Sonntag, 24. Februar 2019
SHERLOCK VERBLEIB UNBEKANNT
Dass in der Flut der Krimirätselspiele immer einmal wieder eine neue Facette auftaucht, erleben wir im Augenblick mit der SHERLOCK-Reihe aus Spanien. Abacusspiele aus Dreieich hat seine 3 SECRETS- und DECKSCAPE-Reihe um die Fälle aus Barcelona ergänzt. In Nürnberg wurde schon einmal vorab SHERLOCK VERBLEIB UNBEKANNT verteilt.
Entwickelt haben die Ideen die beiden Barcolenesen Martí Lucas Feliu und Josep Izquierdo Sanchez. Ein Skatblatt reicht in ihren Fällen zahlenmäßig aus, um die Fallinformationen auf 32 Karten zu packen, ergänzt durch QR-Codes zu den Spielregeln, der Einführung und zur Lösung.
Das Besondere an ihrer kooperativen Falllösung ergibt sich aus der Eigenverantwortung jedes einzelnen Spielers. Einen Chefermittler, der alles in die Hand nimmt und an die anderen nur Hilfsaufgaben delegiert, kann es bei den SHERLOCK-Fällen nicht geben. Jeder besitzt drei Handkarten, ab sechs Spielern nur zwei, und ist für die Informationen auf diesen Karten verantwortlich. Solange er sie auf der Hand hat, darf er nur sehr rudimentäre Hinweise weitergeben, Sobald sie ausgespielt sind, stehen aber alle Karteninformationen dem Team zur Verfügung. Die Zwickmühle, in die dabei jeder gerät, ist, dass nicht alle Hinweise von Bedeutung sind. Damit spielt nicht nur die Enträtselung des Falles eine wichtige Rolle im Spielablauf, das Trennen von Spreu und Weizen gehört ebenso dazu. Denn in jedem Zug muss der aktive Spieler entscheiden, ob er eine seiner Handkarten offen auslegt oder abwirft, weil am Ende die Gruppe mindestens sechs unwichtige Karten abgeworfen haben muss.
Der konkrete Fall spielt in Barcelona. Eine junge Frau kommt nach Hause und findet eine völlig durchwühlte Wohnung vor und der Verbleib ihres Mannes Julian scheint unklar. Was ist passiert? Wo ist Julian? Der mysteriöse Fall kann mit Hilfe vieler, aber nicht aller der 32 Karten gelöst werden. Anfangs ist es schwierig zu erkennen, welche Informationen denn nun von Bedeutung sein könnten und welche nicht. Mit der Zeit kristallisiert sich aber ein Lösungsumfeld heraus, aus dem sich der Ablauf rekonstruieren lässt.
Sind alle Karten gespielt oder abgelegt, müssen zehn Fragen zum Fall beantwortet werden. Die Lösungen schreibt man am besten kurz auf, damit die folgende Überprüfung über einen weiteren QR-Code schneller abläuft. Für jede richtige Antwort gibt es zwei Punkte, für jede falsch abgelegte Karte wird ein Punkt abgezogen. Dort kann man dann auch nachlesen, ob die Gruppe das Niveau eines Sherlocks erreicht hat, dazu braucht es aber 18 oder mehr Punkte.
Das Besondere an SHERLOCK ist weniger der Fall, der bietet nur normale Hausmannskost, als die Mischung aus Kooperation und Selbstverantwortung. Das Abwägen von Auslegen oder Abwerfen der Karten ergibt eine ganz eigene Spielspannung, da man sich am Ende natürlich ärgert, wenn man als einziger eine falsche Karte abgeworfen hat. Soviel darf aber verraten werden, ganz viel Angst brauchen die Spieler eigentlich nicht zu haben, denn es gibt schon mehr als sechs Karten, die letztlich unwichtig sind. Wer eine relevante Karte weggeworfen hat, kassiert nicht nur für die Gruppe einen Minuspunkt. Meist ist es auch so, dass eben diese Karteninformation zur Lösung einer der Kontrollfragen am Ende gebraucht wird. Dann muss man sich erinnern, welche Informationen auf der Karte standen. Was gerade in dieser Schlusssituation oft nicht einfach ist. Erwähnenswert ist, der Fall ist nur einmal spielbar, kann aber gut weitergereicht werden, da das Kartenmaterial unbearbeitet bleibt.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: SHERLOCK VERBLEIB UNBEKANNT
Autoren: Martí Lucas Feliu und Josep Izquierdo Sanchez
Grafik/Design: Alba Aragon
Verlag: Abacusspiele
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 1-8
Spielzeit: ca. 60 Min.
