Samstag, 23. Dezember 2017
LORENZO DER PRÄCHTIGE
Der vierzigjährige Simone Luciani aus Fermo an der adriatischen Küste zeichnet verantwortlich für wahrlich prächtige Spiele. An erster Stelle muss ich sein grandioses TZOLK’IN aus dem Jahre 2012 nennen, nicht weit dahinter rangiert MARCO POLO (2015). Als Designer der mailändischen Firma Cranio Creations darf er inzwischen eigene Spiele verlegen. LORENZO DER PRÄCHTIGE, das er zusammen mit Virginio Gigli und Flaminia Brasini 2016 veröffentlicht hat, gehört mit in die gehobene Kategorie historischer Spiele.
Florenz bietet aktuell wieder einmal den historischen Hintergrund für anspruchsvolle Brettspiele. Kämpfen in CALIMALA die Zunfthandwerker der Tuchgilde gegeneinander, sind es bei LORENZO die wahren Adelsfamilien, Medici &. Co, deren Konkurrenzkampf das Spielgeschehen prägt. Obwohl wir uns in den obersten politischen Kreisen bewegen, die Päpste und Königinnen hervorbrachten, geht es spielmechanisch verdammt demokratisch zu.
LORENZO DER PRÄCHTIGE ist ein klassisches Worker-Placement-Spiel, in dem zwei bis vier Akteure, vier Arbeiter zum Einsatz bringen. Das Besondere dabei ist, dass ganz egalitär alle Arbeiter über identische Stärke verfügen. Dazu werden zu Rundenbeginn drei Würfel geworfen, wobei das Ergebnis für jeweils drei farblich passende Familienmitglieder die Runde über gilt. Eine vierte Figur ist wohl der ungeliebte Cousin, er ist neutral und hat stets nur „0“ Würfelpunkte. Aufwertungen dieser Figur und auch der anderen sind mit Hilfe violetter Assistenten möglich, von denen jeder anfangs drei besitzt. Die Figuren setzen die Spieler zum Kartenerwerb und zum Ressourcengewinn ein, um in sechs Spielrunden tunlichst viele Sieg-, Militär- und Glaubenspunkte zu erreichen.
Entscheidend ist hauptsächlich der Kartenkauf, für den neben sich steigernden Würfelpunkten Geld, Rohstoffe und Militärpunkte nötig sind. Die sogenannten Entwicklungskarten warten in vier Türmen auf Käufer. Erworbene Karten kommen in eine eigene Auslage. Da gibt es grüne Landschaftskarten, die überwiegend Ressourcen, aber auch Militär- und weitere Punkte bringen, die durch Ernteaktionen aktiviert werden. Mit gelben Gebäuden können günstige Tauschaktionen für Sieg-, Kirchenpunkte und Gelderwerb in Gang gesetzt werden. Diese korrelieren häufig mit den restlichen beiden Kartenarten, die neben den eigenen Tableaus gesammelt werden. Da sind blaue Personen, die Soforteffekte und Siegpunkte am Ende bringen, wie die violetten Wagniskarten, für die die Spieler militärische Punkte investieren müssen.
Da die Wurfergebnisse für alle gelten, ist oft die Zahl der Assistenten entscheidend, bei welchen Karten man zugreifen kann. Niedrige Ergebnisse schränken die Optionen deutlich ein, da jeweils die beiden höchsten Karten Wurfeinsätze von „5“ und „7“ verlangen. Ohne violette Assistenz geht damit ganz oben gar nichts. Zusätzlich verstärkt die Gleichmacherei bei den Würfeln die Bedeutung der Spielreihenfolge, die man über Aktivitäten im Palazzo Vecchio verändern kann. Wer zuerst in einem Kartenturm zuschlägt, verteuert alle nachfolgenden Käufe um drei Münzen. Vergleichbare Konsequenzen gibt es auf Ernte- und Produktionsfeldern, die für die Erträge von grünen und gelben Karten wichtig sind. Auch die maximal vier Marktfelder sind unterschiedlich attraktiv, sodass hier ebenfalls die Reihenfolge Bedeutung besitzt. Ohne Einsatzchance bleibt man fast nie, geringere Boni gibt es immer im Ratspalast. Dort holt man sich die nötige Glaubensstärke, die nach jeweils zwei Runden auf dem Prüfstand steht. Wer die Zweifel der Kirche erweckt, wird exkommuniziert und mit erheblichen Bußen belegt, die man nicht wieder los wird. So kann schon nach der ersten Phase Schluss mit den identischen Wurfergebnissen sein, da ein Gebannter danach stets einen Würfelpunkt abziehen muss. Bei jedem Handicap ist zu überlegen, ob man nicht doch alles daran setzt, um sich der Kirche gefügig zu zeigen. Manche hartgesottenen Ketzer nehmen geduldig die Strafen auf sich und wandern trotzdem auf der Glaubensleiste voran. Mit 15 Glaubenspunkten winken ihnen 30 Siegpunkte in der Endwertung.
