Mittwoch, 31. März 2021
BUNTE BLÄTTER
Neue Minnys bei NSV: BUNTE BLÄTTER
Nach HAMSTERN & Co. 2020 setzt NSV die Angebote an preiswerten vernähten Spielideen fort. 2021 beschränkt sich der Spielkarten Verlag aus Fürth bei Nürnberg aber nicht mehr nur auf einen Autor, damals war es der noch völlig unbekannte Moritz Dressler, und auf ein Genre, das der Roll & Write-Spiele, neu sind nun Kartenspiele. Was vergleichbar bleibt, ist die Anzahl der Ideen, vier nämlich. Außerdem verzichtet NSV weiterhin auf eine Pappschachtel, die Ideen kommen in reiner Papierverpackung daher. Oben und unten vernäht, schält sich aus dem aufgerissenen Material ein Papiercover, eine Spielregel und unterschiedliche Materialien, diesmal liegen sogar Stifte bei.
Neu im Minny-Team sind Jens Merkl und Jean-Claude Pellin, die wie schon bei NINE TILES PANIC (Oink Games) oder HUNGRY HUGO (Logis) sich gut ergänzen. Ihre Spielidee BUNTE BLÄTTER rangiert für mich auf dem zweiten Platz der Minny-Neuheiten.
Ihr Blätterwald besteht aus identischen Kartensätzen für zwei bis vier Spieler. Nur fünf Karten, beidseitig nutzbar mit jeweils vier Ahorn-, Buchen- oder Eichenblättern in unterschiedlicher Verteilung. Im 2x2-Raster ausgelegt, ergeben die Karten ein Laubfeld von 4x4 Blättern. Die fünfte Karte deckt die Laubfläche irgendwo oben ab. All das dient letztlich der Nachkonstruktion einer Aufgabenvorgabe durch eine der 16 Aufgabenkarten, die ebenfalls beidseitig genutzt werden können.
Spieltechnisch entsteht ein Geschwindigkeitspuzzle um die richtige Lösung. Das macht aber auch alleine Spaß, da manche Konstellationen nicht ruckzuck lösbar sind. Kompetitiv tendieren diese Aufgabenformate dazu, dass sich häufig ein Schnell-Puzzler in der Runde herausschält, der alle anderen stets alt aussehen lässt. Spielen Kinder mit, macht es Sinn, schnelle Erwachsene mit Zeithandicap zu belegen. Die fangen erst nach einer Minute an.
Ein kleines bisschen erinnert Merkls und Pellins Idee an das Solospiel OBSTHAIN, bei dem die Abdeckung von Karten eine entscheidende Rolle spielt. Wahrscheinlich spiele ich deshalb BUNTE BLÄTTER auch gerne alleine, nur um die Lösung zu schaffen. Wer gar nicht weiterkommt, dem wird versprochen, sich unter nsv.spielregeln helfen zu lassen. Wahrscheinlich ist das Spiel im Augenblick aber noch zu neu am Markt, Hilfe wird wohl erst später gewährt.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: BUNTE BLÄTTER
Autor: Jens Merkl, Jean-Claude Pellin
Grafik/Design: Christian Opperer
Verlag: NSV
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2 -4
Spielzeit: ca. 5-10 Minuten
Preis: ca. 4 Euro
Außerdem in der Reihe erschienen sind:
GO FOR GOLD, Steffen Bendorf, Kaddy Arendt
5 MINUTEN PUZZLE, Steffen Benndorf
LOOT SHOOT WHISKY, Moritz Dressler
Spiel 19/2021
Samstag, 27. März 2021
WORT-MIX
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Spiele mit Sprache - WORT-MIX
Hektik und Schnelligkeit gehören zum Spielprinzip von WORT-MIX, ein „Turbo-Action-Spiel mit großem Lerneffekt“, wie es werbeträchtig auf der Rückseite der Schachtel heißt. Das schnelle Ergreifen von Buchstaben ist Spielziel, ob damit auch Begreifen verbunden ist, möchte ich nur eingeschränkt gelten lassen. Zumindest ein Wiedererkennen findet statt, was den Lernprozess durchaus voranbringen kann.
In einem runden Pool liegen 70 gelbe Buchstabenkugeln wie kleine Lottobällchen herum. Jeder der zwei bis vier Spieler besitzt eine Kunststoff-Röhre mit elastischer „Einsammel-Öffnung“. 55 Spielkarten geben Aufgabenstellungen für zwei Spielvarianten vor. Da gibt es einmal die reine Form des Buchstabensammelns, bei der sieben oder acht Kugeln in einer bestimmten Reihenfolge gesammelt werden. Da ist dann wirklich Hektik im Pool angesagt, da die vorgelegte Aufgabe für alle gilt. Mit einem raschen Stoß auf die gewünschte Buchstabenkugel befördert man das gelbe Bällchen ins Innere der Röhre. Auf diese Weise müssen die Spieler so schnell wie möglich aus dem Pool die richtigen Buchstaben für die vorgegebene Aufgabe sammeln. Für die korrekte Erfüllung der Aufgabe gibt es drei Punkte, sollten Fehler auftreten, erhalten die Mitspieler jeweils einen Punkt. Einfacher, sicherlich auch sinnvoller, ist die zweite Variante, in der es nach gleichem Verfahren Wörter zu bilden gilt. Die Aufgabenkarte gibt meist Wörter mit vier, fünf oder sechs Buchstaben vor, bei einigen Karten geht es bis zu sieben Buchstaben. Je nach Alter der Mitspielenden kann so das Spiel leichter oder schwieriger gestaltet werden.
Die Spielregeln überzeugen nicht unbedingt, trotzdem ist das zugrunde liegende Spielkonzept, das es als KUGEL-BLITZ auch für den Recheneinsatz gibt, tragfähig. Bei der ersten Variante passiert es meist, dass im Spiel zu viert, die Buchstaben nicht für alle reichen. Da gibt es Karten mit einem „Z“ am Anfang oder an zweiter Position, dieser Buchstabe ist aber nur einmal vorhanden, so dass die anderen nur noch zuschauen können, wie der erfolgreiche „Z“-Finder geruhsam seine restlichen Kugeln sucht. Das Problem taucht bei der Wörterbildung nicht so extrem auf. Ein freier spielerischer Umgang mit den Buchstabenkugeln kann erfinderisch machen. Die Spielregel liefert dazu einige Anregungen, die beliebig erweitert werden sollten. Worte können zum Beispiel von einem Spielleiter frei vorgegeben werden, so dass die Rechtschreibung im Anschluss überprüft werden kann. Die Suche nach einem möglichst langen Wort, besitzt ebenfalls ihren Reiz. Wer Buchstabenvorgaben für STADT – LAND - FLUSS sucht, kann diese schnell und vorausschaubar mit WORT-MIX vornehmen. Viele klassische Wortspiele wie BOGGLE oder WORTWIRBEL können mit dem Spielmaterial umgesetzt werden. Insofern bieten die Buchstabenkugeln von WORT-MIX viele Anregungen, die weit über das eigentliche Spiel hinausgehen.
Wieland Herold
Titel: WORT-MIX
Autor: Michael Rüttinger
Verlag: Noris
Spieler: 2-4
Alter: ab 6 Jahren
Preis: ca. 16 €
Spiel 25/2003 R54/2021
Die Rezension erschien 2003 www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 5 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Michael Rüttinger, der Bruder von Johann Rüttinger, hat eigentlich als Lehrer gearbeitet, aber nebenberuflich viele Spiele für Noris entwickelt. In seinem Hauptberuf war er zwischen 1990 und 2017 27 Jahre Schulleiter an der Theo-Betz-Schule in Neumarkt. Für Noris hat er in dieser Zeit mindestens 60 Spiele entwickelt, vielfach zusammen mit seinem Bruder, aber Spiele fürs Alltagsgeschäft von Noris häufig alleine. Zu diesen gehört auch WORT-MIX.
