Donnerstag, 29. November 2018
LIFT OFF
Irgendwie scheint der kleine Hans auf seinem Schwein ins Universum zu reiten. Selten hat das Logo von Hans im Glück so gut zu einem Spielecover gepasst wie beim aktuellen LIFT OFF.
Die Macher aus München nehmen uns mit auf eine kurze Zeitreise in die Mitte des letzten Jahrhunderts. Sputnik 1 schockierte 1957 die westliche Hemisphäre, meinte man doch der kommunistischen UdSSR haushoch überlegen zu sein und nun hatten die Russen bei der Eroberung des Weltraums eindeutig die Nase vorn: Der erste Satellit, das erste Tier, der erste Mann, die erste Frau im Weltraum, alle stammten aus Russland. Stets hatten die Amerikaner das Nachsehen, daher erinnern wir uns auch eher an Laika, Gagarin und Tereschkowa als an Shepard und White. 12 Jahre genossen die Russen diese Triumphe, bis Neil Armstrong als erster Mensch den Mond betrat.
Die Retrografik von Andreas Resch und anderen führt wunderbar in diese Zeit zurück, nur den Weltraumhund habe ich vergeblich gesucht. Der Autor Jeroen Vandersteen bewegt sich mit seiner ersten Spielentwicklung auf für ihn bekannten Terrain, arbeitet er doch bei der ESA. Da er kein reines Zweierduell zwischen den USA und der UdSSR konstruieren wollte, sind es zwei bis vier Raumfahrtagenturen, die um punkteträchtige Projekte, die sie ins All schießen wollen, konkurrieren. Die Zeit des Kalten Krieges verlässt er dabei, so taucht dann als Punktemaschine plötzlich ein ISS-Ableger als gemeinsame Raumstation, an der alle werkeln können, im Spielgeschehen auf.
LIFT OFF läuft in zwei Phasen mit jeweils vier Runden ab. Jede Runde ist geprägt von einem Spezialisten- und einem Missionsteil. Alle starten mit einfachen Trägerraketen, die gerade einmal eine Tonne Last in den Orbit schießen können. Im weiteren Spiel versucht man diese Raketen zu verbessern, genügend Geld für den Start zu haben und in Technik zu investieren. Jede Rakete benötigt nun einmal Treibstoff, kommt Besatzung hinzu, sind auch Sauerstoffzufuhr und Verpflegung wichtig.
Die wesentliche Steuerung läuft über Spezialistenkarten, die im Minidrafting eine Auswahl von drei Karten ergeben, von denen in jeder Runde zwei zum Einsatz kommen. Diese Karten bringen Geld, Siegpunkte, Technikfortschritte und Ausbau der Trägerrakete. Das kommt zum Tragen in der Missionsphase, in der man jeweils eine Rakete mit Last in den Weltraum starten kann. Ähnlich wie die Spezialistenkarten bringen erfolgreiche Missionen vergleichbare Vorteile.
Nach vier Runden ist der Kartensatz an Spezialisten durchgespielt und kommt erneut zum Einsatz. In der zweiten Phase kommen weitere Missionen hinzu, für die aber der technologische und der Raketenausbau passen müssen.
LIFT OFF ist ein typisches Spiel, in dem die Feinjustierung stimmen muss. Stets geht es knapp zu, was vor allem das Geld und den Ausbau der Technologien angeht. Die strategische Planung entwickelt sich oft aus zufälligen Schwerpunkten, die sogenannte „Spielendekarten“ setzen, die anfangs, ebenfalls gedraftet, bei jedem Spieler landen. Da gibt es Siegpunkte für das Erreichen einer bestimmten Missionsanzahl oder vieler Technikkarten. Wer besonders viel in eine kostenintensive gemeinsame Raumstation investiert, kann zusätzlich dadurch bis zu 30 Siegpunkte erreichen, die gibt es aber auch für entsprechende Raketenupgrades. Wer merkt, dass er bestimmte Ziele nicht erreichen wird, kann zur Halbzeit diese Karten aber auch verkaufen.
Ob die vielen Minidrafting-Phasen mit gerade einmal drei Karten wirklich notwendig sind, bezweifele ich. Darauf könnte man gut verzichten. Das gilt ebenfalls für die Spielendekarten, so erahnt man, worauf andere spielen. Sonst machen aber Raketenausbau und das Sammeln vieler All-Missionen durchaus Spaß und führen meist zu knappen Ergebnissen am Ende.
Nicht allen gefällt diese Retrografik. Ich finde, sie passt aber sehr gut zu dem Spiel und liefert auch in der Abfolge der Missionen so etwas wie Weltraumgeschichte vom ersten Sputnik zur Mondlandung bis zu Satellitennetzwerken. Ganz hübsch ist auch die kleine Papprakete mit ihren Ausbauteilen, noch lieber hätte ich mir allerdings die Rakete von FORBIDDEN SKY in LIFT OFF gewünscht, die der Noch-Vertriebspartner Schmidt Spiele im Angebot hat.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: LIFT OFF
Autor: Jeroen Vandersteen
Grafik/Design: Kreativbunker, Nache Ramos, Andreas Resch
Verlag: Hans im Glück
Alter: ab 12 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4
Spielzeit: 30 Min. / Spieler
Preis: ca. 45 Euro
Spiel 72/2018
Montag, 26. November 2018
PAPER TALES
Der japanische Autor Masato Uesugi ist vielen Brettspielfreunden von WELCOME TO THE DUNGEON bekannt, das iello vor drei Jahren nach Deutschland brachte, damals noch via Heidelberger.
