Donnerstag, 30. Juni 2016
ANKH
Das altägyptische ANKH-Kreuz soll für das Weiterleben im Jenseits stehen. Nofretete verleiht es, wenn ihr passende Gaben gebracht werden. Mal liebt sie ganz besonders die Skarabäen, dann ist ihr Anubis näher, mal will sie unbedingt ihren wundervollen Halskragen besitzen, dann zieht sie dem einen Kanopenkrug vor. Nofretete ist wankelmütig und gibt immer wieder fein gezeichnete Papyrus-Verordnungen aus, die alle vier Pretiosen in eine klare Rangfolge bringen, das, was ganz oben steht ist ihr eine doppelte Würdigung wert, die zweite Position belohnt sie immerhin einfach, wogegen die dritte Stelle ihr ganz egal ist. Den vierten Platz mag sie aber gar nicht, der wird mit Strafpunkten in einfacher Wertung belegt.
Aus der Wankelmütigkeit der Pharaonin macht Dave Grigger mit seinem Spieleerstling ANKH ein abwechslungsreiches Kartenspiel. Dazu nutzt er 72 Karten mit den vier Schätzen und unterschiedlichen Kartenwerten von 1 bis 5, hinzu kommen 18 Papyrusrollen der Herrscherin, von denen eine anfangs ausliegt und der Rest im Kartenstapel verteilt wird. Diese Präferenzen Nofretetes geben nicht nur eine Rangfolge vor, sie zeigen auch an, wann die Gemahlin Echnatons sich die Gaben der Konkurrenten um die Unsterblichkeit ansehen will. Das kann manchmal ganz schnell geschehen, da reichen ihr nur drei ausliegende Gabenkarten aus, manchmal will sie aber auch sechs davon haben.
Grigger konstruiert dazu einen recht einfachen und leicht zugänglichen Spielablauf. Jeder der zwei bis fünf Spieler erhält vier Handkarten, von denen er eine ausspielt. Bei den Schatzkarten wird er sich an der aktuellen Wertungskarte orientieren. Wenn Nofretete gerade ihren gelben Halskragen präferiert, versuchen die Spieler möglichst hochwertige gelbe Karten auszuspielen. Wer keine hat, dafür aber Papyrus-Karten besitzt, kann die Wertung einfach verändern. Da kann es durchaus passieren, dass der geliebte Halskragen nun gar nichts mehr wert ist oder sogar mit Strafpunkten belegt wird. Die dritte und letzte Möglichkeit der Zugoptionen nennt Grigger „Opfer bringen“, was letztlich nichts anderes ist als ein Kartenaustausch, bei dem beliebig viele Handkarten abgeworfen werden dürfen.
Sobald die von der Herrscherin gewünschte Kartenzahl vor einem Spieler ausliegt, wird sofort gewertet. Wobei sich die Wertung stets auf alle Spieler bezieht. Bilanziert wird nach der aktuellen Lieblingsliste der Königin. Die Punkte werden sofort schriftlich festgehalten. Diese unterschiedlich eintretende Wertung macht den besonderen Reiz von ANKH aus. Da hat man gerade noch auf die fünfte Karte gehofft mit dem roten Anubishund an der Spitze und schon wechselt ein Kontrahent die Papyruskarte mit sofortiger Wertung, da plötzlich drei ausliegende Karten ausreichen. Jetzt bringt der grüne Skarabäus doppelte Punkte und Anubis muss bezahlt werden. Was eben noch nach einer tollen Bilanz aussah, wird plötzlich richtig teuer.
Dieses Wechselspiel ist nicht immer kalkulierbar, aber wer sich an den Nachbarn orientiert, wer in seiner Auslage nicht nur auf eine Schatzsorte setzt, wird die Wertungsrunden gut überstehen und kann nach einer halben Stunde mit 50 Siegpunkten in der Bilanz das ANKH-Kreuz bekommen. Oliver und Sandra Freudenreich tragen durch ihre gelungene grafische Umsetzung der Spielidee zur stimmungsvollen Atmosphäre bei. Mumien bieten die Schätze dar, auf den Wertungskarten wird dann nur noch reduziert das Schatzsymbol gezeigt. Die Spielregel des Huch-Spiels ist der kleinen Schachtelgröße angepasst, was zu einer arg kleinen Schriftgröße führt, die vor allem in ihren Blautönen auf dem schwarzen Papier kaum lesbar ist. Fürs ewige Leben wird es nicht reichen, aber für gute Unterhaltung von Zeit zu Zeit allemal.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: ANKH
Autor: Dave Grigger
Verlag: HUCH! & friends
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2 - 5 Spieler
Spielzeit: ca. 30 Min.
Preis: ca. 9 Euro
Montag, 27. Juni 2016
MOMBASA
MOMBASA kann durchaus als neuer Geniestreich Alexander Pfisters bezeichnet werden. Für seine österreichischen Landsleute um die de Cassans ist es 2016 DER Spielehit für Experten und die Chancen auf den Deutschen Spielepreis, der in den letzten Jahren stets deutlich über Kenner-Niveau lag, stehen gut.
2011 konnte Pfister mit dem Vorläufer des Spiels den ersten Platz im Hippodice Autorenwettbewerb gewinnen. Dann musste er allerdings vier Jahre warten, bis sein AFRIKA 1830 von dem Redakteur Viktor Kobilke bearbeitet nun als MOMBASA bei eggertspiele erschien.
Pfister führt in die Zeit des Kolonialismus, als Handelskompanien und imperialistische Staaten Afrika unter sich aufteilten. Der Autor reduziert diese Thematik hauptsächlich auf die wirtschaftliche Komponente. Die Spieler sind Investoren von Kompanien, die sich RISIKOartig auf dem Kontinent verbreiten, sie handeln mit den klassischen Waren der Kolonien, lieben vor allem die Diamanten. All das verlangt eine hochexakte Buchhaltung. Was fasziniert, ist die perfekte Verzahnung unterschiedlicher Mechanismen. Raffiniert ist das spielsteuernde Kartenmanagement, das anfangs über drei Kartenslots abläuft, die Aktionsmöglichkeiten regeln. Spannend ist durchweg das konkurrierende Gerangel bei der Ausbreitung der Handelsgesellschaften, das gleichzeitig eine Art Aktienwert der Kompanien regelt. Fein austariert ist die Siegpunktsammlung über die Buchhaltungsleiste und das leichtere Sammeln von Punkten auf der Diamantenleiste. Am Ende entscheidet nicht nur das perfekte Aktienmanagement über den Spielsieg, hilfreich ist zumindest ein Durchmarsch auf einer der Zusatzleisten.
Die Vielfältigkeit sorgt dafür, dass es nicht DIE Strategie in MOMBASA gibt, aber ein ständiges Reagieren auf das Vorgehen der anderen. Oft helfen sinnvolle Koalitionen weiter, die aber oft für eine gewisse Nivellierung der Aktienwerte sorgen. All das braucht Zeit. MOMBASA spielt sich nicht schnell in sechzig Minuten. In voller Besetzung muss man durchaus drei Stunden Zeit einkalkulieren, aber die spürt keiner der Spieler. Langeweile kennt das Spiel nicht. Das ist alles ganz dicht verzahnt und eine in sich stimmige Komposition, die bisher nur wenige Spiele erreicht haben.
Wertung: Jederzeit wieder
Titel: MOMBASA
Autoren: Alexander Pfister
Verlag: eggertspiele
Alter: ab 12 Jahren
Spielerzahl: 2-4 Spieler
Spielzeit: ca. 120 Min.