Große Erfolge kann er nicht vorweisen, im Gegensatz zu seiner Frau Heidemarie, die für die Grafik des Kinderspiel des Jahres 2011, DA IST DER WURM DRIN, verantwortlich zeichnet.
Donnerstag, 25. März 2021
SO EIN KÄSE
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
SO EIN KÄSE
Manchmal sind Spieletitel Programm! Von Wolfgang Kramer gab es vor Jahren ein Ravensburger Spiel, bei dem das Titelzitat als Verriss ausreichte, SO EIN MIST war so ein Mist. Ich bin daher mit etwas Skepsis an Peter Neugebauers neues Goldsieber-Spiel SO EIN KÄSE herangegangen. Ein gefährlicher Titel, ein unpassender für das Spiel dazu.
Neugebauer liefert nichts Neues, er schließt sich dem Trend von hinter Käse herlaufenden Mäusen an, entwickelt dazu ein kleines, recht einfaches Würfelspiel mit taktischen Einsprengseln, das aber an den Pepp des großen Vorbilds VIVA TOPO nicht ganz herankommt.
Dabei ist SO EIN KÄSE wahrlich nicht so ein Käse. Das Spiel bereitet Kindergartenkindern viel Vergnügen. Es gibt große Holzmäuse, die auf einem vernetzten Spielplan Chips einsammeln müssen, würfelnder Weise natürlich. Es gibt wertvolle Käsefunde, die am Ende drei Punkte zählen, auch Wurststücke sind mit zwei Punkten nicht zu verachten, oft ist es aber einfach nur Krempel, der herumliegt, der bringt am Ende nur etwas für den Spieler – sechs Punkte nämlich - , der den meisten Krimskrams gefunden hat. Außerdem treiben noch sechs Katzen ihr Unwesen, die die Mausfiguren allerdings auch einsammeln dürfen, sie werden mit einem Punkt bewertet. Ansonsten führt ihr Erscheinen dazu, dass die Mäuse sich in ihre Mauselöcher verkriechen. Das, was die zwei bis vier Mäuse im Laufe des Spiels einsammeln, liegt nur scheinbar sicher vor ihnen. Der Würfel dient im Spiel nicht nur der Fortbewegung, sondern bringt eine Verunsicherung für das Besitzdenken mit. Eine grapschende Hand entreißt den Mitspielern ein sicher geglaubtes Käsestück, das wieder zurück auf den Spielplan wandert, meist in die Nähe des Grapschers. Nur mit Hilfe des gewürfelten Truhenschlosses kann man die wertvollen Teile absichern, so dass sie vor nachbarschaftlichen Diebstählen gefeit sind. Die Spieler müssen im Übrigen nicht Grapschen und Bunkern, sie können bei den Sondersymbolen stets noch einmal würfeln, um vorwärts zu kommen und neue Teile einzusammeln. Das Spiel endet dann, wenn nur noch drei Überraschungschips auf dem Spielplan sind. Dann wird abgerechnet, dabei sind Fünfjährige, für die das Spiel schon sein soll, eindeutig überfordert. Die Maus mit den meisten Punkten, inklusive der Katzenfänge – da lacht der Elefant -, gewinnt nach 15 bis 20 Minuten das Spiel.
SO EIN KÄSE ist solide, es ermöglicht kleinen Kindern in Ansätzen strategische Planungen, vor allem dann, wenn nicht mehr ganz so viele Chips auf dem Spielplan sind und die Ausgangsposition, von der aus mehrere Zielpunkte erreicht werden können, Bedeutung erhält. Ein Merkeffekt kommt bei Wegnahme von Chips mit hinzu. Ansätze für ein ordentliches Spiel sind vorhanden. Weniger gefällig sind die Grafik und die Probleme bei der Endabrechnung.
Wieland Herold
Titel: So ein Käse
Verlag: Goldsieber
Autor: Peter Neugebauer
Spieler: 2-4
Alter: ab 5
Spieldauer: ca. 20 Minuten
Preis: 15 Euro
Spiel 23/2003 R58/2021
Die Rezension erschien 2003 www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der Lehrer Peter Neugebauer tanzt im Spielebereich auf vielen Hochzeiten. Hauptsächlich ist er als Spielekritiker unterwegs, hat für die spielbox geschrieben und schreibt augenblicklich für die Fairplay.
Die Verlags- und Redaktionsseite hat er für den TM-Verlag mitgeprägt. Er war an der Gründung des TM-Verlags beteiligt und Teil des Teams, das Spiele für Goldsieber entwickelt und betreut hat. So ist er auch Teil des legendären Kara Ben Hering-Pseudonyms von 1995. Zusätzlich hat er selbst noch etwa 50 Spiele entwickelt. Sein erstes Spiel erschien 1987 bei Herder (OMNIBUS). Ausgezeichnet wurde nur PINGO PONGO (Noris, 2013 Empfehlungsliste Kinderspiele) .
Das Bild zeigt Neugebauer 1991 mit Alex Randolph und Hajo Bücken auf dem Autorentreffen in Göttingen.
Mittwoch, 24. März 2021
FLUCHT AUS DEM STARLINE EXPRESS
Wenn ein Verlag sich mit spannenden kriminalfällen auskennt, dann ist das moses. 1991 als Kinderbuchverlag gestartet, stammen von den Kempener Büchermachern schon seit 17 Jahren rabenschwarze Geschichten. Kein Wunder also, dass die Macher von moses. neben den Fitzek-Spielen nun auch in den Escape Room-Zug einsteigen. Sie setzen allerdings diesmal nicht auf eine Eigenentwicklung wie bei BLACK STORIES von Holger Bösch, sondern haben Lizenzen des englischen Professor Puzzle Verlages erworben. Die Briten starteten 2002 mit Metallrätseln, später kamen Holzpuzzle dazu. Auf seiner Homepage behauptet der Verlag, der weltweit führende Puzzlelieferant zu sein. Das erste ESCAPE-Spiel erschien dort 2018, das war auch das erste Spiel, das moses. übernahm, DAS GEHEIMNISVOLLE GRAND HOTEL, das die Kritik zwar für das Spielmaterial lobte, dessen Rätselqualität aber zu massiven Verrissen führte. In der BGG-Wertung macht es mit einer 3,3 keine gute Figur.
Der Verlag aus Kempen steht vorerst noch zu der deutsch-britischen Kooperation und bringt auch den zweiten Fall FLUCHT AUS DEM STARLINE EXPRESS heraus. Diesmal gibt es mit Alessandro Deriu immerhin einen Autoren, wenn er nicht ein Pseudonym aus der Professor Puzzle-Redaktion ist. Weitere Spiele scheint ein Deriu bisher nicht veröffentlicht zu haben. Wie schon beim ersten Spiel werden Grafiker nicht erwähnt. Wer für die redaktionelle Bearbeitung auf der Seite von moses. verantwortlich zeichnet, findet sich auch nirgends.
Das Ambiente ist erneut stimmig. Wir sind nicht mehr in einen Traditionshotel und laufen von Zimmer zu Zimmer, sondern in einem Traditionszug von London nach Paris in der Rolle der Kriminalreporterin Betty Wilsons. Diesmal laufen wir von Waggon zu Waggon. Eine wertvolle Diamanthalskette ist abhandengekommen, wobei wahrscheinlich die Rag-Tag-Crew hinter dem Raub steht. Die Umschläge mit jeweils neuen Waggons vom Speisewagen bis zum Gepäckwagen und Maschinenraum enthüllen immer mehr Teile der Geschichte. Wobei die Folge linear ist. Jede korrekte Lösung führt zu einem neuen Umschlag. Wer nicht weiterkommt, findet einen „versteckten Hinweis“. Für den Notfall kann man auch noch auf einen kompletten Lösungszettel zurückgreifen der sich in einem Umschlag befindet, aber gleich alle Lösungen zeigt.