VORPALS, Uesugis erstes Spiel, ist etwas älter und erschien im Eigenverlag 2010. Er griff damals wahrscheinlich als erster Apologet das Drafting-System von 7 WONDERS auf. VORPALS ist nichts anderes als der Vorläufer von PAPER TALES, das Matthias Nagy nach Deutschland geholt hat und jetzt zusammen mit Pegasus und seinem Verlag Frosted Games vertreibt. Die phantasievollen erzählerischen Komponenten, die Titel und Cover versprechen, steckten auch schon im Ursprungsspiel. Der Begriff „Vorpals“ stammt aus „Jabberwocky“, einem berühmten Unsinn-Gedicht von Lewis Caroll, das nur so von Wortschöpfungen strotzt. Dort tauchen ein „vorpal sword“ und ein „vorpal blade“ auf. In deutscher Übersetzung von Christian Enzensberger ist es übrigens ein „scharfgebifftes“ Schwert in dem Poem „Der Zipferlake“.
Warum ich mich so lange mit der Vorgeschichte aufhalte, werden Sie sich jetzt fragen? Da reicht der Blick auf den Geschichtenkönig von Christine Alcouffe, deren Coverentwurf zu den schönsten der letzten Jahre gehört. Da tauchen Zipferlake, Pluckerwank, Schnatterrind und Fliegelflagel leibhaftig auf, da will man eintauchen in das Spielgeschehen, auf das hier Appetit gemacht wird.
Ich gestehe gleich am Anfang, die erzählerische Spannung löst PAPER TALES nicht ein. Dafür entwickelt Uesugi durchaus Spielspannung über einhundert Spieljahre in vier Runden hinweg. Der Autor reduziert sein Drafting-Spiel auf den Aufbau eines rudimentären Königreiches, anfangs nur in einem 2x2-Raster mit Kriegern, Bauern, Arbeitern und mythischen Wesen. Nur wenige Gebäude finden Platz in dem Minireich, mindestens an Kasernen und Tavernen sollte man aber Interesse haben.
PAPER TALES lebt von der hohen Varianz der Einheitenkarten, deren Abstimmung, Stärke und Aufbaukraft der Reiche ausmachen. Ganz vorne müssen sich die kampfstärksten Einheiten einreihen, denn deren Stärke wird mit dem rechten und linken Nachbarn verglichen und bringt im Siegesfall drei Legendenpunkte. Dahinter stehen Figuren wie das „Kind des Waldes“, die für Ressourcen sorgen, die für den Bau der Gebäude gebraucht werden. Einhundert Spielejahre gehen nicht faltenfrei an unseren Untertanen vorbei. Nach jeder der vier Runden altern sie und nur in seltenen Fällen werden sie älter als 50 Jahre. Dieser Generationswechsel sorgt für viel Abwechslung, bremst Spieler mit guten Anfangsvoraussetzungen auch wieder aus.
Die immer wieder neue Spannung bei PAPER TALES ergibt sich aus dem einfachen Spielablauf und der reizvoller Kombinationen unterschiedlicher Karten. Militärische Stärke ist nicht alles, aber nur Niederlagen darf keiner einfahren. Sehr früh muss ein aufgewertetes Gebäude her, denn damit wächst das Königreich und eine zusätzliche Person findet Platz in der ersten Kampfreihe. Die Wahl der Gebäude, oft abhängig von den vorhandenen Ressourcen, prägt meist die jeweilige Spielstrategie. Stadt und Mine sorgen für Bergleute und Höhlengeister in der eigenen Auslage, zum Tempelbau reicht das auch stets.
Wenn ich mich begeistert zum Cover geäußert habe, dann relativiert sich das Ganze, wenn die Grafik gezoomt auf den Spielkarten zu sehen ist. Das ist dann doch ein sehr grober Pinselstrich, der nur bedingt gefällig rüberkommt. Ikonographisch, durch gute Spielhilfe unterstützt, sind Ablauf und Kartenbedeutungen schnell verinnerlicht. Ab drei Spielern stelle ich mich gern morgen wieder den einhundert Jahren in PAPER TALES, zu zweit reizt mich das höchstens im Januar wieder.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: PAPER TALES
Autor: Masato Uesugi
Grafik/Design: Christine Alcouffe
Verlag: Frosted Games / Pegasus Spiele
Alter: ab 10 Jahren
Spielerzahl: 2 - 5
Spielzeit: 30 – 45 Min.
Preis: ca. 29 Euro
Spiel 70/2018
Sonntag, 25. November 2018
DAS TIEFE LAND
Küstennah, unweit von Arle, dem Ort mit der St. Bonifatius-Kirche, in der Uwe Rosenbergs Vater getauft wurde, liegt DAS TIEFE LAND. Fruchtbares Weideland, auf dem die Schafe blöken. Eine grüne Idylle, toste nicht draußen auf der mörderischen Nordsee die nächste Sturmflut heran. Halten die Deiche? Oder haben sich die Züchter wieder einmal mehr um ihre Schafe als um den Deichbau gekümmert?
Was nach einem Rosenberg-Thema klingt, wird immerhin von ihm empfohlen. Ausgestattet mit dem Siegel der „Rosenberg Collection“ haben Claudia und Ralf Partenheimer ihren Spieleerstling bei Feuerland unterbringen können.
Vieles klingt bekannt. Worker Placement mit drei Bauern unterschiedlicher Stärke in überschaubaren fünf Aktionsbereichen, die zudem noch konkurrenzlos zu nutzen sind, da jeder diese Felder auf seinem eigenem Hofplan besitzt. Da können die Schafzüchter ihren Hof ausbauen, Zäune ziehen, damit kein Schaf wegläuft, diese wolligen Tiere kaufen oder verkaufen und sich um Baustoffe und den Deichbau kümmern.
Alle wissen, am Ende gibt es Siegpunkte für viele Schafe, viel Geld und für Hofausbauten. Die alternative Berechnung für die Deichausbauten machen die Schlussrunde und die Endbilanz besonders spannend. Dreimal kommt Hochwasser auf den schützenden Deich zu, jedes Mal wird überprüft, ob die Wassermengen den Deich überspülen. Hält der Damm, werden die mit Geld belohnt, die viel zum Deichbau beigetragen haben. Bricht er, bekommen alle, die wenig getan haben, Deichbruchmarken. Das kann unproblematisch sein, da diese Plättchen folgenlos bleiben, wenn am Ende bei der großen Sturmflut der Deich hält. Bricht er auch dann, verlieren alle Spieler für jeden Marker ein Schaf, was sogar Geld kostet, wenn die Schafe nicht ausreichen.
