Dienstag, 14. Juni 2016
PANDEMIC LEGACY
Seit Juli 2014 lebt Matt Leacock ausschließlich vom Spieleerfinden. Der Amerikaner wohnt mit seiner Frau und seinen beiden Kindern im Zentrum des Silicon Valley, dort hat er auch vor 2014 mit Arbeiten für Sococo, Yahoo!, AOL, Netscape und Apple einen Großteil seines Geldes verdient. Leacock ist ein Teamplayer, bekannt gemacht haben ihn vor allem kooperative Spiele wie PANDEMIE, DIE VERBOTENE INSEL und DIE VEGESSENE STADT. Vor allem der PANDEMIC-Virus pflanzt sich in gut der Hälfte seiner Spielentwicklungen fort. Das Schöne daran, dieser Virus muss nicht bekämpft, er darf gespielt werden.
Sein Partner, Rob Daviau, aus Massachusetts hat fast 15 Jahre lang Spiele für Hasbro entwickelt. Da saß er dann an der 113. TRIVIAL PURSUIT-Variante, hat MONOPOLY- und RISIKO-Welten bedient und dabei auch das LEGACY-Prinzip entwickelt. Seit drei Jahren arbeitet er selbständig vor allem vom LEGACY-Virus infiziert. Daviaus Grundidee geht von einem sich ständig entwickelnden, ständig verändernden Brettspiel aus, indem es (so gut wie keinen) Reset-Knopf gibt, sondern alle Entscheidungen Folgewirkungen für die nächsten Spielrunden haben.
Wenn zwei derartig angesteckte, entflammte Autoren aufeinandertreffen, ihre beiden Grundideen miteinander vermischen, dann entsteht ein neuer Virus, der sich global rasend schnell ausgebreitet hat. Ihr PANDEMIC LEGACY SEASON 1 hat innerhalb kürzester Zeit mit fast 10.000 Bewertungen das lange führende TWILIGHT STRUGGLE vom ersten Platz der BGG-Liste verdrängt.
Rund um den Globus sind alle begeistert. Die Franzosen, die Italiener und die Deutschen würdigen die kreative Leistung der beiden Autoren und viele, viele Preise werden noch folgen. Dabei wird von den Spielern einiges abverlangt. Der Wiedererkennungswert an PANDEMIE ist erst einmal groß. Wieder müssen für vier gefährliche Seuchen möglichst schnell von Wissenschaftlern und Forschern Heilmittel entwickelt werden, die meist erfolgreich in den Forschungszentren arbeiten, wenn sie logistische Unterstützung haben. Da sind aber ständig neue Hürden im Weg, der über 12 Monate hinweg möglichst mit gleicher Mannschaft begangen wird. Spielästheten graut es, wenn schon nach zehn Spielminuten die Aufforderung erfolgt, eine Spielkarte zu zerreißen, weil sie nicht mehr gebraucht wird. Da werden Spielplan und Spielregel beklebt, da werden Geheimdosiers wie Adventskalender geöffnet, oft mehrfach hintereinander, sodass man das Gefühl hat, eine ganze Woche nachzuholen, die großen Überraschungen stecken dann noch in kleinen Päckchen, sodass man sich wie unter dem Weihnachtsbaum fühlt. Aus dem Allerweltspiel, das demnächst vielleicht eine Million Mal auf den Spieltischen liegt, wird ganz schnell ein sehr individuelles auf die Spielgruppenerfahrungen zugeschnittenes Unikat, das am Ende dann aber in der Mülltonne verschwinden kann, denn es ist nicht mehr spielbar. Da existieren Logistiker und Forscherin nur noch als Papierschnipsel, da sind Städte zugrunde gegangen oder zerstört. Diese Dezemberwelt hat nichts mehr mit der vom Januar zu tun.
Leacock und Daviau nehmen ihre Akteure wie in einer Filmserie á la „Game of Thrones“ gefangen. Das Schöne an diesem erzählerischen Ansatz ist, dass die Spieler die fesselnd erzählte Geschichte stets selbst miterleben und mitgestalten. So gesehen ist nach ca. 18 Spielen (jeder Monat darf maximal zweimal gespielt werden) zwar Schluss, aber vergleichbare Spielerlebnisse findet man sonst nirgends. Wie bei den Filmserien werden SEASON 2 und 3 folgen und die Zahl der wartenden Seuchenbekämpfer wächst weiter an. „Das eh schon grandiose PANDEMIE wird nun zum Meisterwerk“, meint die Jury „Spiel des Jahres“, das gilt natürlich auch für das LEGACY-Prinzip. Hier ist symbiotisch etwas entstanden, was unbedingt zusammengehören sollte.
Wertung: Jederzeit wieder
Titel: PANDEMIC LEGACY
Autoren: Matt Leacock, Rob Daviau
Verlag: Z-Man Games/ Asmodee
Alter: ab 14 Jahren
Spielerzahl: 2-4 Spieler
Spielzeit: ca. 40 Min.
Preis: ca. 45 Euro
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