Sonntag, 18. Februar 2018
DRAGONWOOD
Im Grenzbereich von Kinder- und Familienspiel bewegt sich DRAGONWOOD, eine kleine Spieleperle, die Rolf Mutter für den Schweizer Verlag Game Factory entdeckt hat. Das Spiel von Darren Kisgen ist vor drei Jahren bei Gamewright erschienen. Für den Bostoner Wirtschaftsprofessor Kisgen war es die erste Spieleveröffentlichung.
DRAGONWOOD liefert thematisch und spielerisch Hausmannskost, die aber Chris Beatrice grafisch schmackhaft verpackt hat. Das Drumherum ist Standard, die Mischung kommt trotzdem gut an. Abenteurer bewegen sich im Zauberwald von DRAGONWOOD. Dort begegnen sie Kobolden, Wölfen, Riesenspinnen und zwei Drachen. Sind diese besiegt, endet in der Regel das Spiel. Für die Auseinandersetzung hat sich Kisgen eine Mischung aus Kartensammlung und Würfelkampf ausgedacht.
Wer am Zug ist, zieht eine Abenteurerkarte oder er kämpft. Die Karten können nach Farbe, Zahl oder Reihenfolge kombiniert werden. Die spezifische Sammlung wird einer Kampfart wie Schlag oder Tritt zugeordnet. Die einzelnen Kreaturen haben in den Bereichen zum Teil unterschiedlich Werte. Wer eine Kartenkombi auslegt, erhält entsprechend der Kartenzahl Würfel, mit denen der Kampfwert der Kreatur übertroffen werden muss. Das reicht vom Spinnenwesen, für das meist drei Kampfpunkte ausreichen, bis zum Drachen, der bis zu 15 Punkten braucht. Dafür bekommen die Spieler für eine Spinne aber auch nur einen Siegpunkt, der wehrhafte Feuerdrache bringt sieben Punkte. Die Spezialwürfel enden allerdings schon mit der „4“, haben aber die mittleren Zahlenwerte doppelt, sodass im Schnitt ein Ergebnis von 2,5 erzielt werden kann. Aber wann würfelt man schon den Durchschnittswert? Gefühlsmäßig schwankt das stets zwischen totaler Niete und völliger Überbezahlung.
Unter den Begegnungskarten sind nicht nur Kreaturen, sondern auch Ereignisse und wichtige Verstärkungen. Wem es gelingt, den "dunklen Umhang" zu ergattern, der kommt dem Spielsieg deutlich näher, denn er darf sich in Zukunft stets zwei Punkte zu allen Wurfergebnissen hinzuaddieren. Andere Karten bringen zwei Bonuspunkte bei spezifischen Angriffen oder Einmalaktionen.
Das Kartensammeln verläuft zufällig, der Kampfwurf ist totales Glück, nur die Zahl der eingesetzten Würfel lässt eine Risikominimierung zu. Wer zweimal vergeblich würfelt, ist weg vom Fenster. Trotzdem flutscht das Spiel – große Begeisterung bei Grundschulkindern und auch Erwachsene lassen sich gerne auf die elegante Mischung aus Kartensammlung und Würfelduell ein.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: DRAGONWOOD
Autor: Darren Kisgen
Grafik/Design: Chris Beatrice
Verlag: Game Factory
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4 Spieler
Spielzeit: ca. 20 Min.
Preis: ca. 17 Euro
Spiel 16/2018
Mittwoch, 14. Februar 2018
WER WEISS DAS!?
Kerpen, Krefeld, Kempen – wer weiß schon, wo diese K-Städte in Nordrhein- Westfalen alle liegen. Nun ja, wer die Geschäftsstelle für das „Spiel des Jahres“ sucht, der muss nach Kerpen reisen, die Kolping-Stadt liegt westlich von Köln. Näher an Düsseldorf liegt Krefeld, vor allem bekannt durch das gleichnamige Mischgetränk aus Altbier und Cola. Bleibt Kempen, nicht dieser Ermittlungsort im Allgäu, da fehlt das ganz entscheidende Täter-T, sondern ein Örtchen unweit von Krefeld und Sitz eines Verlages, der sich mit solchen komischen Fragen beschäftigt, wie ich sie für meine Einleitung missbraucht habe.
