
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
ZIRKUSFIEBER
Manchmal hat man den Eindruck gewinnen, dass unsere Pädagogen nicht ausgelastet sind. Zumindest scheinen sie viel Zeit für Spielentwicklungen und Verlagsgründungen zu haben. Da bearbeitet der eine Luftikus den skakespearschen Sommernachtstraum und nun kommt schon die nächste Nummer eines gewissen Herrn Adams im Zirkuszelt. Wer dann noch weiß, dass der Rezensent sein Geld ebenfalls mit Schülern verdient, wird sich fragen: „Unterrichten die drei denn auch noch?“
Ja, Jürgen Adams unterrichtet wie Georg Luft in Bayern. Oberstudienrat Adams ist am Münchner Asam-Gymnasium für Sport und Chemie zuständig und, man höre und staune, seit zehn Jahren Zirkusdirektor des schuleignen Asamesischen Zirkus (www.asamesischer-zirkus.de). Mit über 80 Zirkusmitgliedern scheint Adams für ganz schön viel Bewegung an seiner Münchner Schule zu sorgen. Weit über 50 Auftritte hat seine Truppe inzwischen schon absolviert. Erfolgreich hat sie im Mai dieses Jahres das Zehnjährige in einem Viermastzelt zelebriert. ZIRKUSFIEBER hieß das Programm und genauso nennt Adams sein Spiel für zwei bis vier Spieler ab sieben Jahren.
Die Vorgeschichte macht deutlich, dass wir es hier mit einem Pädagogen zu tun haben, der von der thematischen Materie, die er spielerisch aufarbeiten möchte, eine Menge versteht. Das, was Adams als Spielziel vorgibt, spiegelt fast die Erfolgsgeschichte seines Asamesischen Zirkus wider. Aus einem kleinen Betrieb soll ein erfolgreicher Tournee-Zirkus werden, der zu einem Auftritt im Circus Krone kommt. Auf Marktplätzen, Parks, auf kleinen Bühnen, manchmal aber auch im Zirkuszelt können die Spieler mit ihren Darbietungen Punkte für den Spielsieg sammeln.
ZIRKUSFIEBER ist ein Laufspiel auf einem mäandernden Spielplan, die Spielfelder geben dabei die Auftrittsorte und Ereignisfelder vor. Über Bewegungskarten steuern die Spieler ihre Zielfelder an, dort agieren sie aber würfelabhängig. Der Würfelwurf mit einem Spezialwürfel gibt vor, welcher Artist seinen Auftritt hat. Entsprechend werden Auftrittspunkte auf einer Zählleiste für den Jongleur, Clown, Zauberer, Akrobaten und Dompteur gesammelt. Zusätzlich werden ein schwarzer Würfel mit einer 50-prozentigen Sechserchance und ein weißer Würfel (1 bis 4) geworfen. Die Kombination aus Auftrittsort und Artist legt fest, welcher der beiden Würfel gewertet wird. So sammeln die Spieler je nach Artist mit der Zeit acht bis zwölf Punkte, darüber hinaus müssen sie dann Musiker erspielen, von denen sie fünf benötigen, um mit voller Zählleiste und dem entsprechenden Zirkusorchester ausgestattet exakt in den Zielzirkus einzumarschieren. Durch die Bewegungskarten scheint ZIRKUSFIEBER nicht allzu glücksabhängig zu sein. Die Spieler sind aber letztlich ziemlich abhängig vom Artistenwürfel, dessen Jokerfeld manchmal die nötige Rettung bedeutet. Auch die Ereigniskarten beeinflussen teilweise extrem den Spielverlauf. Wer das Pech hat, dass sich am Anfang des Spiels ein Artist verletzt, kann eigentlich gleich aufgeben. Für ihn zählt nämlich bis zum Spielende nur noch der weiße Würfel.
Jürgen Adams hat ein recht einfaches Laufspiel erfunden, das in Ansätzen taktische Überlegungen zulässt. Mit einer Spieldauer von einer halben Stunde ist es schnell vorüber. Das Zirkusthema ist zwar mit im Spiel, spielt aber eigentlich kaum eine Rolle. Der Spielmechanismus lässt sich auf alle möglichen Formen von Sammelaktivitäten übertragen, die mit einem glücksabhängigen Laufspiel verbunden werden können. Das Spielmaterial ist in Ordnung, führt wie die Grafik allerdings nicht zu Beifallsstürmen. Die Spielregel ist unter Einbeziehung der Regelergänzungen solide. Ich muss wahrscheinlich kein Wahrsager sein, um zu prognostizieren, dass Jürgen Adams als Zirkusdirektor erfolgreicher agiert als als Spieleautor. Mit ZIRKUSFIEBER bereichert er nicht unbedingt die Spielelandschaft, er tut aber auch keinem damit weh und hat sicherlich die Möglichkeit bei den vielen Auftritten des asamesischen Zirkus alle produzierten Spiele abzusetzen.
Titel: ZIRKUSFIEBER
Autor: Jürgen Adams
Verlag: Smada Verlag (www.smada-verlag.de)
Spieler: 2 - 4
Alter: ab 7 Jahren
Spieldauer: ca. 20 bis 45 Minuten
Preis: ca. 20 Euro
Spiel 31/2006 R148/2021
Die Rezension erschien 2006 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 5 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder

Zum Spiel und zum Autor:
So richtig bekannt wurde der 74jährige Sport- und Chemielehrer erst nach seiner Pensionierung. 2019 landete er mit dem Kinderspiel GO GECKO GO! (Zoch) auf der Nominierungsliste der Kinderjury. Auch seine zweite Veröffentlichung bei Zoch AB DURCH DIE MAUER fand viel Beachtung.
Auf dem Bild ist Adams 2019 während der Preisverleihung in Hamburg zu sehen.