Donnerstag, 14. Oktober 2021
MUSKETIER IM AUFTRAG DER KÖNIGIN
Da waren es nur noch drei: MUSKETIER IM AUFTRAG DER KÖNIGIN
Franz Josef Lamminger war meines Wissens der letzte Autor, der sich 1991 in einem der letzten Hexagames-Spiele mit dem Thema der vier Musketiere im Dienste von König Ludwig XIII. spielerisch beschäftigt hat. Lammingers Spiel war eine der ersten Veröffentlichungen aus dem damals noch jungen Autorenwettbewerb des Hippodice Spieleclubs. Er setzte vor 16 Jahren das oft verfilmte Thema der Musketiere um den Edelmann D’Artagnan, der mit Athos, Porthos und Aramis die Ehre seiner Königin Anna gegen den intriganten Kardinal Richelieu verteidigt, in einem Kartenspiel um, in dem alle Spieler mit ihren Musketierkarten Kardinalskarten gemeinsam bekämpfen mussten, wobei es im Siegfall individuelle Belohnung und im Fall der Niederlage individuelle Bestrafung gab. Das Thema war pfiffig umgesetzt und mit einem interessanten Wertungsmechanismus verbunden.
Seit der letzten Spiel in Essen gibt es wieder ein Kartenspiel um D’Artagnan und Co. Der Oldenburger Verlagsbesitzer und Buchhändler Florian Isensee, der im Jahr davor mit einer abenteuerlichen EXPEDITION ZU DEN MAYASTÄTTEN sein Debüt als Autor feierte, widmet sich mit seiner zweiten Veröffentlichung dem Thema unter dem Titel MUSKETIER IM AUFTRAG DER KÖNIGIN. Seine spielerische Umsetzung ist komplexer als die Lammingers, damit aber näher an der Buchvorlage von Gatien de Courtilz de Sandras, des Autors von D'Artagnans Erinnerungen.
Es müssen nicht vier Musketiere sein, die gegen den Kardinal antreten, zwei und drei reichen auch aus. Das Spiel macht aber in voller Besetzung am meisten Spaß. Die Spieler machen sich zur Ehrenrettung Königin Annas auf die Reise von Paris nach London, da die Bedrohung durch die Leibgarde Richelieus nur in Frankreich besteht, muss ein Musketier bis Calais durchhalten, um sich auf ein Schiff nach England retten zu können. Isensee konzipiert das spielerische Duell atmosphärisch dicht als Ausscheidungskampf, aus dem ein Musketier als Sieger hervorgeht.
Die Strecke von Paris nach Calais symbolisieren im Spiel acht Wegekarten, von denen je nach Spielerzahl fünf bis sieben ins Spiel kommen. Die Wegekarten stellen die Spielrunden dar und enthalten wichtige Vorgaben für die Bewältigung der jeweiligen Abenteuer. Dazu benötigen die Spieler Aktionskarten mit verschiedenen Symbolen, die Leibgarde des Kardinals kann nämlich nur zu Pferde, mit Degen oder Musketen bekämpft werden. Bei allem geht es natürlich um Ruhm und Ehre, deshalb spielen Ruhmkarten auch noch eine ganz besondere Rolle.
In der ersten Spielphase müssen die Spieler vier Wegekarten bewältigen. Sie starten, ausgestattet mit drei Aktionskarten mit je zwei Musketen, Degen und Pferden, zusätzlich zieht jeder vom Stapel der Ruhmkarten eine Karte, die ihm ein bis drei Ruhmpunkte bringt. Die Spielrunde startet mit dem Aufdecken der ersten Wegekarte, die verschiedene Aktionsmöglichkeiten vorgibt. Abhängig von der Karte dürfen die Spieler zwischen zwei bis vier Tauschaktionen wählen, um ihre Kartenhand zu verbessern. Wer zum Beispiel zwei Pferdepunkte abgibt, darf sechs Degenpunkte nehmen.
Die Zahl der zur Verfügung stehenden Aktionskarten ist allerdings beschränkt, so dass bestimmte lukrative Tauschaktionen nicht von allen Spielern durchgeführt werden können. Nach dieser Phase spielen die Spieler ihre Ruhmkarten aus, wobei keine Verpflichtung dazu besteht, es darf auch mit Aktionskarten geblufft werden. Das Messen um Ruhm und Ehre entscheidet, wer in der nächsten Phase gegen die Leibgarde des Kardinals zu kämpfen hat. Der Spieler, der am wenigsten Ruhm investiert, muss in den Kampf ziehen. Dazu wird vom Stapel der zwölf Kardinalskarten eine aufgedeckt und muss entsprechend des dort abgebildeten Symbols mit drei oder zwei Aktionspunkten bekämpft werden. Wer keine passenden Aktionskarten besitzt, muss teuer andere im Verhältnis zwei zu eins tauschen, um diesen Kampf zu bestehen. Schafft er es nicht, scheidet er aus dem Spiel aus, was in den ersten vier Runden eher selten passiert. Für einen Sieg gibt es eine Ruhm- und die Startspielerkarte, die einen ersten Zugriff auf die Tauschaktionen ermöglicht.
Dieser Spielablauf charakterisiert die ersten vier Runden, bei den dann folgenden Wegekarten geht es härter zu. In jeder jetzt folgenden Spielrunde scheidet genau ein Spieler auf dem weiteren Weg nach Calais aus. Der Phasenablauf bleibt erst einmal identisch, allerdings wird nach dem Bekämpfen der Leibgarde eine zweite Kardinalskarte aufgedeckt, gegen die nun alle restlichen Spieler antreten müssen. In ein bis drei Bietrunden wird ermittelt, wer am wenigsten zur Bekämpfung dieses Leibgardenüberfalls beitragen kann. Dieser Spieler bleibt auf der Strecke. Der Rest macht sich an die Absolvierung des nächsten Abenteuers auf dem Weg nach Calais, bis schließlich nur noch ein tapferer Musketier im Spiel ist.
In einer halben Stunde lässt sich dieses von Isensee interessant konzipierte Spielabenteuer bewältigen. Natürlich ist es, wie fast alle Kartenspiele, glücksabhängig. Die Ausgangslage scheint erst einmal für alle gleich, aber schon beim Ziehen der Ruhmkarte kann man Glück oder Pech haben. Das gilt auch für die zu bekämpfende Kardinalskarte. Wer seine beiden Pferde gerade gegen sechs Degen eingetauscht hat und nun plötzlich wieder Pferde im Kampf gegen die Leibgarde Richelieus benötigt, ist beim Spiel zu viert seinen gesamten Tauscheinsatz los, weil er die sechs Degen im Rücktausch gegen Pferde alle verliert. Wer so startet, ist aber bei weitem noch nicht verloren. Die Ruhmkarte, die es dafür gibt, der Vorteil, als letzter gekämpft zu haben, lässt es zu, dass zumindest die nächsten beiden Runden sicher überstanden werden, in denen kräftig Aktionskarten gesammelt werden können. In der Zwischenzeit verlieren die Mitspieler auch Karten, so dass man durchaus noch Chancen für die letzten Ausscheidungsphasen besitzt. Das Abwägen der Tauschrelationen, das Einbeziehen der meist weniger attraktiven Ruhmkarten, die andererseits den Kampf gegen die Leibgarde verhindern und das aufrüstende Sammeln für die entscheidenden Schlussrunden, in denen kräftig gepokert wird, machen Isensees MUSKETIER zu einem spannenden Spiel.
Dabei tragen, wie schon in seinem ersten Spiel, alte Buchgrafiken, die für die unterschiedlichen Illustrationen der Karten verwendet werden, gelungen zur Spielatmosphäre bei. Verpackt in einer dünnen Faltschachtel ist das Spiel für 6,50 Euro (auf der Spiel in Essen kostete das Kartenspiel sogar nur 4 Euro) preisgünstig direkt beim Autor zu beziehen. Das Niveau des ersten Spiels hat Florian Isensee mindestens gehalten. Man darf gespannt sein, wie es mit seinen spielerischen Ausflügen in die Geschichte weiter geht. Der Stand in Essen 2007 soll schon gebucht sein.
Titel: MUSKETIER IM AUFTRAG DER KÖNIGIN
Autor: Florian Isensee
Verlag: Isensee-Verlag
Spieler: 2 bis 4
Alter: ab 10 Jahre
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 6 Euro
Spiel 13/2007 1996 R179/2021
Die Rezension erschien 2007 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Seit 1995 ist der Oldenburger Buchhändler und Verleger, seit 2005 verlegt er auch eigene Spiele. Seine EXPEDITION ins Reich der Spiele bestand anfangs ausschließlich aus Kartenspielen, Ausflüge in die Geschichte, die zu den Mayas, nach Frankreich (MUSKETIER), Ägypten (RAMSES), Rom (HÄNDLER AUF DEM FORUM ROMANUM) und Kreta (LABYRINTH DES MINOTAURUS) führten.
Mit RAMSES und den HÄNDLERN verließ Isensee schon das Genre eher klassischer Kartenspiele, arbeitete aber noch kartenbasiert. In dem 2009 erschienenen dreiteiligen Abenteuer um MINOTAURUS ging es im Prinzip nur noch um Elemente des Kartenerwerbs zum Ausbau eines Labyrinths. 2010 lag mit GESCHENKE FÜR DEN RADSCHA in einer großen Schachtel, die als Umverpackung für das gesamt Œuvre Isensees dienen konnte, ein außergewöhnliches Wüstenabenteuer mit einem ungewöhnlichen Bewegungsmechanismus vor, das schon am Samstag auf der Messe ausverkauft war.
2011 erschien mit AKTIENRAUSCH das letzte Spiel, das aus der historischen Reihe herausfiel, aber extrem viel Aufmerksamkeit erregte. „Das hat mich damals total überrascht, dass sich erstmals TV-Stationen für eins meiner Spiele interessierten. Die Medienresonanz war unglaublich.“
Noch größer war die Resonanz 2019 zu einem Wahlspiel in den USA, das sich den damaligen Präsidenten vorknöpfte: FROM IDIOT TO PRESIDENT. Eine Teamarbeit mit Philipp Grasl, Daniel Sip, Mark Schütte und Thorben Schwitalla, für die die Freunde mit Haarenwerk einen eigenen Verlag gründeten. Produziert wurde nun auch nicht mehr im Isensee Verlag, sondern bei LudoFact mit einer Initialfinanzierung über Kickstarter. Das Medienecho auf das Spiel war beachtlich, wichtiger war für das Verlagsteam aber das große internationale Interesse.
Mit nur 11 Ratings wird das MUSKETIER-Spiel im Augenblick (01.10.21) auf BGG nur mit 4,5 bewertet.
Das Foto zeigt Florian Isensee mit allen seinen Spielen 2020.
Mittwoch, 13. Oktober 2021
MANIMALS
MANIMALS: Können Schimpansen schwimmen?
Wie gut kennen Sie sich mit dem Pan troglodytes (Vgl. www.tierenzyklopaedie.de/tiere/schimpan.html) aus, seines Zeichens Gemeiner Schimpanse? Kann dieses Tier, das wie unsere direkten Vorfahren Werkzeuge benutzt, schwimmen? Sie wissen es nicht? Dann hilft Ihnen MANIMALS weiter, ein neues Kartenspiel von Bernhard Naegele, im Verlag Adlung-Spiele erschienen.
Einmal mehr gelingt es dem Verleger Karsten Adlung und seinen Autoren äußerst preiswert eine tolle Spielidee mit 60 Spielkarten eindrucksvoll umzusetzen. Auf der Vorderseite dieser Karten finden zwei bis sechs Kinder ab sechs Jahren 60 Tierabbildungen: Da ist der Vater von Deutschlands neuem Liebling Knut zu sehen, aber auch kleines Getier wie die Waldameise, der Marienkäfer und die Stubenfliege. Ungefähr vierzig Tierkarten liegen offen aus, eine davon wird umgedreht und fungiert damit als Suchkarte. Auf der Kartenrückseite informieren viele kleine Piktogramme über die Eigenschaften des abgebildeten Tieres. 37 Klassifizierungen hat sich Naegele insgesamt ausgedacht und nach solider Recherchearbeit den ausgesuchten Tieren zugeordnet. Neben den vielen Detailinformationen enthält die Kartenrückseite noch ein großes Piktogramm, das die erste Suchaufgabe vorgibt. Alle Spieler suchen gleichzeitig nach Tieren, auf die die angezeigte Eigenschaft zutreffen könnte. Passende Karten werden mit einer Hand ergriffen, gesammelt werden müssen sie in der anderen Hand. Wenn niemand mehr Karten aufnimmt, kommt die Überprüfung. Der oder die Spieler mit den meisten korrekt gesammelten Tierkarten, erhalten zwei Karten zur Belohnung, für die zweite Position gibt es eine Karte. Nachdem drei Karten nachgelegt wurden, geht es in die nächste Runde. Die Tiersuche endet nach sieben Runden, Spielsieger ist derjenige, der die meisten Siegkarten sammeln konnte. Neben diesem Grundspiel bietet Naegele noch weitere Varianten an, zum Beispiel ein wenig hektischeres Spiel, in dem reihum immer eine Karte aufgenommen wird.
Kinder benötigen anfangs noch die helfende Unterstützung bei der Erklärung der Piktogramme, aber nach wenigen Runden stellen sie sich immer wieder gern der schnellen, spannenden und lehrreichen Tiersuche in MANIMALS. Das Spiel hält manche Überraschung bereit, so lernen auch mitspielende Erwachsene dazu. Oder wussten Sie schon, dass Seepferdchen zu den fleischfressenden Tieren gehören oder der Riffhai zu den bedrohten Tierarten? Nur wer um die Ecke denkt, kommt darauf, dass Tagpfauenaugen Winterschlaf halten. Und wie steht es um unsere Schimpansen? Können sie schwimmen? Schweine schwimmen, auch Maulwürfe und sogar Zwergfledermäuse, aber Schimpansen leider nicht.
Titel: MANIMALS
Verlag: Adlung Spiele
Autor: Bernhard Naegele
Illustration: Peter Braun
Spieleranzahl: 2 – 6
Alter: ab 6 Jahre
Dauer: ca. 15 Min.
Preis: ca. 7 €
Spiel 12/2007 1996 R178/2021
Die Rezension erschien 2007 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und den Autoren:
Bernhard Naegele hat ausschließlich Spiele für Adlung Spiele veröffentlicht. Er arbeitet als Projekt Manager bei Bosch Thermotechnik, für Adlung übernimmt er auch redaktionelle Arbeiten.
Naegeles erste Spiele waren 1998 DOTS und TITANIC. Erstmals ausgezeichnet wurde er 2004 für VIELE DINGE (Empfehlungsliste der Jury Spiel des Jahres. Am erfolgreichsten ist aber sein MAMIMALS, das 2007 ebenfalls auf der Empfehlungsliste der Jury landete und 2010 in der Fassung für Australien & Neuseeland zum Spiele Hit für Familien in Österreich gekürt wurde. Neben geographischen Fassungen gibt es viele MANIMALS-Ausgaben für zoologische Gärten, so den Zoo in Leipzig, den Stuttgarter und den Münchner Zoo, aber auch für den Serengeti Park in Hodenhagen.
MANIMALS ist mit einer Wertung von 6,4 im Augenblick auf Rang 132 bei den Kinderspielen auf BGG gelistet (Stand 01.10.21).
Dienstag, 12. Oktober 2021
LOS MAMPFOS
Spiel um Abfall findet Beifall: LOS MAMPFOS
Nominabel für das Kinderspiel des Jahres waren 2006 sicherlich sogar noch mehr als fünf Spiele. Insgesamt kann für den Kinderspielbereich ein weiterer Qualitätsanstieg festgestellt werden. Zusätzlich bekommen Haba & Co. immer mehr Konkurrenz. Neue Verlage wie Coppenrath (MIT FELIX UM DIE WELT) und HaPe (DOMORINO) machen mit zum Teil beachtlichen Produkten auf sich aufmerksam. Der Münchner Zoch-Verlag, der immer mal wieder zwischen Kinder- und Familienspielen schwankt, hat sich nach dem letztjährigem Erfolg mit NIAGARA 2006 ganz auf Kinderspiele konzentriert und überzeugt mit drei herausragenden Spielideen. DOKTOR SCHLÜSSELBART und RAMBA SAMBA fanden ihren Platz auf der Empfehlungsliste der Jury, zusätzlich besaß LOS MAMPFOS sogar gute Chancen auf den Titel. Drei Spiele, drei erfolgreiche Auszeichnungen, das ist schon eine einmalige Leistung eines Verlages.
