Montag, 30. März 2020
MAD NOOKS
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Flügeldomino: MAD NOOKS
Ulf Siebert gehört noch zu den relativ unbekannten Spieleautoren aus den neuen Bundesländern. Vor der Kleinauflage von MAD NOOKS hat er mit MOSAIKO und AMEISEN IM KÜHLSCHRANK zwei Spiele bei Hiku herausbringen können. Genauso verrückt wie der letzte Spieltitel scheint sein Legespiel MAD NOOKS zu sein. Ein Hirnverzwirbler, der sich gut allein, aber auch mit mehreren Mitspielern spielen lässt.
38 flügelartig geformte farbige Puzzleteile mit unterschiedlichen Anteilen der Farben schwarz, blau, rot und grün müssen nach dem Dominoprinzip möglichst punkteträchtig angelegt werden. Für jede Seite, die die MAD NOOKS-Teile beim Anlegen berühren, gibt es je einen Punkt. Das Grundprinzip ist nicht gerade originär zu nennen, das Besondere an MAD NOOKS sind die originell geformten Pappdominoteile. Die winkligen Flügelformen ergeben skurrile Gebilde, die oft überraschende Anlegemöglichkeiten auch über die kurzen Flügelseiten ermöglichen.
Siebert schlägt für sein Spiel mehrere Varianten vor. Da gibt es das MAD NOOKS-Classic, bei dem jeder Spieler vier Teile zur Auswahl besitzt. Derjenige, der nach Legen aller MAD NOOKS-Teile am meisten Anlegepunkte erreicht, gewinnt dieses Spiel. Geachtet werden sollte dabei auf eine gerechte Verteilung der Plättchen. Sieberts Regel gibt dazu leider keine Hinweise.
Reizvoll ist die Variante MAD NOOKS-Poker, bei der jeder Spieler ebenfalls vier Teile auf der Hand besitzt und ein Teil offen vor sich liegen hat. Anlegeplättchen dürfen nachgekauft werden und dann wird darum gepokert, wer am meisten Punkte mit seinen fünf Teilen erreichen wird. Das Anlegen selbst darf nicht ausprobiert werden, muss also geistig vorgedacht sein. In der Solitär-Version sollen die Teile mit möglichst wenigen Freiräumen zusammengepuzzelt werden.
MAD NOOKS merkt man die Eigenproduktion an. Das Spiel aus dem Verlag „Spielarten“ kommt in einer kleinen stabilen Schachtel daher. Die Pappteile sind teilweise nicht sauber geschnitten, auch der Farbdruck sitzt nicht immer exakt. Dass Regelschreiben eine ganz eigene Kunst ist, muss sich Ulf Siebert auch sagen lassen. Trotzdem hinterlässt dieses selbst produzierte Spiel des Autors aus Leipzig einen guten Eindruck, es enthält innovative Elemente aus dem scheinbar abgegrasten Dominobereich, so dass eine Kaufempfehlung ausgesprochen werden kann.
Wieland Herold
Titel: MAD NOOKS
Verlag: Spielarten Ulf Siebert SAUS, Dresdner Str. 59, 04317 Leipzig
Telf. 0341/6883219 ; Homepage : www.ulfsiebert.de
Autor: Ulf Siebert
Spieler: ab 1
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: 15 bis 20 Minuten
Preis: ca. 7 Euro
Die Rezension erschien 2002 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Spiel 2/2002 R 27/2020
Das Bild oben stammt vom Spieleautorentreffen 1998 in Göttingen, rechts ist ein Prototyp von MAD NOOKS zu sehen.
Bekannt wurde Siebert, der als Ergotherapeut in Leipzig arbeitet, vor allem durch den 2004 erschienenen SCHLOSSGARTEN von Prestel.
Sonntag, 29. März 2020
TIJA
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
TIJA – die Mischung macht’s!
Die Oldenburger Klaus Tidow und Oliver Jakopaschke haben mit TIJA nicht nur ihren Spieleerstling in Kleinstauflage herausgebracht, sie haben sich auch mit ihren Spieltitel selbst verewigt. Gehen Sie also gar nicht erst lang auf die Suche nach eventuellen asiatischen Quellen, die beiden Anfangsbuchstaben der Nachnamen der beiden Autoren bieten uns die Lösung für den kryptischen Spieltitel.
