Dienstag, 13. März 2018
DWEEBIES
Tim Roediger kennen wahrscheinlich nur ganz wenige. Der australische Autor hat seit 2010 erst fünf Spiele veröffentlicht, sein Versteigerungsspiel MONSTA kam 2011 bei Amigo heraus. Witzige Monster spielten auch in seinem ersten Spiel DWEEBIES eine Rolle, das Gamewright 2010 veröffentlichte. Inzwischen ist diese erste Ausgabe richtig teuer und wird gesucht. Unter 35 Euro geht im Augenblick nichts für das kleine Kartenspiel.
Acht Jahre später finden die DWEEBIES dank der Schweizer Game Factory zurück auf den Spieltisch und werden für eine Preisanpassung sorgen. Wer sich fragt, was DWEEBIES sind? Nun ja, sie stecken irgendwie alle in uns, die kleinen Monster mit Kugelaugen und gebleckten Zähnen. Die Rohform blickt uns erhaben geprägt auf der Metallschachtel an, im Spiel erleben wir 27 DWEEBIES als Angler, Judoka, Arzt und Superman, wir können uns aber auch mit ihm auf das anstehende Osterfest einstimmen.
DWEEBIES sind verrückte Wesen, die manchmal die Einsamkeit lieben und nur alleine leben, aber auch als Gesangsquartett auftreten könnten. Ihre Kartenverteilung schwankt nämlich zwischen einer Karte und vier Karten, die im Spiel vorkommen. Jeder DWEEBIE zeigt durch kleine Punkte seine Verteilungshäufigkeit an. Warum ist das wichtig? DWEEBIES wollen miteinander agieren, deshalb kommen sie in eine orthogonal angelegte Auslage. Jeder der bis zu sechs Spieler hat fünf von den insgesamt 54 Karten auf der Hand und spielt eine in die Tischauslage. Tauchen zwei identische DWEEBIES in einer Spalte oder Reihe auf, werden sie als Siegpunkte aufgenommen. Liegen Karten dazwischen, landen die gleich mit im Siegpunktstapel.
Der Spielrhythmus ist klar. Zuerst spiele ich Solo- DWEEBIES wie den Robin und den Maler aus. Habe ich zufällig den Arzt oder Angler doppelt, bereite ich mit denen eine Übernahme-Coup vor und hoffe, dass mir die zuerst gelegte Karte nicht von einem anderen DWEEBIE-Paar weggeschnappt wird. Allzu lang werden die Reihen nie, Superman schlägt dann doch meist zweimal zu, den gibt es nämlich viermal. Wer sich erinnern kann, welche Karten so weggeschnappt wurden, ist gut dran, denn das lässt sich in die eigene Planung einbauen.
Die DWEEBIES sind eine interessante Mischung aus taktischem Legespiel und MEMO. Die taktischen Anforderungen machen das Spiel für Grundschüler interessant. Der Schweizer Verlag empfiehlt es ab sechs Jahren. Das klappt mit spielaffinen Kindern, das geschickte taktische Spielen setzt aber erst mit sieben oder acht Jahren ein, dann kann man auch besser mit dem Frust umgehen, wenn wieder einmal eigene DWEEBIES stibitzt wurden. Mit DWEEBIE-Chips lassen sich auch kleine Turniere spielen, die besonders in großer Runde Spaß machen. Die Bilder der DWEEBIES kommen sehr gut an. Wer will darf seinen eigenen DWEEBIE zeichnen, an den Verlag schicken und Spiele der Game Factory gewinnen. Die DWEEBIE-Vorlage finden Kinder auf der Rückseite der Regel.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: DWEEBIES
Autor: Tim Roediger
Grafik/Design: Christopher Lee
Verlag: Game Factory
Alter: ab 6 (besser 7) Jahren
Spielerzahl: 2 - 6
Spielzeit: ca. 15 - 20 Min.
Preis: ca. 13 Euro
Spiel 22/2018
Montag, 12. März 2018
DIE HÖRBIES
Kinderspiele waren bisher eigentlich weniger das Genre, in dem sich Wolfgang Lehmann bewegt hat. Von einer Ausnahme zusammen mit seiner Frau Christine einmal abgesehen, aber GEISSLEIN VERSTECK DICH! (Haba) ist schon 15 Jahre alt. Aufgefallen ist der in der Nähe von Stuttgart lebende Autor zuletzt vor allem durch das raffinierte DRUIDS (Amigo) in der Kooperation mit Günter Burkhardt. Seit Herbst letzten Jahres gibt es aber ein ungewöhnliches Kinderspiel von ihm: DIE HÖRBIES, die wieder im Hause Haba erschienen sind.