Der Münchner Zoch-Verlag ist schon immer freizügig mit Tierexkrementen umgegangen. Mit der HÜHNERKACKE war er 1998 erfolgreich, diesmal geht es um die Verdauungsprodukte von Eseln. Augenzwinkernd haben Maja und Rüdiger Dorn mit LOS MAMPFOS ein tolles MEMO-Spiel rund um ein Eselstrio und schnell verdauliche Hafertaler entwickelt. Die drei Holzesel wandern kartengesteuert auf einem kreisförmigen Trampelpfad. Die Aktionskarten geben nicht nur die Zugweite der Esel vor, sondern zeigen meist auch die Futterrationen an. Diese Holzfiguren haben es wahrlich in sich, sie können nämlich mit verschiedenfarbigen Holztalern „gefüttert“ werden. Von Zeit zu Zeit wandern sie nicht weiter, sondern hinterlassen ein Häufchen. Beim Kötteln wird LOS MAMPFOS spannend, manchmal sogar hinterfotzig. Jeder der zwei bis fünf Spieler ist nun gefragt, was dieser Esel, der seinen Schwanz heben wird, so von sich gibt. Geheim stellen die Spieler auf einer Drehscheibe die Farbe ein, von der sie Hafertaler erwarten. Kinder lernen dabei schnell, dass nicht immer die offensichtlich überwiegend herauskommende Farbe eingestellt werden sollte, denn sie wird unter allen, die die Markierung darauf gesetzt haben, geteilt, sondern dass es Sinn machen kann, die zweite oder dritte Farbe, die sich vielleicht noch im Bauch des Esels befindet, allein abzukassieren. Wer auf diese Weise nach 40 Aktionskarten und einer Schlusswertung die meisten Hafertaler sammeln konnte, gewinnt nach meist 20 Minuten das vergnügliche Köttel-MEMO.
Der Zoch-Verlag hat LOS MAMPFOS hervorragend umgesetzt. Das witzige Cover von Gabriela Silveira stimmt sehr gut auf das Spiel ein. Die Holzesel sind für den schnellen Verdauungsgang gut konstruiert. Die Spieler müssen allerdings darauf achten, dass sie die durch Buchstaben vorgegebene Reihenfolge der Aktionskarten auch wirklich einhalten, es kann sonst zu Eseln mit Völlegefühl kommen. LOS MAMPFOS besitzt alle Vorzüge eines herausragenden Familienspiels, der MEMO-Anteil schafft gleichberechtigte Spielbedingungen für Kinder und Erwachsene. Für alle ist der Spielspaß groß und der Wiederspielreiz enorm. Kinder ab fünf Jahren (Verlagsangabe 6 Jahre) kommen schon gut klar mit den Häufchen machenden Eseln.
Titel: LOS MAMPFOS
Autor: Rüdiger und Maja Dorn
Verlag: Zoch
Grafik: Gabriela Silveira
Spieler: 2- 4
Alter: ab 5 Jahren
Spieldauer: ca. 15 Minuten
Spiel 34/2006 1996 R177/2021
Die Rezension erschien 2007 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und den Autoren:
Rüdiger Dorn feiert bald sein 30jähriges Jubiläum als Spieleautor, er gehört zu den erfolgreichsten deutschen Spieleautoren. Sein erstes Spiel CAMEO erschien 1992 bei Haba, es folgten EX & HOPP (F.X. Schmid, 1996), DER KLEINE RIESE KASIMIR (Goldsieber, 1998) und DER SCHATZ DER ERDGEISTER (Piatnik, 1998).
Die ersten Erfolge stellten sich dann mit Alea für DIE HÄNDLER VON GENUA (2001) und mit LOUIS XIV. ein. Das zweite Spiel gewann 2005 den Deutschen Spielepreis. Es folgten viele Nominierungen zum Spiel des Jahres u.a. für das geniale JAMBO (Kosmos, 2005) und DIE BAUMEISTER VON ARKADIA. (Ravensburger, 2007). ISTANBUL (Pegasus) wurde dann 2014 zum Kennerspiel des Jahres gekürt. Von dieser Preisverleihung stammt das Bild.
Die Kooperation mit seiner Gattin Maja Dorn für LOS MAMPFOs brachte beiden eine Nominierung zum Kinderspiel des Jahres 2006 ein. Maja Dorn hat später mit Tochter Amelie noch MONSTER MEISTER (Zoch 2018) veröffentlicht.
Freitag, 8. Oktober 2021
HART AN DER GRENZE
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Brasilianischer Bluff: HART AN DER GRENZE
Für uns Europäer gehören Grenzerfahrungen wie sie die brasilianischen Spieleautoren André Zatz und Sergio Halaban in dem Kosmos-Spiel HART AN DER GRENZE spielerisch anbieten fast der Vergangenheit an. Für die Nachwendegeneration, die die alten Ostblockgrenzschikanen nicht erlebt hat, sind es schon grenzwärtige Erlebnisse, wenn ein Zollbeamter den Koffer öffnen lässt. Auch wenn sich kein zusätzlicher Alkohol, weitere Zigarettenstangen oder antikes Strandgut im Gepäck befinden, ein ungutes Gefühl bleibt, wenn die schmutzigen Handtücher, die verknitterten Hemden und die Unterwäsche der letzten 14 Tage durchwühlt werden.
Wer das Kribbeln im Bauch spüren möchte, wer keine Chuzpe bei Bestechungsversuchen besitzt, wer gerne blufft, für den könnte HART AN DER GRENZE eine reizvolle Herausforderung sein. Freude kommt schon beim Spielmaterial auf, in sechs handlichen Metallköfferchen führen die Spieler erlaubtes und unerlaubtes Gut über die Grenze. Neben den eher traditionellen Leder- und Karokoffern, passiert auch ein CATAN-Koffer die Grenze, wer seine CATAN-Sammlung nicht unvollständig lassen möchte, kommt daher an HART AN DER GRENZE nicht vorbei.
Jeder startet mit seinem Metallkoffer, etwas Geld, fünf Warenkarten, einem Spielstein "Beschlagnahme" und bei fünf oder sechs Spielern noch einem weiteren zur „Zusatzkontrolle". Der ehrlichste Spieler darf als Grenz-Sheriff der erste Kontrolleur sein. Sobald jeder Spieler einmal diese Rolle übernommen hat, endet eine Spielrunde, nach insgesamt drei Runden schließt meist nach etwa einer Stunde das Spiel.
Neben den drei legalen Waren Krüge, Maracas und Sombreros gibt es ebenso viele illegale Schmuggelwaren, nämlich feinste Zigarren, hochprozentigen Tequila und aztekische Statuen. Rund zwei Drittel der Karten sind legal, sie bringen beim Verkauf mit zwei bis vier Dollar keine allzu großen Einnahmen, anders sieht es bei den illegalen Waren aus, die immerhin sieben bis zwölf Dollar einbringen. Die Spieler sind daher erst einmal abhängig von der Kartenzuteilung. Dabei wird man sogar zum Schmuggler, wenn nur legale Waren ausgeführt werden. Das liegt daran, dass man bei der Zollkontrolle nur eine legale Ware deklarieren darf.
Von den fünf Warenkarten legt jeder Spieler beliebig viele in seinen Koffer, um dem kontrollierenden Sheriff dann treuherzig mitzuteilen, dass sich nun garantiert nur zwei ganz legal ausführbare Sombreros dort befänden. Eine solche Aussage verlangt der Grenzbeamte von allen Kofferträgern, um dann zu entscheiden, welchem dieser Halunken er am meisten misstrauen sollte. Nur einen Koffer darf er öffnen, allerdings einmal im Spiel einen zweiten vollständig beschlagnahmen oder beim Spiel zu fünft und zu sechst einmal einen weiteren kontrollieren. Wenn der Sheriff Pech hat, gerät er an einen ehrlichen Zeitgenossen, den es aber bei HART AN DER GRENZE nur selten gibt. Ehrlichkeit wird belohnt und bringt immerhin geringfügige Entschädigungszahlungen, die nicht der Kontrolleur leisten muss, sondern aus der Spielkasse beglichen werden. Wer nur auf Ehrlichkeit setzt, wird das Spiel aber nicht gewinnen können. Deshalb darf der Sheriff recht sicher sein, dass er mit dem Fingerzeig auf den zu öffnenden Koffer meist ein paar Dollar angeboten bekommt. Sowohl er als auch der Kontrollierte wissen, dass das die einzige Einnahmequelle für den Sheriff in diesem Spielzug sein wird. Daher entwickelt sich stets ein abwägendes Pokerspiel zwischen den beiden Kontrahenten. Falls keine Einigung erfolgt, wird jede nicht deklarierte Ware eingezogen und es muss Strafzoll bezahlt werden, der bei Statuen immerhin acht Dollar beträgt.
Sobald jeder einmal Sheriff war, endet die erste von den drei Spielrunden. Alle Waren dürfen nun zum offiziellen Preis verkauft werden, wobei bis zu drei Warenkarten unter dem Koffer gebunkert werden dürfen, um sie eventuell am Spielende für den doppelten Preis verkaufen zu können. Die Bonuszahlungen am Ende erfolgen nur in begrenzter Anzahl. Abhängig von der Spielerzahl dürfen zum Beispiel nur zwei bis vier Statuen für je 24 Dollar verkauft werden. Den Zuschlag erhalten die Spieler, die die meisten Waren besitzen, sobald die Verkaufszahl erreicht ist, gehen die restlichen Spieler leer aus. Wer nach diesem Schlussverkauf das meiste Geld hat, gewinnt Hart an der Grenze.
Das Schmuggelspiel ist schnell erklärt, große Zugangsschwierigkeiten treten nicht auf, der Aufforderungscharakter durch die Metallkoffer ist hoch. Angetan von HART AN DER GRENZE sind Spieler, die das verbale Duell, das Rollenspiel mögen, die können schummelnd und feilschend zu Höchstform auflaufen. In solchen Runden ist das Kofferpacken aus Brasilien ein Hochgenuss. Großen Tiefgang darf man allerdings nicht erwarten. Kritik muss man, bei aller Spielfreude, allerdings am Kartenhandling üben. So schön die Metallkoffer sind, so umständlich lassen sich die Warenkarten aus ihnen herauspulen. Insgesamt müssen die Spieler auf eine gute Kartenlogistik achten, sonst kommen sie schnell durcheinander. Da hat man die Handkarten, dann die Karten, die zum Schmuggeln anstehen, außerdem Warenkarten, die den Zoll schon passiert haben und noch die Karten unter dem Koffer für die Schlussrunde. Da heißt es aufpassen. Aber das gilt ja für das ganze Spiel, damit der treue Augenschlag und das überzeugend vorgetragene: „Ich habe nichts zu verzollen, im Koffer sind nur Tonkrüge!“ vom Zöllner auch akzeptiert wird.
Titel: HART AN DER GRENZE
Verlag: Kosmos
Autor: André Zatz, Sergio Halaban
Graphik: Michael Menzel
Spieleranzahl: 3-6
Alter: ab 10 Jahre
Dauer: 45-70 Min.
Preis: ca. 30 Euro
Spiel 33/2006 1996 R175/2021
Die Rezension erschien 2006 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zu den Autoren:
André Zatz und Sergio Halaban dürften die erfolgreichsten brasilianischen Spieleautoren sein. Mit über 40 Veröffentlichungen, viele gemeinsam, stehen sie sehr ordentlich da.
Mit dem Wahlspiel CORRIDA PRESIDENCIAL starteten sie ihre Autorenkarriere 1998 gemeinsam. HART AN DER GRENZE landete auf der Empfehlungsliste der Jury Spiel des Jahres 2006, das Nachfolgerspiel SHERIFF OF NOTTINGHAM bekam zwischen 2014 und 2016 ganz viele Auszeichnungen.
Dienstag, 5. Oktober 2021
FEUERBERG
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Faszinierender FEUERBERG
Nach dem Hype, den letztes Jahr NACHT DER MAGIER entfacht hat, lohnt ein Blick auf das Umfeld der Dunkelspiele. Ein immer noch anhaltendes Abenteuer für Kinder ist das spannende WALDSCHATTENSPIEL von Walter Kraul, das der ehemalige Waldorflehrer Kraul seit 1985 im Eigenverlag anbietet. Spiele mit den Elementen Erde, Wasser, Luft und Feuer für Kinder wollte Kraul in seinem Verlag anbieten. Am Anfang schien es ihm fast unmöglich, das Feuer als Kraftquelle für Spielzeug zu nutzen, doch dann hatte er die Idee zu einem Spiel mit Licht und Schatten, in dem die Spieler in die Schattenwelt eintauchen oder das Licht suchen. Im WALDSCHATTENSPIEL spielt ein Teelicht die entscheidende Rolle. Zehn unterschiedlich große Holztannen werden auf dem Spielbrett verteilt. Auf der einen Seite startet ein „Lichtführer“, ein Spieler, der mit einem Schieber das Teelicht im Wald bewegt, auf der anderen Seite verstecken sich bis zu sieben kleine lichtscheue Zwerge im Schatten der Bäume. Sind die Vorbereitungen getroffen, gilt: Licht aus! Der Wald in Krauls Spiel wirft gespenstische Schatten. Im Schutz der Baumschatten huschen die Zwerge hin und her und versuchen, sich alle unter einem Baum zu treffen; das Licht versucht alle Zwerge zu bannen. Fällt während der ausgewürfelten Bewegung des Teelichts der Lichtstrahl auf einen Zwerg, ist dieser verzaubert und darf erst wieder bewegt werden, wenn ein anderer Zwerg es schafft, ihn zu erreichen. Sein Spiel ist erkennbar Produkt der frühen kooperativen Ideen der 80er Jahre. Die Regeln sind aber offen gehalten und lassen Varianten zu.
Seit fünf Jahren hat Kraul ein weiteres Dunkelspiel in seinem Programm, das bisher von der Spielekritik überhaupt nicht entdeckt wurde: Sabine Erdmanns FEUERBERG. Nicht nur Erdmanns Spielidee ist ungewöhnlich, auch das Spielmaterial, ein sechseckiger Keramikteller, in dessen Zentrum eine Erhebung den vulkanischen FEUERBERG repräsentiert. Ein Teelicht thront in diesem Berg. In den sechs Ecken kann man sich durch leichte Wölbungen angedeutet steinzeitliche Höhlen vorstellen, die im Dunkeln liegen. Bis zu sechs Spieler treten den Kampf um das Feuer an. Die Vulkanlandschaft ist überzogen durch ein wabenförmiges Netz mit Verbindungslinien und Kreuzungspunkten. Die Spieler können so eine Zündleitung von ihrer Höhle zum Vulkan bauen, dazu „knobeln“ sie um die Feuerleitungsstücke. Geknobelt wird mit Würfeln, das Ergebnis kann daher nicht beeinflusst werden. Jeweils zwei Würfelseiten sind den Ereignissen Steinschlag, Sturm und Wasser zugeordnet, wobei drei Würfelseiten zusätzlich noch eine Flamme zeigen. Im klassischen Stein-Schere-Papier-Prinzip, schlägt das Wasser den Stein, siegt der Sturm über das Wasser und gewinnt der Stein gegenüber dem Sturm. Der Sieger des Würfelduells erhält ein kleines Stück Zündschnur, das an die ersten drei Teile angebaut werden kann, das die Spieler zum Start erhalten. Die Teile dürfen auch frei platziert werden und, was am Ende spannend werden kann, man darf auch versuchen, Verbindungen zu den Nachbarleitungen zu legen. Für jede gewürfelte Flamme gibt es im Übrigen auch ein Leitungsteil. Der Würfelkampf beschert von Zeit zu Zeit Pattsituationen, die eine besondere Rolle beim FEUERBERG spielen. Die Stein-Stein-Kombination beschert einen Erdrutsch, der zur Folge hat, dass Steine (im Spiel Kugeln) auf Kreuzungen gelegt werden, die den Weg zum FEUERBERG verlängern. Bei Wasser-Wasser werden Leitungsteile weggeschwemmt und tauchen an anderer Stelle wieder auf, ärgerlich ist auch die Sturm-Kombi, bei der Endteile in eine andere Richtung gelenkt werden. Geschützt sind die Spieler, wenn sie in der Pattsituation auf ihrer Würfelseite eine Flamme haben. Damit die Feuerleitung gut verlegt werden kann, liegt eine Pinzette dem Spiel bei. Sobald ein Spieler seine Leitung fertig gestellt hat, wird der Raum verdunkelt und die Leitung am vulkanischen Teelicht angezündet. Die Lunte brennt und bewegt sich in Richtung Höhle, hat ein Mitspieler angedockt, kommt es zum Wettlauf zweier Flammenstränge. In der Höhle selbst steckt ein Streichholz, das am Ende brennen muss.
