Donnerstag, 28. März 2019
MEN AT WORK
Rita Modls Spieleerstling MEN AT WORK wirkt wie eine Symbiose von TOKYO HIGHWAY und MEEPLE CIRCUS. Die langen Bauträger sind die Straßen und die kleinen Bauarbeiter mit ihren gelben Hüten, die Rita so gut stehen, balancieren mit Ziegelsteinen und kleinen Balken wie die Akrobaten in der Manege.
Dabei war die Münchner Autorin mit ihrer Idee anfangs gar nicht so weit weg von der Zirkuswelt, denn ihre Bauarbeiter waren ursprünglich Seiltänzer und hätten durchaus bei Cédric Millet auftreten können. Zum Glück hat Pretzel Games ihr Thema in den Baustellenbereich verlagert und daraus ein ausgesprochen attraktives Bauspiel entwickelt.
Im Bereich der Geschicklichkeitsspiele ist der kanadische Verlag inzwischen allererste Anlaufstation. FLICK’EM UP und JUNK ART waren schon hervorragende Spiele, auf dem Niveau siedelt sich MEN AT WORK an: Traumhaftes Material, aufgeräumte Schachteln und kreative Spielideen, bei denen es allerdings immer einmal wieder zu Regeldiskussionen kommt.
Rita überlässt anfangs ihre Baustelle ungeordnet den zwei bis fünf Bauarbeitern. Da liegen farbige Stahlträger kreuz und quer, ein einziger Bauarbeiter – immerhin mit Sicherheitshelm – tummelt sich auf diesem Bauplatz. Aber allmählich wird es hektisch und unübersichtlicher. Es geht dabei noch nicht unbedingt in die Höhe, aber weitere Träger, die ersten Bausteine und kleine Balken finden ihren Platz auf vorhandenen Stahlteilen. Die Spieler steuern die Bauerweiterungen durch Karten, sogenannte Baupläne, wobei deren Kartenvorderseite bestimmt, ob ein Stahlträger oder Bauarbeiter die Baustelle ergänzt. Der zweite umgedrehte Bauplan fixiert Zusatzanweisungen, da muss der Träger die gleiche Farbe berühren, dort balanciert der Arbeiter mit zwei Bausteinen.
Nachdem Rita sich das eine Weile angesehen hat, kommt sie etwa nach der zehnten Bauaktion selbst ins Spiel und sorgt dafür, dass es nun endlich in die Höhe geht. Rita weiß, wie sie ihre Arbeiter motivieren kann. Die „Bauarbeiter des Monats“-Urkunde ist besonders beliebt. Sie zeichnet den Arbeiter aus, dem es gelingt, mit seiner Bauaktion die höchste Position der Baustelle einzunehmen. Im der Auseinandersetzung zu dritt und zu viert reichen dann vier Urkunden, um das Spiel siegreich zu beenden. Spätestens wenn Rita im Spiel ist, oft vorher schon, sind die Bauaktionen ganz schön wackelig, sodass Bauarbeiter und Träger oft ins Rutschen geraten. Kommt es zum kleinen oder großen Crash, verliert der Verantwortliche ein Sicherheitszertifikat, von dem jeder anfangs drei erhalten hat. Der Verlust dieser Policen führt meistens durch die negative Auslese zum Spielende. Dabei trifft es oft nicht nur den aktiven Spieler, sondern auch den nachfolgenden. Der muss die Baustelle aufräumen und heruntergefallene Balken, Steine und Bauarbeiter in Sicherheit bringen. Das ist manchmal ebenso unfallträchtig wie die Bauleistungen selbst, sodass es oft zu Kettenwirkungen und mehreren Verlusten von Zertifikaten bei den Bauunfällen kommt.
Zumindest das Bauen ist eine echte Herausforderungen mit leichten und schweren Aufgaben. Das schafft Spannung am Spieltisch, auch eine gewisse Distanz zum Bauplatz, man will ja nicht aus Versehen alles zum Einsturz bringen. Ich habe noch keinen Mitspieler erlebt, der sich nicht mit Begeisterung zu dieser Baustelle begeben hat. Eine gewisse Skepsis ergibt sich aus einigen Regelunklarheiten und der Kettenwirkung beim Aufräumen. Ganz hilfreich in Hinblick auf die Beschleunigung ist die Variante "Wolkenkratzer". Die Teile, die in der Schachtel verschwinden, sind dort wirklich weg. Das eigentliche Bauen, die Bewältigung der Kartenaufgaben machen aber richtig viel Spaß und immer wieder werden Erinnerungen geweckt an den Poster-Klassiker von 1932: Lunch atop a Skyscraper.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: MEN AT WORK
Autor: Rita Modl
Grafik/Design: Chris Quilliams
Verlag: Pretzel Games Vertrieb: Pegasus
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2 - 5
Spielzeit: 30 – 45 Min.
Preis: ca. 49 Euro
Spiel 24/2019
Mittwoch, 27. März 2019
SUBTEXT
Als Zeichenkünstler bezeichne ich mich nicht unbedingt, daher widme ich mich auch lieber Spielen mit dem Stift in der Hand, wenn es nur um Kreuze oder das Eintragen von Wurfergebnissen geht. Eher distanziert habe ich mich daher an SUBTEXT herangewagt. Der Autor half mir, die Hürde zu überwinden, wollte ich doch wissen, was der neue Warsch bei der Edition Spielwiese im kreativen Autorengepäck stecken hat.
SUBTEXT kommt meinen Fähigkeiten entgegen. Es ist ein Spiel, in dem man zwar zeichnen, aber das Zeichnen nicht können muss. Es geht um die zeichnerische Umsetzung von Begriffen. Andeutungen sind hinreichend, damit die SUBTEXT-Ebene erreicht wird.
