorphose lernen. Denn zum Schluss wird alles gut, da die Raupe Nimmersatt zu einem wunderschönen Schmetterling wird.
Google ließ die kleine Raupe zu ihrem Geburtstag durch das Firmenlogo kriechen, kein Wunder, dass spielerische Reminiszenzen nicht ausblieben. Die Rechte für den deutschen Markt hat die holländische Firma University Games erworben, die neben MEMO und PUZZLE ein Brett und Kartenspiel zum Jubiläum herausgebracht hat.
Nicht immer entpuppt sich das Hauptspiel auch als bestes Spiel. Leider gilt dies für die kleine Raupe aus Holland auch: Die Geschichte ist reduziert auf den Fressakt, der auf einem Rundkurs auf zwei Feldern stattfindet. Kinder, die das Buch kennen, sind enttäuscht, da fehlt der Bezug zu den Wochentagen, da findet der Früchteschmaus auf einem einzigen Feld statt mit gleich fünf Früchten. Ganz schwach fällt der Schlemmertag, der Samstag, aus. Von der Vielfalt der Völlerei der Raupe bleiben vier Picknick-Leckereien übrig, so dass gleich nach fehlenden Eiswaffeln und dem Loli gefragt wird.
Der Wiedererkennungswert für Kinder bei einem Spiel zum Buch muss groß sein. Kai Haferkamp ist der Autor, der sich genial in Astrid Lindgren, Ottfried Preussler und Co. hineinzudenken vermag und authentische Produkte schafft, die das Buch leibhaftig erleben lassen. Die fehlende Hand eines solchen Autors merkt man dem großen Jubiläumsprodukt an. Bearbeitet sind zwar die Bilder Carles, aber nicht seine Geschichte. Immerhin dürfen die Kinder mit den Plastikraupen die Essenskärtchen aufspießen, so dass die Löcher aus dem Buch hier auftauchen. Ursprünglich war das wohl nicht so geplant, denn auf der Rückseite der Schachtel sind noch kleine Papp-Körbchen zum Sammeln von Obst zu sehen. Hier hat zumindest ein Redakteur sich etwas Gedanken gemacht. Trotzdem, das Spiel lässt Kinder, die dieses Buch kennen und lieben, enttäuscht zurück.
Stimmiger läuft das Kartenspiel ab. Es ist sehr nah am Buch, enthält sogar die pädagogischen Elemente. Zwei bis vier Kinder erhalten jeweils eine Raupen-Karte und fünf weitere Spielkarten. Diese 50 großen Karten mit Abbildungen aus dem Buch enthalten 20 Karten zu den fünf Obsttagen von Montag bis Freitag, außerdem 16 Samstagkarten, bei denen es zwar auch nicht alle Speisen gibt, aber hier lässt es sich spieltechnisch gut erklären. Dann gibt es noch zehn Blattkarten für den Sonntag und vier Schmetterlingskarten.
Spielziel ist es, als erster seine Karten loszuwerden und die Raupe in einen Schmetterling zu verwandeln. Abgelegt werden muss in der Folge der Wochentage. Da die Blattnahrung für die Raupe als besonders gesund gilt, werden diese Karten als Joker benutzt. Am Samstag dürfen auch mehrere Karten gespielt werden, wobei die Leckereien sich aber nicht wiederholen dürfen. Zum Gewinnen notwendig ist, dass die Kinder eine Schmetterlings-Karte auf der Hand haben, die sie als letzte Karte ausspielen. Hier stimmt fast alles: der Durchlauf durch die Woche, die Zahl der Früchte, der Verwandlungsprozess der Raupe.
Das Spiel funktioniert, mit der Altersangabe ab drei Jahren überfordert der Verlag aber die ganz Kleinen. Im Grunde genommen müssen die Kinder lesen können, um mit den Wochentagen klarzukommen oder das Buch so gut verinnerlicht haben, dass sie jede Frucht dem passenden Tag zuordnen können. So umgesetzt, erhält Carles Kinderbuchklassiker auch spielerisch eine ansatzweise passende Geburtstagswürdigung.
Titel: DIE KLEINE RAUPE NIMMERSATT – DAS SPIEL
Verlag: University Games
Autor: o.a.
Graphik: Eric Carle
Spieleranzahl: 2-4
Alter: ab 3 Jahren
Dauer: 20 Min.
Preis: ca. 20 Euro
Spiel 31/2007 R 208/2021 Rezension erschien 2007 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 3 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächsten Monat wieder
Titel: DIE KLEINE RAUPE NIMMERSATT – DAS KARTENSPIEL
Verlag: University Games
Autor: o.a.
Graphik: Eric Carle
Spieleranzahl: 2-4
Alter: ab 3 Jahren
Dauer: 10 Min.
Preis: ca. 8 Euro
Spiel 32/2008 R 209/2021 Rezension erschien 2007 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Die beiden Spiele waren redaktionelle Bearbeitungen des Themas.
Sie werden auf BGG jeweils mit einer Wertung von 3,7 geführt. (Stand 16.11.21)
Wie im Text angedeutet, braucht es so jemanden wie Kai Haferkamp, um dem Thema gerecht zu werden. 2010 hat Schmidt die Umsetzungsrechte von Carle erworben. Die Fassung von Kai Haferkamp landete dann auch gleich auf der Empfehlungsliste der Kinderspieljury.
Montag, 15. November 2021
NEXT
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Das nächste bitte!
Spiele für ganz große Spielerunden sind selten. Das kleine Mitbring Spiel NEXT von Jeffrey Berndt gibt vor, sogar bis zu zehn Spielern Spaß zu bringen. Worin dieser Spielspaß besteht? Nun ja, der Untertitel des Spiels spricht von hektischem Würfeln und von Zahlensuche und beschreibt damit recht genau den Spielablauf.
NEXT ist im Prinzip ein Papier-und-Bleistiftspiel, wobei ein sechsseitiger Würfel noch hinzukommt. Jeder Spieler hat ein Blatt vor sich, auf den Zahlen von 1 - 60 in wilder Verteilung vorkommen. Spielziel ist es, die Zahlen in absteigender Reihenfolge zu finden und auf dem Blatt durchzustreichen. Der linke Nachbar würfelt in dieser Zeit, sobald er das auf dem Würfel zweimal vorkommende „Next“ geworfen hat, nimmt er den Stift und sucht auf seinem Zettel die absteigende Zahlenfolge, wobei er unter dem Druck seines linken Nachbarn steht. Die Zahlensucherei läuft so lange, bis der erste Spieler seine „1“ durchstreichen konnte. Jeder darf dann sein Blatt umdrehen und für die nächste Suchrunde starten.
Einfallslos werden Sie sicher jetzt sagen. Es kommt noch schlimmer. Die Grundidee des Autoren gibt schon nicht allzu viel her, aber was der Verlag redaktionell daraus gemacht hat, ist eine wahre Katastrophe. Die Zahlenfolgen sind für alle identisch, zum Abgucken wird man geradezu herausgefordert. Es gibt auf dem ganzen Block auch nur die gleiche Zahlenverteilung der Vor- und Rückseiten der Blätter, so dass ganz schnell die bekannte Suchroutine nur noch von der Würfelzahl unterbrochen wird.
Gähnende Langeweile käme in der Zehnerbesetzung auf. Der einzige Vorteil wäre, dass der Spielblock ein schnelleres Ende finden würde. Was bleibt, ist der Wunsch nach dem nächsten und hoffentlich besseren Spiel.
Titel: NEXT
Verlag: Schmidt Spiele
Autor: Jeffrey W. Berndt
Graphik: Michael Menzel
Spieleranzahl: 2-10
Alter: ab 7 Jahren
Dauer: 15 Min.
Preis: ca. 10 Euro
Spiel 5/2008 R200/2021 Rezension erschien 2008 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 3 von 10 Sternen,
das entspricht: Vielleicht nächsten Monat wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Von Jeffrey W. Berndt (Jahrgang 1963) gibt es nur zwei Spiele. Der gelernte Journalist war Ende der 90er Jahre an der Gründung der Firma Reveal Entertainment in Abilene beteiligt, die 1997 den MONOPOLY-Clon TRIOPOLY herausbrachte, an dessen Entwicklung er beteiligt war. Das Spiel lief recht erfolgreich.
Insgesamt verzeichnet BGG 28 Veröffentlichungen des Verlages, die letzte 2008.
Zu diesen gehört auch das 2000 erschienene QUICK COUNT von Berndt, aus dem Schmidt sieben Jahre später NEXT machte.
BGG führt NEXT mit einer Wertung von 5,5 auf einer Basis von 23 Wertungen.
Mittwoch, 10. November 2021
LANDLORD
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Wo ist die Regel?
Flohmarktfunde mit Spielen aus den 60er Jahren enden bei der Überprüfung des Spielmaterials meist mit der mühsamen Spielregel suche. „Die steht doch auf der Rückseite oder im Schachteldeckel !“, versuchen sich die Verkäufer stets rauszureden. Bei Noris Spielen aus dieser Zeit haben sie sogar oft Recht. Meist finden sich aber auf den Rückseiten der Schachtel nur Regelkurzfassungen, mit denen das Spiel nur in Ansätzen rekonstruierbar ist. Ähnliche Erfahrungen machen Spieler 2008 mit einem brandneuen Noris Spiel, die Regel zu LANDLORD ist einfach nicht auffindbar. Auf der Suche nach einer ordentlichen Spielregel versuchte ich sogar den schwarzen Plastikteller, der einen Druckmechanismus besitzt, zu öffnen, um dort die eventuelle eingelegte Regel zu ergattern. Vergebliche Mühe. Auch das Tiefziehteil erwies sich als wenig aussagekräftig. Wo war die Regel? Kurz und gut, nach langem Suchen musste ich mich damit abfinden, dass tatsächlich die Schachtelrückseite nicht nur der Demonstration des Schachtelinhalts und von Spielzügen dient: Die sieben maximal fünfzeiligen Absätze stellen die Regeln für das Spiel LANDLORD dar.
In dem Spiel für zwei Personen geht es um Landgewinn. Zwei Plastiklords bewegen sich auf 21 Spielfeldern orthogonal oder diagonal. Die Wege, die sie dabei marschieren, gelbe Stege im Spielbrett, werden durch die Figuren nach unten gedrückt und dadurch als nicht mehr durch gehbar markiert. Sobald durch diese Markierungen Flächen umschlossen sind, dürfen diese farblich gekennzeichnet werden. Wer am Ende auf diese Weise die meisten Gebiete gewonnen hat, gewinnt das Spiel.
So weit so gut, das Material ist in Ordnung, der Druckmechanismus funktioniert, wobei ein genaues Hinsehen oft nötig ist, um festzustellen, ob dieser oder jener Weg schon markiert ist. Auch nach dem Spiel lässt sich durch Drücken auf die Rückseite des Spielbrettes der Ausgangszustand schnell wiederherstellen.
Funktioniert das Ganze auch als vernünftiges Spiel? Um diese Frage zu beantworten, brauchten wir wahrscheinlich doch so etwas wie eine richtige Regel, die uns klarer mitteilt, wie LANDLORD funktionieren soll. Die entscheidende Frage, wie weit bewegen sich die Figuren, wird sehr widersprüchlich von der Schachtel Rückseite beantwortet. Da heißt es einmal, „abwechselnd bewegen Sie ihre Spielfiguren über die Wege (horizontal, vertikal oder - soweit möglich - diagonal)“. Was ist gemeint? Ziehen die Figuren so weit wie möglich oder nur, wenn es möglich ist? Wobei die zweite Interpretation wahrscheinlicher ist, aber trotzdem unlogisch scheint, denn diese Aussage müsste auch für orthogonale Züge gelten. Spielziel soll der Flächengewinn sein, in den Partien, die wir nach der Regel von beliebiger Zugweite gespielt haben, stellt sich schnell heraus, dass die Isolierung des Gegners oft zu einem schnellen Spielende führte. Das Schachtelcover zeigt genau diese Situation , der blaue Lord dürfte sich nicht mehr bewegen.
Wenn ich ernst nehme, dass markierte Wege nicht mehr begehbar sind, muss die Einengung des Gegners die zentrale Strategie sein. So gespielt , bietet LANDLORD sogar einen gewissen Reiz, aber soll es wirklich so gespielt werden? Es könnte ja auch sein, dass Bewegung im eigenen Gebiet noch möglich ist. Wer weiß das schon? Vielleicht die Regel, die dem Spiel demnächst noch bei liegt!
Titel: LANDLORD
Verlag: Noris
Autor: Guido Lap
Graphik: keine Angabe
Spieleranzahl: 2
Alter: ab 6 Jahren
Dauer: 20 Min.
Preis: ca. 20 Euro
Spiel 2/2008 R197/2021 Rezension erschien 2008 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 4 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächsten Monat wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Guido Lap hat in Deutschland nur ZEPARATE (ursprünglich ISOLATE, 2003 Educational Insights) und LANDLORD (Noris 2007) veröffentlicht.
Für ZEPARATE war Lap für den Deutschen Lernspielpreis 2006 nominiert.
LANDLORD wird auf BGG (Stand 8.11.21) bei neun Wertungen mit einer 5,6 geführt.
Sonntag, 7. November 2021
POLYP
SAMMELSURIUM
Bütehorn Buchkassetten: POLYP
Die Buchkassetten, die Ravensburger und Pelikan bis Mitte der 70er Jahre herausbrachten, waren wirtschaftlich nur bedingt Erfolge für die Verlage. Als beide Firmen ihre Reihen einstellten und die hannoverschen Pelikane dann bald auch ihre Spielproduktion, füllte die Lücke eine neue Firma aus dem Umfeld von Hannover. Die Bütehorn KG brachte ab 1976 wertige Buchschuber-Spiele unter dem Dach des Buchholz Verlags in Sarstedt bei Hannover heraus, hielt sich allerdings auch nur bis 1982 auf dem Markt.
Markenzeichen der Buchkassetten aus Sarstedt waren Klappdeckel und Druckknopf-Verschluss an einem Leinenanhänger. Heute ist das zwar eine Schwachstelle vieler in die Jahre gekommenen Spiele, damals war das aber eine originelle Idee. Eine Reihe der Ausgaben in den 80ern verzichtete dann schon auf diesen Verschluss und nutzte einen normalen Pappdeckel. Von diesen Ausgaben wurden mit der Insolvenz des Verlags einige von Hexagames übernommen. Der Verlag aus Dreieich nutzte die Spiele, um ein gutes Startprogramm neben dem Wirtschaftsspiel LONG SHORT zu haben.
Das Bütehorn-Programm war geprägt von großen, mittleren und kleinen Buchkassetten-Spielen. Daneben gab es einige Spiele in flachen Schachteln u.a. die damals sehr bekannten Ferienrallys. Prägend für die Programmgestaltung war Erik Grischeit als Produktmanager, er hatte vorher für Parker gearbeitet. Grischeit, der mit dem Schweizer Journalisten Walter Luc Haas befreundet war, holte bekanntere Autoren ins Programm. So kam er an DAMPFROSS, das in der Ausgabe von Schmidt Spiele 1984 Spiel des Jahres wurde. Auf der ersten Liste der Jury Spiel des Jahres 1979 waren gleich zwei Titel des Verlages vertreten. SETI bekam den ersten Sonderpreis für das schöne Spiel. Die Jury wollte damit zugleich auch den Buchholz-Verlag für sein Bemühen um besonders schön und aufwändig gestaltete Spiele würdigen. Neben SETI landete BLOCKADE von Sid Sackson auf der Auswahlliste. RÄUBER UND GENDARM von Rudi Hoffmann kam 1981 auf dem Bronzeplatz in diesem Jahr, hinter SAGALAND und FOCUS. 1982 schaffte es dann GEISTER von Alex Randolph auf die Liste der Jury.
POLYP
Wer ungewöhnliches Spielmaterial in Spielen sucht, wird in POLYP fündig. Die Metallfigur aus Farbzylinder mit angehängten vier kleinen Stülpzylindern aus Metall, die den namensgebenden Polypen ausmachen, ist schon speziell.