Der FEUERBERG ist ein außergewöhnliches Spiel, dessen Spielmaterial zur ganz besonderen Spielatmosphäre beiträgt. Spielerisch ist das recht glücksabhängige Würfelduell zwar nicht gerade ein leuchtendes Beispiel kreativer Spielideen, das macht aber nichts, da Kinder auf das Ende fixiert sind und der Flammenstafette entgegenfiebern. Da stört es auch nicht, dass die Farbwürfelseiten schlecht zu unterscheiden sind, Hauptsache die Lunte brennt irgendwann und bewegt sich langsam kriechend auf eine Höhle zu. Wenn sie zum Schluss beim Streichholzkopf angelangt ist und der entflammt, dann fühlt man sich tatsächlich fast in eine steinzeitliche Höhle versetzt und kann sich die große Bedeutung des Feuers für die Menschheitsentwicklung vorstellen. Wer seinen Kindern ein ganz besonderes Geburtstagserlebnis verschaffen möchte, wer ungewöhnliche Spiele schätzt, wer seine Teelichter in besonderer Form präsentieren möchte, der kommt an dem Wohnzimmerschmuck von Sabine Erdmann nicht vorbei. Die Keramiklandschaft ist zwar nicht billig, aber allemal ihren Preis wert.
Titel: FEUERBERG
Verlag: Walter Kraul GmbH
Autorin: Sabine Erdmann
Spieleranzahl: 2 - 6
Alter: ab 8 Jahren
Dauer: ca. 15 bis 30 Min.
Preis: ca. 120 Euro
Spiel 07/2007 R172/2021
Die Rezension erschien 2007 unter
www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 8 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zur Autorin:
Zu Sabine Erdmann konnte ich nur den Eintrag für das Spiel FEUERBERG finden. FEUERBERG ist im Gegensatz zum WALDSCHATTENSPIEL im Augenblick nicht verfügbar, was sicherlich an der teuer zu produzierenden Porzellanschale liegt.
Bei BGG ist es verzeichnet, bei Luding musste ich erst einen Eintrag vornehmen. Die beiden Wertungen (4 und 7) sagen letztlich nichts aus.
Samstag, 2. Oktober 2021
FRÖSCHIS
FRÖSCHIS
Einen treueren Autoren als den 71jährigen Israeli Haim Shafir besitzt die Firma Amigo nicht. Shamir veröffentlicht alle seine Spiele für den deutschen Markt seit inzwischen 30 Jahren ausschließlich bei der Firma aus Dietzenbach. Das mag auch daran liegen, dass das erste Spiel TUTTI FRUTTI als HALLI GALLI ein Welterfolg wurde.
Amigo schuf extra dafür ein eigenes Gütesiegel, das auf Spielen des israelischen Autors prangt: „Vom Erfinder von HALLI GALLI“. Das Logo von Spiel des Jahres für Auszeichnungen auf der Empfehlungsliste Kinderspiel kam für COCOTAKI, KLACK!, KUDDELMUDDEL, SCHAU MAL! WAS IST ANDERS? und SPEED CUPS dazu.
Das kleine Kartenspiel FRÖSCHIS besitzt gute Anlagen in die Fußstapfen der ausgezeichneten Spiele zu treten. Shafirs Spiel folgt den Ideen der BIBERCLAN-Familie, zu der Shafir schon die BIBER GANG beigetragen hat. Dabei geht es bei FRÖSCHIS nicht um niedrige Auslagewerte von Karten, sondern um das Erzielen einer korrekten Zahlenfolge von 1 bis 8 und später immer niedriger werdenden Werten.
Die Zielgruppe sind diesmal Kinder ab fünf Jahren, die durch ein einfaches Tauschverfahren ihre Kartenreihe vervollständigen müssen. Jedes Kind hat eine zufällig verteilte Reihe mit acht verdeckten Karten vor sich. Das können wild durcheinander gewürfelte Zahlenkarten sein, dort liegen aber auch kleine Fröschis, die lustigen Jokerkarten in dem gleichnamigen Spiel, und die eine oder andere Müllkarte, die sofort entsorgt werden muss.
Wer am Zug ist, nimmt sich eine verdeckte Karte vom Nachziehstapel oder eine offene aus der Kartenablage. Zahlenkarten werden entsprechend ihrer Position in die eigene Reihe eingeordnet. Ist die damit verdrängte Karte erneut eine Zahlenkarte, deren Position noch nicht belegt ist, darf weitergespielt werden. Das gilt auch für Joker. Die Zugfolge endet allerdings, wenn an der entsprechenden Stelle schon eine Karte offen liegt oder eine Müllkarte aufgedeckt wird.
Sobald ein Spieler seine Reihe komplettiert, sind alle anderen noch einmal am Zug, dann endet die erste Runde. Alle Spieler mit kompletten Zahlenreihen müssen ab sofort nur noch sieben Karten auslegen und so werden die Reihen kürzer und kürzer, die Aufgabe reduziert sich von Sieg zu Sieg, bis der glückliche Gesamtsieger am Ende eine 1 oder einen Fröschi aufdeckt und das Spiel gewinnt.
Ein hoher Glücksanteil, aber auch ständige Erfolgserlebnisse führen zu sehr positiven Reaktionen kleiner Kinder auf die Spielidee Shafirs. Grafisch hat Marina Zlochin dem Spiel ganz niedliche Froschfiguren spendiert. Die Zahlen entsprechen ihren üblichen Bildern, gerade kleinere Kinder hätten hier vielleicht noch zusätzliche visuelle Hilfe für die Zuordnung der Zahlenwerte gebraucht. Warum nicht Mini-Fröschis zum Abzählen? Das unterstützt nicht nur das Zahlenverständnis, sondern außerdem die Mengeneinschätzung. Auch die Müllentsorgung, die etwas Zeit kostet, ist ein pädagogischer Zusatzeffekt, der Kindern einleuchtet. Ein fast rundes Spiel im Froschteich mit den vielen Zahlen.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: FRÖSCHIS
Autor: Haim Shafir
Grafik: Marina Zlochin
Verlag: Amigo
Spieler: 2-4
Alter: ab 5 Jahre
Spieldauer: ca. 20 Minuten
Preis: ca. 9 Euro
Spiel 64/2021
Dienstag, 28. September 2021
DER SCHWARZE PIRAT
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Frischer Wind in der Schachtel: DER SCHWARZE PIRAT
2006 gab es aus Autorensicht eine ganz besondere Würdigung. Mit Guido Hoffmann, dem Autor des Kinderspiel des Jahres, hat erstmalig der Sohn eines bisherigen Preisträgers eine entsprechende Auszeichnung erhalten. Rudi Hoffmann, der 1989 für CAFÉ INTERNATIONAL ausgezeichnet wurde, wird sich 17 Jahre später ebenso wie sein Sohn über die erneute Würdigung für die Autorenleistung in der Familie gefreut haben.
Mit den durch einen Blasebalg angetriebenen fliegenden Teppichen in AKABA hat Guido Hoffmann schon 2005 auf sich aufmerksam machen können. Die damit verbundene hektische Würfelei und die häufig kippenden Moosgummi-Fluggeräte sorgten für manche Frustration am Spieltisch. Die Fehler des Erstlings sind bei der Haba-Neuerscheinung DER SCHWARZE PIRAT ausgeräumt.
Diesmal werden zwei bis vier Spieler in eine große Schatzinselwelt versetzt. Jeder besitzt ein Schiff mit einem Stoffsegel, außerdem lauert noch ein Piratenschiff in der Bucht einer Insel. Auf den Schatzinseln liegen Goldmünzen, deren Vorrat mit jedem Spielzug wächst. Ein Windwürfel legt fest, ob das eigene Schiff auf Schatzsuche gehen darf oder ob man die Piraten engagieren kann. Mit drei- oder viermaliger Nutzung des Blasebalgs versuchen die Spieler Schatzinseln zu erreichen oder einen Überfall auf die Mitspieler zu wagen. Erst wenn alle 36 Goldmünzen in den Schatzsäcken der Spieler verschwunden sind, endet das Spiel, was bei geübten Seefahrern meist schon nach einer Viertelstunde der Fall ist.
Die dreidimensionale Inselwelt mit ihren harmonischen Rundungen lässt die Segelschiffe zügig und elegant dahingleiten. Nach etwas Übung mit dem Blasebalg kommen auch fünfjährige Kinder gut mit der Fortbewegung zwischen den Schatzinseln klar. Der schwarze Pirat bringt zusätzliche Spannung ins Spiel, da ein Überfall eines Mitspielers immer in einer Knobelphase endet. Haba hat das Spiel diesmal so hervorragend umgesetzt, dass es nichts mehr zu kritisieren gibt. Mit diesem Geschicklichkeitsspiel hat der Autor ein Ambiente geschaffen, das der genialen Blasebalg-Idee wirklich gerecht wird.
Titel: DER SCHWARZE PIRAT
Autor: Guido Hoffmann
Grafik: Guido Hoffmann
Verlag: Haba www.haba.de
Spieler: 2 - 4
Alter: ab 5 Jahren
Spieldauer: 10 - 20 Minuten
Preis: ca. 30 €
Spiel 32/2006 R168/2021
Die Rezension erschien 2006 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 8 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der 61jährige Guido Hoffmann arbeitet wie sein Vater Rudi Hoffmann als Illustrator und Spieleautor. Studiert hat er u.a. an der Hochschule für Angewandte Kunst in Wien, dort lebt und arbeitet er inzwischen auch.
SIESTA, sein erstes Spiel, erschien 1999 bei Goldsieber. Seine erste Spielegrafik galt 2001 mit OGALLALA einem Klassiker seines Vaters.
Sein erster großer Erfolg war AKABA (Haba), mit dem er 2005 den Deutschen Kinderspielepreis gewann. 2006 folgte der Preis der Jury für das Kinderspiel des Jahres für DER SCHWARZE PIRAT.
Weitere innovative Spiele hat er zusammen mit Jens-Peter Schliemann entwickelt, so DAS GEHEIMNIS DER ZAUBERER (Mattel 2015) oder HOLTERDIPOLTER (moses. 2014).
Für BURG FLATTERSTEIN (Drei Magier 2016) gewann er die österreichische Auszeichnung Spiele Hit für Kinder.
Auf dem Bild ist Guido Hoffmann 2015 in Göttingen zu sehen.
Samstag, 25. September 2021
CRYPTID
Wo steckt der CRYPTID?
Der Auszeichnungen sind viele für das Deduktionsspiel CRYPTID, das seit 2018 auf dem Markt ist. Schon im ersten Jahr war es beim Golden Geek für das innovativste Brettspiel neben Spielen wie CHRONICLES OF CRIME, THE MIND und ROOT nominiert. 2019 gehörte es zu den nominierten Spielen der Origins Awards, war Finalist beim Spiel des Jahres in Spanien und gehörte 2020 zu den zehn Nominierten des Tric Trac Awards.
Drei bis fünf Spieler gehen in CRYPTID auf die Suche nach einer geheimnisvollen Kreatur, die so etwas wie die Verkörperung von Yeti und Wolpertinger sein mag, deren Entdeckungsruhm sich niemand entgehen lassen würde.
Jeder Spieler besitzt Teilinformationen über den Lebensraum der Kreatur. Sein Gelände, in dem er irgendwo auftaucht, wird aus sechs Spielplanteilen mit 18 Hexfeldern je nach Szenario immer wieder neu zusammen gepuzzelt. Dort stoßen wir auf übliche Landschaften wie Wüste, Wasser und Wald, außerdem gibt es dort Berge und Sumpflandschaften. Neben dem CRYPTID tauchen dort Pumas und Bären auf, Hinkelsteine und verlassene Hütten in den Farben weiß, grün, blau und schwarz. Eigenes Wissen gibt man preis durch Anzeige mit Würfeln und Scheiben, wobei die Würfel verneinend wirken und die Scheiben Vermutungen bestätigen.
Letztlich genial einfach hat das Autorenpaar Ruth Veevers und Hal Duncan den Deduktionsprozess vorbereitet. Die Aufbaukarte für das spezifische Gelände gibt jedem Beteiligten nur einen einzigen Hinweis, die alle zusammengenommen aber einen exakten Standort der Kreatur ergeben. Der Hinweis kann sich auf zwei Geländearten beziehen, er kann eingegrenzt werden auf Felder innerhalb von Gelände oder Territorien von Tieren oder auf weitere Gebiete im Abstand von zwei oder drei Feldern um Hütten oder Hinkelsteine oder entsprechende Farbstrukturen.
Wer am Raten ist, bestimmt ein Feld und fragt einen Mitspieler, ob nach seiner Information das Wesen dort sein kann. Der Gefragte antwortet mit einem Ja- oder Neinstein. Verneint er die Frage, muss man selbst ebenfalls einen Würfel platzieren, um ein Feld anzuzeigen, auf dem sich das Wesen nicht befindet.
Mit wachsender Information darf man auch direkt auf die Suche nach dem CRYPTID gehen. In diesem Fall werden alle in der Runde befragt und wenn keiner einen Stein legt, hat man gewonnen. Im anderen Fall geht es normal weiter.
Das Hinweisbuch, das jeder in die Hand bekommt, enthält nicht nur den persönlichen Hinweis, sondern eine Gesamtübersicht über die Hinweisarten. Wichtig sind korrekte Antworten, damit die Schlussfolgerungen zu einer sinnvollen Lösung finden.
Wer es leichter haben will, lässt einen zusätzlichen Tipp zu, der an alle weitergegeben wird und eine große Hilfe sein kann. Deutlich anspruchsvoller wird es mit den Karten mit schwarzem Rand, die auch negative Hinweise enthalten können, die ein Umdenken erfordern. Man muss schon ein Gespür für die sich entwickelnden Schlussfolgerungen haben, um mit dem Spiel klarzukommen. Wer das nicht hat, sollte erst einmal mit den weißen Karten trainieren und wird schnell merken, dass man von Spiel zu Spiel besser wird.
Im Grunde genommen folgt CRYPTID dem klassischen CLUEDO. Hier geht es nun nicht um Mörder, Waffe und Tatort, sondern eher um Struktureingrenzungen durch Geländeformationen, Gebäude und Farben. Herausbekommen muss man die Art des Tipps, dem die Mitspieler folgen, um ihre gelegten Steine richtig interpretieren zu können. Und das ist mindestens so spannend wie die Tätersuche im Parker-Klassiker. Zumal der Informationsaustausch offener erfolgt, damit sind immer alle Spieler beteiligt. Ein herausforderndes Spiel. Wer dieses Genre mag, kommt an CRYPTID nicht vorbei.
Was mir besonders gefällt an CRYPTIDl, ist der ganz ohne Stifte und Papier auskommende Deduktionsvorgang. Bei ähnlichen Spielen habe ich mich oft nicht mehr in meiner Notizflut zurechtgefunden, das kann mir hier nicht passieren.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: CRYPTID
Autoren: Hal Duncan, Ruth Veevers
Grafik: Kwanchai Moriya
Verlag: Skellig Games
Spielerzahl: 3-5
Alter: ab 14 Jahre
Spieldauer: ca. 30 - 50 Minuten
Preis: ca. 40 Euro
Spiel 62/2021
Montag, 20. September 2021
RINGEL RANGEL
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Bestes Kinderspiel 1993: RINGEL RANGEL
RINGEL RANGEL von Geni Wyss wurde 1993 mit dem „Sonderpreis Kinderspiel“ ausgezeichnet. Damit hat die Jury Spiel des Jahres zum ersten Mal ein Geschicklichkeitsspiel für Kinder besonders gewürdigt, das, wie viele Spiele der Firma Haba, sich auf einem großen Holzspielplan mit vielen Holzfiguren abspielt.
Zwanzig Holzscheiben, bunten Bällen gleich, werden zu Spielbeginn auf einer Gartenlandschaft beliebig verteilt. 24 Holzschildkröten in sechs Farben liegen in zwei Stapeln neben dem Spielplan bereit. Von den Bällen inzwischen fast verdeckt sind sechs Schildkrötennester auf dem Spielplan zu sehen. Am Anfang sucht sich jedes Kind eine Ballfarbe aus, dann versuchen sie, die farbigen Schildkröten in ihre passenden Nester zu führen. Die vielen Holzscheiben stören und müssen vorsichtig zur Seite geschoben werden, damit die Schildkröten in ihre Nester gelangen.