Was richtig gut ist, dass das Material zum Knobeln meistens gleich doppelt im Umschlag steckt und wie schon beim ersten Fall nicht zerstört werden muss. Die Aufgaben sind nicht spektakulär, entsprechen aber dem Standard dieses Genres. Wobei die Herkunft aus einem Verlag, der sich mit puzzleartigen Spielen beschäftigt, durchaus erkennbar ist. Die Einordnung des Verlages, der STARLINE EXPRESS für Einsteiger empfiehlt, kann ich voll und ganz unterschreiben. Bis man sich durch die jeweiligen Einleitungstexte der Geschichte und des Fortgangs in den Abteilen gearbeitet hat, dauert es aber schon etwas Zeit. Die Lösung der Rätsel kommt noch hinzu, die angegebenen 90 Minuten sollte man daher durchaus einplanen.
FLUCHT AUS DEM STARLINE EXPRESS erfindet das Genre nicht neu, bewegt sich aber auf ausgetretenen Pfaden deutlich sicherer als im GRANDHOTEL. Zu Jubelstürmen á la EXIT reicht es bei weitem noch nicht, aber zu einer wohlwollenden Empfehlung für Einsteiger.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: FLUCHT AUS DEM STARLINE EXPRESS
Autor: Alessandro Deriu
Grafik/Design: o.A.
Verlag: moses.
Alter: ab 12 Jahren
Spielerzahl: 2 – 5
Spielzeit: ca. 90 Minuten
Preis: ca. 20 Euro
Spiel 17/2021
Dienstag, 23. März 2021
FETTE BEUTE
FETTE BEUTE
Die aktuelle Amigo-Neuheit FETTE BEUTE von Andy Niggles, der bisher noch keine deutsche Veröffentlichung vorweisen kann, aber seit 2011 schon Spiele entwickelt, gehört in die fetzige HOL’S DER GEIER-Kategorie. Identische Kartensätze werden verdeckt gespielt, um hohe Erträge zu bekommen.
Das einfache Konzept funktionierte bei Randolph schon in den 80er Jahren und wurde immer wieder aufgegriffen. Bei Niggles geht es um futtersammelnde Tiere, die hinter allen möglichen Nussformen, Eicheln und Sonnenblumenkernen hinter her sind. Jeder Spieler besitzt dafür ein Tier-Set mit Eichhörnchen, Waschbär, Hamster, Murmeltier und Biber. Zusätzlich werden unsere Nager angefüttert mit drei zufällig gezogenen Futterkarten. Wer Glück hat, bekommt gleich zwei oder sogar drei von einer Sorte und ist damit dem Spielsieg deutlich näher als andere, die mit drei verschiedenen Sorten starten. Wer fünf identische Futterkarten sammelt, gewinnt FETTE BEUTE spätestens nach 15 Minuten.
Im Gegensatz zu Randolphs Klassiker stehen alle fünf Tierkarten in jeder Spielrunde zur Verfügung und es wird auch nicht nur eine Karte ausgespielt, sondern gleich zwei. Ausgehend vom Startspieler decken erst einmal alle eine Karte davon auf und nutzen die besonderen Optionen der Tiere. Das Eichhörnchen darf eine verdeckte Futterkarte ziehen, der Waschbär bedient sich offen aus den Auslagen der Gegner. Das klappt auch oft, es sei denn, der Hamster steckt unter den Karten des Angegriffenen, der verteidigt erfolgreich das Lager. Schon aufgedeckte Hamster, schrecken allerdings den Waschbären nicht mehr ab. Das Murmeltier kommt stets nur als zweites an die Reihe, es kopiert die erste Karte. Der große Nager, der Biber, bringt mit drei Karten den höchsten Ertrag, wenn er allein in der Runde gelegt wurde. In allen anderen Fällen profitieren die Spieler, die auf den Biber verzichtet haben, sie bekommen eine Karte.
Das ist ein interessantes Tierkonstrukt, das Niggles da auf Nussjagd schickt. Genial ist sein Einfall des doppelten Legens, der einerseits Verteidigung ermöglicht, andererseits das Duplizieren zulässt. Wer scheinbar hinten liegt, kann sich so schnell wieder nach vorn arbeiten, da ihn die anderen meistens in Ruhe lassen. Ziemlich glücksabhängig ist allerdings das verdeckte Nachziehen, da kann man wie schon mit den Startkarten viel Pech, aber auch viel Glück haben. Die spannendste Frage ist in jeder Runde, ob ein Biber durchkommt oder doch alle anderen eine andere Karte erhalten.
Das ist durchweg unterhaltsame Kost, nichts Großartiges, aber im Familienspielbereich mit Kindern immer wieder spielbar. Das übrigens nicht nur mit Achtjährigen, wie die Regel vorgibt. Erstklässler haben ebenfalls schon viel Freude an der FETTEn BEUTE.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: FETTE BEUTE
Autor: Andy Niggles
Grafik/Design: Christine Deschamps, Maëva da Silva
Verlag: Amigo
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 3 – 6
Spielzeit: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 10 Euro
Spiel 17/2021
Montag, 22. März 2021
HEISSE WARE
Die ursprünglichen Verlagsziele haben inzwischen wenig mit dem realen Programm des Gmeiner-Verlag im Sigmaringschen Meßkirch zu tun. Armin Gmeiner, der den Verlag vor 35 Jahren als 22jähriger Student gründete, plante ursprünglich die Herausgabe der Enzykliken des Papstes in der Universalsprache Esperanto. Der angehende Wirtschaftsingenieur sah das als Experimentierfeld für seine Schwerpunkte Druck- und Verlagswesen, außerdem erfüllte er dem Dekan seiner Uni damit einen Herzenswunsch.
Es folgten regionalgeschichtliche Werke in kleinen Auflagen, erst 12 Jahre später startete Gmeiner mit einem belletristischen Programm. TIEFENRAUSCH von Gunter Haug war der erste Kriminalroman, aus dem sich die Reihe der Schwabenkrimis entwickelten. Inzwischen verlegt der kleine mittelständische Verlag mehr als 500 Autoren, gilt als Krimischmiede, setzt aber durchaus noch kulturelle Akzente, wobei er mit kriminellen Freizeitführern, Garten- und Kräuterkrimis Brücken schlägt.
Zum Brückenschlag gehört auch die Spielreihe mit Krimi- oder Rätselspielen zu Reisezielen. Spiele hat der Verlag inzwischen schon seit 15 Jahren im Programm. Anfangs und auch später immer wieder hat er sich dabei auf die Veröffentlichung von Ideen Sonja Kleins konzentriert. Seit 2010 taucht aber ab und zu der renommierte Spieleautor Reiner Knizia unter den Ideenlieferanten auf. Damals stellte er SIEBEN UNTER VERDACHT, nach dem KURZEn PROZESS (2017) folgte zwei Jahre später HEISSE WARE.
Das Gefühl kennen wahrscheinlich die meisten, wenn sie aus einem NICHT-EU-Land einreisen und doch etwas mehr Whisky oder Weinbrand im Koffer haben als die erlaubte Literflasche. Bisher durften es aus Schottland ganz offiziell 10 Liter sein, nun gilt die Flaschengrenze. Für Reiner Knizia ist es kein Problem mehr, da er inzwischen ja wieder in Deutschland lebt, aber in seinem Spiel HEISSE WARE dürfen wir mit der Schmuggel-Spannung spielen.
Das Spiel geht über mehrere Runden, bis jeder zweimal die Rolle eines Polizisten, der Koffer kontrolliert, übernommen hat. Je nach Spielerzahl besitzt der Grenzbeamte unterschiedlich viele Aktionskarten. In den zurzeit üblichen kleinen Runden sind es eine Bestechungs-, eine Kontroll- und eine Verhaftungskarte. Neben den Flaschen-Plättchen bekommen alle anderen noch fünf Kofferkarten, auf deren Rückseite keine Flaschen, nur eine oder zwei bis drei Flaschen Alkohol zu sehen sind.