Die Idee ist es weniger. Einen Spieleautor weist Bütehorn nicht aus. Erstmalig erschien POLYP in der flachen Schachtel 1977, die mir vorliegende Buchkassettenausgabe stammt aus dem Jahre 1979. Im Grunde genommen spielen wir eine HALMA-Variante mit Störfaktor, angesiedelt in einer Wasserwelt mit Fischen und Polypen.
Jeder hat neun Fische, die er aus einem Eckbereich des 19x19 Felder großen Spielbretts in den diagonal gegenüberliegenden Zielbereich bringen muss. Bewegt werden die Fische wie HALMA-Figuren durch einfaches Ziehen um ein Feld oder die bekannten Kettensprünge. Auf einer mittigen Kreuzschiene mit fünf Feldern stören Polypen mit ihren Fangarmen diese Fischzüge. Im Gegensatz zu den Fischen, die nur ein Feld weit ziehen oder springen, kann sich ein Polyp um maximal sechs Felder weit bewegen, wobei die Bewegungspunkte auf den Hauptkörper und die Fangarme aufgeteilt werden müssen. Der Bewegungssektor der Polypen ist eingeschränkt auf die fünf blauen Bahnen, wobei der Kopf des Polypen die mittlere Bahn nicht verlassen darf. Der Fangvorgang geschieht real, erreicht der Arm eines Polypen einen Fisch, wird der kleine Metallzylinder über den Fisch gestülpt, der fortan mitgeschleppt werden muss. Dieser Arm kann ab sofort keinen Fisch mehr fangen und stellt damit keine Bedrohung für andere Fische mehr dar. Theoretisch kann ein Polyp so maximal fünf Fische fangen. Es sei denn, er kehrt vorher zurück zu seiner Startreihe und entlässt den Fang in ein kleines Aquarium, um dann neu wieder auf Fischjagd zu gehen.
Das Spiel endet, wenn ein Spieler alle seine nicht unterwegs abgefangenen Fische ins Zielquadrat gebracht hat und auch mit seinem Polypen wieder auf Startposition steht. Dann zählen alle gefangenen Fische drei Siegpunkte und alle geretteten zwei. Fische, die noch unterwegs sind, bringen keine Punkte. Der Spieler, der das Spiel beendet hat, darf zusätzlich drei weitere Punkte ins seine Schlussbilanz übernehmen.
Wie viele Bütehorn-Spiele ist auch POLYP letztlich ein abstrakter Klassiker-Aufguss, hier wird HALMA variiert, der durch die gierigen Fangarme des Polypen eine Prise Spannung bringt. Die Bewegungsoptionen des Polypen darf man aber nicht überschätzen. Da alle Arme durch kleine Ketten verbunden sind, müssen die Teilbewegungen von sechs Punkten häufig gut verteilt werden, damit der Hauptkörper vorankommt. Im Spiel zu zweit lässt sich der gegnerische Polyp daher oft umgehen. Spannender sind Partien zu dritt und zu viert.
Titel: POLYP
Autor: ohne Angabe
Verlag: Bütehorn
Spielerzahl: 2 - 4
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 30 - 45 Minuten
Preis: ca. 50.- DM
Wertung: Nächsten Monat wieder
Sammelsurium 45 – S45/2021
Samstag, 16. Oktober 2021
TURN
SAMMELSURIUM
Bütehorn: TURN
Die Buchkassetten, die Ravensburger und Pelikan bis Mitte der 70er Jahre herausbrachten, waren wirtschaftlich nur bedingt Erfolge für die Verlage. Als beide Firmen ihre Reihen einstellten und die hannoverschen Pelikane dann bald auch ihre Spielproduktion, füllte die Lücke eine neue Firma aus dem Umfeld von Hannover. Die Bütehorn KG brachte ab 1976 wertige Buchschuber-Spiele unter dem Dach des Buchholz Verlags in Sarstedt bei Hannover heraus, hielt sich allerdings auch nur bis 1982 auf dem Markt.
Markenzeichen der Buchkassetten aus Sarstedt waren Klappdeckel und Druckknopf-Verschluss an einem Leinenanhänger. Heute ist das zwar eine Schwachstelle vieler in die Jahre gekommenen Spiele, damals war das aber eine originelle Idee. Eine Reihe der Ausgaben in den 80ern verzichtete dann schon auf diesen Verschluss und nutzte einen normalen Pappdeckel. Von diesen Ausgaben wurden mit der Insolvenz des Verlags einige von Hexagames übernommen. Der Verlag aus Dreieich nutzte die Spiele, um ein gutes Startprogramm neben dem Wirtschaftsspiel LONG SHORT zu haben.
Das Bütehorn-Programm war geprägt von großen, mittleren und kleinen Buchkassetten-Spielen. Daneben gab es einige Spiele in flachen Schachteln u.a. die damals sehr bekannten Ferienrallys. Prägend für die Programmgestaltung war Erik Grischeit als Produktmanager, er hatte vorher für Parker gearbeitet. Grischeit, der mit dem Schweizer Journalisten Walter Luc Haas befreundet war, holte bekanntere Autoren ins Programm. So kam er an DAMPFROSS, das in der Ausgabe von Schmidt Spiele 1984 Spiel des Jahres wurde. Auf der ersten Liste der Jury Spiel des Jahres 1979 waren gleich zwei Titel des Verlages vertreten. SETI bekam den ersten Sonderpreis für das schöne Spiel. Die Jury wollte damit zugleich auch den Buchholz-Verlag für sein Bemühen um besonders schön und aufwändig gestaltete Spiele würdigen. Neben SETI landete BLOCKADE von Sid Sackson auf der Auswahlliste. RÄUBER UND GENDARM von Rudi Hoffmann kam 1981 auf dem Bronzeplatz in diesem Jahr, hinter SAGALAND und FOCUS. 1982 schaffte es dann GEISTER von Alex Randolph auf die Liste der Jury.
TURN
Zwischen 1973 und 1976 hat Brian McCarthy vor allem Spiele für zwei Personen veröffentlicht. Sein erstes Spiel THE NAVY GAME war eine Art Schiffeversenken, das bei Ariel Productions erschien. Mit TANK COMMANDER wechselte McCarthy zur Kriegssimulation auf dem Land, diesmal bei Smurfit Games. Sein englischer Verlag, der alle weiteren vier Spiele von ihm veröffentlichte, bot ab sofort keine martialischen Feldschlachten mehr an, sondern eher abstrakte Duelle.
Zwei dieser Spiele übernahm Bütehorn, einmal das raffinierte Zahnradspiel THE POWER GAME (1975), das Bütehorn als TURN veröffentlichte. Dann das Z Game, das 1979 als DIE Z STRATEGIE bei Bütehorn in der kleinen Schachtel erschienen ist.
TURN erschien bei Bütehorn in einem seltenen Schachtelformat (20x19x2 cm), das so in der Reihe nicht mehr auftauchte. Das mag auch daran gelegen haben, dass die Firma das originale Material von THE POWER GAME übernahm, entsprechend findet man den Schriftzug „power game“ noch auf dem Spielbrett.
In TURN platzieren zwei Spieler auf einem Brett mit 6x8 Feldern Zahnräder und drehen sie, um das Hauptzahnrad ihrer Gegner in eine bestimmte Richtung zu bewegen. Jeder besitzt dafür acht kleine Plastikzahnräder, davon ist ein Antriebsrad farblich leicht abgehoben, das eine Drehrichtung anzeigt. Anfangs stehen sich alle Zahnräder aufgereiht und nur in sich verzahnt auf den jeweiligen Grundlinien gegenüber. Wer am Zug ist, darf ein beliebiges Rad versetzen, ganz simpel auf eine benachbarte Achse in alle Richtungen. Auf Konnexität der eigenen oder fremden Radreihe muss nicht geachtet werden. Erst wenn es gelingt, beide Antriebsräder miteinander zu verbinden, kommt der scheinbar entscheidende Dreh. Dann muss das eigene Antriebsrad so gedreht werden, dass sich das gegnerische in Pfeilrichtung dreht.
Kinder experimentieren gerne mit diesem Zahnrad-Wirrwarr, Erwachsene erkennen schnell, dass das Ende überhaupt nicht spannend ist. Letztlich hängt es nur davon ab, ob der Abstand der Antriebsräder gerade oder ungerade ist. Wer das weiß, kann TURN eigentlich nur destruktiv spielen oder auf einen Fehler des Gegners warten, das macht nicht wirklich Spaß und führt meistens zu einer Patt-Situation.
Titel: TURN
Autor: J. Brian McCARTHY
Verlag: Bütehorn
Spielerzahl: 2
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 20 Minuten
Preis: ca. 15.- DM
Wertung: Nächsten Monat wieder
Sammelsurium 42 – S42/2021
Freitag, 15. Oktober 2021
MEGASTAR
MEGASTAR schafft’s nicht in die Charts
Das Auf und Ab der Hitparade hat schon immer spielerische Nachahmer gefunden, in den 80ern lockte Hexagames mit den TOP 20, Michael Schacht stürmte als noch unbekannter Spieleautor mit Piatnik in die CHARTS und unvergessen bleibt Zochs bombastischer CD-Wechsler in SCHRILLE STILLE.
Ganz aktuell will Friedemann Friese bei Amigo seinen MEGASTAR pushen, wobei er das Hitparaden-Geschehen klein und fein und damit auch äußerst preiswert in einem Kartenspiel unterbringt. So ganz viele MEGASTARs gibt es gar nicht bei Frieses Spiel, bei vier und fünf Spielern sind es gerade einmal sieben Gruppen die um die Pole Position streiten, zu dritt sind es nur sechs und beim Spiel zu zweit mischen fünf Gruppen mit. Jede Band wird unterstützt durch maximal 12 Musikerkarten. Maximal deshalb, weil zu Spielbeginn zwischen drei und 15 Karten zufällig aus dem Spiel genommen werden. Jeder startet mit fünf Handkarten, von denen eine verdeckt vor den Spielern abgelegt werden muss.
Die TOP 7 werden in MEGASTAR recht einfach gesteuert. Am Anfang gibt es eine zufällige Platzierung der Gruppen in der Hitparade. Links von diesen Karten liegen elf Musikerkarten als freies Marktangebot aus. Jeder Spieler muss nun die verdeckt vor ihm liegende Karte in den so genannten Pool zu der passenden Hitparadenkarte legen. Danach nimmt er eine von den offenen Musikerkarten auf die Hand, zieht zusätzlich eine verdeckte Karte vom Kartenstapel und legt wieder eine Karte für die nächste Runde vor sich ab. Durch dieses Verfahren wird sichergestellt, dass die Spieler Runde für Runde eine Karte mehr auf die Hand bekommen, bis sie am Ende über meist 16 Karten verfügen, die sie für die Schlusswertung brauchen. Jede Karte von Musikern in den TOP 5 bringt Punkte, von fünf Punkten für den ersten Platz bis zu einem Punkt für die Gruppe auf Platz fünf. Dazwischen liegen vielfache Schiebeorgien in den Wertungsphasen, die immer dann vorgenommen werden, wenn entweder im Pool drei Karten bei einer Band liegen oder der Kartennachschub der offen ausliegenden Karten aus dem Markt leer ist. Je nach Anzahl der bei den Gruppen liegenden Karten steigen die Musiker in den Charts. Gewertet wird dabei stets von oben nach unten. Dieses ungerechte und auch unrealistische Verfahren führt dazu, dass sich eine Band nie ganz oben halten kann. Auch wenn drei Karten bei der Nummer 1 liegen würden, die Band kann nicht weiter steigen, dafür wird sie meistens nach unten durchgereicht. Denn der Band auf Platz 2 genügt schon eine Karte, um zumindest zeitweise die Spitzenposition einzunehmen. Nach der Wertung kommen die Poolkarten zurück in den Markt und stehen den Spielern wieder zur Verfügung.
Das funktioniert alles, auch wenn die Karten links und rechts, die zweimalige Kartenaufnahme und das verdeckte Ablegen anfangs etwas gewöhnungsbedürftig sind. Das Spiel plätschert aber unendlich langwierig eine dreiviertel Stunde vor sich hin. Die Spieler sammeln eher zufällig auf einige Gruppen, bis die letzten fünf Minuten dann, kaum steuerbar, die Entscheidung bringen. Das spielt sich so, als prägten sechs grottenschlechte, langweilige Vorbands das Vorspiel, bis endlich Silbermond Nein danke sagt.
Titel: MEGASTAR
Autor: Friedemann Friese
Verlag: Amigo
Spieler: 2- 5
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 45 Minuten
www.amigo-spiele.de
Spiel 14/2007 1996 R180/2021
Die Rezension erschien 2007 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 4 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächsten Monat wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der 50jährige Friedemann Friese hat schon mehr als die Hälfte seines Lebens mit dem Entwickeln und Herausgeben von Spielen verbracht. 1992 war das noch im Rahmen einer „Spiele-Bau-Stelle“, ab 1994 startete er ab mit 2F-Spiele durch.
Friese hat eine Vorliebe für den Buchstaben F und die Farbe Grün. Das erste bedingt sein Vor- und Nachname, das zweite seine Haarfrisur. Es ist nicht nur sein Markenzeichen, sondern auch das seiner Spiele, die in der Regel mindestens ein F im Titel besitzen müssen und grün designt sind.
Frieses erfolgreichstes Spiel ist FUNKENSCHLAG. Sehr bekannt ist außerdem FAUNA, das 2009 zum Spiel des Jahres nominiert war. Der Deutsche Spielepreis würdigte häufiger seine oft abgedrehten Ideen wie FINSTERE FLURE, das 2004 den achten Platz erreichte.
Friese engagiert sich auch für die Spiele-Autoren-Zunft (SAZ), von 2009 bis 2011 war er deren Vorsitzender.
Mit MEGASTAR schaffte er es tatsächlich nicht in die Charts. Mit eine Wertung von 5,4 auf BGG (Stand 01.10.21) und einem Rang auf Platz 19.609 kann es mit Frieses erfolgreichen Spielen nicht mithalten.
Das Bild zeigt den Autor im zeitlichen Umfeld des besprochenen Spiels, es stammt vom Autorentreffen in Göttingen aus dem Jahre 2005.
Freitag, 1. Oktober 2021
DSCHINGIS KHAN
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Mauerbauer an der chinesischen Grenze: DSCHINGIS KHAN
Die großen Strategen Alexander und Karl hat Leo Colovini spielerisch schon in die Mangel genommen, in CLANS uns zu den Anfängen der Menschheit geführt und nun öffnet er sich asiatischer Geschichte. Wer eignet sich da besser als der Mongolenfürst DSCHINGIS KHAN, der 1215 Peking eroberte.
Der Venezianer Colovini hat bisher stets ein hervorragendes Gespür für historische Spiele bewiesen. Ohne zu komplex zu werden, gelang es ihm in den meisten Spielen, Zeitkolorit und Spielspaß zu gelungenen Symbiosen zusammenzuführen. Im Zentrum des neuen Winning Moves Spiels um den großen Khan steht die Chinesische Mauer, die ähnlich wie in seinem 2006 erschienenen Spiel MAUERBAUER das zentrale, äußerst flexible Steuerungselement des Spiels um den Mongolen ist.
Wir dürfen uns nun nicht die klassische Konfrontationssituation Chinesen versus Mongolen vorstellen, die auch eher nur für ein Duell von zwei Spielern getaugt hätten. Colovini entwirft seine Spielidee für zwei bis vier Spieler, die jeweils beide Seiten vertreten müssen. Zu ihren 17 achteckigen und stapelbaren Plastikspielsteinen gehören jeweils fünf mongolische und chinesische Krieger, außerdem fünf neutrale Bauern und ein Pest- und Heilkraut-Stein. Zusätzlich besitzt jeder Spieler eine Kundschafter-Figur. Acht von 28 Mauerteilen trennen mittig den Spielplan. Die Verbindungen werden zwischen Wachtürmen hergestellt, die sich an den Eckpunkten eines Netzgitters, das über den Landschaftsplan gedruckt ist, befinden. Im Zentrum der 38 Gitterfelder befinden sich Dörfer, deren Besitz am Ende über Sieg oder Niederlage entscheidet.