Die Fortbewegung der Schildkröte ist streng reglementiert, sie darf nur mit einem Finger geschoben werden. Da fällt dann doch schnell einmal ein Ball oder mit fortlaufendem Spiel auch eine Schildkröte aus dem Gartenplan heraus. Bälle und Schildkröten bringen Minuspunkte, nur Bälle der eigenen Farbe werden nicht gewertet. Fällt der Ball einer Mitspielerfarbe, erhält der unglückliche Schubser von dem betreffenden Spieler eine Schildkröte geschenkt, sofern dieser eine besitzt. Strafpunkte lassen sich aber auch verringern: Immer dann, wenn es einem Spieler gelingt, eine Schildkröte sicher ins Ziel zu schieben, ohne dass etwas vom Spielplan fällt, darf ein Ball an einer beliebigen Stelle wieder auf dem Plan platziert werden.
Mit der Zeit entsteht ein riesiges Gerangel auf dem Plan, das man für etwas ältere Kinder noch durch drei zusätzliche Baumstämme verschärfen kann. Diese werden zu Beginn in vorgebohrten Löchern befestigt, so dass sie sich drehen können und die Schiebeaktivitäten erheblich erschweren. Das Spiel endet, wenn die beiden Schildkrötenstapel aufgebraucht sind. Der Spieler mit den wenigsten Bällen und Schildkröten gewinnt das vergnügliche RINGEL RANGEL.
Mit dem Spiel hat die Firma Haba 1993 Neuland beschritten: Geschicklichkeitsspiele für Kinder gab es, wenn man einmal vom FLOHSPIEL und dem Klassiker MIKADO absieht, überhaupt noch nicht auf dem Markt. Spielerisch und ganz ohne den pädagogischen Zeigefinger wird hier etwas für die Feinmotorik der Kleinen getan. Das ganz Besondere an RINGEL RANGEL ist aber, dass mitspielende Eltern ebenso gefordert sind und sich nicht herablassen müssen, mit ihren Kindern zu spielen. Die Spielfreude des Nachwuchses überträgt sich schnell auf die ältere Generation, so dass auch Erwachsenenrunden mit Begeisterung die Spielfläche mit Schildkröten bevölkern. Ein rundum gelungenes und hervorragend ausgestattetes Kinder- und Familienspiel.
Titel: RINGEL RANGEL
Autor: Geni Wyss
Grafik: Stephan Kreuzer
Verlag: Haba
Spielerzahl: 2-4
Spieldauer: etwa 20 Minuten
Preis: ca. 55.00 DM
Spiel 33/1993 R162/2021
Die Rezension erschien auf der Juryseite
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zu dem Autor:
Geni Wyss, eigentlich Eugen Wyss, ist ein Schweizer Spieleautor, der vor allem in den 90er Jahren einige Spiele veröffentlichen konnte. Schon 1989 gewann er mit HENNE BERTA (Haba) den Sonderpreis Schönes Spiel der Jury. RINGEL RANGEL war dann sein größter Erfolg.
Samstag, 11. September 2021
WITCHSTONE
WITCHSTONE: EINFACH GENIAL lässt grüßen
Das einfachste und vielleicht genialste Spiel Reiner Knizias ist vor 17 Jahren bei Kosmos erschienen, damals konnte man nicht in thematische Spielwelten eintauchen, sondern legte in Domino-Manier zwei aneinandergeklebte Kunststoff-Sechsecke auf einen wabenförmigen Spielplan, um punkteträchtige Farbkombinationen zu erreichen. EINFACH GENIAL hieß Knizias Idee und genauso war das Spiel auch.
Nun, fast eine Generation später, begegnet uns dieses Spielprinzip wieder. Eingebunden in eine Geschichte von Hexen und Zauberern, diesmal mit Co-Autor und bei R&R Games und im deutschen Vertrieb von HUCH! Mit im Spiel ist diesmal der in Deutschland lebende italienische Autor Martino Chiacchiera, den wir von den DECKSCAPE-Fällen, von DECKTECTIVE, SIMILO und Spielen wie ALI BABA und MYSTHEA kennen.
Die beiden Autoren nutzen das EINFACH GENIAL-Prinzip als intelligente Steuerung eines Zauberer-Kampfes. Die persönlichen Spielfelder sind eingedampft, das Hexagon halbiert, statt einer Seitenlänge von acht Feldern, stehen nur noch vier zur Verfügung, die zusätzlich noch durch sieben Kristalle blockiert sind. Die ehemaligen Farben der Legeteile sind ersetzt durch Aktionsbereiche, die sich auf den gemeinsamen Spielplan auswirken. Dort gibt es Wettläufe um Siegpunkte und Bonus-Plättchen auf einem Hexagramm-Kreis, ein Rennen um die Spitzenposition findet außerdem auf einer Zauberstab-Leiste statt, wobei der Erste stets doppelt belohnt wird. Zentrales Einsatzfeld für WITCHSTONE ist aber eine magische Kristallkugel, von deren Turmfeldern aus die großen Hexen der Spieler kleinere in die Umfeldregionen starten lassen, dazu brauchen sie energetische Verbindungen, deren Bau je nach Streckenlänge steigende Siegpunkte einbringt. Schließlich will diese Welt auch noch durch viele Hexen bevölkert werden, die über diesen Energiestrecken wandern, Bonuschips einsammeln und Wertungspunkte für das Ende generieren, sofern man passende Schriftrollen findet. Dass sie zusätzlich für aktiven Einsatz auch noch zwei Siegpunkte bringen, wird gerne vergessen, deshalb am besten erst am Ende mit abrechnen.
Die Spieler besitzen 15 Legeplättchen, von denen sie stets fünf zur Auswahl haben. Entsprechend endet das Spiel auch dann, wenn nur noch vier dieser Hexplättchen offen liegen, damit nach dem elften Zug. Jede Ablage auf dem eigenen Tableau bringt mindestens die Aktivierung zweier unterschiedlicher Aktionen, meistens mehr, da man aufgedruckte Plättchen und schon ausliegende wie beim großen Vorgänger nutzt, um bestimmte Aktionen mehrfach nutzen zu können. In diesem Teil kommt das alte EINFACH GENIAL-Feeling wieder auf. In der Vernetzung der Konsequenzen erschlägt es anfangs. Lasse ich mich auf die Wettrennen im Hexagramm-Bereich ein, weil dort für die ersten Spieler höhere Siegpunktchips warten und weil es dort blaue Hexplättchen gibt, die man alternativ sofort nutzen kann, aber die sich auch auf dem eigenen Spielplan platzieren lassen, um die Anlegeoptionen zu verstärken. Ähnlich spannend ist das Wettrennen auf der Zauberstab-Leiste, da der Bonus für den Führenden nicht zu unterschätzen ist. Noch nicht eingegangen bin ich auf die störenden Kristalle, die die Ausbreitung der Hexplättchen erschweren. Eine weitere Aktion lässt die Bewegung dieser Kristalle zu, die aus den individuellen Zauberkesseln herausgeschoben werden können, um dann in einem Phiolenregal zu landen, das weitere Belohnungen verspricht.
Bei dem, was ich mache, bin ich anfangs abhängig von den Symbolen auf meinen ersten fünf Hexteilen. Ist kein Zauberstab dabei, werde ich mich vorerst nicht an diesem Wettlauf beteiligen können. Gegen Ende werden auch Schriftrollen wichtiger, da das Erfüllen von Auftragskarten mit bestimmten Konstellationen auf dem eigenen oder gemeinsamen Spielplan zusätzlich Siegpunkte bringt. Im Gegensatz zu allen anderen Aktionen ergibt die mehrfache Option hier keine Mehrfachnutzung, sondern einfach nur eine größere Auswahl aus den sechs offenen Karten.
WITCHSTONE ist belohnend angelegt, bleibt aber abhängig von der Optimierung der eigenen Spielzüge. Spannend sind die kleinen Wettläufe in den unterschiedlichen Bereichen, die für Interaktion sorgen. Die immer vielfältiger werdenden Aktionsmöglichkeiten sind nichts für Grübler am Tisch, die die Spieldauer ganz schön verlängern können. Trotzdem probiere ich WITCHSTONE gerne morgen wieder aus.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: WITCHSTONE
Autoren: Reiner Knizia, Martino Chiacchiera
Grafik: Mariusz Gandzel
Verlag: R&R Games, HUCH!
Spielerzahl: 2-4
Alter: ab 12 Jahre
Spieldauer: ca. 60-90 Minuten
Preis: ca. 45 Euro
Spiel 60/2021
Dienstag, 7. September 2021
HANS DAMPF
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
HANS DAMPF
Wenn Sie schon immer einmal ein Spiel gesucht haben, das besonders in ganz großer Runde viel Spaß macht, dann liegen Sie bei dem neuen Spiel von Reinhold Wittig, das der Berliner Blatz-Verlag herausgebracht hat, richtig.
Wie im richtigen Leben startet man in diesem Spiel zu einem Wettlauf um Kohle. Diese Kohle ist allerdings in wahrsten Sinne des Wortes zu verstehen. Sie halten nämlich damit ihre kleine Dampflokomotive unter Hochdruck, damit sie sich auf einem großen Spielplan möglichst schnell voran bewegen kann.
Das Gute an allen Spielen des Göttinger Spieleautors Reinhold Wittig ist, dass sie schnell erklärt sind. Sie begeistern daher auch immer wieder Spielemuffel, die sich nicht erst lange in komplexe Regelwerke einlesen wollen. So auch hier: Maximal acht Lokomobile, je vier auf jeder Seite versuchen den Bahnhof am anderen Ende des Spielbretts zu erreichen. Fünf keine Holztiere können die Fahrt der Züge stoppen, sie werden zu Beginn beliebig auf dem Spielplan verteilt. Gewürfelt wird mit einem Spezialwürfel, der keine "1" und "2" besitzt. Da unsere Lokomotiven nur in einer Richtung ziehen dürfen, Fahrbahnbegrenzungen, fremde Lokomotiven und der knabbernde Hase an der Bahnstrecke dies aber erschweren, kann häufig die Würfelzahl nicht voll gesetzt werden: Man verschenkt also Würfelpunkte. Das hat Reinhold Wittig wörtlich genommen. Ein solcher Spieler hat Kohlen gespart, die er auch sofort aus der Kasse ausgezahlt bekommt, aber nicht zum Behalten, sondern zum Verschenken. Und das ist das eigentlich Tolle an dem Spiel. Jeder möchte der Beschenkte sein, da mit diesen Kohlen am Ende das Ziel viel schneller erreicht werden kann. Dafür verspricht man auch schon einiges. Genüsslich kann der Schenkende sich zurücklehnen und die Angebote anhören. Es kann alles versprochen werden, ob dann auch alles gehalten wird, ist eine andere Frage. Hauptsache man hat erst einmal die Kohlen. Aber zu sehr darf man sich seine Mitspieler auch nicht verprellen.
Von diesen Schenkaktionen lebt das Spiel, sofern alle mit dem nötigen Spielspaß herangehen. Rechenkünstler, die Buch darüber führen, wieviel Kohlen denn nun jeder in der Runde erhalten hat, sollten die Finger davon lassen. Die Kohlen bunkert man und hält ihre Anzahl tunlichst geheim. Spannend wird es, sobald die ersten Lokomotiven auf die letzten Rennbahnen kommen. Da man im Schlusszug zweimal abbiegen darf, ist von hier die Fahrt ins Ziel möglich. Jetzt erweist sich recht schnell, wer der geschickteste Händler gewesen ist.
Also auf! Feilschen Sie mit! Die Hans Dampf-Lokomotiven sollten demnächst in vielen Haushalten unter Dampf stehen und Spielspaß bringen.
Titel: HANS DAMPF
Autor: Reinhold Wittig
Verlag: Blatz
Grafik: Hartmut Gärling, Heinz Moldt, Werner Opitz
Spielerzahl: 4-8
Alter: ab 10 Jahre
Spieldauer: etwa 30 – 45 Min.
Preis: ca. 50.00 DM
Spiel 30/1993 R/2021
Die Rezension erschien 1993
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Über den Göttinger Geologen, Puppenspieler, Künstler und Spieleerfinder ließen sich Seiten füllen. Ich halte mich an dieser Stelle kurz:
Reinhold Wittig, der 83jährige Erfinder des Spieleautoren Treffens in Göttingen, entwickelt seit 1958 Spiele. 1976 gründete er seinen Kleinverlag Edition Perlhuhn, der mit Skaiplänen und Spielen in der Rolle bekannt wurde.
Zu seinen bekanntesten Spielen gehört die Würfelpyramide DAS SPIEL (1980 mit dem Sonderpreis Schönes Spiel ausgezeichnet), das heute immer noch von Abacus vertrieben wird. Für WIR FÜTTERN DIE KLEINEN NILPFERDE und MÜLLER & SOHN bekam er ebenfalls diese Auszeichnung, für die Grafik war jeweils sein Sohn Matthias verantwortlich. Seine ästhetischen Maßstäbe für Spielmaterial und Optik haben maßgeblich dazu beigetragen, dass der einfache Pöppelalltag aus den Spieleschachteln verschwand. Den Kosmos-Verlag brachte er durch edle Spiele in der Reihe mit der Feder voran, darunter auch eigene Veröffentlichungen wie MARITIM, das 1987 Chancen auf das Spiel des Jahres hatte.
In den 90er Jahren prägte seine Handschrift die Spiele von Blatz und teilweise auch Haba. HANS DAMPF war eines der ersten Spiele für Blatz. KULA KULA und das hier schon vorgestellte DOCTOR FAUST aus diesem Verlag bekamen ebenfalls den Preis für das Schöne Spiel. Die ganz großen Erfolge blieben dann zwar im neuen Jahrtausend aus, immerhin landete CORNU 2007 auf der Empfehlungsliste der Kinderspieljury und MOGULI erhielt 2013 eine MinD-Würdigung.
Die Organisation des Autorentreffens hat Wittig 2016 an die SAZ übergeben, in seiner Edition Perlhuhn unterstützt ihn seit letztem Jahr Timo Diegel. Ein Jahr danach ist er mit dem Göttinger SPATZ ausgezeichnet worden. Das Foto zeigt Wittig auf dem Autorentreffen in Göttingen 1995.
Donnerstag, 26. August 2021
DAS WALDSCHATTENSPIEL
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010DAS WALDSCHATTENSPIEL
DAS WALDSCHATTENSPIEL
Spiele im Dunkeln gibt es nicht viele. das wohl älteste ist seit über 20 Jahren auf dem Markt, DAS WALDSCHATTENSPIEL, das der ehemalige Waldorflehrer Walter Kraul seit 1985 im Eigenverlag anbietet. Spiele mit den Elementen Erde, Wasser, Luft und Feuer für Kinder wollte Kraul in seinem Verlag anbieten. Am Anfang schien es ihm fast unmöglich, das Feuer als Kraftquelle für Spielzeug zu nutzen, doch dann hatte er die Idee zu einem Spiel mit Licht und Schatten, in dem die Spieler in die Schattenwelt eintauchen oder das Licht suchen.
In beiden Versionen des WALDSCHATTENSPIELs spielt ein Teelicht die entscheidende Rolle. Zehn unterschiedlich große Holztannen werden auf dem Spielbrett verteilt. Auf der einen Seite startet ein „Lichtführer“, ein Spieler, der mit einem Schieber das Teelicht im Wald bewegt, auf der anderen Seite verstecken sich bis zu sieben kleine lichtscheue Zwerge im Schatten der Bäume. Sind die Vorbereitungen getroffen, gilt auch hier: Licht aus! Der Wald in Krauls Spiel wirft gespenstische Schatten. Im Schutz der Baumschatten huschen die Zwerge hin und her und versuchen, sich alle unter einem Baum zu treffen; das Licht versucht alle Zwerge zu bannen. Fällt während der ausgewürfelten Bewegung des Teelichts der Lichtstrahl auf einen Zwerg, ist dieser verzaubert und darf erst wieder bewegt werden, wenn ein anderer Zwerg es schafft, ihn zu erreichen.
In der zweiten Variante geht es umgekehrt zu. Das Licht bleibt in der Mitte stehen, die Kinder müssen diesmal würfelnd im Schein des Lichts durch den Wald laufen und am Ende über das Feuer springen. Wer dabei von einem Baumschatten getroffen wird, gilt wieder als gebannt. Erlöst werden kann er nur durch einen Mitspieler, wenn dieser es schafft, mit Hilfe des reflektierenden Schiebers Licht ins Dunkel zu spiegeln. Gewonnen haben die Kinder nur, wenn sie alle die Waldrunde geschafft haben. Beide Spiele sind erkennbare Produkte der frühen kooperativen Ideen der 80er Jahre. Die Regeln sind sehr offen gehalten und lassen unterschiedliche Varianten zu. Die Umsetzung ist in seiner einfachen, aber sehr praktischen Form auf dünnem Spielplan seit zwanzig Jahren gleichgeblieben, seit 1998 gibt es allerdings eine etwas stabilere, buntere Fassung auf dem Markt.