Der Spielplan ist auf Leinen gedruckt, wobei er zusammengefaltet gleich die Verpackung des Spiels darstellt und der Aufnahme von 18 beidseitig bedruckten Spielsteinen und einer Spielregel dient. Die Anlage des Spielplans erinnert an den Klassiker BARBACAN. Hier wie dort geht es um die Eroberung eines Zentrums, wobei nicht alle Wege zum Mittelpunkt führen. Tidow und Jakopaschke liefern dazu eine interessante Mischung bekannter Spielmechanismen, ein bisschen DAME, ein bisschen FOCUS, ein bisschen TIJA.
Jeder der beiden Spieler erhält 9 Spielsteine, die jeweils in Dreiergruppen auf die Außenfelder des Spielplans gelegt werden, kein Stein hat dabei direkten Zugang zum Zentrum. Auf diese rot markierten Felder müssen die Steine erst noch gezogen werden. Pro Spielzug darf ein eigener Stein maximal ein Feld weit nach rechts, links oder Richtung Zentrum bewegt werden, nur am Anfang ist ein Zug über zwei Felder Richtung Mittelpunkt erlaubt. Türme dürfen bis zu einer Höhe von maximal 4 Steinen gebildet werden. Die Bewegungsweite ergibt sich aus der Höhe der Türme, wobei diese auch wieder aufgelöst werden können. Bewegen darf der Spieler, dessen Stein oben liegt. Zur Kennzeichnung sind die runden Holzscheiben auf der einen Seiten mit „Ti“, auf der anderen mit „Ja“ gestempelt. Zusätzlicher Pfiff kommt durch die Möglichkeit des Überspringens ins Spiel, dabei werden die übersprungenen Steine nicht aus dem Spiel genommen, sondern gewendet. So wird aus einem „Ti“-Stein schnell ein „Ja“-Stein. Diese Regel gilt auch für Türme, wobei man sich genau merken muss, wie die Besitzverhältnisse beim untersten Stein waren, da der ganze Turm umgedreht wird. Das letzte i-Tüpfelchen bringt die „Revolutionsregel“. Wird nämlich der Zentrumsstapel übersprungen, kehren sich auch dort die Verhältnisse. Es gewinnt der Spieler, der am Ende, wenn ein Spieler keinen Stein mehr bewegen kann, am meisten Steine im Zentrum hat. Für den Springerstein – es kann auch ein Turm sein - ist übrigens die Revolution selbstmörderisch, er wird aus dem Spiel genommen.
Die wenigen Regeln sorgen für einen vielschichtigen, abwechslungsreichen Spielverlauf. Es bringt nichts, schnell auf das Zentrum zuzueilen, das für jeden Einzelstein nach fünf Spielzügen erreicht werden kann. Die „Revolutionsregel“ bestraft solches Vorgehen. Die Anfangsphase spielt sich eher auf den Feldern des zweiten und dritten Kreises von außen ab. Da werden Türme gebildet, da werden Machtverhältnisse durch Überspringen geändert. Wer hier einen Vorteil erreicht, kann sich sicherer zum Zentrum aufmachen. Gegen Ende kann sich eine Partie TIJA hinziehen. Die Spielsteine müssen zwar auf das Zentrum zu bewegt werden, sie dürfen nicht zurückziehen, Bewegung seitwärts sind aber erlaubt. So gibt es oft einen Eiertanz der letzten Steine um revolutionäre Sprünge oder den gewinnbringenden letzten Zug ins Zentrum. Mit einer knappen Stunde Spieldauer müssen Sie schon rechnen.
Ein weiterer Wermutstropfen ist der augenblickliche Preis für das Spiel. Die Erstauflage wird für stolze 25 Euro verkauft. Viel Geld für eine ordentliche Spielidee, deren materialmäßige Umsetzung aber eher einen Preis von maximal 15 Euro zuließe. Klaus Tidow plant eine Neuauflage, bei der der Spielplan auf einem T-Shirt gedruckt sein wird.
