Donnerstag, 24. Dezember 2015
WILLKOMMEN IM DUNGEON
Masato Uesugi, ein japanischer Spieleautor, heißt WILLKOMMEN IM DUNGEON. Irgendwie ahnt man schon, dass es nicht episch breit und ausufernd, sondern minimalistisch knapp zugehen wird.
So ist es dann auch. Gerade einmal dreizehn Monster tauchen auf, meist im Doppelpack, nur einige sind rar, insgesamt das übliche Ambiente: Goblins, Orks, Golems, ein Dämon und Drache. Einer von vier Abenteurern wagt es pro Runde, sich diesen Ungeheuern entgegenzustellen. Das kann ein Magier sein, aber auch ein Krieger oder Barbar.
Die Chancen des Helden stehen anfangs ganz gut, strotzt er doch nur so voll Kraft und Lebenswillen. Gut gepanzert, überlebt er auch die eine oder andere Niederlage, seine magischen Kräfte wenden sich gegen starke und schwache Gegner. Sein Problem ist nur, dass er nur selten so voll gerüstet ins Dungeon marschiert. Uesugi lässt die Beteiligten entscheiden, ob sie das Ungeheuer, das sie gerade vom Kartenstapel gezogen haben, verdeckt ins Dungeon legen oder lieber nicht auftauchen lassen, wofür sie allerdings eine der sechs Ausrüstungskarten des Helden opfern müssen. Da werden Lebenspunkte reduziert, da kann der Drache nicht mehr bekämpft werden. Und schon stellt sich die Frage, wagt sich überhaupt noch jemand ins Monster-Labyrinth?
Daraus ergibt sich ein taktisches Ausscheiden. Wer der Meinung ist, dass der Held mit den wenigen restlichen Waffen keine Chance mehr hat, passt lieber. Irgendwann ist nur noch ein Spieler übrig, für den nun Goblin für Goblin und Golem für Golem überprüft wird, ob die Kraft ausreicht, alle Kämpfe zu bestehen. Reicht es, gibt es zur Belohnung eine Erfolgsurkunde, reicht es nicht, wird die eigene Übersichtskarte von Weiß auf Rot gedreht. Was deutlich macht, dass man sich das nicht noch einmal erlauben darf. Das Spiel endet, wenn ein Recke zwei Erfolgskarten gewinnen konnte oder alle bis auf einen ausgeschieden sind.
Etwas MEMO, gepaart mit Bluff und dem Mut zum Risiko, wer da den besten Überblick hat, gewinnt in der Regel. Das Zittern fängt an, wenn Karten wie der „Drachenspeer“ aus dem Spiel kommen, beim „Heiligen Gral“ wird es noch komplizierter, da er alle Monster mit gerader Kampfzahl besiegt. Irgendwann verliert fast jeder den Überblick, steigt aus, und wundert sich dann, dass der Krieger doch noch siegreich alle Kämpfe beenden konnte. WILLKOMMEN IM DUNGEON ist ein pfiffiges minimalistisches Zockerspiel, das zum Ausprobieren gleich vier unterschiedliche Helden parat hat.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: WILLKOMMEN IM DUNGEON
Autor: Masato Uesugi
Verlag: Heidelberger / Iello
Spielerzahl: 2 - 4 Spieler
Alter: ab 10Jahren
Dauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 13 Euro
SPACE PLANETS
Wenn schon nicht STAR WARS, dann zumindest ein Weltraumspiel, muss sich Haba wahrscheinlich gedacht haben, als man merkte, dass irgendwie alle Verlage am STAR WARS-Rummel beteiligt sind und sogar die sonst sehr irdische CARCASSONNE-Welt hofft, dass die Macht mit ihr sein möge.
Habas Weltraumausflug stammt von Benjamin Schwer, der einst LIVINGSTONE (Schmidt) erfand und in diesem Jahr mit BUTTONS (Noris) und zwei weiteren Spielen aus Bad Rodach auffällt (MONSTER MENU und UGAH UGAH!). Er führt zwei bis vier mutige Weltraumforscher ab sechs Jahren mit SPACE PLANETS in die Weiten des Weltraums.
Mit den minimalen Materialien einer Mitbringschachtel zaubert Schwer ein sehr eigenständiges Weltraumspiel, das viel Geschick verlangt. Da starten kleine Raumschiffe mit vier Treibstoffkristallen auf Entdeckertour, vor ihnen zwar nicht die unendlichen Weiten des Universums, aber immerhin neun im Quadrat ausliegende Planetenkarten. Was nun kommt, kennen wir aus RUMMS! (Kosmos) und aus anderen aktuellen Schnipp- und Würfel-Spielen dieses Jahrgangs. Wir fliegen zu den Planeten, indem wir sie mit geschickter Würfelhand treffen. Unsere Raumsonde ist ein silberner Würfel, mit dem man möglichst in Kontakt mit einer der ausliegenden Planetenkarten tritt.
Der Planet, auf dem die Sonde landet, kann erforscht werden. Dazu müssen die Raumfahrer aber Treibstoffkristalle bezahlen, die der Sondenwürfel zeigt. Wem der Treibstoff ausgegangen ist, kassiert die entsprechende Anzahl an Kristallen. Wer ohne Treffer im All herumirrt, bekommt immerhin einen Entschädigungskristall.
Für die Endabrechnung, die nach fünf erfolgreichen Treffern eintritt, entscheidend, sind Entdeckersterne. Manche Planeten bringen nur einen Punkt, andere sagenhafte Himmelskörper, die weit entfernt liegen, bedeuten gleich vier Punkte für die Endabrechnung. Viele Planeten besitzen noch einen Zusatzeffekt. Da gibt es Treibstoffnachschub, die Möglichkeit zum Nachwürfeln und zum Ärgern der anderen Raumfahrer. Schwarze Löcher sollten alle tunlichst meiden, sie verschlingen den Würfel. Für die Schlusswertung zählen die Sternpunkte der Karten und Restkristalle.
In der kleinen Schachtel von SPACE PLANETS steckt erstaunlich viel Spielspaß. Die Geschicklichkeit des Würfeleinsatzes mit dem Flug des Raumschiffs zu verbinden, ist eine pfiffige Idee, die nur den Nachteil hat, dass geübte Weltraumflieger nach fünf Runden den Sack schon zu machen. Dann dauert SPACE PLANETS nicht die angegebenen 15 Minuten, sondern ist schon nach acht bis zehn Minuten vorüber. Dafür können die Unterlegenen schneller eine Revancherunde fordern.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: SPACE PLANETS
Autor: Benjamin Schwer
Verlag: Haba
Spielerzahl: 2 - 4 Spieler
Alter: ab 6 Jahren
Dauer: ca. 10 - 15 Minuten
Preis: ca. 10 Euro
Mittwoch, 23. Dezember 2015
MMM!
Reiner Knizias kooperativen Mäusespaß MMM! haben die Österreicher mit ihrem Spielpreis gewürdigt, in Deutschland haben sich die Mäuse eher in ihren Mauselöchern verkrochen. Keine Würdigung der Jury, der deutsche Spielepreis sah eher Spinnen in der Spitzenposition. Sogar die Spieletester des BDJK, die eher breit streuen, würdigten im November in Darmstadt lieber Schweine, Affen, Kakerlaken und natürlich ebenfalls die SPINDERELLA von Zoch.
Die Österreicher lieben Mäuse anscheinend mehr, dort gibt es sogar eine Band, die sich „Mäuse“ nennt und überzeugend darlegt, dass NICHTS BESSER IST ALS MÄUSE. Solange man genügend davon in den Taschen hat, unterschreibe ich das auch.
Knizias Hausmaus heißt Charly, sie erwartet Besuch, dafür muss die Vorratskammer von Familie Meier geplündert werden, bevor Hauskater Moritz einschreiten kann. Auf dem Speiseplan Charlys stehen Brote, Gurken, Karotten, Fische und selbstverständlich Käse. In der Speisekammer gibt es von allen Nahrungsmitteln kleine und große Stücke, die nicht schon angeknabbert in Charlys Wohnung sollen. Er weiß schließlich, was sich für einen guten Gastgeber gehört.
Der Nahrungstransport wird mit drei Würfeln vorbereitet. Ein Kind würfelt, die Gruppe entscheidet dann gemeinsam, auf welches Nahrungsteil mindestens ein Würfel kommt. Solange gelegt werden kann, ist das gut. Klappt es aber nicht mehr, sind zum Beispiel alle Felder belegt oder ein leidiges rotes „X“ wird gewürfelt, dann ist das eine Null-Runde für die Gruppe. Alle Würfel müssen zurück und Kater Moritz wandert ein Feld in Richtung der Mäuse. Das macht er auch, wenn ein Nahrungsmittel nicht vollständig abgedeckt wird. Klappt aber alles, werden die Würfel durch Mäusechips ersetzt, bis schließlich alle 49 Felder belegt sind, bevor Moritz die Speisekammer erreicht hat. Wem das zu einfach ist, der wechselt zur Rückseite des Spielplans. Dort sind die Nahrungsmittel deutlich größer und können nicht so leicht in einem Spielzug abgedeckt werden.
Knizias Idee ergibt ein kleines taktisches Würfelspiel mit etwas CAN’T STOP-Gefühl, bei dem gegenseitige Unterstützung der Kinder hilfreich ist. Am besten sind die Ergebnisse, die Nahrungen auf zwei Feldern abdecken, sodass der dritte Würfel bei Teilen liegt, die später in Angriff genommen werden. Das funktioniert, solange das Würfelglück mitspielt. Kommt das „X“ zu häufig, wird der nötige zweite Käse nicht gewürfelt, haben die Kinder gegen Moritz keine Chance. Mehrmals hintereinander kann das ganz schön frustrierend sein. Spielt ein Siebenjähriger mit drei Fünfjährigen wird aus dem kooperativen Spiel zwar ein wechselseitiges Würfeln, aber eine Dominanz in der Entscheidung. Kindergartenkinder haben noch Probleme bei der strategischen Vorausplanung, da nimmt dann das ältere Kind oft das Heft in die Hand. Erwachsene können sich zurückhalten, Kinder eher nicht.