Wenn alle nur an Schafzucht und Weidenlogistik denken müssten, dann wäre DAS TIEFE LAND ein langweiliges Agrarspiel. Die Deichproblematik macht es zu einem psychologischen Pokerspiel bei der Deichbaubeteiligung. Das ergibt eine durchaus eigennützige Semikooperation, die ich in dieser Form noch nicht erlebt habe. Oft sind Beteiligungsschübe festzustellen. Wer bis zum ersten Hochwasser besonders aktiv war, wird sich dann erst einmal zurückhalten und Schafzucht betreiben. Werden früh schon Bruchmarken verteilt, ist das Risiko hoch, dass der Deich auch am Ende nicht hält. Ständig wechseln die Koalitionen und es bleibt meist bis zum Schluss spannend, ob nun der Deich hält oder nicht.
DAS TIEFE LAND wirkt vom Thema, das Feuerland sowohl grafisch als auch vom Material her atmosphärisch dicht umgesetzt hat. Allein Andrea Boekhoffs Titelgrafik liefert die passende Stimmung. 85 Holzschafe, Flutsteine und Deichteile, viele Zäune und schöne Bauernfiguren sorgen für das nötige Ambiente. Der Spielablauf wird gut strukturiert über eine Spielübersichtstafel, die jeder erhält, und über den Hof- und Spielplan. Nicht immer eingängig sind allerdings sämtliche Funktionen der Hofausbauten, dafür gibt es aber ein ausführliches vierseitiges Beiblatt.
Mich begeistert dieses Wechselspiel von Ebbe und Flut, Schaflogistik und Deichbau, stets mit Blick auf den Nachbarn. Gerades deshalb stören mich inhaltliche Brüche, die sich zwar spielmechanisch erklären lassen, aber unlogisch sind. Eigentlich hätten die Partenheimers aus der halben Kooperation für das Ende eine volle machen müssen. Denn wenn der Deich bricht, kommt das Wasser auch über die Schafherden der braven Deichbauer, da kann doch nicht mit Deichbruchmarkern bilanziert werden, der Blanke Hans wird überall wüten. Unlogisch erscheinen mir auch die sortenreinen Deichausbauten. Nur Holzabschnitte oder welche aus Lehm oder Stein werden nicht einmal kleine Sturmfluten an der Nordsee überstehen. Spielmechanisch macht das Sinn, spielthematisch nehme ich es letztlich in Kauf, weil DAS TIEFE LAND mir genügend Abwechslung im Worker Placement-Alltag bietet und die Partenheimers hier wirklich Neuland beschreiten.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: DAS TIEFE LAND
Autoren: Claudia und Ralf Partenheimer
Grafik/Design: Andrea Boekhoff
Verlag: Feuerland
Alter: ab 12 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4
Spielzeit: 50 – 100 Min.
Preis: ca. 49 Euro
Spiel 69/2018
Samstag, 24. November 2018
FEINER SAND
Karten loswerden und das möglichst schnell, ist nun wahrlich keine neue Erfindung, im Grunde genommen taucht dieses Prinzip schon in jeder PATIENCE auf. Trotzdem wird FEINER SAND von Friedemann Friese als neueste Innovation aus dem Hause 2F-Spiele gefeiert. Man muss seine Kartenhand nur „Deck“ nennen und schon ist das erste „Deck-Abbau-Spiel“ in der Welt.
Der Untertitel von FEINER SAND lautet „ein Fabelspiel“, aber in den ersten Spielerunden entdeckt man den Fabelcharakter gar nicht, sondern baut einfach nur Burgen im Friese-Sand. Jeder besitzt dafür neun Karten mit Sandburgen, deren Baukosten ein bis drei Münzen kosten. Außerdem vier Münzkarten, sechs Walzen, die bis zu zehn Münzen kosten und helfen, den Kartennachschub zu vergrößern, fünf Bagger, die Baukosten verringern und die Zahl der Bauaktionen vergrößern. Wer zwischendurch Karten benötigt, kann sich diese von einem Kipplaster bringen lassen, schließlich sorgt der Sandmischer für die Erweiterung des Handkartenlimits und zwei Sonderkarten tanzen „außer der Reihe“ auch noch mit.
Beim ersten Burgenbau verfügen alle nicht nur über identische Kartensätze, diese sind auch in ihrer Reihenfolge gleich vorsortiert. Ein kleines Spielertableau reguliert sehr übersichtlich den Rundenablauf, denn bei gleichen Voraussetzungen können alle auch gleichzeitig spielen. Trotzdem herrscht keine Hektik, sonst würden die Sandburgen ja einstürzen. Wer noch am Zug ist, hat seinen Holzmarker in der Tischmitte. Wer fertig ist, legt ihn auf seinen Nachzugstapel.
Bis auf die erste Runde starten alle mit dem Nachziehen von Karten, in der Grundeinstellung gibt es nur zwei. Dann gibt es zwei Aktionsalternativen, die mit einem Farbring aktiviert werden. Das Beste sind die Bauaktionen, davon hat man anfangs nur eine. Das können preiswerte Sandburgen oder Kartenerweiterungen für die vier Rundenphasen sein. Die zweite Alternative besteht darin, dass man anfangs zwei zusätzliche Karten nachziehen darf. Bei der Wahl dieser Aktion muss das aktuelle Handkartenlimit beachtet werden, das sich erst auf drei Karten beschränkt. „Außer der Reihe“ darf von Anfang an der Nachbar mit einer Karte beschenkt werden. Stets nach dem Motto, was weg ist, ist weg. Dumm ist nur, dass das oft alle machen, dann kommt eine Karte von rechts auf den eigenen Ablagestapel.