Wieland Herold
Titel: TIJA
Autoren: Oliver Jakopaschke und Klaus Tidow
Verlag: TIJA -Spiele Ideen Verlag, Nelkenstr. 39, 26121 Oldenburg; tijaspiele@gmx.net
Spieler: 2
Alter: ab 8 Jahren
Dauer: ca. 45 bis 60 Minuten
Preis: ca. 25.- Euro
Die Rezension erschien 2002 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Spiel 1/2002 R 26/2020
Das Bild stammt von der Spiel in Essen 2001, links ist Klaus Tidow zu sehen.
TIJA blieb das einzige Spiel von Tidow&Jakopaschke. Einen Erfolg konnten beide Autoren noch 2003 vorweisen, da erreichte TIJA als Spiel im Heft eine Vervielfachung der Erstauflage.
Freitag, 27. März 2020
DON CARLO
Das Autoren-Pärchen Bernhard Lach und Uwe Rapp tingelt seit 20 Jahren erfolgreich durch die Spieleszene. Die beiden kennen sich aus dem Marbacher Schachverein. 40 Jahre schon spielt der Schlierseeer Germanist Rapp mit dem Juristen Lach das königliche Spiel und das auf professionellem Niveau. Immerhin bis in die 2. Bundesliga haben es die unweit der Schillerstadt in Erdmannhausen lebenden Rapp und Lach mit ihrem S.V. Marbach zeitweilig gebracht.
Abstrakte strategische Spiele liegen nahe, wenn die beiden ans Spieleentwickeln gehen. Das Gegenteil ist aber der Fall, leichte lockere Unterhaltung mit zum Teil hohem Glücksanteil spielen eher eine Rolle. Kinderspiele gehören ebenso zu ihrem Portfolio wie pfiffige Wissensspiele. 2003 landen sie mit ihrem Erstling FROSCHKÖNIG (Zoch) gleich auf der Empfehlungsliste der Jury für den Kinderspielbereich. Ihr nächstes Spiel AUSGERECHNET BUXTEHUDE (HUCH!) wird noch erfolgreicher. Neben der Platzierung auf der Empfehlungsliste 2006 erreichte die geographische Zuordnung deutscher Orte den ersten Platz der À la carte-Wertung der Zeitschrift Fairplay. Das FERNWEH hat die beiden inzwischen nach HONOLULU, UPPSALA, UNKEN, PANKOW, HAMBURG und KÖLN geführt. Danach warteten die Erdmannhäuser erst einmal zehn Jahre auf die nächste Würdigung, bis 2016 für QWINTO (NSV) ein weiterer Platz auf der Empfehlungsliste „Spiel des Jahres“ heraussprang.
Lach & Rapp treten fast ausschließlich im Duo auf. Wenn sie in ihrem Bunde einen Dritten aufnehmen, dann geht das nicht unter Kramer & Knizia. VERDREHTE SPRICHWÖRTER (Ravensburger) waren es 2008 mit Reiner Knizia. Mit Altmeister Kramer haben sie bereits vor zwei Jahren das Kartenspiel FAT FISH (HUCH!) veröffentlicht, aktuell schicken sie DON CARLO (moses.) nach Absurdistan.
DON CARLO & Co. sind 007-Ableger, Spione, die in Absurdistan und seinen Nachbarregionen wie Egoistrien und Schwadronien um Einfluss kämpfen. Dazu besitzt jeder einen Kartensatz mit 25 Agenten in den Werten 0 bis 6. Die niedrigeren Werte sind dabei häufiger im Spiel, die höchste Karte gibt es nur zweimal. Miss Moneypenny sorgt für Aufträge in sieben Ländern, die beim Einsatz der Spione ihre Landesziffer exakt erfüllt haben wollen. Nur Egoistrien (1-3) und Absurdistan (9-12) machen da eine Ausnahme, die addierte Codesumme in den beiden Ländern hat sich in diesen Zahlensektoren zu bewegen. James Bond könnte nur als 07 nach Neu Wahnitz im Protzland geschickt werden, das dem Wert 7 entspricht. Neben ihm tauchen aber der Agent „7“, „115“, „16“ sogar „1114“ usw. auf, keiner jedoch doppelt.