Drei dieser Karten kommen in jeder Runde zum Einsatz. Zwei Koffer möchte man über die Grenze bringen, einer gilt als Bestechungsangebot für den Beamten. Knizia lässt diese Bestechung erst gar nicht unter der Hand stattfinden. Die Hand aufzuhalten, gehört wie wir aktuell von einigen CSU- und CDU-Abgeordneten erfahren, zum guten Ton. Alle offenbaren ihre Bestechung, was ohne Konsequenzen bleibt. Im Gegenteil, angenommen ist der kleine Nebenverdienst des Beamten, Garant für den sicheren Weitertransport der restlichen Koffer.
Im Anschluss kehrt der Grenzbeamte aber wieder ganz den korrekten Polizisten heraus, der mit der Kontrollkarte einen Koffer kontrolliert. Schließlich kann der Beamte noch einmal im Rundumschlag zuschlagen, indem er eine Verhaftung vornimmt. Das kann den gerade Kontrollierten treffen, aber auch einen anderen Spieler. Diese Aktion ist mit einem gewissen Risiko für den Polizisten verbunden. Er darf zwar beide Koffer öffnen, muss aber zur Entschädigung für einen zu Unrecht beschuldigten Reisenden, der nur eine erlaubte Flasche in beiden Koffern hat, zwei eigene Flaschen herausrücken. Da können die Bestechungsgelder schnell wieder flöten gehen. Im anderen Fall der berechtigten Anklage, kommt der Beschuldigte mit der Abgabe der gesamten Schmuggelware und einer Ermahnung davon. Dafür wandern die Flaschen auch nicht in die Asservatenkammer, sondern in den Privatbesitz des Polizisten.
Man merkt schnell, Verbrecher sind in diesem Spiel Knizias auf allen Seiten der Rollenverteilung. HEISSE WARE ist ein hundsgemeines Bluffspiel, bei dem es am meisten Spaß macht, den Polizisten vorzuführen. Die Optionen ergeben sich aber allerdings oft aus den Zwängen der Kofferzuteilung. Wer nur drei leere Koffer und zwei mit nur einer Flasche erhält, hat gar keine andere Chance, als darauf zu hoffen, dass der Polizist ihn verhaftet.
Zu dritt macht das Spiel überhaupt keinen Spaß, da die Polizeiaktionen zu stark sind. Wer nicht genügend in die Bestechung investiert, hat kaum eine Möglichkeit der Doppelaktion von Durchsuchung und Festnahme zu entgehen. In großen Runden, die uns hoffentlich bald wieder gegönnt sind, bringt dieses Bluffspiel Reiner Knizias aber genügend Pokerreiz auf den Tisch.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: HEISSE WARE
Autor: Reiner Knizia
Grafik/Design: Lutz Eberle, Kathrin Lahmer
Verlag: Gmeiner
Alter: ab 12 Jahren
Spielerzahl: 3 – 8
Spielzeit: ca. 30 - 60 Minuten
Preis: ca. 13 Euro
Spiel 16/2021
Sonntag, 21. März 2021
WENDELIN UND WANDA
SAMMELSURIUM
Pelikan Travellerserie: WENDELIN UND WANDA
Die bei Spielesammlern bekanntesten Spiele aus dem Pelikan Verlag sind die Buchkassetten, die zwischen 1974 und 1976 herausgegeben wurden. Zeitgleich erschienen wie bei Ravensburger 12 Spiele im Traveller Format. Die ursprünglich nur für Tinten und Farben bekannte Firma aus Hannover mit dem Wappentier Pelikan, war ab den 30er Jahren die wesentliche Firma in Deutschland für Füllfederhalter. Die Erfolge führten in den 70er Jahren zu einer großen Erweiterung der Produktpalette. Neben Spielen kamen Drucker, Projektoren, sogar Kosmetik ins Sortiment der Firma. TKKG wurde von Pelikan ursprünglich entwickelt. Die Expansion ließ die inzwischen von der GmbH zur AG gewordene Firma straucheln. 1984 wurde sie von der Condorpart AG in der Schweiz übernommen, die die Spieleproduktion nicht fortführte. Inzwischen gehört Pelikan dem malaysischen Unternehmen Goodace, das nunmehr als Pelikan International Corporation Berhad firmiert.
Pelikan griff in der Traveller-Reihe wie schon bei den Buchschuber-Spielen weitgehend auf Autoren zurück, nur zwei Ausgaben waren Lizenzen von Seven Towns. Rudi Hoffmann hat zwei Spiele zu dieser Reihe beigesteuert, am bekanntesten ist WENDELIN UND WANDA.
Wie in der großen Reihe tritt auch hier Eugen Oker als Serienbegleiter auf. Einleitende Kurzgeschichten führen zu manchen Spielen, wie der Verlag selbst sagt, meist „frei erfunden, zum Teil wahr“. Eugen Oker „wolle ja nicht bloß Einleitungen schreiben, sondern Vorspiele und Einstimmungen.“ Auch an den Regeln der Pelikanspiele soll Oker beteiligt gewesen sein.
WENDELIN UND WANDA
Hören wir einmal in Okers Vorgeschichte zu dem Spiel hinein. Der Spielekritiker erzählt von Graf Bobby, eine Wiener Witzfigur, die noch zu Zeiten der k.u.k. Monarchie erfunden wurde. Begriffsstutzig und naiv, war er Zielscheibe unendlich vieler Witze. Das nutzt Oker: Graf Bobby erzähle von sich, dass er sich drei Dinge nicht merken könne, erstens Namen, zweitens Gesichter und drittens, drittens, was er sich drittens nicht merken könne, habe er sich noch nie merken können. Um sein Gedächtnis zu trainieren, habe er auf Karten hinten und vorne Männer- und Frauenköpfe gemalt, die er sinnend hin und her drehe, dabei murmelnd: „Nie g’sehn! Nie g’sehn!“ Nach Oker habe diese Anekdote Rudi Hoffmann bei der Entwicklung von WENDELIN UND WANDA inspiriert.
Okers Vorgeschichte beschreibt schon das Spiel. Auf 15 doppelseitigen Spielkarten in fünf Farben ist auf der einen Seite stets ein Mann, der WENDELIN, zu sehen, auf der Rückseite eine WANDA. Jede Figur gibt es dreimal in der gleichen Farbe, also drei rote Wendelins und drei rote Wandas usw.
Das Spiel startet im 3x5 Raster, auf den Karten sind erst einmal alle Männer zu sehen. Wer an der Reihe ist, versucht drei Wendelins die farblich passenden Wandas zuzuordnen. Man nennt die Farbe, in der die Pärchenbildung stattfinden soll und macht sich an das Wendespielchen. Wer seine Vorgabe beim Wenden nicht erfüllt, gibt an den nächsten Spieler weiter. Wer zuerst die drei passenden Paare einer Farbe findet, wird mit entsprechenden vier Farbchips belohnt. Der nächste, der diese Farbe schafft, erhält nur noch drei Chips. Wer als erster die Pärchen für alle fünf Farben finden kann, beendet das Spiel, das der mit den meisten Punkten gewinnt. So haben wir es zumindest immer gespielt. Die Regel Rudi Hoffmanns besagt nur, dass der gewinnt, der zuerst alle Farben findet. Dann macht aber die Staffelung der Chipvergabe keinen Sinn und es hätte im Vorfeld ausgereicht, mit einem Farbchip belohnt zu werden.
Hoffmanns Spiel mit seinen Grafiken ist ein echter Gehirnverzwirbler. Irgendwie fühlt man sich fast wie Graf Bobby, wenn er murmelt: „Nie g’sehn!“. Mit der Zeit hat man aber bestimmte Kombis raus, dass beispielsweise hinter gelben Wendelins nur grüne, schwarze und rote Wandas stecken können.
Hoffmanns Idee zu einem Wende-MEMO tauchte danach und immer noch in unendlich vielen Spielen auf. In den 80ern wurde dazu sogar in der spielbox eine ausführliche Plagiatsdiskussion geführt, weil Karl-Heinz Koch mit dem Ravensburger Spiel HAB ACHT arg nah am Original von Hoffmann war. In den letzten Jahren finden wir die MEMO-Variante zum Beispiel in JOE’S ZOO von Wolfgang Dirscherl (Piatnik 2015), BOLA von Ferdinand Hein (F-Hein-Spiele 2015) und FINDEVIER oder TEUFELSKREIS von Jaques Zeimet (Steffen Spiele 2019) wieder.