Der Buchverlag moses., seit 1991 auf dem Markt, wollte anders als andere sein. Da gab es nicht nur Geschichten auf Buchseiten. Wenn etwas über Murmelspiele zu erzählen war, lieferten die Kempener Murmeln gleich mit. Ein Renner war schon in den 90ern dir Becherlupe zum Becherlupenbuch. POCKET-QUIZ und Krimigeschichten in den BLACK STORIES waren dann vor gut 15 Jahren der Türöffner für Spiele. Inzwischen darf moses. als der Spielverlag für Quizspiele bezeichnet werden, der den verrücktesten Fragen im KNEIPENQUIZ nachgeht, Unglaubliches in UMTATA entdeckt und auf die geniale Idee kommt, die Fragen einfach von den Mitspielern beantworten zu lassen.
Günter Burkhardt, der vor gut zehn Jahren schon MINDEN fand, ist auf die pfiffige Idee gekommen, die Fragen weiterzugeben. In WER WEISS DAS!? gibt es 200 Quizkarten mit jeweils sechs Fragen. Wer am Zug ist, wirft zwei Würfel. Ein schwarzer Würfel definiert eine Pflichtfrage, der grüne eine Bonusfrage, die restlichen Fragen werden je nach Spielerzahl mit einbezogen oder entfallen. Entscheidend ist das Wissen, das man den Mitspielern zutraut, denn allen muss eine Frage gestellt werden. Generell gibt es zwei Punkte für beide Beteiligten bei richtiger Antwort. Bei der Pflichtfrage können Minuspunkte kassiert werden, bei der Bonusfrage sogar doppelte Siegpunkte.
Die Fragen könnten origineller sein, der Schwierigkeitsgrad entspricht klassischen TRIVIAL PURSUIT-Niveau. Wer seine Fragen geschickt verteilt, profitiert vom Wissen aller, die an der Kooperation teilnehmen. Ergänzend macht auch die „Besserwisser-Variante“ Sinn, in der bei falschen Antworten, die Frage in die Runde gegeben werden kann, allerdings mit dem Abzugsrisiko wie bei der Pflichtfrage. Je größer die Runde, umso mehr Spaß macht das Quizspiel, da muss man auch an die etwas schwereren Fragen ran, die im Spiel zu dritt meist unter den Tisch fallen. WER WEISS DAS!? kommt nicht ganz an die Qualität vom KNEIPENQUIZ heran, ist aber eine schöne Ergänzung des Quizprogramms des moses.-Verlags aus dieser Stadt mit "K", westlich von MINDEN gelegen.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: WER WEISS DAS!?
Autor: Günter Burkhardt
Grafik/Design: Kreativbunker
Verlag: moses.
Alter: ab 12 Jahren
Spielerzahl: 3 - 7 Spieler
Spielzeit: ca. 40 Min.
Preis: ca. 20 Euro
Spiel 15/2018
Dienstag, 13. Februar 2018
FUCHS DU HAST DAS HUHN GESTOHLEN
Inka und Markus Brand haben zur Zeit einen Lauf. Nicht nur, dass sie mit RAJA OF THE GANGES ihr 100. Spiel veröffentlichen durften, sie surfen weiter auf der EXIT-Erfolgswelle und setzen Akzente mit dem Legacy-Spiel THE RISE OF QUEENSDALE bei Alea. Ihre ersten Erfolge hatten sie mit Kinderspielen und auch in dem Bereich mischen sie aktuell noch mit.
Mit FUCHS, DU HAST DAS HUHN GESTOHLEN hinken sie allerdings hinter der Ermittlungswelle Meister Reinekes etwas hinterher. Nach dem raffinierten Deduktionsspiel VERFUXT!, mit dem der Schweizer Verlag Game Factory 2017 auf der Empfehlungsliste der Kinderjury landete, überzeugt die Tätersuche in dem Pegasus-Spiel überhaupt nicht.
