Samstag, 3. April 2021
YINSH
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
YINSH
Kris Burm ist etwas Einmaliges gelungen, im unbeliebten Marktsegment der abstrakten Zweipersonenspiele nicht eins, nicht zwei, nicht drei, nicht vier, sondern inzwischen fünf hervorragende Spiele entwickelt zu haben. Ich will dabei gar nicht auf das alle Spiele verbindende Gipf-Projekt eingehen, mit dem ich nie viel anfangen konnte. Ich will auch nicht auf meine persönlichen Vorlieben eingehen, natürlich gibt es die, natürlich finde ich das eine Spiel dann doch noch etwas besser als die anderen ebenfalls sehr guten Spiele. Ich will an dieser Stelle nur ausdrücklich den Autor loben, der fünf völlig unterschiedliche Spiele anbietet, die alle faszinierend umgesetzt sind und von außerordentlicher Spielqualität sind.
Kris Burm, ich ziehe meinen Hut: „Hochachtung!“
Nach dieser Einleitung ist klar, dass die Beschreibung von Burms neuestem Spiel kein Verriss sein kann. YINSH folgt dem „Fünf in einer Reihe“-Prinzip, enthält aber auch Elemente von REVERSI. Die Burmsche Besonderheit sind die fünf Ringsteine, die jeder der Spieler besitzt, sie steuern das Spiel und sorgen für dessen Ausgewogenheit, so dass es am Ende stets knapp zugeht. Auf einem sechseckigen mit einem Dreiecksraster markierten Spielfeld, dem die sechs Ecken allerdings fehlen, platzieren die Spieler ihre Ringe auf die Schnittpunkte der Linien. Diese Ausgangspositionen sind insofern von besonderer Bedeutung, weil im Spiel jeder bewegte Ring eine Spur in Form eines Markierungssteines hinterlässt. Diese 51 Steine besitzen eine schwarze und eine weiße Seite, sie bleiben statisch, was ihre Position angeht, trotzdem sind sie unsichere Kantonisten, da sie immer wieder ihre Farbe wechseln können. Immer dann, wenn ein Ringstein über ausliegende Markierungssteine springt, müssen sie gedreht werden. Die Ringsteine dürfen sich geradlinig beliebig weit bewegen, sie sind in ihrer Zugweite nur blockiert durch die Grenzen des Spielfeldes, durch andere Ringsteine, nicht durch Markierungssteine, die müssen notwendigerweise übersprungen werden. Hierbei ist nur zu beachten, dass der Ring, sobald er einen oder mehrere zusammenhängende Steine überspringt, exakt hinter dem letzen landen muss. Ziel des Springens und Drehens ist es, fünf Steine einer Farbe in einer Reihe zu haben. Diese fünf Steine kommen vom Spielbrett zurück in den Vorrat der Markierungssteine, zusätzlich muss ein Ringstein aus dem Spiel genommen werden. Gelingt das einem Spieler dreimal, endet eine Partie YINSH.
Sie sehen, YINSH ist ein schnell zugängliches Spiel, dass, wie meist bei Kris Burm, seine Vielschichtigkeit erst im Spielablauf beweist. Genial ist bei YINSH die Schwächung des Führenden gelöst. Einerseits schwächt der Verlust des Ringsteines die Positionen des Spielers auf dem Spielbrett, so dass ein Aufholen deutlich leichter wird, andererseits öffnet auch die Herausnahme der fünf Markierungssteine neue Perspektiven für den nachziehenden Gegenspieler. Entscheidend ist die dritte Fünfer-Reihe und nur um die muss man sich langfristig Gedanken machen. Gerade bei YINSH erlebt man immer wieder die Bestätigung des Sprichworts: Die Letzten werden die Ersten sein.
Nicht nur das Spiel ist fantastisch, auch in der Umsetzung hält Kris Burm die Qualität der bisherigen GIPF-Spiele. Die Grafik ist äußerst gelungen, das Spielmaterial ist funktional und ansprechend, das Spielbrett kommt vielleicht etwas blass daher. Aber wir wollen uns ja auf das Notwendige, das Spiel konzentrieren.
Titel: YINSH
Verlag: Don & Co.
Autor: Kris Burm
Spieler: 2
Alter: ab 9
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: 25 Euro
Spiel 26/2003 R58/2021
Die Rezension erschien 2003 www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 8 von 10 Sternen,
das entspricht: gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Kris Burm startete mit dem österreichischen Verlag Peri-Spiele. INVERS, sein erstes Spiel, war gleich ein großer Erfolg. Er landete damit auf der Auswahlliste für das Spiel des Jahres 1991. Später erschienen neben OXFORD noch BI-LITAIRE und TASHKENT DOMINO bei Peri.
Der 1957 geborene belgische Autor ist aber vor allem bekannt durch sein GIPF-Projekt, mit Ideen, die er ursprünglich im Eigenverlag Don & Co herausgebracht hat, die später dann zuerst bei Schmidt und ab 2016 bei HUCH! erschienen.
Mit fast allen Spielen dieser Reihe landete er auf der Auswahl- oder späteren Empfehlungsliste für das Spiel des Jahres. Darunter GIPF selbst 1998, ZÈRTZ (2000), DVONN (2002), YINSH (2003), PÜNCT (2006) und TZAAR (2008).
Das Bild stammt aus Essen 1997, als Burm GIPF erstmalig präsentierte.
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