Der Ablauf ist einfach. Mindestens vier Spieler sollten beteiligt sein, bis zu acht sind möglich. Im Spiel zu viert und zu fünft ist jeder zweimal Startspieler, es geht daher über zwei Runden, ab sechs Spielern wird nur eine Runde gespielt. Der aktive Spieler nimmt sich eine Wortkarte mit fünf Begriffen. Je nach Schwierigkeitsgrad, den die Gruppe vorher festlegt, prägt er sich den für ihn geltenden Rundenbegriff ein. Die fünfte Kategorie sollte man nur mit geübten Spielegruppen wählen. Seine Karte mischt er nun mit weiteren Wortkarten so, dass alle anderen Mitspieler jeweils eine Karte bekommen. Damit besitzen er und ein Partner das identische Wort, das sie nun zeichnen müssen. Im weiteren Verlauf, wenn alle Zeichnungen zu sehen sind, geben alle einen Tipp ab, wer der Partner des aktiven Spielers sein könnte. Nur wenn sich das jeweilige Team gegenseitig findet, gibt es Punkte für das Paar. Die Punktwerte ergeben sich aus der Anzahl der Fehltipps. Das gilt ebenfalls für Mitspieler, die die Partner richtig erkannt haben, sie bekommen sogar einen zusätzlichen Punkt. Dass die Bilder zu offensichtlich sein dürfen, ergibt sich aus der Regelung, dass es keine Team-Punkte gibt, wenn alle richtig liegen. In diesem Fall gibt es nur den zusätzlichen Punkt für die anderen Spieler.
Da haben wir beispielsweise den Begriff „Lawine“, für den ein Kreis als Ausgangspunkt des Unglücks zeichnerisch als Andeutung schon ausreicht. Ein anderer zeichnet vielleicht einen Berg und schon dürften sich die Partner leicht finden. Buchstaben und Zahlen sind bei den Zeichnungen nicht erlaubt. Berg und Kugel in einem Bild wären zu offensichtlich, Fingerzeige reichen. Die Punkte nach der jeweiligen Auswertung tragen alle direkt auf einer Wertungsskala ab. Wer am Ende des Spiels dort vorne liegt, gewinnt SUBTEXT nach etwa einer halben Stunde.
Anfangs sind die meisten Zeichnungen oft zu offensichtlich, da wird die SUBTEXT-Ebene noch nicht erreicht und alle liegen mit ihren Tipps richtig, sodass die Partner leer ausgehen. Entscheidend ist, wieviel der aktive Spieler preisgibt, die Partner können schon deutlicher mit ihren Bildern werden. Mit der Zeit wird das immer spannender, da kommt es auch zu Situationen, dass die Partner sich nicht finden und vom Rest nur einer richtig liegt, der dann viele Punkte in Höhe der Spielgruppengröße einheimst.
Die Spannung ergibt sich aus der Andeutungsebene, dem SUBTEXT eben, der möglichst nur vom Partner erkannt werden sollte. Wenn ich ganz ehrlich bin, ist Zeichenfertigkeit dafür dann doch ganz hilfreich, aber Kreis, Dreieck und Quadrat, ergänzt mit wenigen Punkten und Strichen reichen oft aus. Mit der richtigen Gruppe bietet das Spiel kommunikativen Spaß, Entdeckerfreude und oft viel Gelächter am Spieltisch. Warsch kann Vieles, doppeldeutige Zeichenspiele gehören also auch in sein Portfolio.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: SUBTEXT
Autor: Wolfgang Warsch
Grafik/Design: Muti – Folio Art, Klemens Franz
Verlag: Edition Spielwiese Vertrieb: Pegasus
Alter: ab 10 Jahren
Spielerzahl: 4 - 8
Spielzeit: 20 – 40 Min.
Preis: ca. 25 Euro
Spiel 23/2019
Dienstag, 26. März 2019
BURG KRITZELSTEIN
Wenn die Eltern sich GANZ SCHÖN CLEVER oder sogar DOPPELT SO CLEVER warschmäßig in Topregionen hochwürfeln oder Verkehrsnetze zeichnen und sich über Totenköpfe auf Würfeln freuen, dann ist es doch mehr als gerecht, wenn Kinder ebenfalls ihr Spiel zum Zeichnen und Würfeln bekommen. BURG KRITZELSTEIN erfüllt alle Voraussetzungen, nicht nur ein Renner bei dem Nachwuchs zu werden.
Das Spiel von Ludovic Maublanc und Corentin Lebrat, die zuletzt GLISSE GLACE für Djeco gemeinsam entwickelt haben, enthält eine einfache Variante für Kinder ab sechs Jahren, inkludiert aber eine anspruchsvolle Familienspielerweiterung, bei der die jüngsten Spieler mindestens acht Jahre alt sein sollten.
Jeder zeichnet an seiner perfekten Burg, die einen hohen Bergfried besitzen muss, dicke Mauern und kleine Türme, bunte Fähnchen und ganz viele Burgbewohner. Für die ideale Burg gibt es einen dicken Block mit Zeichenvorlage. Wer will, darf die Rückseite der Zeichenblätter nutzen und sein Traumschloss frei gestalten. Gesteuert wird alles über ein Tableau, auf dem Würfelergebnisse in Form von Ressourcen wie Geld, Stein, Holz und Nahrung mit Holzscheiben markiert werden. Für fertige Spalten oder Reihen dürfen die gewünschten Mauern, Türme und Bewohner gezeichnet werden.