Eine Würdigung mit dem Titel „Spiel der Spiele“ ist für Knizias Kinderspiel klar eine Nummer zu hoch gegriffen. Bei den „Spiele Hits für Kinder“ wäre MMM! neben CRAZY COCONUTS und PUSH A MONSTER einigermaßen gut aufgehoben gewesen. Alles Spielideen, die genau das, was ein sehr gutes Kinderspiel ausmacht, besitzen: Sie machen Eltern und Kindern Spaß. MMM! macht Kindern Spaß, Eltern bemängeln den zu hohen Glücksfaktor und fehlenden Anspruch. Das Spielmaterial ist in Ordnung, die Spielregel hätte klarer strukturiert werden können. Hilfreich ist allerdings das Ablaufschema am Ende des Regelwerks. Für die Menge des Materials hätte auch eine deutlich flachere Spieleschachtel gereicht, so enthält die Box viel frische Luft aus Friedberg.
Ergänzung Mai 2016: Nun hat sich die Kinderspieljury "Spiel des Jahres" doch noch zu einer Nominierung des Spiels durchgerungen. Ob es für mehr reicht, wird man im Juni sehen.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: MMM!
Autor: Reiner Knizia
Verlag: Pegasus
Spielerzahl: 2 - 4 Spieler
Alter: ab 5 Jahren
Dauer: ca. 15 - 20 Minuten
Preis: ca. 20 Euro
Dienstag, 22. Dezember 2015
SPLASH!
Spiele aus der Schweiz spielen in Deutschland keine wichtige Rolle. Gäbe es nicht Fata Morgana mit ANNO DOMINI, EIN SOLCHES DING und einigen anderen herausragenden Ideen, wäre die Schweiz spielerisch völlig zu vernachlässigen. Seit kurzer Zeit lohnt es sich aber durchaus wieder, eidgenössische Spielideen auf den Spieltisch zu holen. Schuld daran ist die Carletto AG, in der Schweiz einer der führenden Distributoren von Markenspielen wie Schmidt, Amigo und Haba und nicht zu verwechseln mit Carlit, die sich im engen Verbund mit Ravensburger befinden.
Carletto hat vor sieben Jahren mit Game Factory einen Spieleverlag gegründet, der seit 2013 mit frischen, unverbrauchten und pfiffigen Ideen auf sich aufmerksam macht. Verantwortlich dafür sind der Kopfkran LIFT IT! oder das raffinierte Magnetspiel BELLZ!, überzeugend auch SPLASH!, ein winziges Bauspiel in der Metalldose.
SPLASH! kommt als Turmbauspiel mit gerade einmal 30 Holzbausteinchen in sechs unterschiedlichen Farben und fünf unterschiedlichen Formen aus. Da sind Würfel dabei, die mit einer Kantenlänge von 15mm schon riesig wirken, im Gegensatz zu der kleineren Ausgabe, die gerade einmal auf 7 mm kommt, noch winziger sind die Stäbchen, deren Schmalseiten nur einen halben Zentimeter messen. Anfangs nehmen sich zwei bis sechs Turmbauer wechselnd Holzteile aus der Tischmitte, bis alle Bauteile verteilt sind.
Die Bauregeln danach sind einfach, Farbe folgt Farbe oder Form folgt Form. Der letztliche Pfiff dieses Geschicklichkeitsspiel besteht in einem winzigen Regeldetail, das sich das Autorenpärchen Wilfried und Marie Fort ausgedacht hat. Die passenden Bausteine werden an den linken Nachbarn weitergereicht, der diese in den Bau einzufügen hat. Klar, dass er es nicht so einfach haben soll, da kommen die ganz kleinen Würfelchen und schmalen Stäbchen viel schneller zum Einsatz.
Wer bisher beim Turmbau im Kinderzimmer stabile Heros-Bausteine gewohnt war, wird erstaunt sein, wie hoch es durchaus auch filigran zugehen kann. Da meint man, seinem Nachbarn eine nicht zu bewältigende Aufgabe hinterlassen zu haben, und muss dann nach weiteren Bauaktivitäten feststellen, dass der Wackelturm wieder im eigenen Aufgabenhorizont steht. Bei aller Spannung und Aufregung mit diesen Kleinteilen ist es besonders wichtig, dass die Hände der anderen weg vom Tisch sind, es darf absolut nicht gewackelt oder geruckelt werden.
Stürzt der Turm ein, was nicht ausbleibt, muss der letzte Turmbauer drei Holzteile in seinen Vorrat nehmen. Derjenige, der das Bauteil geliefert hat, das letztlich den Einsturz bewirkte, erhält einen Siegpunkt, einen blauen Saphir oder, wie die Spielregel uns weißmachen möchte, einen Wassertropfen. Irgendwo will SPLASH! Turmbau- mit Schwimmbad-Feeling vermitteln, was jetzt im Winter eher schwerfällt und auch sonst thematisch an den Haaren herbeigezogen ist. Jedenfalls gewinnt der Spieler, der als erster drei Saphire vor sich hat oder seine Bausteine alle loswerden konnte. Das dauert nicht lange, spätestens nach 15 Minuten ist der Turmbauspaß vorüber. Oder auch nicht, denn Revancherunden gibt es viele. Nicht nur bei Kindern, die schon unter sechs Jahren, wenig taktisch zwar, aber begeistert, am SPLASH!-Turm bauen, sondern durchaus auch in reinen Erwachsenenrunden, die die kleinen Gemeinheiten lieben, die dieses Spiel ständig vermittelt. Insgesamt eine überzeugende spannende Bauspielidee, bei der der Verlag allerdings auf eine etwas bessere Endkontrolle bei der Holzqualität achten sollte.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: SPLASH!
Autor: Wilfried und Marie Fort
Verlag: Game Factory
Spielerzahl: 2 - 6 Spieler
Alter: ab 6 Jahren
Dauer: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 13 Euro
LOS ROLLOS
Die große Überraschung auf der Spiel in Essen war HCM Kinzel, ein Unternehmen aus dem schwäbischen Zaberfeld, das ausschließlich auf Denkspiele für einen Spieler spezialisiert schien. Nun beginnt sich der Verlag aber in eine echte RUSH HOUR zu begeben, die Kinzels wollen als kompletter Spieleverlag durchstarten. Ihre Zielvorgabe: „Vom Importeur zum Spieleverlag“ setzt neue Akzente. „Erstmals in der Unternehmensgeschichte bringen wir unter der Marke HCM Kinzel sieben innovative Spiele in Deutschland, Österreich, der Schweiz und in Italien auf den Markt.“
Viel eigene Entwicklung steht noch nicht hinter den Produkten, es sind durchweg Lizenzprodukte unterschiedlicher Hersteller. Auffallendes Merkmal fast aller Spiele, dass die Suche nach einem Spieleautor vergeblich ist. Für die grafischen Arbeiten setzt HCM auf das anoka Designstudio in Remseck, das auch für Kosmos und Huch! &friends arbeitet.
Unter den Neuheiten gibt es einige interessante Spielkonzepte, zum Beispiel den Kugelturm LOS ROLLOS, der von der Hongkonger Firma Intex Syndicate stammt. Die Spielidee für zwei bis vier Kinder ab sechs Jahren erfordert gutes räumliches Vorstellungsvermögen. Aufgebaut werden muss erst einmal ein großer Plastikturm. Am Hochhaus sind acht bewegliche Balkonteile angebracht. Im Turmdach befinden sich vier Startlöcher für insgesamt 16 Kugeln, außerdem stellt die Turmspitze einen sehr schnell ablaufenden Timer dar. Unbedingt beachten: Batterien werden nicht mitgeliefert, zwei AAA Batterien müssen im Haus sein, damit der Timer in Gang gesetzt werden kann. Jeder Spieler besitzt eine Zielmulde im Parterrenbereich, dort sollen möglichst punkteträchtige silberne und goldene Kugeln landen, die schwarzen Kugeln, die Minuspunkte bringen, möglichst beim Gegner.
Wer an der Reihe ist, analysiert das Balkongewirr und versucht, die Laufstrecke einer Kugel zu erahnen. Dann wird der Turmknopf gedrückt und innerhalb von acht Sekunden muss eine aus einem Säckchen gezogene Kugel in einem Loch im Dach stecken. Wer das nicht schafft, packt die Kugel wieder zurück in den Sack. Unabhängig vom Erfolg oder Misserfolg werden die Wege für den nachfolgenden Kugelwerfer verändert. Dazu dürfen bis zu zwei Balkonteile versetzt werden. Wenn alle 16 Kugeln in Zielmulden gelandet sind, endet LOS ROLLOS nach zehn bis fünfzehn Minuten. Der Punktbeste gewinnt natürlich.
LOS ROLLOS erinnert an CUBORO TRICKY WAYS. Das Spiel des Schweizer Kugelbahn-Produzenten läuft allerdings etwas komplexer ab und kann daher gut auf den Zeitdruck verzichten. Wer LOS ROLLOS schnell beherrscht, für den kann der Timer beschleunigt werden, sodass schon nach gut vier Sekunden die Kugel rollen muss. Ähnlich wie bei TRICKY WAYS fällt auf, dass es schon Sechsjährige gibt, die ein Talent für die Analyse der Laufwege haben. Andere Kinder, auch deutlich ältere, tun sich oft schwer. Entsprechend unterschiedlich wird das Spiel bewertet. Da geben Achtjährige schon nach der ersten Runde auf und Erstklässler sind nicht wegzubekommen von Kugelbahn und Steckbalkonen. Um den Druck zu nehmen, funktioniert das Ganze natürlich auch ohne Timer gut und führt jüngere Kinder besser an die Veränderungen heran, die sich durch das Umstecken der Balkonteile ergeben. So lässt sich früher Frust verhindern, auch eine Mischung von Spielen mit und ohne Timer ist natürlich möglich.
Die Faszination, die immer wieder von Kugelbahnen ausgeht, funktioniert auch hier. Wobei sich die Kinder aber einen deutlich höheren Turm mit viel mehr Balkonen wünschen, damit die Kugel gaaanz lange läuft.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: LOS ROLLOS
Autor: ohne Autorennennung
Verlag: HCM KINZEL
Spielerzahl: 2 - 4 Spieler
Alter: ab 6 Jahren
Dauer: ca. 10 Minuten
Preis: ca. 25 Euro
Montag, 21. Dezember 2015
WO IST BITTE UMTATA?
Irgendwo wissen wir inzwischen, dass Buxtehude im Landkreis Stade am Rande des Alten Landes liegt, aber WO liegt BITTE UMTATA? Arno Steinwender widmet sich wie seine Kollegen Bernhard Lach und Uwe Rapp von AUSGERECHNET BUXTEHUDE und AUSGERECHNET UPSALA der europäischen Geographie.
Der Österreicher Steinwender betreibt seine Erdkunde-Stunde mit schrägem Wissen über Europa. Das Schöne daran, auch die Supergeographen, die Beherrscher aller Stummen Karten der frühen Schulzeit, kommen mit ihrem Grips oft nicht weiter. Dafür lernen wir alle ein bisschen mehr über UMTATA und Umgebung.