Preis: ca. 40 Euro
7 WONDERS: DUEL
Die Trauben hängen hoch, wenn das allererste „Kennerspiel des Jahres“ 7 WONDERS auf eine ebenso gute Variante für nur zwei Spieler heruntergebrochen werden soll. Ähnlich wie bei einer zweiten erfolgreichen Adaption dieses Jahres, nämlich der Kinderspielvariante von STONE AGE, muss Entscheidendes wegfallen und Neues hinzukommen. STONE AGE JUNIOR verzichtet auf den Worker Placement-Aspekt und baut dafür auf MEMO. DUEL lässt das Drafting der Karten weg. Die wechselseitige Kartenaufnahme, die dieses Prinzip ersetzt, besitzt durchaus auch Reiz, da die Karten für ein Zeitalter zum Teil verdeckt, zum Teil offen ausliegen, sodass Kalkulierbarkeit und Unkalkulierbarkeit in der Aufnahme sich gut die Waage halten.
Fast alles andere kennen wir, den Weltwunderbau, den geschickten Aufbau der eigenen Zivilisation, die Ressourcenvorsorge. Auch grafisch ist der Wiedererkennungswert hoch, nur die Karten fallen diesmal deutlich kleiner aus. Den Duell-Charakter betonen die beiden Autoren Antoine Bauza und Bruno Cathala aber besonders stark. So geht es nicht automatisch um Siegpunkte in der Endabrechnung, das Spiel kann diesmal auch vorzeitig bei militärischer Dominanz oder wissenschaftlicher Überlegenheit beendet werden. Auch wenn diese beiden Siegmöglichkeiten eher selten eintreten, muss die Drohgebärde in diesen Bereichen ernst genommen werden. Vor allem beim Militär kann es durch hochwertige Kriegskarten, die noch verdeckt liegen, schnell zu einer Überraschung kommen.
Im Bereich der Zweipersonenspiele gehört das Spiel zur Oberklasse, es hat deutlich mehr Reiz als die Hilfskonstruktion für zwei Spieler beim großen Bruder. 7 WONDERS: DUEL ist stets spannend bis zum Schluss, besitzt einen hohen Wiederspielreiz und kann fast mit PATCHWORK, dem Highlight des letzten Jahres, mithalten.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: 7 WONDERS: DUEL
Autoren: Antoine Bauza, Bruno Cathala
Verlag: Repos Production / Asmodee
Alter: ab 10 Jahren
Spielerzahl: 2 Spieler
Spielzeit: ca. 30 Min.
Preis: ca. 25 Euro
BLOOD RAGE
BLOOD RAGE von Eric M. Lang (GAME OF THRONES, WARHAMMER u.v.m.) spiegelt den Kampf von Riesen und Göttern am vorläufigen Ende der nordischen Welt wider. Ragnarök, die Götterdämmerung, führt in den totalen Abgrund. Drei Jahre heftiger Kämpfe lassen vier Wikinger-Clans aufeinanderprallen, Berge stürzen, Sterne fallen vom Himmel, die Erde bebt.
Wer meint, spielerisch lasse sich so etwas kaum darstellen, irrt. Allein die Kickstarter-Kampagne von Cool Mini or Not zeigte, wie begierig die Fangemeinde nach blutigen Lavaströmen im eiskalten Norden war. Fast zwanzigfach überzeichnet konnten sich die Miniatur-Spezialisten aus dem beschaulichen Alpharetta im US-Bundesstaat Georgia mit über 900.000 $ ohne Sorgen an die Produktion machen.
Wer meint, ein solches Thema sei nichts für Würdigungen der Jury „Spiel des Jahres“, hat nicht ganz unrecht. Um Kriege, Schlachten und Gemetzel machten die Juroren bisher stets einen großen Bogen. Der politischen Korrektheit fielen sogar solche augenzwinkernden Monsterschlachten wie KING OF TOKYO zum Opfer. BLOOD RAGE hat es nun 2016 immerhin bis auf die Empfehlungsliste für das „Kennerspiel des Jahres“ geschafft.
Wer sich von dem blutrünstigen Cover nicht abschrecken lässt, wird durch ein opulentes, raffiniertes Taktikspiel belohnt, das über sehr gute Regeln einen leichten Spieleinstieg ermöglicht. Unsere Clans wissen, dass sie sterben müssen, insofern ist die Opferbereitschaft im Kampf um den Ruhm groß. Für die Auseinandersetzungen stärken wir uns durch Karten, die gedraftet werden. Danach geht es über drei Zeitalter in den Clinch, sogar aufopferungsvoll in Gebiete, von denen wir wissen, dass sie untergehen werden. Schlachten, die atmosphärisch durch eindrucksvolle Miniaturen von Cool Mini or Not unterstützt werden. Oft tragen die Auseinandersetzung kamikazehafte Züge, nur dass die Toten Stehaufmännchen sind und wiederkommen.
BLOOD RAGE ist letztlich fast pure Taktik und wenig Glück. Nicht einmal bei den Kämpfen wird gewürfelt, aber ständig verhandelt, da meist an jeder Auseinandersetzung mehrere Clanchefs beteiligt sind. Und in den wichtigen Schlachten um Yggdrasil können es immer alle sein. Wer Konfrontation mag, wird bestens bedient und gewinnt, wenn er durch viele Schlachten seine Erfolgsleisten für Aktionen, für Ruhmespunkte und der Zahl der Armeen voranbringt, oder einfach nur besonders erfolgreich im aufopfernden Einsatz seiner Helden war.
Das Spiel versinkt nicht wirklich im Chaos, sondern lebt von der intelligenten Zusammenstellung der Kartenauswahl, deren Kombination entscheidend für den Spielsieg ist. Eigentlich gehört ja auch das Kartendrafting zu den entscheidenden Spielmechanismen dieses Jahrgangs. Von daher verwundert es fast, dass nur BLOOD RAGE sich über die Ziellinie retten konnte. Spiele wir DIE HOLDE ISOLDE und SCHATZJÄGER wären durchaus auch in Betracht gekommen. In BLOOD RAGE wirkt das System nicht aufgesetzt, wird nicht redundant, hat vielleicht nur den kleinen Nachteil, das bestimmte Kartenkombinationen zu stark sind. Auch wenn die Jury die Empfehlung für BLOOD RAGE im Kennerspielbereich ausgesprochen hat, sollten auch Wenigspieler sich an die nordischen Schlachten herantrauen. Das Spiel ist zwar teuer, aber das Spielerlebnis und das Material sind diesen Preis wert.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: BLOOD RAGE
Autor: Eric M. Lang
Verlag: Cool Mini or Not / Asmodee
Alter: ab 14 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4 Spieler
Spielzeit: ca. 90 Min.
Preis: ca. 75 Euro
T.I.M.E STORIES
Die Spielgemeinde ist ein lernbereites Völkchen. Die kreativen Space Cowboys aus Frankreich haben mit ihrem aktuellen Erfolg unser anglistisch geprägtes Begriffsvokabular um das „Decksploration“-Spiel erweitert. In meiner Jugend hat man das Pfadfinderspiel genannt mit den unterschiedlichsten und zum Teil bewusst verwirrend gestalteten Zettelhinweisen einer Schnipseljagd. Nichts Anderes ist T.I.M.E STORIES, mit dem kleinen Unterschied, dass wir uns nicht in der freien Natur bewegen, sondern in fiktiven Räumen und Landschaften.
Trotzdem haben Marc Nunes, Philippe Mouret Cyril Demaegd, Sébastien Pauchon und Croc, die Gründerväter der Space Cowboys mit T.I.M.E STORIES von Manuel Rozoy ein Spielprinzip entwerfen lassen, dem jetzt schon extreme Langlebigkeit prognostiziert werden kann. Rozoy habe vorher eine Menge „paralleler Spiele-Raumzeiten“ erkundet, sagt sein Verlag. Er war Chefredakteur des französischen Spielemagazins „Jeux sur un plateau“ und Ausrichter des Spieleautorenwettbewerbs „Concours de créateurs de jeux“, hat lange Theaterstücke inszeniert und über die Geschichte von Spielen referiert, ist außerdem Spieleentwickler bei den Ubisoft-Paris-Studios.