Einerseits gaukelt LORENZO Vielfalt vor, anderseits kämpfen alle ständig gegen Engpässe, auf die sie Antworten suchen. Da fehlen die violetten Assistenten, meist fehlt das Geld, oft bestimmte Rohstoffe. Die militärische Stärke muss vorangebracht werden, weil von ihr die Ablage mehrerer grüner Karten abhängig ist. Vielfach können die siegpunktträchtigen Wagniskarten nur mit vielen Militärpunkten eingekauft werden. Alles ist irgendwie wichtig und braucht daher Überlegungszeit. Im Endeffekt besitzt jeder nur 24 Aktionen, für die zwei Spieler maximal 60 Minuten brauchen. In Vollbesetzung zu viert können die zwei Stunden aber durchaus überschritten werden. Mit Grüblern am Tisch kann LORENZO 150 Minuten dauern. Zur Beschleunigung empfehle ich möglichst schon ab dem zweiten Spiel mit den Regelerweiterungen zu spielen. Vor allem die Anführerkarten bringen Effekte, die viele Engpässe aufheben und zur Not dazu dienen, der Exkommunikation zu entgehen.
Das Cover gefällt mir ausgesprochen gut. Ansprechend ist auch die Spielplanabdeckung für weniger als vier Spieler geregelt. Die Spielregel könnte optimiert werden, auch ikonographisch gibt es Verbesserungen. Trotzdem habe ich keine Spielrunde erlebt, die sich nicht noch einmal dem Wertungskampf von LORENZO aussetzen möchte. Die hohe Varianz der Kirchenstrafen, die unterschiedlichen Positionierungen attraktiver Karten erhöhen den Widerspielreiz. An TZOLK’IN reicht das Florenz-Spiel des italienischen Autorentrios zwar nicht heran, spielt aber durchaus in der MARCO POLO-Liga mit.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: LORENZO DER PRÄCHTIGE
Autoren: Virginio Gigli und Flaminia Brasini mit Simone Luciani
Verlag: Cranio Creations und Asmodee
Alter: ab 12 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4 Spieler
Spielzeit: 60 -120 Min.
Preis: ca. 50 Euro
Spiel 80/2017
Mittwoch, 20. Dezember 2017
5-MINUTE DUNGEON
Wer sich in TALISMAN, HEROQUEST oder DUNGEON LORDS in ein Dungeon-Abenteuer stürzt, richtet sich auf ein abendfüllendes ein. Es dauert eben seine Zeit, bis man sich an Fallen und Monstern vorbei durch vielschichtige unterirdische Labyrinthe zu wertvollen Schätzen vorgekämpft hat. In epischer Breite wird erzählt und ausgiebig gewürfelt.
Der kanadische Autor Connor Reid kürzt die Dungeon-Kämpfe auf die Kochdauer für ein weiches Frühstücksei. 5-MINUTE DUNGEON nennt er seine kooperative Kartenschlacht, in die sich zwei bis fünf mutige Abenteurer begeben können, um sich in jeweils fünf Minuten durch die Dungeons vom Baby-Barbar bis zum superstarken Dungeon-Overlord vorzukämpfen.
Dafür besitzt jeder 40 Karten, einen Helden mit einer Spezialfähigkeit, die hilft, die Abenteuer des Dungeons zu bewältigen. Wenn die Gruppe im Lehrlingsstatus beginnt, ist das alles noch sehr leicht. Da baut der kleine Barbar im Spiel zu viert nur 14 Hindernisse auf und acht spezielle Aufgaben mit Rattenkönig, Bonsai-T-Rex und Falltüren. Aus 22 Kartenaufgaben werden beim Kampf gegen den Overlord 38, sodass weniger als acht Sekunden bleiben, eine Kartenaufgabe aus dem Weg zu räumen. Tritt die Gruppe als erfahrene Dungeon-Meister an, sind es nur noch gut sechs Sekunden, die dem Team zum Kampf oder zur Hindernisbeseitigung bleiben.