Ein Beispiel gefällig? Die Umtatater sind ein ganz besonderes Völkchen, 33 Prozent ihrer Wähler wollten 1997 zurück zur Monarchie. Wo liegt, bitteschön, dieses UMTATA?
Zwei bis fünf Spieler blicken irritiert auf die Europakarte, deren Staaten den Regionen der vier Himmelsrichtungen zugeordnet sind. Zusätzlich besitzt jedes Land noch eine von vier Farben, die eine genaue Zuordnung möglich macht. Wenn ich also der Überzeugung bin, dass Portugal an seine 1910 endende Monarchie anknüpfen wollte, dann stelle ich auf meiner Drehscheibe Westeuropa und die Farbe Gelb ein. Andere wollten vielleicht die griechische Krise durch die Monarchie beheben, Kaczyński zum Nachfolger der Piasten machen oder Putin zum neuen Zaren. Weit gefehlt, wobei Griechenland gar nicht so weit weg von der richtigen Lösung lag. Die Albaner haben nämlich in der Nachwendezeit mit dem Gedanken gespielt, die Monarchie könnte hilfreich sein. Deshalb bekommt nur der Spieler mit der Griechenland-Vermutung einen Punkt für die richtige Region.
Da man wirklich oft im Dunkeln stochert, darf das Glück auch eine Rolle spielen. Albanien hat eine grüne Landesfarbe, wer sich für Bulgarien entschieden hat, hätte einen Punkt für die richtige Farbe bekommen. Sogar doppelte Punkte wären möglich gewesen, wenn jemand in der Südregion die grünen Länder Bosnien-Herzegowina oder Slowenien gewählt hätte. Es gibt aber auch einfache Fragen, bei denen Geschwindigkeit verlangt wird. Wo liegt denn das UMTATA mit dem höchsten Berg Europas? Klar, in Frankreich. Der Spieler, der am schnellsten seine Tippscheibe in den Kasten mit „Tataa – ich weiß es!“ werfen konnte, darf zuerst die Antwort überprüfen. Liegt er wirklich richtig, bekommt er drei Siegpunkte. Wer auf der Siegpunktskala als Erster 16 Punkte erreicht, gewinnt WO IST BITTE UMTATA? nach meist einer knappen halben Stunde.
Der Verlag moses. hat diese Spielidee aus Österreich ansprechend umgesetzt. Die Regeln sind einfach, sodass man sofort loslegen kann. Mit 300 Fragen sind die „schrägen Seiten Europas“ allerdings schnell abgegrast. Zumal die oft so verrückt sind, dass sie gut im Gedächtnis verankert bleiben. Bekannte Kartensätze verlieren damit schnell ihren Spielreiz und nur auf den Drehscheibenwurf will man UMTATA nicht reduzieren. Die Grundidee ist witzig, der Lerneffekt ständig da, positiv empfinde ich auch die Glücksfaktoren, die Steinwender eingebaut hat. Redaktionell gefällt außerdem, dass nicht nur einfach Antworten gegeben werden, sondern Hintergrundinformation frei Haus dabei sind. Von der Altersempfehlung her sehe ich WO IST BITTE UMTATA? durchaus schon im Bereich der Zehnjährigen, die beginnen, weiterführende Schulen zu besuchen.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: WO IST BITTE UMTATA?
Autor: Arno Steinwender
Verlag: moses.
Spielerzahl: 2 - 5 Spieler
Alter: ab 12 Jahren
Dauer: ca. 25 Minuten
Preis: ca. 25 Euro
CAPTAIN BLACK
Ravensburger setzt in dieser Saison Maßstäbe, was große Spiele angeht. Die RIESEN BILDER-RALLYE läuft auf einem 180 Zentimeter langen Spielplan ab. Nur halb so lang ist das Piratenschiff des CAPTAIN BLACK, dafür kann es mit seinem dreidimensionalen Aufbau mit jedem Playmobil-Schiff mithalten.
„Schiff ahoi! Ich bin der Geist des Captain Black!“, so werden zwei bis vier Kinder von einer großen schwarzen Kapitänsfigur begrüßt, unter deren Piratenhut ein Schädel grinst. Keine Angst, der Gruselfaktor hält sich in Grenzen. Der ruhelose Geist will nur seinen Frieden finden und das gelingt ihm am besten auf seiner alten Schatzinsel. Dort warten wertvolle Schätze und auch auf den Weg dorthin verführt der Geist von Zeit zu Zeit die Kinder mit attraktiven Belohnungen. Aber Achtung, wenn sie zu sehr trödeln und nicht gut kooperieren, dann schaffen sie es nicht, die Insel vor Einbruch der Dunkelheit zu erreichen.
CAPTAIN BLACK gehört zur Elektronik-Reihe von Ravensburger, die mit WER WAR’S (2008) und SCHNAPPT HUBI (2012) sehr erfolgreiche Spiele hervorgebracht hat. Wie beim „Kindersiel des Jahres“ 2008 ist erneut Reiner Knizia der Spielentwickler.
Bevor es losgeht, sollte man vor dem ersten Spiel eine halbe Stunde Aufbauzeit berücksichtigen. Danach müssen sich die Kinder mit dem Schiff und der Geisterfigur vertraut machen. Im Spiel gilt es später, Anker und Schiffsglocke, den Papagei und die Kanone schnell zu finden, denn überall dort und an weiteren Stellen tauchen Kraken, Seeungeheuer, Schiffsratten und andere Piraten auf, die alle bekämpft werden müssen. Wichtig ist auch, dass die Kinder Segel setzen, Wassereinbrüche und Feuer bekämpfen. Es gibt viel zu tun auf dem Schiff von CAPTAIN BLACK. So hetzen die Spieler von einem Malheur zum anderen, immer angetrieben vom „Beeilt Euch!“ des Geistes.
Atmosphärisch ziehen Schiff und Geist des CAPTAIN BLACK die Kinder schnell in ihren Bann. Die Bewältigung der Abenteuer geschieht nur würfelnd. Wenn ein Unheil auftaucht, eilen die Spieler dorthin, wo Ratten, Ungeheuer oder Piraten als Pappbedrohung zu sehen sind. Reicht der Würfelwurf, dürfen sie auch Black dorthin ziehen, der Goldbelohnungen verteilt, manchmal aber auch ein Puzzleteil der zu erreichenden Insel verschenkt. Sind die Spieler zu langsam, setzt Black die Daumenschrauben an und erhöht die Bedrohungen. Gute Absprache ist wichtig. Wer geht wohin? Da müssen die schnellsten Wege im Blick sein. Ein paar Minispiele lockern die ewigen Touren über die Schiffsplanken auf. Da gibt es den Zweikampf mit Piraten, das Schießen mit Wurfsteinen auf Seeungeheuer, das auf dem Wohnzimmerboden gespielt wird. Dort wird auch die Fitness der Mannschaft überprüft, die Kniebeugen und Liegestützen machen muss. Schließlich findet noch der Tastsinn Anwendung, wenn unter dem Heck des Schiffes nach passenden Werkzeugen gesucht wird.
Erreichen die Spieler die Insel vor Einbruch der Dunkelheit, haben sie alle gemeinsam gewonnen. Freuen können sich alle, auch CAPTAIN BLACK, der endlich seine Ruhe findet. Reiner Knizia setzt allerdings nicht ganz auf den rein kooperativen Gedanken, denn ein Kind fühlt sich als besonderer Sieger, wenn es die meisten Goldschätze einsammelt. Irgendwann müssen die Kids ja wieder runter von der Insel und dann braucht das Schiff einen neuen Kapitän.
Der Anfangsspielreiz ist riesig. Ich habe noch keine Runde erlebt, die nicht sofort noch einmal starten oder im schulischen Bereich zumindest beim nächsten Mal wieder unbedingt dabei sein wollte. Das Spiel dauert nämlich. Eine ganze Schulstunde geht schnell mit Aufbau, Zwischenspielchen und Wiederholungen drauf, da die Kinder den Captain nicht immer verstehen. Wer den Schwierigkeitsgrad erhöht, liegt dann auch ruckzuck bei einer Stunde. Das Gute für neue Gruppen ist, dass lange Regelerklärungen nicht nötig sind, die übernimmt die Figur des CAPTAIN BLACK.
Die Gratwanderung zwischen kooperativen und kompetitiven Spiel empfinde ich als problematisch, Kinder ärgern sich deshalb über ungerechte ungleiche Belohnungen. Wer aus diesem Grund, egoistisch den Verführungen des CAPTAIN BLACK erliegt und goldträchtige Zusatzorte ansteuert, kann durchaus den gemeinsamen Sieg unmöglich machen, was natürlich auch ein Lerneffekt sein kann. Wer irgendwann sagt, dieses Würfeln, Hinlaufen und Plättchen beseitigen, wird mir auf die Dauer zu langweilig, Blacks nervige Stimme mag ich auch nicht mehr hören, der hat immer noch ein wundervolles Piratenschiff zum freien Spielen, auf dem ganz viele Piraten von Playmobil oder Legomännchen Platz finden. Schiff ahoi!
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: CAPTAIN BLACK
Autor: Reiner Knizia
Verlag: Ravensburger
Spielerzahl: 2 - 4 Spieler
Alter: ab 6 Jahren
Dauer: ca. 45 Minuten
Preis: ca. 45 Euro
Sonntag, 20. Dezember 2015
TOP & FLOP
Das erfolgreiche Partyspiel WITS & WAGERS feierte 2015 sein zehnjähriges Jubiläum. Ähnlich wie einst Martin Luther vor über fünfhundert Jahren ein Erweckungserlebnis hatte, ging es dem Autor Dominic Crapuchettes (u.a.a. EVOLUTION). Er geriet als Kapitän eines Lachsfischers vor der Küste Alaskas in Seenot. Als die gesamte Schiffselektronik ausfiel, musste er sich auf der Heimfahrt am Polarstern orientieren. Er schwor, nun nur noch seinen Träumen zu folgen. So gründete er 2003 den Spieleverlag North Star Games und landete zwei Jahre später mit dem Partyspiel WITS & WAGERS einen ersten großen Erfolg.
Wie bei QWIRKLE hat es eine ganze Zeit gedauert, bis ein deutscher Verlag auf diesen Dauerbrenner aus den Vereinigten Staaten aufmerksam wurde. Zwischenzeitlich hatte Days of Wonder die Idee schon einmal als GAMBIT 7 vermarktet. 2015 ist aus „Grips & Wetten“ nun bei Kosmos TOP & FLOP geworden, an der grundsätzlichen Idee hat sich aber nichts verändert.