Aus vier Handkarten treffen die Kontrahenten ihre Auswahl und haben dabei mehrere Wertungsaspekte im Hinterkopf. Ein früher Einsatz löst Gleichstände auf, denn am Ende wird jeder Staat gewertet und je nach Länderwert gibt es Siegpunkte, wobei Egoistrien 3 bringt und Schwadronien 9. Oft wichtiger sind die Punkte, die en passant während des Spiels gesammelt werden, sodass ständige Buchhaltung wichtig ist. Je umkämpfter das Land ist, je mehr Agenten sich dort tummeln, umso mehr gibt es zu gewinnen, und zwar für jeden dort befindlichen Spion einen Siegpunkt. Bonuspunkte bringen Zahlenfolgen für die Agenten 012 bis 456, doppelte Punkte sogar die echten Triple-Spione 111 bis 444.
Was simpel klingt, hat durchaus Anspruch. Alle sind zwar abhängig von ihrer jeweiligen Kartenhand, anfangs stehen den Spionen aber viele Länder offen. Trotzdem ist effektiver Karteneinsatz geboten. Das persönliche Spielende tritt dann ein, wenn ein Spieler keinen einsetzbaren Codenamen für einen Agenten aus seinen restlichen Karten bilden kann. Zu viele hohe Werte sollte man deshalb nicht bis zum Ende aufheben, da jenseits der „12“ die Enttarnung droht, ein 5er oder 6er Wert in der Rückhand macht aber durchaus Sinn. Niedrige Karten lassen mehr Kombinationen zu und oft die, die noch nicht ausliegen. Sich solche Hintertürchen offen zu halten, ist wichtig, eine gute Übersicht über die freien Optionen hilfreich. Von langen Einsatzreihen muss man mit partizipieren. Viele Agenten bringen durch die sofortigen Einflusspunkte mit der Zeit mehr als die maximalen neun Punkte aus der Metropole Pala Ver.
DON CARLO ist ein pfiffiges Kartenkombinationsspiel des Autoren-Trios Kramer-Lach-Rapp. In der thematischen Einkleidung war sich das Trio oder der moses.-Verlag wohl nicht ganz sicher, ob wir uns in einer Welt der Spione oder der Mafia bewegen. Da wird von „Familie“ gesprochen, vom „Consigliere“, dessen Aufgaben die Spieler übernehmen. Spielmechanisch geht es aber um 007 & Co..
Mir persönlich gefällt DON CARLO besser als das 6 NIMMT-Derivat FAT FISH, das die drei Autoren vor zwei Jahren veröffentlicht haben. Zu weiteren Auszeichnungen wird es jedoch für Lach&Rapp nicht reichen, dazu ist das Kartenspiel letztlich zu abstrakt.. DON CARLO ist trotzdem ein ordentlicher Absacker, von dem ich mich gerne nächste Woche wieder nach Abstrusien entführen lasse.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: DON CARLO
Autoren : Wolfgang Kramer, Bernhard Lach, Uwe Rapp
Grafik/Design: Oliver Freudenreich
Verlag: moses.
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2 – 4
Spielzeit: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 10 Euro
Spiel 24/2020
Mittwoch, 25. März 2020
FLOTTER OTTER
Den Niederländer Daan Kreek kennen wir von Spielen wie das WIZARD WÜRFELSPIEL (Amigo) und ABRA PALABRA (HUCH!). Der Amsterdamer Autor hat vor zehn Jahren den Verlag Puzzles & Games gegründet, in dem er Konzepte für andere Verlage entwickelt und seit 2015 selbst Spiele veröffentlicht. Inzwischen wurden 20 seiner Ideen von unterschiedlichen Verlagen auf den Markt gebracht.
Seine neueste Idee ist FLOTTER OTTER (Zoch), das gut in die GEISTES BLITZ-Ecke des bayerischen Verlages passt, wirkt erst einmal wie ein SPEED CUPS-Klon. Bei Haim Shafir müssen nach Vorgabe Plastikbecher in die richtige Reihenfolge gebracht werden, bei Dan Kreek sind es Duplo-Steine. Nun ja, keine echten, sondern Produkte des Herstellers Unico, die aber kompatibel mit den Noppen des dänischen Branchenriesen sind.