Bei dieser beschleunigten Abwicklung bleibt nicht viel Überlegungszeit, daher ist der Ablauf simpel. Alle starten mit einer vorgegebenen Handkartenzahl. Maximal sind das fünf, die Ressourcen wie Schild und Schwert zeigen. Diese findet man auf den Dungeon-Karten wieder. Ein Monsterkaktus, der drei Schilde zeigt, kann durch die schnelle Ablage entsprechender Karten beiseite geräumt werden. Manchmal helfen auch Aktionskarten wie der Feuerball weiter oder Spezialfähigkeiten der Helden. So kann der Waldläufer durch einen Kunstschuss gegen Abgabe drei beliebiger Karten gegnerische Personen aus dem Weg räumen. Ist der Dungeon-Stapel leer, bleibt der Kampf gegen das Schluss-Monster. Beim Barbar benötigt das Team nur sieben Ressourcen, beim Overlord sind es schon 12.
Absprachen bei der Aufgabenbewältigung sind erlaubt, sogar zwingend nötig, denn einerseits tickt die Eieruhr, anderseits ist auch der Kartenstapel der Helden endlich und muss effektiv eingesetzt werden. Mit Spenden, Heilkräutern und -tränken können abgelegte Karten reaktiviert werden, was oft ganz wichtig ist. Achten muss die Gruppe vor allem auf die mächtigste Karte, die sich im Walküren- beziehungsweise Paladin-Deck befindet. Das ist die „Heilige Handgranate“ – Monty Python lässt grüßen -, die einzige Karte im Spiel, die der Paladin für eine Abschlussschlacht einsetzen darf. Daher sollte in jeder Besetzung das starke gelbe Deck im Spiel sein. Wer die Karte früh auf die Hand bekommt, muss versuchen, sie lange zu halten oder sicherzustellen, dass er sie wiederbekommt, was nicht immer klappt. Nicht verzichten sollte das Team zusätzlich auf den Magier, der die Zeit anhalten kann und über magische Bomben verfügt, und das grüne Deck mit Joker-Karten und Heilkräutern.
5-MINUTE DUNGEON hat den großen Vorteil, dass am Anfang stets Erfolgserlebnisse stehen. Erst mit der Steigerung der Anforderungen wächst das Risiko des (seltenen) Scheiterns, das eintritt, wenn die Zeit vorüber ist oder die Karten nicht mehr ausreichen. Die Hektik mögen nicht alle, aber bei Kindern und Jugendlichen stelle ich durchweg große Begeisterung für das Spiel fest. So richtig fetzt der Dungeon-Kampf nur im Spiel zu viert und zu fünft. Mir persönlich wird er mit der Zeit aber arg repetitiv und immer nur zu gewinnen, macht auch keinen Spaß. Besser hätte ich gefunden, wenn die Dungeon-Karten nicht exakt fünfmal identisch zu bewältigen wären. Es kommen zwar nicht immer alle Karten ins Spiel, aber es ist der identische Kartensatz. Mit der wachsenden Stärke des Endgegners hätten auch die Anforderungen der Kartendecks wachsen können. In der Erstbegegnung und in den ersten Runden ergibt sich noch eine schöne Herausforderung, deren Reiz aber mit der Zeit deutlich nachlässt. Kartenmaterial und App-Unterstützung für die Zeitmessung gefallen. Sogar bayrische Kommentare sind einstellbar oder Koboldbegleitung durch die schnellen fünf Minuten. Der Blick auf weitere Anforderungen wird zumindest durch die recht leere Schachtel hoffnungsvoll beantwortet. Das Tiefziehteil ist mindestens für die Aufnahme von vier weiteren Kartendecks vorbereitet.
Wertung: Nächste Woche wieder
Mit wachsenden Anforderungen auch gerne morgen wieder
Titel: 5-MINUTE DUNGEON
Autor: Connor Reid
Verlag: Kosmos
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2 - 6 Spieler
Spielzeit: je 5 Min.
Preis: ca. 25 Euro
Spiel 79/2017
Montag, 18. Dezember 2017
HEAVEN & ALE
Ist HEAVEN & ALE schon ein Abschiedsgeschenk, das sich Peter Eggert selbst gemacht hat? Widmet sich das Klosterspiel doch hauptsächlich dem Geschäft des Bierbrauens und damit dem eigentlichen Handwerk, das der Verleger Eggert einst erlernte. Der Spielemacher hat Anfang Juli verkündet, dass er und sein Partner Philipp El Alaou den Hamburger Verlag an Sophie Gravel von Plan B Games verkauft habe. Gravel gehörte bis 2016 F2Z Entertainment Inc., eine Firma, die 2002 von ihr in Kanada gegründet wurde und vor allem durch wichtige Marken wie PANDEMIE und WINTER DER TOTEN international Bedeutung besaß. Deshalb passte die Firma gut ins Portfolio des Branchenriesen Asmodee, der sie im letzten Jahr aufkaufte. Gravel investierte neu, gründete Plan B Games und kaufte eggertspiele. Ihr erstes Spiel war CENTURY: DIE GEWÜRZSTRASSE, dessen Vertrieb zu Beginn des Jahres Abacusspiele übernahm. Nach jetzigem Planungsstand soll der Schwerpunkt von eggertspiele im Kenner- und Expertenbereich erhalten bleiben. Zusätzlich arbeitet die Hamburger Redaktion den Kanadiern bei den Familienspielen zu. Der Vertrieb bleibt in den Händen von Pegasus Spiele. Dass Gravel damit einen Volltreffer gelandet hat, beweist AZUL, das in Hamburg vorbereitet wurde und ohne den Verkauf bei eggertspiele erschienen wäre. Das aktuelle Programm steht ganz im Zeichen der Kiesling-Games, der als Sologamer bei AZUL auftritt und als Teamplayer bei REWORLD mit Wolfgang Kramer und bei HEAVEN & ALE mit Andreas Schmidt.
