
Fürstlicher Machtkampf: IL PRINCIPE
Nach OLTRE MARE, dem erfolgreichen selbst verlegten zweiten Spiel von Emanuele Ornella, hat sich Amigo auch die Rechte des Nachfolgerspiels IL PRINCIPE verschafft. Der Mittelmeerhandel wird ersetzt durch einen vielschichtigen Machtkampf machiavellistischer Potentaten während der italienischen Renaissance. Rund um das Florenz der Medici agieren zwei bis fünf jugendliche oder erwachsene Fürsten, die die oberitalienischen Städte ausbauen und um politische und kulturelle Ämter kämpfen. Da streiten sich die Gonzaga aus Mantua mit den Carraresi aus Padua oder die Herzöge aus der Familie D’Este aus Ferrara mit den Visconti aus Mailand. Eine dieser Familien übernimmt jeder Spieler. Ausgestattet mit 12 Familienwappen und läppischen fünf Dukaten Startkapital starten die Spieler zu einem meist einstündigen anspruchsvollen Wettkampf.
Das Spiel läuft in vierphasigen Runden ab, die einem festen Ablauf unterworfen sind. Am Anfang bekommen die Spieler fünf Dukaten und ziehen vier Gebäudekarten, das können Universitäten, Kathedralen, Rathäuser, Schlösser oder Marktplätze sein. Zwei Karten müssen dann für die zweite Phase für eine Versteigerung zur Verfügung gestellt werden. Diese werden nach Anzahl geordnet und getrennt versteigert. Der Gewinner wird neuer Startspieler und darf sofort eine Stadt bauen, sofern er die Bedingungen für eine der vier ausliegenden Städtekarten erfüllt. Diese Stadtbaumöglichkeit gibt es auch in der dritten Spielphase, in der man alternativ auch Gebäudekarten einer Farbe auslegen darf.
Städtebaulich sind stets mehrere Gebäude gefordert und zusätzlich noch eine Geldinvestition. Wenn die Medici nach Florenz wollen, kostet sie das fünf Dukaten, zwei Universitätskarten und je ein Rathaus, Schloss und einen Marktplatz. Dafür dürfen sie aber zwei Wappen in an Florenz angrenzende Regionen ablegen und es gibt acht Siegpunkte, die auf der Siegpunktleiste angezeigt werden. Vom Städtebau können auch die Mitspieler profitieren, wenn sie über bestimmte Rollenkarten verfügen, die stets in der vierten Phase immer wieder neu zur Verteilung kommen. Für jede Gebäudeart gibt es Haupt- und Nebenrollen. So wird den Rathäusern die Hauptrolle des Magistrats und die Nebenrolle des Notars zugeordnet. Werden entsprechende Gebäude beim Städtebau benötigt, gibt es für die Hauptrolle zwei Siegpunkte und die Nebenrolle einen Punkt. Die Zuteilung dieser Rollenkarten folgt dem Mehrheitsprinzip ausliegender Gebäudekarten, bei Gleichstand muss um die Rollenkarten geboten werden. Nachteil der Hauptrolle ist dabei, dass sofort die Hälfte der Gebäude der entsprechenden Farbe aufgerundet umgedreht werden muss. Wer mit drei Karten gewinnt, verliert damit vorläufig zwei Karten. Mit jeder Rollenkarte ist eine bestimmte Fähigkeit verknüpft, die sofort genutzt werden kann. So gibt es Dukaten, Siegpunkte, Gebäudekarten, man kann aber auch verdeckte Karten umdrehen oder ein Wappen in eine beliebige Region legen.