Kreeks FLOTTER OTTER kann als Weiterentwicklung der SPEED CUPS angesehen werden. In seinem Stapelspiel werden Frachtbriefe erfüllt, Aufträge von Otterdams Hafenotter Otto Otzeflott, der mal Monitore, Bestecke, Pullover und Uhren ordert. Das Besondere seiner Lieferscheine: Die Waren gibt es nur in den fünf Farben gelb, grün, blau, orange und pink. Exakt diese Bausteine hat jeder vor sich. Die zweite Besonderheit besteht darin, dass alle Waren sich individuell gleich doppelt unterscheiden. So können die Bildschirme fünf verschiedene Sockelhöhen besitzen und haben einmal mehr, das andere Mal weniger Tasten. Den genauen Blick auf die zusammenzustellenden Objekte, ermöglicht eine Lupe, deren Farbzuordnung, korrekt umgesetzt, doppelte Siegpunkte verspricht.
Der Ablauf ist bekannt, eine Frachtkarte wird aufgedeckt, alle suchen nach vergleichbaren Elementen und bauen so schnell wie möglich einen Stapelturm zu einem der beiden Attribute. Wer meint, fertig zu sein, schnappt sich eine Zahlenkarte und verändert nichts mehr an seinem Turm. Am Ende wird überprüft, wer fehlerlos gebaut hat. Da zwei Merkmale vorhanden sind, gibt es meistens zwei Gewinner der Suchrunde. Derjenige, der die Lupenaufgabe korrekt erfüllt, bekommt sogar doppelte Otterpunkte. Fehler werden mit Kartenverlust geahndet, die leistet man sich daher besser nur am Anfang. Sobald ein Spieler fünf Frachtbriefe gewonnen hat, endet FLOTTER OTTER nach etwa 20 Minuten.
Die Schwierigkeit bei SPEED CUPS bestand nur in dem Umschalten von der vertikalen zur horizontalen Anordnung, Kreeks OTTER ist schon anspruchsvoller. Erst einmal müssen vergleichbare Unterschiede herausgefunden werden, dann muss die Lupenfarbe im Blick sein. Wer weiß, dass er nicht so schnell ist, konzentriert sich am besten gar nicht darauf, sondern nimmt die andere Eigenschaft, die ihm meist konkurrenzlos einen Gewinnpunkt bringt. Beim Kampf um das höher bewertete Attribut gibt es fast immer Verlierer. Die vielen Details, die zu beachten sind, führen anfangs oft zu Fehlern, die mit Kartenverlust bestraft werden. So wird bei einer Besteckkarte das zweite Merkmal mit den Gabelzinken gar nicht so schnell erkannt, während die Zahl der Messer augenscheinlich ist. Zusätzlich wird alles erschwert, da die Motive in unterschiedlicher Konstellation erneut auftauchen. Wegen der vielen Details, die zu beachten sind, muss jeder daher einen guten Blich auf die Karte haben.
FLOTTER OTTER ist eine ansprechende Erweiterung der Beobachtungsspiele, die genaues Hinsehen fordert und blitzschnelle Bautätigkeit verlangt. Durchaus noch ein Kinderspiel, bei dem Erwachsene aber gern mitstapeln.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: FLOTTER OTTER
Autor: Daan Kreek
Grafik/Design: Dennis Lohausen
Verlag: Zoch
Alter: ab 8 Jahren (auch ab 6 Jahren möglich)
Spielerzahl: 2 – 4
Spielzeit: ca. 20 Minuten
Preis: ca. 18 Euro
Spiel 23/2020
Montag, 23. März 2020
KIPICOT
Der leider im August letzten Jahres verstorbene Alain Rivollet, dem wir Ideen wie CONCEPT und DEALMAKER zu verdanken haben, ist ebenso an KIPICOT beteiligt wie Jean-Jacques Derghazarian, der schon eine Handvoll Spiele für Djeco veröffentlichen durfte.
KIPICOT ist ein raffiniertes Strategiespiel des französischen Verlages Djeco, das durch die thematische Seeigel-Einkleidung als Kinderspiel daherkommt, aber in Erwachsenenduellen endet. Auf dem beschränkten Raum eines 5x5 Rasters gilt es, möglichst viele der Seeigel-Chips zu gewinnen. 40 sind davon als Holzscheiben im Spiel, je 20 rote und gelbe. Einfache Seeigel bewegen sich nur orthogonal ein Feld weit, doppelte Seeigel wandern beliebig innerhalb der gesamten Spalte oder Reihe.