Kiesling und Schmidt entführen in ein mittelalterliches Kloster, zu dessen Selbstversorgungsaufgaben auch das Bierbrauen gehörte. Besonders in Bayern entstanden damals namhafte Brauereien, deren Biere heute noch gebraut werden. Bekannt ist das Kloster Andechs, ich persönlich schätze das Curator aus dem Kloster Ettal. Gebraut mit Quellwasser aus den Ammergauer Alpen und den entsprechenden Anteilen von Braugerste, Hopfen und Hefe entsteht ein vollmundiges dunkles Starkbier. Für ein süffiges Bier in HEAVEN & ALE müssen die Brauer einiges investieren und geschickt Ressourcen und Braumeisterkompetenz voranbringen.
Soweit das ansprechende Thema, das im Spiel dann doch von gut ineinandergreifenden mechanischen Aspekten in den Hintergrund geschoben wird. Im Klostergarten und auf einem Laufplan mit Ressourcen-Plättchen läuft das vielschichtige Brauspiel ab. Auf dem Spielplan liegen die klassischen Rohstoffe für den Brauvorgang als Hex-Plättchen in unterschiedlicher Wertigkeit aus. Zusätzlich gibt es verschiedene Mönche, Wertungsscheiben- und Fassfelder. Über den Rundkurs wandern die Spielfiguren in beliebigen Sprüngen vorwärts. Das Plättchen vom Zielfeld wird aufgenommen, in der Regel bezahlt und dann auf dem eigenen Klosterplan platziert. Die Kosten orientieren sich dabei an der dunklen oder hellen Gartenseite. Die dunkle Seite steht für Gelderwerb und ist wegen ständiger Geldknappheit von großer Bedeutung, die helle Seite bringt Ressourcensteine auf einer Wertungsskala voran, was für die Abschlusswertung von Belang ist, deshalb ist die Platzierung dort doppelt so teuer.
Immer wenn die sechseckigen Plättchen einen Scheunenplatz im Garten umschließen, kommt es zu Wertungen, die Geld bringen, Rohstoffe voran wandern lassen und den eigenen Braumeister auf seinem langen Weg in die Fasskellerei vorwärts bringen. Hilfreich sind Sonderwertungen zu Rohstoffen und Mönchen, die ebenfalls Geld bzw. Rohstoffwanderungen bringen und außerdem in Kombination die Aktivierung von Privilegien zur Folge haben. Nach drei bis sechs Runden ist der Klostergarten fast voll und das Spiel vorüber. Im Duell passiert das recht schnell und dauert nur 45 bis 60 Minuten, in Vollbesetzung zu viert muss man eher mit 90 bis 120 Minuten rechnen.
Gewöhnungsbedürftig ist anfangs die Schlussbilanz. Die Position des Braumeisters ist mit einem Tauschverhältnis angegeben, das im besten Fall 1:1 auf Feld 20 und im schlechtesten 5:1 beträgt. Passend zu dieser Relation wird die Position der Rohstoff-Marker angeglichen. Der niedrigste Wert wird mit dem Siegpunktwert des Braumeisters multipliziert und ergibt die Siegpunkte, zu denen Fasswertungen hinzukommen, die während des Spiels beim Erreichen von Zwischenzielen zu gewinnen waren.
Diese scheinbar vielschichtige Schlusswertung kapiert bei der Spielerklärung kaum einer. Die Autoren hätten zugänglicher die EINFACH GENIAL-Regel gelten lassen können, dass der niedrigste Ressourcenwert gilt, der dann mit dem Braumeisterwert multipliziert wird. Das hält aber keinen Mitspieler bisher davon ab, nicht nach Wiederholungsrunden zu verlangen. Beim Aufbau des Klostergartens machen die Spieler in der ersten Runde in der Regel noch Fehler und das Timing können sie ebenfalls optimieren. Auch die scheinbare Geldknappheit lässt sich durchaus bekämpfen. Vor allem den Einsatz der Mönche muss man gut planen und auf Mehrfachwertungen setzen.