TOP & FLOP spielt mit unserem Halbwissen, mit Ahnungen, Vermutungen, daher ist es auch kein reines Quiz-, sondern eher ein Schätzspiel. Wobei die Qualität solcher Spiele hauptsächlich von der redaktionellen Bearbeitung der Fragenkarten abhängt. Soviel vorweg: Kosmos hat gut gearbeitet, es gibt nur wenige Fragen, die man sicher beantworten kann. Fast alle könnten mit vier Antworten Millionenfragen bei Jauch sein. Es gibt aber auch Ausreißer wie die zur Regierungszeit der Queen.
Der Rateaufwand hält sich in Grenzen, schon nach sieben Tipprunden ist der Spaß vorbei. Ein Spieler liest eine Frage vor, die könnte lauten: „Wie viele Buchstaben hat das aktuell längste Wort, das im Duden steht?“ Alle, auch der Vorleser, fangen nun an zu grübeln, allein oder im Team, und schreiben dann mit einem abwischbaren Stift ihre Vermutung auf eine Tipptafel. Die Ergebnisse werden nach Größe sortiert und wahrscheinlich irgendwo zwischen den Zahlen 30 und 60 landen. Wer sich an Extremwörtern wie „Oberweserdampfschifffahrtsgesellschaft“ oder Mary Poppins „Supercalifragilisticexpialigetisch“ orientiert, muss also schon mindestens die 34 oder 38 auf seiner Tafel stehen haben. Danach legen alle einfache oder doppelte Wettchips auf beliebige Tafeln. Wichtig ist dabei, dass alle Tipps, die höher als das korrekte Ergebnis sind, nicht gewertet werden. Wer mit seinem aufgeschriebenen Tippergebnis gewinnt, bekommt einen Siegpunkt, entsprechend gibt es einfache oder doppelte Punkte für die Wettchips.
So läuft TOP & FLOP über die ersten sechs Runden, bis es zum großen Finale kommt. Diese letzte Runde kann alle bisherigen Ergebnisse total verändern, da die Spieler zusätzlich zu den Wettchips gewonnene Siegpunkte einsetzen können. Es gibt kein Limit, sodass dieses Alles oder Nichts hinten liegende Spieler oder Teams in die Spitzenposition hieven kann. Regeltechnisch bleiben dabei aber Fragen offen. Es wird überhaupt nicht festgelegt, in welcher Reihenfolge die Tipps abgegeben werden. Wir sind dazu übergegangen, dass diese Wetten geheim auf der Tafel mit der entsprechenden Zusatzwertung notiert werden.
Die Redaktion ist für die Bearbeitung der insgesamt 596 Fragen, die für über 80 Spiele ausreichen, zu loben. Zumal Kosmos sich nicht nur mit Zahlenantworten zufriedengibt, sondern Belege anführt und zu vielen Fragen weitere Informationen liefert. Bei der Beispielsfrage war das Wort mit 55 Buchstaben wohl zu lang, um dem juristischen Begriff der „Vermögenszuordnungszuständigkeitsübertragungsverordnung“ noch etwas hinzuzufügen. Was weniger gefällt ist der Wertungsrhythmus, der letztlich alles auf die letzte Frage zulaufen lässt, auch das Procedere hätte klarer geregelt werden müssen. Das war bei GAMBIT 7 mit einem zu beliebiger Zeit einsetzbaren Chip, mit dem das Ergebnis versiebenfacht wurde, eleganter gelöst. Mir fehlt auch die Sanduhr, die diesem Spiel noch beilag. Was auf alle Fälle 2015 besser funktioniert, sind die Stifte mit in der Kappe integriertem Wischer.
Ein ordentliches Partyspiel, bei dem sich keiner verstecken muss, das vor allem in großer Runde eine Menge Spaß macht, für das aber Hausregeln nötig sind, um die letzte Runde ohne Streit über die Bühne zu bringen.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: TOP & FLOP
Autor: Dominic Crapuchettes
Verlag: Kosmos
Spielerzahl: ab 4 Spieler
Alter: ab 10 Jahren
Dauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 35 Euro
Samstag, 19. Dezember 2015
HARRY HOPPER
Zwei Zehnerwertungen von insgesamt sieben Wertungen bei BoardGameGeek für HARRY HOPPER, wenn sich das nicht sehen lassen kann!? Wohl weniger, wenn Ranita Landgraf und Ranita Rubia gleich im Doppelpack als Wertende auftreten. Eher peinlich, wenn die Redakteurin des Lizenzgebers White Castle, Anita Landgraf, hier versucht, eigene Produkte zu pushen. Dabei hat dieser Spielerstling des 38jährigen Wieners Florian Nadler solch unrealistische Benotungen gar nicht nötig. Seine hüpfenden Heuschrecken, bei Kosmos erschienen, bringen nämlich eine Menge Spielspaß für die ganze Familie.
Irgendwo hat Nadler wohl hüpfende Frösche, die in einen Eimer wollen, und KUBB, den Klassiker aus Skandinavien, bei der Entwicklung vor Augen gehabt. Die Plastikfrösche sind große Heuschrecken, deren Beine gewaltiges Sprungvermögen entwickeln. Die großen KUBB-Kegel sind zu Grashalmen mutiert, kleine Holzstäbe, die ein Plastikhüpfer locker zur Seite räumt.
Die Grundversion ABGEGRAST! ist das Teamspiel, das an KUBB oder WIKINGER-SCHACH erinnert. Jede Mannschaft muss neun eigene „Grashalme“ umwerfen, um dann am Ende den roten Königsstein ins Wanken zu bringen. Die Wurfhölzer sind durch zwei Grashüpfer ersetzt und der Aufbau gestaltet sich anders. Bei HARRY HOPPER sind um den Königsstein die „Grashalme“ wechselnd in zwei konzentrischen Kreisen angeordnet. In einer halben Armlänge Entfernung starten die jeweiligen Heuschrecken der Teams und versuchen, eigene Holzklötze zu Fall zu bringen. Mit dosiertem Druck auf das Hinterteil des Hüpfers kann Richtung und Höhe des Sprungs recht gut gesteuert werden. Bevor es losgeht, sollten aber alle ein paar Sprungversuche machen. Alle Klötze, die umfallen, kommen aus dem Spiel. Beim roten Stab, sind die Regeln zum Glück nicht ganz so hart wie im KUBB-Spiel. Dort wäre sofort Schluss, hier wird der Stein wieder aufgestellt und das gegnerische Team darf einen beliebigen Holzstab entfernen. Die Mannschaft, die am Ende den roten Stab umwirft, gewinnt nach rund einer Viertelstunde das Geschicklichkeitsspiel.
Kann das erste Spiel durchaus noch am Tisch ablaufen, ist der GRASHÜPFER-PARCOURS ein Spiel im freien Raum. Die Spieler entwerfen dazu einen entsprechenden Hüpfkurs mit zehn Hindernissen, wobei das letzte wieder der rote Holzstab krönt. Im Unterschied zum ersten Spiel ist nun der Landeplatz des Grashüpfers gleichzeitig die Absprungstelle für den nächsten Spieler des Teams. Wer ein eigenes Holz umwirft, ist gleich noch einmal dran. Fallen gegnerische Hölzer, werden sie diesmal erneut aufgestellt.
Spielen Erwachsene mit, entscheiden die sich meist für die Tischversion und damit die KUBB-Variante. Reine Kindergruppen haben viel Freude am Spiel im freien Raum mit selbst erstellten Hindernissen, wobei wir nahelegen, umgefallene gegnerische Hölzer nicht wieder hinzustellen. Etwas Schadenfreude soll doch erlaubt sein. Kosmos empfiehlt das Spiel für Kinder ab sechs Jahren. Die Kleinen brauchen zwar etwas Zeit, um die Sprungtechnik zu beherrschen, aber mit Übung schaffen es durchaus auch Fünfjährige gut. Der Aufforderungscharakter ist in jeder Hinsicht groß. Florian Nadlers Söhne finden jedenfalls dessen Spiel "ur-geil!", was deutlich ehrlicher als die Bewertungen Ranita Rubias klingt.
"Ur-geil" fanden die Kinderspieljuroren das Spiel wahrscheinlich nicht, aber immerhin gut, sodass es auf der 2016er Empfehlungsliste landete.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: HARRY HOPPER
Autor: Florian Nadler
Verlag: Kosmos
Spielerzahl: 2 – 4 Spieler
Alter: ab 6 Jahren
Dauer: ca. 20 Minuten
Preis: ca. 20 Euro
Freitag, 18. Dezember 2015
TOP 12
„1 – 3 – 6 – 24 – 31 – 43“ – jeder Wunsch wird erfüllt. Mit diesen Zahlen wäre es in der Lottoziehung vom 12.12. 2015 sogar ein Sechser gewesen. Schön wär’s!
Schön ist es! Heinz Meister, seit über dreißig Jahren erfolgreicher Spieleautor, geht nicht nur auf die Suche nach sechs Richtigen, sondern entwickelt ein Zahlenwunschkonzert für zwölf Richtige. In TOP 12 darf jeder die Zahl nennen, die ihm in den Kram passt.
Meisters Idee besteht aus einem Wertungsblock, einem Würfel und vier kleinen Stiften, alles fast zu aufwendig von Schmidt Spiele in einer Metallschachtel verpackt. Der Block hat fünf Spalten, denen fünf auf dem Würfel auftauchende Symbole zugeordnet sind, und jeweils 12 Eintragungsfelder. Die Spieler notieren dort aufsteigend Zahlen zwischen 1 und 100, der erste, der eine Spalte vollenden kann, gewinnt TOP 12.
Bevor es losgeht, werden die Startzahlen 10, 20, 30, 40, 50 jeweils einer Spalte zugeordnet und dann beginnt das Wunschkonzert. Reihum nennen die Beteiligten eine beliebige Zahl, die durchaus auch schon auf den Blöcken markiert sein kann. Dann legt das Wurfergebnis des Würfels fest, in welche Spalte die Zahl eingetragen werden muss, nur beim roten Blitz steht eine beliebige zur Verfügung. Wie bei den Würfelspielen QWIXX oder QWINTO gelten die Wurfergebnisse immer für alle Spieler.