Wer am Zug ist, zieht nach diesen Regeln freiwillig einen Chip oder kleinen Turm, auf diese erste Phase darf er allerdings verzichten. Danach zieht er das erste oder zweite Mal, alternativ bringt er einen Seeigel vom Vorrat auf den Plan. Abschließend wird die eigene Spielfigur zur Blockade eines Stacheltiers auf dem Spielplan genutzt.
Alle Bemühungen dienen der Bildung von kleinen Quadraten, die spezielle Bedingungen zu erfüllen haben. In den Diagonalen müssen die Chips farbidentisch sein, das klappt damit einfarbig oder versetzt in beiden Farben. Außerdem muss sich auf einem der vier Felder die eigene Spielfigur befinden, die zusätzlich diagonal nicht mit einer gegnerischen Figur benachbart sein darf. Sind alle diese Voraussetzungen erfüllt, gewinnt der Spieler sämtliche dort befindlichen Seeigel samt seiner Figur, die er erst im nächsten Zug wieder zum Einsatz bringt.
KIPICOT endet, wenn im Vorrat nur Chips einer Farbe sind. Damit das passiert, muss nach drei Runden, in denen Seeigel nur bewegt wurden, ein neuer aufs Brett gebracht werden. Wer die meisten stacheligen Wesen angelt, gewinnt nach einer knappen halben Stunde das Spiel.
Die strategische Idee von Rivollet und Derghazarian funktioniert durchaus nur mit einfachen Steinen, der beweglicheren Doppelfiguren bedarf es nicht unbedingt, zumal durch die größeren Bewegungsweiten häufig selbst aufgebaute Türme entführt werden. An dieser Stelle bleibt die Regel unklar. Bei der Schlussbewegung der Figur, ist nicht klar, ob diese stehen bleiben darf, um zum Beispiel einen Turm weiter zu blockieren, oder ob stets ein Zug auf einen neuen Seeigel erforderlich ist, wie wir es gespielt haben.
Stark ist meistens die Rückkehr von Spielfiguren auf den Plan, wenn in der Vorrunde Seeigel gewonnen werden konnten, da man oft an fremden Seeigelkolonien partizipiert. KIPICOT funktioniert ideal zu zweit, sind mehr beteiligt, spielen schwächere Gegner stärkeren in die Hände. Da hängt der Sieg dann oft von den Spielern ab, die vor einem sitzen. Für Erst- und Zweitklässler ist das alles nichts, dazu sind zu viele Sonderregeln zu beachten. Das gilt einmal für die korrekte Erfüllung der einzusammelnden Seeigelquadrate, außerdem für die drei Runden-Regel, die leicht vergessen wird, wobei der Nachschub meistens im eigenen Interesse liegt.
Die Idee der beiden Autoren trägt, besitzt durchaus spannende Momente, lädt aber nicht zu täglichem Seeigelfang ein. Die Umsetzung von Djeco ist solide, für die sonstige Qualität dieses Verlages fast nüchtern, auch wenn das bunte Cover anderes verspricht.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: KIPICOT
Autoren: Alain Rivollet, Jean-Jacques Derghazarian
Grafik/Design: Charlotte Gastaut
Verlag: Djeco
Alter: ab 7 Jahren (eher ab 8 oder besser ab 10 Jahren)
Spielerzahl: 2 – 4, am besten im Duell
Spielzeit: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 20 Euro
Spiel 22/2020
Dienstag, 17. März 2020
DRACHENLAND
Vor knapp 20 Jahren herrschte schon einmal Aufregung im DRACHENLAND (Ravensburger). Opulent ausgestattet mit Würfelturm retteten die Spieler damals nach Knizias Regeln Dracheneier und Edelsteine vor ausbrechenden Vulkanen. Aktuell entführt der Bostoner Wirtschaftsprofessor Darren Kisgen wieder ins DRACHENLAND in sein Universum der Drachen. Für Kisgen ist es das zweite Spiel, das er in diesem Umfeld ablaufen lässt. DRAGONWOOD war 2018 schon eine abwechslungsreiche Mischung aus Kartensammlung und Würfelduell.