Am Anfang muss jeder seine Spielsteine mischen, stapeln und zwei ziehen. Erst jetzt darf man sie ansehen und im mongolischen oder chinesischen Teil, nördlich oder südlich der Mauer benachbart und verdeckt platzieren. Auf einen der beiden Steine kommt die Kundschafterfigur. Nun muss man wissen, dass Colovini die Mongolen in seinem Spiel gar nicht unbedingt in China haben will. Für die Schlusswertung gibt es jeweils drei Punkte, wenn chinesische Krieger südlich der Mauer, also in China sind, und Mongolen im Norden bleiben. Ist das nicht der Fall gibt es drei Punkte abgezogen. Bauern zählen auf beiden Seiten einen Pluspunkt. Die Pest, die in einem Dorf ohne Heilkräuter ausbricht, bringt für alle, unabhängig vom Standort, drei oder einen Minuspunkt. Im positiven Sinne gilt dies für ein Dorf ohne Pest aber mit Heilkräutern, da darf sich ein Chinese, der in der Mongolei lebt, wie in China fühlen.
Zurück zum Spielbeginn. Neben den drei auf dem Plan platzierten Spielsteinen erhalten die Spieler noch zwei Mauerteile und zwei weitere Spielsteine als aktiven Vorrat für die Spielzüge. Diese beginnen stets mit der Ergänzung des Vorrats um zwei Teile, die beliebig gemischt sein dürfen. Die einzige Begrenzung ergibt sich aus der Maximalzahl von vier Mauer- oder Spielsteinen, die man vor sich liegen haben darf. Als zweite Aktion kommt es zum Einsatz der Spielsteine. Dabei müssen entweder alle Mauern oder alle Spielfiguren gesetzt werden. Für die Verteilung der Steine sorgt die Kundschafterfigur, die in der Regel vom Ausgangsstandort aus sich in benachbarte Dörfer bewegt. Zu Beginn des Spiels stellt auch die Mauer kein Hindernis dar, da sie durch ein Tor eine Unterquerung ermöglicht. Der Kundschafter darf sich außerdem auf der Mauer bewegen und diese an beliebiger Stelle mit offenem Tor verlassen. Mauerteile, die so genutzt werden, müssen danach umgedreht und damit geschlossen werden. Besetzt werden dürfen freie Dörfer, aber auch Orte, in denen sich schon andere Spielsteine außer den Kundschaftern befinden. Der jeweils oben liegende Spielstein besitzt und kontrolliert das Dorf, der entsprechende Spieler darf sich zum Beispiel auch alle dort liegenden fremden Spielsteine anschauen. Beim Mauerbau ist zu beachten, dass dieser als Verbindung zwischen den Türmen stets in Verbindung zur Großen Mauer erfolgen muss. Sobald dadurch entstehende Mauerschleifen wieder zur Hauptmauer zurück geführt werden, muss das kürzere Mauerstück entfernt werden, denn es darf stets nur eine durchgehende Mauer existieren. Die neu gesetzten Mauerteile sind stets offen, ermöglichen damit den Wechsel auf die chinesische oder mongolische Seite. Durch das Schließen der Mauer, können Kundschafter bewegungsunfähig werden. Deshalb darf in einem solchen Fall diese Figur statt des sonstigen Einsetzens vom Spielbrett genommen werden. Wobei der Kundschafter in der nächsten Runde von einem eigenen Dorf oder beliebigen Feld aus startet.
Wenn keine Mauern und keine Spielsteine einer Farbe mehr im Vorrat liegen oder wenn das für die Spielsteine zweier Farben gilt, wird die letzte Spielrunde eingeläutet. Jeder ist noch einmal an der Reihe, bis schließlich jedes Dorf wie oben beschrieben gewertet wird.
Auch wenn es thematisch durchaus stimmigere Spiele Colovinis gegeben hat - die wandernde Mauer und die Mongolen, die gar nicht nach China wollen, sind schon eigenartig -, die Spielideen wirken aber erst einmal interessant. Die Umsetzung von Winning Moves ist gefällig, auch wenn das viele Plastikmaterial erst einmal erschlägt, seiner Funktion wird es aber gut gerecht. Die Bewegungsmöglichkeiten mit dem Kundschafter durch die Mauer und über die Mauer an vielen Stellen auftauchen zu können sind interessant, das Schicksal mit Hilfe der Verschiebung der Mauer beeinflussen zu können ebenfalls. Trotzdem ist keine meiner bisherigen Spielrunden vor Begeisterung zu neuem Mauerbau angetreten.
DSCHINGIS KHAN erweist sich als Konstrukt mit aufgesetzten Spielelementen. Ein Hauptproblem besteht in den verdeckt liegenden Spielsteinen. Immer wieder kauft man die Katze im Sack ein, wobei Veränderungen leider doch nicht so einfach vonstattengehen, wie das Spiel vorgaukelt. Wer meint, hinter einem Spiel mit dem Titel DSCHINGIS KHAN müsse sich ein taktischer Leckerbissen verbergen, wird enttäuscht. Wer gerne Mauerteile verschiebt, sollte dann doch besser zu dem bei Schmidt erschienenen MAUERBAUER von Colovini greifen und die CHINESISCHE MAUER in der Knizia-Fassung von Kosmos in Angriff nehmen.
Titel: DSCHINGIS KHAN
Autor: Leo Colovini
Grafik: Claus Stephan
Verlag: Winning Moves
Spieler: 2- 4
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 30 bis 45 Minuten
Spiel 06/2007 1996 R170/2021
Die Rezension erschien 2007 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 4 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächsten Monat wieder
Zum Spiel und zum Autor:
der promovierte Historiker Leo Colovini ist mit rund 100 Veröffentlichungen der wohl bekannteste Spieleautor Italiens. Schon als 12jähriger lernte der Venezianer Alex Randolph in einem Schachclub kennen. Daraus erwuchs eine lange Freundschaft. Über den Status des Spieletesters wurde er bald Co-Autor. 1986 war DRACHENFELS die erste Veröffentlichung beider Autoren. Nur zwei Jahre später bekam er mit Alex Randolph eine Auszeichnung für INKOGNITO (1988).
1995 gründete er gemeinsam mit Randolph und Dario de Toffoli den Spielerverlag Venice Connection. Er gehört außerdem zum Team von Studiogiochi, das u.a. verantwortlich für den Premio Archimede ist, der nach der Corona-Pause im letzten Jahr in diesen Tagen in Venedig vergeben wird.
Nachdem Colovini sein Geschichtsstudium mit einer Arbeit über Karl den Großen (Carolus Magnus) und die Langobarden in Italien abgeschlossen hatte, entwickelte er daraus das Spiel CAROLUS MAGNUS, das ihn zu seiner ersten Nominierung zum Spiel des Jahres führte. 2002 gelang ihm das noch einmal mit CLANS.
Auch in DSCHGIS KHAN widmet er sich erneut einem historischen Thema. Das Spiel wird im Augenblick auf BGG mit 5,2 bewertet, liegt damit auf dem allgemeinen Platz 19.361, bei den abstrakten Spielen sieht es mit Platz 993 etwas besser aus. (Stand 28.09.21)
2016 galt er als der geheime Gewinner des Kinderspielpreises für LEO MUSS ZUM FRISÖR (vgl. Bild), für dieses Spiel von Abacus erhielt er die Kinderspielauszeichnung des Deutschen Spielepreises.
Sonntag, 19. September 2021
RÄUBER UND GENDARM
SAMMELSURIUM
Pelikan Travellerserie: RÄUBER UND GENDARM
Die bei Spielesammlern bekanntesten Spiele aus dem Pelikan Verlag sind die Buchkassetten, die zwischen 1974 und 1976 herausgegeben wurden. Zeitgleich erschienen wie bei Ravensburger 12 Spiele im Traveller Format. Die ursprünglich nur für Tinten und Farben bekannte Firma aus Hannover mit dem Wappentier Pelikan, war ab den 30er Jahren die wesentliche Firma in Deutschland für Füllfederhalter. Die Erfolge führten in den 70er Jahren zu einer großen Erweiterung der Produktpalette. Neben Spielen kamen Drucker, Projektoren, sogar Kosmetik ins Sortiment der Firma. TKKG wurde von Pelikan ursprünglich entwickelt. Die Expansion ließ die inzwischen von der GmbH zur AG gewordene Firma straucheln. 1984 wurde sie von der Condorpart AG in der Schweiz übernommen, die die Spieleproduktion nicht fortführte. Inzwischen gehört Pelikan dem malaysischen Unternehmen Goodace, das nunmehr als Pelikan International Corporation Berhad firmiert.
Pelikan griff in der Traveller-Reihe wie schon bei den Buchschuber-Spielen weitgehend auf Autoren zurück, nur zwei Ausgaben waren Lizenzen von Seven Towns. Rudi Hoffmann hat zwei Spiele zu dieser Reihe beigesteuert, am bekanntesten ist WENDELIN UND WANDA.
Wie in der großen Reihe tritt auch hier Eugen Oker als Serienbegleiter auf. Einleitende Kurzgeschichten führen zu manchen Spielen, wie der Verlag selbst sagt, meist „frei erfunden, zum Teil wahr“. Eugen Oker „wolle ja nicht bloß Einleitungen schreiben, sondern Vorspiele und Einstimmungen.“ Auch an den Regeln der Pelikanspiele soll Oker beteiligt gewesen sein.
RÄUBER UND GENDARM
Für das Spiel RÄUBER UND GENDARM wird in der Spielregel und auf der Schachtel kein Autor ausgewiesen, handelt es sich doch um eine recht einfache Variation von SCHIFFE VERSENKEN. Ein Pelikan Katalog von 1975 verweist allerdings auf einen H. Knabe als Autor. Luding führt ihn als Herbert Knabe, der außerdem für das FLUGREISESPIEL verantwortlich ist, das Aldi unter dem Logo „Unser Lieblingsspiel“ veröffentlicht hat. Auch der Grafiker wird nicht genannt. Der ironische Zeichenstil mit dem Ganoven, der sich in der Mülltonne versteckt, und dem heranstiefelnden Polizisten ließe auch Rudi Hoffmann zu.
Vom Spielmaterial her, bekommen die beiden Duellanten ein 9x9 Felder großes Spielbrett und jeweils Spielsteine zum Markieren des Fluchtweges des eigenen Räubers und andere zum Markieren der gegnerischen Spur und ungenutzter Felder.
Die Flucht beginnt unten in einer der bunten Mülltonnen und führt orthogonal oder diagonal angrenzend in eine hügelige Landschaft ganz oben. Der letzte Stein dort, wird mit einem schwarzen Räuberchip markiert.
In klassischer SCHIFFE VERSENKEN-Manier gehen beide Kontrahenten auf Spurensuche. Mit Fragen wie „Fass 7“ versuche ich erst einmal das Startfeld herauszubekommen, statt „Treffer“ heißt es nun „Spur“ oder es gibt den Hinweis, dass sich nichts auf dem Feld befindet. Ist man erst einmal auf der Spur, kann es nur angrenzend weitergehen. Wer als Erster oben auf den Räuber trifft, gewinnt das Spiel.
Zügiger läuft die Variante HETZJAGD ab, da wird nur eine kurze Spur von fünf Steinen gelegt und die Starttonne verraten. In diesem Fall kann der Räuber bei Fehlversuchen, seine Spur verlängern. Sobald er so 15 Steine legen konnte, gewinnt er, sonst ist er vorher erwischt worden. KESSELTREIBEN , die dritte Variante, verläuft ähnlich. Allerdings markieren hier beide Spieler die Fehlversuche, das sind Felder, die der Räuber nun nicht mehr betreten darf.
Die beiden Varianten bieten mehr Reiz als das Grundspiel, da dort schon das Erraten der richtigen Starttonne über Sieg oder Niederlage entscheiden kann. Wer Glück hat, gewinnt, wer lange sucht, läuft nur noch hinterher.
Das Material mit Holzchips und Plastikmarkierungen ist nicht überragend, die Inlayprägungen von RÄUBER UND GENDARM gefallen dafür umso mehr.
Titel: RÄUBER UND GENDARM
Autor: Herbert Knabe
Grafik: o.A.
Verlag: Pelikan
Spielerzahl: 2
Alter: ab 6 Jahre
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 20.- DM
Wertung: Vielleicht nächsten Monat wieder
Sammelsurium 38 – S38/2021
Samstag, 18. September 2021
TULPENFIEBER
Thema verfehlt: TULPENFIEBER
Im frühen 17. Jahrhundert brach in Holland ein Tulpenwahn aus, der den Niederländern ihre erste Spekulationsblase bescherte. Zwischen 1634 und 1637 explodierte der Wert rarer Tulpenzwiebeln, die über Konstantinopel nach Europa kamen. Die Tulpenmanie oder das TULPENFIEBER wird als die erste gut dokumentierte Spekulationsblase der Wirtschaftsgeschichte angesehen. Die Tulpe Semper Augustus wurde 1637 als teuerste Tulpe aller Zeiten gehandelt. Ihr Wert war zwischen 1633 und zum Höhepunkt der Spekulation 1637 von 5500 Gulden auf 30.000 Gulden für drei Zwiebeln angestiegen. Grachtenhäuser in teuerster Lage Amsterdams kosteten damals 10.000 Gulden.
Welche Erwartungen schwingen damit mit, wenn Amigo aktuell ein Spiel TULPENFIEBER auf den Markt bringt. Die werden noch gesteigert, wenn man weiß, dass Uwe Rosenberg das Spiel entwickelt hat. Da wird doch wohl mindestens etwas in der Kategorie der Hopfenernte in HALLERTAU in der Schachtel stecken.
Weit gefehlt, die Amigoschachtel signalisiert ein Duell zwischen zwei holländischen Kaufleuten, der Altershinweis mit acht Jahren verweist in den Familienspielbereich und dann steht da auch noch: „Würfelspiel“.
Was in der Schachtel steckt hat nicht wirklich etwas mit dem historischem TULPENFIEBER zu tun, letztlich bietet uns Uwe Rosenberg nur eine KNIFFEL-Variante mit Würfelzuwachs und variablen Siegbedingungen an, die Erwartungen an ein komplexes Wirtschaftsspiel schnell zerstören.
Jeder besitzt ein Tulpenfeld im 7x5 Raster, auf dem wenige Startplättchen liegen. Nun geht es nicht einmal darum Farbflächen optisch zu gestalten, sondern ganz simpel um die Füllung der vorletzten Reihe oder das Erreichen von drei zusammenhängenden Feldern oder vier beliebigen in der letzten.
Der Rest ist Kniffeln um kleine und große Straßen, Pärchen, Triple bis zu Fünferkombinationen von identischen Zahlen. Alles ist bekannt, das dreimalige Würfeln um optimale Ablageplätze, wobei doppelt umgedrehte Tulpenfelder extra Würfe ergeben. Alle starten mit vier Würfeln, die sie durch Spaltenbelegungen oder diagonale Felder bis auf sieben Würfel erweitern können. Schließlich bringt eine kompakte Belegung eines 2x3 oder 3x2 Feldes ein Schubkarren-Plättchen, das in zukünftigen Runden einen Jokerwürfel trägt.
Nicht viel Neues in den Würfellanden von KNIFFEL und YAHTZEE. Wer das mag, wird an dem Wettlauf um Farbreihen und Spalten Vergnügen finden, zumal es meist recht knapp zugeht.
Wäre nicht diese Erwartungshaltung, die ich mit dem Thema verbinde, das ich überhaupt nicht im Spiel wiedererkenne, würde ich das ganze befriedigend finden. So kommt in mir aber der alte Deutschlehrer wieder hoch, der seinen Rotstift zückt und unter die Arbeit schreibt.
Lieber Uwe, ich weiß, dass du es besser kannst, diesmal hast du aber leider das gestellte Thema voll verfehlt.