Spicken ist ausdrücklich erlaubt! Denn die ausgewählte Zahl soll natürlich gut in die eigene Planung passen und Mitspielern Probleme bereiten. Das gilt vor allem gegen Ende, wenn nur noch wenige Felder offen sind. Meist führt dies zu einer Nivellierung der Ergebnisse, da Führende schnell eingeholt werden und alle am Ende dann auf passende Spaltenwürfe hoffen. An die Spielqualität der Ideen vom Nürnberger Spielkarten Verlag kommt TOP 12 nicht heran. Trotzdem hat diese Zahlenwunschmaschine von Heinz Meister ihren Reiz und kann als unterhaltsamer Start für einen Spielabend oder als Absacker dienen.
Die Spielregel sieht auch eine Solovariante vor, deren Rundenzahl vom Anfänger bis zum TOP 12-Profi bewertet wird. Richtig reizvoll ist diese Variante nicht, da das Ergebnis letztlich nur von der Würfelhäufigkeit der vorkommenden Symbole abhängt.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: TOP 12
Autor: Heinz Meister
Verlag: Schmidt Spiele
Spielerzahl: 1 – 4 Spieler
Alter: ab 8 Jahren
Dauer: ca. 10 - 15 Minuten
Preis: ca. 7 Euro
Donnerstag, 17. Dezember 2015
NEW YORK 1901
Was für eine Aussicht! Über den Dächern von Manhattan scheinen eine Bauarbeiterin und ein Bauarbeiter sich auf ihr Frühstück vorzubereiten, den Hudson bei blauweißem Himmel im Blick. Charles Clyde Ebbets ist wohl das große Vorbild für den französischen Grafiker Vincent Dutrait (LEWIS & CLARK, AUGUSTUS etc.). Er variiert Ebbets bekanntes „Lunch atop a Skyscraper“ und versetzt es mit politisch unzeitgemäßer Korrektheit ins New York der vorletzten Jahrhundertwende.
Der kanadische Autor Chenier La Salle darf sich jedenfalls über eine fantastische Covergestaltung seiner ersten Spieleveröffentlichung NEW YORK 1901 freuen. Auch auf der Rückseite des Spielplans überließ der Verlag blue orange seinem Grafiker Spielräume. Die vier Bilder auf der üblicher Weise einfarbigen Rückseite sehen wie weitere Coverentwürfe aus, die zwar nicht ganz mit der ausgewählten Fassung mithalten können, aber durchaus Atmosphäre besitzen.
Der Bauboom zu Beginn der 20. Jahrhunderts hat es La Salle angetan. Er lässt zwei bis vier Bauunternehmer Anteil am Hochhausbau in New York nehmen. So begeistert wir Spieler erst einmal vom Cover sind, so ernüchternd kommt dann das reine Spiel eher abstrakt daher. Es läuft nur zweidimensional mit Legeplättchen ab. Immerhin ist unser Punkteanzeiger ein nicht ganz zeitgemäßes Abbild des Empire State Buildings, da es erst 30 Jahre nach der Bautätigkeit im Spiel errichtet wurde.
Der Spielplan kommt sehr bunt daher, farbige Bauplätze, die durch Straßen getrennt sind, werden Baubereichen zugeordnet. Dort errichten die Spieler Hochhäuser, dafür hat jeder eine Startimmobilie und ein identisches Set aus 18 Wolkenkratzern, die nach Entwicklungsstufen geordnet sind. Für das Vorbereiten von Bauplätzen stehen vier Arbeiter zur Verfügung, zusätzlich bekommt jeder drei Aktionskarten. Wer am Zug ist, erwirbt Land und okkupiert es mit einem Arbeiter, zusätzlich kann das Land sofort bebaut werden. Gebäude können auch durch neue, höhere Entwicklungsstufen ersetzt werden. Dafür gibt es Siegpunkte. Landerwerb und eventuelles Bauen und Abriss mit Wiederaufbau sind getrennte Aktionen, für eine von beiden muss der Bauherr sich entscheiden.
Wo und wie groß gebaut werden darf, regeln Grundstückskarten. Vier liegen stets offen aus, von denen der Spieler, der diese Aktion wählt, eine nehmen muss. Beim Bau achten die Bauherren nur noch auf Bedingungen wie Straßen- oder Parkanbindung. Die einfachen bronzenen Hochhäuser können durch silberne und die wiederum doch goldene überbaut werden, die immer punkteträchtiger werden. Jeweils einmal darf jeder einen der realen legendären Wolkenkratzer errichten, die neun bis 13 Siegpunkte bringen. Der Hochhausbau endet, wenn ein Spieler nur noch vier nicht errichtete Hochhäuser vor sich liegen hat oder wenn die Grundstückskarten ausgehen. Aktionskarten für die Spielrunden, Bonuskarten für die Schlusswertung ergänzen das Grundspiel.
Für die ersten Runden macht es Sinn, dem Einsteigerspiel zu folgen. Es führt in die Standardregeln gut ein, sodass alle ein Gefühl für Landerwerb, Häuserbau und -abriss erhalten. Das Spielende wird hierbei über die Siegpunktleiste eingeläutet. Es tritt dann ein, wenn einer die 50-Punkte-Grenze überschreitet.
Im Grunde genommen ist NEW YORK 1901 ein klassisches Legepuzzle, das in starker Abhängigkeit von nur vier Bauplatzoptionen abläuft. Die daraus entstehenden Zwänge sind ziemlich groß, sodass langfristige strategische Bauplanung nur bedingt möglich ist. Das Problem haben aber alle, jeder versucht das Beste aus den gegebenen Bedingungen herauszuholen. Da alle identische Bauteile haben, machen die Unterschiede bei den legendären Wolkenkratzern ganz schön viel aus. Früh Plätze dafür frei zu blocken, macht Sinn, vor allem, wenn man die 13 Punkte für den Woolworth-Tower kassieren will. Das gilt ebenfalls für die unterschiedlichen Bonus-Wertungen am Ende. Diese bringen fünf Siegpunkte für Straßendominanz oder Belohnungen für noch stehende einfache Wolkenkratzer. Je nach Karte, die ins Spiel kommt, verlaufen die Runden anders.
Zu zweit kommen sich die Bauherren fast gar nicht in die Quere, obwohl im Rosa-Viertel nicht gebaut wird. Zu viert ist die Interaktion am höchsten, da wird es richtig eng und aggressives Spiel macht den Bau großer Gebäude schwer. In dieser Zusammensetzung dauert NEW YORK 1901 eine gute Stunde, sonst reichen meist zügige 45 Minuten aus, Zweierpartien sind schon nach einer halben Stunde vorbei.
Die Regeln sind schnell verstanden. Da es nur zwei Handlungsoptionen gibt, stellt das Spiel auch für Grundschüler keine große Hürde dar. Daher ist NEW YORK 1901 ein ordentliches Familienspiel, um das Vielspieler aber eher einen Bogen schlagen. Der Glücksfaktor mit den nur vier ausliegenden Grundstückskarten ist einfach zu groß. Bei aller optischen Schönheit des Covers, die Zweidimensionalität im Legespielablauf führt uns schnell in die Niederungen eines nicht unbedingt originellen Spiels zurück.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: NEW YORK 1901
Autor: Chenier La Salle
Verlag: Huch! & friends / blue orange
Spielerzahl: 2 – 4 Spieler
Alter: ab 8 Jahren
Dauer: ca. 30 - 60 Minuten
Preis: ca. 40 Euro
Dienstag, 15. Dezember 2015
ROAR! FANG DAS MONSTER
Im letzten Jahr waren sie noch der große Trend, Brettspiele mit Handysteuerung. Ravensburger entwickelte extra eine Halterung für smartPLAY-Spiele wie KING ARTHUR oder DAS MAGISCHE MUSEUM. Ein visuelles Strohfeuer, das schon ein Jahr später am Verglimmen ist. Nur der polnische Verlag Trefl hat die Idee noch nicht aufgegeben und Vieles in der Umsetzung einfacher und damit auch besser gemacht.
Coco, Blub und Zzab, drei junge, übermütige Monster, sind aus dem Labor Doktor Schwindels entfleucht und verunsichern die Stadt. Sie tauchen in der Nähe von Schulen auf, sind schon in Geschäften gesehen worden und machen sogar vor Polizeistationen nicht halt. Ein Arzt, ein Chemiker und ein Techniker versuchen die Ungetüme wieder einzufangen. Die Jagd findet auf einem 10x10 Felder großen Stadtplan statt. Auf einer Spielplanseite ist er nur ikonographisch angelegt, sodass die Spieler Schulen, Geschäfte, Polizeistationen und elf weitere Orte schnell finden. Auf der anderen Seite ist die Stadt eine Art Wimmelbild, das fantastisch aussieht, aber die Zuordnung erheblich erschwert.
Die Aufgabe erinnert an einen Spieleklassiker: SCOTLAND YARD, das „Spiel des Jahres“ 1983, lässt grüßen. Die Wissenschaftler starten in drei Ecken und dürfen sich in ihren Zügen zwei Felder weit bewegen. Mit Sonderfähigkeiten geht es manchmal schneller, so kann der Arzt von einem Krankenwagenfeld zu einem anderen fahren. Der Techniker darf Radar nutzen, um das Monster aufzuspüren und der Chemiker kann mit einer Mixtur ganze Reihen für das Monster sperren. Die Spielerfiguren sind in Plättchenform real auf dem Spielplan zu sehen. Eines der drei Monster, das die Spieler einfangen wollen, ist immer nur virtuell auf dem Handyschirm des Monsterspielers sichtbar. Coco & Co. bewegen sich bis zu drei Felder weit. Den genauen Zug legt der Spieler auf dem Bildschirm fest. Bei den einfachen Missionen muss das kleine Ungeheuer drei unterschiedliche Orte auf dem Spielplan besuchen, später können es auch mehr sein. Gelingt ihm dies in einer vorgegebenen Rundenzahl, gewinnt der Monsterspieler. Schnappen die Wissenschaftler es vorher, gewinnen sie. Das gilt auch, wenn das kleine Ungetüm sein Ziel in der festgelegten Rundenzeit nicht schafft.
Das entscheidende Element des Spiels ist die Ortung des Monsters. Nach einem Zug sind dessen Umgebungsgeräusche zu hören. Da es stets an vier Felder angrenzend steht, sind es auch immer vier Geräusche. Die Spieler nutzen eine Ortungskarte, auf der sie gehörte Geräusche markieren. Danach diskutieren sie über mögliche Standorte des Monsters und versuchen es einzukreisen. Oft lässt sich der Ort eindeutig zuordnen, sodass die Jäger nicht ganz so im Dunkeln tappen, wie das oft bei SCOTLAND YARD der Fall ist. Die schnellere Bewegung des Monsters sorgt trotzdem für manche Überraschung. Zudem haben auch die Ungetüme Spezialfähigkeiten. Coco kann Wissenschaftler überspringen, Zzap sendet Störgeräusche, wenn die Spieler versuchen, seinen Standort zu erraten. Am stärksten ist Blub, der über Gullys im Untergrund verschwinden und an ganz anderer Stelle wiederauftauchen kann.