HEAVEN & ALE lebt von den ständigen Querelen mit den Partnern bei der Aufnahme der Plättchen. Die scheinbare Beliebigkeit bei der Zugweite ist doch stets ein Kampf um Positionen, da geht es manchmal um teure Plättchen oder die Billigheimer, deren Erwerb nicht nur bei knapper Kasse Sinn macht. Spätestens ab der zweiten Runde ist ein harter Kampf um die Wertungsfelder angesagt, da alle versuchen, möglichst neun, besser zehn Wertungen unterzubringen. Spielentscheidend ist oft die Position des Braumeisters. Wer es schafft, diesen auf Feld 20 zu bekommen, ist meist der Gewinner des Spiels. Garant dafür sind zwei oder drei billige Scheunenfelder, die mit Einer-Plättchen und Mönchen umschlossen werden. Anderseits braucht man zusätzlich hochwertig gebaute Scheunen, die viel Geld und große Rohstoffsprünge bringen.
HEAVEN & ALE ist taktisch ein Leckerbissen oder besser ein ganz rundes Gesöff. Optisch sagt die dunkle Grundtönung vielen Spielern nicht so zu. Auch der Klostergarten könnte stabiler sein, so richtig gefällig ist er nur auf seiner Rückseite, die das Glasbild des Covers aufgreift. Das Spiel macht in jeder Besetzung Spaß, gefällt mir aber besonders gut beim Brauer-Duell, das viel zügiger als die Vollbesetzung abläuft. Darauf lässt sich gut anstoßen!
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: HEAVEN & ALE
Autoren: Michael Kiesling und Andreas Schmidt
Verlag: eggertspiele (Plan B Games) / Vertrieb: Pegasus
Alter: ab 12 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4 Spieler
Spielzeit: ca. 60 - 120 Min.
Preis: ca. 40 Euro
Spiel 78/2017
Freitag, 15. Dezember 2017
SKYJO
Besprechung erscheint in der spielbox Heft 4/18.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: SKYJO
Autor: Alexander Bernhardt
Verlag: Magilano
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2 - 8 Spieler
Spielzeit: ca. 30 Min.
Preis: ca. 15 Euro
Spiel 77/2017
Mittwoch, 13. Dezember 2017
NIWA
Im Augenblick sind wir anscheinend alle Japan-Liebhaber. Da feilschen wir um hübsche Geishas, lassen Blütenbäume in den Himmel wachsen, teilen Kimonos untereinander auf, verlieren uns in vielen Sushi-Variation und duellieren uns mit Shogunen, Samurais und Ninjas.
Wie sich eine Geisha mit einem Samurai duelliert, können wir in NIWA nachempfinden, einer Spieleentwicklung von Marie und Wilfried Fort und dem Verlag Djeco. Das französische Pärchen hat schon mit SPLASH (Game Factory) und UNSER BAUMHAUS (Amigo) auf sich aufmerksam machen können.
Wer traditionelles Spielzeug in Japan sucht, wird auf die gedrechselten Kokeshis stoßen. Kleine Holzpuppen mit schmalem Körper und Kugelkopf. Solche Figuren nutzen die Forts für drei schöne Geishas und wehrhafte Samurais. Im Unterschied zu den Kokeshis tragen die Djeco-Fioguren zusätzlich noch einen Holzstab auf dem Kopf, mit dem sie bis zu drei Holzperlen transportieren können.
Rund um ein Pagodenfeld platzieren die beiden Kontrahenten drei Figuren, die je zwei gelbe, grüne und orangene Perlen tragen. Vor sich haben sie eine recht abstrakte Gartenlandschaft, die aus 12 besonderen Hexfeldern besteht, die mich an das alte HEXENSKAT von Reinhold Wittig erinnern. Als Spiel vor dem Spiel wird eine beliebig geformte Gartenlandschaft ausgelegt, bei der sich die Pagoden in den äußersten Ecken befinden müssen. In den Gärten gibt es Wege, die mit den drei Perlenfarben korrelieren. Wer weiterkommen will, braucht die entsprechende Perlenfarbe oben auf seinem Kopf. Benutzte Perlen werden an eigene Figuren weitergegeben, möglichst so natürlich, dass auch diesen die geschenkte Farbe hilft. Bei idealer Planung kommen Geishas und Samurais drei Felder voran, oft sind es aber weniger. Wer gar nicht setzen kann, bleibt mit allen Figuren stehen und setzt nur eine Perle um. Das Spiel endet, sobald eine Geisha oder ein Samurai die gegnerische Pagode erreicht. Meistens klappt das nur, wenn man bei aller geschickten Wegeplanung noch ein HALMA-Element des Spiels nutzt. Stehen sich Geisha und Samurai gegenüber, blockieren sie sich. Hat eine Figur aber in dem Moment keine Perlen auf dem Kopf, darf sie über den Gegner springen, was oft für die nötige Geschwindigkeit sorgt, um NIWA zu gewinnen.