Wertung: Vielleich nächsten Monat wieder
Titel: TULPENFIEBER
Autor: Uwe Rosenberg
Grafik: Lukas Siegmon
Verlag: Amigo
Spielerzahl: 1-4
Alter: ab 8 Jahre
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 22 Euro
Spiel 61/2021
Mittwoch, 15. September 2021
VARIÉTÉ PARIS
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Puzzlebilder spielerisch genutzt: VARIÉTÉ PARIS
Bisher kannte man die Produkte des Friedrich W. Heye Verlages nur als kleine ausgestanzte Puzzleteilchen, die, zusammengefügt, meist witzige Cartoon-Puzzle internationaler Cartoonisten von Degano bis Mordillo ergaben. Dass mit solchen einfallsreich ironischen Detailbildern mehr anzufangen ist, als die alleinige Zerlegung in Kleinstteile, hat der Verlag in diesem Jahr herausgefunden. Passend zu zwei Bildern - die natürlich auch als Puzzle von Marino Degano zu haben sind - haben zwei renommierte Spieleautoren Gesellschaftsspiele für Jugendliche und Erwachsene entwickelt.
Das erste Spiel um ein amüsant-freches Variété-Bild herum, ist noch eher konventionell geraten. Das Spiel VARIÉTÉ PARIS hat Bertram Kaes, verantwortlich zum Beispiel für das kreative Spiel der Ravensburger NILPFERD AUF DER ACHTERBAHN, zu einer recht simplen Montagsmalervariante gemacht.
Das amüsant-frivole Bild dient nur als Stimmungsfänger und hat keine spielerische Funktion. Auf einem Laufplan um das Bild herum haben die Spieler das Vergnügen, sich kreativ produzieren zu können. Da gilt es, Gedichte zu Ende zu führen, vorgegebene Begriffe durch Pantomime, Zeichnen oder Umschreiben darzustellen, während die Mitspieler sich um schnelles Erraten bemühen. Die Begriffe passen zum Bildthema. Für erfolgreiches Raten erhält man Baguettes, Käsestückchen, Rotwein und zum Schluss ein Glas Champagner.
Anders verpackt, gibt es dieses Spiel in vielen Variationen schon auf dem Markt, nichts vollkommen Neues also.
Titel: VARIÉTÉ PARIS
Verlag: Heye
Autor: Bertram Kaes
Grafik: Marino Degano
Spielerzahl: 2-6
Alter: ab 14 Jahren
Spieldauer: 45 Min
Preis: ca. 59.00 DM
Spiel13 /1992 R 159/2021
Die Rezension erschien 1992
Wertung Spielreiz damals 4 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Autor:
Bertram Kaes ist Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre so etwas wie der Hausautor des Ravensburger Spieleverlags gewesen. Ursprünglich hat er eine kaufmännische Ausbildung im Verlag absolviert, dann aber erfolgreich Spiele wie DAS NILPFERD IN DER ACHTERBAHN entwickelt. 1989 hat er sich mit der Firma Funtasy Factory selbstständig gemacht und rund 50 Spiele veröffentlicht, häufig auch Werbespiele für Mercedes, BMW und Ikea.
Bekannt sind vor allem noch NOBODY IS PERFECT und die MAULWURF COMPANY, die 1995 immerhin auf der Auswahlliste für das Spiel des Jahres landete.
Freitag, 10. September 2021
NIZZA
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Bestseller-Edition: NIZZA
Der Blick in die wöchentliche Bestsellerliste des Spiegels ist für viele eine Kaufhilfe. Auch Spieleverlage fangen an, sich an Bestseller-Spieleautoren zu orientieren.
Ganz neue Maßstäbe setzt dabei ein Spieleautor unter den Produktmanagern der großen Verlage, Roland Siegers nämlich, der bei Schmidt Spiel und Freizeit eine ganz neue Autoren-Edition startet, der man nur viel Erfolg wünschen kann.
Nicht kleckern, klotzen scheint Siegers Devise zu sein, der nicht erst vorsichtig den Markt abtastet, sondern gleich in die Vollen mit sechs großformatigen Spielen einsteigt. Das Risiko ist berechenbar: Die Planer bei Schmidt haben sechs Autoren ausfindig gemacht, die in den letzten Jahren allein 40 Prozent der Auszeichnungen aus der Auswahlliste "Spiel des Jahres" unter sich ausgemacht haben. Diese Ehrengarde der Spieleautoren hat insgesamt über 18 Millionen Spiele verkauft. Schmidt hat in der ersten Runde die renommierten Autoren Alex Randolph (1x Spiel des Jahres, 9x Bestenliste), Sid Sackson (1x Spiel des Jahres, 8x Bestenliste), Wolfgang Kramer (2x Spiel des Jahres, 4x Bestenliste), Reinhold Wittig (3x Sonderpreis für "Das schöne Spiel", 5x Bestenliste), Rudi Hoffmann (1x Spiel des Jahres, 4x Bestenliste) und Roland Siegers (6x Bestenliste) in den spielerischen Olymp mit aufgenommen und hat zum Teil bewährte alte Spiele in neuer Bearbeitung (ACQUIRE, von dem amerikanischen Autor Sid Sackson entwickelt und ABILENE, von eben diesen Roland Siegers), sonst aber echte Neuheiten dieser Autoren herausgebracht. Es fehlen eigentlich nur Klaus Teuber und Reiner Knizia, die neuen Stars am Autorenhimmel, in dieser Bestseller-Edition. Sie dürften wohl 1994 vertreten sein.
Von den Brettspielneuheiten ragt mit Abstand Rudi Hoffmanns SPIEL DER TÜRME, ein knallhartes Strategiespiel, das sofort auf der Bestenliste '93 gelandet ist, heraus.
Immerhin raffiniert wirkt NIZZA von Wolfgang Kramer. Liebhaber Cary Grants und Grace Kellys können Hitchcocks "Über den Dächern von Nizza" nachspielen. Zwei bis sechs Spieler sollen die englischen Kronjuwelen wieder beschaffen. Das Originelle ist die reale Kaminkletterei auf Dächern, eher herkömmlich die Aktionsentscheidung durch Würfel.
Der Trend zur realen Umsetzung von Spielhandlungen scheint stark, so auch hier. Es gibt keine Spielfelder, sondern freie Kletter- und Schwungmöglichkeiten der Spielfiguren von Dach zu Dach. Eine faszinierende Grundidee, deren technische Umsetzung aber Mängel besitzt. Ein Ruckeln am Spielplan bringt alles total durcheinander, auch die Standfestigkeit der Spielfiguren lässt zu wünschen übrig. So hängt sich eine faszinierende Idee im üblichen Brettspielalltag auf.
Titel: NIZZA
Autor: Wolfgang Kramer
Grafik:
Verlag: Schmidt
Spielerzahl: 2-6
Spieldauer: etwa 60 Minuten
Preis: ca. 49.00 DM
Spiel 31/1993 R156/2021
Die Rezension erschien 1993
Wertung Spielreiz damals 4 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächsten Monat wieder
Zum Spiel und zu dem Autor:
Der 78jährige Wolfgang Kramer ist neben Reinhold Wittig der dienstälteste Spieleautor in Deutschland und der erste, der sein Hobby zum Beruf gemacht hat. Der gelernte Betriebswirt und Informatiker hängte 1989, nach zwei Spiel des Jahres-Auszeichnungen seinen Beruf an den Nagel und lebte fortan vom Spielerfinden.
Sein erstes Spiel TEMPO erschien 1974 bei ASS, HEIMLICH & CO. war sein erstes Spiel des Jahres (1986), es folgte gleich danach AUF ACHSE. In vielen seinen späteren Erfolgen war er mindestens im Team unterwegs. Bei EL GRANDE (SDJ 1996) begleitete ihn Richard Ulrich und bei TIKAL und TORRES Michael Kiesling.
Bis heute hat Kramer mehr als 100 Spiele veröffentlicht. Ganz aktuell startet er im Team mit Michael Kiesling das Programm des neuen Verlages Deep Print mit RENATURE.
Mit NIZZA konnte Kramer damals keine großen Lorbeeren ernten, das gilt auch für weitere Spiele aus diesem Veröffentlichungsjahr. 1993 sind noch ATHOS (Kosmos) und DAS PHANTOM (Amigo) erschienen, recht gut war allerdings PUNK SUCHT LADY (Ravensburger). Keine dieser Ideen landete aber auf einer Auszeichnungsliste.
Auf dem Bild ist Wolfgang Kramer in Essen 1994 zusammen mit Alex Randolph zu sehen.
Donnerstag, 9. September 2021
LOVE AFFAIRS
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Partnerspiele um Lust und Liebe: LOVE AFFAIRS
Spielhistorisch betrachtet geht sicherlich das letzte Jahr als das Jahr der B(r)ettspiele in die Annalen der Spielgeschichte ein. Fast kein Verlag, der es ausließ, am Sexrummel mitzuverdienen.
Für viele gewiss die logische Fortsetzung der Kommunikationsspiele für Erwachsene, die Ravensburger gelungen mit LIFESTYLE, der Neubearbeitung von SYMPATHIE, gefördert hat. Spiele wie JETZT MAL EHRLICH (Bandai-Huki) und BLACK-BOX (Jumbo) setzen diese Tradition erfolgreich fort. Hier bleibt es aber beim kennenlernenden Vorgeplänkel, der Spielreiz ist relativ hoch.
Vollmundigere Versprechungen sind da von den neuen Partnerspielen aus dem 91er-Jahrgang zu hören: Ihre Kuss-Technik verfeinern Spielpartner in KÜSS MICH, von der Stirn über die Nase und den Rücken küssen sie sich bis in die nicht sonnenbeschienen Regionen voran, nur der sozialistische Bruderkuss bringt Strafpunkte. Erika Berger gibt vor, mit ihrer CHANCE FÜR DIE LIEBE die Liebeskurven der Spieler auf die Spitze zu treiben. Das Fernsehschicksal ihrer Sendung dürfte auch diesem Spiel, das Wolfgang Riedesser entwickelt hat, beschieden sein. Der Ravensburger Sündenfall PARTY TIME belässt es erst einmal beim Strip auf dem Spielbrett, zum "Anbaggern" fordert allerdings schon HERZKLOPFEN auf. Ob das Herz zu klopfen anfängt, wenn man zu diesen Spielen greift, ist fraglich, aphrodisische Wirkungen sollte man jedenfalls nicht erwarten.
Oder ich versuche es noch einmal mit einem der neuen Spiele: Würde man alle Spielpläne der Erotikspiele nebeneinanderlegen, gebe es sowieso nur einen Favoriten, nämlich LOVE AFFAIRS. Das Spiel für Paare, im des es um Liebe, Erotik, Sexualität und ein harmonisches Zusammenleben gehen soll, besitzt einen Spielplan zum Verlieben. Hier führen die simplen Lauffelder nicht einfach nur eine Herzbahn entlang, sondern erzählen eine anregende Geschichte in einer exzellent gezeichneten Wohnung, die man sein Eigen nennen möchte. Bilder voller Anspielungen, eine Geschichte, die - wie kann es anders sein - im Himmelbett endet.
Das Spiel LOVE AFFAIRS wird vom Spielbrett Berlin vertrieben. Die Autorin Malena Ivarsson ist laut Spielregel schwedische Sexualpädagogin und hat "die vielen Ausdrucksformen von Liebe und Sexualität spielerisch so umgesetzt, dass Mitspieler offen und in kommunikativer Form ihr Wissen erweitern und gegenseitiges Verständnis um das 'Thema Nr.1' aufbauen können.
Das Spiel ist kein Kennenlernspiel, sondern basiert auf der Zusammenarbeit von festen Partnern. Wer auf Partnertausch aus ist, liegt mit diesem Spiel nicht richtig, da die Partner jeweils nur mit einer Spielfigur spielen und diese auch nur vorwärtsbewegen können, wenn sie sich gemeinsam in unterschiedlichen Frage- und Spielsituation bewähren. Der Partnertest wird auf unterschiedlichen Gebieten durchgeführt. Im Bereich "Harmonie" stößt man auf viele direkte Fragen, die gleich zur Sache gehen. Wobei es spielerisch nur darum geht, ob der Partner auch die gleiche Antwort gibt. Ob man allerdings bereit ist, die ganzen Fragen auch vor sehr guten Freunden und Freundinnen offen zu beantworten, hängt wohl sehr von der Spielrunde und von den Freunden ab. Sie könnte zum Beispiel folgende Frage für ihren Partner vorgelegt bekommen: „Könnte er sich vorstellen, vor den Augen Eurer Freunde mit Dir zu schlafen?“ Oder er müsste ihre Antwort voraussagen auf die Frage: „Könntest Du sie an einem Regentag auf einer Waldlichtung zum Geschlechtsverkehr überreden?" So geht es weiter, im "Geständnis"-Bereich muss er zum Beispiel kundtun, ob er schon einmal mit mehr als einer Person Sex gehabt hat, verweigert er die Antwort, geht's ein paar Felder zurück, das Himmelbett rückt fern. Weniger problematisch geht's in den Bereichen "richtig oder falsch" und "Szene" zu, so erfährt man zum Beispiel, dass die deutschen Frauen größere Brüste als die amerikanischen haben (richtig oder falsch) und dass Jackie Kennedy gesagt haben soll: “Sex taugt nichts, weil dabei die Kleidung zerknittert". Ich wusste das nicht vorher, aber da das für die meisten Mitspieler gilt, bewegt man sich hier auf glattem Boden. Im "Scharadenbereich" schließlich ist die Montagsmalerqualität der Spieler gefordert, Redewendungen und Sprüche gilt es, zeichnerisch umzusetzen. Nicht ganz einfach, versuchen Sie doch einmal ihr Glück bei "ein BH hält, was der Pulli verspricht" oder "Karottensaft gibt Liebeskraft". Reduziert man das Spiel auf die letzten drei Bereiche, wird es auch im Freundeskreis spielbar. Für "Harmonie" und "Geständnis" bietet sich eher die Zweiervariante an: Ein Paar spielt das Spiel allein, zumal im Partnerspiel noch ein Wunschzettel ausgefüllt werden darf, der unbedingt erfüllt werden muss. Wer also schon immer einmal Champagner am Bett servieren bekommen möchte und in einer Nacht alles bestimmen wollte, der kann sich mit dem Gewinn bei LOVE AFFAIRS am Ziel seiner Wünsche sehen.
Titel: LOVE AFFAIRS
Verlag: HanseStadt Verlag
Autor: Malena Ivarsson
Grafik: Klaus Fischer
Spielerzahl: 2-8
Alter: ab 18 Jahren
Spieldauer: 60 Min
Preis: ca. 89.00 DM
Spiel 06/1990 R155/2021
Die Rezension erschien 1990
Wertung Spielreiz damals 4 von 10 Sternen,
das entspricht: Vielleicht nächsten Monat wieder
Mittwoch, 8. September 2021
HERZKLOPFEN
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Partnerspiele um Lust und Liebe: HERZKLOPFEN
Spielhistorisch betrachtet geht sicherlich das letzte Jahr als das Jahr der B(r)ettspiele in die Annalen der Spielgeschichte ein. Fast kein Verlag, der es ausließ, am Sexrummel mitzuverdienen.
Für viele gewiss die logische Fortsetzung der Kommunikationsspiele für Erwachsene, die Ravensburger gelungen mit LIFESTYLE, der Neubearbeitung von SYMPATHIE, gefördert hat. Spiele wie JETZT MAL EHRLICH (Bandai-Huki) und BLACK-BOX (Jumbo) setzen diese Tradition erfolgreich fort. Hier bleibt es aber beim kennenlernenden Vorgeplänkel, der Spielreiz ist relativ hoch.
Vollmundigere Versprechungen sind da von den neuen Partnerspielen aus dem 91er-Jahrgang zu hören: Ihre Kuss-Technik verfeinern Spielpartner in KÜSS MICH, von der Stirn über die Nase und den Rücken küssen sie sich bis in die nicht sonnenbeschienenen Regionen voran, nur der sozialistische Bruderkuss bringt Strafpunkte. Erika Berger gibt vor, mit ihrer CHANCE FÜR DIE LIEBE die Liebeskurven der Spieler auf die Spitze zu treiben. Das Fernsehschicksal ihrer Sendung dürfte auch diesem Spiel, das Wolfgang Riedesser entwickelt hat, beschieden sein.
Der Ravensburger Sündenfall PARTY TIME belässt es erst einmal beim Strip auf dem Spielbrett, zum "Anbaggern" fordert allerdings schon HERZKLOPFEN auf. Ob das Herz zu klopfen anfängt, wenn man zu diesen Spielen greift, ist fraglich, aphrodisische Wirkungen sollte man jedenfalls nicht erwarten.