Wie bei den großen Vorbildern kommt keine Langweile auf. Jeder Wurf mit zwei Symbolwürfeln nutzt nicht nur dem aktiven Spieler, sondern ein Ergebnis darf von allen Beteiligten genutzt werden. Alle sind damit ständig im Spiel und gerade Kinder sowieso, weil die zeichnerische Ausgestaltung der Burg Zeit beansprucht. Gespielt wird, bis ein Kind die zwölf Hauptteile der Burg gezeichnet hat. Das kann minimalistisch geschehen mit vier Mauern, vier Ecktürmen und dem aus vier Stockwerken bestehenden Bergfried. Andere Burgen haben Fahnen, die extra Punkte bringen, wertvolle Türme und viele Bewohner. Kinder lernen daher ganz schnell, dass ihr Ressourcenmanagement begleitet ist von punkteträchtigen Planungsüberlegungen. Da gibt es wertigere Ecktürme, die vier Würfelsymbole kosten, aber fünf statt zwei Siegpunkte bringen. Auf die Fähnchen kann man ganz verzichten, sie bringen aber ebenfalls Punkte. Über Gewinn und Niederlage entscheiden oft die Burgbewohner. Wer es schafft, 26 Menschen in seine Burg zu holen, bekommt allein dafür 20 Siegpunkte. Die Kinder lieben zusätzlich die speziellen Bewohner, die in Form von Karten nach jeder Fertigstellung einer Etage des Bergfrieds zu ihnen kommen. Da bringen König und Königin vier Punkte, der Schlosshund allerdings nur einen Punkt.
Schon die Variante „Kleine Baumeister“ besitzt einen hohen Wiederspielreiz, der steigert sich noch in der Fassung für „Große Architekten“, in der die Karten Einfluss auf den Spielverlauf nehmen. Da kommen Karten mit besonderen Fähigkeiten ins Spiel. Es gibt Soforteffekte und Siegpunkte für das Spielende. Auch das Tableau wird anspruchsvoller, so können die Ecktürme bis zu sieben Gewinnpunkte bringen. Bei dieser Variante erwarten die Autoren Spielüberblick und strategisches Vermögen, dass BURG KRITZELSTEIN auf die Ebene eines guten Familienspiels hebt.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: BURG KRITZELSTEIN
Autoren: Ludovic Maublanc und Corentin Lebrat
Grafik/Design: Sylvain Aublin
Verlag: Blue Orange Vertrieb: Asmodee
Alter: ab 6 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4
Spielzeit: 20 Min.
Preis: ca. 25 Euro
Spiel 22/2019
Sonntag, 24. März 2019
MR. WOLF
Unsere französischen Nachbarn sind in Hinblick auf die Spielepreise des Jahres stets die Ersten. Ende Februar sind während des internationalen Spiele Festivals in Cannes die Preise für den As d’Or in drei Kategorien vergeben worden. Spiel des Jahres in Frankreich wurde das bei uns nominierte Warsch-Spiel THE MIND. DETECTIVE von Ignacy Trzewiczek gewann den Expertenspiel-Preis und Marie und Wilfried Fort waren die Gewinner beim Kinderspiel. Ihr MR. WOLF von Blue Orange machte das Rennen gegen KRASSE KACKE, DAS FARBMONSTER und ZOMBIE KIDZ.
Das französische Pärchen Wilfried und Marie Fort ist im Augenblick noch mit dem magnetischen Laufspiel SCHNECK-DI-WUPP (Haba) im Rennen um deutsche Auszeichnungen. In MR. WOLF arbeiten sie hauptsächlich mit der Gedächtnisleistung von Kindern, die im Team versuchen den Wolf zu besiegen.
Der ist in Rotkäppchen-Manier im Wald unterwegs und schleicht sich über einen Steinweg an die Wiese von Bauer Wilfried an. Der hat aber kluge Tiere, besonders die drei Neffen von Shaun sind pfiffig und haben MR. WOLF zwischen den Büschen im Wald entdeckt. Jetzt heißt es, die Beine in die Hand nehmen und ab in die vier Ställe von Wilfried.
28 verdeckte Tierchips liegen auf der Wiese aus, jedes der acht Bauernhoftiere ist dreimal vertreten, aber auch vier Wolfchips haben sich unter die Herde gemischt. Auf jeden der Ställe kommt eine Bildkarte mit zwei Tieren in der einfachen Variante und mit drei Tieren für geübte MR. WOLF-Spieler. Exakt die acht oder zwölf Tiere müssen am Ende in den Ställen untergebracht sein. Das ist anfangs ganz einfach: Ein Plättchen wird aufgedeckt und in den passenden Stall gesteckt. Danach müssen die Kinder sich aber merken, dass sie den Neffen von Shaun schon in Sicherheit gebracht haben. Wird ein zweites Schaf aufgedeckt, für das es keinen weiteren Stall gibt, dann kommt dieses Tier nur hinter den Wiesenzaun. Wird ein Wolfchip aufgedeckt, wandert seine Spielfigur über den Steinweg in Richtung Weide. Erreicht er die Tiere, bevor alle im Stall sind, hat die Kindergruppe verloren. Das gilt ebenfalls für den Fall, dass sich zu viele Tiere in den Ställen befinden. Interessant ist außerdem, dass die Kinder selbst entscheiden, wann sie das Spiel beenden. Sie müssen sich also sicher sein, dass alle Ställe korrekt besetzt sind.
Wer meint, die Zweiervariante sei zu einfach, der sollte an die Zielgruppe denken. MR. WOLF kann schon von Vierjährigen mit viel Spannung gespielt werden. Für ältere Kinder ist die Variante mit drei Tieren eine gesteigerte Herausforderung. Da tauchen dann teilweise alle drei Tiere verteilt auf zwei oder sogar drei Ställe auf, was es deutlich schwerer macht, in Erinnerung zu behalten, wo man denn nun vorher schon ein Schwein untergebracht hat.