Die Europäische Spielesammler Gilde (ESG) hat Hoffmanns Idee als limitierte Auflage mit Originalgrafiken Hoffmanns zum Sammlertreffen 2002 herausgegeben.
Titel: WENDELIN UND WANDA
Autor: Rudi Hoffmann
Grafik: Rudi Hoffmann
Verlag: Pelikan
Spielerzahl: 2 - 4
Alter: ab 5 Jahren
Spieldauer: ca. 10-20 Minuten
Preis: ca. 20.- DM
Wertung: Nächste Woche wieder
Sammelsurium 12 - S12/2021
Donnerstag, 18. März 2021
SCHMACKOFATZ
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
SCHMACKOFATZ
Frank Czarnetzki, Gewinner des Förderpreises für Nachwuchsautoren 2002, kann in seiner noch jungen Karriere als Spieleautor und Grafiker immerhin schon zwei Veröffentlichungen vorweisen. Als Grafiker hat er das pfiffige Legespiel ZOO SIM von Corné van Moorsel eindrucksvoll gestaltet und als Autor zeichnet er verantwortlich für die Memoryvariante SCHMACKOFATZ, die bei Haba erschienen ist.
Tukan, Schnecke, Pinguin, Igel, Frosch und Känguru gehen in dem tierischen Merkspiel auf Futtersuche. Für jedes Tier liegen drei Futterkarten bereit, aber nicht offensichtlich, sondern verdeckt, auch nicht en bloc, sondern nur in kleinen Häppchen. Sieben solcher Häppchen sind es am Anfang, die im Kreis ausliegen. Hinter sechs von ihnen steht jeweils ein Tier. Die maximal sechs Spieler, die an SCHMACKOFATZ teilnehmen dürfen, versuchen möglichst viele passende Futterkarten für die Tiere zu finden. Sollte dabei ein Spieler, was im Spiel zu zweit und zu dritt durchaus passieren kann, drei identische Futterkarten während des Spiels gesammelt haben, ist er sofort Spielsieger. Sonst gewinnt das Kind, das die meisten Kärtchen ergattert hat.
Der Spielablauf ist simpel. Eins der sechs Tiere wird am Anfang noch rein zufällig zu der freien Futterkarte geführt. Das Kind, das am Zug ist, darf sich diese Karte ansehen und merken. Hat es mit Glück die passende Futterkarte für das Tier gefunden, erhält es diese und ergänzt die Futterstelle vom Vorratsstapel. Einerseits müssen sich die Kinder aufgedeckte falsche Karten für spätere Züge merken, andererseits gilt es aber auch die Mitspieler im Blick zu behalten, denn aus ihren Zügen erhalten sie ebenfalls Informationen über die Karten. Gegen Spielende können die Futterkarten nicht mehr ergänzt werden. Das Tier ohne Futterkarte darf dann zu einem Tier mit Karte geführt werden, so dass die Chancen, eine passende Futterstelle zu finden, deutlich erhöht werden. Zu sechst, mit voller Besetzung, oder auch zu fünft bleibt der Ablauf eher dem Zufall überlassen, da ständig Veränderungen eintreten. Der Memorycharakter des Spiels kommt mit zwei, drei oder vier Spielern deutlich besser zum Tragen, da lohnen sich die genaue Beobachtung und das Memorieren der gesehenen Kärtchen. SCHMACKOFATZ ist kein genialer neuer Spielansatz, aber solide Hausmannskost, die in der preiswerten Mitbringschachtel daherkommt und Vorschul- und Grundschulkindern durchaus mundet.
Titel: SCHMACKOFATZ
Autor: Frank Czarnetzki
Grafik: Gesa Sander
Verlag: Haba
Spielerzahl: 2 bis 6
Alter: ab 5 Jahren
Spieldauer: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 8.- €
Spiel 21/2003 R53/2021
Die Rezension erschien 2003 www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Frank Czarnetzki gewann 2002 den Förderpreis für Nachwuchsautoren. Der Kommunikationsdesigner machte im ersten Jahrzehnt dieses Jahrtausends durch die Verbindung von Spiel & Kunst auf sich aufmerksam, die er in Produkten wie die MEISTERTDIEBE und BLACK ELEPHANT eindrucksvoll vorführte. Die MEISTERDIEBE waren 2004 sein Diplomabschlusses als Kommunikationsdesigner. Das Spiel brauchte seine Zeit, da für das Hauptobjekt, eine große Schmuckschatulle aus Holz, die sich auf drei Ebenen verdrehen lässt, ein sauber arbeitender Produzent gefunden werden musste. Ein edles Spiel, das durch die verschiedenen Rollen, in die man schlüpfen konnte, auch einen hohen Spielreiz besaß. Ein Meilenstein in der Spielentwicklung und Umsetzung, bisher unerreicht, hier stimmten Anspruch und ästhetische Umsetzung im besonderen Maße.
2006 gründete er für seine Spielideen den Verlag LudoArt, der nicht nur durch eindrucksvolle Standgestaltungen auf der Spiel in Essen auf sich aufmerksam machte. In dem Verlag veröffentlichte er auch Spiele von anderen Autoren, so PLANET STEAM von Heinz-Georg Thiemann und SHEN SHI von Andreas Schmidt.
Das Bild zeigt Czarnetzki 2001 auf dem Autorentreffen in Göttingen.
Sonntag, 14. März 2021
PRÄRIE
SAMMELSURIUM
Pelikan Buchkassetten: PRÄRIE
Die bei Spielesammlern bekanntesten Spiele aus dem Pelikan Verlag sind die Buchkassetten, die zwischen 1974 und 1976 erschienen sind. Die ursprünglich nur für Tinten und Farben bekannte Firma aus Hannover mit dem Wappentier Pelikan, war ab den 30er Jahren die wesentliche Firma in Deutschland für Füllfederhalter. Die Erfolge führten in den 70er Jahren zu einer großen Erweiterung der Produktpalette. Neben Spielen kamen Drucker, Projektoren, sogar Kosmetik ins Sortiment der Firma. TKKG wurde von Pelikan ursprünglich entwickelt. Die Expansion ließ die inzwischen von der GmbH zur AG gewordene Firma straucheln. 1984 wurde sie von der Condorpart AG in der Schweiz übernommen, die die Spieleproduktion nicht fortführte. Inzwischen gehört Pelikan dem malaysischen Unternehmen Goodace, das nunmehr als Pelikan International Corporation Berhad firmiert.
18 Spiele in Buchkassetten sind in den 70er Jahren erschienen. Die Spiele waren kleiner als die der Konkurrenz. Ihr quadratisches Format (19x19 cm) wirkte sich auch auf die Spielfeldgröße aus, das geklappt die vierfache Schachtelgröße ergab, oft aber auch nur aus einem Kunststoffbrett eben der Größe bestand.
Pelikan griff teilweise auf renommierte Autoren zurück wie Alex Randolph und Eric Solomon. Bei firmeneigenen Entwicklungen arbeitete die Redaktion mit Pseudonymen. Das Pferderennspiel FINISH wurde so einem E. Siena zugeschrieben, GLOBETROTTER hat angeblich ein R. F. Pleuna erfunden und DIAMANT ein A. Steyn.
Wie in der E-Serie von F.X. Schmid tritt auch bei Pelikan der Spielekritiker Eugen Oker als Serienbegleiter auf, aber auf eine anregende Weise einstimmend. Einleitende Kurzgeschichten führen zu manchen Spielen, wie der Verlag selbst sagt, meist „frei erfunden, zum Teil wahr“. Eugen Oker „wolle ja nicht bloß Einleitungen schreiben, sondern Vorspiele und Einstimmungen.“ Auch an den Regeln der Pelikanspiele soll Oker beteiligt gewesen sein.