Die Rahmenhandlung ist für alle seine Erzählansätze der „Zeitgeschichten“ identisch. Die Akteure sind Zeitreise-Agenten und im Auftrag ihrer Agentur sorgen sie dafür, dass Störungen im Zeitgefüge beseitigt werden. Dabei können sie in den Jahrhunderten hin und her springen, sogar in magische Welten eintauchen, wie sich das aber für richtige Zeitreisende gehört, stehen sie stets unter Zeitdruck.
Das Basis-Set liefert ein erstes Abenteuer in einer Nervenheilanstalt in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts. Für mich immer noch die beste Geschichte, der inzwischen durch drei weitere Fälle ergänzten Reihe. Zum Spielprinzip gehört, dass die Agenten in Wirtskörper ihrer Zeit schlüpfen. In einer solchen Anstalt müssen sie daher mit der einen oder anderen Macke leben. Für die Vorstellungskraft entscheidend sind die Bilderwelten, die sich auftun. Grafisch opulent gestaltete Schauplätze, die individuell angesteuert werden können, an denen es wichtige und ablenkende Informationen gibt, sodass mit der Zeit das zu untersuchende Problem klar wird und einiges an deduktiver Leistung von der Gruppe gefordert wird. Solche kniffligen Fälle lösen die Agenten nämlich unmöglich im Alleingang, echte Kooperation ist hier gefordert und damit ein spannendes gemeinsames Abenteuer der Gruppe. Bis zur Lösung braucht es meist mehrere Anläufe, für den ersten Fall sollte man schon zwei oder drei Abende einplanen oder um 15:00 Uhr mit dem Spielen beginnen.
Danach muss T.I.M.E STORIES aber ebenso wie PANDEMIC LEGACY mit dem Problem leben, dass der Reiz weg ist. Die Gruppe kennt die Lösung und wird nicht noch einmal in die Nervenheilanstalt gehen. Immerhin ist das Spiel nicht „kaputt“, kann daher weiter verschenkt oder verkauft werden. Dieser „Einmaligkeit“ steht wie bei Matt Leacock und Rob Daviau ein ganz besonderes Spielerlebnis gegenüber, ein Film, der im Kopf abläuft. Das Konzept macht damit das klassische Rollenspiel wieder salonfähig, erweckt die Prinzipien von Abenteuerbüchern eines Steve Jackson und Ian Livingstone neu.
An weiteren Geschichten arbeitet inzwischen nicht nur Rozoy. Der Verlag bietet ein Designer-Kit für alle Interessierten an, das sicherstellen wird, dass den Space Cowboys die Ideen für Folgeabenteuer nicht ausgehen werden.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: T.I.M.E STORIES
Autor: Manuel Rozoy
Verlag: Space Cowboys / Vertrieb Asmodee
Alter: ab 12 Jahren
Spielerzahl: 2-4 Spieler
Spielzeit: ca. 120 Min.
Preis: ca. 45 Euro
Sonntag, 26. Juni 2016
ISLE OF SKYE
Chapeau! Was 1999 und 2000 das damalige Autorenduo Wolfgang Kramer und Michael Kiesling vorgemacht haben, könnte das aktuelle Traumduo Alexander Pfister und Andreas Pelikan 2015 und 2016 wiederholen. Ging es bei Kramer&Kiesling noch um den roten Pöppel, einen anderen gab es damals nämlich noch nicht, treten die beiden österreichischen Autoren zum zweiten Mal um den Kampf um das Kennerspiel an. BROOM SERVICE war die große Überraschung 2015, der könnte nun ISLE OF SKYE folgen.
Was wie eine einfache schottische CARCASSONNE-Variante aussieht, ist ein deutlich komplexeres Legespiel, in dem jeder an seiner persönlichen Hebriden-Insel basteln darf. Die Haupteinnahmequellen auf Skye sind der Tourismus, die Landwirtschaft, die Fischerei und die Produktion von Whisky. All das spiegelt sich in ISLE OF SKYE wider. Da gibt es Burgen, die touristisch durch Wege erschlossen werden, Schafe und Schiffe kommen auch vor, viel eindrucksvolle Landschaften mit Wiesen, Seen und Gebirgen und immer wieder Whisky-Fässer.
Ausgehend von einem Burgplättchen erweitern bis zu fünf Clan-Häuptlinge in sechs Spielrunden ihre Inseln. Pfister&Pelikan haben sich einen hochinteressanten Kartenerwerb ausgedacht. Dazu zieht jeder drei Plättchen aus einem Beutel und legt diese vor seinen Sichtschirm. Dahinter herrscht Spannung pur, denn ein Plättchen fliegt raus, es erhält einen Abwurfmarker. Für die anderen werden Preise festgelegt. Kärtchen, die man selbst behalten möchte, setzt man natürlich höher an, verschleudert wird aber nichts. Da jeder nur eine Karte kaufen darf, kann so ein Spieler am Ende mit Glück drei Karten an seine Burg legen, weil nichts bei ihm eingekauft wurde. Wenn er Pech hat, wird er aber alle los und erweitert sein Dominium um nur ein Plättchen. Der eine wird danach ganz arm sein, der andere hat immerhin viel Geld. Beim Erwerb und beim Legen gilt es immer, Zwischenwertungen im Blick zu behalten. Da geht es um die meisten Schiffe, geschlossene Bergketten oder viele Schafe. Der Wertungen sind viele, sodass kein Spiel dem anderen gleicht, zumal diese Wertungen sich auch an unterschiedlichen Stellen dreimal wiederholen. Mit 16 Wertungskarten, von denen nur vier in unterschiedlicher Reihenfolge ins Spiel kommen, ist eine extreme Varianz möglich.
Kartenerwerb und variabler Wertungsrhythmus machen aus ISLE OF SKYE ein ganz besonderes Spiel. Aber auch die Feinabstimmung stimmt, da gibt es Geldnachschub, wenn die Clan-Burg mit besonders vielen Whiskyfässern verbunden ist, zusätzlich gibt es einen Nachteilsausgleich für hinten liegende Häuptlinge, für die damit der Einkauf in der nächsten Runde erleichtert wird. Abwechslungsreich und durchweg spannend ist dieses Legespiel von Pfister und Pelikan. Die elegante Verzahnung vieler innovativer Mechanismen und Ideen grenze an Perfektion, meint die Jury „Spiel des Jahres“. Eine Perfektion, die die beiden Österreicher vielleicht wieder zu einer Pöppel-Übergabe führt.
Wertung: Jederzeit wieder
Titel: ISLE OF SKYE
Autoren: Alexander Pfister, Andreas Pelikan
Verlag: Lookout Games
Alter: ab 10 Jahren
Spielerzahl: 2-5 Spieler
Spielzeit: ca. 60 Min.
Preis: ca. 30 Euro
Dienstag, 14. Juni 2016
PANDEMIC LEGACY
Seit Juli 2014 lebt Matt Leacock ausschließlich vom Spieleerfinden. Der Amerikaner wohnt mit seiner Frau und seinen beiden Kindern im Zentrum des Silicon Valley, dort hat er auch vor 2014 mit Arbeiten für Sococo, Yahoo!, AOL, Netscape und Apple einen Großteil seines Geldes verdient. Leacock ist ein Teamplayer, bekannt gemacht haben ihn vor allem kooperative Spiele wie PANDEMIE, DIE VERBOTENE INSEL und DIE VEGESSENE STADT. Vor allem der PANDEMIC-Virus pflanzt sich in gut der Hälfte seiner Spielentwicklungen fort. Das Schöne daran, dieser Virus muss nicht bekämpft, er darf gespielt werden.
Sein Partner, Rob Daviau, aus Massachusetts hat fast 15 Jahre lang Spiele für Hasbro entwickelt. Da saß er dann an der 113. TRIVIAL PURSUIT-Variante, hat MONOPOLY- und RISIKO-Welten bedient und dabei auch das LEGACY-Prinzip entwickelt. Seit drei Jahren arbeitet er selbständig vor allem vom LEGACY-Virus infiziert. Daviaus Grundidee geht von einem sich ständig entwickelnden, ständig verändernden Brettspiel aus, indem es (so gut wie keinen) Reset-Knopf gibt, sondern alle Entscheidungen Folgewirkungen für die nächsten Spielrunden haben.