Bei den Geräuschen macht es Sinn, zu Spielbeginn alle den Spielern einmal vorzuspielen. Das geht leicht über das Info-Menü der App. Da die Monster recht schnell entkommen und besonders Blub so gut wie gar nicht gefangen wird, sollte man sehr früh die Missionsanforderungen steigern, damit die Wissenschaftler auch eine reale Gewinnchance besitzen. Die visuelle Aufnahme der Spielbrettdaten läuft über die App und zumindest iOS-Geräte vorzüglich. Ein leicht schräger Blick aufs Spielbrett reicht aus und auch die Ausleuchtung muss nicht extrem hell sein. Das System übersteht den Praxistest viel stabiler und deutlich weniger störanfällig, als ich das mit smartPLAY-Spielen erlebt habe. Was allerdings mühsam ist, dass der Monster-Spieler das Gerät immer hochhalten muss. Funktioniert mit dem i-Pad nur wenige Minuten, dann hat man einen Krampf in der Hand, klappt mit dem Handy einigermaßen. Deshalb ist dieser Part auch weniger etwas für Kinder, sondern für mitspielende Erwachsene. Die Idee überzeugt, zumal die Varianz durch Steigerung des Schwierigkeitsgrades recht groß ist. Ganz verabschieden sollte man sich also noch nicht von handygesteuerten Spielen. Trefl beweist, dass es durchaus klappen und zudem noch Spaß machen kann.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: ROAR! FANG DAS MONSTER
Autor: Hubert Spala
Verlag: Trefl
Spielerzahl: 2 - 4 Spieler
Alter: ab 7 Jahren
Dauer: ca. 15 - 20 Minuten
Preis: ca. 25 Euro
Samstag, 12. Dezember 2015
SCHUSS UND TOR
Von Lookout-Spiele. aus dem in der Wesermarsch gelegenen Berne, stammen von Uwe Rosenberg entwickelte Klassiker wie AGRICOLA und LE HAVRE. Unter dem flatternden Lookout-Wimpel segeln aber auch nicht genuin hauseigene Klassiker wie Treshams 1830 und Rüdiger Dorns GOA. Bisher ist der Verlag bei seiner Klassiker-Recherche nur knapp 30 Jahre zurückgegangen. Mit Rudi Hoffmanns SCHUSS UND TOR belebt man allerdings ein Spiel, das ein Jahr vor der Fußball WM in Deutschland 1973 erschienen ist. Damals produzierte der Berliner Spielkarten Verlag Hoffmanns Idee mit sehr witzigen Illustration des Autors. Hoffmann war selbst Grafiker und prägte in diesen Jahren mit Spielen wie EL DORADO, NUMERI, SILBER DOLLAR und WENDELIN UND WANDA das Verlagsprogramm von Berliner, hinzukamen viele Spielentwicklungen für Spear und Pelikan. Zwischen 1972 und 1976 konnte Hoffmann fast 20 Spiele veröffentlichen. Er war damit so etwas wie der Knizia der 70er Jahre, in einer Zeit, in der im ganzen Jahr in Deutschland nur rund 80 Spiele herauskamen.
Lookout-Spiele übernimmt allerdings nicht die Grafiken Hoffmanns, sondern greift auf einen durchaus zeitgenössischen Illustrator zurück, der in den 60er und 70er Jahren die Figuren von HANNI UND NANNI und die BURG SCHRECKENSTEIN- Geschichten Oliver Hassencamps geprägt hat. In dem unverkennbaren Stil von Nikolaus Moras, der übrigens mit fast 80 Jahren erstmalig ein Spiel illustriert, tauchen Luigi, Max und Otto, die Fußballhelden Hoffmanns, wieder auf. Vor 14 Jahren, als Lookout schon einmal auf Rudi Hoffmanns Klassiker zurückgriff, war es noch die Emdener Illustratorin Andrea Boekhoff, die damals mehrere Spiele für den Berner Verlag illustriert hat.
Ein Jahr nach der WM in Brasilien und ein Jahr vor der EM in Frankreich können nun Fritz und Willi wieder dribbeln. Und irgendwie trägt Hoffmanns Spielidee auch heute noch. Seine Entwicklung hätte sogar gut in eine Adlung-Schachtel gepasst, er braucht nämlich nur 60 Spielkarten. Da sind 33 Fußballerkarten, deren Flanken- und Schussergebnisse über 27 Torchancekarten abgerechnet werden. Am besten spielt man SCHUSS UND TOR zu zweit oder zu viert. In voller Besetzung spielen die gegenübersitzenden Fußballer mit jeweils einer Kartenhand von sieben Spielkarten zusammen. Wenn Otto Max anspielt, muss der Gegner mit einer Max-Karte antworten. Wenn er sie nicht hat, helfen der Torjäger als Joker oder der Tormann, der den Angriff beendet. Reagiert die Gegenseite nicht, wird das Ergebnis über den Torkartenstapel überprüft. Ein knappes Drittel der Karten bringt sofort ein Tor, eine Karte sogar einen doppelten Torschlag. Viele Karten können mit einer passenden Spielerkarte noch abgewehrt werden. Fünf Sonderkarten beenden den Angriff durch Aus, Foul oder der Karte „Nachspielzeit“. Wer diese in seinen Besitz nimmt, darf am Ende entscheiden, ob es noch eine Verlängerung mit jeweils drei Karten gibt. Sobald der Anspieler seine letzte Karte ausspielt, endet in einem Zehntel der Normalspielzeit eines Fußballspiels die Runde, wobei man sicher sein kann, das auch 42 Jahre nach Erfindung des Spiels Revanche eingefordert wird.
Am meisten Spaß macht SCHUSS UND TOR, wenn es im Stile eines Herbert Zimmermanns kommentiert wird und die Mitspieler verbale Vorlagen ihrer Gegner aufgreifen und fortführen. Dann kommt Stadionatmosphäre am Spieltisch auf, wenn Fritz wieder einmal Luigi und Otto umdribbelt, zu Max spielt, der zu Willi flankt, der mit einem wunderschönen uwereifen Fallrückzieher das Ding im Netz versenkt. Und der mehrfache „Tor! Tor! Tor! Tor! Tor für Deutschland“-Schrei gleich zwei Torpunkte bringt. Der Tisch rast!
Die sportlichen Ereignisse rund um WM und EM mögen ein Anlass für die Neubearbeitung sein. Entscheidend ist aber wohl Hanno Girkes Verhältnis zu dem Spiel, der als niedersächsischer Beamter im Schuldienst zwar nicht mehr hauptverantwortlich für den Verlag tätig ist, die Geschäfte führen inzwischen seine Frau und Larry Roznai von Mayfair, der aber sicher noch den einen oder anderen Tipp geben darf. Liest man seine Bewertung auf BGG, wird alles klar: „Probably have played this more than any other game. It is simple, but still great fun. And now my kids want to play it. All. The. Time.” Seine 10 Punkte-Wertung, bei einer durchschnittlichen 5,3, liegt jenseits von Gut und Böse, aber den großartigen Spaß mit diesem einfachen Kartenspiel kann ich gut nachempfinden.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: SCHUSS UND TOR
Autor: Rudi Hoffmann
Verlag: Lookout-Spiele
Spielerzahl: 2 – 4 Spieler
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 10 Minuten
Preis: ca. 13 Euro
Donnerstag, 10. Dezember 2015
DIE PORTALE VON MOLTHAR
Amigo schafft es von Zeit zu Zeit immer wieder, wie einst Karsten Adlung, große Spielideen in kleine Kartenspielschachteln zu verpacken. Dem österreichischen Autor Johannes Schmidauer-König ist das Spiel DIE PORTALE VON MOLTHAR zu verdanken. Nach VIENNA startet er richtig durch. In Essen waren mit CORNWALL und TEAM PLAY gleich zwei weitere Spiele von ihm auf der Neuheitenliste.
Mit DIE PORTALE VON MOLTHAR hat er eine Märchen- und Fantasywelt erschaffen, die Dennis Lohausen kongenial umgesetzt hat. Auf 54 Charakterkarten tummeln sich der gestiefelte Kater, Schneewittchen und natürlich ihre Zwerge, Tweedledee und Tweedledum, aber auch Hobbits, Golems, Phönixe und Drachen. Diese Karten gilt es zu sammeln, sie bringen Siegpunkte, Diamanten und teilweise Fähigkeiten, die einmalig oder dauerhaft genutzt werden können. Die Währung in dem Spiel sind Perlen in den Werten eins bis acht, mit denen allerdings nicht direkt bezahlt wird. Sie dienen der Bildung besonderer Kartenkombinationen, die die Charakterkarten fordern. Das können Pärchen sein, aber auch Drillinge oder Vierlinge, gerade oder ungerade Zahlen, bestimmte Summen oder Zahlenfolgen.
Der Ablauf des Aufbauspiels ist recht einfach. Drei Aktionen hat jeder zur Verfügung, damit können Perlen- und Charakterkarten aufgenommen werden. Die Perlenkarten kommen auf die Hand und sind bei Zugende auf fünf limitiert. Die Charakterkarten kommen ins eigene Spielerportal mit zwei Ablageplätzen. Von dort können sie in einer weiteren Aktion durch Ausspielen passender Perlenkarten aktiviert werden. Sie wandern damit in die Welt von Molthar und bringen nur hier Siegpunkte und Sonderfunktionen. Das Spiel endet, wenn einer der zwei bis fünf Spieler 12 Siegpunkte erreicht. Die Runde wird noch zu Ende gespielt und es folgt ergänzend eine weitere Schlussrunde. Dann wird überprüft, wer letztlich die meisten Punkte erreicht hat.