Trotzdem: Die Ravensburger haben ein Spielprodukt von dem eingespielten Autorenduo Christian Raffeiner und Helmut Walch (u.a. ASTROTIME) entwickeln lassen, das zumindest erst einmal vom der Materialseite her überzeugt. Wenn auch der herzige Spielplan keine besonders kreative Umlaufbahn darstellt - mit GLÜCK IN DER LIEBE, ebenfalls 1991 erschienen, zeigt der Impuls-Verlag die gleiche Laufbahn -, so ist doch das ganze Drumherum gewohnt stimmig, auch der natürlich rote Würfel besitzt kleine Herzchen statt der sonst üblichen Punkte.
Auf Partnersuche darf man gehen, im Laufe des Spieles stellt sich heraus, wer am besten zu wem passt. Dazu wird am Anfang eine Selbsteinschätzung vorgenommen, jeder bestimmt sein Persönlichkeitsprofil, indem er neun Eigenschaften von ehrgeizig über treu und temperamentvoll zu tolerant und zärtlich in seine persönliche Reihenfolge von eins bis neun bringt. Ehrlichkeit oder zumindest antizipierende Einschätzung von dem, was andere über einen denken, ist hier nötig. Je offener man mit seinen Eigenschaften für das andere Geschlecht ist, umso eher kann man einen passenden Partner finden. Denn darum geht es in dem Spiel. Jede(r) führt ihre/seine Spielfigur auf dem Herzparcours spazieren und landet entweder auf einem Eigenschaftsfeld oder Hand-auf's-Herz-Feld. Jedes Mal wird versucht für die betreffende Eigenschaft oder Frage einen Partner/eine Partnerin zu finden, die/der diese/dieser ähnlich oder besser gleich beantworten könnte.
Auf den Herzfeldern gibt es das übliche Fragenrepertoire, das MB schon mit SKRUPEL vorgeführt hat, wenig Originelles ist dabei. Stellen Sie sich vor, Sie erwischen Ihren Partner knutschend beim Italiener. Stülpen Sie ihm die Spaghettischüssel über den Kopf? Im Gegensatz zu SKRUPEL haben Sie jetzt fünf abgestufte Antworten zur Verfügung: Nie, nein, vielleicht, ja, immer. Sie wählen eine Antwort und suchen einen Mitspieler des anderen Geschlechts, der genauso antworten könnte. War Ihre Einschätzung richtig, oder liegen Sie nur gering auseinander wandern die Partnersteine auf einem Sympathiebarometer gemeinsam nach oben. Landet schließlich ein solcher Partnerstein nach 18 gewonnenen Punkten auf diesem Barometer im Herzfeld, dann haben sich zwei gefunden. Das Spielziel ist erreicht. Auf den Eigenschaftsfeldern geht die Übereinstimmungssuche entsprechend vor sich, nur liegt man hier häufiger daneben.
Das war`s auch fast schon, "Flirts" und "Eifersüchteleien" gehören allerdings noch zum Spiel, sie ermöglichen den Mitspielern sich jeweils einzuklinken, wenn sie glauben, noch größere Übereinstimmung zu besitzen. Auch an ungleiche Partnerzahlen ist gedacht, fehlen Männlein oder Weiblein in der Runde gibt es eine große Auswahl von Partnerkarten, die eine Zier für jedes Heiratsinstitut wären. Wer Pech hat, führt dann ein Fotokärtchen in sein Zielfeld.
Vom Spielprinzip bietet HERZKLOPFEN also nichts Neues. Der Spielmechanismus besitzt außerdem noch einige Haken. Spielen nur zwei Paare, kann durch einige extremere Abweichungen auf den Eigenschaftsfeldern ein zügiges Vorangehen auf dem Sympathiebarometer verhindert werden, da Abweichungen ab vier Punkten Unterschied mit Punktabzug geahndet werden. Hier sollten von Anfang an noch zwei "Dummys" mitlaufen. Auf den Fragefeldern liegt man durch die beiden Extremwerte "nie" und "nimmer" mit "vielleicht" fast immer mit in der Wertung und kann sich hier auch einer eindeutigeren Festlegung entziehen. Wie bei der "Kommt drauf an"-Karte bei SKRUPEL sollte das "Vielleicht" immer erklärt werden. Sind Persönlichkeitswerte nach einer gewissen Spielzeit bekannt, fällt es natürlich leichter, einen passenden Partner zu finden, mit dem man punkten kann, auch wenn es nicht der Typ ist, bei dem Sie am Ende wirklich Herzklopfen bekämen.
Was bleibt ist ein gewisser Anreiz in der Selbsteinschätzung zu Beginn des Spiels, ein Reiz, der sich im Spielablauf fortsetzt, in der Frage, wie sehen mich die anderen. Dazu brauche ich aber nicht dieses Spiel, da greife ich doch lieber gleich zu SYMPATHIE oder LIFESTYLE.
Titel: HERZKLOPFEN
Verlag: Ravensburger
Autor: Christian Raffeiner, Helmut Walch
Grafik: Jutta Krüger
Spielerzahl: 4-8
Alter: ab 18 Jahren
Spieldauer: 60 Min
Preis: ca. 89.00 DM
Spiel 19/1991 R154/2021
Die Rezension erschien 1991
Wertung Spielreiz damals 3 von 10 Sternen,
das entspricht: Vielleicht nächsten Monat wieder
Zu den Autoren:
Die beiden österreichischen Autoren Raffeiner & Walch waren für Partyspiele bei Ravensburger Ende der 80er Jahre bekannt. Mit ASTROTIME und LIFESTYLE hatten sie sogar recht ordentliche Spiele entwickelt. Ihre letzte gemeinsame Veröffentlichung war VEGA bei Peri 1993.
Danach erschienen nur noch einige Spiele von Helmut Walch, so EMIL UND DIE DETEKTIVE 2003 bei Schmidt.
Sonntag, 22. August 2021
CARAMBA
SAMMELSURIUM
E-Serie von F.X. Schmid
Die bei Spielesammlern bekanntesten Spiele aus dem F.X. Schmid Verlag sind die Spiele der E-Reihe. Das „E“ steht für Erwachsenenspiele, die Serie erschien in den Jahren 1973/74. Die E-Serie war die Antwort aus Prien auf die Casino-Reihe von Ravensburger und die 3M-Serie. Die Spieleschachteln ähnelten aber nur den Buchschubern von 3M. Im Grunde genommen waren es einfache Stülpschachteln mit durchaus edler Innenverkleidung.
Die am meisten gesuchten Spiele dieser Serie sind: TRADE, SAMURAI, PAGODE und SNIFF. Mit LASKA hatte der Verlag einen Klassiker im Programm, der von einem ehemaligen Schachweltmeister stammte.
Die Firma war älter als Ravensburger. Franz Xaver Schmidt gründete den Verlag 1860 in München. Anfangs wurden nur Spielwaren und Karten produziert, nach dem Zweiten Weltkrieg, das Unternehmen war inzwischen in Prien am Chiemsee ansässig, kamen auch Brettspiele und Puzzles dazu. 1997 übernahm Ravensburger die Firma, labelte bis 2000 noch Produkte unter FX, stellte dann aber die Spiele ein.
CARAMBA
F.X. Schmid bezeichnet CARAMBA von Rudolf Ross als spannendes Wettlaufspiel für zwei Spieler. Die ovale Spielplanarena wirkt mit ihren Sperrfeldern wie ein Derivat von MALEFIZ.
Recht gekünstelt wird dieses Duell in eine Art Mafiakampf eingeordnet mit Läufern und Jägern und der geheimen Zuordnung eines Favoriten. Die drei Läufer besitzen deshalb drei verschiedenfarbige Sombreros, der persönliche Favorit wird vorab durch Weglegen der entsprechenden Farbkarte markiert.
Neben den drei Läufern, die auf den Startbereich der eigenen Farbe kommen, spielen jeweils vier Jäger eine Rolle, die mittig auf einem runden Hof starten. Ziel ist ein großer Farbkreis gegenüber den Startfeldern der Läufer, dorthin dürfen nur die Favoriten.
Stop-Felder müssen exakt erreicht werden, Rastplätze schützen kurzfristig vor den Jägern. Die Regeln dieses Lauf- und Schlagspiels sind unnötig kompliziert. So müssen die Stopp-Felder sofort wieder verlassen werden. Gelingt das nicht, gilt die dort stehende Figur als geschlagen. Wer eine 6 würfelt, darf nochmals würfeln, aber nur wenn beide Züge mit Jägern erfolgen. Über eigene Figuren darf man ziehen, aber über fremde nicht. Geschlagene Jäger kommen in ihr Startgebiet zurück, schlagen diese allerdings den falschen Läufer, sind sie aus dem Spiel.
Nur die letzte Regel macht CARAMBA etwas spannend. Das Bluffen spielt wegen der Abhängigkeit von Wurfergebnis leider keine so wichtige Rolle. Wer den gegnerischen Favoriten schlägt, gewinnt das Spiel. Das gilt natürlich auch, wenn es der Favorit bis ins Ziel schafft. Das gelingt aber nur, wenn das Zielfeld mit exaktem Würfelwurf erreicht wird. Wer soweit ist, der wird dann meistens doch noch durch die gegnerischen Jäger abgefangen.
Aus heutiger Sicht bietet dieses glückslastige Würfelspiel kaum Spielvergnügen. Die Umsetzung entspricht der üblichen Qualität der F.X. Schmid Spiele aus den 70ern.
Titel: CARAMBA
Verlag: F.X. Schmid
Autor: Rudolf Ross
Spielerzahl: 2
Alter: o.A.
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 60.- DM
Wertung: Nächsten Monat wieder
Sammelsurium 34 – S34/2021
E-Serie von F.X. Schmid
Die bei Spielesammlern bekanntesten Spiele aus dem F.X. Schmid Verlag sind die Spiele der E-Reihe. Das „E“ steht für Erwachsenenspiele, die Serie erschien in den Jahren 1973/74. Die E-Serie war die Antwort aus Prien auf die Casino-Reihe von Ravensburger und die 3M-Serie. Die Spieleschachteln ähnelten aber nur den Buchschubern von 3M. Im Grunde genommen waren es einfache Stülpschachteln mit durchaus edler Innenverkleidung.
Die am meisten gesuchten Spiele dieser Serie sind: TRADE, SAMURAI, PAGODE und SNIFF. Mit LASKA hatte der Verlag einen Klassiker im Programm, der von einem ehemaligen Schachweltmeister stammte.
Die Firma war älter als Ravensburger. Franz Xaver Schmidt gründete den Verlag 1860 in München. Anfangs wurden nur Spielwaren und Karten produziert, nach dem Zweiten Weltkrieg, das Unternehmen war inzwischen in Prien am Chiemsee ansässig, kamen auch Brettspiele und Puzzles dazu. 1997 übernahm Ravensburger die Firma, labelte bis 2000 noch Produkte unter FX, stellte dann aber die Spiele ein.
CARAMBA
F.X. Schmid bezeichnet CARAMBA von Rudolf Ross als spannendes Wettlaufspiel für zwei Spieler. Die ovale Spielplanarena wirkt mit ihren Sperrfeldern wie ein Derivat von MALEFIZ.
Recht gekünstelt wird dieses Duell in eine Art Mafiakampf eingeordnet mit Läufern und Jägern und der geheimen Zuordnung eines Favoriten. Die drei Läufer besitzen deshalb drei verschiedenfarbige Sombreros, der persönliche Favorit wird vorab durch Weglegen der entsprechenden Farbkarte markiert.
Neben den drei Läufern, die auf den Startbereich der eigenen Farbe kommen, spielen jeweils vier Jäger eine Rolle, die mittig auf einem runden Hof starten. Ziel ist ein großer Farbkreis gegenüber den Startfeldern der Läufer, dorthin dürfen nur die Favoriten.
Stop-Felder müssen exakt erreicht werden, Rastplätze schützen kurzfristig vor den Jägern. Die Regeln dieses Lauf- und Schlagspiels sind unnötig kompliziert. So müssen die Stopp-Felder sofort wieder verlassen werden. Gelingt das nicht, gilt die dort stehende Figur als geschlagen. Wer eine 6 würfelt, darf nochmals würfeln, aber nur wenn beide Züge mit Jägern erfolgen. Über eigene Figuren darf man ziehen, aber über fremde nicht. Geschlagene Jäger kommen in ihr Startgebiet zurück, schlagen diese allerdings den falschen Läufer, sind sie aus dem Spiel.
Nur die letzte Regel macht CARAMBA etwas spannend. Das Bluffen spielt wegen der Abhängigkeit von Wurfergebnis leider keine so wichtige Rolle. Wer den gegnerischen Favoriten schlägt, gewinnt das Spiel. Das gilt natürlich auch, wenn es der Favorit bis ins Ziel schafft. Das gelingt aber nur, wenn das Zielfeld mit exaktem Würfelwurf erreicht wird. Wer soweit ist, der wird dann meistens doch noch durch die gegnerischen Jäger abgefangen.
Aus heutiger Sicht bietet dieses glückslastige Würfelspiel kaum Spielvergnügen. Die Umsetzung entspricht der üblichen Qualität der F.X. Schmid Spiele aus den 70ern.
Titel: CARAMBA
Verlag: F.X. Schmid
Autor: Rudolf Ross
Spielerzahl: 2
Alter: o.A.
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 60.- DM
Wertung: Nächsten Monat wieder
Sammelsurium 34 – S34/2021
Mittwoch, 18. August 2021
SPELUNKE
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Wehe wenn die Tussi kommt: SPELUNKE
Tussis, meist minderjährige Girls, mit aufgelegter Kriegsbemalung, engsten bauchfreien Tops, die die ganze Zeit nur an den Kneipengang denken, um ihren Körper der nach Sex lechzenden Öffentlichkeit zu zeigen, sind bei der Partnerwahl recht wählerisch. Zumindest Uwe Rosenberg glaubt, dass Prolls und Kneipenwirte ihre einzigen Kontaktpartner seien. In seiner SPELUNKE tummeln sich neben den Tussis, Kneipenwirten und Prollos noch Hippies, Punkys und Alkis. Ein munteres Völkchen , das im Zigarettendunst und Biermief babylonisch blubbert und brabbelt. Verstehen können sich die meisten, insbesondere die Wirte hören allen brav zu, nur die Tussi ist wählerisch.
Das muntere Kneipenvölkchen stellt die Besetzung für Uwe Rosenberg Gedächtnisspiel SPELUNKE dar. Zwei bis vier Spieler ab 10 Jahren können sich eine gute viertel Stunde damit beschäftigen. Das Interieur ist knapp bemessen, 33 Spielkarten reichen aus. Jeweils sechs von den Kneipenbesuchern und drei Wirte werden verdeckt in drei Reihen ausgelegt. Memorylike dürfen in einem Spielzug die Karten von ihren beiden Enden her abgearbeitet werden. Die Spieler können aber auch darauf verzichten und sich dafür geheim Karten einer Reihe ansehen. Die erste aufgedeckte Karte steht immer für denjenigen, der das Gespräch beginnen soll, die zweite für den Zuhörer. In den Grundregeln des Spiels verstehen sich bis auf die Tussi fast alle miteinander, Wirte und Tussis kommen aber auch miteinander nicht ins Gespräch. Passende Gesprächspaare werden gesammelt, wer am Ende, wenn nichts mehr läuft in der Kneipe, die meisten Pärchen hat, gewinnt das Spiel. Beim Partnerspiel zu viert werden die Ergebnisse der gegenübersitzenden Spieler addiert, dort gibt es auch die Möglichkeit, beim Ansehen einer Kartenreihe dem Partner eine Information zuzuspielen.