Wenn zwei derartig angesteckte, entflammte Autoren aufeinandertreffen, ihre beiden Grundideen miteinander vermischen, dann entsteht ein neuer Virus, der sich global rasend schnell ausgebreitet hat. Ihr PANDEMIC LEGACY SEASON 1 hat innerhalb kürzester Zeit mit fast 10.000 Bewertungen das lange führende TWILIGHT STRUGGLE vom ersten Platz der BGG-Liste verdrängt.
Rund um den Globus sind alle begeistert. Die Franzosen, die Italiener und die Deutschen würdigen die kreative Leistung der beiden Autoren und viele, viele Preise werden noch folgen. Dabei wird von den Spielern einiges abverlangt. Der Wiedererkennungswert an PANDEMIE ist erst einmal groß. Wieder müssen für vier gefährliche Seuchen möglichst schnell von Wissenschaftlern und Forschern Heilmittel entwickelt werden, die meist erfolgreich in den Forschungszentren arbeiten, wenn sie logistische Unterstützung haben. Da sind aber ständig neue Hürden im Weg, der über 12 Monate hinweg möglichst mit gleicher Mannschaft begangen wird. Spielästheten graut es, wenn schon nach zehn Spielminuten die Aufforderung erfolgt, eine Spielkarte zu zerreißen, weil sie nicht mehr gebraucht wird. Da werden Spielplan und Spielregel beklebt, da werden Geheimdosiers wie Adventskalender geöffnet, oft mehrfach hintereinander, sodass man das Gefühl hat, eine ganze Woche nachzuholen, die großen Überraschungen stecken dann noch in kleinen Päckchen, sodass man sich wie unter dem Weihnachtsbaum fühlt. Aus dem Allerweltspiel, das demnächst vielleicht eine Million Mal auf den Spieltischen liegt, wird ganz schnell ein sehr individuelles auf die Spielgruppenerfahrungen zugeschnittenes Unikat, das am Ende dann aber in der Mülltonne verschwinden kann, denn es ist nicht mehr spielbar. Da existieren Logistiker und Forscherin nur noch als Papierschnipsel, da sind Städte zugrunde gegangen oder zerstört. Diese Dezemberwelt hat nichts mehr mit der vom Januar zu tun.
Leacock und Daviau nehmen ihre Akteure wie in einer Filmserie á la „Game of Thrones“ gefangen. Das Schöne an diesem erzählerischen Ansatz ist, dass die Spieler die fesselnd erzählte Geschichte stets selbst miterleben und mitgestalten. So gesehen ist nach ca. 18 Spielen (jeder Monat darf maximal zweimal gespielt werden) zwar Schluss, aber vergleichbare Spielerlebnisse findet man sonst nirgends. Wie bei den Filmserien werden SEASON 2 und 3 folgen und die Zahl der wartenden Seuchenbekämpfer wächst weiter an. „Das eh schon grandiose PANDEMIE wird nun zum Meisterwerk“, meint die Jury „Spiel des Jahres“, das gilt natürlich auch für das LEGACY-Prinzip. Hier ist symbiotisch etwas entstanden, was unbedingt zusammengehören sollte.
Wertung: Jederzeit wieder
Titel: PANDEMIC LEGACY
Autoren: Matt Leacock, Rob Daviau
Verlag: Z-Man Games/ Asmodee
Alter: ab 14 Jahren
Spielerzahl: 2-4 Spieler
Spielzeit: ca. 40 Min.
Preis: ca. 45 Euro
Montag, 13. Juni 2016
AGENT UNDERCOVER
Wo bin ich? M’s Instruktionen waren diesmal sehr unklar und der neue Teleporter von Q scheint auch nicht so richtig zu funktionieren. Interessiert werde ich gemustert, 14 Augen starren mich an. Nur nichts sagen, was mich verrät und vielleicht verplappert sich ja auch einer der anderen. Ich bin mir nicht mehr sicher, ob M etwas von einer Botschaft erzählt hat oder war es eine Militärbasis oder sogar eine Weltraumstation. Leider scheinen wir uns in einem völlig abgeschlossenen Raum zu befinden, Außengeräusche helfen mir überhaupt nicht weiter.
Aus dieser Misere helfen keine Waffen heraus, auch kein Aston Martin oder BMW, hier ist die Pokermine gefragt, Charme hilft weiter und kommunikatives Geschick. In Alexander Ushans AGENT UNDERCOVER landet der Geheimagent an einem ihm völlig unbekannten Ort. Alle um ihn herum wissen, wo sie sind, haben sogar klar umrissene Rollen. Da ist der Oberst von der Militärbasis, da sind seine Untergebenen, da ist ein Kantinenchef und Militärarzt, sogar ein Deserteur befindet sich noch vor Ort. Zu zackig sollten sie ihre Rollen nicht spielen, eher verhalten, um, denn von ihm wissen sie, den Geheimagenten unter ihnen zu entlarven. Acht Minuten haben sie dafür Zeit. Zeit, die auch dem Agenten zur Verfügung steht, herauszubekommen, wo er sich befindet. Es kommen ja nur 25 verschiedene Orte in Betracht.
Schlaue Fragen, unverfängliche Antworten helfen hier weiter. Ein enormer Druck, der hier auf dem Agenten lastet, aber auch für die anderen Spieler bleibt es spannend, denn auch sie bewegen sich mit jeder Bemerkung und Reaktion auf dünnem Eis. AGENT UNDERCOVER ist eine außergewöhnliche Spielidee, deren Erfolg von der Kommunikationsbereitschaft, der Kreativität der Spielgruppe abhängt. Gerade bei Jugendlichen kommt das Spiel hervorragend an und wird von Mal zu Mal spannender, weil man sich immer besser in die 25 verschiedenen Schauplätze hineinversetzen kann. Frühes Scheitern, weil der Druck zu groß war, musste ich aber auch häufiger erleben, bis hin zu dem sofortigen Aufgeben beim Anblick der Agentenkarte: „Oh Gott, ich bin‘s!“
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: AGENT UNDERCOVER
Autor: Alexander Ushan
Verlag: Piatnik
Alter: ab 12 Jahren
Spielerzahl: 3-8 Spieler
Spielzeit: ca. 60 Min.
Preis: ca. 30 Euro
Sonntag, 12. Juni 2016
ANIMALS ON BOARD
Der gute alte Noah hatte klare Spielregeln, auf seine Arche duften nur Tierpaare, sollte doch nach der großen Flut das Leben rund um den Ararat weiter gehen. Wie das bei Spielen oft so ist, Spieleautoren haben so ihre ganz eigenen Regeln, mit denen sie oft ganz bewusst gegen eigentliche Erwartungshaltungen ankämpfen.
Das bewährte FINCA-Team Sentker und zur Linde schafft mit ANIMALS ON BOARD (eggertspiele) so ganz eigene Arche-Regeln. Bei ihnen hat Noah ein Paarverbot erlassen, die sollen schließlich nur in seine große Arche kommen. Die heutigen Tiersammler sind dagegen hinter Unikaten hinterher oder kleinen Herden ab drei Tieren. Dafür haben sie in halbierten Archen auch nur beschränkten Aufnahmeplatz.
Auch die Tierwelt der beiden Autoren ist deutlich beschränkter als zu Noahs Zeiten vor rund 4500 Jahren. 12 Tierarten jeweils mit den Werten 1 bis 5 tummeln sich in ANIMALS ON BOARD. Für die Tiersammlungen folgen sie dem einfachen Prinzip der Teilung oder Aufnahme. Dafür stehen je nach Spielerzahl acht bis 12 offene Tierkarten und jeweils ein verdecktes Tierplättchen als große Tiergruppe zur Verfügung. Wer teilt, erhält eine Futterkiste, wer eine geteilte Kleingruppe in seine Arche aufnimmt, muss für jedes Tier eine Futterkiste zahlen.