Der Reiz des Spiels ergibt sich durch die unterschiedlichen Möglichkeiten, auf das Ergebnis zuzusteuern. Da kann man gezielt auf die hohen Punktekarten mit drei bis sogar fünf Siegpunkten spielen. Die bringen zwar keine besonderen Aktionen, bis auf den teilweisen Gewinn von Diamantenkarten, es reichen aber schon vier Dreier-Karten aus, um das Spielende einzuläuten. Die Diamanten ergeben sich aus einer Doppelfunktion der Charakterkarten. Wer sie einsetzt, darf eine Perlenkarte um einen Punkt erhöhen. Andere spielen auf den Aufbau einer Kartenmaschine. Die kommt zwar ganz langsam in Gang, aber kann – falls das Spiel lang genug dauert – am Ende extrem Fahrt aufnehme. Dabei sind vor allem die meist nur einen oder sogar keinen Punkt bringenden Karten mit Dauerfunktion interessant. Dadurch stehen ständig bestimmte zusätzliche Perlenzahlen zur Verfügung, manche Karten besitzen auch Jokerfunktion für alle Perlenwerte.
Die Vernetzung macht DIE PORTALE VON MOLTHAR durchaus interessant für Vielspieler. Die Spieldauer von einer halben bis dreiviertel Stunde ist überschaubar. Auf die thematisch gelungene grafische Umsetzung habe ich oben schon verwiesen. Was in den Einstiegsrunden Probleme bereitet, sind die nicht automatisch eingängigen Sonderfähigkeiten der Charakterkarten, da muss dann doch häufiger auf die Spielregel zurückgegriffen werden. Im Grunde genommen bietet die Idee von Schmidauer-König aber nicht viel Neues, Kartensammeln auf bestimmte Kombinationen hin und eine Kartenmaschinerie aufbauen. Langfristige Planung ist besonders in großen Runden kaum möglich. Die Kartenauslage wechselt ständig, man reagiert auf das, was vorliegt und versucht das Beste daraus zu machen. Der Zufall lässt sich nur durch langfristige Sammelstrategie bekämpfen, bei der man allerdings nie weiß, ob der Atem überhaupt ausreicht. Das bringt durchaus Spannung in den Spielablauf, die letztliche Begeisterung hält sich aber in Grenzen. „Solides, ordentliches Spiel“, ist dann oft zu hören, mehr aber nicht.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: Die Portale von Molthar
Autor: Johannes Schmidauer-König
Verlag: Amigo
Spielerzahl: 2 – 5 Spieler
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 45 Minuten
Preis: ca. 10 Euro
Mittwoch, 9. Dezember 2015
MORGEN KOMMT DER WEIHNACHTSMANN - MEIN WUNSCHZETTEL
Ho, ho, ho, der Weihnachtsmann sammelt Wunschzettel ein. Wenn Ihr wirklich noch ein Weihnachtsgeschenk bekommen wollt, müsst Ihr Euch sputen. Also, ran an die Feder, Papier geholt und den Liebes-, pardon, Weihnachtsbrief verfasst.
Leider ist es nicht so einfach, in die Nähe des Nordpolbewohners zu gelangen, da gibt mindestens einen, manchmal auch drei Briefschreiber, die erfolgreicher sein wollen. Dann ist da noch diese eigenartige Spielkarten-Weihnachtswelt mit Rentieren, Lebkuchen- und Schneemännern, Elfen und der Frau des Weihnachtsmanns. Besonders perfide agiert dabei der eher im Alpenraum bekannte teufelähnliche Krampus, von dem fast jede dritte der insgesamt nur 16 Karten stammt.
Wie wird man nun seinen Brief los. Ganz einfach, man muss die Kartenspielrunde überleben und am Ende die wertvollste Karte mit der größten Nähe zum Weihnachtsmann auf der Hand haben. MORGEN KOMMT DER WEIHNACHTSMANN ist nichts anderes als eine Adaption von Seiji Kanais LOVE LETTER. Der Krampus darf Handkarten der Mitspieler erraten, das Rentier linst in andere Kartenhände, der Lebkuchenmann sucht die vergleichende Konfrontation, der Schneemann bietet eine ganze Runde lang Schutz und so weiter. An den Kartenfunktionen hat sich nichts geändert, die Motive des Hofstaates sind nur gegen die aus der Weihnachtswelt vertauscht. Entsprechend werden keine Herzen, sondern Weihnachtsbäume als Siegtrophäen ausgegeben.
Das Spielprinzip trägt bei allen Unwägbarkeiten immer noch und hat seinen Reiz nicht verloren. Auf der Strecke geblieben ist aber die besondere Atmosphäre, die durch die wunderschönen großen Spielkarten LOVE LETTER geprägt hat. Zu Weihnachten spendiert Pegasus nur das übliche kleine Kartenformat und auch mit der grafischen Umsetzung hat man sich weniger Mühe gegeben. Das senkt zwar den Preis von rund zehn auf sieben Euro, aber irgendwo scheint der Verlag vergessen zu haben, dass zu keiner Zeit das Portemonnaie so locker sitzt wie vor Weihnachten. Für entsprechendes Material hätten sicherlich alle Käufer gern den Schein mit dem Torbogen über den Tisch geschoben. Chance leider vertan!
Wertung: Nächste Woche wieder.
Titel: Morgen kommt der Weihnachtsmann - Mein Wunschzettel
Autor: Seiji Kanai
Verlag: Pegasus
Spielerzahl: 2 - 4 Spieler
Alter: ab 8 Jahren
Dauer: ca. 20 bis 30 Minuten
Preis: ca. 7 Euro
Dienstag, 1. Dezember 2015
GRAND AUSTRIA HOTEL
Melange mundet nur teilweise
Von den Mayas zu Marco Polo und aktuell ins Land Maria Theresias, kulturgeschichtlich Bewegendes und nun Wiener Schmäh, der Bogen ist weit, den Simone Luciani zu spannen versteht. Erneut greifen Rädchen in Rädchen, fasziniert die Verzahnung unendlich vieler Elemente, eine Würfelbatterie eingeschlossen, wobei ein Raschid ad-Din Sinan sich leider nicht ins GRAND AUSTRIA HOTEL verirrt. Walzerklänge und Radetzky-Marsch schwingen mit, wenn wir uns in Lucianis Wien zu Kaiser Franz Josephs Zeiten versetzen lassen. Mitkomponiert hat erstmals Virginio Gigli (EGIZIA), die materiellen Umsetzungsbedingungen liefert nun nach CGE und Hans im Glück Lookout Spiele mit dem verantwortlichen Redakteur Stefan Stadler.
Schön sieht’s aus, das Wien um 1900. Kein Wunder, zeichnet doch Klemens Franz verantwortlich. Da warten die Herrschaften vor der Wiener Hofburg, dass sie ein Fiaker abholen möge ins nächste Grand Hotel, sogar ein M. Polo und ein E. Gizia sitzt dort am ungedeckten Tisch mit Heißhunger auf Apfelstrudel. Als Touristen sind auch Bauer Franz und Bruder Uwe unterwegs, die wenig wählerisch bei der Zimmerzuteilung sind.
„Habe die Ehre, mein Herr. Küss‘ die Hand, gnädige Frau!“ Begrüßt werden sie fast alle vom Empfangschef Leopold, der erst einmal ins kleine hauseigene Kaffeehaus führt. Magister Polo muss vertröstet werden, drei Apfelstrudel auf einmal zaubert die kleine Küche nicht so schnell herbei, auch Bruder Uwe, der zusätzlich noch einen Kaffee möchte, wird nur mit dem heißen Getränk bedient, Maestro Gizia bekommt immerhin seinen geliebten Rotwein und Bauer Franz wartet immer noch vor der Hofburg, für ihn war kein Platz mehr in der Kutsche. Leopold rotiert, das Angebot des Tages, „Strudl & Kaffee“, ist aus, nun muss schnell Nachschub her. Wie gut, dass die hauseigene Würfelmaschine noch funktioniert. Gleich 14 Würfel lässt er rotieren und ordnet das Ergebnis der Nachschubbelieferung, dem Zimmerservice, Personal und Kaiser Franz Joseph zu.
Er hat Glück, mit vier Einsen kann er erst einmal gut leben, der Strudelnachschub ist gesichert. M. Polo wird abgefüttert und wandert gesättigt ins nächste freie Hotelzimmer, seinen Obolus von vier Gulden entrichtet er sofort. E. Gizia bekommt immerhin seinen ersten Strudel, weil Leopold den ausländischen Gast nicht länger warten lassen möchte, zahlt er seinem Lieferanten eine Krone zusätzlich, damit er einen weiteren Strudel liefert. Damit ist auch der Maestro satt und bezieht das Zimmer neben M. Polo. Er zahlt zwar kein Geld, bringt aber die bei Leopold besonders beliebten Siegpunkte mit und ermöglicht ihm noch eine Runde zu arbeiten. Vielleicht holt er jetzt Bauer Franz vor der Hofburg ab, da der aber auch nur Apfelstrudel will, nimmt er dann doch lieber den Herrn Magister von der Spielkartenfabrik aus der Hütteldorfer Straße mit, der gibt sich mit einer Sacher zufrieden und kann sofort sein Zimmer beziehen. Ach nein, das ist ja noch gar nicht fertig! Leopold stöhnt und ärgert sich, dass E. Gizias Gunst es ihm leider nicht ermöglicht, auf die immer brauchbare Würfelmaschinerie zurückzugreifen. Nun muss er warten, ziemlich lange sogar. Bei weiteren drei attraktiven Hotels in seinem Umfeld, ist er erst nach sechs Spielzügen der anderen Leopolds wieder dran. Nun gut, dann kann er jetzt die Beine hochlegen und sich mindestens zehn Minuten vom Stress des Nachmittags erholen.
Am besten verlassen wir Leopold in seinem GRAND AUSTRIA HOTEL an dieser Stelle. Gönnen wir ihm seine Mußezeit, denn wir müssten ganz schön lange warten, bis wir wieder erfahren, wie es mit ihm weitergeht. In der Zeit haben Sie locker zwei weitere Rezensionen gelesen! Aber Sie wollen ja vielleicht nicht nur aus Leopolds Perspektive auf das neue Expertenspiel von Luciani und Gigli blicken. Leopold hat uns das grundsätzliche Handlungsmuster nahegebracht. Gäste müssen herangekarrt und versorgt werden, dann beziehen sie eins der 20 Zimmer, die im standesbewussten Wien teilweise nur dem Adel, den Künstlern und der Bourgeoisie vorbehalten bleiben. Sie bringen Belohnungen und manchmal auch Siegpunkte mit, die sofort auf der üblichen Kramerleiste angezeigt werden. Wolfgang Kramer darf dafür auch als Monsieur Cramersopholus unter den Hotelgästen sein. Belohnungen gibt es auch, wenn bestimmte zusammenhängende Zimmer einer Ständegruppe bezogen sind. Die Zimmervorbereitung kostet in den höheren Etagen aber Geld, so lässt sich das Personal das Treppensteigen in die vierte Etage teuer mit drei Kronen pro aufgeräumten Zimmer bezahlen.