SPELUNKE ist einerseits eine übliche MEMO-Variante, die ihre Berechtigung erhält durch die vielfältigen Kombinationsmöglichkeiten und die zusätzliche Informationsgewinnung. Die thematische Einbindung trägt etwas zur Spielatmosphäre ein, vom Barhocker reißt sie mich nicht. Aus der Tussi-Regelung entwickelt sich der Spielreiz, aber auch manchmal ein arg beschleunigtes Spielende, weil die Tussis frühzeitig den Kommunikationsfluss in der ganzen Kneipe lahm legen. Mit vielen Sonderregeln versucht der Autor das Ganze für Fortgeschrittene Spielunkenbesucher noch etwas aufzupeppen, ob er damit mehr Tussis und Alkis hinter dem Ofen hervorholt, wage ich zu bezweifeln, vielleicht geht es vielen dann so wie den Tussis, wenn sie auf Alkis treffen: Sie verlassen fluchtartig die Kneipe.
Titel: SPELUNKE
Autor: Uwe Rosenberg
Grafik: Maike Janssen
Verlag: Lookout Games
Spieler: 2 bis 4
Alter: ab 10 Jahren
Dauer: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 8 Euro
Spiel 24/2006 R1139/2021
Die Rezension erschien 2006 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 4 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächsten Monat wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Seinen ersten Erfolg fuhr Rosenberg als junger Autor mit dem zweiten Platz für MILLENIUM 1991 im Hippodice Wettbewerb ein. Das Spiel erschien unter der Ägide von Peter Gehrmann 1992 als TIMES bei Salagames. Dort veröffentlichte der Redaktionsleiter außerdem noch die Idee MARLOWE von Uwe Rosenberg. Danach ergab sich die ertragreiche Kooperation mit Amigo.
BOHNANZA (1997) war dann sein erster ganz großer Erfolg, das Spiel landete nicht nur auf der Auswahlliste der Jury Spiel des Jahres. Es gewann den À la Carte-Preis der Fairplay 1997 und erreichte den fünften Platz beim Deutschen Spielepreis.
Der auch internationale Siegeszug setzte sich aber erst danach in Gang. Seit 23 Jahren schon liefert Amigo Gartenbohnen, Saubohnen und auch die ein oder andere Blaue Bohne in unendlich vielen gelben Schachteln aus. Keiner hat mehr so den rechten Überblick, was da alles in rosenbergscher Gartenerde inzwischen herangezüchtet wurde. Das klassische Saatgut wurde vielfach gemendelt und gegendert, musste sich gegen die Bohnenmafia wehren, trat Seereisen an, gelangte in den Wilden Westen und kämpfte sich in BOHNRÖSCHEN durch Rankenwerke.
Nach seinem Studium der Statistik gründete Uwe Rosenberg 2000 zusammen mit Hanno Girke und Marcel-André Casasola Merke den Lookout Spieleverlag. Er behielt aber im Gegensatz zu Klaus Teuber, der sich an Kosmos band, seine Unabhängigkeit und veröffentlichte weiter Spiele bei vielen Verlagen, so das Zweipersonenspiel BABEL 2001 bei Kosmos oder 2004 YELLOWSTONE PARK bei Amigo. SCHÄTZBOLD erschien 2004 bei Lookout.
Die großen Erfolge mit komplexen Aufbauspielen wie in AGRICOLA gönnte er aber Lookout Games.
Auch in der Folgezeit unterstützte er Neugründungen von Verlagen, so Feuerland und die Edition Spielwiese. Ganz aktuell hat er auch die Wyrmgold GmbH mit angeschoben und dem jungen Verlag ROBIN VON LOCKSLEY spendiert.
Auf dem Bild ist der 29jährige Uwe Rosenberg 1999 in Essen mit seinem damaligen Gesamtprogramm zu sehen.
Dienstag, 17. August 2021
SOCKS IN THE CITY
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Schuss in die Socke: SOCKS IN THE CITY
Wenn Günter Cornett eine Sache anpackt, dann hat sie meist Hand und Fuß, diesmal sorgt er sogar für ganz besonders warme Füße. Dafür verpackt er sein neuestes Produkt SOCKS IN THE CITY in eine rote Socke. Kein Wunder, Cornett ist Berliner und zumindest er wird sich noch an Pfarrer Hintzes Kampagne erinnern. Deshalb bleibt der Autor auch thematisch bei der Bundeshauptstadt und liefert uns 20 Stadtansichten Berlins. Wieso wir allerdings die Straße Unter den Linden und alle anderen Sehenswürdigkeiten in der Spielplanauslage gleich viermal vorfinden müssen, weiß nur die Socke. Vielleicht sind dem Autor aber auch einfach nur die Anglizismen ausgegangen, ein Ausländer wird es schwer haben, wenn er nach Berlin kommt und den Nicehill sucht, den Palast der Republik, der gerade entsorgt wird.
Witzig an dem Spiel ist neben der Verpackung wahrscheinlich nur die Ausgangsgeschichte. Die verschwundene Socke, nach der wohl jeder schon gesucht hat. Cornett bringt die Pärchen wieder zusammen. Auf dem Berliner Spielplan der aus 20 vierteiligen Hexfeldern zusammen gesetzt wird, werden sechs Sockenpaare weiträumig verteilt. Da kommt die eine rote Socke auf den Anhalter Bahnhof (Hitchhikers Station), die andere – mindestens sechs Felder entfernt – zum Brandenburger Tor (Border Avenue), sie kann natürlich auch auf einem der weiteren drei Anhalter Bahnhöfe liegen. Entsprechend werden die restlichen 10 Socken verteilt. Die Hexfeder stellen U- oder S-Bahnstationen dar mit jeweils drei Verbindungskreuzungen, jeweils eine Verbindung ist auf den zusammenhängenden Viererplättchen fest vorgegeben. Spielziel ist es, durch Legen von Holzstäbchen die Verbindung der gleichfarbigen Socken herzustellen. Dafür gibt es am Ende Punkte, zwar nicht für die Länge der Verbindungsstrecke, aber für den Felderabstand der Stationen, auf denen passende Socken liegen. Gespielt wird zu zweit mit jeweils vierzig Stäbchen, auf einem gewöhnungsbedürftigen Spielplan.
Dieses sich immer wiederholende Berlingewirr ist nicht jedermanns Sache.
Das Spiel selbst spielt sich flott dahin, ist auch nicht schlecht, kein Wunder, ist es doch eine Lightausgabe von TRANS AMERICA. Trotzdem bleibt ein schales Gefühl, mehr Gag als Spiel – ein Schuss in die Socke wohl.
Titel SOCKS IN THE CITY
Autor Günter Cornett
Verlag Bambus Spiele
2 Spieler
ab 10 Jahren
ca. 20 Minuten
Spiel 23/2006 R138/2021
Die Rezension erschien 2006 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 4 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächsten Monat wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der 1960 in Flensburg geborene Günter Cornett lebt schon seit fast 40 Jahren in Berlin. Als Spieleautor fiel er erstmalig 1992 durch eine Platzierung seiner Idee AUTOSCOOTER unter den besten zehn Spielen beim Hippodice Wettbewerb auf. Ein Spiel, das er 1999 selbst herausgab. Dafür hatte er schon 1995 den Bambus-Spieleverlag gegründet, mit dem er mit dem hier schon vorgestellten FLASCHENTEUFEL startete. 1995 erschien zusätzlich mit CANALETTO (Hans im Glück) sein erstes Spiel in einem Fremdverlag.
Der Vorläufer von KAHUNA erschien 1997 als ARABANA IKIBITI im Eigenverlag. 2002 erschien beim Bambus-Verlag ein ähnliches Spiel für 2 bis 4 Spieler als KANALAO. Dieses Spiel wurde für den Gamers Choice Award 2002 nominiert. Schon 2001 erschien in Cornetts Verlag eine Mehrspielervariante als ARABANA-OPODOPO, die Tilsit 2003 unter dem Titel KANALOA veröffentlichte.
KAHUNA war neben dem 2005 erschienenen PACKEIS AM POL Cornetts erfolgreichstes Spiel. Er landete damit auf der Auswahlliste der Jury „Spiel des Jahres“ und erreichte den 6. Platz beim À la Carte-Kartenspielpreis der Fairplay. In Frankreich gewann er 2000 mit dem Spiel den As d’Or.
Mit SOCKS IN THE CITY konnte er keine großen Preise gewinnen.
Das Bild zeigt Cornett 2005 in Göttingen.
Dienstag, 3. August 2021
H2OLLAND
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Im Märzen der Bauer ...
Wacklige Windmühlen in H2OLLAND
Zumindest für das Cover gebührt CardChess Lob. H2OLLAND, das gemeinsame Spiel des Kanadiers Jeff Widderich und des Holländers Richard van Vugt fängt so ziemlich alles ein, was wir mit unserem Nachbarland verbinden. Windmühlen, Tulpen, Kanäle, vielleicht fehlt uns Deutschen nur Antje. Das Schachtelgemälde fängt diese Stimmung wunderschön kitschig ein, „zu Ehren einer Nation“, wie es in der Spielregel aufgesetzt nationalistisch heißt. Wohlgemerkt, es geht nicht um Fußball, sondern um eine idyllische Landschaft rund um einen See und die Holländer tun das, was sie seit Jahrhunderten gut verstehen, sie deichen ein, sie legen trocken und pflanzen Tulpen. Um das alles machen zu können, haben die beiden Autoren eine große quadratische Spieleschachtel proppenvoll gepackt, zumindest das hat alles Gewicht, wenn es auch spielerisch am Ende eher leichtgewichtig scheint.
Zu Spielbeginn erhält jeder Spieler eine Scheunenkarte zum Ablegen seiner Vorräte, gleichzeitig ist diese Karte Preistafel und Entwicklungsübersicht für den Tulpenanbau. Geld scheint in H2OLLAND verpönt, es herrscht Tauschwirtschaft, für Karotten, Bohnen und Kühe rückt der Bankverwalter, „Leiter der Kooperative“ heißt er im Spiel, eine Mühle raus. Mit zwei Bauernhöfen und zwei Windmühlen starten die Spieler aber schon, die Ausgangsdörfer am Rande des großen Sees werden mit jeweils einem Gebäude ausgestattet, die beiden anderen kommen in die Scheune (!). Zusätzlich erhält jeder einmal die Produktionspalette, die das Spiel bietet: Kühe, Mais, Bohnen, Karotten und Kartoffeln. Da es um naturnahen Anbau geht, sucht man natürlich die holländischen Tomaten vergeblich. Zum Start werden noch Wetterkarten bereit gelegt, die im Herbst wirksam werden, der Startspieler erhält einen gelben holländischen Holzschuh, den Klompen.
Das Spiel verläuft in Jahreszeiten, reihum dürfen die Spieler immer wieder einmal agieren, erst wenn alle gepasst haben, wechselt die Jahreszeit. Klar, im Märzen der Bauer sein Land bebaut. Daneben finden im Frühjahr weitere Bautätigkeiten statt, in dieser Jahreszeit dürfen weitere Bauernhöfe und Windmühlen erstellt werden. Dabei sind unendlich viele Legeregeln zu beachten. Ich dachte, wir Deutschen seien regelwütig, die holländisch-kanadische Perfektion übertrifft aber alles. Beispiel zu den Windmühlen gefällig:
„... Windmühlen dürfen nicht auf Kuh-, Feldfrucht- oder Tulpenfelder gestellt werden. ...
Windmühlen können neben einem Bauernhof oder neben einer anderen Windmühle desselben Spielers gebaut werden.
Windmühlen dürfen auch neben ein Kuh- oder Feldfruchtplättchen gestellt werden, das mit einem Bauernhof oder einer anderen Windmühle dieses Spielers verbunden ist.
Windmühlen können neben einem Tulpenfeld erbaut werden, das mit einem Arbeiter der eigenen Farbe besetzt ist (‚die Arbeiter’ siehe weiter unten).
Windmühlen dürfen nicht in die Schutzzonen eines anderen Spielers gesetzt werden.“
Verstanden? Wenn Sie dann noch die überdimensionierten Windmühlen sähen, dann würden Sie am liebsten ganz auf den Windmühlenbau verzichten. Denn, stehen die Dinger einmal, müssen schon Uhrmacher ans Werk, um die restlichen Auslagen ohne umstürzende Windmühlen hinzubekommen. Gebaut werden müssen Sie aber, denn sonst klappt es nicht mit der Entwässerung des Windmühlensees.
Das Grundprinzip ist klar, geregelt wird alles, auch die Platzierung der Bauernhöfe, der Feldfrüchte, der Kuhweiden und der Tulpenfelder. Apropos Tulpenfelder, da war doch die Rede von Arbeitern. Für jedes Tulpenfeld gibt es von der Kooperative einen Arbeiter, der für das Tulpenrennen am Ende von großer Bedeutung ist. Achtung! Auch wenn wir uns hier scheinbar in der Simulation eines landwirtschaftlichen Produktionsprozesses befinden, am Ende wird nur gerannt und der Tulpenlauf entscheidet über den Spielsieg.
Kommen wir zum Sommer. Das Wasser wird knapper, die beste Zeit zum Trockenlegen des Mühlenteichs. Dazu werden Dämme gebaut, das Land wird eingedeicht. Neuland wird aber nur gewonnen, wenn das Wassergebiet aus maximal vier Feldern besteht und zur Entwässerung eine Windmühle bereit steht. Für die Trockenlegung gibt’s pro beteiligter Mühle ein Tulpenplättchen, dessen Wert sich an der Anzahl der errichteten Windmühlen orientiert. Im Herbst wird geerntet, wobei die Ergebnisse von den Wettereinflüssen abhängig sind. Überschwemmungen können massiv zuschlagen, seltsamerweise treffen sie nur manche Ernteplättchen, andere, ebenso am Wasser gebaut, bleiben verschont. Fäulnis und Krankheit kann zusätzlich in der Scheune zuschlagen. Bei den meisten Karten verändern sich Einzelergebnisse ins Positive oder Negative. Da keine Tulpen geerntet werden, kommen die Spieler an Tulpenplättchen nur durch die Trockenlegung von Land und durch Handelsaktionen im Winterquartal. Die erworbenen Ressourcen dürfen eingetauscht werden gegen Tulpen, Deichteile, Windmühlen und Bauernhöfe, zusätzlich, leider nicht auf der Scheunenübersicht erkennbar, gibt es noch weitere Tauschmöglichkeiten. Den Handel der Spieler untereinander sieht die Regel leider nicht vor. Am Ende des Winters darf die Zahl von fünf Plättchen einer Plättchensorte nicht überschritten sein, ausgenommen sind Windmühlen, Bauernhöfe und Deiche.
Spätestens nach sechs Jahren endet dieser Spielteil, im 2er-Spiel, das auf einer kleineren Spielfläche abläuft, schon nach vier Jahren. Das Ende kann aber schon früher eintreten, dann nämlich, wenn der See trocken gelegt ist. Dann folgt nach der Erntephase der Spielteil, der über Sieg und Niederlage entscheidet. „Tulpenrennen“ nennen die beiden Autoren die Endphase, meines Wissens und nach Auskunft meiner Groninger Freunde keine nationale, sondern doch wohl nur eine spielerische Besonderheit. Vor dem Rennen werden die Scheunen leer geräumt, alles wird noch in Tulpenfelder und Windmühlen eingetauscht und sofort auf dem Spielfeld platziert. Die Arbeiter kommen nun von den Tulpenfeldern direkt in die Startdörfer der Spieler, von dort dürfen sie jetzt punkteträchtig neu platziert werden. Ein richtiges Rennen findet im eigentlichen Sinne nicht statt, sondern ein Gerangel um die am besten zu belegenden Plätze. Dabei sind die Punktwerte der Tulpenfelder zu beachten, die vom roten Tulpenfeld für einen Punkt bis zum purpurnen mit sechs Punkten reichen. Und nicht nur das, Widderich und Vugt lassen sich die Gelegenheit nicht entgehen, um wieder viel und vielschichtig das Setzen der Arbeiter zu regeln. Die Spieler beginnen angrenzend zu einer beliebigen eigenen Windmühle mit dem Einsetzen ihrer Arbeiter. Weitere müssen neben den zuvor gesetzten Arbeiter platziert werden, also eventuell auch nicht auf ein Tulpenfeld, so dass eine Arbeiterkette zum nächsten lukrativen Feld führen kann, oder ein neues eigenes Windmühlenfeld wird als neuer Ausgangspunkt genommen. Sind alle Arbeiter gesetzt oder alle Tulpenfelder belegt, wird abgerechnet und der Punktbeste steht nach gut zwei Stunden als Spielsieger fest.