Etwas komplexer, aber erneut mit Würfeln, verläuft DRACHENLAND. Aus 20 verschiedenen Ortskarten des fantastischen Drachenlandes werden zufällig sieben für die Abenteuer einer Spielrunde gewählt. Karten wie die Schlangengrube, die Troll-Taverne und das Baumhaus der Oger liegen offen aus. Zusätzlich warten drei weitere verdeckte Orte und abschließend ein Drachenkampf am Drachentor, auf der Dracheninsel oder in der Ruine. Ausgestattet mit acht kleinen Helden, fünf Abenteurer- und ein oder zwei Verstärkungskarten starten bis zu vier Spieler ins DRACHENLAND, in dem es Geld zu erwerben gibt, neue Karten warten, zusätzlich gefährliche Kobolde, die ihr unberechenbares Unwesen treiben. Für alle, für die es nicht so gut läuft, steht die Akademie der Abenteurer offen.
Die entscheidenden Siegpunkte bringt der Gewinn der Ortskarten, die für die Mehrheitswertungen zwischen drei bis sechs Felder anzeigen, in die man die kleinen Helden setzt. Die meisten Punkte gibt es für den Gewinner vor Ort, wobei der Zweite ebenfalls nicht leer ausgeht. Das Platzieren der Heldenfiguren hängt ab von Wurfergebnissen, die sich aus dem Ausspiel der Abenteurer-Karten ergeben.
Wer am Zug ist, zieht entweder zwei neue Karten oder versucht, einen Ort zu entdecken. Dazu werden bestimmte Kombinationen von Spielkarten ausgespielt, die sich aus fünf Farben und Kartenwerten von 1 bis 12 zusammensetzen. Wer Kartenfolgen in beliebigen Zahlen ablegt, darf sich an den Ort anschleichen. Ausspionieren ist mit Karten derselben Zahl möglich und das Erstürmen nur mit identischer Farbe. Jede gelegte Karte bringt einen Spezialwürfel, der sich vor allem auf Ergebnisse im Zweier- und Dreierbereich konzentriert und nur jeweils einen schlechteren und besseren Wert besitzt, das kennen wir schon aus DRAGONWOOD. Die zu erreichenden Vorgaben schwanken je nach Ort zwischen 4 und 14 Punkten. Hochwertige Resultate werden meist doppelt belohnt, indem man nicht nur eine, sondern gleich zwei Figuren einsetzt. Im Schnitt erzielen die Spieler ein Ergebnis von 2,5. Aber wann kommt schon der Durchschnittswert? Gefühlsmäßig schwankt das stets zwischen totaler Niete und völliger Überbezahlung. Verstärkungskarten bringen einmalig oder dauernd Vorteile beim Entdecken. Wer ohne Erfolg seine Aktion abschließt, bekommt seine eingesetzten Karten zurück auf die Hand und stellt einen Helden in die Akademie, dort hilft er bei zukünftigen Wurfergebnissen.
Für Chaos sorgen die Koboldkarten, wenn die aufgedeckt werden, streiten die kleinen Unholde um die Schätze mit. Je nach Vorgabe wird dann eine Koboldfigur auf eine Ortskarte gesetzt und bringt die Mehrheitsberechnungen erheblich durcheinander. Die Kobolde gewinnen sogar manchmal Orte. Die Sieger erhalten die Karte und den Schatzwert in Münzen ausbezahlt. Sobald das vierte Abenteuer bewältigt ist, wird der Drachenort aufgedeckt. Ist er komplett besetzt, endet das Spiel. Wer das meiste Geld sammelt, gewinnt nach einer knappen halben Stunde. Hilfreich ist dabei außerdem eine Abschlusswertung sogenannter Drachensteine, die sich auf den Ortskarten und einer Verstärkung befinden, restliche Akademiebesucher gehen ebenfalls in diese Wertung ein.
DRACHENLAND besitzt eine höhere Varianz als DRAGONWOOD, das ergibt sich aus der großen Ortsauswahl und der Unberechenbarkeit der Kobolde. Reines Punktesammeln wird hier zur Gebietskontrolle. Deutlich taktischer spielen sich deren Mehrheitswertungen, sie besitzen zusätzlich aber retardierende Funktion. Sind die Mehrheitsverhältnisse entschieden, zieht es sich oft hin, bis restliche Felder besetzt sind. Da erhofft man sich manchmal sogar die Kobolde. Andererseits erhöht dieses Spielkonzept den Zeitdruck und die Risikobereitschaft. Wer sieht, dass die Mehrheiten bald geklärt sind, wagt womöglich mutig den letzten Angriff mit weniger Würfeln als normalerweise. Das bringt prickelnde Spannung und größeren Spielreiz.