MR. WOLF ist eine anspruchsvolle und durchaus neuartige MEMO-Variante, bei der es viel zu behalten gilt. Einmal ist es die genaue Bestückung der Ställe, dann müssen sich die Kinder aber auch die Position der vier Wölfe einprägen, damit MR. WOLF der Wiese nicht zu nahe kommt. Diese MEMO-Idee überzeugt und ist nach SCHNECK-DI-WUPP ein weiteres gutes Spiel der Forts. Die Zielgruppe ist begeistert, zu kritisieren gibt es wenig. Eine Kritik kam aus meiner Testgruppe von Vorschulkindern, die fanden es nicht nachvollziehbar, dass nicht alle Tiere gerettet werden. „Da sind doch noch sechs auf der Wiese und der Wolf steht ein Feld vor dem Gatter!“ Es spricht nichts dagegen, alle Tiere von der Wiese zu holen, dann wächst aber das Risiko, dass die Wolfplättchen häufiger aufgedeckt werden. Neben dieser inhaltlichen Kritik fällt die Schummelanfälligkeit der Ställe auf. Die Tiere werden wie in einer Sparbüchse in einen Schlitz geschoben. Dieser lässt einen Blick in das Innere zu, sodass zumindest das oben liegende Tier erkannt werden kann. Da muss man an die Fairness der Kinder appellieren, doch bitte nicht zu schummeln.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: MR. WOLF
Autoren: Wilfried und Marie Fort
Grafik/Design: Gaelle Picard
Verlag: Blue Orange Vertrieb: HUCH
Alter: ab 4 Jahren
Spielerzahl: 1 - 4
Spielzeit: 15 Min.
Preis: ca. 30 Euro
Spiel 21/2019
Freitag, 22. März 2019
VOLL VERWACKELT
Der oberösterreichische Spieleautor Manfred Reindl aus Tragwein ist am liebsten mit Partnern unterwegs. Besonders erfolgreich arbeitet er mit Stefan Dorra und Wolfgang Dirscherl zusammen. Allein mit Dorra hat er schon neun Spiele erfunden, darunter DSCHUNGELBANDE (Kosmos) und ZIEH LEINE, FLYNN (moses.) , die beide auf der Empfehlungsliste der Kinderspieljury landeten. Nur ein Drittel der Spiele hat er mit Wolfgang Dirscherl entwickelt, jedes davon war allerdings ein Volltreffer. PUSH A MONSTER (Queen Games) ist 2015 nur von Roberto Fragas genialer Spinne vom Sockel gestoßen worden und auch CAPTAIN SILVER (Queen Games) hatte 2017 durchaus Chancen auf den Titel „Kinderspiel des Jahres“.
Im Rhythmus von zwei Jahren geht es nun mit VOLL VERWACKELT weiter. Mit dem Spiel, erneut bei Queen Games veröffentlicht, wollen die beiden Autoren mindestens in die Fußstapfen ihrer Vorgängerspiele treten. Die Vorzeichen stehen gut, ähnlich wie bei PUSH A MONSTER spielt sich alles auf einer Plattform ab, die diesmal aber ganz schön kippelig ist.
Im Doppelpack jagen Löwe, Giraffe, Elefant und Zebra auf dem Spielbrett hinter Kokosnüssen hinterher, die von der Palme herunterfallen, die mitten aus der Plattform ragt. Die acht Tiere werden auf einer „Wackelplatte“, so nennt die Redaktion die Laufbahn, bewegt. In der Schachtel stecken Platten in vier Varianten mit 14 bis 17 Haltestellen für die Tiere. Je mehr Punkte zu sehen sind, um so mehr Optionen gibt es bei der Bewegung der Tiere. Bewegungsmotor sind zwei Würfel, von denen einer ein Tier bestimmt und der andere dessen Bewegungsweite. Wer am Zug ist, hat dadurch die Wahl zwischen zwei Tieren und versetzt natürlich das, bei dem er vermutet, dass die Plattform keine Schieflage bekommt.
Kommt nichts ins Rutschen, darf man anfangs in ein Säckchen greifen, um ein Kokosnuss-Plättchen herauszuziehen, das auf einem eigenen Sammelplan landet. Auf dem Plättchen können bis zu vier Kokosnüsse abgebildet sein. Diese Nüsse sind am Ende die Gewinnpunkte, aber auf der vorläufigen Sammelwiese sind sie noch nicht sicher. Deshalb dürfen die Kinder in folgenden Zügen überlegen, ob sie weiter in das Säckchen greifen oder sich ihre Kokosnüsse in den sicheren Hausgarten holen wollen. Das macht auch deshalb Sinn, weil unweit der Wiese ein Krokodil lauert, das anscheinend ebenfalls verrückt nach den großen Nüssen ist. Immer dann, wenn es nicht klappt mit dem Versetzen der Figuren, wandern alle Plättchen von der Wiese in den Zugriffsbereich des Krokodils ans Flussufer. Dort gibt es vier Lagerplätze, sind diese voll, bekommt Krokodil Karla eine direkte Fütterung.
Wenn alle 24 Plättchen gezogen sind, kommt es zu einer Schlussrunde für die Spieler, die noch Nüsse auf der Wiese haben. Für die Wertung der Nüsse am Fluss haben sich die Autoren eine pfiffige Rasterkarte ausgedacht. Die Kokosnüsse, die in den Öffnungen dieser Karte zu sehen sind, zählen für die Schlussbilanz, den Rest erhält Karla.
Für das erste Spiel sollte unbedingt die Plattform mit den vielen Haltepunkten gewählt werden, damit die Kinder ein Gefühl für die Bewegungsveränderungen erhalten. Die Platte mit nur 14 Haltepunkten ist nicht einfach zu spielen, da kommt das Tierteam ziemlich oft ins Rutschen. Für die jüngeren Kinder sind 16 Punkte in Ordnung, etwas ältere können gut mit der 15er Platte spielen. Das Spiel überzeugt durch die Idee, das Material, den hohen Widerspielreiz, der sich aus der Varianz der Spielpläne ergibt. Glück spielt natürlich beim Ziehen der Kärtchen eine gewisse Rolle, aber die Kinder dürfen ja pokern und können ohne Zugverlust ein Viererkärtchen bei den anderen ausgleichen, das meist sofort gesichert wird. Abgerundet wird das Ganze durch die Schlussrettung einiger Ufernüsse mit der Rasterkarte. VOLL VERWACKELT überzeugt mich voll und ganz.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: VOLL VERWACKELT
Autoren: Wolfgang Dirscherl und Manfred Reindl
Grafik/Design: Paletti-Grafik
Verlag: Queen Games
Alter: ab 6 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4
Spielzeit: 25 Min.