Eindrücke, die bleiben: Eine unübersichtliche Farborgie, ein überreguliertes Spiel, eine stinkende Materialflut, die nur mit Mühe wieder in der Schachtel unterzubringen ist (entsorgen Sie gleich den unnötigen Plastikeinsatz), kippende Windmühlen. Das tolle Cover wiegt wenig auf. Dabei sind die Grundideen des Spiels gar nicht schlecht, Ressourcenentwicklung über Landgewinnung, strategische Anbauplanung in Hinblick auf das Endspiel. Warum musste das Ganze aber so überreguliert werden? Warum wurde es nicht abgespeckt? So holt man wahrscheinlich nicht einmal die Holländer hinter ihren Deichen hervor.
Titel: H2OLLAND
Autoren: Jeff Widderich und Richard van Vugt
Grafik: Richard van Vugt
Verlag: CardChess
Spieler: 2 - 4 Spieler
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 90 Minuten
Spiel 15/2006 R128/2021
Die Rezension erschien 2006 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 4 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächsten Monat wieder
Zu den Autoren:
Der Kanadier Jeff Widerich gründete 2001 für sein Spiel CARDCHESS den gleichnamigen Verlag. Dort erschienen Spiele wie KREUZWORT PYRAMIDEN, KÄSE, MÄUSE CHAOS und POMPEJI. H2OLLAND ist davon das einzige Spiel, das er mit einem Partner veröffentlicht hat. Richard van Vugt war als Holländer prädestiniert dafür.
Der Autor und Rezensent (Gamepack.nl, spielbox u.a.) ist leider schon 2016 im Alter von 63 Jahren verstorben. Das Bild zeigt ihn bei der Präsentation des Spiels 2005 in Essen.
Das Foto von Jeff Widderich stammt von der Spielwarenmesse in Nürnberg 2004.
Donnerstag, 10. Juni 2021
SKAAL
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
SKAAL
Gibt es ihn wirklich, den Dr. Mops, der der Autor von SKAAL sein soll? Die Seite von jeuxsoc zeigt zumindest ein Bild von ihm. Nach Moon und Moore taucht der schirmbemützte, vollbärtige Pulloverträger Docteur Mops auf. Neben dem hervorragenden HIMALAYA ist SKAAL die zweite Neuheit von Tilsit, die Aufmerksamkeit erregt.
SKAAL gehört, was die Vielfalt und sicherlich auch Fisseligkeit des Spielmaterials angeht, eine besondere Auszeichnung 2005. Massen von kleinen Plastikzwergen bevölkern die Spielregionen von SKAAL, Unmengen kleiner und winzigster Krümelchen von Goldklumpen und tauben Gestein, Oops genannt, liegen mit der Zeit dort herum.
In SKAAL-Land der Zwerge geht es wie in vielen anderen Spieleländern um Siegpunkte. Diese erhalten die Zwerge, wenn sie Gold finden oder wenn sie ihre Mitstreiter in Schenken zum Biertrinken verführen. Irgendwann, meist nach einer Stunde, wenn SKAAL-Land goldlos ist und wertloses Oops-Gestein überall herumliegt, steht fest, welchem Goldsucher und Bierwirt die Zwerge am meisten Respekt gezollt haben. Vorher sind die Miniaturzwerge, die unter einer großen Lupe recht ansehnlich wirken, vielfach bewusst oder oft fremd gesteuert durch die zwölf Landschaften des Spielplans gezogen und die Spieler fragen sich: „Soll’s das wirklich gewesen sein?“ Dabei wirkt alles so austariert, so vielschichtig, so planbar, mit den nötigen Ärgerkomponenten versehen.
Da startet jeder in jeder Spielrunde mit sechs alternativen Optionen. Kommt ein neuer Zwerg ins Spiel? Versetze ich einen meiner Zwerge in eine Nachbarregion? Gehen wir auf Goldsuche oder finden wir Gold? Schaffen wir es vielleicht, eine Schenke einzurichten oder wollen wir eine verschieben? Bestimmte Aktionen haben konkrete Auswirkungen. Bei der Goldsuche muss gewürfelt werden und je nach Ergebnis werden Goldnuggets oder Oops-Gestein platziert. Beide Funde haben Wanderbewegungen der Zwerge aus den Nachbarregionen zur Folge. Wer wandert, bestimmt der Spieler, der am Zug ist. Wer Gold findet, kassiert Siegpunkte. Die Anzahl der Punkte bzw. Nuggets, die gefunden werden können, entspricht der Anzahl der Zwerge, die man in der Goldregion hat. Dort, wo viele Zwerge sind, werden auch Schenken gebaut. Der Spieler, der die Mehrheit besitzt, darf auf sein Schankfass einen eigenen Zwerg als Wirt setzen. Der kassiert Siegpunkte für jeden fremden Zwerg, der in die Schenke kommen muss. Verliert ein Spieler die Mehrheit an Zwergen, verliert er auch sein Schankrecht an den neuen Besitzer. Letztlich sind die Schenken spielentscheidend, da die Goldvorräte mit der Zeit versiegen und Oops allmählich dominiert. Das klingt alles gut ausgetüftelt, spielt sich auch so. Die Reduktion in der Aktionsauswahl auf stets nur eine Option macht das Spiel auf die Dauer recht statisch. Anfangs lässt sich noch viel bewegen, dann wird das Spiel aber immer zäher und schwerer zu kippen und dann ist es schon rum. Problematisch ist das Handling der Minizwerge, kritisch sehe ich außerdem das Kleinstgestein, das sich in der bunten Vielfalt der Regionen verliert.
Das Wiederspielbedürfnis tendiert bei diesem Erstling von Docteur Mops leider gegen null. SKAAL fällt deutlich gegen HIMALAYA ab. Materialfluten allein machen noch kein gutes Spiel aus.
Wieland Herold
Titel: SKAAL
Autor: Dr. Mops
Grafik: Johann Aumaitre, Francois Bruel
Verlag: Edition Tilsit
Spieler: 3 - 6
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 60 Minuten
Preis: ca. 30 Euro
Spiel 21/2004 R91/2021
Die Rezension erschien 2004 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 4 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächsten Monat wieder
Zum Spiel und zum Autor:
BGG zeigt ein Bild des Autors und dessen Gattin im Spieletest mit Dominique Ehrhard. Es gab ihn also, den Docteur Mops, der allerdings nach SKAAL kein weiteres Spiel veröffentlichte.
Montag, 7. Juni 2021
OZEANIEN
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
ENTDECKER light: OZEANIEN
So ganz neu ist das alles nicht, wieder einmal dreht es sich um Siedeln und Entdecken, es teubert in der Spieleschachtel. Auch wenn uns die Spielidee bekannt vorkommt, neu ist immerhin der Verlag und die Titel-Reihe, erneut teuberts im Karton. „Klaus Teubers Classics“ nennt sich die Reihe, herausgegeben von Klaus Teubers „Catan GmbH“. OZEANIEN heißt das erste Spiel, ein „Entdeckerspaß für 1 oder 2 Spieler“. Mit der Charakteristik: „ENTDECKER liegt“ könnte ich schon zum Resumee übergehen, alles ein bisschen kleiner, alles ein bisschen schneller, alles für weniger Spieler, alles natürlich auch preiswerter, die Traveller-Version sozusagen.
35 Felder stellen Terra Incognita in OZEANIEN dar, zugänglich ist dieses unerforschte Gebiet über drei Spielplanseiten. 35 Meereskärtchen liegen bereit, damit in jedem Spiel eine neue Insellandschaft im Meer entstehen kann. Der Ablauf der Spielzüge ist simpel: Ein Holzschiffchen wird auf ein Startfeld gestellt, dort findet eine „Entdeckung“ statt. Dazu wird ein Kärtchen gezogen, das passend angelegt werden muss, das heißt, Meerseite muss an Meerseite, Land an Land ausgerichtet werden. Wer eine Karte nicht legen kann, beendet seinen Zug sofort und erhält die nicht unterzubringende Karte als Strafkarte, die er nur unter erschwerten Bedingungen wieder los wird. Falls auf der passend gelegten Karte Land zu sehen ist, dürfen dort Entdecker platziert werden. Die Spieler besitzen je acht Entdeckerplättchen mit einem, zwei oder drei Entdeckern. Für die Schlussabrechnung sind diese Entdecker entscheidend. Am Ende des Spiels, wenn alle Felder entdeckt sind oder keine Meereskärtchen mehr gezogen werden können, werden alle vollständig entdeckten Inseln abgerechnet. Wer auf einer Insel die meisten Entdecker hat, erhält für jedes Inselkärtchen einen Punkt. Meereskärtchen, die man nicht unterbringen konnte, zählen zwei Minuspunkte. Der Besitz großer Inseln entscheidet über den Spielsieg, vor allem wenn gegnerische Investitionen dort knapp überboten werden. Da die Spielrunden zügig ablaufen, empfiehlt Klaus Teuber drei oder fünf Partien, bei denen der Spieler gewinnt, der am Ende nicht die meisten Siege, sondern die meisten Punkte erreicht hat.
Für OZEANIEN gibt es auch eine Soloversion, die ohne Entdeckerplättchen gespielt wird. Spielziel dieser Variante ist die Bildung möglichst großer Inseln. Bei der Schlusswertung wird die Anzahl der Karten einer Insel quadriert, unentdeckte Felder werden mit 20 Minuspunkten geahndet. Zum Ausprobieren gibt es auch eine Onlineversion.
Wer das kleine Spiel für zwischendurch sucht, wer nicht den großen Teuber erwartet, wer das Glück im Spiel nie vermissen möchte, der wird mit dieser Entdeckerversion leben können und sie vielleicht nicht nur einmal spielen. Für alle, die das Original kennen und lieben, bleibt Unbehagen zurück, bleibt die Frage: Musste „Teubers Classic“ mit einem solchen schwachen Ableger starten? „Entdecker-light“ überzeugt durch den Preis, Grafik und Material sind in Ordnung, aber brauchten wir das Spiel?
Titel: Ozeanien
Autor: Klaus Teuber
Grafik: Bernd Wagenfeld
Verlag: Catan GmbH
Spieler: 1-2
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 9 €
Spiel 18/2004 R87/2021
Die Rezension erschien 2005 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 4 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächsten Monat wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Die Marke CATAN gilt inzwischen als zweiterfolgreichste nach MONOPOLY. Im letzten feierte das Kultspiel CATAN (früher DIE SIEDLER VON CATAN) seinen 25. Geburtstag. Zum Jubiläum ist auf der Insel Mainau ein überdimensionales CATAN-Feld mit der typischen Wabenstruktur entstanden, das im Juli 2020 feierlich eröffnet wurde.
Der gelernte Zahntechniker Klaus Teuber war schon vor CATAN einer der bekanntesten Spieleautoren Deutschlands, hatte er doch schon für sein Erstlingswerk BARBAROSSA 1988 das Spiel des Jahres gewonnen. Es folgten Doppelsiege 1990 und 1991 für ADEL VERPFLICHTET und DRUNTER & DRÜBER.
Den Weg zu dem Jahrhundertspiel CATAN beschreibt Klaus Teuber in dem ganz aktuell zum Jubiläum erschienenen Buch MEIN WEG NACH CATAN, mit dem er seine Leser auf eine Reise in seine persönliche Geschichte und die Spielgeschichte der 60er und der folgenden Jahrzehnte nimmt.
Die CATAN GmbH, die Teuber inzwischen mit seinem Sohn Benjamin führt, dient der Verbreitung der Ideen rund um die weltbekannte CATAN-Reihe. Dort entstand die Idee zu „Klaus Teubers Spielwiese“, auf der OZEANIEN veröffentlicht wurde.
Das Bild zeigt Klaus Teuber auf dem Goldsieberabend 1997.
Donnerstag, 3. Juni 2021
SUPERHIT
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
SUPERHIT Mathe-Nachhilfe leicht gemacht
Das Spiel des Jahres 1997 wurde mir am Stand von Günter Godor auf der Spiel ’96 in Essen präsentiert. Ein Lebenskünstler, der neben dem Trubel des großen EL GRANDE- Standes bairische Biertische aufgebaut hatte und dort sein Rechenspiel SUPERHIT vertreiben wollte. Leider hatte ihn sein Produzent im Stich gelassen, so dass nur Klebemuster auslagen, die er aber, mit vielen Geschichten angereichert, gut anpreisen konnte.
Erst in Nürnberg stellte er auf dem Stand der Heidelberger die Endfassung vor. Sein quadratisches buntes Zahlenbrett mit 10X10 Feldern hätte durchaus auch den Namen „Adam-Riese-Spiel“ verdient, denn er hat tatsächlich einen Zahlenbeziehungsmechanismus entwickelt, der Kindern die vier Grundrechenarten spielerisch vorzüglich beibringen kann. Beim Spielen und Lernen mit afrikanischen Jugendlichen ist Godor auf die Idee zu diesem Spiel gekommen, das insgesamt zur Zeit 7 Spielvarianten enthält, wobei weitere denkbar sind - auf der Schachtelrückseite verspricht der Autor 40 Varianten.
Viel Spielmaterial enthält der „Rechenkasten“ allerdings nicht: 4 Würfel, 50 Plastikchips in fünf Farben und das bunte Zahlenspielbrett. Im Grundspiel SUPERHIT geht es darum, zu Beginn die eigenen zehn Spielchips auf dem Zahlenplan durch Rechenoperationen zu platzieren, dabei sollen neutrale Chips oder gegnerische möglichst eingefangen werden. Sind alle Chips im Spiel, versucht man durch Ziehen auf dem Spielfeld weitere Chips einzufangen oder gefangene in Sicherheit zu bringen. Sobald ein solcher Turm auf einer Grundlinie landet, ist er in Sicherheit. Dabei verlässt sich Godor nicht ausschließlich auf Zugfolgen, die sich aus den vier Grundrechenarten ergeben, Paschwürfe, Drillinge oder Straßen ermöglichen Sonderzüge. Der Glücksfaktor wird ganz etxtrem durch den SUPERHIT-Wurf betont: Bei vier gleichen Zahlen dürfen in der Einsetzphase sämtliche Chips gesetzt werden, in der Bewegungsphase hat der Spieler mit einem solchen Wurf automatisch gewonnen. Hier wird der Lernspielcharakter ad absurdum geführt. SUPERHIT wird zum reinen Glücksspiel.
Aus rein spielerischer Perspektive kann ich daher dem Spiel nicht viel abgewinnen. Für den Vor- und Grundschulbereich scheint mir SUPERHIT aber als Lernspiel gut geeignet zu sein.
Bezug: Günter Godor, K. Engelhardtstr. 11, 82131 Gauting, 29.- DM
Wieland Herold
Titel: SUPERHIT
Autor: Günter Godor
Grafik: Günter Godor
Verlag: Eigenverlag
Spieler: 1 bis 5
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 15-30 Minuten
Preis: ca. 20 Euro
Spiel 20/1997 R84/2021
Die Rezension erschien 1997 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 4 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächsten Monat wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der SUPERHIT blieb Godors einziger Ausflug in die Spielewelt. Er erregte deutlich mehr Aufmerksamkeit durch Aktionskunst. So begeisterte er in den 80ern Georg Kronawitter (SPD), den damaligen Münchner Oberbürgermeister, für ein Schrottauto. Sein Objekt „Erzwungener Ausstieg“ sollte der Stadt 2500 DM wert sein, als Godor es dann aber als Mahnmal für den Umweltschutz auf den Grünstreifen einer Ausfallstraße platzierte, reagierte der Kreisverwaltungsreferent Peter Gauweiler (CSU) rigoros. Er ließ das Auto durch die Feuerwehr entfernen und präsentierte dem Künstler eine gesalzene Rechnung.
Auch an Texten fürs Theater hat sich Godor versucht, so mit dem Stück „I muss gehen“ von 2014. Durch afrikanische Kunst beeinflusst, was sich auch an der Gestaltung von SUPERHIT ablesen lässt, entstehen auch viele seine Kunstwerke.