Jeder baut recht schnell an seinem Räderwerk für den Burgenbau. Der Bau jeder Sandburg oder jedes Baufahrzeugs wird mit Bau- und Geldkarten bezahlt, wobei jede Karte ein Geld wert ist, die meisten Geldkarten verdoppeln ihren Wert. Trotz identischer Kartensätze verläuft das nicht gleichförmig. Mit Blick auf das Spielende bauen viele ihre Erstaktion für das Kartennachziehen auf, denn sobald dort der Nachschub ausgeht und auch der Ablagestapel keine Karten mehr hergibt, wird das Rundenende eingeläutet. Der Spieler, der dann am wenigsten Karten besitzt, gewinnt FEINER SAND.
Die Walzen werden oft sinnvoll ergänzt durch Bagger, denn nur mit einer Bauaktion kommt man nicht weit. Daher sollte man anfangs auch nicht dem verführerisch günstigen Sandburgenbau verfallen, das lässt sich später mindestens im Doppelpack schneller erledigen. Worauf man eigentlich nie verzichten sollte, ist das Geschenk an den Nachbarn. Oft bleiben diese doch liegen, da nicht alle die Geschenkkarte bedienen und das bringt für die Endabrechnung entscheidende Vorteile.
FEINER SAND funktioniert auch ganz ohne eine Prise FABELSAFT vorzüglich. Folgerunden werden einfach mit gemischten Kartendecks gespielt und das macht ebenso viel Spaß. Und wer dann die Friesische Briese spüren will, der spielt die „Fabelkampagne“, in der drei Karten aus dem Startdeck mit drei von 27 Fabelkarten ausgetauscht werden. Da bietet der Bremer Autor wieder viel Varianz: Die Spieler dürfen den Ablagestapel durchwühlen, Münzkarten ziehen und Schrott entfernen oder recyclen. Hilfreich ist auch die „Riesige Sandburg“, die am Ende hilft, zwei Karten zu verstecken.
Natürlich lässt sich FEINER SAND auch prima solitär spielen. Kritiker sagen, dass das parallele Spielen ja sowieso nichts anderes als ein solitäres sei. Die Kartengeschenke bringen zwar etwas Interaktion, aber die Walzen-Bagger-Maschinerie puzzelt schon jeder für sich zusammen. Trotzdem bleibt es kompetitiv ein Wettlauf und mir macht der nun einmal nur gegen mich nicht so richtig Spaß.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: FEINER SAND
Autor: Friedemann Friese
Grafik/Design: Harald Lieske
Verlag: 2F-Spiele
Alter: ab 10 Jahren
Spielerzahl: 1 - 4
Spielzeit: ca. 30 Min.
Preis: ca. 28 Euro
Spiel 69/2018
Freitag, 23. November 2018
CITY OF ROME
Was macht die Römer eigentlich so viel interessanter als die Griechen? Spielthematisch haben die Rivalen von Asterix und Obelix ständig die Nase vorn. Das lässt sich an Autoren wie Stefan Feld festmachen, der mit ROMA, TRAJAN, CARPE DIEM und Forum TRAJANUM viermal bei den Römern unterwegs war, den Griechen aber nur einmal mit dem ORAKEL VON DELPHI Tribut gezollt hat. Es scheint aber auch generell zu gelten oder kennen sie ein CITY OF ATHEN? Dabei hätte es dort auch den Markt, die Agora, gegeben, ein Stadion und Schulen. Bäder gab es lange vor den Römern vor 4000 Jahren schon auf Kreta, Kanalisation eingeschlossen. Mit Blick auf unsere demokratischen Wurzeln müssten wir sowieso die Griechen den Römern vorziehen, die das Amt des Diktators sogar verfassungsmäßig verankert hatten.
Da das Autoren und Verlage anscheinend wenig schert und wohl für sie das Motto „Rom sells“ gilt, kümmere ich mich auch jetzt nicht um die Polis Athen, sondern um CITY OF ROME. Verwundert durfte man sich nach der Spiel in Essen die Augen reiben, nicht Feld, nicht Warsch und Kiesling, ganz oben auf dem Treppchen der Essener Fairplay Scoutliste 2018 befand sich neben einem Kunstfälscher aus einem kleinen emsländischen Verlag das römische Städtebauspiel von Abacusspiele.
Die Briten Matthew Dunstan und Brett J. Gilbert, die aktuell auch mit ROLL FOR ADVENTURE (Kosmos) unterwegs sind, beweisen, dass Rom nicht an einem Tag erbaut wurde. 14 Runden benötigen die zwei bis vier Baumeister, um Wohngebiete zu schaffen, Aquädukte und Tempel zu errichten und für die öffentliche Infrastruktur zu sorgen.
Im Grunde genommen ist alles ganz einfach, im Grunde genommen hatten wir alles schon x-mal. Rom wird nicht auf sieben Hügeln errichtet, sondern in einem kleinen 4x4-Raster. Jeder startet mit einem Gemüsehof, der minimale Einnahmen beschert und einem Standardwohnhaus im Wert 2, das für die Schlusswertung Bedeutung hat. Zusammenhängende Wohngebiete einer Kategorie bringen addiert Punkte, die mit der Anzahl verschiedener angrenzender öffentlicher Gebäude multipliziert wird. Auf die Hand bekommt jeder eine weitere Karte, in den Folgerunden kann jeweils ein Gebäude zusätzlich aufgenommen werden.