Die Brands setzen allerdings auch andere Prioritäten. Ihr Hühnerdieb sitzt in einem Fuchsbau mit ganz vielen Ausgängen. Jede Tür hat ein Schlüsselloch und kann entsprechend mit einem Schlüsselbund geöffnet werden. Der Haupteffekt besteht in dem geschickten Angeln mit dem an einer Kette hängenden Schlüssel nach der Tür, die aus ihren Angeln gehoben werden muss, damit wir an einen Fuchs rankommen. Die Angeldauer wird über einen würfelnden Mitspieler geregelt, der mittels häufig gewürfeltem Hahnsymbol die Öffnung zu verhindern versucht. Wer einen Fuchs ergattern kann, legt ihn vor sich aus und dreht auch die Türseite des Fuchsbaus um. Diese zeigt manchmal ein Tier, manchmal aber auch eine Handicap-Regelung für die nächste Runde, bei der dann die Schlüsselkette ganz lang ist, oder mit der linken Hand nach der Tür geangelt werden muss. Die Tiere geben die entscheidenden Tipps für den Täter, so beobachtet die Katze, ob der Hühnerdieb eine Brille oder keine auf hatte. Mit dem vierten Tier ist Schluss, die vier Merkmale definieren eindeutig den Hühnerdieb. Ein Kind könnte ihn nun erwischt haben, da aber oft noch Füchse im Bau sind, entkommt Meister Reineke manchmal.
Das Spielerlebnis bleibt zwiespältig. Der Geschicklichkeitsteil macht Kindern riesigen Spaß. Sie agieren schnell immer sicherer mit der Schlüssel-Angel und freuen sich über ihre Erfolgserlebnisse, das natürlich auch dann, wenn sie mit sehr glücklichem Würfeln eine Türöffnung verhindern konnten. Der eigentliche Kriminalfall bleibt aber auf der Strecke, da es nur eine zufällige Lösung gibt. Frustriert habe ich dann oft Kinder erlebt, die die meisten Füchse sammeln konnten, aber am Ende ohne Gewinn blieben.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: FUCHS DU HAST DAS HUHN GESTOHLEN
Autoren: Inka und Markus Brand
Grafik/Design: Anne Pätzke
Verlag: Pegasus
Alter: ab 5 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4 Spieler
Spielzeit: ca. 20 - 30 Min.
Preis: ca. 25 Euro
Spiel 14/2018
Montag, 12. Februar 2018
EMOJITO!
Überraschung, Ärger, Freude – einhundert Emotionen bieten uns Tiere, Pflanzen und Gegenstände im Stil der Pixar-Studios an. Der griechische Designer Tony Tzanoukakis hat großartige Arbeit bei der Kartengestaltung geleistet. EMOJITO!, das Spiel dazu, hat der Litauer Urtis Šulinskas aus einer Mischung von ACTIVITY und DIXIT gebastelt.
Wer sich gerne zum Affen macht und das mit EMOJITO! im wahrsten Sinne des Wortes, fühlt sich gut aufgehoben mit dem Spiel. Ich gehe meist auf Distanz bei solchen Spielen, mache einen Bogen um ACTIVITY, liebe aber trotzdem DIXIT.
Šulinskas Ansatz ist einfach. Der aktive Spieler zieht eine Karte und bietet diese der restlichen Gruppe mittels Mimik, Geräuschen oder einer entsprechenden Mischung dar. Nun fügt er sechs weitere Karten hinzu und legt diese um einem mit Zahlen gekennzeichneten Spielplan aus. Die Spieler stellen nun mit Hilfe einer Wählscheibe die vermutlich dargestellte Emotion ein. Je nach Spielvariante wandern Spielermarker für richtige Tipps auf dem Spielplan voran, entweder die aller Spieler oder im kooperativen Spiel, der der Gruppe gegen den des Spiels. EMOJITO! endet, wenn eine vorher festgelegte Trophäenzahl erreicht ist. Der Autor liebt anscheinend Varianz, fürs Grundspiel schlägt er Handicaps vor oder eine STILLE POST-Variante. Dann gibt es neben der kompetitiven Fassung zusätzlich noch eine für Teams, die sich mit 14 Spielern spielen lässt.