Das Spiel von Walter Kraul sollten wegen der offenen Flamme aber Kinder nicht alleine spielen. In der Regel wird empfohlen, dass der „Lichtführer“ bei der ersten Variante möglichst ein Elternteil sein sollte. Im WALDSCHATTENSPIEL erfahren die Kinder viel über die Phänomene von Licht und Schatten. Sie erleben ständige Veränderung des Schattenwurfs durch die sich bewegende Lichtquelle und sie können sich mit Spiegelungen beschäftigen.
Titel: DAS WALDSCHATTENSPIEL
Autor: Walter Kraul
Verlag: Kraul GmbH, Neufahrner Weg 2, 82057 Icking (www.spielzeug-kraul.de)
Spieler: 2 bis 8
Alter: ab 5 Jahren
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: einfache Fassung 17 €, farbige Fassung (DAS MÄRCHENHAFTE WALDSCHATTENSPIEL) ca. 25 €
Spiel 28/2006 R144/2021
Die Rezension erschien 2006 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Bereits in den 1920er Jahren wurde von Mara Kraul der Grundstein zur Spielzeugfirma Kraul gelegt. Mit kunstvollen Stick- und Strickarbeiten, die sie mit Hilfe von Heimarbeiterinnen anfertigte, entstand die Basis der Firma, die bis heute in Familienbesitz ist.
Nach dem zweiten Weltkrieg trat ihr Sohn Walter in die Firma ein und entwickelte erste Ideen zur Gestaltung von Spielzeugen: Inspiriert durch ein Riesen-Mobile von Alexander Calder, das er auf der Biennale in Venedig gesehen hatte, entwarf seine Mutter nun eigene Mobiles, die in kunsthandwerklicher Tradition gefertigt wurden.
Angeregt durch seine Arbeit als Waldorflehrer an der Münchner Rudolf-Steiner-Schule und zahlreichen Naturerlebnissen mit seinen Kindern, entstanden Seilbahnen und Wasserräder, die – zeitlos wie sie sind – noch heute ein wichtiger Bestandteil der Kraul’schen Produktpalette sind.
1976 übernahm Walter Kraul die Firma. Spielzeuge mit den Elementen Erde, Wasser und Luft, dem mit der Entwicklung der Lichtwippe und des WALDSCHATTENSPIELS noch das vierte Element Feuer hinzugefügt werden konnte.
1989 wurde Sohn Christoph Mitgesellschafter, seit 1993 ist er Geschäftsführer.
Als Meteorologe und Physiker entwarf er vor allem die Experimentierkästen, die heute einen wichtigen Bestandteil der Produktpalette ausmachen. Auch in diesen Kästen wird das Grundkonzept der vier Elemente Erde, Wasser, Luft und Feuer in technisch-wissenschaftlicher Weise konsequent weitergeführt.
Das WALDSCHATTENSPIEL ist immer noch im Programm.
Montag, 23. August 2021
TIER AUF TIER
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Lastenkroko in TIER AUF TIER
Schafe, Schlangen, Pinguine, Tukane, Igel, Affen und Kragenechsen und alle auf einem Krokodil, das nicht schnappt, sondern geduldig die Lasten erträgt. Eine tolle Tiergesellschaft hat Haba in dem Geschicklichkeitsspiel TIER AUF TIER zusammen geführt. Rundungen, Buckel und Schnabelhaken führen zu einer erstaunlichen Stapelfähigkeit der Tiere, von denen jeder der zwei bis vier Spieler zu Spielbeginn sieben erhält.
Gesteuert wird das Spiel des Autors Klaus Miltenberger durch einen Würfel, der festlegt, ob ein oder zwei Tiere auf dem Krokodil platziert werden dürfen, oder ob man die Baubasis verlängern darf, indem ein Tier neben das Krokodil gestellt wird. Wer Glück hat, braucht nicht selbst zu bauen, er kann eines seiner Tiere einen Mitspieler in die Hand drücken, der dann das Risiko beim Einbau in die Tierpyramide trägt. Es kann aber auch sein, dass die Mitspieler bestimmen dürfen, welches Tier der würfelnde Spieler einzubauen hat. Stürzt die Tierpyramide während einer Bauaktion in sich zusammen, muss der Verursacher zwei Tiere übernehmen. Wer seine Tiere als erster los ist, gewinnt nach knapp zehn vergnüglichen Minuten eine Runde TIER AUF TIER.
Der Aufforderungscharakter des Spiels ist enorm, es bleibt nie bei einer Runde und das Tolle ist: Erwachsene stapeln begeistert mit. TIER AUF TIER lebt vom Tierdesign, die ausgewählten sieben Tierarten eignen sich ausgesprochen gut zum Stapeln, so dass unerwartet hohe Tierpyramiden während des Spiels entstehen können. Für Kinder hilfreich ist, dass die Einsturzstrafe mit zwei Tieren durchaus noch Siegchancen zulässt, die Frustration sich daher in Grenzen hält. Auch also Solospiel für die Geduldsprobe zwischendurch ist TIER AUF TIER sehr gut geeignet. Ein rundum gelungenes Spiel, das schon Vierjährige mit viel Spaß spielen können.
Titel: TIER AUF TIER
Autor: Klaus Miltenberger
Grafik: Michael Bayer
Verlag: Haba
Spieler: 1 bis 4
Alter: ab 4 Jahren
Dauer: ca. 10 Minuten
Preis: ca. 15 Euro
Spiel 19/2005 R142/2021
Die Rezension erschien 2005 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der 58jährige Klaus Miltenberger hat 2005 mit TIER AUF TIER einen Dauerbrenner für Haba entwickelt. Inzwischen gibt es fünf weitere Varianten. Neben diesen Haba-Spielen war er mit MOVE&TWIST (Beleduc 2013) noch erfolgreich. Mit beiden Spielideen landete er auf der Empfehlungliste für das Kinderspiel des Jahres.
Samstag, 21. August 2021
PROJECT L
PROJECT L
TETRIS und UBONGO standen Pate bei der Entwicklung von PROJECT L, für das hauptsächlich Adam Spanel verantwortlich zeichnet, der aber mit den tschechischen Co-Autoren Jan Soukal und Michel Mikes gearbeitet hat. Die Plattform Boardcubator hat das Spiel 2020 veröffentlicht, Asmodee vertreibt es seit wenigen Monaten in Deutschland.
Zentral im Spiel sind Puzzlesteinchen, Polyominos, ganz kleine Quadrate bis zu unterschiedlichen Formen, die aus zwei, drei oder vier Quadraten zusammengesetzt sind. Die wollen in Puzzleformen mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad untergebracht werden. Da gibt es ganz einfache weiße Puzzle, die zum Teil so simpel sind, dass es nicht einmal Belohnungspunkte für die Erfüllung der Aufgabe gibt, dafür aber stets einen neuen Puzzlestein. Das schwerer zu füllende schwarze Puzzle kann bis zu fünf Siegpunkte einbringen, dafür gilt es dort aber 16 Felder zu füllen. Die Anzahl der schwarzen Puzzleteile ist spielerabhängig. Ist der schwarze Stapel leer, wird die Schlussrunde eingeläutet.
Angenehm bei den Puzzleaufgaben von PROJECT L ist, dass sie keinem Zeitdruck unterliegen. Jeder puzzelt der Reihe nach vor sich hin, das auch wenig interaktiv. Dafür spielt aber der Aufbau einer Puzzlesteinfabrik eine zentralere Rolle und damit die optimale Nutzung der fünf unterschiedlichen Aktionen, von denen pro Spielzug drei ausgewählt werden, dies durchaus auch mehrfach. Alle starten mit einem Einer- und Zweierstein. Wer am Zug ist, nimmt entweder eine von acht offenen Puzzleaufgaben, bis zu vier davon dürfen vor jedem Spieler liegen, oder einen Einerstein. Zusätzlich dürfen Steine um eine Stufe aufgewertet oder innerhalb einer Stufe getauscht werden. Die vierte Aktion ist das Einsetzen eines Steines in ein Puzzle, je mehr passende Vierersteine man hat, desto schneller geht das natürlich. Schließlich gibt es einmal pro Zug die Meisteraktion, bei der man in alle ungelösten Puzzles jeweils ein Teil einfügt.
Was anfangs mühsam scheint, wird gegen Ende immer schneller, da man für jedes gelöste Puzzle einen Belohnungsstein erhält. Damit entwickelt sich PROJECT L zu einem einfachen Engine-Builder, bei dem die richtige Steinauswahl, die effektive Nutzung der Meisteraktion und natürlich der Blick für die richtigen Steinwendungen über Sieg oder Niederlage entscheiden.
Ist das letzte schwarze Plättchen aufgedeckt, wird die Runde noch beendet. Beim abschließenden Feinschliff dürfen alle Spieler angefangene Aufgaben beenden. Jeder eingesetzte Stein kostet aber einen Minuspunkt, sodass sich das nur bei positiver Schlussbilanz lohnt. Am Ende addieren alle ihre Puzzle-Punkte, ziehen die negativen Punkte aus der Feinschliff-Phase ab und haben meist nach einer guten halben Stunde einen Gewinner.
Tolles Material, starke Puzzlekarten und eine eingängige Regel unterstützen das Spielvergnügen.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: PROJECT L
Autoren: Michal Mikeš, Jan Soukal, Adam Spanel
Grafik: Jaroslav Jurica, Marek Loskot, Pavel Richter
Verlag: Boardcubator / Asmodee
Spielerzahl: 1-4
Alter: ab 8 Jahre
Spieldauer: ca. 20-40 Minuten
Preis: ca. 35 Euro
Spiel 57/2021
Montag, 16. August 2021
SNORTA
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Grunzen und Bellen am Spieltisch - SNORTA
Der Spieleverlag Amigo ist bekannt für reaktionsschnelle Ablegespiele, HALLI GALLI ist in unterschiedlichen Variationen ein Dauerbrenner. In diese Sparte gehört auch das auf der Empfehlungsliste für das „Kinderspiel des Jahres“ 2005 gelandete Spiel SNORTA.
Jeder der drei bis sechs Spieler erhält bei Spielbeginn eine Tierkarte zugelost, der er ein passendes Geräusch zuordnet. Das kann dann zum Beispiel ein grunzendes, quiekendes oder schnüffelndes Schweinchen sein. Die Hürde für die Mitspieler besteht darin, sich die Tiere und Geräusche aller anderen merken zu müssen. Die Karten bleiben nach der ersten Geräusche-Runde nämlich verdeckt vor den Spielern liegen. Jeder erhält dann ca. 15 bis 20 weitere Tierkarten, je nach Spielerzahl, die es loszuwerden gilt. Reihum werden Karten aufgedeckt, sobald zwei gleiche Tiere in der Spielrunde offen liegen, geht es SNORTAnisch zu. Die betroffenen Spieler müssen jeweils so schnell wie möglich das Tiergeräusch des anderen nachmachen Der langsamere Spieler übernimmt die schon ausgelegten Karten des anderen und seine eigenen und vergrößert damit seinen Ablagestapel. Sobald ein Spieler alle Karten los ist, endet die erste von drei Spielrunden. Die restlichen Karten bringen Minuspunkte, wobei die Schweinchen doppelt zählen. Eine Sonderkarte bringt zusätzlich noch weitere Verwirrung ins Spiel. Wird diese gespielt, wechselt der betroffene Spieler seine Tieridentität und legt sich ein neues Geräusch zu. SNORTA ist wahrlich nichts genial Neues, aber die knapp hundert Spielkarten liefern hundertprozentiges Spielvergnügen, sogar wenn Erwachsene sich in Spielrunden mischen. Die überlegen dann besonders lang: Was hatte denn mein Gegenüber nur für ein Tier nachgemacht? Die Tierbilder, die doppelt ausliegen, bringen zusätzliche Verwirrung, da es gar nicht um deren Geräusche geht – oder vielleicht doch?
Ganz schön chaotisch geht es zu, wenn am Spieltisch gegrunzt, gebellt, miaut wird. Zungenbrecherisch würgt dann so mancher die Klapperschlang, bis deren Klapper schlapper klang! Ein herrliches, zudem noch preisgünstiges Spielvergnügen von Chris Childs und Tony Richardson für Kinder und jung gebliebene Erwachsene ab sechs Jahren.
Titel: SNORTA
Verlag: Amigo
Autoren: Chris Childs und Tony Richardson
Grafik: Michael Menzel
Spieler: 3-6
Spieldauer: ca. 20 Minuten
Alter: ab 6 Jahren
Preis: ca. 6 €
Spiel 18/2005 R137/2021
Die Rezension erschien 2005 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zu den Autoren:
Chris Childs und Tony Richardson haben nur SNORTA gemeinsam veröffentlicht und landeten immerhin auf der Empfehlungsliste der Kinderjury. Tony Richardson bekam immerhin zwei Jahre später für ZOCKEN (Schmidt) die Auszeichnung Spiel der Spiele in der Sparte Spiele für Viele.
Sonntag, 15. August 2021
SAMURAI
SAMMELSURIUM
E-Serie von F.X. Schmid
Die bei Spielesammlern bekanntesten Spiele aus dem F.X. Schmid Verlag sind die Spiele der E-Reihe. Das „E“ steht für Erwachsenenspiele, die Serie erschien in den Jahren 1973/74. Die E-Serie war die Antwort aus Prien auf die Casino-Reihe von Ravensburger und die 3M-Serie. Die Spieleschachteln ähnelten aber nur den Buchschubern von 3M. Im Grunde genommen waren es einfache Stülpschachteln mit durchaus edler Innenverkleidung.
Die am meisten gesuchten Spiele dieser Serie sind: TRADE, SAMURAI, PAGODE und SNIFF. Mit LASKA hatte der Verlag einen Klassiker im Programm, der von einem ehemaligen Schachweltmeister stammte.
Die Firma war älter als Ravensburger. Franz Xaver Schmidt gründete den Verlag 1860 in München. Anfangs wurden nur Spielwaren und Karten produziert, nach dem Zweiten Weltkrieg, das Unternehmen war inzwischen in Prien am Chiemsee ansässig, kamen auch Brettspiele und Puzzles dazu. 1997 übernahm Ravensburger die Firma, labelte bis 2000 noch Produkte unter FX, stellte dann aber die Spiele ein.
SAMURAI
Weshalb eine Autorennennung bei SAMURAI von F.X. Schmid vorgenommen wurde, ist mir unverständlich, da es sich um die japanische SCHACH-Variante SHOGI handelt. Die Autorenleistung bestand darin, dass letzteres „in eine für Europäer ablesbare Form gebracht und SAMURAI genannt wurde“.
Die Leistung des als Autor angeführten Hermann Friedls besteht darin, die sehr spezifischen Gangarten der Figuren in eine leicht erkenntliche Symbolsprache umgesetzt zu haben.
SAMURAI weist einige Besonderheiten auf, die die Nähe zum SCHACH nicht verleugnen, aber auch ganz spezielle Eigenarten besitzen, die das Japan-Schach schon ganz speziell machen.
Gespielt wird auf einem 9x9 Feld, das wegen der länglichen Spielsteine rechteckig ausfällt. Jeder verfügt anfangs über 20 Spielsteine, die sich nicht durch die Farbe, sondern nur durch die Ausrichtung unterscheiden. Geschlagene Steine sind nicht aus dem Spiel, sondern dürfen vom Gewinner des Steins später wieder eingesetzt werden. Ganz besonders ist aber die Werterhöhung, die die meisten Steine zulassen. So können die Samurais, die wie die Bauern im Schach nur ein Feld vorziehen, zu Goldfeldherren werden, der sich drei Felder vorwärts, zwei Felder seitlich und ein Feld rückwärts bewegen darf. Zum Goldfeldherren werden auch Wagen, Pferde, Silberfeldherren. Läufer und Türme sind die schnellen Figuren in SAMURAI, auch sie bekommen die Zusatzgangarten des Goldfeldherren. Aufwertungen passieren immer dann, wenn die Figuren in den Startbereich des Gegners gelangen.
Der Kaiser ist wie der König um ein Feld in alle Richtungen bewegbar. Letztlich wird er nicht geschlagen, sondern umzingelt, bis er sich nicht mehr bewegen kann. Nicht in SAMURAI aber in SHOGI gibt es die Thronregel: Wenn ein Spieler seinen König auf das Startfeld des gegnerischen Königs zieht, gewinnt er die Partie.