Interessant geregelt sind Kartenaufnahme und Nutzung der Karten. Dafür gibt es Aktionsstreifen, die sich Runde für Runde ändern. Die Streifen zeigen stets drei Ziegelsteine und zwei Zahnräder in unterschiedlicher Reihenfolge. Wer seine eigene Spielfigur weit nach vorn in der Nähe des Kaisers abstellt, hat einen frühen Zugriff auf das Kartenangebot der aktuellen Runde, dafür aber wenige Bau- oder Produktionspunkte. Als Baukarten stehen neben vielen Wohnhäusern weitere Produktionsgebäude zur Verfügung, die beispielsweise zusätzliche Bau- und Einflusspunkte bringen. Außerdem gibt es vier Sorten von öffentlichen Gebäuden, die alle sofort Boni bringen und für die Häuserwertung am Ende von Bedeutung sind. Dann gibt es Aquädukte, die, wenn sie in jeder Reihe oder Spalte genau einmal vorkommen, am Ende 40 Siegpunkte wert sind. Schließlich kommen noch Tempel vor, die spezielle Wertungsaufgaben für das Spielende festlegen. Das Einsetzen auf der Aktionsleiste macht den eigentlichen Spielreiz aus. Das Abwägen zwischen Erstzugriff bei den Karten oder die Nutzung vieler Ressourcen, weil viele Karten drei Baustoffe für ihr Platzieren benötigen, ist stets spannend. Den direkten Einfluss darauf besitzt aber meist nur der Startspieler und der ihm nachfolgende Kontrahent. Wer zu wenig Baupunkte hat, darf diese nachkaufen, sie kosten aber zwei Geld. Daher sind Produktionsfelder, die Geld bringen, nicht zu vernachlässigen. Denn wer einmal nicht zum Bauen kommt, bekommt am Ende sein Raster nicht voll und erhält zum Beispiel die zehn Extrapunkte des Tempels der Minerva nicht. Nach der dritten, sechsten, zehnten und 14. Runde gibt es jeweils noch eine Zusatzwertung, deren Punktzahl dem Rundenwert entspricht. Der Spieler mit den meisten Einflusspunkten gewinnt diese Wertung.
Nach der letzten Einflusswertung endet das Spiel und es werden die Punkte für die Wohngebiete, Aquädukte und Tempel zu den Einflusspunkten addiert. Übriges Geld und restliche Einflussmarker werden auch noch verrechnet. Ein Wertungsblock vereinfacht das Abrechnungsprocedere.
Der Ablauf ist einfach, der Glücksanteil beim Städtebau relativ hoch. Letztlich hängt es immer davon ab, dass interessante Gebäude in dem Moment ausliegen, wenn ich Startspieler bin. Das gilt zum Beispiel für höherwertige Wohnhäuser. Wenn ich mit Glück vier von den fünf Vierer-Gebäuden ergattere und dann an diese Wohngruppe noch drei oder vier öffentliche Gebäude bauen kann, dann sind mir 48 oder 64 Siegpunkte sicher und der Spielgewinn auch.
Trotzdem macht mir CITY OF ROME Spaß. Das Puzzeln in das kleine Stadtraster hinein ist immer wieder spannend vor allem durch die Positionskämpfe auf der Aktionsleiste.
Der Verlag aus Dreieich hat für das Spiel einen schönen Sortierkasten in der Schachtel spendiert. Ich hätte aber auch Zip-Tüten akzeptiert, wenn man etwas mehr Geld für die Kartengrafik in die Hand genommen hätte. Wie schon bei Alea in Felds CARPE DIEM ist das Artwork enttäuschend. Manches ist auch schwer einzuordnen, so sind die Tempel in der Gebäudeübersicht ihren Göttern zugeordnet, auf den Karten fehlen aber diese Hinweise, das macht die Zuordnung beim Nachschlagen schwer. Auf dem ersten Platz wäre CITY OF ROME in meiner Essen-Wertung nicht gelandet, dazu bewegt sich das Spiel auf zu ausgetretenen Pfaden, aber es besitzt soviel Reiz, dass ich vorerst sage, morgen baue ich an meinem Rom in 14 Runden gerne wieder.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: CITY OF ROME
Autoren: Matthew Dunstan und Brett J. Gilbert
Grafik/Design: Martin Hoffmann, Claus Stephan
Verlag: Abacusspiele
Alter: ab 10 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4
Spielzeit: ca. 45 - 60 Min.
Preis: ca. 25 Euro
Spiel 68/2018
Freitag, 16. November 2018
AZUL DIE BUNTGLASFENSTER VON SINTRA
Next Move und Michael Kiesling bleiben Portugal treu. War AZUL noch ohne Untertitel ausgekommen, aber schon in einer konkreten portugiesischen Stadt angesiedelt, ging es doch um die Fliesen eines Palastes in Evora, ist AZUL II, der Unterscheidbarkeit wegen, der Weltkulturerbe-Stadt Sintra zugeordnet. Fliesenleger sind zu Glasermeistern mutiert, ansonsten bewegen wir uns weitgehend auf bekanntem Terrain, zumindest in den Anfangssituationen der Runden. In SINTRA liegen genauso wie in Evora Manufakturen aus, die mit vier Spielsteinen bestückt werden. Sogar das Material unterscheidet sich nur in Form und Farbe, entspricht aber exakt der Verteilung in AZUL. Die Lutschgefahr bei den bonbonfarbenen Glassteinen von SINTRA ist allerdings höher. Die Aufnahme der Steine läuft identisch ab, inklusive der Strafsteinregelung, wenn man sich als erster aus der Tischmitte bedient.
Die Unterschiede beginnen in dem Musterbereich der Handwerker. Das neue Spiel ist nicht statisch, sondern enthält acht flexible Musterstreifen, die zudem noch beidseitig verwandt werden können. Außerdem taucht der Handwerker, hier also der Glaser, leibhaftig auf. Seine Position regelt die Bereiche, in denen gesammelte Glassteine abgelegt werden. Er startet über dem ersten Vorbereitungsstreifen, wenn er nach vorn gesetzt wird, sind die überschrittenen Bereiche vorerst für ihn tabu. Erst wenn er aussetzt, um seinen Glaser wieder in die Startposition zu bringen, stehen ihm alle acht Fensterstreifen wieder zur Verfügung. Wertungstechnisch geht alles viel schneller. Die Spieler müssen nicht warten, bis in einer Runde alle Steine verteilt sind, sondern werten sofort, wenn ein Streifen mit fünf Steinen belegt ist. Nur ein Stein davon wandert dann in das eigentliche BUNTGLASFENSTER VON SINTRA hinein. Der Streifen wird umgedreht, beziehungsweise nach der zweiten Füllung entfernt.