Lehmann spielt mit den Sinnen kleiner Kratzmonster. Etwas unüblich beschränkt er seine Spielerzahl auf drei bis vier, die aber zu einem besonderen Hörerlebnis kommen. Verlassen wir einmal ganz schnell die etwas verworrene Ausgangsgeschichte von Bauleiter und Handwerkern und kommen zum Spielkern. Starten sollten alle erst einmal nur mit den 25 gelben und leichteren Aufgabenkarten, das sind einfache Strichzeichnungen von Alltagsgegenständen vom Apfel bis zum Würfel. Jeder hat hinter seinem Sichtschirm einen Überblick über alle Motive und eine Tafel, auf der er Gehörtes markieren kann. Der Startspieler erhält statt dieser Tafel ein „Kratzophon“, eine kleinere geriffelte Tafel, die Kratzgeräusche hinterlässt, wenn Kinder mit dem Stift darüber fahren.
Der „Kratzer“ nimmt sich eine Aufgabenkarte und zeichnet dieses Bild möglichst zusammenhängend auf dem Kratzophon nach. Linien und Kreise sollten stets als Einheit gehört werden, ganz einfach wird es bei den Punkten, die das kratzende Kind klopfen muss. Die Zuhörer zählen Punkte, Linien und Kurven und versuchen dazu auf ihrer Tipp-Karte ein passendes Bild zu finden. Wer unsicher ist, darf nochmaliges Kratzen einfordern. Dann wird aufgedeckt und bei richtigen Tipps gibt es aus einer verdeckten Auslage Häuserplättchen, mit denen jeder an einer Hörbiestadt bastelt, die möglichst viele Punkte wert ist. Wer als erster vier verschiedene Gebäude sammeln konnte, ist der Gewinner. Dieses Spiel neben dem Spiel hat wenig mit dem Hörerlebnis zu tun und ist eigentlich überflüssig. Zumal gut hörende Kinder mit Pausenplättchen und Häusern, die sie schon haben, nicht gerade belohnt werden. Einfache Gewinnchips hätten da ausgereicht, denn die Innovation der HÖRBIES liegt im Erraten der Kratztöne.
Diese Grundidee ist klasse. Herumwuselnde Kinder zu völliger Ruhe zu bringen, ist mit den HÖRBIES möglich. Die Erfolgserlebnisse bei der Tippauflösung hängen aber sehr von der Bildvorlage ab. Die Leiter mit ihren fünf Sprossen ist gut hörbar, alle Punktbilder werden ziemlich sicher abgezählt gehört, auch die Sonne mit ihren vielen Strahlen und die Regenwolke bekommen Fünfjährige meistens noch heraus. Dann wird es aber oft schwer und artet zu Rumgerate aus. Ein Trick zur Auflösung ergibt sich dann manchmal nicht durch das Zuhören, sondern das Beobachten der Handbewegung beim Malen. Mit den jetzigen Malvorgaben klappt das Spiel nur mit den leichten Aufgaben, wobei ich mir redaktionell mehr wirklich erhörbare Bilder gewünscht hätte. Lehmanns Idee sollte nicht in der Versenkung verschwinden, aber redaktionell noch einmal besser präsentiert werden, ohne MEMO-Schnickschnack mit besseren Bildern. Warum sollten nicht mindestens die Hälfte der Bilder mit Punkten versehen sein, wobei man bei gleichen Punkten auf das zeichnerische Hörumfeld achten muss. In der aktuellen Form eine erfrischende Höridee, die aber noch nicht ganz überzeugt.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: DIE HÖRBIES
Autor: Wolfgang Lehmann
Grafik/Design: Raimund Frey
Verlag: Haba
Alter: ab 5 Jahren
Spielerzahl: 3 – 4
Spielzeit: ca. 15 - 20 Min.
Preis: ca. 15 Euro
Spiel 21/2018
Dienstag, 6. März 2018
DAM IT!