Preis: ca. 25 Euro
Spiel 20/2019
Mittwoch, 20. März 2019
CALAVERA
Die jährliche Wiederkehr der Verstorbenen ist in Mexiko gesichert. Der „Dia de los Muertos" ist ein mehrtägiges Fest, das vom 31. Oktober bis zum 2. November (bei uns Allerseelen) gefeiert wird und inzwischen von der UNESCO in der ,,Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit" aufgenommen wurde. Prägend für die Festivität ist der bunt bemalte Totenkopf, der CALAVERA.
So wie es jährlich zur Wiederkehr des Totenfestes kommt, scheint es im Jahresrhythmus Spiele zu dem Thema zu geben. Im letzten Jahr hat Martin Schlegel ein taktisches Spiel unter dem Titel ADIÓS CALAVERA! bei Mücke Spiele veröffentlicht. Ganz aktuell widmet sich Klaus-Jürgen Wrede nicht irgendwelchen CARCASSONNE-Erweiterungen, sondern lässt uns den Hauch der Toten spüren.
Ganz gruselig wird es nicht, aber spannend geht es trotzdem in dem Roll and Write-Spiel vom moses. zu. Wredes sechs Würfel besitzen jeweils vier unterschiedliche Farben, eine Jokerseite und eine für den Totenkopf. Der Block erlaubt Eintragungen für die vier Würfelfarben, die ab der sechsten Markierung mit steigender Tendenz punkteträchtig sind. Vier bis zehn Siegpunkte können die Spieler in dem Bereich gewinnen. Darüber hinaus kippt die Wertung und kann mit Minuspunkten enden.
Das klingt sehr herkömmlich, entwickelt aber eine eigene Spannungskurve, die natürlich an den CALAVERAs liegt. Gewürfelt wird maximal dreimal. Der aktive Spieler muss sich dann für eine Würfelfarbe entscheiden, meist die, die er am häufigsten geworfen hat, um Kreuze in der jeweiligen Farbreihe zu machen. Joker ergänzen nie eine Farbe, sondern werden eigenständig genutzt. Dabei darf der Joker auch für eine Farbe herangezogen werden, die auf dem Tisch liegt. Das Rosensymbol für den Joker wird aber vor allem dann gebraucht, wenn eigene Farben in der Gewinnzone angelangt sind. Dann lässt sich das Ergebnis nämlich „einfrieren“ und ist damit gesichert. Bis zu sechs Punkten kostet das zwei Rosen, in der hohen Region von acht und zehn Punkten brauchen die Spieler drei Joker zur Ergebnissicherung.
Kommen wir endlich zum CALAVERA, der anfangs mit Wohlwollen, später mit immer mehr Skepsis beäugt wird. Jeder Würfel mit dem Totenkopf muss zur Seite gelegt werden. Er besitzt stets Auswirkungen auf die Mitspieler. Zu Beginn dürfen, im fortgeschrittenen Spiel müssen die Kontrahenten verbleibende Farben oder Joker auf ihren Würfelbögen eintragen und das hat Konsequenzen. In den ersten Runden gehen die eher in die Richtung, dass man sich mit weniger Farbkreuzen begnügt, wenn kein Totenkopf gewürfelt wurde, weil die Gegner dann nichts abbekommen. Gegen Ende wird es viel spannender, da kann ich mich bei einem Wurf mit nur zwei Farben und einem Totenkopf durchaus für die weniger häufig vorkommende Farbe entscheiden, damit mindestens ein Gegenspieler in die Todeszone kommt und punktemäßig abstürzt. Dieses Element macht aus CALAVERA ein äußerst interaktives Würfelspiel, bei dem alle in den letzten Runden Hoffnungen äußern und Verwünschungen ausstoßen.
Taktisch zu erwähnen sind noch die Zwischenwertungen. Wer sich gleichmäßig in allen vier Farben fortentwickelt, kassiert Bonuspunkte beim Erreichen der dritten, sechsten und neunten Linie. Dabei erhält der Erste zwei Punkte mehr als nachfolgende Spieler. Die Würfelrunde endet sofort, wenn ein Spieler alle vier Farben eingefroren hat, aktiv durch Rosenwurf oder passiv, wenn er in die Todeszone geschoben wurde.
Das Erstaunliche ist, dass in Roll and Write-Spielen immer wieder neue Aspekte zu entdecken sind. Hier sind es die CALAVERA-Zone und die Auswirkungen der Totenkopfwürfe. Wredes Idee kann sich sehen lassen. Der moses. Verlag verpackt das Spiel in die gewohnt stabile Schuberpackung. Die Würfel fallen etwas klein aus, Stifte fehlen, dafür gefällt mir die grafische Arbeit des Kreativbunkers gut.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: CALAVERA
Autor: Klaus-Jürgen Wrede
Grafik/Design: Kreativbunker
Verlag: moses.
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4
Spielzeit: 20 Min.
Preis: ca. 12 Euro
Spiel 19/2019
Dienstag, 19. März 2019
HEXE, TIER … WER FEHLT DENN HIER?
Wenn es einen Spezialisten für Beobachtungsspiele gibt, dann ist es ein israelischer Spieleautor, der in Haifa lebt, aus meinem Geburtsjahrgang stammt und weltbekannt durch ein 1990 erfundenes Spiel mit der Glocke wurde. Klar, ich meine Haim Shafir und HALLI GALLI.