Marie und Wilfried Fort haben in ihrem Japan-Spiel einen einfachen Bewegungsmechanismus umgesetzt, den auch Kinder ganz schnell verstehen. Insofern lässt sich NIWA schon sehr gut mit Grundschulkindern spielen, denen es schon am Anfang Spaß macht, nicht nach Vorlage, sondern ganz frei immer wieder neue Gartenlandschaften aufzubauen. Noch wichtiger sind die strategischen Planungsüberlegungen, die von Spiel zu Spiel ausgefeilter bei Kindern werden.
Die Holzfiguren sind wunderschön, die Gartenplättchen eher zweckdienlich, so richtige Gartenatmosphäre kommt kaum auf. Leider liegen die sehr stabilen Hexfelder nicht ganz plan, auch Gegenbiegen hilft nicht recht weiter. Das ist ein Produktionsfehler, der immer wieder zu wackligen Figuren führt. Ohne diesen Mangel könnte die Bewertung besser ausfallen.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: NIWA
Autoren: Marie und Wilfried Fort
Verlag: Djeco
Alter: ab 7 Jahren
Spielerzahl: 2 Spieler
Spielzeit: ca. 15 Min.
Preis: ca. 23 Euro
Spiel 76/2017
Sonntag, 10. Dezember 2017
VOODOO PRINCE
So wie DRUIDS erfolgreich an die WIZARD-Reihe bei Amigo anknüpft, setzt VOODOO PRINCE die schräge Adelsreihe von SKULL KING und VAMPIRE QUEEN bei Schmidt Spiele fort. Für das neue Spiel konnte der Berliner Verlag Reiner Knizia engagieren, vorher war Wolfgang Kramer mit im Boot, wobei die Serie durch den damals völlig unbekannten Brent Beck gestartet wurde.
Alle genannten Stichspiele sind innovativ und haben einen besonderen Pfiff. Auch Reiner Knizia gelingt das mit VOODOO PRINCE. Bei seiner Idee kommt es auf das richtige Timing an, denn keiner will besonders viele Stiche machen, zwei werden im Vierer- und Fünferspiel lange akzeptiert, den dritten zögern alle raus, nur zulange darf es auch nicht sein.
Was heißt das im Klartext? Im Spiel gibt es fünf Farben mit den Werten 0 bis 15, von denen nur in Vollbesetzung zu fünft alle ins Spiel kommen. Zumindest theoretisch, da die Limitierung der Karten auf 13 oder 14 Handkarten für acht bis 24 nicht verteilte Karten sorgt. Die Trumpffarbe für die Startrunde wird mit Hilfe von Farbkarten bestimmt, danach folgt ein klassisches Stichspiel mit Bedienpflicht. Es gibt nur zwei Besonderheiten, die Voodoopuppe, die „0“, schlägt stets die jeweils höchste Karte derselben Farbe, außerdem sorgt ein Stichgewinn mit einer „5“ oder „7“ dafür, dass der Stich doppelt zählt. Im Spielablauf müssen die jeweiligen Grenzwerte für Stiche beachtet werden. Wer zu viert den dritten Stich gewinnt, ist raus aus dem Spiel. Punkte bekommt er für die Anzahl aller Stiche, die seine Gegenspieler zu dem Zeitpunkt gemacht haben. Damit beginnen natürlich Stichvermeidung und ein Eiertanz um den dritten Stich. Alle wollen lange im Spiel bleiben und möglichst als Vorletzte ausscheiden, denn der letzte Spieler erhält nur seine eigenen Stiche gutgeschrieben.