PRÄRIE
Die Geschichte des Taktikspiels PRÄRIE von Alex Randolph ist lang. Damit verbunden sind edle Buchspiel- und Buchkassetten-Ausgaben der Firma Pelikan, die 1975 das Spiel erstmalig in der klassischen Schuberserie herausbrachten, einige Jahre später folgte eine Neuauflage als BÜFFELJAGD als eines von den fünf großen Buchspielen, zu denen auch Rudi Hoffmanns Klassiker OGALLALA gehörte. Mit deutschsprachigen Neuauflagen ist anscheinend regelmäßig ein Namenswechsel verbunden. 1999 erschien das Spiel erstmalig bei Piatnik, damals unter dem Namen BUFFALO. 2016 folgte die bisher letzte Ausgabe ebenfalls von Piatnik , der Titel beschränkt sich nun ausschließlich auf die zu jagenden Tiere, die BISONs.
Randolphs Idee geht zurück auf Urformen asymmetrischer klassischer Belagerungs- und Verteidigungsspiele. Da stehen stets wenige Verteidiger einer Überzahl von Angreifern gegenüber. Im 19. Jahrhundert sind die klassischen Vorgänger das FESTUNGSSPIEL, das RITTERSPIEL oder FUCHS UND GÄNSE. Vorbilder gibt es weltweit, so stammt aus Südasien das LEOPARDENSPIEL, in dem sich zwei Leoparden gegen 24 Kühe durchsetzen müssen. Ähnliche Konstellationen gibt es beim indischen TIGERSPIEL.
In Randolphs Taktikspiel stehen sich elf Bisons, ein Indianer und vier Hunde gegenüber. Die Bisons wollen über einen zweiten Flusslauf, der sich hinter dem Indianer und den Hunden befindet. Der Indianer muss alle Bisons fangen bzw. sie mit den vier Hunden stoppen. Die Dynamik des Spiels, die die asymmetrische Figurenverteilung relativiert, ergibt sich aus den unterschiedlichen Zugmöglichkeiten. Die Bisons laufen in ihrer Herde nur stur geradeaus und das auch nur Feld für Feld, nur sie dürfen die beiden Flüsse überqueren. Ihre Gegner bewegen sich innerhalb der Flussläufe. Am beweglichsten sind dabei die Hunde, die orthogonal und diagonal ziehen dürfen. Sie stellen die Bisons und hindern sie am Weiterkommen, wenn sie vor ihnen stehen bleiben. Damit werden sie zur Beute des Indianers, der sich in jede Richtung bewegen darf, aber nur ein Feld vorankommt. Er darf die Bisons angreifen und fangen. Das Spiel ist auf mindestens zwei Runden angelegt. Man gewinnt nämlich erst dann, wenn man sowohl als Bison-Spieler als auch als Indianer jeweils mindestens einmal siegen konnte.
Das ist schon das ganze Regelwerk. Wenn man sich die Büffel als Bauern, die Hunde als Damen und den Indianer als König vorstellt, haben wir eine Art Endspielsituation wie beim SCHACH vor uns. Die Varianz ist allerdings nicht hoch. Die Büffel müssen den Druck über die Ränder ausüben, um die Hunde zu binden. Der Indianer versucht in der Mitte aufzuräumen, darf aber nicht zu sehr nach rechts oder links abdriften, dann kommt nämlich garantiert ein Büffel durch. Ein gewisser Spielreiz ist da, der sich aus der Asymmetrie und den Siegbedingungen ergibt, er hält aber nicht ewig an. Meine Empfehlung für BISON gilt daher eher dem Kinderspiel, um Grundschüler an taktische Spiele heranzuführen.
Viel Holz war damals in der Schachtel von Pelikan. Bei den schon ganz speziell geformten Bisons, kann ich mir gut vorstellen, dass Randolph damals der Ideengeber für die Form war. Für seinen Kinderklassiker TEMPO KLEINE SCHNECKE hatte er für Ravensburger 1985 auch die Schneckenformen entworfen. Wenn Sie die Bisonfiguren Kopfstand machen lassen, haben Sie auch gleich elf Eisbären. Die Hundefiguren und der Indianer, ein großer roter Pöppel, waren eher Standard.
Titel: PRÄRIE
Verlag: Pelikan
Autor: Alex Randolph
Spielerzahl: 2
Alter: ab 7 Jahren
Spieldauer: ca. 10-20 Minuten
Preis: ca. 50.- DM
Wertung: Nächste Woche wieder
Sammelsurium 11 - S11/2021
Donnerstag, 11. März 2021
MONTE ROLLA
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Über Berg und Tal: MONTE ROLLA
Ein dreidimensionales MENSCH ÄRGERE DICH NICHT mit Murmeln hat sich Selecta mit MONTE ROLLA einfallen lassen. Das dachförmig aufgestellte Spielbrett, das einem Flusslauf aus einem Teich ins große Meer folgt, enthält Laufbahnvertiefungen für jeweils zwei Murmeln der zwei bis vier Spieler. Gefährlich sind die ständigen Flussüberquerungen, denn die Strudelfelder reißen die Murmel mit, das kann von Nachteil sein, dann nämlich, wenn es im wahrsten Sinne des Wortes flussaufwärts geht, dann rollt die Kugel zurück. Umgekehrt ist es aber bei Strudeln, die flussabwärts liegen, ein Vorteil, mitgerissen zu werden, denn es geht voran. Das gleiche gilt beim klassischen Werfen, das wie beim MÄDN- Vorbild funktioniert. Es gibt allerdings auch einige Felder, die zwei Murmeln aufnehmen. Im Flusslauf gibt es außerdem noch Steinfelder, die durchaus Kugelhalt bedeuten, jedenfalls solange nicht eine Murmel von oben angerollt kommt und alles mitreißt. Wer zuerst nach einer kurzweiligen Würfelrunde, die nach 15 bis 20 Minuten endet, mit beiden Murmeln im großen Meer gelandet ist, gewinnt das Spiel.
Die Murmelidee ist pfiffig, das Spielmaterial durchaus in der üblichen Selecta-Qualität. Dem genauen Weg zu folgen, bereitet kleinen Kindern aber doch einige Schwierigkeiten. Die vielen nicht weit auseinander liegenden Vertiefungen laden die lieben Kleinen geradezu zum Schummeln ein und wer möchte nicht seine Kugel auf der letzten Strecke ganz schnell den Monte hinunterrollen sehen. Nicht ganz eindeutig geregelt sind auch die Wiedereinstiege in dem talseitigen Sammelbecken. Trotz dieser Einschränkungen, MONTE ROLLA macht Spaß, Kindern deutlich mehr als erwachsenen Mitspielern.
Wieland Herold
Titel: MONTE ROLLA
Autoren: Gattermayer & Kapp
Grafik: Barbara Kinzebach
Verlag: Selecta
Spieler: 2-4
Alter: ab 4
Spieldauer: ca. 20 Minuten
Preis: 30 Euro
Spiel 18/2003 R50/2021
Die Rezension erschien 2003 www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Das Münchner Autorenpaar Ulrike Gattermeyer-Kapp und Manfred Kapp hatten zwischen 2000 und 2007 fast ein jährliches Abonnement für eine Veröffentlichung bei Selecta. Insgesamt sieben Spiele waren es am Ende.
MONTE ROLLA war mit Abstand das erfolgreichste Spiel, es landete immerhin auf der Empfehlungsliste zum Kinderspiel des Jahres 2004.
Die Seniorenspielreihe, die Selecta ab 2005 startete, prägten die beiden ganz wesentlich mit Spielen wie ÜBERLÄUFER, PLAN QUADRAT und QUATANA.
Sonntag, 7. März 2021
1000 KILOMETER
SAMMELSURIUM
Die kleinen Buchspiele von F.X. Schmid
Die bei Spielesammlern bekanntesten Spiele aus dem F.X. Schmid Verlag sind die Spiele der E-Reihe. Das „E“ steht für Erwachsenenspiele, die Serie erschien in den Jahren 1973/74. Die E-Serie war die Antwort aus Prien auf die Casino-Reihe von Ravensburger und die 3M-Serie. Die Spieleschachteln ähnelten aber nur den Buchschubern von 3M. Im Grunde genommen waren es einfache Stülpschachteln mit durchaus edler Innenverkleidung. Im deutlich kleineren Format (20,5x14,5x4 cm) erschienen die kleinen Buchspiele.