Das Bild zeigt Godor auf der Spiel 1996.
Mittwoch, 2. Juni 2021
MONTANARA
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
„Mit den Zwergen in den Bergen“: MONTANARA
„Mit den Zwergen in den Bergen“ und einem taiwanesischen Jong Kong als Autor steigt Abacus bei den Zweipersonenkartenspielen ein. Ob die Kristallsuche gegen die Konkurrenz von Kosmos und neuerdings auch Ravensburger bestehen kann, werden Sie gleich erfahren.
MONTANARA heißt das Abacus-Spiel, damit sind nicht Ralf Siegels schmalzige Berge, die grüßen, gemeint, sondern Zwerge, die mit Vorliebe auf Kristallsuche gehen. 80 Spielkarten stehen dafür zur Verfügung, darunter die zu findenden Kristalle, Zwerge natürlich und vielfältige Aktionskarten. Jeder startet mit einer Zwergenkarte und drei weiteren Karten, die restlichen 72 bilden vier unterschiedlich hohe Stapel, die es abzubauen gilt.
Jeder Spielzug besteht aus einer Aktion, so kann man seine Handkarten ergänzen, indem man eine Karte von einem der vier Hügel zieht. Man kann auch eine Karte ausspielen, zum Beispiel einen Zwerg an einem der vier Berge auslegen oder eine Aktionskarte spielen. Die Karten können zur Folge haben, dass alle ausliegenden Zwerge verschwinden müssen, dass die Handkarten mit dem Gegner getauscht oder Informationen über die Zusammensetzung der Bergkarten preisgegeben werden. Wichtig ist vor allem die Schürfaktion, nur mit dieser kommt man an die Edelsteine heran. Wer sich dafür entscheidet, muss mindestens einen Zwerg ausliegen haben. Die Zahl der ausliegenden Zwerge gibt die Karten vor, die aufgedeckt werden dürfen. Der Berg darf ausgesucht werden, so lässt sich auf einen Hügel zurückgreifen, den man vorher durch die Aktionskarte „Stollenbau“ erkundet hat. Hilfreich ist auch der „Hausberg“, das sind die eigenen Handkarten, die der Gegenspieler allerdings vor dem Abbau mischt. Findet man durch die Schürfaktion eine der neun Kristallkarten, kommt diese gegen Austausch eines Zwerges in die Auslage, die maximal vier Karten umfassen darf. Sobald ein Spieler auf diese Art vier Kristalle vor sich liegen hat, gewinnt er das Spiel. Es ist klar, dass ausliegende Klunker, die Grabungschancen deutlich verringern, so dass gerade das entscheidende Ende sehr glücksbetont wird. Sollte allerdings vorher der vorletzte Kartenstapel vollständig leer sein, gewinnt der Spieler, der die meisten Edelsteine ausliegen hat.
Das Ganze funktioniert, läuft auch recht zügig ab und wird durch die Aktionskarten in Ansätzen planbar. Das Problem ist nur, dass man immer bestimmte Karten benötigt und auf die muss man warten und warten. So Funken übersprühend, wie die grafische Gestaltung der Kartenrückseiten signalisiert, ist das ganze Spiel leider nicht. MONTANARA geht nicht wirklich in die Tiefe, besitzt wenig Spannung, ist eher leichte, glücksabhängige Kost. Wer das mag, der sollte das Spiel Probespielen, um letztlich eine Kaufentscheidung zu treffen.
Titel: MONTANARA
Autor: Jog Kong
Verlag: Abacus
Spieler: 2
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 12 Euro
Spiel 14/2005 R83/2021
Die Rezension erschien 2005 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 5 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächsten Monat wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Jong Kong (korrekt: Jog Kong) stammt aus Taiwan. BGG verzeichnet 16 Spielentwicklungen. MONTANARA war erst seine zweite Veröffentlichung.
Aktuell ist im letzten Jahr sein RETTET DIE EISBÄREN im Kobold Verlag erschienen. Recht bekannt ist auch sein CAT TOWN, das 2016 bei TWOPLUS Games herausgekommen ist.
Die Grafik zum Spiel stammte von Guido Hoffmann, der 2005 als Autor und Grafiker den Deutschen Kinderspielepreis für AKABA (Haba) gewann.
Sonntag, 30. Mai 2021
ROBIN HOOD
SAMMELSURIUM
Pelikan Buchkassetten: ROBIN HOOD
Die bei Spielesammlern bekanntesten Spiele aus dem Pelikan Verlag sind die Buchkassetten, die zwischen 1974 und 1976 erschienen sind. Die ursprünglich nur für Tinten und Farben bekannte Firma aus Hannover mit dem Wappentier Pelikan, war ab den 30er Jahren die wesentliche Firma in Deutschland für Füllfederhalter. Die Erfolge führten in den 70er Jahren zu einer großen Erweiterung der Produktpalette. Neben Spielen kamen Drucker, Projektoren, sogar Kosmetik ins Sortiment der Firma. TKKG wurde von Pelikan ursprünglich entwickelt. Die Expansion ließ die inzwischen von der GmbH zur AG gewordene Firma straucheln. 1984 wurde sie von der Condorpart AG in der Schweiz übernommen, die die Spieleproduktion nicht fortführte. Inzwischen gehört Pelikan dem malaysischen Unternehmen Goodace, das nunmehr als Pelikan International Corporation Berhad firmiert.
18 Spiele in Buchkassetten sind in den 70er Jahren erschienen. Die Spiele waren kleiner als die der Konkurrenz. Ihr quadratisches Format (19x19 cm) wirkte sich auch auf die Spielfeldgröße aus, das geklappt die vierfache Schachtelgröße ergab, oft aber auch nur aus einem Kunststoffbrett eben der Größe bestand.
Pelikan griff teilweise auf renommierte Autoren zurück wie Alex Randolph und Eric Solomon. Bei firmeneigenen Entwicklungen arbeitete die Redaktion mit Pseudonymen. Das Pferderennspiel FINISH wurde so einem E. Siena zugeschrieben, GLOBETROTTER hat angeblich ein R. F. Pleuna erfunden und DIAMANT ein A. Steyn.
Wie in der E-Serie von F.X. Schmid tritt auch bei Pelikan der Spielekritiker Eugen Oker als Serienbegleiter auf, aber auf eine anregende Weise einstimmend. Einleitende Kurzgeschichten führen zu manchen Spielen, wie der Verlag selbst sagt, meist „frei erfunden, zum Teil wahr“. Eugen Oker „wolle ja nicht bloß Einleitungen schreiben, sondern Vorspiele und Einstimmungen.“ Auch an den Regeln der Pelikanspiele soll Oker beteiligt gewesen sein.
ROBIN HOOD
Michael Menzels gleichnamiges Spiel hat 2021 Chancen auf den Titel Spiel des Jahres, kein geringerer als Alex Randolph hat sich 1976 ebenfalls diesem Thema angenommen. Soviel darf vorweggenommen werden, hätte es einen ähnlichen Preis in den 70ern schon gegeben, für dieses Spiel hätte ihn Alex Randolph nicht gewonnen.
Randolphs idee beruht auf unterschiedlich langen gewundenen Wegen, die auf vier doppelseitigen Spielplänen durch Sherwood Forest führen. Das jeweilige Anlegen neuer Pläne kann dabei den weg verkürzen oder verlängern. Alle starten von einer Wegetafel aus und legen sich dabei mit ihrer Robin Hood-Figur auf einen Pfad fest, der exakt weiter verfolgt werden muss.
Das Ziel des Spieles ist es, als erster mit seiner Robin Hood Spielfigur den Sherwood Forest zu durchqueren. Da kann es schon sehr ungerecht zugehen, da die Wege zwischen sechs und 15 Felder lang sind. In der Startsituation sind sie meist zwischen sechs oder acht Feldern lang, es gibt aber stets den einen extrem langen Pfad, der einen schon auf der zweiten Waldtafel treffen kann. Da ist man schnell abgehängt. Ausgesetzt sind alle dem Würfelglück, so kommt ein neuer Waldplan nur, wenn eine „6“ gewürfelt wird. In diesem Fall dürfen auch vorhandene und nicht schon betretene Pläne gedreht werden. Schließlich kann man die Strecke auch über vier Waldteile hinweg verlängern, wenn man schon durchlaufene Waldstücke einfach ans Ende legt. Wer den letzten Spielplan als erster verlässt, gewinnt das Spiel.
Einen großen Vorteil haben die Spieler, die mit der „6“ gute Passungen für ihre Wege finden. Da die Pläne gewendet und gedreht werden können, gibt es stets günstige Fortsetzungen. Wirklich anspruchsvoll ist diese Idee Alex Randolphs nicht. Kinder kennen die Fadenspiele, bei denen man Ende und Anfang in einem Schnurgewirr finden muss. Die finden die Idee mit den Pfadfortsetzungen ganz amüsant. Das war’s dann aber schon. Diese Würfelabhängigkeit ist heute nicht mehr zeitgemäß. Das Material ist in Ordnung, Spielfiguren, bunte Würfel und Spielpläne sind funktional. Für Sammler eine Rarität, für Spieler nicht wirklich interessant.
Titel: ROBIN HOOD
Autor: Alex Randolph
Grafik: o.A.
Verlag: Pelikan
Spielerzahl: 2-4
Alter: ab 5 Jahren
Spieldauer: ca. 20 - 30 Minuten
Preis: ca. 50 DM
Wertung: Nächsten Monat wieder
Sammelsurium 22 - S22/2021
Montag, 3. Mai 2021
HISPANIOLA
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
HISPANIOLA
Wolfgang Panning hat es im Jahr 2000 mit PORT ROYAL bis auf die Auswahlliste für das „Spiel des Jahres“ geschafft genauso wie Frederick Herschler zwei Jahre zuvor, als er mit dem Spiel CANYON ausgezeichnet wurde. Beide Spiele haben eine Gemeinsamkeit, ihnen gelingt es auf überzeugende Weise ein Stichkartenspiel mit Brettspielatmosphäre umzusetzen.
Das versucht seit Oktober 2004 auch Michael Schacht, ein Autor, der schon mehrfach auf der Auswahlliste für das „Spiel des Jahres“ mit guten Karten- und Brettspielen war.
Sein bei Pro Ludo erschienenes Kartenbrettspiel HISPANIOLA ist von der Grundstruktur her ein klassisches Stichspiel für drei bis fünf Spieler. 75 Karten mit Werten von 1 bis 15 in fünf Farben sind maximal im Spiel. Je nach Spielerzahl werden die sich im Spiel befindlichen Werte verringert, so dass jeder immer 15 Karten auf der Hand hat. Am Spielanfang wird eine Trumpffarbe bestimmt. Dazu legt jeder Spieler verdeckt eine Karte ab, die höchste Karte bestimmt den Trumpf der Spielrunde. Die gelegten Karten sind aus dem Spiel. Die nächsten vierzehn Spielrunden verlaufen – bis auf eine kleine Ausnahme - nach dem klassischen Schema: Der ausspielende Spieler bestimmt mit einer angespielten Farbe die Stichrunde, es muss bedient, es darf gestochen werden. Wer nicht bedienen kann, hat allerdings die Möglichkeit durch Legen der höchsten Karte in einer anderen Farbe den Stich zu machen. Das Spielziel unterscheidet sich auch vom normalen Stichspiel. Es gewinnt nicht der, der die meisten oder wertvollsten Stiche macht, im Gegenteil, der Spieler, der am Ende die meisten Karten vor sich hat, wird sogar bestraft. Es gewinnt der, der am geschicktesten die Punktmöglichkeiten des Spielplans für sich ausnutzt.
Stellen wir uns das Kartenduell unter Piraten in der Karibik vor, zehn Spießgesellen in Form kleiner Holzchips hat jeder Spieler vor sich liegen. Auf dem Spielplan finden wir sechs Schiffe, fünf, die den jeweiligen Kartenspielfarben zugeordnet sind, und ein sechstes neutrales Boot. Auf den Schiffen sind jeweils drei Positionen zu vergeben, die zentrale des Kapitäns, der links und rechts noch zwei Seeleute an Bord duldet. Sollten sich mehr Personen auf das Schiff wagen, landen sie im Wasser und müssen sich mühsam über vier unwirtliche Inseln bis zu einem rettenden Floß durchkämpfen, um dann endlich wieder für Schiffseinsätze zur Verfügung zu stehen. Der Gewinner einer Stichrunde darf einen seiner Holzpiraten auf das Schiff der angespielten Farbe legen, natürlich erst einmal auf die Position des Kapitäns. Sobald in einem Stich mindestens drei Kartenfarben liegen, muss das neutrale Schiff geentert werden. Spätere Stiche führen dann zur schon beschriebenen Verdrängung bis zum Inselhopping. Nach dem letzten Stich erfolgt die Abrechnung, bei der alle Piraten auf Kapitänsposition 5 Punkte bringen, die noch am Bord befindlichen Seeleute erhöhen das Punktekonto immerhin um einen Punkt. Minuspunkte kassieren die Piraten auf den Inseln. Minuspunkte gibt es aber auch für Spieler, die besonders viele Stichkarten gesammelt haben. Der Spieler mit den meisten Karten erhält vier Punkte abgezogen, der nächstfolgende zwei Punkte. Das können dabei durchaus Spieler sein, die gar nicht so viel Stiche gewonnen haben, da der Autor nach jedem Stichgewinn ein Weiterschieben des Stichstapels zulässt. Die Spielerzahl legt die Anzahl der Spielpartien fest, die Mindestrunde beträgt danach drei bis fünf Spiele. Wer dann am Ende die meisten Pluspunkte hat, gewinnt HISPANIOLA.
An die beiden erfolgreichen Kartenbrettspielvorgänger PORT ROYAL und CANYON reicht Michael Schachts HISPANIOLA bei weitem nicht heran. Die meisten Runden verlaufen unbefriedigend, meist hat man das Gefühl, dass man nicht spielt, sondern gespielt wird. HISPANIOLA gaukelt Einflussmöglichkeiten vor, die es aber überhaupt nicht besitzt. Das liegt an den retardierenden Elementen, nicht die ersten Stiche sind entscheidend, sondern die letzten. Damit werden starke Blätter zusätzlich belohnt, mit ihnen holt man sich die Kapitäne, mit ihnen schiebt man auch die Stichhaufen weiter. Wobei die Kartenschieberei besonders unsinnig ist. Auf diese Negativwertung hätte Schacht ruhig ganz verzichten können, es reichen doch schon die Minuspunkte von den Inseln.
HISPANIOLA hinterlässt insgesamt den Eindruck, dass das Spiel noch nicht ganz ausgereift ist, ein Schnellschuss, der die sonst klare Linie der Schacht-Spiele vermissen lässt.
Titel: HISPANIOLA
Autor: Michael Schacht
Grafik: Ségur
Verlag: Pro Ludo
Spieler: 3-5
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 40 Minuten
Preis: ca. 14 €
Spiel 12/2005 R74/2021
Die Rezension erschien 2005 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 4 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächsten Monat wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der 56jährige Michael Schacht ist gelernter Grafiker, in diesem Beruf hat er auch bis 2005 gearbeitet, bevor er sich entschied, vom Spieleerfinden zu leben. Inzwischen gehört er hinter Kramer, Kiesling und Knizia zur erfolgreichen zweiten Garde der deutschen Spieleautoren und kann rund 200 Veröffentlichungen vorweisen.
Wichtig war für seine Autorenkarriere der Hippodice Autorenwettbewerb, darüber gelangten Spiele wie TAXI (Spiel im Heft, 1992) und CHARTS (Piatnik,1996) zur Veröffentlichung. Den Wettbewerb 1998 gewann er mit KONTOR. Mit der Umsetzung durch Goldsieber gelangte Schacht 1999 erstmalig auf die Auswahlliste für das Spiel des Jahres, das er dann 2007 für ZOOLORETTO gewann.
„Spiele aus Timbuktu“ war ein Eigenverlag des Autors, in dem er preiswerte Bastelpackungen von Spielideen in Kleinstauflage anbot, außerdem viele Erweiterungen zu COLORETTO und ZOOLORETTO.
Das Bild zeigt den Autor 2004 auf dem Autorentreffen in Göttingen.
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