Nach ein paar Runden sind die Archen mit zehn oder mehr Tieren besetzt, dann waltet Noah seines Amtes. Er holt sich alle Pärchen aus den Booten und rechnet ab. Jedes Solotier wird nach dem aufgedruckten Punktwert abgerechnet, alle Herdentiere zählen fünf Punkte, schließlich tragen auch noch restliche Futterkisten wenige Punkte zur Bilanz bei. Wer die meisten Punkte hat, die größten Herden sammeln konnte, gewinnt nach meist schnellen 20 Minuten ANIMALS ON BOARD.
Leichte, unterhaltsame Familienspielkost mit etwas Taktik und kleinen MEMOanteilen. Der Glücksanteil hält sich in Grenzen, vielfach wird er gezielt durch Aufnahme des verdeckten Kärtchens bewusst in Kauf genommen, um für die Mitspieler nicht völlig ausrechenbar zu sein. Nette Grafiken, ein etwas wackliges Schiff mit überflüssigen Pausenflaggen, dazu eine ordentliche Regel, das ideale Spiel zum Auftakt oder als Absacker am Ende eines Spieleabends.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: ANIMALS ON BOARD
Autoren: Ralf zur Linde und Wolfgang Sentker
Verlag: eggertspiele
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2-4 Spieler
Spielzeit: ca. 20 Min.
Preis: ca. 20 Euro
Samstag, 11. Juni 2016
KARUBA
Haba auf der Nominierungsliste für das „Spiel des Jahres“, wer hätte das vor einem Jahr gedacht. Der Verlag, der seit 1993 fast ein Drittel der ehemaligen Sonderpreise und Hauptwürdigungen mit dem „Kinderspiel des Jahres“ erhalten hat, baut seine Kompetenz im Familienspielbereich aus. In seiner Firmengeschichte hat der Verlag aus Bad Rodach immer einmal wieder einen Ausflug in den Anschlussbereich der gelben Schachteln gestartet, diesen dann aber schnell wieder eingestellt. Diesmal gab es einen langen Vorlauf. Mit Jürgen Valentiner-Branth wurde ein erfahrener externer Redakteur ins Boot geholt und der hat mit dem Duo Kramer/Kiesling (ABENTEUERLAND) und Stefan Kloß (SPOOKIES) erfahrene Autoren engagiert, die ihm durchweg gute Spiele anboten. Auch in die Grafik durfte er investieren und konnte mit Michael Menzel und Franz Vohwinkel Könner engagieren. Was mit ABENTEUERLAND und SPOOKIES schon gut lief, konnte er mit Rüdiger Dorns KARUBA und der Umsetzung durch Claus Stephan noch toppen.
Hier stimmt (nach einer leichten Regelergänzung) alles. KARUBA folgt dem klassischen Legespielprinzip von TAKE IT EASY, alle haben die gleiche Ausgangssituation, alle verarbeiten zeitgleich identische Legeplättchen. Das Faszinierende daran, es kommen immer ganz unterschiedliche Ergebnisse heraus. Was bei dem Erfinder Peter Burley, der die Idee für das Spiel schon vor 33 Jahren hatte, noch ganz abstrakt daherkommt, wird von Rüdiger Dorn in ein ansprechendes Thema verpackt und durch bewegende Aspekte ergänzt.
Jeder hat ein Eiland mit Strand und Dschungelbereich aus 30 Feldern vor sich. Vier Abenteurer, die am Sandstrand starten, müssen sich ihren Weg durch den Dschungel bahnen, um spezielle Schatztempel zu erreichen. Die Ausgangslage für die jeweiligen Start- und Zielpunkte gelten für alle Beteiligten. Die Wege dorthin können mit 36 quadratischen Dschungelplättchen gelegt werden, die ein Spieler immer verdeckt zieht. Darauf sind Pfade, gerade und senkrechte, sich kreuzende und abzweigende, die allerdings nur sehr eingeschränkt, an der lesbaren Ziffer orientiert, platziert werden dürfen. Manche Plättchen bieten Schatzfunde, Kristalle und Goldnuggets, die Siegpunkte für die Schlusswertung bringen. Ertragreicher ist es aber, als Erster bei einem Tempel anzukommen, denn dieser Tempelschatz bringt fünf Punkte.
Der effektive Wegebau mit dem freien Platzieren der Plättchen ähnelt TAKE IT EASY noch sehr. Entscheidend ist Dorns Zusatzkomponente der Bewegung der Abenteurer. Wer auf das Legen eines Plättchens verzichtet, darf einen Schatzsucher zwei bis vier Schritte weit in den Dschungel führen. Endet sein Zug dabei auf einem Nugget-Feld, darf das Gold eingesammelt werden. Der Bewegungsaspekt ist nicht nur spielentscheidend beim Einsammeln der Schätze zwischendurch, sondern bezieht sich vor allem auf das Wettrennen um die Tempelbelohungen. Wer einen Blick für die möglichst gemeinsam zu nutzenden Dschungelpfade hat und damit effektiv baut, wird sich schneller bewegen können. Damit sich nicht jeder am topologisch versierteren Nachbarn orientiert, hat der Verlag eine Regelergänzung nachgeschoben, die besagt, dass derjenige zuerst ziehen muss, der aktuell die meisten Punkte hat oder bei Gleichstand der Ältere ist.
Der Dschungelwettlauf endet, wenn ein Spieler alle vier Tempel erreicht hat oder alle 36 Dschungelplättchen verbraucht sind. Hier unterscheidet sich KARUBA deutlich von seinem Vorbild, bei dem nie alle Plättchen gelegt werden können. Noch nie wurde die Idee des gleichzeitigen Spielens thematisch so gelungen umgesetzt. Die vom Verlag angegebenen 40 Minuten dauert vielleicht die erste Runde, auch in voller Besetzung läuft der Dschungelwettkampf später in schnellen 20 bis 30 Minuten ab, sodass Folgerunden bei KARUBA garantiert sind.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: KARUBA
Autoren: Rüdiger Dorn
Verlag: Haba
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2-4 Spieler
Spielzeit: ca. 40 Min.
Preis: ca. 30 Euro
Freitag, 10. Juni 2016
IMHOTEP
Schon in ARCHAEOLOGY, Phil Walker Hardings erstem Spiel, ging es um Ägypten. 2007 brachte er es noch in seinem Kleinverlag Adventureland Games heraus. Für die Kartenspielvariante erhielt er ein Jahr später in seinem Heimatland die Auszeichnung „Best Australian Game“. Spätestens seit CACAO (Abacus) im letzten Jahr ist der australische Spieleautor auch bei uns kein Unbekannter mehr. Ist er 2015 noch knapp an der Nominierung zum „Spiel des Jahres“ vorbei geschrammt, klappt es dieses Jahr mit IMHOTEP (Kosmos), in dem der Autor uns erneut nach Ägypten führt. Mit diesem Spiel hat er schon vor sechs Jahren noch unter dem Titel BUILDERS OF EGYPT den zweiten Platz beim italienischen Autorenwettbewerb Premio Archimede gewinnen können.
Vor 4700 Jahren sprach man dem Baumeister Imhotep eine Bedeutung zu, wie sie später vielleicht nur Leonardo da Vinci besaß. Imhotep war nicht nur für den Bau der Djoser-und Sechemchet-Pyramiden in Sakkara verantwortlich, später hielt man ihn auch für den Erfinder der ägyptischen Schrift und Begründer der ägyptischen Medizin, verehrte ihn sogar als Heilgott. In Phil Walker Hardings IMHOTEP geht es um den Baumeister. Zwei bis vier Spieler ab zehn Jahren dürfen seine Rolle übernehmen und sich am Bau der allerersten Stufenpyramide beteiligen und zusätzlich noch einen Tempel, eine Grabkammer und einen Obelisken errichten. Auf dem umtriebigen Markt besorgen sie sich Unterstützung für ihre Aktivitäten.