Interessant für die Wertung ist die Regelung, dass die Glaser einerseits mindestens einen, aber auch bis zu vier Siegpunkte für den Streifen erhalten und zusätzlich noch alle Punkte von schon abgerechneten Fenstern, die rechts von dem aktuell gewerteten liegen. Daraus ergibt sich, dass man anfangs möglichst hintere Fenster glast und vor allem den Startbereich, der vier Punkte bringt, für die Endphase übriglässt, mit allen Unwägbarkeiten und den Störmanövern der Mitspieler, die wir schon aus AZUL kennen. Wie gehabt, gibt es auch eine Abschlusswertung, die im Grundspiel mit der A-Seite der Palastfenster vor allem geglaste Bereiche auf jeweils zwei benachbarten Streifen belohnt. Maximal können vier Fenster belegt werden, was zehn zusätzliche Punkte bringt, drei Fenster ergeben sechs Punkte, alles andere entsprechend weniger. Auf der B-Seite muss man stärker auf die Farben der Glassteine achten, die auf die Palastfenster gelegt werden. Die Anzahl der vollständigen Fenster mit zwei Steinen wird mit der Anzahl der am häufigsten vorkommenden Farbe multipliziert.
Mit Blick auf die Farben der Glasfenster überzeugt noch ein interessanter Rundenzähler. Im Gegensatz zu AZUL, das oft nach fünf Runden beendet wird, ist die Rundenzahl in AZUL II mit sechs fixiert. Jede Runde wird durch einen Farbstein angezeigt, wobei nur eine Farbe doppelt vorkommt. Bei der Wertung bringt die aktuelle Rundenfarbe für jeden passenden Stein einen zusätzlichen Punkt. Alle Punkte werden direkt auf einer entsprechenden Zähltafel bilanziert und dort wird auch über die Minuspunkte Buch geführt, die es, wie bekannt, für den Startspielermarker und nicht untergebrachte Steine gibt. Der wesentliche Unterschied ist hier, dass erst zum Schluss abgerechnet wird und die Leiste hohe Sprünge enthält, wobei das Ende der Fahnenstange nicht mit 18 negativen Punkten erreicht ist, sondern dann oben wieder beginnen kann. Diese Eskalation führt zu nicht so schnellen Griffen nach dem Startspielermarker.
SINTRA bietet viel Bekanntes, aber auch Neues. Vom Spielgefühl her gleichen sich die Ärgerkomponenten, die strategische Ausrichtung ist durch das Wandern des Glasers deutlich komplexer. Beim Kalkulieren vieler Strafsteine ist die Möglichkeit des Aussetzens mit einzubeziehen. Auch die Wertung über die Streifen, die vielfach berücksichtigt werden können, ist vielschichtiger. Das wird reizvoll ergänzt durch die Bonuspunkte für die Rundenfarben.
Wer kann es dem Verlag verdenken, dass er nach dem weltweiten Erfolg von AZUL, dessen Ende der Spitzenplatzierungen überhaupt noch nicht absehbar sind, ein vergleichbares Produkt nachschiebt. Mit dem Risiko allerdings, dass Spieler das zweite Spiel besser als das Original finden und damit auf das Ursprungsspiel gleich verzichten, da Michael Kiesling nicht einfach einen billigen AZUL-Ableger abliefert, sondern ein anspruchsvolles Spiel, das in einer ähnlichen Liga spielt. In meinen bisher 12 Partien, war am Ende häufig das Urteil zu hören: „Das hat mir noch besser gefallen.“ - „AZUL II finde ich reizvoller.“ Andere vermissen die elegante Einfachheit des „Spiel des Jahres“, ich tendiere eher zur zweiten Meinung. Trotzdem stelle ich mich der Herausforderung als Glaser in SINTRA gerne morgen wieder.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: AZUL DIE BUNTGLASFENSTER VON SINTRA
Autor: Michael Kiesling
Grafik/Design: Karla Ron
Verlag: Next Move
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4
Spielzeit: ca. 30 - 45 Min.
Preis: ca. 39 Euro
Spiel 67/2018
Sonntag, 11. November 2018
SCHABEN JAGEN
Solo unterwegs
So richtig in eine Schublade packen kann man Marco Teubner nicht mehr. Alle seine Auszeichnungen hat er für zwölf Kinderspiele erhalten, darunter 2016 für STONE AGE JUNIOR den großen blauen Pöppel. Seitdem veröffentlicht er aber seltener bei Haba, Ravensburger und Drei Magier, dafür überraschend andere Spiele bei moses., der so eine Art Hausverlag für ihn zu werden scheint. Das SAFEHOUSE mit Sebastian Fitzek war im letzten Jahr die große Überraschung. 2018 ist es ein Logikspiel mit den Lieblingstieren der Spielewelt, selbstverständlich keine Katzen, sondern Kakerlaken.
Die Verlagsausstattung von SCHABEN JAGEN ist solide, ein HEXBUG wird zwar nicht spendiert, der wäre wohl doch für ein Logikspiel zu unkalkulierbar, dafür sechs solide Holzkakerlaken, sechs massive Holzkisten und ein Kammerjäger in der addierten Höhe von Kakerlake und Kiste. Spielplantechnisch erleben wir nur ein kleines Schachfeld. Wir sind in diesem Jahr eigentlich höherwertige Fließenböden gewohnt, müssen uns aber mit einem schwarz-weißen Kachelboden einer Küche mit 7x7 Feldern zufriedengeben. Die Spielregel sucht man vergeblich, das Fabelkonzept Friedemann Frieses scheint Schule zu machen. Die Sofortspielregel verbirgt sich im Kartenstapel und taucht mit weiteren Ergänzungen innerhalb der ersten leichten Aufgaben wieder auf. Fürs Nachlesen für Neueinsteiger ist das etwas unpraktisch, aber auf echte Hürden stößt hier keiner.