VOODOO PRINCE sorgt für ein völlig konträres Stichspiel-Gefühl. Die Handkartenbewertung zu Beginn besteht hauptsächlich in der Feststellung, welche Stiche man wahrscheinlich nehmen muss und welche es zu vermeiden gilt. Dabei ist es durchaus von Vorteil, hohe Trumpfkarten in petto zu halten, um den vorletzten Platz abzusichern und nicht am Ende ohne Stichchance dazustehen. Bei der Stichvermeidung muss vor allem beachtet werden, dass man seine 5er- und 7er Karten gut los wird, denn die doppelte Stichwertung bringt schnell alle Kalkulationen durcheinander. Glück spielt wie bei den meisten Kartenspielen eine große Rolle. Wer überwiegend Trumpf und hohe Karten auf die Hand bekommt, würde sich bei jedem anderen Kartenspiel freuen, bei VOODOO PRINCE sorgt das eher für miese Stimmung. Taktisches Spielen ist auch nicht gut möglich, da nie alle Karten im Spiel sind. Da steht man oft dumm da, wenn man eine niedrige Farbkarte ausspielt und meint, damit aus der Anspielpflicht herauszukommen, dann aber feststellen muss, dass alle hohe Karten abwerfen, weil die restlichen Karten dieser Farbe nicht verteilt wurden. Gespielt werden übrigens fünf Runden, die meist nur 20 Minuten dauern, sodass Zeit für Revancherunden bleibt.
Mit Voodoo-Zauber hat Knizias Kartenspiel nicht wirklich etwas zu tun. Die abstrakte Spielidee wird aber stimmungsvoll von Stephanie Böhm umgesetzt, die gerade durch ihre Gestaltung des Haba-Spiels IQUAZU Aufmerksamkeit auf sich lenken konnte. VOODOO PRINCE setzt die Stichspielreihe bei Schmidt Spiele mit neuer Akzentsetzung gelungen fort, wobei es keinem der beider Nachfolgespielen gelungen ist, SKULL KING zu toppen.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: VOODOO PRINCE
Autor: Reiner Knizia
Verlag: Schmidt Spiele
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2 - 5 Spieler
Spielzeit: ca. 20 Min.
Preis: ca. 8 Euro
Spiel 75/2017
Freitag, 8. Dezember 2017
WÜRFELKÖNIG
"Endlich ein König! Du bist am Ziel deiner Wünsche. Zufrieden sitzt du auf deiner Burg und schaust über dein wunderschönes Land: So weit das Auge reicht grüne Wiesen, weite Felder, hohe Berge und klare Flüsse … nur eines fehlt dir noch in deinem Königreich: die Bevölkerung!“
Ist das nicht eine passende Einleitung für Spiel 71/2017, das ich gerade besprochen habe, wird doch exakt die Ausgangslage für MAJESTY beschrieben. Nils Nilsson hat Pech, irgendwie kommt bei seinem Spieleerstling WÜRFELKÖNIG ständig das Gefühl auf, das kennen wir doch schon. Das gilt nicht nur für das Thema, sondern besonders für das „kniffelige Würfelspiel“ selbst, mit dem Haba auf die klassische Grundidee von Nilssons Spielentwicklung verweist.
Hier sorgen keine Meeple für den Gewinn von Bewohnern, sondern simple Würfel. Auch das Königreich zeigt kein geschlossenes Bild von der Mühle bis zur Burg, im WÜRFELKÖNIG sind es nur unterschiedliche Lokalisierung von Städten, Bergwerken und Werkstätten, Ork-Dörfern und Zauberwäldern. Unter jeder Ortskarte liegt ein Bewohner aus, der bestimmte Würfelergebnisse in Zahl und Farbe von maximal sechs Würfeln verlangt. Da kommt der reiche Schnösel nur bei sechs geraden oder ungeraden Zahlen zur eigenen Sammelstelle, der arrogante Elf verlangt Straßenbildungen, der Zwerg ein Full House und der irre Gnom einen Flush. Teilweise liefern die Personen neben ihren Siegpunkten Sondereffekte, so dürfen die Spieler mit gewonnenem Elf in der nächsten Runde viermal statt dreimal würfeln. Da schafft man vielleicht auch die Bedingungen eines Hypnotiseurs oder Drachens zu erfüllen. Die erste Figur verlangt niedrige Ergebnisse bis zu 12 Würfelpunkten. Gelingt das, gibt es gratis die Person rechts neben dem Hypnotiseur dazu. Der Drache will ganz hohe Wurfergebnisse, er bringt bis zu sechs Strafpunkte, allerdings nicht für den aktiven Spieler, denn der darf ihn verschenken. Minuspunkte gibt es auch dann, wenn nach drei Würfen keine Karte gewonnen wird. Das kostet eine Strafkarte, die am Ende ein bis vier Punkte Abzug bringt. Das Spielende kann unterschiedlich eintreten, wenn alle Strafkarten weg sind oder der Nachziehstapel der Bürger oder einer der Ortskarten aufgebraucht ist. Wobei die Ortskarten nur selten verschwinden, dazu braucht es nämlich eine farbliche Übereinstimmung von Ort und darunter liegender Person, was nicht so häufig vorkommt.