Würfeltechnisch ist die Zahl „3“ für die Zimmer, die in Bearbeitung kommen, verantwortlich. Deshalb an dieser Stelle ein paar Anmerkungen, zu der besonderen Würfelmaschinerie. Der Start-Leopold hat anfangs die volle Auswahl, im Beispiel oben, entfernt er dabei einen Würfel vom Einer-Feld und legt ihn auf eine Reihenfolgenkarte. Die nachfolgenden Spieler haben in ihren Aktionsrunden dann immer weniger Würfel zur Verfügung, Leopold am Ende dann nur noch sieben. Die Anzahl der noch vorhandenen Würfel zeigt an, wie viele Ressourcen es gibt, Zimmer gereinigt oder Personalkarten ausgespielt werden können. Das Ergebnis „6“ lässt sich auf alle Bereiche noch einmal anwenden. Pfiff in die Maschinerie bringt dabei die Pass-Regel, sie ersetzt zwar nicht den Würfeldreher Raschid ad-Din Sinan aus MARCO POLO, ermöglicht aber gegen Entsorgung eines Würfels einen neuen Versuch mit allen restlichen Würfeln. Wer passt, ist also nicht raus aus der Runde, sondern hebt nur die Abfolge der Spieler auf und darf am Ende mit den Restwürfeln auf die Suche nach vielleicht vielen 3er-Würfeln gehen, um Zimmer für die wartenden Gäste vorzubereiten.
Über die „5“ kann Leopold Kollegen ins Hotel holen. Wie schon beim Zimmerservice gesehen, ist das Hotelpersonal nicht billig und kostet bis zu sechs Kronen, deshalb reduzieren die Würfel auf diesem Feld die Kosten. Personalkarten unterstützen teilweise einmalig, in jeder Runde oder für die Schlusswertung. Luciani wäre nicht Luciani, wenn er sich mit diesen Elementen allein zufrieden gäbe. Deshalb müssen die Lokalpolitiker Wiens und natürlich Kaiser Franz Joseph zufrieden gestellt werden. Bei den Anforderungen und Belohnungen unterscheiden sich viele Karten von Spiel zu Spiel deutlich, da sorgt das Autorenduo für Varianz, das gilt auch für das Personal, das nie vollständig ins Spiel kommt. Die Lokalpolitik belohnt die Belegung bestimmter Hotelzimmer, das Beschäftigen von viel Personal und den Bargeldbestand, damit die Steuern auch pünktlich bezahlt werden. Auf Franz Josephs Kaiserleiste sollten alle präsent sein. Denn im Laufe der sieben Runden überprüft der Kaiser dreimal, wer ihm gut gesonnen ist. Dafür gibt es Siegpunkte und ganz unterschiedliche Boni oder Strafzahlungen. Das hängt am Ende jeder Wertung davon ab, ob die Spieler, die anfangs drei, später fünf und dann sogar sieben Felder auf der Leiste zurückgehen mussten, sich mindestens immer noch im huldigenden Dreier-Bereich aufhalten. Wer der Kaiser gar nicht mehr hofiert, muss Strafe zahlen, es geht meist um Geld- oder Siegpunktverlust.
Nach der siebten Runde wird abgerechnet. Etagenpunkte gibt es für belegte Zimmer, weitere für Personalkarten, restliches Geld und Speisen in der Küche. Sollte allerdings noch ein Gast im Kaffeehaus warten, führt das zu Punktabzug. Wer die Leiste von Monsieur Cramersopholus anführt, gewinnt in voller Besetzung nach drei Stunden GRAND AUSTRIA HOTEL.
Ein (fast) unverbrauchtes Thema, charmant gestaltet, ein Räderwerk zur Optimierung, bei dem wieder viel ineinandergreift. Trotzdem will der Funke nicht so recht überspringen, schmeckt die Melange nicht so richtig. Da sind einmal die extrem langen Wartezeiten vor allem für den Startspieler, deshalb kann ich das Spiel eigentlich nur für zwei und drei Personen empfehlen. Die Interaktion ist gering, daher kann sich der Startspieler nach seinem Zug richtig ausklinken, ohne Wesentliches zu verpassen. Die Abhängigkeit von den Würfelergebnissen ist deutlich extremer als bei MARCO POLO. Ich kann eigentlich immer nur reagieren und nicht planen. Da hilft die Pass-Möglichkeit nur bedingt, da die Anzahl der restlichen Würfel nicht mehr so groß ist.
Die Personalkarten sind von ihren Möglichkeiten her unausgewogen. Wer mehrere Schlusswertungskarten ausspielt, kann am Ende richtig viele Zusatzpunkte machen. Beim Direktionsassistenten, der vier Kronen kostet, ist es unklar, ob er am Ende vier Punkte pro ausgelegter Personalkarte bringt (nach Spielregel) oder nur zwei (Aussage der Karte). Wer zum Assistenten noch den Personalchef hat, der das Ausspielen zusätzlicher Personalkarten ermöglicht, würde dann nach der Spielregeldefintion locker 30 Siegpunkte überschreiten. Da reicht sogar der Direktor nicht dran, der auf maximal 18 Siegpunkte kommen kann.
Luciani und Gigli sind wahrscheinlich davon ausgegangen, mit der Hotelbewirtschaftung jenseits von Hochkulturen und Mittelalterthemen Neuland zu beschreiten. Da grätscht ihnen aber DIE BLUTIGE HERBERGE von Nicolas Robert in die Beine mit einer Zimmerbewirtung im Dörfchen Peyrebeille 70 Jahre vor der Zeit des GRAND AUSTRIA HOTELs. Die siegpunktträchtige Entsorgung der Gäste verläuft dort aber viel makabrer als im kaiserlichen Wien. Auch die Gästeversorgung mit den kleinen Holzklötzchen aus der Wiener Hotelküche erinnert an ein weiteres Spiel, DA LUIGI lässt grüßen! Sodass bei aller Originalität der Würfelmaschinerie der innovative Anteil dieser Entwicklung von Luciani & Co. sich in Grenzen hält. Die Mischung ist interessant, die Tüftelaufgabe bei der Hotelbelegung durchaus spannend, aber zu viert werde ich dieses GRAND AUSTRIA HOTEL nicht mehr aufsuchen.
Wertung: Nächste Woche wieder.
Titel: GRAND AUSTRIA HOTEL
Verlag: Lookout Spiele
Autor: Simone Luciani und Virginio Gigli
Redaktion: Stefan Stadler
Grafik: Klemens Franz
Spieler: 2 – 4
Alter: ab 12 Jahren
Dauer: ca. 90 bis 150 Minuten
Preis: ca. 43 €
BOLA
Matthias Kumpernass, der den Verlag F-Hein-Spiele inzwischen vier Jahren erfolgreich weiterführt, setzt seit kurzer Zeit auf kleine, kompakte quadratische Spieleschachteln. Da stecken pfiffige Ideen in den Kästen wie VIER IM ZOO oder SUPERDOKU und BOLA, die durchaus Tiefgang besitzen.
Dr. Ferdinand Hein hat sich noch nicht ganz von seinem ehemaligen Verlag verabschiedet, immer wieder liefert er neue Spiele, auf die Matthias Kumpernass gern zurückgreift. BOLA gehört dazu. Die vierzehnzeilige kurze Regel passt in den kleinen Schachteldeckel. Das Spielmaterial besteht aus 12 quadratischen Pappkarten, die beidseitig mit Kugeln von insgesamt acht Farben bedruckt sind. Jede Kugelfarbe existiert damit dreimal im Spiel und eben diese drei Kugeln einer Farbe gilt es immer wieder zu finden.
Die zwölf Karten werden ausgelegt, abwechselnd wird eine umgedreht, wobei der Gegenspieler nie sofort zurückdrehen darf. Sobald einer der beiden Kontrahenten drei Kugeln einer Farbe aufdeckt, erhält er einen Siegpunkt. Wer zuerst fünf Punkte erreicht, gewinnt BOLA nach schnellen fünf bis zehn Minuten.
BOLA folgt dem alten WENDELIN UND WANDA-Prinzip Rudi Hoffmanns. In dem Klassiker aus den 70er Jahren gab es aber eine gleichmäßige Aufteilung der Farben auf den Rückseiten. Das hätte für BOLA eine Verdreifachung der Kartenzahl nötig gemacht und man hätte acht identische Farben aufdecken müssen. Ferdinand Hein hat die Struktur deutlich vereinfacht, sodass Kinder mit seiner Aufgabenstellung sehr gut klarkommen. Für sie ist es eine diffizile Memo-Aufgabe, bei der sie sich bestimmte Farbpositionen einprägen. Wer einmal die Lage der drei blauen Kugeln gesehen hat, wird diese reproduzieren können. Trotzdem kommt Taktik ins Spiel. Wer nämlich eine Karte aus einer offen liegenden Dreierkombi umdreht, weiß, dass sein Gegner diese nicht zurückdrehen darf. Er zwingt ihn, eine zusätzliche Karte dieser Farbe umzudrehen, damit er nicht erneut punkten kann. Da sind dann Kinder oft im Vorteil, da sie sich leichter merken, unter welcher Kugel welche Farbe steckt, sodass sie mit ihrem Gegenzug vielleicht gleich eine neue Dreierkombination aufdecken können.
Rudi Hoffmann bot Vielfalt, die zu einem echten Gehirnverdreher wurde. Ferdinand Hein bietet anspruchsvolles Memo-Vergnügen, das durchaus eine Herausforderung darstellt, in der Wiederholung aber redundant wird. Mein sechsjähriger Enkel ist inzwischen so fit, dass er sich gemerkt hat, dass unter den blauen Kugeln nur die Farben Weiß, Orange und Schwarz sein können und unter den roten Kugeln nur Hellblau, Gelb und Orange. Mit dem Wissen und dem üblich sonstigen Erinnerungsvermögen haben seine Eltern und sein Großvater keine Chance mehr gegen ihn. Er gewinnt zwar gern, stellt sich aber ebenso ohne Zögern neuen Aufgaben.
Wertung: Nächste Woche wieder.
Titel: Bola
Autor: Ferdinand Hein
Verlag: F-Hein-Spiele
Spielerzahl: 2 Spieler
Alter: ab 7 Jahren (Verlagsangabe), durchaus auch schon für Fünfjährige geeignet
Dauer: ca. 5 bis 15 Minuten
Preis: ca. 6 Euro
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