Die japanische Schach-Variante SAMURAI/SHOGI besitzt ihren besonderen Reiz durch die erneute Nutzung geschlagener Figuren und durch die Aufwertungsmöglichkeit, die die Option immer vielfältiger werden lässt. Wirklicher Spielreiz entwickelt sich nur bei vergleichbar starken Gegnern. Im Gegensatz zu den anderen Spielen der Schachfamilie ist es bei SHOGI üblich mit Handicap zu spielen. Der stärkere Spieler gibt dabei dem schwächeren ein paar Figuren vor. Diese werden vor Beginn der Partie aus dem Spiel genommen und können nicht wie die geschlagenen Figuren erneut eingesetzt werden.
Die Ikonographie für die Bewegungsoptionen hat Friedl recht gut gelöst. Die Umsetzung entspricht der üblichen Qualität der F.X. Schmid Spiele aus den 70ern.
Titel: SAMURAI
Verlag: F.X. Schmid
Autor: Hermann Friedl
Spielerzahl: 2
Alter: o.A.
Spieldauer: ca. 60 Minuten
Preis: ca. 60.- DM
Wertung: Gerne morgen wieder
Sammelsurium 34 – S34/2021
Freitag, 13. August 2021
SEERÄUBER
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Spiel des Jahres- Tipp - Stimmung am Spieltisch ist garantiert: SEERÄUBER
Fast ein Drittel der diesjährigen nominierten Spiele im Kinder- und Familienspielbereich greift das Thema Piraten auf. Im Kinderspielbereich sind es das raffinierte Schatzsammelspiel PIRATTISSIMO und DER SCHWARZE PIRAT, dessen Segelschiffe durch einen Blasebalg angetrieben werden. Um den Hauptpreis „Spiel des Jahres“ bewirbt sich das Spiel SEERÄUBER (Queen Games) von Stefan Dorra.
Das Spiel des niedersächsischen Spielautors für drei bis fünf Spieler ab acht Jahren zeichnet sich durch einen schnellen Zugang aus. 15 unterschiedlich wertvolle Frachtsegler stellen die Beute für die Piraten, von denen jeder Spieler fünf in Form von runden Holzscheiben mit verschiedenen Zahlenwerten besitzt, dar. Im Ausguck erblicken die Piratenspieler zu Beginn drei mögliche Opfer, dafür sind sie bereit, ihre Korsaren auf Entertour zu schicken. Das eigentliche Spiel ist simpel, aber trotzdem richtig spannend.
Die Frachtsegler, schöne Schiffskarten, signalisieren, welches Geld und welche Schätze sie an Bord haben, aber auch wie viele Piraten benötigt werden, um den Segler zu entern. Dazu müssen die Spieler Entermannschaften zusammenstellen. Da ist bei allem Gegeneinander Teamgeist angesagt. Zum Entern werden die Piratenscheiben ins Spiel gebracht, einzeln gesetzt oder auf einem schon vorhandenen Piratenstapel platziert. Den Scheibenturm befehligt immer der oben auf liegende Piratenspieler. Ist der Stapel so hoch, dass die Zielvorgabe für ein Schiff erreicht ist, kann geentert werden. Der Spieler dessen Pirat oben liegt erhält einen Schatz, bei vielen Schiffen erhält auch der zweite Spieler ein weiteres Beutestück. Der Kapitän erhält den Geldwert des Schiffes ausbezahlt, muss aber alle seine Kombattanten entsprechend ihres Wertes ausbezahlen. Aufpassen sollte man dabei schon, damit nicht aus der eigenen Kasse zugeschossen werden muss. Wenn auf diese Weise alle 15 Schiffe Opfer der Piratenteams geworden sind, endet das Spiel. Das meiste Geld und die meisten Schatzkarten bestimmen nach einer knappen halben Sunde den Spielsieger.
SEERÄUBER spielt sich einfach und zügig. Wiederholungspartien sind garantiert, da der Reiz des Mit- und Gegeneinanderspielens zum Ausprobieren immer neuer Strategien reizt. In diesem fetzigen Piratenduell reagieren die Spieler direkt aufeinander, insofern ist es das interaktivste der fünf nominierten Spiele. Keiner muss grübelnd allein für sich hin spielen, immer sind die Züge der Mitspieler im Blick zu behalten. Der leichte Zugang, das animierende Spielmaterial und die Stimmung am Spieltisch, die SEERÄUBER hervorruft , machen das außerdem noch äußerst preiswerte Spiel zu einem heißen Kandidaten für das „Spiel des Jahres“ 2006.
SEERÄUBER
Verlag: Queen Games
Autor: Stefan Dorra
Grafik: Jo Hartwig
Alter: ab 8 Jahren
Anzahl Spieler: 3-5
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 13 Euro
Spiel 22/2006 R136/2021
Die Rezension erschien 2006 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der in der Nähe von Hildesheim lebende Sprachheilpädagoge Dorra startete 1992 seine Autorenkarriere mit einem Achtungserfolg. Sein Zocker-Spiel RAZZIA landete auf der Auswahlliste der Jury, erreichte den 9. Platz beim Deutschen Spielpreis und den 6. bei À la Carte. RAZZIA ist letztlich der Vorgänger für HICK-HACK IN GACKELWAG, das familienspieltauglicher gemacht wurde. Eine grafisch überarbeitete Neuauflage erschien 2014.
1994 bestimmte sein INTRIGE die Messediskussion auf der Spiel in Essen. Das Spiel erreichte den vierten Platz beim Deutschen Spielepreis.
Mit LINIE 1 war er wahrscheinlich am dichtesten am Spiel des Jahres dran. Er hatte nur das Pech, dass Teubers CATAN unschlagbar war. Daher reichte es „nur“ für die Auswahlliste und den zweiten Platz beim Deutschen Spielepreis und wurde mehrfach neu aufgelegt.
Mit den Spielern SEERÄUBER (2006), LAND IN SICHT (2009) und ESELSBRÜCKE (2011) war er dann später ebenfalls nominiert. Für MEDINA (2001) bekam er noch einmal den 2. Platz beim Deutschen Spielepreis.
Das Bild zeigt Dorra mit seiner Gattin Rita und André Maack von Ravensburger im SEERÄUBER-Jahr 2006.
Donnerstag, 12. August 2021
ROBINSON & FREITAG
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Zurück zur Natur: ROBINSON & FREITAG
Was ist eine Robinsonade ohne Floßbau, Palisaden und einen ordentlichen Ausguck nach Rettung bringenden Schiffen. HiKu hat ein bisher einmaliges spielerisches Ambiente für den Klassiker Gestrandeter geschaffen. Der Spieleschatz kommt in einer Schatztruhe aus Holz verpackt daher. Fünf Robinsoninseln aus Leder – für jeden der maximal fünf Spieler eine -, dazu fast 150 Bauteile aus Naturmaterial, für alles, was Robinson so auf seiner Insel braucht, notwendiges Strandgut, Fässer, Planken, Bretter und Steine. Richtig eingesetzt, bieten diese Ressourcen Schutz vor den Gefahren der unbekannten Insel. Ein Zaun bietet Deckung vor wilden Tieren, eine Hütte aus Steinen und Brettern hilft bei Überflutung und schützt vor feindlichen Wilden. Notwendiges Frischwasser fließt durch die Wasserrinne. Entscheidend ist letztlich aber der rettende Floßbau, denn nur wer am Ende das größte Floß gebaut hat, darf von seiner Insel ablegen.
Michael Palm setzt sein Spiel ROBINSON & FREITAG mit Hilfe eines einfachen, aber reizvollen Pokermechanismus um. Jede Spielrunde beginnt mit
einem Bietverfahren um das Baumaterial. Aus der Fülle des Materials nimmt sich jeder Spieler drei Teile, die er verdeckt bietet. Um Bauteile auch behalten zu können, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden:
1. Bietet ein Spieler eine Sorte Bauteile alleine an, darf er alle gebotenen Teile behalten.
2. Haben mehr Spieler Bauteile einer Sorte in ihrer Hand, dann erhält nicht der Spieler, der am meisten geboten hat, sondern der, der am wenigsten geboten.
3. Gibt es mehr Spieler, die gleich wenig oder gar nichts geboten haben, bekommt keiner etwas.
Nach der Bietrunde und der Verteilung des Baumaterials, dürfen die Inseln ausgebaut werden. Das gewonnene Material darf im Vorrat bleiben, es sollte aber auch zum Floßbau und zum Schutz der eigenen Insel verwandt werden, denn nur so schützt man sich vor der nach der Baurunde folgenden Ereignisrunde. Wenn ein Spieler nichts gewonnen hat und auch keine Materialien mehr in seinem Vorrat liegen hat, darf er eins von acht Ereignissen auslösen, die in Form von kleinen bedruckten Lederinseln existieren. Dabei gibt es meist negative Ereignisse, einige positive und die Begegnung mit Freitag, die keine direkte Auswirkung hat, dafür aber durch die zweite Begegnung, wenn die Ereignisinseln einmal durchgespielt sind, das Spielende herbeiführt. Sichern kann man sich vor schlechten Ereignissen wie den Angriff feindlicher Inselbewohner nur durch spezifische Schutzbauten, hier zum Beispiel den Palisadenbau. Der Spieler, der sich am wenigsten geschützt hat, verliert ein Bauteil, das der Spieler aussuchen darf, der das Ereignis ausgelöst hat. Umgekehrt können die Spieler bei den Ereignissen „Treibgut“ und „Freundliche Inselbewohner“ Bauteile gewinnen.
Der Reiz des Spiels geht einerseits von dem tollen Material aus, anderseits von dem raffinierten Bietmechanismus. Das hat etwas von spannenden Pokerrunden, da ist viel Psychologie mit im Spiel. Jedes Mal stehen die Spieler vor der Entscheidung, ob die breite Streuung und das Bauen auf eine Sorte die angemessene Strategie sein könnte. Wer viel Glück hat, kann seine drei Teile behalten und zusätzlich noch andere Sorten abkassieren. In jeder Runde ist es immer wieder ein erregendes Spielchen mit den Mitspielern. Problematisch ist allerdings, dass das Ganze in voller Besetzung doch sehr zufällig bleibt. Zu dritt und zu viert machen diese Bietrunden aber viel Vergnügen. Da für den Spielsieg die Planken für den Floßbau wichtig sind, geht es natürlich vor allen Dingen um den Gewinn dieser Bauteile. Die Regel lässt Vorratshaltung zu, was anderseits verhindert, dass Ereignisinseln genommen werden können. Hier besteht eine gewisse Gefahr, dass das Spiel sich selbst aufhängt. Wenn alle nur auf Vorrat spielen, weil sie keine Floßplanken verlieren wollen, kommt die erste Ereigniskette gar nicht so recht in Gang. Problematisch ist auch, dass es keine Baubegrenzung aus dem Vorrat heraus gibt. Wer also lang genug genügend Planken bunkert, könnte am Ende sein Floß bauen, zum zweiten Mal Robinson nehmen und das Spiel gewinnen. Wir haben in unseren Runden auf die Vorratsregelung verzichtet und alle gewonnenen Teile verbauen lassen, das führt zu einem zügigeren Ende des Spiels. Als reizvoll hat sich im Übrigen auch eine Zweier-Variante heraus gestellt, in der jeder für zwei Inseln verantwortlich ist und in der jeder weiß, was sich in seiner rechten und linken Hand für die entsprechenden Inseln verbirgt. Das gibt der Bietrunde zusätzlichen Pfiff.
Mit leichten Regeländerungen und unter Verzicht auf das Spielen in voller Besetzung lohnt ein spielerischer Ausflug in die Inselwelt von ROBINSON & FREITAG. Sie erhalten einen Spieleschatz, der jenseits von ludofaktischen Schachteln und Spielmaterialien angesiedelt ist - etwas ganz Besonderes also!
Titel: ROBINSON & FREITAG
Autor: Michael Palm
Verlag: HiKu
Spieler: 3- 5, besser bis 4, auch für zwei Spieler möglich
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: 30 bis 45 Minuten
Spiel 21/2006 R135/2021
Die Rezension erschien 2006 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der „Seetroll“ Michael Palm entwickelt seit 25 Jahren Spiele und managt seit fast 30 Jahren das Spielefachgeschäft Seetroll in Konstanz und Friedrichshafen.
Viele seiner Ideen hat er zusammen mit Lukas Zach entwickelt, darunter DIE ZWERGE und die UNDO-Reihe bei Pegasus Spiele, aber auch Kinderspiele wie Bim BAMM! und ZAUBEREI HOCH DREI, die auf der Empfehlungsliste für das Kinderspiel 2013 bzw. 2017 landeten.
Für Hiku hat er neben ROBINSON & FREITAG noch VOODOO PARTY und ÉTOILE veröffentlicht. Das letzte Spiel ist dann später noch einmal bei Gerhards Spiel und Design erschienen.
Das Foto zeigt Michael Palm in einem seiner Läden am Bodensee.
Mittwoch, 11. August 2021
RAPA NUI
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Osterinselspiel: RAPA NUI
Der Göttinger Geologe und Spieleerfinder Reinhold Wittig hat schon in den 80er Jahren mit Vielen Ideen die Materiallandschaft für Spiele verändert.
Jenseits von Papp-Plan, Pöppeln und Plastik-Chips spielten bei ihm Leder- oder Skaipläne, Muttern (schon 1974) und Muscheln, opulente Holzausstattungen eine wichtige Rolle. Über 30 Jahre hinweg ist der Autor diesem Prinzip treu geblieben, er liefert Augenschmaus, er bietet Haptik und kulturell oder wissenschaftlich eingebundene Spielideen. Immer noch befindet er sich auf einer Reise „Mit 80 Spielen um die Welt“ und ist dabei zum zweiten Mal auf der Osterinsel gelandet, diesmal begleitet ihn ein neuer Freund und Erfinderkollege, der Jenaer Mathematikprofessor Ingo Althöfer. Nach HOTU MATUA, dem ersten Osterinsel-Spiel, das den Reisen des sagenhaften gleichnamigen Entdeckers der Osterinsel gewidmet war, steht RAPA NUI diesmal selbst im Vordergrund, gespielt wird auf der Osterinsel. Das berühmte Inseldreieck stellt mit seinen geschwungenen Buchten den großen stabilen Holzspielplan dar, der mit 45 Bohrungen versehen ist, in diese Felder kommen Würfel-Sockel, dort hinein Sockel-Würfel, außerdem besitzt jeder Spieler zwei sein Spiel steuernde Spielsteine.
Wittig und Althöfer begeben sich spielerisch auf die Spuren der Besiedlung der Insel. Ihr taktisches Würfelspiel beginnt mit der ersten Siedlungsphase und endet unter dem Druck der sich ausbreitenden Bevölkerung. Am Anfang setzen die zwei bis drei Spieler ihre beiden Spielsteine ein, von diesen Feldern aus beginnen sie ihre Besiedlung der Insel. In der nächsten Phase, die die Autoren als „Kultur-Phase“ bezeichnen, müssen neun Felder belegt werden, dazu bewegen die Spieler ihre Spielsteine abwechselnd. Sie ziehen ein Feld weiter, auch auf diagonal angrenzende Felder. Die verlassenen Felder werden mit Holzsockeln belegt und einer von neun vorher bereit gelegten Würfeln wird oben auf den Sockel gelegt. Danach folgt das eigentliche Spiel, in dem es enger und enger auf RAPA NUI wird. Zu diesem Zeitpunkt sind beim Spiel zu dritt ein Drittel der 45 Felder mit Spielsteinen oder Würfel-Sockel mit Würfeln belegt. Die Spielsteine der Spieler besitzen also noch genügend Bewegungsmöglichkeiten, um sich auf der Insel auszubreiten. Im Prinzip geht das Spiel wie in der „Kultur-Phase“ weiter: Spielstein bewegen, Würfel-Sockel setzen, würfeln und den Würfel in den Sockel setzen. Zusätzlich muss jetzt ein rosa Würfel geworfen werden. Das Wurfergebnis macht es möglich, einen Würfel aus einem Sockel zu entfernen. Sobald das erstmals passiert ist, dürfen die Spieler nach ihrem Zug entscheiden, ob sie mit dem rosa Würfel werfen oder einen leeren Sockel entfernen. Dadurch können neue Bewegungsräume gewonnen werden. Trotzdem sorgt der Zwang, in jeder Runde den Sockel mit Würfel platzieren zu müssen, dafür, dass es immer enger auf der Insel wird. Sobald ein Spieler keinen seiner Setzsteine mehr bewegen kann, scheidet er aus.
