
Vor knapp zwei Monaten ist der schottische Autor William McIlvanney achtzigjährig gestorben. Kurz vor seinem Tod ist der letzte seiner zwischen 1977 und 1991 veröffentlichten drei Kriminalromane um den Glasgower Polizisten Jack Laidlaw auf Deutsch erschienen: FREMDE TREUE.
Im dritten Teil spürt Laidlaw der Verzweiflung über den Tod seines Bruders nach, der betrunken von einem Fahrzeug erfasst wurde. Laidlaw wacht seitdem auch nur noch „mit Rodeo im Kopf“ auf und begibt sich auf den Weg nach Graithnock zu einer sehr persönlichen Ermittlung, die zu Abgründen führt, die sich kaum von denen der Unterwelt Glasgows unterscheiden.
Laidlaws Bruder war Kunsterzieher an einer Schule in Graithnock, seine Bilder geben Rätsel auf, insbesondere der Mann im grünen Mantel, über den niemand etwas sagen will. Laidlaws Privatermittlungen weisen Verbindungen zu einem aktuellen Fall in Glasgow auf, den seine Kollegen verfolgen. Am Ende kann Vieles geklärt werden, aber Laidlaw bleibt desillusioniert zurück. Schuldig sind irgendwie alle, auch er, aber „immer, wenn man glaubt, man sei schon tot, kitzelt einen das Leben an den Füßen.“
Obwohl FREMDE TREUE aus der handylosen Zeit Anfang der 90er Jahre stammt, ist es mit seinen moralischen und gesellschaftlichen Implikationen nicht aus der Zeit gefallen. Es gibt kein Gut und Böse, kein Schwarz und Weiß und auch der grüne Mantel kann braun gewesen sein und der aller schlimmste Verbrecher ein liebevoller Vater. McIlvanneys sprachgewaltige Romane sind Sozialstudien der Thatcher-Ära, durchgehalten werden muss trotzdem, „egal welch tragische Oper sich sonst noch im Kopf abspielt.“
Wertung: *****
Titel: FREMDE TREUE
Verlag: Antje Kunstmann
Autor: William McIlvanney
Seiten: 349 Seiten
Preis: 19,95 Euro