Meine Erfahrung mit Erwachsenen sind eher gemischt, Grundschulkinder fahren allerdings voll ab auf EMOJITO!. Im Grunde genommen spiegeln sie meist nur das Gezeigte, daher lieben sie eher die mimische Darstellung und unterdrücken den mimischen Teil auch dann nicht, wenn nur Geräusche verlangt werden. Da ist eine Grundfreude an der Bilderwelt vorhanden, die zumindest anfangs immer wieder zu Gelächter führt. Gewisse Redundanzen fallen aber auch bei den Kleinen auf. Trotzdem ist der Karteneinsatz in Grundschulen (sogar in Kindergärten) allein deshalb zu empfehlen, weil die Kartenwelt Tzanoukakis vielfältige Gesprächsanlässe über Gefühle bietet und damit einiges für emphatisches Verhalten getan werden kann.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: EMOJITO!
Autor: Urtis Šulinskas
Grafik/Design: Tony Tzanoukakis
Verlag: HUCH!
Alter: ab 7 Jahren
Spielerzahl: 2 - 14 Spieler
Spielzeit: ca. 30 Min.
Preis: ca. 20 Euro
Spiel 13/2018
DIE LEGENDE DES WENDIGO
Pfadfinderuniformen leisten das, was alle Uniformen schaffen: Konformität. Nur gut, dass die Krawatten sich häufig unterscheiden und die Kleinen aus der Eichhörnchen-Sippe dick und dünn sind und mit der Kopfbedeckung variieren. 32 Pfadfinder versammeln sich ums Feuer und lauschen Tom, dem Sippenführer. Er kennt die furchterregendsten Geschichten vom WENDIGO, einem gruseligem Wesen mit einem Herz aus Eis, das immer noch die aufsucht, die seinen Namen aussprechen. Und damit sind der kleine Stefan, Hauke und Christoph ebenso bedroht wie die wenigen Mädchen in der Gruppe. Sabine fürchtet sich ebenso wie Tina und Stefanie. Zum Gruselmonster WENDIGO kann jeder werden. Der heimliche Herr über die Sippe ist schon unter ihnen, in ihre Haut geschlüpft.
Christian Lemay, der vor 12 Jahren den kanadischen Verlag Scorpion Masqué gegründet hat, ist der Autor dieses atmosphärisch spannenden Kinderspiels. Er kommt mit ganz wenig Material aus, auf 32 runden Plättchen sind die Pfadfinder zu sehen, ein Figurenwirrwarr, in das man sich erst einfühlen muss. Ein WENDIGO-Spieler erhält den identischen Kartensatz, mit dem kleinen Unterschied allerdings, dass sich auf der Rückseite seiner Karten seine wahre Identität verbirgt. Zu Spielbeginn schließen alle ihre Augen, nur der WENDIGO tauscht eine Karte aus und befindet sich damit auf seiner Kapertour durchs Pfadfinderlager.
Dann beginnt das eigentliche Spiel jeweils in einer Nacht- und Tagphase, wie wir das aus den WERWOLF-Spielen kennen. Nachts schlägt der WENDIGO zu und schnappt sich einen Pfadfinder, er wandert dafür an dessen Stelle. Am Tag erörtern die Pfadfinder, was sich in der Auslage verändert hat, um den WENDIGO zu entlarven. Leider haben sie nur 45 Sekunden Zeit, um sich zu besprechen und ein Plättchen umzudrehen. Die ersten Runden bleibt das Monster in der Regel unentdeckt, die Gruppe hat aber fünf Runden Zeit, um WENDIGO zu finden, sodass durchaus eine Chance besteht, das Spiel zu gewinnen.
Die beidseitige Spannung, die sich im Spiel aufbaut, ist in jeder Runde zu spüren. Der WENDIGO zittert genauso vor seiner Enttarnung wie der Rest der Gruppe diese ersehnt. Geübte WENDIGO-Spieler entwickeln Beobachtungs-Strategien, die dem Monster das Leben ganz schön schwer machen. Trotzdem beugen sich alle mit anhaltender Begeisterung über die 32 kleinen Pfadfinder und diskutieren ihre Lage. Mich stört nur die etwas knapp bemessene Sanduhrzeit, die etwas ältere Kinder vom Diskutieren abhält. Spielen Fünfjährige mit, sollte unbedingt die Wölflings-Variante zum Zug kommen, in der der WENDIGO nach jedem falschen Rateversuch einen Tipp gibt, der die Suche erleichtert. Erneut eine überzeugende MEMO-Variante, die es versteht, Kinder in den Sog einer spannenden Geschichte zu ziehen.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: DIE LEGENDE DES WENDIGO
Autor: Christian Lemay
Grafik/Design: Nikao
Verlag: Asmodee / Scorpion Masqué
Alter: ab 6 Jahren
Spielerzahl: 2 - 6 Spieler
Spielzeit: ca. 5 - 10 Min.