Mit HEXE, TIER … WER FEHLT DENN HIER? hat Shafir in seinem deutschen Hausverlag Amigo ein neues Wahrnehmungsspiel für kleinere Kinder ab vier Jahren veröffentlicht, bei dem es nur auf exakte Beobachtung und einmal nicht auf Geschwindigkeit ankommt. Zeitdruck wollen junge Spieler meist nicht ausgesetzt sein, aber genaues Hinschauen mögen sie schon.
Magische Begleiter besitzt jede gute Hexe, dann klappt das Zaubern gleich viel besser. Im Hexenhaus warten Hahn, Katze, Eule, Frosch, Maus und Spinne darauf, von der Hexe auf ihre beliebten Ausritte mitgenommen zu werden. Die blauhaarige Shafir-Hexe hat auf ihrem Besenstil und breitkrempigen Hut allerdings nur Platz für drei Haustiere. Daher sind einmal die einen, dann andere Tiere bei ihrem Hexenflug dabei.
24 solcher Flugkarten werden gleichmäßig unter zwei bis vier Kindern verteilt und dann wird einfach nur gewürfelt. Zwei Würfel zeigen meist zwei unterschiedliche Tiere, auf deren Suche die Kinder in ihrer Auslage gehen. Finden sie Hexenkarten, auf denen beide Tiere zu sehen sind, dürfen sie diese umdrehen. Die Kinder können sich Zeit lassen, zumal manche der Hausgenossen der Hexe sich gut verstecken. So lugt der Frosch nur aus der Kleidertasche der Hexe hervor.
Das machen die Kinder solange, bis eines alle Karten umdrehen konnte. Dieses Kind gewinnt die Karten, die Mitspieler noch offen vor sich liegen haben. Mit der neuen Kartenverteilung wird noch eine zweite und dritte Runde gespielt, sodass frühe Gewinne nicht unbedingt siegentscheidend sind. Wer in der dritten Runde nur noch wenige Karten besitzt, hat gute Chancen auf den Sieg, weil er früh fertig sein kann, um dann viele Karten zu gewinnen.
Das Beobachten macht kleinen Kindern, sogar schon dreijährigen, viel Freude, zumal es anfangs ständig von Erfolgserlebnissen begleitet ist. Die liebevollen Zeichnungen von Marina Zlochin tragen zur Begeisterung bei. Die Kinder schauen gebannt auf ihre Karten und warten auf passende Würfelergebnisse.
Die Grundidee finde ich gut. Im Detail hätte die Redaktion aber am Spielablauf feilen können. Die drei Runden für die Kleinen halte ich nicht für notwendig. Zumal durch den Gewinn von Karten die Auslage ziemlich unübersichtlich werden kann. Das Ende zieht sich oft hin, da bei zwei Würfelbildern von den drei Tieren auf dem Hexenbesen oft nur eines passt. Das ist zwar spannend, aber doch sehr zufällig. Zielgruppenbezogen sind alle sechs Tiere stets an der identischen Stelle zu sehen. So thront die Eule auf der Hutkrempe und die Maus spielt Gallionsfigur auf dem Hexenbesen. Für die Sehgewohnheiten fordernder wären wechselnde Reiseorte der Tiere interessanter. Bei der Zielgruppe kommt das Shafir-Spiel anfangs gut an, Wiederholungsrunden sind angesagt, aber nur beim nicht regelkonformen Spiel über eine einzige Runde.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: HEXE, TIER … WER FEHLT DENN HIER?
Autor: Haim Shafir
Grafik/Design: Marina Zlochin
Verlag: Amigo
Alter: ab 4 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4
Spielzeit: 10 - 15 Min.
Preis: ca. 8 Euro
Spiel 18/2019
Montag, 18. März 2019
CLEVER FIT
Brett- und Kartenspiele rund um das Thema Ernährung haben es schwer. Piatnik hat es im letzten Jahr mit dem SPIEL MIT DEM ESSEN doppeldeutig versucht, FOOD FACTS von Simon Haas nutzt das Wissen für eine ANNO DOMINI-Variante um Kohlenhydrate und Fette, Clementoni bietet DAS SPIEL ZUR GESUNDEN ERNÄHRUNG an. In diesem Umfeld bewegt sich mit einem äußerst cleveren Spielmechanismus das Logis-Spiel CLEVER FIT.
Überwiegt bei den meisten Spielen dieser Art der pädagogische Zeigefinger und bleibt der Spielspaß auf der Strecke, gilt das überhaupt nicht für die Erfindung des Autorentrios Brück, Kirps und Kruchten. Die drei Luxemburger haben sich ausführlich von einer Ernährunsgwissenschaftlerin beraten lassen, mit deren Wissen die inhaltliche Gestaltung der Nahrungsmittelkarten und deren Auswirkungen korrekt umgesetzt werden konnte.
CLEVER FIT begleitet zwei bis vier Kinder durch ihren Tag vom Frühstück über das Mittagessen bis zum Abendbrot. Am Ende sollte die Gesamtbilanz der aufgenommenen Nahrungsmittel stimmen, sodass möglichst jeder Spieler sich im grünen Bereich auf der Siegpunktskala bewegt. Im Blick haben müssen die Kinder ihren Zuckerhaushalt, Fett und Eiweiße, Proteine und Kohlenhydrate. Genügend Flüssigkeit müssen sie zu sich nehmen, Obst und Gemüse essen und sich auch ab und zu sportlich betätigen. Diese Zusammengänge sind komplex, können aber mit Hilfe von 72 Nahrungsmittelkarten recht einfach umgesetzt werden. Jede Karte wirkt sich auf einzelne oder auch unterschiedliche Bereiche aus, die über eine Spielplananzeige individuell angezeigt werden. Nach jeder Mahlzeitenrunde wird die Bilanz dort unter Einsatz von jeweils sechs Karten abgetragen und es kommt zu Wertungen. Nach dem Frühstück ist es eine kleine Wertung, bei der nur der Stand von Fetten, Eiweißen, Proteinen, Obst und Gemüse und Kohlehydraten für die Punktwertung auf der Siegpunktskala bewertet wird. Wer vorn liegt, bekommt die meisten Schritte auf der „Gesundheitsleiter“, meistens sind es vier. Wer im Spiel zu viert ganz hinten liegt, geht leer aus. Für alle gilt aber, dass sie sich in den jeweiligen Bereichen über die dortigen Minus- und Null-Werte hinausbewegt haben müssen.