Baustellen und Markt liegen alle am Nil und können dadurch mit Booten angefahren werden. Entsprechend einfach ist der Spielablauf. Die Bauherren dürfen für Baunachschub sorgen und damit drei große Holzbausteine ihrer Spielfarbe in ihren persönlichen Vorrat übernehmen. Sie können aber auch eines der vier Boote beladen, die Platz für ein bis vier Steine bieten. Schließlich dürfen sie, wenn eine bestimmte Ladung erreicht ist, mit einem Boot zu einem der Orte fahren. Dort werden die Steine entladen und sofort verbaut oder am Markt gegen Karten eingetauscht. Jeder Stein in der Pyramide bringt sofort Siegpunkte, die gleich auf der Wertungstafel angezeigt werden, Tempelbauten werden am Rundenende abgerechnet, Steine in der Grabkammer und auf den Obelisken sogar erst bei Spielende. Ähnlich ist es bei den Karten vom Markt, die Zusatzaktionen bringen, aber auch für die Schlusswertung interessant sein können.
Sechs Runden lang werden die Steine verschifft und jedes Mal geht es um abwägende Fragen nach Punkten auf den Baustellen, zusammenhängende Steinketten oder Höhe der Bauten. Wer fährt welches Boot wohin? Nichts ist sicher in dem Spiel, da Mitspieler durchaus auch Boote versetzen dürfen, in denen sie selbst nicht vertreten sind. Das ist ständiges Kribbeln, das ist Spannung pur, Runde für Runde. Der Ärgerfaktor ist auszuhalten, da jede Anlandung einen positiven Effekt besitzt.
Zur gelungen Atmosphäre trägt das großzügige Spielmaterial bei, sodass das dreidimensionale Wachsen der Bauwerke haptisch und optisch zum Vergnügen wird. Völlig berechtigt lobt die Jury den schlanken, taktischen Mechanismus, der mit seinen immer wieder kniffligen Entscheidungen zusammen mit dem stimmigen Material ein rundes und spannendes Familienspiel aus dem Wüstensand forme. IMHOTEP ist eines der herausragenden Spiele dieses guten Jahrgangs, sodass nach CAMEL UP vielleicht erneut eine Pyramide bei der Preisvergabe eine entscheidende Rolle spielt.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: IMHOTEP
Autoren: Phil Walker Harding
Verlag: KOSMOS
Alter: ab 10 Jahren
Spielerzahl: 2-4 Spieler
Spielzeit: ca. 45 Min.
Preis: ca. 35 Euro
Mittwoch, 8. Juni 2016
KRAZY WORDZ
Selten hatten Wortspiele eine solche Renaissance wie in diesem Jahr. Amigo ist mit Spielen wie KERFLIP und SPEED DICE ganz vorn mit dabei, moses. greift auf Oldtimer wie Wernecks WORTWIRBEL zurück, das neudeutsch nun WORDZ heißt, sogar Altmeister Manfred Schüling, der Erfinder von ZATRE, beteiligt sich mit dem selbst verlegten W.Ö.RTELN an dem Boom.
Im Sog der vielen kreativen, erzählerischen Spiele hat es letztlich nur KRAZY WORDZ vom Ravensburger Label Fishtank auf die Empfehlungsliste der Jury „Spiel des Jahres“ geschafft. Die gemeinsame Entwicklung von Dirk Baumann, Thomas Odenhoven und Matthias Schmidt ist keine der üblichen SCRABBLE-Variationen, sie spielt mit einer Umkehrung der NOBODY IS PERFECT-Idee. Sucht man dort nach Wortbedeutungen zu verrückten, meist völlig unbekannten, aber realen Begriffen, schafft man in KRAZY WORDZ eine neue Sprachwelt, die in der klärenden Instanz aller Wortspiele, im Duden, nicht vorkommen darf. Der Ablauf ist identisch, einer kreativen Wortschöpfungsphase folgt eine Tipp-Etappe, um Siegpunkte zu vergeben.
Sechs Konsonanten und drei Vokale müssen ausreichen, um einen „französischen Weichkäse“ zu erfinden. Ein anderer bastelt an einer „Bezeichnung für einen miesen Lehrer“, ein dritter sucht ein „Dorf in Oberbayern“. Auf kleinen Tableaus entstehen dann Begriffe wie „Brö“, „Kövel“ und „Uumsy“, die Aufgabenkärtchen werden auf sechs ergänzt, gemischt und Zahlenkarten in der Tischmitte zugeordnet. Da stehen dann alternativ noch ein „anderes Wort für Klobürste“, eine „stachlige Wüstenpflanze“ und ein „Kreuzfahrtschiff“ zur Auswahl. Mit Hilfe von Tippkarten versucht man nun, den neuen Begriffen Wortbedeutungen zuzuordnen. Der „Brö“ hat wahrscheinlich die größten Chancen entdeckt zu werden. Für jeden richtigen Tipp erhalten Worterfinder und korrekter Rater jeweils einen Punkt. Nach sechs unterhaltsamen Runden ist Schluss.
Bleibt die von der Jury gewürdigte FAMILY EDITION noch über der Gürtellinie, geht es in der Erwachsenenversion ab 16 Jahren nicht immer jugendfrei zu, da kann sogar der „Papst erröten“. KRAZY WORDZ ist ein großartiges Spielvergnügen vor allem für große Runden, wobei ständiges Lachen am Tisch garantiert ist. Ohne CODENAMES in diesem Jahrgang hätte KRAZY WORDZ vielleicht sogar die Chance auf eine Nominierung besessen. Dann hätten allerdings auch eher sekundäre Kritikpunkte ausgeräumt werden müssen. Mir sind die winzigen Siegpunkt- und Buchstabenplättchen zu fummelig. Zusätzlich lassen unglücklich gezogene Buchstaben manchmal nur schwer sinnvolle Wortschöpfungen zu. Vielleicht hätten die Autoren den Spielern zweimal einen Austausch genehmigen sollen. Das sind aber nur Marginalien, KRAZY WORDZ ragt eindeutig aus der Phalanx der vielen Wortspiele heraus und wird sicher wie NOBODY IS PERFECT zu einem Longseller im Verlag aus Ravensburg.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: KRAZY WORDZ – FAMILY EDITION
Autoren: Dirk Baumann, Thomas Odenhoven, Matthias Schmitt
Verlag: Fishtank / Marke von Ravensburger
Alter: ab 10 Jahren
Spielerzahl: 3-7 Spieler
Spielzeit: ca. 45 Min.
Preis: ca. 20 Euro
Freitag, 3. Juni 2016
MEIN SCHATZ
Was für ein Erfolg für den Kleinverleger Oliver Igelhaut! Da startet er 2015 in Essen mit dem Verlag Igel- Spiele ganz neu mit nur zwei kleinen Spielen und schon landet wenige Monate später eins davon auf der Empfehlungsliste für das „Kinderspiel des Jahres“.
Schon die WUNSCHMASCHINE ist eine spannende intellektuelle Herausforderung für Kinder ab acht Jahren. In dem noch reizvolleren ausgezeichneten Spiel MEIN SCHATZ gehen zwei bis vier Kinder auf spannende Schatzsuche in einer Ork-Höhle.