Preis: ca. 20 Euro
Spiel 12/2018
Sonntag, 11. Februar 2018
BURG KLETTERFROSCH
Die Bandbreite bei Haba ist riesig, da gibt es ganz kleine Spiele in Mini-Dosen und die überdimensionalen Aufbauten. Schon im Herbst wussten die Bad Rodacher mit RHINO HERO SUPER BATTLE (vgl. meine Besprechung in der spielbox Heft 6/2017, S. 46) zu überzeugen. 2018 legen sie mit BURG KLETTERFROSCH nach.
Gunter Baars und Markus Nikisch mischen in ihrer Märchenadaption das Prinzip eines altbekannten Geschicklichkeits-spiels mit dem klassischen MEMO-Prinzip. Herauskommt ein spannendes Spiel in der dritten Dimension, das für Kinder ab fünf Jahren eine beachtliche Herausforderung darstellt.
Ähnlich wie bei den LABYRINTH-Spielen muss beim Vorläufer vom KLETTERFROSCH eine Kugel allerdings in der Schräge an Löchern vorbei mit Hilfe von zwei Schnüren über einen vorgegebenen Weg balanciert werden. Die Spiele gibt es zur Zeit als KLETTERPFAD oder EIGER NORDWAND in Holzfassung zu kaufen. Den beiden Autoren ist zu verdanken, dass sie nicht nur den Geschicklichkeitsaspekt nutzen, sondern das Ganze in eine schöne Geschichte einbinden. Der Holzaufbau wird durch stabile Pappe ersetzt. Wir blicken auf eine märchenhafte Burg, in der nicht nur eine Prinzessin eine Kugel verliert, sondern der Magier seine Kristallkugel und der Kanonier seine Kanonenkugel. Wie beim Märchen Froschkönig bringt der Frosch zwar nicht aus einem Brunnen, aber aus seinem Seerosenteich die gesuchten Kugeln zurück.
Alles wäre ganz einfach, wenn wir wüssten, hinter welchem der neun geschlossenen Burgfenster Prinzessin oder Magier vorübergehend hausen. Der MEMO-Teil von BURG KLETTER-FROSCH ist zumindest für Eltern und Großeltern eine größere Herausforderung als das Manövrieren mit dem Kugelfrosch. Eine Suchkarte wird aufgedeckt und reihum klappen alle ein Burgfenster auf, um den gesuchten Burgbewohner zu finden. Würden die danach in ihren Burgzimmern bleiben, wäre der Fortgang des Spiels ganz einfach. Prinzessin & Co. zeigen sich aber umzugfreundlich und wechseln stets in ein freies Zimmer. Wer sich gerade eingeprägt hat, dass neben der linken Burgfahne oben die Prinzessin wohnte, muss sich nun an den rechten Rand unten umorientieren. Dieses ständige Wechselspiel fordert alle Beteiligten. Wird die gesuchte Person gefunden, geht es an die Seile. Mit geschickten Ziehen rechts und links wird die gewünschte Farbkugel über Hindernisse hinweg nach oben balanciert und Prinzessin oder Magier zurückgebracht. Ein gewisser Zeitdruck kommt durch eine Sanduhr ins Spiel. Nach 18 Suchvorgängen ist nach 20 bis 30 Minuten Schluss und das Kind gewinnt, das meist den MEMO-Teil am besten bewältigen konnte.
Die Pappseiten der Burg werden geklammert, sodass ein stabiler Aufbau entsteht, der gut wieder in die Schachtel passt. Die Schwierigkeiten beim Kugeltransport können die Kinder variieren, indem sie zusätzliche Lochhindernisse öffnen oder schließen. Gerade für jüngere Kinder ist das eine gute Regelung, sie lernen mit den wachsenden Schwierigkeiten umzugehen. Für Grundschulkinder spielt der Geschicklichkeitsaspekt kaum eine Rolle, sie kommen in der Regel sehr gut klar damit und das auch innerhalb des Sandrieselns. Trotzdem macht auch ihnen das Spiel Spaß, denn die MEMO-Phase ist anspruchsvoll.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: BURG KLETTERFROSCH
Autoren: Gunter Baars, Markus Nikisch
Grafik/Design: Antje Flad
Verlag: Haba
Alter: ab 5 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4 Spieler
Spielzeit: ca. 20 Min.