Das machen eher die Kakerlaken und der Kammerjäger, denn über Kisten krabbeln und klettern sie nicht, sie sind unüberwindliche Hindernisse. Das Spiel bietet 80 Aufgaben in drei Schwierigkeitsstufen, die identisch aufgebaut sind. Über die Aufgabenkarte werden Kakerlaken, Kisten und der Kammerjäger platziert, zusätzlich werden Bewegungskarten vorgegeben, die die maximalen Züge zur Lösung der Aufgabe definieren. Wichtig ist, dass dabei genau die Ausrichtung des Kammerjägers zu beachten ist, denn die Karten beziehen sich stets auf seine Perspektive, In der Draufsicht sehen wir dabei seine Füße und über die Karte sein wesentliches Arbeitsgerät. Einen Kakerlakensauger, der mit enormer Kraft ausgestattet ist, denn in seiner Saugrichtung ist vor ihm bei freier Sicht über sieben Felder hinweg keine Kakerlake sicher und verschwindet im Staubsaugerbeutel. Teubners besondere Idee bei SCHABEN JAGEN ist die Dynamik, die er in sonst meist statische Logikspiele bringt. Denn nicht nur der Kammerjäger wandert, sondern nach seinem Zug auch die Kakerlaken. Sie krabbeln in Pfeilrichtung, machen U-Turns bei Hindernissen und dem Spielfeldrand, besteigen sich aber selbst.
Die krabbelnden Schaben sind auch ganz ohne Elektronik der Pfeffer dieses Spielegerichts, das Teubner hier kredenzt. Die Bewegungen mit einzukalkulieren, zu überlegen, wo möglichst viele Kakerlaken in zwei oder drei Zügen stehen, machen aus SCHABEN JAGEN ein anspruchsvolles Solospiel. Auch die letzte Regelerweiterung, die vor Level 6 kommt, mit der Kisten aufgestellt und entfernt werden dürfen, bringen für die Jagd neue Anforderungen.
Teubners achtes Spiel bei moses. zeigt die Bandbreite, in der sich der Autor inzwischen bewegt. Der Stempel „Kinderspielautor“ passt nicht mehr. Teubner kann Vieles, Quizspiele (am KNEIPENQUIZ ist er beteiligt), Krimispiele (TATORT und mehr) und nun auch Logikspiele, davon bitte mehr!
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: SCHABEN JAGEN
Autor: Marco Teubner
Grafik/Design: Folko Streese
Verlag: moses.
Alter: ab 10 Jahren
Spielerzahl: 1
Spielzeit: ca. 10 Min.
Preis: ca. 17 Euro
Spiel 66/2018
Samstag, 10. November 2018
MEEPLE CIRCUS
Warnung vorweg: Wenn Sie dieses Spiel mit App-Begleitung spielen, verfolgt sie ein Ohrwurm. Der Zirkusmusikklassiker zu „Hereinspaziert – Manege frei!“ dudelt ständig als Timer, Sie können aber auch variieren und in den „Metal- „oder „Cartoon-Circus“ gehen, sogar Klezmer wird angeboten. Keine Angst ich bin nicht unter die Musikrezensenten gegangen, ich komme ja nicht einmal mehr zu meinen Krimirezensionen.
Worüber rede ich, na klar, den Messetrend der Spiel 2018, den Geschicklichkeitsspielen, die neben den Unique Games die einzigen Akzente setzten. Mit Tusch und Beckenschlag gelang dies MEEPLE CIRCUS von Cédric Millet besonders gut. Einen kleinen Eindruck von Musik und Zirkuskunststück gibt sein Twitter-Account.
Mit eigener Manege und einem unerfahrenen und etwas talentierteren Akrobaten starten zwei bis fünf fingerfertige Artisten zu einer unterhaltsamen Vorstellung in drei Akten. In den jeweiligen Aufwärmphasen werden die Requisite geplündert und neue Artisten und Tiere angeworben. Dazu bedienen sich die Akteure reihum aus Repertoire- und Darbietungsplättchen. Sie haben dabei Zuschauerwünsche im Blick und generelle Wertungsregeln. Die Zuschauer mögen Akrobaten, die sich geschickt auf Fässern bewegen können, sie lieben Balanceakte, menschliche Pyramiden und Auftritte mit Pferden und Elefanten. Erfüllte Wünsche bringen Applaus, der auf dem „Klatschometer“ abgetragen wird. Unabhängig davon gibt es Punkte für jeden Akrobaten. Für die unerfahrenen, wenn sie in der Manege bleiben, für die erfahrenen, wenn sie den Boden nicht berühren und für die Profi-Akteure, die man sich tunlichst beim Aufwärmen besorgen sollte, wird nach Höhe ihres Einsatzes kräftig geklatscht. Sind alle vorbereitet, kommt der gemeinsame Auftritt zeitgleich in jeder Manege. Begleitet von zweiminütiger Musik stapeln alle hoch und versuchen, sofern Material und Tiere vorhanden sind, Zuschauerwünsche zu erfüllen. Die schnellsten beiden Artisten bekommen Geschwindigkeitspunkte. Über alle anderen Darbietungen entscheiden die Zuschauer und die Position der Akrobaten.
Wer nun hinten liegt, startet die nächste Runde und hat damit den ersten Zugriff auf neues Material und nun auch Gaststars wie Muskel-Mike oder eine Seiltänzerin. Sonst verläuft der zweite Akt im MEEPLE CIRCUS wie gehabt, bevor wir zur Gala-Aufführung kommen. Die Vorbereitung läuft vergleichbar, nur beinhalten die Darbietungsplättchen ganz besondere Aufgaben, die zudem noch mit technischer und unterhaltsamer Note erweitert werden können. Standardmäßig kommen auf die Artisten Aufgaben zu, wie ununterbrochenes Mitsingen, Klatschen, Bedanken und pausierendes Schmausen. Damit die Erfüllung der letzten Aufgaben auch kontrolliert werden kann, hat jeder nun seinen Soloauftritt und Sie können sicher sein, unter Beobachtung zittern die Hände mehr.