Das Mittagessen verläuft genauso, vorher werden aber alle Wertungssteine in den Skalen wieder auf ihre Ausgangspunkte zurückgesetzt. Entscheidend ist dann schließlich die Gesamtbilanz am Abend. Die große Abschlusswertung bezieht die Zuckeraufnahme und den Flüssigkeitshaushalt mit ein. Für den ersten Bereich können die Kinder bis zu 12 Minuspunkte kassieren, im zweiten Sektor dagegen bis zu 15 Pluspunkte gewinnen. Alle sollten versuchen mindestens 20 Punkte zu sammeln, dann sind sie im grünen Bereich angekommen. Wer am weitesten vorn liegt, darf sich als Gewinner fühlen. Im Grunde genommen sind es aber alle Spieler, die eine Menge über Ernährungszusammenhänge erfahren.
Das spieltechnisch Entscheidende habe ich bisher noch gar nicht angesprochen. Kirps & Co. führen ihre jungen Spieler clever ans Kartendraften heran. Und genau dieses Element macht aus CLEVER FIT ein richtig gutes Spiel. Jeder hat am Anfang neun Karten auf der Hand, von denen er eine aussucht und den Rest gibt er weiter. Am Ende besitzt wieder jeder neun Karten, von denen er sechs für die jeweilige Mahlzeit aussucht. Der Rest wandert mit in die nächste Mahlzeitenrunde, für die es weitere sechs Karten vom Nachziehstapel gibt. Für das Abendbrot stehen allerdings nur noch drei neue Karten zur Verfügung, sodass bei der letzten Mahlzeit alle Nahrungsmittel gelegt werden müssen. Gummibärchen, Muffins und süße Getränke müssen die Kinder also irgendwann essen und trinken, auch wenn sie wissen, dass das ungesund ist und ihnen die Zuckerbilanz verhagelt. Zumindest bei den Getränken haben sie aber den Vorteil, dass der Wasserhaushalt nach oben geht und der kann ja eine ganze Menge Pluspunkte bringen. Wer sportlich aktiv ist, darf sich frei entscheiden, für welche Kategorie sich Volleyball, Fußball oder Skateboard auswirken.
Das Luxemburger Autorentrio hat das Ernährungsthema hervorragend umgesetzt, bringt Spannung ins Spiel durch Drafting für Kinder. Hier werden Grundschulkinder wirklich ganz schön CLEVER FIT. Noch spannender wird es übrigens durch eine Variante, die wir seit ein paar Wochen spielen. Da werden die Nahrungskarten nicht offen nacheinander, sondern verdeckt ausgespielt.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: CLEVER FIT
Autoren: Steve Brück, Dennis Kirps, Christian Kruchten
Grafik/Design: Dovydas Čiuplys
Verlag: Logis - im Vertrieb von Pegasus
Alter: ab 7 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4
Spielzeit: 35 Min.
Preis: ca. 22 Euro
Spiel 17/2019
Donnerstag, 14. März 2019
TIERISCH VERSTECKT
Mit Spielen für die ganz Kleinen ist das so eine Sache, einfache Laufspiele á la TEMPO KLEINE SCHNECKE und MEMO-Varianten dominieren den Markt. Mit TIERISCH VERSTECKT bietet Haba ein Spiel an, das ein Grundbedürfnis der Kleinen geschickt nachahmt, das Verstecken.
Erfunden hat das Spiel Norbert Proena, den viele sicherlich noch von seinem Erfolg mit DICKE LUFT IN DER GRUFT kennen, das 2004 den Deutschen Kinderspielpreis gewann und auf der Nominierungsliste zum „Spiel des Jahres“ stand. Das kleine Haba Mitbringspiel hat er zusammen mit seiner Gattin Judith entwickelt.
In TIERISCH VERSTECKT verschwinden Bauernhoftiere im Heuhaufen, klettern in einen Baum, tauchen im Sonnenblumenbeet unter. Sechs Verstecke spielen die zentrale Rolle auf dem Bauernhof der Proenas. Jedes Kind erhält ein Tier als runden Pappmarker. Hahn, Schaf und Katze passen so gut in die runden Aussparungen der oben erwähnten Schlupflöcher. Über dem Verstecke-Loch liegt eine Abdeckung, die den Heuhaufen zeigt oder das Blumenfeld. Wie beim klassischen Versteckspiel sucht ein Kind, die anderen verbergen nicht sich selbst, sondern das Tier, das sie zu Spielbeginn ausgesucht haben.
„Eins zwei drei vier Eckstein, alles muss versteckt sein!“ Wenn es soweit ist, hat der Suchende zwei Versuche und blickt unter entsprechende Abdeckungen. Findet er ein Tier, wird er mit einem Sternchip belohnt. Zum Schluss kommt Hofhund Waldi zu seinem Einsatz. Wer sucht, darf Waldi mit einem Farbwürfel zu einem der sechs Verstecke schicken. Wer Glück hat, landet mit dem Hund bei einem neuen Unterschlupf, der zusätzlich untersucht werden darf. In Vollbesetzung zu viert können die Sucher damit maximal drei Gewinnsterne in einer Runde gewinnen.