Eine Besiedlungspartie geht meist nach einer halben Stunde vorüber, ein zügiges Spiel also, das Revancherunden zulässt. Die sollte man auch nutzen, denn RAPA NUI ist zwar ein Würfelspiel, besitzt aber einigen taktischen Tiefgang. Das geht schon mit der Einsetzphase los, über die Gebiete abgesteckt werden können. Jeder versucht für sich Rückzugsbereiche zu schaffen, die aber durch die Rosa-Phase immer wieder durchbrochen werden. Dieses Glückselement macht den eigentlichen Reiz des Spiels aus, da dadurch Schneisen in Umzingelungen geschlagen werden können, die den Mitspielern gar nicht passen. Tolles Material, klasse Spielidee und viel Spielspaß, RAPA NUI sollten sich auch große Verlage näher ansehen.
Titel: RAPA NUI
Autor: Reinhold Wittig, Ingo Althöfer
Verlag: Edition Perlhuhn
Spieler: 2 - 3
Alter: ab 10 Jahren
Dauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 60 Euro
Spiel 20/2006 R134/2021
Die Rezension erschien 2006 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zu den Autoren:
Der 1961 in Lage geborene Mathematiker Ingo Althöfer promovierte 1986 in Bielefeld, seit 1994 hat er den Lehrstuhl für Mathematische Optimierung an der Friedrich-Schiller-Universität Jena inne.
Seine Forschungsschwerpunk liegen in den Bereichen Spieltheorie und Kombinatorische Optimierung. Althöfer hat experimentell untersucht, wie sich Lego-Steine beim Waschen in der Waschmaschine zu Zufalls-Komplexen zusammensetzen, die Ergebnisse dokumentierte er in „Meine wunderbare Wasch-Saison“. Sein Highlight der Wasch-Saison2013: „Steine von verschiedenen Herstellern (einschließlich LEGO und der DDR-Marken PeBe2000 und Formo) bilden in der Waschmaschine gemeinsame Zufallskomplexe: Es wäscht zusammen, was zusammen gehört!“
Spielideen veröffentlichte er im Eigenverlag 3-Hirn Spiele. 2006 erhielt Altöfer den Inno-SPATZ der Stadt Göttingen.
Über den Göttinger Geologen, Puppenspieler, Künstler und Spieleerfinder ließen sich Seiten füllen. Ich halte mich an dieser Stelle kurz:
Reinhold Wittig, der 84jährige Erfinder des Spieleautoren Treffens in Göttingen, entwickelt seit 1958 Spiele. 1976 gründete er seinen Kleinverlag Edition Perlhuhn, der mit Skaiplänen und Spielen in der Rolle bekannt wurde.
Zu seinen bekanntesten Spielen gehört die Würfelpyramide DAS SPIEL (1980 mit dem Sonderpreis Schönes Spiel ausgezeichnet), das heute immer noch von Abacus vertrieben wird. Für WIR FÜTTERN DIE KLEINEN NILPFERDE und MÜLLER & SOHN bekam er ebenfalls diese Auszeichnung, für die Grafik war jeweils sein Sohn Matthias verantwortlich. Seine ästhetischen Maßstäbe für Spielmaterial und Optik haben maßgeblich dazu beigetragen, dass der einfache Pöppelalltag aus den Spieleschachteln verschwand. Den Kosmos-Verlag brachte er durch edle Spiele in der Reihe mit der Feder voran, darunter auch eigene Veröffentlichungen wie MARITIM, das 1987 Chancen auf das Spiel des Jahres hatte.
1990 landete er mit DINO, damals noch von Hexagames auf der Auswahlliste für das Spiel des Jahres.
In den 90er Jahren prägte seine Handschrift die Spiele von Blatz und teilweise auch Haba. KULA KULA und das hier schon vorgestellte DOCTOR FAUST aus diesem Verlag bekamen ebenfalls den Preis für das Schöne Spiel.
Die ganz großen Erfolge blieben dann zwar im neuen Jahrtausend aus, immerhin landete CORNU 2007 auf der Empfehlungsliste der Kinderspieljury und MOGULI erhielt 2013 eine MinD-Würdigung.
Die Organisation des Autorentreffens hat Wittig 2016 an die SAZ übergeben. Ein Jahr danach ist er mit dem Göttinger SPATZ ausgezeichnet worden. 2020 wurde Wittig in die Hall of Fame des Origins Award aufgenommen. Aktuell besteht eine enge Kooperation mit Joe Nikisch, der exklusiv bei Abacus einige Perlhühner veröffentlicht.
Das Bild zeigt Wittig und Althöfer bei der SPATZ-Verleihung 2006.
Sonntag, 8. August 2021
NUMBER ONE
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Es wird eng für die NUMBER ONE
Die Crème de la Crème der italienischen Spielautoren hat sich bei dem bei Mespi erschienen Spiel NUMBER ONE mit dem leider im letzten Jahr verstorbenen Alex Randolph zusammengetan. Eine Reminiszenz an den Altmeister, den Nestor aller Spieleautoren, eine Erinnerung an eines seiner Frühwerke PFERDEÄPPEL ist dabei entstanden. Leo Colovini (INKOGNITO, CARTAGENA, CLANS, KÖNIG SALOMONS SCHATZKAMMER u.v.a.), Dario de Toffoli (DUMMY/YUMMY, JAGD DER VAMPIRE u.a.) und Renato de Rosa (INFERNO) greifen zusammen mit Alex Randolph das Isolationsprinzip des 1981 erschienenen Bütehornspiels auf.
Waren es dort kleine Pferdeköttel, die die Pferdefiguren in Schachmanier auf einem Spielplan hinterließen, um damit die Bewegungsmöglichkeiten des Gegenspielers einzuengen, so sind in NUMBER ONE die „Köttel“ alle schon vorhanden. 91 davon liegen – schaumstoffgelagert - in einem sechseckigen Lochbrett und können leicht herausgedrückt werden. Die Spielerzahl hat sich von zwei auf vier verdoppelt, aus den zwei Pferdefiguren sind drei Figuren für jeden Spieler geworden. Das Spielprinzip ist aber geblieben: die Gegenspieler werden in ihren Bewegungsmöglichkeiten eingeengt, so dass der Spieler gewinnt, der sich als letzter noch bewegen kann. Dabei spielt die Spielfigur NUMBER ONE die entscheidende Rolle. Sie ist die kleinste Figur, die jeder Spieler besitzt und kann sich immer nur um ein Feld vorwärts bewegen. Die mittlere Figur muss zwei Felder gehen und die größte drei. Die letzte Figur entspricht durch ihre Winkelzüge am ehesten dem Pferd aus Randolphs Vorläuferspiel. Sobald sich die kleinste Figur eines Spielers nicht mehr bewegen kann, hat dieser verloren. Positiv formuliert: Das Spiel gewinnt der Spieler, dessen kleinste Figur als einzige am Ende noch bewegungsfähig bleibt.
Die tonnenähnlichen Holzfiguren starten je nach Spielerzahl von vorgegebenen Spielplanecken aus. Sie werden so aufgestellt, dass eine Markierung im Kopfteil der kleinen Tönnchen zu sehen ist. Gezogen werden muss immer mit allen drei Figuren. Die Reihenfolge legt jeder Spieler selbst fest. So führt er seine größte Figur über drei Felder, die mittlere über zwei, wobei in der Regel geradlinig gezogen werden muss, ein Abbiegen bei auftretenden Hindernissen (Spielfeldrand oder andere Figuren) aber erlaubt ist. NUMBER ONE kann immer nur ein Feld weitergehen, je nach Position maximal in sechs verschiedene Richtungen. Auf den jeweiligen Zielfeldern werden die schwarzen Markierungssteine hinausgedrückt, so dass in der nächsten Runde, wenn die Tönnchen ihre Felder verlassen, Löcher zurückbleiben. Nur ein einziges Mal dürfen die Spielfiguren solche Felder betreten. Damit die Spieler die Übersicht behalten, welche Figuren diese Möglichkeit genutzt haben, werden sie umgedreht, so dass die Markierung am Kopfende nicht mehr zu sehen ist. Sobald die Spielsituation zum zweiten Mal das Betreten eines Feldes ohne Spielstein nötig macht, muss sie aus dem Spiel genommen werden. Trifft dies die kleinste Figur, ist das Spielende für den entsprechenden Spieler gekommen, auch wenn er noch größere Figuren bewegungsfähig auf dem Spielbrett hat.
NUMBER ONE besitzt deutlich mehr Spieltiefe als das Vorläuferspiel von Alex Randolph. Die Bewegungspflicht für die drei Spielfiguren ermöglicht einerseits aggressives Spiel, das Räubern in den Bewegungsfeldern der Gegner, andererseits kann man versuchen, abzublocken, Schutzräume und damit Bewegungsmöglichkeiten für die eigene NUMBER ONE zu schaffen. Darum geht es im Wesentlichen auch: die Bewegungsspielräume für die kleinste Figur müssen erhalten bleiben, denn das Spielende ist immer schnell absehbar. 91 Spielfelder, von denen in jeder Spielrunde, auch schon durch die Startpositionen je nach Spielerzahl sechs bis zwölf verschwinden, zeigen die Endlichkeit auf. Für Liebhaber taktischer Spiele ist diese italienische Teamarbeit ein Muss, besonders wenn man es zu zweit spielt. Die Südtiroler Firma Mespi hat das Spiel funktionsgerecht produziert. Das Spielmaterial ist hochwertig, die Spielregel lässt keine Frage offen. Ich hätte mir nur eine Farbgestaltung des in Natur gehaltenen Pressholz-Brettes gewünscht.
Titel: NUMBER ONE
Autor: Leo Colovini, Renato de Rosa, Dario de Toffoli, Alex Randolph
Verlag: Mespi
Spieler: 2 - 4
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 15 bis 30 Minuten
Preis: ca. 30 Euro
Spiel 17/2005 R132/2021
Die Rezension erschien 2006 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zu den Autoren:
Diese Teamarbeit von Venice Connection um Randolph, Colovini, de Toffoli und de Rosa darf als Reminiszenz für den 2004 verstorbenen Altmeister Alex Randolph angesehen werden. Seine Partner kleiden den Klassiker PFERDEÄPPEL in ein neues Gewand.
BAZAAR
SAMMELSURIUM
3M Buchkassetten
In den 60er und 70er Jahren hat die Firma 3M (Minnesota Mining & Manufacturing Company) Maßstäbe in der Spielentwicklung gesetzt, die sich auch auf den deutschen Markt auswirkten. Spiele landeten im Buchschuber und damit plötzlich im Bücherregal nicht nur von 3M, sondern als Casino-Spiel von Ravensburger oder in der E-Serie von F.X. Schmid und im kleineren Schuber von Pelikan.
Gut die Hälfte der 3M-Spiele kommt ohne Autorennennung aus, hauptsächlich tauchen Sackson (neben AQUIRE, BAZAAR, EXUCUTIVE DECISION) und Randolph (TWIXT, BREAKTHRU, OH-WAH-REE) auf, daneben noch Frank Thibaut (CONTIGO, PLOY), Winters (HIGH BID), Bernett (PHLOUNDER) und Lipman (POINT OF LAW).
Insgesamt gibt es 29 Spiele der Bookshelf-Reihe, in Deutschland sind dann allerdings nur 10 erschienen (AQUIRE, BAZAAR, BREAKTHRU, EXECUTIVE DECISION, FACTS IN FIVE, FEUDAL, PLOY, STOCKS AND BOUNDS und TWIXT), ergänzt durch drei Klassiker (BACKGAMMON, GO und SCHACH).
Die deutschen Spiele hat Michel Matschoss betreut, der zusammen mit Alex Randolph SAGALAND entwickelt hat und lange Zeit Produktmanager für Winning Moves war.
BAZAAR
In den USA erschien BAZAAR von Sid Sackson zuerst 1967, die deutsche Fassung kam nur ein Jahr später heraus.
BAZAAR ist ein ganz abstraktes Tauschspiel, das sehr variabel immer wieder neue Tauschrelationen von Farbchips neu reguliert, mit denen man Warenkarten erwirbt. Zwei von zehn Kurskarten definieren für jedes Spiel diese Relationen. So bekommt man für einen blauen Chip zwei grüne, oder für einen weißen, einen grünen, einen roten und einen gelben usw.
Ein Warenangebot von vier Karten, deren Erwerb jeweils fünf beliebige Farbchips erfordert, liegt offen aus. Wer am Zug ist erwürfelt sich einen Chip oder nutzt die Tauschoptionen, um später Warenkarten zu kaufen. Der Wert der Karte wird definiert durch die übriggebliebenen Chips. Je knapper man kalkuliert, umso mehr Punkte gibt es. Bei besonders schwierigen mit Sternchen gekennzeichneten Farbkombinationen gibt es mehr Punkte. Wer bei einer einfachen Karte drei oder mehr Chips behält, bekommt nur einen Punkt. Für die Buchhaltung liegt ein kleiner Block bei.
Sobald zwei Warenstapel mit jeweils fünf Karten vollständig verkauft wurden, endet das Spiel. Sid Sackson bietet für BAZAAR auch eine Soloregel an, nach der bewertet wird, wie oft man tauscht, um eine Warenkarte ohne Reststein zu bekommen.
Das Besondere an Sacksons Klassiker ist die Punktwertung. Minimalistisch darf man keinen Tauschwucher betreiben, sondern muss sich auf das Notwendigste reduzieren. Das verstärkt allerdings auch den Grübelfaktor dieses Spiels.
Die Umsetzung mit Plastik-Chips in der 3M-Fassung ist atmosphärisch steril. Zu den vielen Neuauflagen gehörte 1979 eine mit Biersorten. BIER BÖRSE von Parker war aber schnell vom Markt verschwunden. Gelungen war dann aber sieben Jahre später eine Fassung von Schmidt Spiele, in denen kleine Plastikedelsteine das Tauscherlebnis haptischer machten. Die vorerst letzte deutsche Fassung erschien 1993 bei Klee.
Titel: BAZAAR
Verlag: 3M
Autor: Sid Sackson
Spielerzahl: 2 - 6
Alter: o.A.
Spieldauer: ca. 45 Minuten
Preis: ca. 60.- DM
Wertung: Gerne morgen wieder
Sammelsurium 32 – S32/2021
Samstag, 7. August 2021
ECHOES - DIE TÄNZERIN
ECHOES DIE TÄNZERIN – Hör-Spiel
Ravensburger ist ein kleiner Coup gelungen. Mit Dave Neale und Matthew Dunstan konnten sie zwei Autoren für ihr ganz neues und spannendes Projekt gewinnen. ECHOES ist eine Art Zeitreise auf Hörbasis in die Vergangenheit. Gegenstände erzählen Geschichten und die gilt es, in richtiger Reihenfolge zu rekonstruieren.
Das Autorenteam ist Garant für spannende Abenteuer. Neale ist promovierter Spielpsychologe und hat schon an einigen UNLOCK!-Spielen mitgearbeitet und prägt die Sherlock Holmes Reihe der Space Cowboys. Dunstan kennen wir von den ADVENTURE GAMES bei Kosmos und von Spielen wie ELYSIUM und CITY OF ROME.
Das Spiel ECHOES DIE TÄNZERIN ist ohne App nicht spielbar, da die Tonfetzen zu sechs Kapitelkarten und 18 Objektkarten ja irgendwo herkommen müssen. Jeder Tafel, jeder Karte sind Bruchstücke der Geschichte zugeordnet. Wir befinden uns in einem schottischen Landhaus, in dem der Geist eines jungen Mädchens spukt. Das Rätsel um den Tod der kleinen Tänzerin versuchen wir herauszubekommen.
Damit es nicht ganz so schwer wird, werden anfangs neun markierte Karten aussortiert, die erst zur zweiten Hälfte der Geschichte herangezogen werden. Erst einmal geht es darum, die drei Objekte den zugehörigen Kapitelkarten zuzuordnen. Dafür ist Lauschen angesagt, genaues Zuhören, am besten mit geschlossenen Augen, um sich auf das schottische Landhaus mit der merkwürdigen Geschichte der kleinen Tänzerin einzustellen. Ein Lautsprecher lohnt, da die Produktionsqualität exzellent ist.