Das Spiel endet entweder, wenn zu Beginn einer neuen Runde keine vier Stadtkarten mehr zur Verfügung stehen, oder wenn die Anzahl der Gebäudekarten für das Ziehen in der ersten Phase nicht ausreicht. Im ersten Fall endet das Spiel sofort, im zweiten Fall gibt es noch das obligatorische Rundengeld, aber keine Gebäude. Für die Versteigerung in Phase 2 werden die notwendigen Gebäude dann vom Reststapel gezogen und die Runde wird zu Ende gespielt. Sollten diese Karten auch nicht ausreichen, endet das Spiel natürlich vorher. In jedem Fall kommt es noch zu einer Schlusswertung, in der die Siegpunkte für Mehrheitsverhältnisse der Wappen in den sechs Regionen von besonderer Bedeutung sind. Wer die Mehrheit hat, erhält fünf Punkte, der zweite Platz bringt noch zwei Punkte. Außerdem gibt es noch weitere Punkte für die Rollenkarten, für fünffarbige Sets von Gebäudekarten, wobei hier auch verdeckte Karten mit gewertet werden dürfen, Siegpunkte für die meisten Dukaten und die meisten Handkarten.
Trotz seiner vielschichtigen Vernetzung ist IL PRINCIPE kein kompliziertes Spiel. Der Ablauf der Spielphasen ist schnell verstanden, nur die Verteilung der Rollenkarten und die Nutzung der jeweiligen Sondereffekte erscheint etwas aufwändig. Spätestens nach dem ersten Eingewöhnungsspiel, läuft alles zügig und schnell im Stundenrhythmus ab. Dabei muss man die Siegpunktskala stets im Blick behalten. Einerseits werden die Punkte nämlich sehr kleinschrittig gesammelt, das ist auch am Ende so, andererseits sollte man deshalb besonders die großen Wertungen beim Städtebau und bei den Wappen in den Regionen nicht vergessen.
Beim Kampf um die Rollenkarten sind Marktplätze und Schlösser besonders zu beachten, da sie Wappenablage und Geld bringen. Die Privilegien erhält man ebenfalls aus der zweiten Position, die zudem keinen Kartenverlust bringt. Auch das ist spieltaktisch zu berücksichtigen, wobei man immer daran denken muss, dass leider in dieser Phase wieder Geld im Versteigerungsfall benötigt wird. Im Zeitalter der Renaissance haben die Adelsvertreter der im Spiel vertretenen Familien mit Geld nur so um sich geworfen, das funktioniert im Spiel leider nicht. Im Geldbeutel herrscht Ebbe. Mit dem Problem haben aber alle zu kämpfen, Meister Schmalhans greift allen in die Taschen. Wer es etwas großzügiger haben möchte, kann die Spielvariante nutzen, bei der es zehn Startdukaten und sechs Rundentaler gibt. Aber auch das relativiert sich durch die Versteigerungsrunden. Amigo hat das Mehrheitenspiel gut umgesetzt und bietet es äußerst preisgünstig an, so dass es nur heißen kann: Unbedingte Kaufempfehlung!
Titel: IL PRINCIPE
Autor: Emanuele Ornella
Verlag: Amigo
Spieler: 2- 5
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: ca. 90 Minuten
Spiel 11/2007 1996 R176/2021
Die Rezension erschien 2007 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 8 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und dem Autor:
Der in Padua lebende 49jährige Italiener Emanuele Ornella ist Spieleerfinder und Softwareentwickler. Seine Autorentätigkeit startete er im Eigenverlag Mind the Move 2003 mit FANTASY PUB, es folgten die erfolgreichen Spiele OLTRE MARE (2004) und IL PRINCIPE (2005), die beide Amigo in Deutschland lokalisierte.
Erfolgreich war Ornella außerdem mit dem Kartenspiel BYZANZ (Amigo, 2008), mit dem er auf dem zweiten Platz beim kartenspielpreis der Fairplay landete. Für PIONEERS (Queen Games 2017) zeichnete ihn die Jury Spiel des Jahres mit einem Platz auf der Empfehlungsliste 2018 aus.
IL PRINCIPE wird mit über 1200 Wertungen mit einer Note von 6,4 auf Rang 3168 im BGG-Ranking (Stand 01.10.21) geführt.