Preis: ca. 25 Euro
Spiel 11/2018
Samstag, 10. Februar 2018
THE MIND
Der österreichische Autor Wolfgang Warsch ist die große Überraschung der Nürnberger Spielwarenmesse. Nur echte Insider kannten ihn bisher. In seiner Erstveröffentlichung DREAM TEAM (Zoch, 2015) ließ er schon Spieler „auf einer Wellenlänge“ schwimmen. Kreativ war 2016 auch sein zweites Spiel SCHATTENMEISTER bei Noris. Alles toppt er 2018, er dominiert die Programme von gleich zwei Verlagen. Bei Schmidt zeigt er das Flaggschiff-Spiel QUEDLINBURG und setzt mit GANZ SCHÖN CLEVER die NOCH MAL!-Reihe fort. Beim Nürnberger Spielkartenverlag zeigt er mit ILLUSION, dass sich ANNO DOMINI auch mit Farbanteilen spielen lässt. THE MIND, sein zweites Spiel bei NSV, mauserte sich innerhalb weniger Tage zum Geheimtipp der Messe.
Wer mit Empathie etwas anfangen kann, wer „gemeinsame Taktung“ versteht, wer Mitspielern gerne in die Augen blickt, der wird begeistert von THE MIND sein. Für alle anderen ist es eher „esoterischer Quatsch“ und die drehen mir schon nach der Kurzerklärung den Rücken zu.
Erklärt ist THE MIND superschnell, geht es doch nur darum, Karten von 1 bis 100 ohne Absprache in aufsteigender Reihenfolge abzulegen. Das ist tatsächlich schon die ganze Grundregel. Zu viert geht es um die Bewältigung von acht Aufgaben, wobei Runde für Runde die Kartenzahl steigt, alle beginnen mit nur einer Karte. Jede Falschablage kostet ein Leben, von denen anfangs vier zur Verfügung stehen. Mit einem Wurfstern werden alle ihre niedrigste Karte los. Nach der Bewältigung einiger Stufen gibt es neue Leben oder Wurfsterne.
Wer sich auf THE MIND einlässt, sich gemeinsam konzentriert, kommt zu einer überraschenden Spielerfahrung. Das, was anfangs unmöglich erschien, klappt mit ein, zwei und auch drei Karten plötzlich nahtlos. Ein inneres Metronom scheint eine Taktung zu ergeben, die einen Ausspielrhythmus zur Folge hat, der dem Spielziel nahekommt. Das ist ein ganz besonderes Spielerlebnis. Ehrlicher Weise muss ich aber auch sagen, dass dies nicht mit jedem klappt. Wer sich sperrt, kann das Spiel boykottieren. Wer Zusammenarbeit im Spiel mag, lernt hier K-O-O-P-E-R-A-T-I-O-N ganz neu zu buchstabieren.
Reinhard Staupe, der Redakteur des Spiels, zeigt sich immer noch begeistert. „Die absolut krasseste Reduzierung, die man sich vorstellen kann. Mehr kann man nicht wegnehmen – sonst bliebe nichts mehr übrig.“ Er wollte das Spiel sogar ohne Testpartie nur nach der Regellektüre unter Vertrag nehmen, dann forderte er es aber doch an. „Freitags um 12.00 Uhr brachte der Briefträger den Prototyp. Um 12.30 Uhr erfolgte der erste Trip. Um 13.00 Uhr bekam der Autor seine Zusage.“ Es sei ihm erst ein einziges Mal gelungen, zu zweit bis zum 12. Level vorzudringen, aber dann schwebe man auf Wolke Sieben. Wer das nachempfinden will, muss nur 9 Euro investieren und erhält ein außergewöhnliches kooperatives Kartenspiel.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: THE MIND
Autor: Wolfgang Warsch
Grafik/Design: Oliver Freudenreich
Verlag: NSV
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4 Spieler
Spielzeit: ca. 10 - 20 Min.