Man kann zwar vorher schon die Bilder nach Gefühl ordnen, aber das sollte nur einer ersten Hör-Reihenfolge dienen. Manche Kapitel und Objektkarten muss man schon mehrmals hören, um Zusammenhänge zu rekonstruieren. Der Fall der Tänzerin ist nicht zu schwer, der Lösungs-Modus recht hilfreich konstruiert. Man erfährt, wie viele Karten zum gewählten Kapitel passen, aber noch nicht deren korrekte Reihenfolge. Stimmt alles, lohnt es sich, das ganze Kapitel noch einmal zu hören, denn nun enthält es zusätzliche Hinweise. Sind alle sechs Kapitel gelöst, bleibt nur noch eine letzte Aufgabe, diese nämlich in eine korrekte Erzählreihenfolge zu bringen, wobei ein Epilog die Geschichte zu Ende bringt. Wer jetzt denkt, dass sei ja ganz einfach, da jeweils nur die drei in einer Phase gelösten Kapitel zu ordnen seien, täuscht sich. Die Startabschnitte entsprechen nicht den Kapiteln eins bis drei, sondern sind durcheinandergewirbelt. Trotzdem ist es nicht allzu schwer, diese Aufgabe zu lösen.
Die Hör-Komponente ist spannend, weil einerseits Gesprächsfetzen, andererseits nur die Geräusche eine Rolle spielen. Das ist neu und äußerst innovativ und vor allem technisch hervorragend umgesetzt. Die Bilder werden ruckzuck erkannt und auch die Tonqualität ist ausgezeichnet. Gut gefällt mir der Wegfall jeglichen Zeitdrucks, den wir aus vergleichbaren Spielen kennen. Wir können uns Zeit lassen und unser genaues Zuhören wird immer mehr belohnt, das hat Hörspielqualität und läuft auch nicht eindimensional ab. Das Autorenteam sorgt immer wieder für überraschende Wendungen und spannende Geschichten.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: ECHOES DIE TÄNZERIN
Autoren: Dave Neale und Matthew Dunstan
Grafik: M81 Studio
Verlag: Ravensburger
Spielerzahl: 1-6
Alter: ab 14 Jahre
Spieldauer: ca. 60 Minuten
Preis: ca. 10 Euro
Beachtet werden müssen technische Voraussetzungen: iPhone 6s mit iOS 12.0 oder besser oder iPad (2017, 5. Generation), iPad Pro mit iOS 12.0 oder besser. Android-Gerät mit Android 7.0 oder besser.
Spiel 55/2021
Donnerstag, 5. August 2021
KEY LARGO
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Auf Schatzsuche in KEY LARGO
Cayo Lago, die lange Insel, habe ich bisher eigentlich nur mit dem Humphrey Bogart Klassiker „Key Largo“ (1948) in Verbindung gebracht. Seit der Spiel in Essen 2005 lohnt es sich sogar noch weitere 50 Jahre zurück in der Geschichte zu gehen. Paul Randles, Mike Selinker und Bruno Faidutti führen drei bis fünf Spieler ab 10 Jahren in die Meereswelt vor Florida. Versunkene Schiffe mit vergessenen Schätzen liegen vor Key Largo und warten auf ihre Entdeckung. Alles geschieht aber unter enormen Zeitdruck, Katrina warten draußen im Atlantik, nur zehn Tage haben die Taucher zur Verfügung, so wenig, dass das Spiel in Halbtagen abgewickelt wird.
Um aktiv zu werden, besitzen die Schatzsucher am Anfang ein Boot, einen Taucher und etwas Geld. Gold, Edelsteine und Antiquitäten warten an fünf Stellen in drei unterschiedlichen Tiefen auf die Spieler. So ganz unvorbereitet sollten diese aber nicht ins Wasser gehen, dort lauern Seeungeheuer, auf dem Lande ist es auch nicht ganz ungefährlich, da sind es Taschendiebe, die das Leben wenig vergnüglich machen. Um das Spiel zu gewinnen, muss man sich aber aller Gefährdungen mehr oder weniger versichert aussetzen. Ein buntes Treiben herrscht auf Key Largo, nicht unwichtig ist die Kneipe, dort heuern Taucher Diebe an und für eine Lokalrunde gibt es sogar wichtige Tauchtipps. Auf Einkäufe im Tauchladen darf man ebenfalls nicht verzichten, Luftschläuche, Gewichte und Dreizacks helfen bei größeren Tiefen und Angriffen des Seeungeheuers. Wird das Geld knapp, lassen sich immer noch Touristen anheuern, die für halbtägige Schifffahrten bezahlen. Spielentscheidend sind aber letztlich die Schatzfunde, die auf dem Markt verhökert werden können. Angebot und Nachfrage bestimmen an den Aktionsplätzen die Preise, von daher ist auch ein bisschen Psychologie im Spiel, wenn mit Hilfe der zu Rundenbeginn zu spielenden Aktionskarten die Zielorte festgelegt werden. Nach zehn Doppelrunden ist das Spiel vorbei, wer dann am meisten Geld besitzt, gewinnt innerhalb einer knappen Stunde das Spiel.
KEY LARGO hat einen leicht zugänglichen Spielablauf, der besonders in der Besetzung mit vier oder fünf Spielern familienspieltauglich ist. Die Grundelemente des Spiels sind schnell verstanden, das Ineinandergreifen dieser Elemente verspricht Spielspannung. Die Grundspannung entwickelt KEY LARGO aus dem ADEL VERPFLICHTET-Prinzip, dass niemand weiß, wo die anderen agieren. Ärger und Freude sind damit vorprogrammiert. Damit ist KEY LARGO ein gutes Familienspiel, Vielspieler werden eher gelangweilt die Schulter zucken. Sie reißt wahrscheinlich auch nicht die Profivariante mit zusätzlichen Charakterkarten für Sonderaktionen vom Hocker. An der Ausstattung hat Tilsit gespart, der Plan liegt leider nicht plan, die Schiffe sind wohl die zukünftigen Wracks, kippelnd sind sie dem Untergang geweiht. Grafisch weiß Key Largo aber durchaus zu gefallen. Die Arbeit David Cochards, der auch für Himalaya verantwortlich zeichnete, ist hervorragend. Wenn Sie ihn kennen lernen wollen, schauen Sie sich den Verkäufer im Tauchladen näher an, in ihm hat sich Cochards porträtiert. Schön ist auch die Idee, Autoren, Grafiker und Herausgeber auf den Geldscheinen zu verewigen. Eine postume Würdigung des 2003 verstorbenen Paul Randles ((Piratenbucht), der die Ausgangsideen für das Spiel entwickelt hat. Sein Freund Mike Selinker hat sie dann weiterverfolgt und schließlich Bruno Faidutti mit ins Boot geholt. Aus der 2003 beginnenden transatlantischen Kooperation mit dem Arbeitstitel Treasure Island wurde schließlich das spannende Familienspiel Key Largo.
Titel: KEY LARGO
Autor: Paul Randles, Mike Selinker und Bruno Faidutti
Grafik: Johann Aumaitre, David Cochard u.a.
Verlag: Tilsit
Spieler: 3 bis 5
Alter: ab 10 Jahren
Dauer: ca. 45 Minuten
Preis: ca. 30 Euro
Spiel 17/2006 R130/2021
Die Rezension erschien 2006 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zu den Autoren:
Wie im Text damals schon erwähnt, stammt die Idee ursprünglich vom früh verstorbenen Paul Randles (1965-2003), der 2002 PIRATENBUCHT veröffentlichte. Sein Freund Mike Selinger, der für Wizard of the Coast und Avalon Hill arbeitete und rund 200 Veröffentlichungen (darunter AXIS & ALLIES und BETRSYAL AT HOUSE ON THE HILL) vorweisen kann, entwickelte das Spiel mir Bruno Faidutti weiter, bekannt vor allem durch OHNE FURCHT UND ADEL, DIAMANT und BOOMTOWN.
Mittwoch, 4. August 2021
JUST 4 FUN
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Kurze Regel – langer Spielspaß: JUST 4 FUN
„Ich will mich nicht lange durch Regeln arbeiten müssen, um spielen zu können“, höre ich immer wieder in Gesprächen über Brett- und Kartenspiele. Deshalb überleben die vielen Klassiker wie SCRABBLE, MONOPOLY und TRIVIAL PURSUIT. Die Regeln sind bekannt, große Vorbereitungen sind nicht nötig, große Erklärungen für die Mitspieler ebenfalls nicht. Man sitzt am Spieltisch und es geht sofort los.
Das bieten nur wenige neue Brettspiele, JUST 4 FUN von Jürgen Grunau gehört dazu. Sein Spiel ist in nicht einmal zwei Minuten erklärt. Der Zuschauerblick auf eine Partie genügt und sofort kann man einsteigen. So einfach ist das Setzspiel aus dem Kosmos Verlag.
Gespielt wird auf einem großen bläulichen Spielplan mit 36 Feldern, denen ungeordnet die Zahlen eins bis sechsunddreißig zugeordnet sind. Das Spielziel ist klassisch an VIER GEWINNT angelehnt. Dazu setzen die Spieler ihre Setzsteine, kleine Plastikhütchen, auf diese Felder. Etwas Rechenarbeit ist allerdings nötig, denn die Spielsteuerung geschieht mit Kartenwerten von eins bis neunzehn. Vier Karten haben die zwei bis vier Spieler stets zur Verfügung, die sie, beliebig kombiniert, ablegen dürfen. Auf das Feld mit der entsprechenden Zahl kommt dann der Spielstein. Hat ein Spieler beispielsweise die Karten 1, 3, 12 und 17 auf der Hand, kann er eine Karte spielen und die entsprechenden vier Felder markieren, er könnte durch Ablegen mehrerer Karten aber auch auf die Felder 13, 16, 20, 33, usw. setzen. Ein Zahlenfeld gehört einem Spieler dann endgültig, wenn er dort zwei Steine mehr als die Mitspieler besitzt. Gewinnt ein Spieler auf diese Weise vier nebeneinander liegende Felder, gewinnt er das Spiel. Schafft es kein Spieler nach Setzen der 20 Spielsteine, zählen die Punktwerte der gewonnenen Spielfelder für den Spielsieg.
JUST 4 FUN macht richtig Spaß! Das scheinbar nüchterne Addieren von Zahlen gerät hier zum reinen Vergnügen, Kinder lernen so ganz nebenbei auch etwas einfache Mathematik. Der Glücksfaktor ist zwar hoch, das muss aber kein Nachteil sein. Fast immer bieten die Karten mehrere Möglichkeiten eigene Ketten zu entwickeln oder die Mitspieler in Schwierigkeiten zu bringen. Das Spiel bereitet eingefleischten Brettspielern Freude, eignet sich aber ebenso als Spiel für Kinder mit ihren Eltern und auch Großeltern. Dabei taucht man zwar nicht großartig in thematische Spielwelten ein, besiedelt keine Inseln, geht nicht auf Schatzsuche. Trotzdem hinterlässt es nach einer Partie, bei der es garantiert nicht bleibt, ein nachhaltiges Spielerlebnis. Ein ganz besonderer Spielschatz kann entdeckt werden. Der Verlag hat das Spiel überzeugend umgesetzt. Mit JUST 4 FUN hat Kosmos gute Chancen 2006, elf Jahre nach der Auszeichnung für die SIEDLER VON CATAN, wieder einmal die lang verdiente Hauptwürdigung zu erhalten. Grunaus Spiel hat alle Qualitäten, ein neuer Spieleklassiker zu werden.
Wieland Herold
JUST 4 FUN
Verlag: Kosmos
Autor: Jürgen P. K. Grunau
Grafik: Claus Stephan
Alter: ab 10 Jahren
Anzahl Spieler: 2-4
Spieldauer: ca. 20 Minuten
Preis: ca. 25 Euro
Spiel 16/2006 R129/2021
Die Rezension erschien 2006 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der 68jährige Psychologe Jürgen Grunau hat über 30 Spiele veröffentlicht, viele davon im Team mit Wolfgang Kramer und Hans Raggan (KRAG-TEAM), so BLOX, das 2008 zum Spiel des Jahres nominiert war.
2006 war für Grunau das wohl erfolgreichste Jahr, mit JUST 4 FUN war er zum Spiel des Jahres nominiert und mit GIRO GALOPPO zum Kinderspiel des Jahres.
Auf dem Bild ist Grunau auf der Spiel in Essen 2004 zu sehen.
Sonntag, 1. August 2021
GEISTER
SAMMELSURIUM
Bütehorn Buchkassetten: GEISTER
Die Buchkassetten, die Ravensburger und Pelikan bis Mitte der 70er Jahre herausbrachten, waren wirtschaftlich nur bedingt Erfolge für die Verlage. Als beide Firmen ihre Reihen einstellten und die hannoverschen Pelikane dann bald auch ihre Spielproduktion, füllte die Lücke eine neue Firma aus dem Umfeld von Hannover. Die Bütehorn KG brachte ab 1976 wertige Buchschuber-Spiele unter dem Dach des Buchholz Verlags in Sarstedt bei Hannover heraus, hielt sich allerdings auch nur bis 1982 auf dem Markt.
Markenzeichen der Buchkassetten aus Sarstedt waren Klappdeckel und Druckknopf-Verschluss an einem Leinenanhänger. Heute ist das zwar eine Schwachstelle vieler in die Jahre gekommenen Spiele, damals war das aber eine originelle Idee. Die Reihe der mittleren Buchkassetten in den 80ern verzichtete dann schon auf diesen Verschluss und nutzte einen normalen Pappdeckel. Von diesen Ausgaben wurden mit der Insolvenz des Verlags einige von Hexagames übernommen. Der Verlag aus Dreieich nutzte die Spiele, um ein gutes Startprogramm neben dem Wirtschaftsspiel LONG SHORT zu haben.
Das Bütehorn-Programm war geprägt von großen, mittleren und kleinen Buchkassetten-Spielen. Daneben gab es einige Spiele in flachen Schachteln u.a. die damals sehr bekannten Ferienrallys. Prägend für die Programmgestaltung war Erik Grischeit als Produktmanager, er hatte vorher für Parker gearbeitet. Grischeit, der mit dem Schweizer Journalisten Walter Luc Haas befreundet war, holte bekanntere Autoren ins Programm. So kam er an DAMPFROSS, das in der Ausgabe von Schmidt Spiele 1984 Spiel des Jahres wurde. Auf der ersten Liste der Jury Spiel des Jahres 1979 waren gleich zwei Titel des Verlages vertreten. SETI bekam den ersten Sonderpreis für das schöne Spiel. Die Jury wollte damit zugleich auch den Buchholz-Verlag für sein Bemühen um besonders schön und aufwändig gestaltete Spiele würdigen. Neben SETI landete BLOCKADE von Sid Sackson auf der Auswahlliste. RÄUBER UND GENDARM von Rudi Hoffmann kam 1981 auf dem Bronzeplatz in diesem Jahr, hinter SAGALAND und FOCUS. 1982 schaffte es dann GEISTER von Alex Randolph auf die Liste der Jury.
GEISTER
In Randolphs Geisterschloss spuken acht gute und acht böse Geister herum. Sie bewegen sich in einem Burglabyrinth, das als 6x6 Felder großer Spielplan angelegt ist. Anfangs stehen sich die acht Geister jedes Spielers frontal in einer 2x4 Aufstellung gegenüber. Keiner weiß , welches dabei die guten, durch einen grünen Rückenstecker gekennzeichnet, und die bösen Geister sind. In dieser Bütehornfassung sind das die mit gelbem Stecker.
Für das Geisterduell hat sich Randolph drei unterschiedliche Spielziele ausgedacht. Entweder fängt einer alle guten Geister seines Gegners, oder er lässt den alle eigenen bösen Geister fangen. Schließlich gewinnt man auch noch, wenn man einen guten Geist durch das Eckzimmer ins Freie führt.
Alles funktioniert ganz simpel durch abwechselndes orthogonales Ziehen der Figuren in alle Richtungen, nur diagonale Bewegungen sind verboten. Wer in einem Raum zieht, in dem sich ein gegnerischer Geist befindet, schlägt diesen. Und dadurch entwickelt sich das spannende Geister-Duell mit Angeboten, Drohgebärden und vor allem ständigen Bluff-Versuchen.
Einfacher geht’s nicht. Es gibt aber auch kaum ein vergleichbar gutes Bluffspiel auf dem Markt, das in unendlich vielen Varianten immer wieder neu aufgelegt wurde. Später dann meist unter dem Titel DIE GUTEN UND DIE BÖSEN GEISTER (1984 von Schmidt Spiele, 1992 von Noris, 2001 von Drei Magier, 2015 von Asmodee).
Titel: GEISTER
Verlag: Bütehorn
Autor: Alex Randolph
Spielerzahl: 2
Alter: o.A. (jung und alt)
Spieldauer: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 40.- DM
Wertung: Gerne morgen wieder
Sammelsurium 31 – S31/2021
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