Vom Anspruch her bleibt DRACHENLAND aber ein einfaches Familienspiel mit hohem Glücksanteil beim Nachziehen der Karten und vor allem durch das Würfeln. Die grafische Gestaltung durch Chris Beatrice ist erneut gelungen, das Material mit den ausgefallenen Spielerfiguren und kleinen Kobolden, die sogar als Marsmännchen durchgehen könnten, ist ansprechend.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: DRACHENLAND
Autor: Darren Kisgen
Grafik/Design: Chris Beatrice
Verlag: Game Factory
Alter: ab 10 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4
Spielzeit: ca. 20 - 30 Minuten
Preis: ca. 22 Euro
Spiel 19/2020
Sonntag, 15. März 2020
HUNGRY HUGO
HUGO treibt wieder sein Unwesen in einer Spieleschachtel, einst bei Wolfgang Kramer als Schlossgespenst, aktuell ist er als Riesenaffe unterwegs und verwüstet Kleingärten.
HUNGRY HUGO des litauischen Verlages Logis ist eine deutsch-luxemburgische Kooperation der Autoren Jens Merkl und Jean-Claude Pellin. Ähnlich wie in der MITTERNACHTSPARTY wacht der Affen-HUGO auf und treibt sein Unwesen, kann aber wieder schlafen geschickt werden.
Zwei bis vier Spieler ab sechs Jahren werkeln an ihren Vorgärten, bestücken sie mit Mandarinenbäumchen, Topfpflanzen und Gartenzwergen. Sobald einer die fünf leeren Plätze vor seiner Hütte ausgestattet hat, endet HUNGRY HUGO. In Vollbesetzung können aber auch die „schönen Dinge“ ausgehen, so dass derjenige gewinnt, der die meisten Objekte im Vorgarten hat. Das liegt vor allem daran, weil sich der wache HUGO an den Pflanzen und Bäumchen bedient. Wenn er gar nichts vorfindet, beißt er sich sogar im Hüttendach fest.
Das Logis-Spiel läuft weitgehend kartengesteuert ab, der Würfel, Hauptmotor in Kramers Idee, spielt nur eine untergeordnete Rolle. Jeder startet mit einem fertigen Gartenhaus und drei Aktionskarten. Der große Holz-HUGO wird vor die Hütte des ältesten Spielers gestellt. Wer am Zug ist, spielt eine Karte aus, mit der er entweder seinen Garten verschönert, HUGO schlafend bewegt oder aufweckt. Die vierte Sorte der Karten betrifft Bananen, die den Affen jederzeit beruhigen.
Wer HUGO weckt, macht dies im Regelfall, wenn er vor einer fremden Hütte steht, es sei denn, er hat nur drei Weck-Karten auf der Hand. Ausschließlich diese Aktion ist mit einem Würfelwurf verknüpft, der HUGO sehr wahrscheinlich zu einer Heißhunger-Attacke verführt, die die Betroffenen nur mit Bananen kontern können. Sind keine Paradiesfeigen im Angebot, holt sich der große Affe einen Gartenschmuck oder ein Hausteil. Das Würfeln birgt freilich ein gewisses Risiko. Auf einer Würfelseite wendet sich HUGO gegen den Würfelnden und greift ihn an.
Aus diesen schlichten Ingredienzien ergibt sich ein munteres Gegeneinander, dessen Mechanismus dazu führt, dass nivellierend stets in Führung liegende Spieler attackiert werden. Letztlich hängt aber alles von den Kartenoptionen ab, die nur bedingt eine Spielsteuerung zulassen. Kindern macht dieses Hin und Her Freude, sie haben zusätzlich Gefallen an dem dreidimensionalen Aufbau des Spiels. Zu Stimmungsausbrüchen und erwartungsvollen „HUGO kommt!“- Rufen wie einst bei Wolfgang Kramer reicht es aber bei HUNGRY HUGO nicht.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: HUNGRY HUGO
Autoren: Jens Merkl und Jean-Claude Pellin
Grafik/Design: Gediminas Akelaitis
Verlag: Logis
Alter: ab 6 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4
Spielzeit: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 18 Euro
Spiel 18/2020
(Seite 1 von 1, insgesamt 7 Einträge)