Igelhaut komponiert wenige Elemente zu extremer Spielspannung. Da sind 36 Spielkarten, 30 davon mit ein bis fünf Schätzen, sechs allerdings mit dem wütenden Ork, der überhaupt nicht damit einverstanden ist, dass seine Höhle leergeräumt wird. Reihum werden die Karten aufgedeckt, die Schätze kommen auf vier Sammelplätze, die Orks neben den Kartenstapel. Das Rundenende tritt sofort ein, wenn der sechste Ork aufgedeckt wird. Daher macht es Sinn, sich vorher einen der Kartenstapel zu sichern. Dafür schnappen sich die Spieler eine Tippscheibe mit einem der sechs vorkommenden Schätze, die sie ausschließlich in die Schlusswertung bekommen. Wer vom Ork erwischt wird, kann nur noch auf „verzwergte“ Tippscheiben zurückgreifen, das sind die restlichen Scheiben, die umgedreht werden und kein gezieltes Aussuchen mehr erlauben. Der Rundensieger erhält eine Goldmünze, alle anderen eventuell Silbermünzen, wenn der Abstand zum Sieger nicht zu groß wird. Gespielt werden mehrere Durchgänge, bis ein Spieler Münzen im Wert von acht Silbertalern besitzt.
Etwas CAN’T STOP- Feeling kommt auf, die MEMO-Anforderungen sind auch ganz schön hoch, entscheidend ist aber die fiebrige Grundspannung, die den gesamten Spielablauf prägt. Aussteigen und gezielt Schätze sichern oder die Ork-Begegnung in Kauf nehmen, das muss Runde für Runde immer klug entschieden werden. Auch wenn der Gewinner nach zwanzig Minuten feststeht, ein Aufhören gibt es nicht. Mit Begeisterung beginnt dann gleich die nächste MEIN SCHATZ-Jagd.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: MEIN SCHATZ
Autor: Oliver Igelhaut
Verlag: Igel Spiele
Alter: ab 7 Jahren
Spielerzahl: 2-4 Spieler
Spielzeit: ca. 20 Min.
Preis: ca. 12 Euro
DSCHUNGELBANDE
MEMO, MEMO – wohin der Blick schweift. Allein von den 10 nominierten und empfohlenen Spielen der Kinderspieljury besitzen 2016 sieben eine mehr oder weniger starke Gedächtniskomponente. Es gibt nun einmal kein besseres Spielprinzip bei den Kinderspielen, das den Kleinen klare Überlegenheit gegenüber Eltern und Großeltern beschert.
Eine auch optisch gelungene Variante beschert uns die DSCHUNGELBANDE von Stefan Dorra und Manfred Reindl. Ihr Schiebespiel in der Schachtel führt wie bei LEO in den Urwald, nur dass der Affe hier keinen Frisörstuhl besitzt, sondern seiner Natur entsprechend Bananen hortet. Dorras und Reindls Tiere sind auch weniger geschwätzig, dafür planschen Elefanten, Tiger, Tukan & Co. mit großer Begeisterung im Dschungelfluss, tauchen unter wackligen Brücken ab und nutzen den Wasserfall als herrliche Urwaldrutsche.
Die Kinder dürfen auf einem mäandernden Rundweg über das Wasser dem sich ständig verändernden Treiben zusehen. Immer wieder werden neue Tiere in die Flussläufe geschoben und verändern den Blick. Eben waren noch drei Affen zu sehen, jetzt ist es nur noch einer. Deshalb sollten sich alle gut merken, welche Tiere unter den Hängebrücken sind, denn wer die durch einen Würfel vorgegebenen Tiere besonders häufig sieht, darf viele Schritte über den Dschungelweg in Richtung des Dschungelkrötenkönigs laufen.
Den Ablauf verstehen schon fünfjährige Kinder ganz schnell. Sie würfeln, schieben ein Kärtchen in einen der vier Flussläufe und laufen je nach Ergebnis schnell oder langsam vorwärts. Wer es anspruchsvoller mag, der spielt mit den Freunde-Chips, die zusätzliche Schritte bringen, wenn die eigene Spielfigur am Anfang und am Ende des Zuges neben dem befreundeten Tier steht.
Kosmos hat die DSCHUNGELBANDE perfekt umgesetzt, der Schiebmechanismus funktioniert tadellos. Daher ist auch der Aufforderungscharakter für Kinder sehr hoch. Die Idee von Dorra und Reindl ist hochkarätig und wäre durchaus auch nominabel gewesen. Nach meinen positiven Erfahrungen kann es mindestens mit MMM! mithalten. Die Kinderjury spricht bei dieser Verbindung von Lauf- und Schiebespiel mit Merkaufgaben immerhin von „einem tierischen Vergnügen“.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: DSCHUNGELBANDE
Autoren: Stefan Dorra und Manfred Reindl
Verlag: Kosmos
Alter: ab 5 Jahren
Spielerzahl: 2-4 Spieler
Spielzeit: ca. 20 Min.
Preis: ca. 25 Euro
Donnerstag, 2. Juni 2016
DIE GEHEIMNISVOLLE DRACHENHÖHLE
Gleich zweimal auf der Empfehlungsliste für das „Kinderspiel des Jahres“, die Marke Drei Magier Spiele beim Schmidt Verlag macht wieder einmal Vieles richtig. Für die wenigen Veröffentlichungen hat dieser Verlag sicherlich die beste Quote in Hinblick auf Auszeichnungen. Die Herbstneuheit 2015, DIE GEHEIMNISVOLLE DRACHENHÖHLE, gehört genauso zu den empfohlenen Spielen wie die Frühjahrsneuheit BURG FLATTERSTEIN.
Bei der DRACHENHÖHLE setzt das italienische Autorenteam Obert&Lanzavecchia auf das bei Drei Magier Spiele bewährte Magnetprinzip. Alle drei bisherigen Auszeichnungen mit dem blauen Pöppel haben die Berliner beziehungsweise der ursprüngliche Verlagsinhaber Johann Rüttinger der Anziehungskraft von Magneten zu verdanken. Das begann 2004 mit der GEISTERTREPPE, führte dann 2009 mit DAS MAGISCHE LABYRINTH zum bisher genialsten Spiel mit dem Magnetprinzip und endete 2013 mit dem VERZAUBERTEn TURM.
Magnetische Felder bringen den kleinen Drachen Edgar zum Feuerspucken. Keine Angst, der Feuerlöscher kann im Auto bleiben, Edgars Zunge beginnt nur kräftig zu leuchten. Die Autoren nutzen diesen Effekt für das Sammeln von Edelsteinen. Die Drachenhöhle ist voller Edelsteinfelder, wobei der Spielplan mit einer etwas leichteren und einer anspruchsvolleren Verteilung ausgewählt werden kann. Unter dem eigentlichen Plan können magnetische Papp-Platten immer wieder unterschiedlich ausgerichtet werden, wobei der Effekt aber identisch bleibt, nur jeweils sechs von 24 Feldern werden dadurch magnetisiert.
Sechs Edelsteine müssen die Kinder in der Drachenhöhle finden, vorgegeben werden die Ziele stets durch zwei Sammelkarten. Würfelnd bewegen die Spieler Edgar in seiner Höhle, wer Glück hat und den Drachen würfelt, darf ihn sogar fliegen lassen. Erfolgreich ist nur, wer es schafft, dass Edgar auf seinem Zielfeld Feuer speit.
Etwas Effekthascherei, ein bisschen MEMO und viel Glück, wer häufig fliegen darf, kommt dem Sieg schneller näher, wer schlecht würfelt, irrt ziellos umher. Kinder stört das nicht. Sie wollen Edgar führen und sind fasziniert, wenn er wieder Feuer speit. Nach Juryurteil ist „das Ergebnis … ein faszinierendes Gedächtnisspiel, bei dem Erleuchtung garantiert ist.“ Das Material ist hervorragend, die Grafik ansprechend, die Drachenfigur kindgerecht. Das Drachenfeuer braucht allerdings Energie, nötige Knopfbatterien werden aber für den Erstgebrauch mitgeliefert.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: DIE GEHEIMNISVOLLE DRACHENHÖHLE
Autor: Walter Obert, Carlo Emanuele Lanzavecchia
Verlag: Schmidt/Drei Magier Spiele
Alter: ab 5 Jahren
Spielerzahl: 2-4 Spieler
Spielzeit: ca. 20 Min.