Der Zirkusbesuch dauert nicht lange, zu zweit maximal eine halbe Stunde. Nur in Vollbesetzung kann es sich etwas hinziehen, da wird vor allem die letzte Runde redundant. Grundsätzlich ist der Beifall nach einer Spielrunde groß. Das Jonglieren mit Tieren in möglichst hohen Pyramiden weckt Emotionen, inklusive der Dauernachwirkung im Gehörgang. Die Zirkusmusik dudeln einige noch beim dritten Spiel danach. Nimmt man die Wertung ernst, hat das Spiel aber Schwächen. Wer als Letzter oder Vorletzter in der Runde keinen Elefanten abbekommt oder ein lila Fass, verpasst wertvolle Zuschauerpunkte. Das ist fast durchgängig ein Problem und wird nur etwas über den Wechsel des Startspielermarkers aufgefangen. Gewisse Vorbehalte gibt es manchmal auch gegenüber einigen Aufgaben der letzten Runde. Andere dagegen sehen besonders bei den spaßigen Ergänzungskarten eine zusätzliche Stärke des Spiels, wenn man über das Privatleben seiner Akrobaten plaudern „darf“ oder wenn der Clown mit Tomaten beworfen wird und sich dafür selbst bestraft. Bestrafung ist dieses Spiel wahrlich nicht, sondern vergnügliche Unterhaltung, die die Zuschauer immer wieder in den MEEPLE CIRCUS führt.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: MEEPLE CIRCUS
Autor: Cédric Millet
Grafik/Design: Sabrina Tobal, Angelina Costamania, Mathieu Leysenne
Verlag: Pegasus / Matagot
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2 - 5
Spielzeit: ca. 30 - 60 Min.
Preis: ca. 38 Euro
Spiel 65/2018
Mittwoch, 7. November 2018
JUST ONE
Wortkarge Zeitgenossen werden begeistert sein. JUST ONE lässt nur ein Wort zur Begriffsbeschreibung zu und bietet dem Enträtsler entsprechend rudimentäre Codewörter.
Das unauffällige JUST ONE von Ludovic Roudy und Bruno Sautter in der Umsetzung von REPOS Production hat mir in Essen auf dem Jury-Abend und danach häufig anspruchsvolle Unterhaltung beschert. Das kooperative Wort-Rate-Spiel für drei bis sieben Spieler, denkbar wären auch mehr, beruht auf einer ganz einfachen Idee.
In 13 Raterunden wechselt im Team der aktive Spieler, der einen von fünf Begriffen, die er nicht sieht, erraten muss. Er legt zu Beginn fest, um welchen Begriff es in seiner Runde geht und alle anderen notieren ein Hinweiswort, dass es dem Ratenden ermöglichen soll, auf den Begriff zu kommen. Hat er sich beispielsweise von einer Karte das 5. Wort gewünscht, sehen seine Mitspieler den Begriff „Reformation“. Alle sind versucht, „Luther“ zu notieren, aber eine wesentliche Regel von JUST ONE besagt, dass doppelte Begriffe rausfliegen. Da gilt es schon, etwas um die Ecke zu denken. In Niedersachsen zündet im Augenblick schon der Begriff „Feiertag“, den wir erstmalig am 31.10. genießen durften, um etwas gegenüber den Bayern aufzuholen. „Bora“ macht es schon schwerer und führt zu abwegigen Gedanken, da man „Katharina“ regelkonform nicht ergänzen darf. „Martin“ wäre eine Alternative, aber eine gefährliche, da diese Idee andere auch haben könnten. „Wittenberg“, „Thesen“, „Wartburg“, „1517“ sind gute Alternativen, bergen aber die Gefahr, dass die Antwort „Luther“ sein wird.
Die Vielschichtigkeit des scheinbar simplen Grübelns nach einem Wort wird deutlich. Die Lösung ergibt sich dann oft durch die Gesamtkonstellation. An vielen richtigen Ergebnissen ist die Gruppe interessiert, wird sie doch am Ende bewertet. Psychologisch aufbauend am Anfang, wenn nur fünf richtige Ergebnisse zu Buche stehen. Verdoppelt auf zehn korrekte Rateergebnisse, heißt es dann eher anspornend, dass das Ergebnis sich sehen lassen könne. Da will man doch mindestens ein „Genial!“ hören, dass nach elf von 13 Punkten zu lesen ist. Im Grunde genommen spielt dieser Wertungsteil keine Rolle, er ist aber meist Ansporn zur zweiten Runde, die besser verlaufen soll. Was die Gruppe dann meistens schafft, da die Partner sich auf eine gewissen Varianz ihrer Antworten einstellen und deutlich seltener Begriffe ausschließen müssen.
Meine aktuelle Begeisterung beruht auf Gruppengrößen jenseits von vier Spielern. Im Spiel zu dritt schreiben die beiden Tippgeber jeweils zwei Begriffe auf. Das hat den Vorteil, dass hier durch zwei ergänzende Worte sich der gewünschte Kontext deutlicher herstellen lässt. Zu viert taucht durchaus häufiger das Problem auf, dass zwei identische Begriffe eliminiert werden müssen und der ratende Spieler damit nur mit einem Hinweis konfrontiert ist. Das reicht oft nicht für eine korrekte Lösung.
Materialtechnisch nutzt Repos kleine Standtafeln, die man von abwischbaren Namensschildern her kennt, dazu Stifte mit integrierten Wischgummi, die zuletzt in SPEED COLOURS von der Game Factory aufgetaucht sind. Die Standtafeln besitzen eine kleine Halterungsschiene, in die Wortkarten gesteckt werden. Diese haben den kleinen Nachteil, dass sie über die Tafeln hinausreichen und mindestens die ersten zwei Begriffe über die Rückseiten durscheinen und für den Ratenden lesbar sind. Mit Doppelsteckung der Karten lässt sich dieses Defizit aber beheben.
Für große Gruppen tendiere ich zur höchsten Wertung, im Gesamtpaket spiele ich aber JUST ONE auf alle Fälle morgen gerne wieder mit.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: JUST ONE
Autoren: Ludovic Roudy und Bruno Sautter
Grafik/Design: Éric Azagury
Verlag: Asmodee / Repos Production
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 3 - 7
Spielzeit: ca. 20 Min.
Preis: ca. 25 Euro
Spiel 64/2018
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