Recht bekannt ist davon der Klassiker von Edmond Dujardin: 1000 KILOMETER. Daneben erschienen in dieser Reihe Quiz- und Partyspiele wie QUIZ FÜR GLOBETROTTER und PANTO-MIMIK. Auf dem Foto fehlt nur das Spiel 5 MINUTEN – DENK MAL, eine Stadt-Land-Fluss-Variante.
Die Firma war älter als Ravensburger. Franz Xaver Schmidt gründete den Verlag 1860 in München. Anfangs wurden nur Spielwaren und Karten produziert, nach dem Zweiten Weltkrieg, das Unternehmen war inzwischen in Prien am Chiemsee ansässig, kamen auch Brettspiele und Puzzles dazu. 1997 übernahm Ravensburger die Firma, labelte bis 2000 noch Produkte unter FX, stellte dann aber die Spiele ein.
1000 KILOMETER
In Frankreich war MILLES BORNES schon in den 50ern ein beliebtes Spiel. Der Autor Arthur Dujardin veröffentlichte die erste Idee dazu schon 1951 unter dem Titel L‘AUTOSTOP. Er griff dabei auf wesentliche Elemente des 1906 in den USA erschienenen Spiels TOURING zurück (Wallie Doo Company). 1954 kam dann die abschließende Bearbeitung als 1000 BORNES heraus. Bei den 1000 Kilometern hat jeder Franzose die N7 vor Augen, die auch Route Bleue genannte Nationalstraße, deren Länge zwischen Paris und Nizza etwa 1000 Kilometer umfasst. Aus Dujardins Kellerwerkstatt wurde bald eine richtige Spielfirma. Internationale Erfolge kamen hinzu. Parker verzichtete beispielsweise auf die Lizenz für TOURING und nahm lieber MILLE BORNES ins Programm, von dem innerhalb kürzester Zeit 500.000 Spiele verkauft wurden. 1960 folgte die erste Veröffentlichung in Deutschland, zuerst von Dujardin selbst herausgegeben später dann bei F.X. Schmid (1962). In den 80er Jahren folgten Ausgaben bei Schmidt Spiele, 2008 noch eine bei Winning Moves.
Auf dem Höhepunkt des Unternehmenserfolgs 1975 starb Edmond Dujardin. Die Geschäftsführung des Verlags übernahm kurzfristig seine Frau und danach sein Sohn Patrick, der Anfang der 80er Jahre noch versuchte elektronische Spiele zu importieren. 1981 wurde das Unternehmen unter Beibehaltung des Markennamens von der Firma Regain Galore übernommen. 2007 landeten die Namensrechte bei TF1 Games, das für Brettspielversionen bekannter TV-Shows bekannt ist. Die Firma stellt auch heute immer noch MILLE BORNES in einem kleinen Werk in Saint-Pantaléon-de-Larche her. In Vollzeit sind damit immerhin 12 Mitarbeiter beschäftigt.
Was ist an dem Dauerbrenner dran, der mit einer Bewertung von 5,7 auf BGG eigentlich gar nicht gut wegkommt? Die Spielregel von F.X. Schmid verweist auf die frühen Auszeichnungen. Danach hat 1000 KILOMTER 1956 in Paris einen internationalen Erfinderwettbewerbs gewonnen und das Ganze noch einmal 1961 in Belgien.
Gespielt wird mit rund 100 Streckenkarten mit Kilometerleistungen zwischen 25 und 200 Kilometern und Aktionskarten, die als Angriffs- und Verteidigungskarten gespielt werden können. So warten die Gegner bei einer roten Ampel oder müssen eine Motor- oder Reifenpanne beheben, auch Geschwindigkeitsbegrenzungen und ein leerer Tank verzögern das Vorankommen. Nur wer entsprechend grüne Ampeln, Reparatursets und Reservekanister vorweist, kommt weiter. Spezielle Trumpfkarten wirken gleich mehrfach, so das Blaulicht-Fahrzeug, das keine Ampeln und Geschwindigkeitsbegrenzungen kennt.
Ziel ist es, im Einzelkampf 700 Kilometer als erster zu erreichen. Im Team-Wettbewerb mit zwei Mannschaften mit je zwei oder drei Personen gilt der Spieltitel als zu erreichendes Ziel. Jeder agiert stets mit sieben Handkarten, die reihum gespielt werden. Zum Start braucht es eine grüne Ampel, nur mit ihr können in Folge Kilometerkarten ausgespielt werden. Wer das nicht macht, darf Angriffe auf Gegner starten. Mit den speziellen Aktions-Trumpfkarten darf sofort auf Angriffe reagiert werden, sonst muss man warten, bis man wieder dran ist.
1000 KILOMETER taugt auch heute noch als einfaches, glücksbetontes Familienspiel, das man mit passenden Trumpfkarten und hohen Kilometerwerten gewinnen kann. Bekommt man nichts Ordentliches zur Verteidigung auf die Hand, ist es ein eher mühsames Unterfangen. Trotzdem lässt sich Dujardins Spiel in Ansätzen auch taktisch spielen. Wer darauf achtet, welche Angriffskarten nicht mehr im Spiel sind, kann Karten entsorgen und sich eine höhere Varianz von Etappenkarten einhandeln. Dafür braucht es aber einen guten Überblick. Die damalige Regel hatte dafür extra eine Übersichtskarte, die zeigte, dass die meisten Angriffskarten nur dreimal im Spiel waren, die Geschwindigkeitsbegrenzung viermal und die rote Ampel gar fünfmal. Die Reaktionskarten waren meist im doppelten Verhältnis vorrätig, sodass das Rennen meist nicht zu sehr stoppte. Von der grünen Ampel gab es sogar 14 Karten.
Die Umsetzung von F.X. Schmid in der kleinen Buchschuberschachtel war für die 70er Jahre für ein Kartenspiel sehr ordentlich. Die Kartenqualität entsprach den üblichen F.X.-Karten. Die Regel war zwar umständlich, aber sehr ausführlich und gut bebildert, inklusive einer Variante der Rallye-Meisterschaft, die über 5000 Punkte lief. Punktetabellen, Kartenübersichten waren nicht selbstverständlich damals. Das samtige Inlett entsprach dem Standard der großen Schachteln.
Titel: 1000 KILOMETER
Verlag: F.X. Schmid
Autor: Edmond Dujardin
Spielerzahl: 2 – 6
Alter: ab 8 Jahre
Spieldauer: ca. 45 Minuten
Preis: ca. 20.- DM
Wertung: Nächste Woche wieder
Sammelsurium 10 – S10/2021
Donnerstag, 4. März 2021
HUNDSGEMEIN
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Piatnik hat in letzter Zeit erfolgreich mit Venice Connection zusammengearbeitet, dabei sind so tolle Spiele wie TOSCANA von Niek Neuwahl herausgekommen. Das italienische Mensamitglied Dario Zaccariotto ist über Venice Connection 2003 ebenfalls bei Piatnik gelandet und so zu seiner ersten Spieleveröffentlichung gekommen. HUNDSGEMEIN, sein raffiniertes Legespiel enthält pfiffige Elemente, aber ein unheimlich aufgesetztes Thema.