Was ist das denn? Ernies Quietsche-Ente ist beim letzten Wettrennen nicht eingesammelt worden, ein ganzes CARCASSONNE-Spiel treibt im Fluss und mein geliebtes altes Nokia 3310, das 126 Millionen Mal über den Ladentisch wanderte, wird gerade aus dem Wasser gefischt. Bob, der Biber, von der bibereigenen Müllabfuhr, ist unterwegs, damit seine Artgenossen mit hoher Sortenvarianz an Holzdämmen werkeln können.
In DAM IT! muss ich zu Beginn ganz besonders die Arbeit des Illustrators Thomas Hussung loben. Der 28-Jährige Hamburger, der schon während seines Matheunterrichts mehr Monster gezeichnet als Aufgaben gelöst hat, liebt phantasievolle Wesen, was er in seinem Kinderbuch DER BRÜCKENTROLL wunderbar vorführt. Mit ROB’N RUN (PD Spiele) hat er 2017 die Spieleszene betreten. DAM IT! ist erst sein zweites Spiel, das er illustriert hat. Seine Bilderwelt ist voller Anspielungen bis hin zum fiktiven NECRONOMICON, einer Schöpfung von Lovecraft aus dem Cthulhu-Mythos. Da kann ich nur sagen: Mehr von ihm!!!
Auch für den kanadischen Autor Graeme Jahns ist es erst das zweite Spiel, das er nun nach ALBA LONGA (HUCH!) veröffentlichen konnte. DAM IT! hat alles, was ein gutes Familienspiel ausmacht: Ein witziges Thema, ein leicht zugängliches Regelwerk, den hohen Aufforderungscharakter durch die grafische Gestaltung und einen zügigen Spielablauf. Die Regelerklärung kann ich mir allerdings eigentlich sparen, ich muss nur von einem MAJESTY-Light sprechen. Statt an unserer Stadt bauen wir an Biberdämmen, die Kartenaufnahme wird identisch geregelt, nur dass die Meeple in MAJESTY jetzt aus dem Fluss gefischt werden und durch Holzklötzchen ersetzt sind.
Für alle, die das Hand im Glück-Spiel nicht kennen, eine kurze Erklärung des Prinzips beim Dammbauspiel. Die zwei bis vier Spieler wollen möglichst wertige Dämme errichten, die ihnen drei bis 17 Siegpunkte bringen. Dazu brauchen sie durchweg unterschiedliche Hölzer, die im Fluss treiben und Bauwerte zwischen ein und drei Punkten erbringen. Pro Spielzug darf jeder ein Teil aus dem Fluss fischen. Die vorderste Karte aus der offenen Auslage ist kostenlos, die hinterste vom offenen Nachzugstapel kostest vier „Trittsteine“, das sind die Holzklötze. Das Problem der Dammarchitekten, sie bekommen nur vier Steine am Anfang. Da sieht man zwar das Dreier-Holz auf dem Nachziehstapel herandriften, aber es ist einfach zu teuer. Zumal die Klötzchen eher der Schadenminimierung dienen, denn im Fluss treibt so mancher Unrat, wie wir oben schon gehört haben. Bücher, Handys, Spielsteine und Entchen sehen zwar nett aus, können aber in der Addition 25 Minuspunkte bringen. Deshalb sind alle nicht nur auf der Suche nach hochwertigem Holz, sondern sehnen auch die Müllabfuhr herbei, mit der sich der Müll entsorgen lässt. Das muss allerdings vorausschauend geschehen, denn der floßfahrende Biber sorgt sich nur um kommende Müllkarten und nicht um schon eingesammelte.
Der Ablauf ist simpel, entweder nehme ich eine Karte auf oder ich nutze meine gesammelten Karten, um einen möglichst wertvollen Damm zu errichten. DAM IT! endet, wenn 15 Dämme gebaut sind oder der Nachschub an Flusskarten nicht mehr ausreicht. Am Ende werden Damm-Werte, Müllabfall und restliche Holzklötzchen bilanziert. Wer nach 20 Minuten die Biberzähne vorn hat, gewinnt dieses witzige Spiel, das aber unter der dem Genossen Michail Gorbatschow zugeschriebenen Mahnung „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“ leiden muss. DAM IT! ist zu nah an MAJESTY, ist harmloser im Spielablauf und bietet nicht dessen zusätzlichen Reiz. Ein gutes Spiel, das aber leider ein Jahr zu spät veröffentlicht wurde.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: DAM IT!