Preis: ca. 39 Euro
BURG FLATTERSTEIN
Guido Hoffmann ist neben Jens-Peter Schliemann sicherlich der Spieleautor mit den kreativsten Ideen. Beide spielen gern mit Wahrnehmungen, mit physikalischen Erfahrungen. Perfekt haben sie dies gemeinsam in ihrem Spiegellabyrinth DAS GEHEIMNIS DER ZAUBERER (Mattel, 2015) umgesetzt. Licht und Dunkel ist eine besondere Spezialität Schliemanns, mit dem Antriebsfaktor Luft kann Hoffmann besonders elegant umgehen. Mit fliegenden Teppichen und Piratenschiffen hat er das in AKABA und DER SCHWARZE PIRAT unter Beweis gestellt und für das letzte Spiel ist er mit vollen Segeln vor zehn Jahren sogar auf das oberste Podest des blauen Pöppels gesegelt.
Viele Anregungen holt sich Hoffmann aus dem Naturkundemuseum in Wien und ständigen Beobachtungen seiner Umgebung. Das ist auch die Grundlage für BURG FLATTERSTEIN, wo er versucht den Flug der nachtaktiven Fledermäuse ziemlich realistisch in ein Spiel zu übertragen. Lange hat er experimentiert und am Ende konnte er Drei Magier Spiele ein originelles Fledermauskatapult anbieten, mit dem kleine Stoff-Fledermäuse richtig ins Flattern geraten. Den Blasebalg des Piraten hat er nun durch ein effektiveres Blase-Katapult ersetzt, wobei die Luft aus einer Art Kühlergrill austritt, wenn die Katapultklappe fest gedrückt wird. Liegt auf dem Austrittsgitter eine Fledermaus, kommt sie ins Flattern und dreht imposante Kreise.
Wozu das Ganze? Vier kleine Magier üben sich am Flug der Fledermäuse in einer beeindruckenden dreidimensionalen Burgruine. Anfangs landen die Flattertiere meist nur im Burghof, was für die Magier bedeutet, dass sie immerhin ein Feld auf einem Weg vorankommen, der sie bis in die Zinnen der Burg zum Fledermauspokal führt. Landet eine Fledermaus auf einer der Treppenstufen, die zur Burgspitze führen, geht es zwei Felder voran. Noch besser ist der Flug durch eines der Burgfenster, der gleich drei Schritte bringt. Wer das Katapult zu stark bedient, kann durchaus über die Burg fliegen, was keinen Punkt bringt. Nur im Burggraben gibt es Geisterkärtchen, die im Grundspiel durchweg hilfreich sind.
Die Kinder brauchen anfangs etwas Übung, dann bringen aber auch schon Vierjährige die Fledermäuse zum Flattern. Geübte Kinder können nach einigen Runden den Helfergeistern noch Quälgeister hinzufügen, die die Bedienung des Katapultierens erschweren. Der Aufforderungscharakter durch Ambiente und Spielidee ist extrem hoch. Eine ungewöhnliche Entwicklung, wie wieder einmal die besondere Kreativität dieses Autors bestätigt und völlig berechtig auf der Empfehlungsliste für das „Kinderspiel des Jahres“ 2016 gelandet ist.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: BURG FLATTERSTEIN
Autor: Guido Hoffmann
Verlag: Schmidt/Drei Magier Spiele
Alter: ab 6 Jahren sagt der Verlag, ab vier Jahren klappt es auch
Spielerzahl: 2-4 Spieler
Spielzeit: ca. 20 Min.
Preis: ca. 35 Euro
Mittwoch, 1. Juni 2016
STONE AGE JUNIOR
Wenn ich auf die auf die letzten zehn Jahre zurückblicke, stelle ich fast so etwas wie ein Abonnement von Hans im Glück auf einen Podiumsplatz beim Deutschen Spielepreis fest. Der Münchner Verlag ist erste Anlaufstation für Vielspieler, wenn es um Kenner- und Expertenspiele geht. Zu den ausgezeichneten Spielen gehörten u.a. STONE AGE (2008, 2. Platz), DOMINION (2009, 1. Platz), RUSSIAN RAILROADS (2014, 1.Platz) und AUF DEN SPUREN VON MARCO POLO (2015, 1. Platz). Dass das Team um Bernd und Moritz Brunnhofer sich heuer vor allem Hoffnung auf den Blauen Pöppel machen kann und sich auch Chancen auf den Deutschen Kinderspiele Preis ausrechnet, hätte vor einem Jahr wahrscheinlich niemand vorausgesagt.
Zu verdanken haben es die Münchner einem Ableger eines Kennerspiels. Marco Teubner, der schon den bisher einzigen Ausflug von Hans im Glück im Kinderspielsektor betreut hat, widmet sich nun nach DIE KINDER VON CARCASSONNE (2009) mit STONE AGE JUNIOR einem Schwergewicht des Verlages.
Verlag und Autor ist dabei ein kleines Kunststück gelungen, Rohstofferwerb und Hüttenbau halten die Erinnerung an das große Steinzeit-Vorbild wach. Gleichzeitig gelingt die kindgerechte Umsetzung durch das zentralen MEMO-Motiv und durch fantastisches Spielmaterial.
Teubners Zeitreise führt uns kindgerecht in die Welt der Jäger und Sammler. Steinzeitkinder sammeln auf einem Rundweg Mammutzähne, Tonkrüge, Pfeilspitzen, Fische und Waldbeeren. Sie verfolgen dabei nur ein Ziel, möglichst schnell Hütten zu bauen, die sie drei unterschiedliche oder zwei identische Waren kosten. Sie werden dabei unterstützt durch die beiden Dorfhunde, die jede Ware ersetzen, und durch Tauschhandel, der hilfreich ist, wenn bestimmte Waren zum Hüttenbau fehlen. Die Spielplanfelder können mit Hilfe von 14 verdeckten Waldplättchen angesteuert werden. Einige Plättchen zeigen Würfelaugen, alle anderen entsprechen exakt einem Spielplanfeld. Wer eine Würfelzahl aufdeckt, wandert die entsprechenden Würfelpunkte voran, wer ein Bild entdeckt, springt zum passenden Feld auf dem Spielplan. Wichtig sind vor allem die Hundehütte für den Erwerb der Jokerkarte und das zentrale Hüttenfeld, denn nur dort darf gebaut werden. Aufgedeckte Plättchen bleiben solange offen liegen, bis eines der Kinder zum Bauplatz kommt. Danach werden die Plättchen zugedeckt, zwei sogar vertauscht. Ab diesen Zeitpunkt wird STONE AGE JUNIOR zum MEMO-Spiel. Wer sich die Lage der Hundehütte gemerkt hat, springt dorthin, um ein Jokerplättchen zu bekommen. Ist keines mehr auf dem Spielplan, dürfen sogar die Mitspieler bestohlen werden. Wer hier die beste Übersicht behält und als erster drei Hütten an seiner Feuerstelle errichtet, gewinnt nach rund zwanzig Minuten die kleine Zeitreise in die Steinzeit.
Ein starkes Spiel für die ganze Familie, das schon mit Kindern ab fünf Jahren vorzüglich funktioniert. Jüngere sammeln zwar eher zufällig und weniger taktisch, haben dafür aber viel Spaß an der Geschichte und an dem tollen Spielmaterial. Ältere Kinder rangeln schon ganz gezielt um Jokerplättchen und springen gezielt zu benötigten Rohstofffeldern. Für die Jury „Spiel des Jahres“ ist STONE AGE JUNIOR „ein anspruchsvolles ‚Kennerspiel‘ für Kinder, das Planung und ein gutes Gedächtnis erfordert: Wer sich auf die taktischen Herausforderungen einlässt, wird mit einem reichhaltigen Spielerlebnis belohnt.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: STONE AGE JUNIOR
Autor: Marco Teubner
Verlag: Hans im Glück
Alter: ab 5 Jahren
Spielerzahl: 2-4 Spieler
Spielzeit: 15 - 30 Min.
Preis: ca. 28 Euro
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