Abstrakt lässt sich Zaccariottos Idee so beschreiben: Stellen Sie sich ein Gitternetz von sechs waagrecht und senkrecht sich kreuzenden Wegen vor, so dass neben den Wegen ein Spielfeld mit 49 Feldern entsteht. Das zentrale mittlere Feld wird zur Tabuzone erklärt. Den meisten Wegen können dadurch links und rechts oder oben und unten jeweils sieben Felder zugeordnet werden. Nur zu den vier Wegen neben der Tabuzone gehören 13 Felder. Auf die Wege werden beliebig Punkteplättchen verteilt, die je dreimal in den Werten zwei bis fünf vorhanden sind. Um diese Punkte rangeln die zwei bis vier Spieler. Dazu erhalten sie einen Farbsatz mit Plättchen, die auf die 48 Felder gelegt werden können. Diese Plättchen sind auf der einen Seite durch die Spielerfarbe gekennzeichnet, auf der anderen Seite befinden sich vier unterschiedliche Symbole, die jeder Spieler in der gleichen Verteilung erhält. Auf den Spielplan gelegt werden die Plättchen nur mit ihrer Symbolseite nach oben. Unter zwei Plättchen dürfen die Spieler stets wählen. Bei der Ablage müssen sie beachten, dass identische Symbole nicht benachbart gelegt werden dürfen. Das schließt auch diagonales Legen aus. Sobald durch diese Einschränkung kein Kärtchen mehr gelegt werden kann, endet das Spiel. Die Plättchen werden umgedreht und die Punktekarten je nach Farbmehrheiten in den zugeordneten Wegen verteilt.
Das ist es schon! Simpel, aber raffiniert. Einerseits Memory, da ich mir ja zumindest ungefähr merken muss, wo ich Mehrheitschancen besitze und dies möglichst auf punkteträchtigen Wegen. Damit ich mich nicht verkalkuliere, muss ich mir möglichst ebenfalls die gegnerischen Farben merken. Dann bringt mir die Ablageregel zusätzliche Blockademöglichkeiten, da ich die Auslage meiner Mitspieler vor Augen habe und so gezielt Symbolkärtchen spielen kann, die sie fern von mir halten. Diesen Einschränkungen unterliege ich aber auch selbst, so dass das Warten auf ein passendes Symbol zur Qual werden kann. Hundsgemein kann das sein.
Was macht ein Spieleredakteur (oder der Autor selbst) mit einer solchen Grundidee? Kris Burm hätte für das 49. Feld einen GIPF-Stein geopfert und alles wunderbar abstrakt, im Edellook als DNUH herausgegeben, was dem Spiel nicht schlecht bekommen wäre. Kosmos hätte die neue Reihe von Brett- und Kartenspielen in der kleinen Reihe genutzt. Fritz Gruber hätte getextet, „ich suche dir ein Schätzchen, Kleines“ und hätte die Spieler auf Diademsuche für Nofretete geschickt, die Symbolkärtchen wären Hieroglyphen gewesen, die Punktekarten wertvolle ägyptische Klunker. Ravensburger hätte in dem Straßenlabyrinth sofort Ähnlichkeiten zu Kobberts Verrücktheiten entdeckt und den guten Max an die Überarbeitung der Spielidee gesetzt. Was macht Piatnik draus? Das appetitliche Thema: Flöhe auf Hundejagd. Kein Wunder „Kommissar Rex“ jagt noch durch Wien, also finden wir Rex mit höchstem Wert im Spiel wieder. Verkaufsfördernde Lizenzgebühren zahlt Piatnik natürlich nicht, jegliche Anspielungen auf die Serie fehlen. Die wiederum sich wohl auch kaum hergegeben hätte für einen verlausten Rex und einen sich ständig kratzen müssenden Marc Hoffmann.
Unter einen Deutschaufsatz würde ich jetzt schreiben: „Leider haben Sie das Thema verfehlt, aus dieser guten Grundidee hätten Sie viel mehr machen können!“ Für einen Deutschaufsatz wäre das der Totalverriss mit mangelhaftem Ergebnis. Uns Spielern bleibt der durchaus vorhandene Spielspaß.
Wieland Herold
Titel: HUNDSGEMEIN
Autor: Dario Zaccariotto
Grafik: Oliver Freudenreich
Verlag: Piatnik
Spieler: 2 bis 4
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 20 Minuten
Preis: ca. 18 Euro
Spiel 14/2003 R45/2021
Die Rezension erschien 2003 www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 5 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der 52jährige Dario Zaccariotto stammt aus Dolo bei Venedig. Sehr früh kommt er in Kontakt zu Dario de Toffoli und Leo Colovini. Mit beiden entwickelt er zusammen Spiele und veröffentlicht Bücher. Er gehört zum Team von Studiogiochi, das u.a. verantwortlich für den Premio Archimede ist.
HUNDSGEMEIN ist sein erstes und auch einziges Spiel, das nur von ihm stammt. 2005 und 2006 folgen CHALLENGE SUDOKU und KAKURO CHALLENGE mit Colovini und de Toffoli. 2007 erscheint von dem Trio das letzte Spiel MINENRÄUMER bei Clementoni.
Die Arbeit an Spielebüchern vor allem mit Denkaufgaben stellt Zaccariotto aber nicht ein. Neben acht Spieleveröffentlichungen hat er es inzwischen auf 25 Buch-Publikationen gebracht. Die meisten veröffentlichte er zusammen mit de Toffoli. Zuletzt erschien 2020 „Aumenta il tuo quoziente intellettivo (Increase your IQ)“ nur von Zaccariotto.
Montag, 1. März 2021
GRAWORIE
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Gewichtsmemory: GRAWORIE
Das klassische Merkspiel ist MEMORY. Inzwischen gibt es viele Nachahmer, die mit der Zahl der zu sammelnden Plättchen variieren, die Duft- oder Geräuschkomponenten dazu nehmen. Ganz neu ist ein Spiel mit Gewichten, die der Designer Heiko Tullney sich mit seinem Spiel GRAWORIE hat einfallen lassen. 18 Edelstahlwürfel sind mit Kreisen, Quadraten und Dreiecken versehen. Die edlen Spielsteine unterscheiden sich aber dadurch, dass es unter den sechs identischen Formen jeweils zwei schwere, mittelgewichtige und leichte Würfel gibt. Gesucht wird ganz klassisch nach passenden Pärchen. Es reicht aber nicht, zwei identische Symbole aufzudecken, diese müssen zusätzlich noch gewichtsidentisch sein.
Vor dem Spiel sollten die Spieler eine Übungsrunde Gewichtheben einlegen, denn man braucht das richtige Feeling, um im Spiel die passenden Paare zu finden. Keine Probleme hat man mit den leichten und schweren Aluminiumwürfeln, das mittlere Gewicht wird aber immer einmal wieder falsch zu geordnet. Wichtig ist bei diesem Spiel auch, dass immer nur mit der rechten oder der linken Hand aufgenommen wird, da wir unterschiedliche Wahrnehmungen entwickelt haben.
GRAWORIE eröffnet eine ganz neue Dimension des Merkspiels. Im klassischen Spiel erhält der Gegenspieler alle Informationen, die er für sein eigenes Spiel weiter verwenden kann. Hier gibt es nur Teilinformationen über die geometrischen Symbole. Man weiß dann zwar, wo sich ein Kreiswürfel oder ein Dreicksymbol verbirgt, man weiß aber nichts über deren Gewicht. Heiko Tullneys Spiel eröffnet nicht nur eine neue Gefühlswelt im Merkspiel, es ist auch ein optischer und haptischer Hochgenuss zu einer schnellen Runde GRAWORIE anzutreten. Ein Spiel, das nicht in der schwarzen Verpackunsschachtel bleiben sollte, sondern in seiner ganzen Schönheit aufforderungsbereit im Wohn- oder Spielzimmer aufgebaut sein muss. Klasse Idee! Ein hochwertiges Weihnachtspräsent.
Wieland Herold
Titel: GRAWORIE
Verlag: Troika
Autor: Heiko Tullney
Spieler: 2
Alter: ab 6
Spieldauer: 5 bis 10 Minuten
Preis: 110 Euro
Spiel 16/2002 R42/2021
Die Rezension erschien 2002 www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
GRAWORIE ist von einer Webeartikel-Firma vertrieben worden. Troika liefert normalerweise Schlüsselanhänger, Kulis etc. , bezeichnet sich selbst aber als Spezialisten für Männergeschenke. In dieser Sparte tauche Tullneys Idee damals auf. Aktuell gibt es im Programm nur noch einen „Würfelbecher TO GO“.
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