Autor: Graeme Jahns
Grafik/Design: Thomas Hussung
Verlag: HUCH!
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4 Spieler
Spielzeit: ca. 20 Min.
Preis: ca. 13 Euro
Spiel 18/2018
Samstag, 3. März 2018
ILLUSION
Richtig oder falsch? (s.u.)
Christoph Post von der Brettspielbox ist zu verdanken, dass so langsam Informationen über den diesjährigen Shooting Star unter den Autoren durchsickern. Wolfgang Warsch, dessen geniales THE MIND ich vor 20 Tagen besprochen habe, ist 38 Jahre alt, wohnt und arbeitet in Wien, hat eine dreijährige Tochter, die in einem Monat ein Brüderchen bekommt. Interessant ist, dass Warsch eigentlich ein richtiger Seltenspieler war, der vielleicht zweimal im Jahr an einem Partyspiel teilnahm. Deshalb ging sein Erstling DREAM TEAM (Zoch) auch in diese Richtung. Zum Spielen ist, der in der Krebsforschung tätige Warsch, erst während einer längeren Phase in Cambridge gekommen. Seit 2012 bietet er gezielt Ideen Verlagen an und hat, wie sich nun zeigt, viel Erfolg damit. Den vier Neuheiten von Nürnberg sollen in Essen noch weitere folgen.
Auch ILLUSION, sein zweites Spiel bei NSV, ist ungewöhnlich. Wieder gibt es ein bekanntes Grundkonzept und eine überraschende Interpretation des Autors. Es geht um Kartenreihen, die erweitert oder deren Ablageregel angezweifelt wird. Das kennen wir über die vielen Varianten von ANNO DOMINI. Inzwischen gibt es 32 verschiedene Ausgaben dieser Serie mit insgesamt über 10.000 Ereignissen. Warsch macht das Expertenspiel für Historiker massentauglich.
Seine pfiffige Idee besteht darin, die historischen Daten durch Farbanteile zu ersetzen. Es geht damit weniger um Wissen, als um das, was alle besitzen, ein Gefühl für Wahrnehmung von Mengenanteilen bei Farbflächen. Rote, blaue, grüne und gelbe Flächen kommen in geometrischen Formen, Buchstaben und Farbklecksen vor. Deren jeweilige rückseitig angegebenen Prozentanteile beziehen sich auf die gesamte Kartenfläche, wobei der Anteil der weißen Umgebungsfarbe nicht zu unterschätzen ist.
Der Ablauf ist bekannt. Ein Farbpfeil legt die Einschätzvorgabe für die aktuelle Runde fest. Eine Startkarte kommt daneben und danach muss die oberste Karte vom Nachziehstapel richtig zugeordnet werden. Statt anzulegen darf auch die Korrektheit der kompletten Reihe angezweifelt werden. Da kann ich selbst noch so richtig angelegt haben, werde aber für die Fehler anderer bestraft, die ich allerdings vorher hätte erkennen können. Da es nur um den Gewinn von drei Pfeilkarten geht, führt diese Regel meist zu kurzen Farbketten. ANNO DOMINI arbeitet da simpler mit zwei oder drei Strafkarten, was oft zu viel längeren Ketten führt.
Der Aufforderungscharakter der Farbschätzungen ist hoch. ILLUSION gehört für mich daher ab sofort zu den Türöffner-Spielern für Wenigspieler. NSV hat einige davon im Programm. Die Idee trägt, mir fehlen aber die echten ILLUSIONen, die falschen Wahrnehmungen, optischen Täuschungen. Es bleiben doch meist ziemlich kalkulierbare Schätzungen ohne große Überraschungen. Daher hält sich der Wiederspielreiz bei Vielspielern in Grenzen.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: ILLUSION
Autor: Wolfgang Warsch
Grafik/Design: Oliver und Sandra Freudenreich
Verlag: NSV
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2 - 5 Spieler
Spielzeit: ca. 15 Min.
Preis: ca. 9 Euro
Spiel 17/2018
(Seite 1 von 1, insgesamt 4 Einträge)