Ostfriesenschwur Foto heo
Nach dem etwas überdrehten neunten Fall von Klaus-Peter Wolf läuft er mit seinem Jubiläumsband wieder zu Höchstform auf. Er packt alles hinein, was sich seine Leser wünschen: Die klassische Mannschaft um den alten Chef Ubbo Heide, das gesamte Ostfriesland mit seiner Inselwelt, den Perspektivenwechsel, der immer auch eine personale Sicht auf den Täter enthält, sodass wir Leser den Ermittlern gegenüber stets einen Schritt voraus sind, die kulinarischen Ausflüge in die ostfriesische Gastronomie und stets das Augenzwinkern, das den meisten Akteuren Lebensnähe einhaucht.
Der Fall könnte dramatischer nicht sein: Der pensionierte und im Rollstuhl sitzende ehemalige Chef von Klaasen & Co. wird von abgetrennten Köpfen überrollt, postalisch auf Wangerooge, und in direkter Lieferung in seinen Kofferraum auf einem Parkplatz in Harlesiel. Schnell wird klar, beide Toten stehen in direktem Zusammenhang mit seinem Bestseller über ungelöste Fälle, bei denen oft die Justiz andere Entscheidungen traf, als Ubbo Heide sich erhoffte. Der Täter wandelt auf seinen Spuren, schafft scheinbar neue Gerechtigkeit jenseits juristischer Maßstäbe, sieht sich als Erfüllungsgehilfen Heides. Nicht nur das, er scheint alles zu wissen, sogar in die Zukunft blicken zu können und erledigt einen Fall aus Heides noch unveröffentlichtem zweiten Buch. Heide, sein Nachfolger Büscher, Klaasen, Weller und Macho Rupert, der sich am besten mit Overbeck aus der Wilsberg-Reihe vergleichen lässt, hecheln über hunderte von Seiten dem Täter hinterher. Da hilft auch Ann Kathrin Klaasens untrügliches Gespür wenig, sie tritt fast hinter der Teamleistung dieser Geschichte etwas zurück.
Natürlich bringt Klaus-Peter Wolf auch diesen Fall wieder zur Aufklärung, wie auch Hans-Jürgen Bremer, der echte Leiter der Polizeiinspektion Aurich/Wittmund im Nachwort schreibt: „Die Krimis enden immer mit einem Aufklärungserfolg!“ Und das sei auch für seine Inspektion in Bezug auf Mord- und Totschlagsdelikte authentisch. Wobei die Schlusswendung bei Wolf für den Leser, der scheinbar immer auf Augenhöhe mit den Täterhandlungen ist, doch noch einige Überraschungen bereithält. Wenn für Wolf Schluss ist, beginnen für Bremer Büro- und Schreibarbeiten im Rahmen der Aufarbeitung des Mordes. So ein bisschen davon hätte ich mir am Ende auch von Klaus-Peter Wolf gewünscht, um den Täter nicht nur aus seiner personalen Perspektive zu erleben, sondern auch aus einer aufklärenden auktorialen Sichtweise. Auch wenn Fragen offenbleiben, mit diesem Jubiläumsband hat Klaus-Peter Wolf ein kleines Meisterstück abgeliefert.
Wertung: *****
Titel: Ostfriesenschwur
Verlag: Fischer
Autor: Klaus-Peter Wolf
Seiten: 527 Seiten
Preis: 9,99 Euro