Preis: ca. 9 Euro
Spiel 10/2018
Freitag, 9. Februar 2018
BLUFF
Alte Schätze neu gehoben
Heute habe ich mir vorgenommen, ein ehemaliges MB-Spiel unter die Lupe zu nehmen, das gleichzeitig 30jähriges und Silberjubiläum feiern darf. Typisch für den heute überhitzen Markt sind die vielen Vorankündigungen, die Hypes auslösen. In den 80ern jagte man, eher rückwärts gewandt, vielleicht nach einem seltenem JATI von 3M, war hinter den raren Holzkassetten von Fagus hinterher oder suchte alte Spiele des Steidl-Verlags. Nach 1988 waren alle ganz wild auf LIAR‘S DICE, ein Würfelspiel von Richard Borg, das der US-Amerikaner erst in einer Kleinstauflage produzierte und das später MB übernahm. In den USA war die Resonanz ziemlich verhalten, sodass Borg die Rechte an dem Spiel zurückbekam und es auf dem deutschen Markt anbieten konnte, wo LIAR‘S DICE als Geheimtipp galt. 1992 bekam F.X. Schmid den Zuschlag und feierte 1993 mit dem in BLUFF umbenannten Spiel nach AUF ACHSE und ADEL VERPFLICHTET den dritten Erfolg bei der Verleihung des „Spiel des Jahres“ innerhalb von nur sechs Jahren.
BLUFF war für die deutsche Zielgruppe nichts anderes als eine Variante des Kneipenspiels 21 oder MÄXCHEN. Borgs Aufforderung zum Lügen traf auf eiskalte Zockerei gewohnte Spieler, die in ihrem Würfelbecher nun nicht mehr nur zwei Würfel hatten, sondern mit fünf Sechsseitern die Vorgaben der anderen überbieten durften. Borgs Neuerungen bestanden darin, dass auf einem Spielplan der Bietvorgang ablief und dass man beim Bieten alle Wurfergebnisse antizipieren musste. Zusätzlich fehlte die „6“, die durch Sternjoker ersetzt war, die Zahlengebote in nicht vorstellbare Höhen trieben.
Gegen ganz starke Knizia-Spiele (MODERN ART, TUTANCHAMUN) setzte sich 1993 BLUFF durch und hat sich seitdem im Programm gehalten. Die Kritik an der Auszeichnung war beträchtlich. Wie kann man ein Spiel würdigen, bei dem das Lügen grundsätzliches Prinzip ist? Originell empfanden es die Wenigsten, gab es doch genügend klassische Würfelvorbilder. Trotzdem erwies sich BLUFF als idealer Türöffner für alle Gelegenheitsspieler. Mit der Übernahme von F.X. Schmid landete das Spiel 2001 bei Ravensburger. Zum 25jährigem Jubiläum spendiert der Verlag nun eine limitierte Auflage mit sechs „Super-Würfeln“.
Im Grunde genommen hat sich nicht viel geändert. Das Schachtelformat ist nun quadratisch, Würfelbecher und Spielplan entsprechen dem Original. Auch die typischen kleinen gelben Würfel und den roten Bietwürfel kennen wir von 1993. Ein gelber Würfelsatz ist allerdings durch orangefarbene „Superwürfel“ ersetzt. Die Neuerung bringt nicht viel, diese Würfel zählen einfach doppelt. Entsprechend empfiehlt der Redakteur Stefan Brück auch den Puristen, wer wolle, könne natürlich nach den gewohnten Regeln spielen und die orangenen wie gelbe Würfel werten.
Grund genug, BLUFF wieder einmal auf den Tisch zu bringen und festzustellen, dass Würfeln und Zocken nicht an Reiz verloren haben. Ähnlich wie CAN’T STOP von Sid Sackson gehört BLUFF zu den Würfelklassikern der letzten 40 Jahre, die inzwischen aber veritable Konkurrenz erhalten haben.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: BLUFF
Autor: Richard Borg
Grafik/Design: Art Connection
Verlag: Ravensburger
Alter: ab 12 Jahren
Spielerzahl: 2 - 6 Spieler
Spielzeit: ca. 20 - 30 Min.
Preis: ca. 30 Euro
Spiel 9/2018
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