Schluss ist, sobald ein Kind fünf Sterne bekommen hat. Immer dann, wenn zu diesem Zeitpunkt noch Sterne übrig sind, wollen die Kinder trotzdem weiterspielen. Haba hätte ruhig mehr als 17 Pappsterne spendieren können, denn aus Gerechtigkeitsgründen sollte jeder gleich oft den Sucher spielen dürfen. Die Kleinen fiebern bei TIERISCH VERSTECKT ständig mit, dabei ist es gleichgültig, ob sie nach den Tieren suchen oder sie versteckt haben. Es spielt sich ganz viel ab zwischen den Kindern. Haben sie TIERISCH VERSTECKT schon ein paar Mal gespielt, achten sie genauer auf Verschiebungen bei den Abdeckplättchen. Die Plättchen passen exakt zum Hintergrund, wer sich vorher ihre genaue Lage eingeprägt hat, entdeckt vielleicht leichter die versteckten Tiere. Andersherum müssen die Kinder, die die Tiere verbergen, gut auf die Abdeckungen achten. Beim Scheunentor kann es nämlich knapp werden, weil das besonders klein ausfällt.
Die NOCH MAL!-Quote fällt bei TIERISCH VERSTECKT äußerst hoch aus. Ein außergewöhnlich gutes Spiel für die ganz Kleinen, bei dem ich schon Zweijährige erleben konnte, die mitgefiebert haben.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: TIERISCH VERSTECKT
Autor: Judith und Norbert Proena
Grafik/Design: Elke Broska
Verlag: Haba
Alter: ab 3 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4
Spielzeit: 5 - 15 Min.
Preis: ca. 7 Euro
Spiel 16/2019
Mittwoch, 6. März 2019
WERWÖRTER
Vier Trends prägen den aktuellen Spielejahrgang. An erster Stelle steht die nicht anhaltende Flut der Krimirätselspiele, gleich dahinter befinden sich nach dem Erfolg von GANZ SCHÖN CLEVER unheimlich viele Roll and Write-Varianten, an dritter Position wird TETRIS eine Wiederauferstehung in vielen Variationen beschert. Und dann haben wir da noch Wortspiele wie HASTE WORTE, TAGS, JUST ONE und WERWÖRTER. Echte Spieleperlen, von denen man auch in drei Jahren noch spricht, befinden sich nach meiner Meinung nur unter den Spielideen aus der letzten Kategorie.
WERWÖRTER steht dabei ziemlich weit oben. Es ist eine Mischung aus dem Begrifferaten von 20 QUESTIONS und der WERWOLF-Welt. Die bekannten DÜSTERWALD-Charaktere tauchen auch hier auf, kein Wunder der Autor ist in beiden Fällen der Amerikaner Ted Alspach. Auch beim Worteraten geht es um den Sieg der Dorfgemeinschaft oder der Werwölfe.
Um Regeln braucht man sich eigentlich nicht zu kümmern, denn die Spielgruppe kann sich auf eine hervorragende App verlassen, die durch das Spiel lenkt. In der Regel sind bei den Spielen bis zu sechs Spielern ein Bürgermeister, Dorfbewohner, die Seherin und ein Werwolf beteiligt. Mit mehr Spielern kommt ein Werwolf dazu, außerdem können zwei Freimaurer und eine Wahrsagerin mitspielen.
Es ist stets eine Rollenkarte mehr im Spiel als Spieler beteiligt sind. Die Doppelrolle übernimmt der Bürgermeister. Er sucht mit App-Unterstützung einen Begriff aus, den die Dorfbewohner erraten sollen. Werwolf und Seherin wissen ebenfalls, um welchen Begriff es geht, nur die Normalos im Dorf sind ahnungslos. In vier Minuten dürfen nun alle über 40 Fragen stellen, die der Bürgermeister mit Ja- oder Nein-Chips beantwortet, zehnmal darf er auch auf ein „Vielleicht“ ausweichen.
Strategisch muss die Seherin den Dorfbewohnern auf die Sprünge helfen und die Werwölfe versuchen die Antwortchips durch viele falsche Spuren zu reduzieren, denn wenn die alle sind, kann der Bürgermeister auch nicht mehr antworten. Beide Gruppen sollten aber nicht zu offensichtlich agieren, denn wenn die Dorfbewohner das richtige Wort erraten, gewinnt der Werwolf trotzdem, wenn er abschließend die Seherin entlarvt. Das gilt auch umgekehrt, sollte die Zeit ohne Lösung verstreichen, gewinnen die Dorfbewohner, wenn sie den Werwolf enttarnen.
Daraus entwickelt sich eine ganze besondere Spielspannung. Da werden Fragen doppelt gestellt, nur um Chips zu verbrauchen, da nimmt man auch kritische Bemerkungen, wie Alzheimer stünde wohl ins Haus, in Kauf. Besonders brisant wird es, wenn der Bürgermeister die Werwolfrolle zusätzlich übernehmen muss. Antworten muss er wahrheitsgemäß, aber, was die Wahrheit ist, ist in solchen Runden oft Auslegungssache.
Das Spiel ist großartig und klappt auch deshalb hervorragend, weil es endlich einmal von einer App begleitet wird, die hervorragend funktioniert. Die Wortdatenbank ist im Prinzip unbegrenzt und kann auch durch eigene Wortlisten ergänzt werden. Schwierigkeitsgrade von „leicht“ bis „unmöglich“ bieten hohe Auswahlvarianz. Reizvoll sind Rollen wie die der Wahrsagerin, die nur Buchstabenfetzen zu sehen bekommen. Dieses Prinzip wird ebenfalls im Speed-Modus verwandt, der die Spielzeit um die Hälfte verkürzt. Wie beim Galgenraten, sieht man die Länge des Wortes und einen Lösungsbuchstaben. Sogar eine Variante mit zwei Spielern mit Werwolf und Dorfbewohner gibt es. Für große und für kleinere Runden ein geniales Spiel, das ich auch mehrmals am Tag gerne spiele.
Wertung: Jederzeit wieder
Titel: WERWÖRTER
Autor: Ted Alspach
Grafik/Design: Jason Boles
Verlag: Ravensburger
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2 - 10
Spielzeit: ca. 10 Min.
Preis: ca. 13 Euro
Spiel 15/2019
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