Nicht viel Neues in der KNIFFEL-Welt. Die thematische Einbindung ist ganz nett, spricht Kinder besonders an, was zusätzlich durch die Grafik verstärkt wird. Was das Spiel von KNIFFEL unterscheidet, ist Vor- und Nachteil zugleich, die Varianz in der Aufgabenstellung nämlich. Beim Klassiker gibt es die Standardauswahl von Aufgaben. Würfelkönig variiert ständig je nach Personenlage. Das bringt deutlich mehr Abwechslung ins Spiel, führt aber dazu, dass die Entscheidung für bestimmte Würfel oft nicht mehr aufbauend gewechselt werden kann, da vergleichbare Optionen fehlen. Entsprechend unterschiedlich habe ich die Resonanz auf dieses Spiel erlebt, große Begeisterung mit NOCH MAL!-Rufen bis zu „Eine Runde reicht!
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: WÜRFELKÖNIG
Autor: Nils Nilsson
Verlag: Haba
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2 - 5 Spieler
Spielzeit: ca. 30 Min.
Preis: ca. 15 Euro
Spiel 74/2017
KRIMI TOTAL - DIE SUCHE NACH DEM GOLDENEN SCHUH
Themenpartys mit Krimigeschichte im Hintergrund vertreibt Jörg Meißner mit KRIMI TOTAL schon seit 2004. Seine Spieleschachteln enthalten Einladungen, Rollenbeschreibungen, Tipps für Planungen und Material für den Ablauf. In fünf bis sieben Runden wird in der Regel ein Täter entlarvt. Obwohl Meißner schon mit seinem dritten Fall in die ZWEIFELHAFTE WELT DER MÄRCHEN (2005) entführte, waren die bisherigen Fälle wie auch dieser für Erwachsene konzipiert.
Mit DIE SUCHE NACH DEM GOLDENEN SCHUH veröffentlicht der Verlag das erste echte Krimispiel für Kinder. Rollenspezifisch muss man leider einschränkend feststellen, dass wohl eher nur Mädchen auf der Geburtstagsparty auftauchen werden, bei der untersucht wird, wer den goldenen Schuh entwendet hat. Britta Grafschaft-Boppel hat dafür sechs Rollenentwürfe für Schneewittchen & Co. geschrieben. Mutter oder Vater des Geburtstagskindes führen als Diener oder Dienerin durch die Episoden der Schuhsuche. Sie laden zur Rätsel-Party ein und versorgen die jungen Gäste mit ersten Informationen.
Die Eltern brauchen keine Angst zu haben. KRIMI TOTAL nimmt sie wirklich bei der Hand und führt engmaschig durch die einzelnen Spielrunden. Zum Erfolg trägt bei, wenn die Gäste kostümiert kommen und in der Lage sind, während des Spiels weitere Informationen aufzunehmen. Von der Lesekompetenz her sollten daher eher erst Zweitklässlerinnen sich an die Lösung wagen. Genauso muss auch gut überlegt werden, wem man die Diebesrolle zumutet, denn die kleine Diebin sollte ihre Schandtat gut verbergen und in der Lage sein, die restliche Märchengesellschaft zu belügen.
Das Drumherum wird gut vorbereitet und begleitet. Hofknicks und Tanz begleiten die Tätersuche. Praktisch ist, dass der Verlag viel Zusatzmaterial auf der Homepage bereithält. Wenn sechs Gäste zu wenig sind, können Hänsel und Gretel, Rapunzel und der Jäger noch eingeladen werden - und damit sind auch Jungenrollen mit im Spiel. Rezepte für Getränke und Kuchen, die zur Märchenwelt passen, können dort ebenfalls abgerufen werden. Alles ergibt ein überzeugendes Rumdumpaket. Eingeschlossen sind in dieser Altersstufe beliebte Ausmalbilder und Stundenpläne als Gastgeschenk, die alle Rollen noch einmal zeigen. Die Textmengen sind für Achtjährige gut zu verarbeiten, auch sprachlich sind die Texte altersangepasst verfasst. Wundern muss man sich nur, weshalb der Verlag 13 Jahre brauchte, um die Zielgruppe der DREI ??? und von TKKG nun auch mit direkten Krimierlebnissen zu konfrontieren. Mehr davon!
Wertung: Die Party startet nächstes Jahr noch einmal, das ist wie morgen gerne wieder
Titel: KRIMI TOTAL - DIE SUCHE NACH DEM GOLDENEN SCHUH
Autor: Britta Grafschaft-Boppel
Verlag: KRIMI total GmbH
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 7 - 11 Spieler
Spielzeit: ca. 60 - 240 Min.
Preis: ca. 24 Euro
Spiel 73/2017
(Seite 1 von 1, insgesamt 8 Einträge)