Preis: ca. 7 Euro, das beschriebene Spiel gibt es kostenlos ohne Verpackung, solange der Vorrat reicht
Spiel 14/2019
Samstag, 23. Februar 2019
NAPOLEON 1813
Solo unterwegs
Stephan Riedel ist für Solospieler immer noch so etwas wie der Geheimtipp der Szene. 2019 feiert er 20jähriges Jubiläum seines Verlages Clicker Spiele mit Sitz in Büttelborn in der Nähe von Groß-Gerau. 1999 startete er kompetitiv mit dem OSTFRIESENLAUF, ein witziges Wettrennen mit Kartensteuerung, das sich nicht wirklich steuern ließ, aber unheimlich viel Fez machte. Mit dem Western-Spiel OLD TOWN beginnt 2004 die Geschichte seiner Deduktionsspiele, die sich hervorragend alleine spielen lassen. Auf diese Art von Spielen spezialisiert sich Riedel immer mehr und bindet sie mit der Zeit immer stärker in ein ganz konkretes und gute recherchiertes historisches Umfeld ein. Perfekt gelingt ihm das 2009 mit SCHINDERHANNES. Waren die meisten älteren Spiele sowohl solo als auch mit mehreren Spielern spielbar, setzt Riedel inzwischen ganz auf die Solitärspiele.
Ganz aktuell ist NAPOLEON 1813 erschienen, indem es darum geht, die entscheidenden Tage der Völkerschlacht von Leipzig zu rekonstruieren. Fast 600.000 Soldaten standen sich in den Oktobertagen des Jahres 1813 in der Ebene von Leipzig gegenüber. Das zahlenmäßig überlegene alliierte Herr der Preußen, Österreicher, Russen und Schweden stand den Truppen Napoleons gegenüber, dem sich das Herzogtum Warschau, einige Rheinbundstaaten und das Königreich Italien angeschlossen hatten. Die zentralen Akteure spielen alle mit, da finden wir neben Bonaparte seine Generäle Murat, Ney, Bertrand und den polnischen Heerführer Poniatowski, ihnen gegenüber vor allem Schwarzenberg, Blücher und Yorck.
19 Generalskarten dienen der Rekonstruktion, ergänzt werden diese durch 13 Ortschaftskarten des Gebiets der Völkerschlacht. Alle Karten enthalten Informationen zu sechs Tagen der Schlacht, die sich meist auf benachbarte Truppenteile oder bestimmte Landschaftsfelder beziehen. So wissen wir über Napoleon, dass er neben seinem General Bertrand am 15. Oktober hat seine Truppen aufmarschieren lassen. Suchen wir dann in den Ortskarten weiter, so erfahren wir zum Beispiel, dass Bertrand in der Region Mockau im Norden von Leipzig aktiv war und Napoleon in Schönefeld, südöstlich von Mockau gelegen. Mit diesen Informationen lassen sich die Positionen der Armeen immer weiter eingrenzen, sodass allmählich ein Puzzle der Gefechtslage entsteht.
Holzmarker, die farblich den Generälen zugeordnet sind, unterstützen den Denkprozess, der auf einer kleinen Pappkarte umgesetzt werden kann. Atmosphärisch hat Riedel die Stimmung mit der Verwendung zeitgenössischer Grafiken sehr gut umgesetzt. Die Rätsel für die sechs Schlachtentage sind unterschiedlich komplex, das erste zum 15. Oktober, aus dem ich Anfangsüberlegungen oben beschrieben habe, ist einigermaßen leicht lösbar, es gibt aber auch ganz verzwickte Konstellationen wie die zum 18. Oktober, für die es viele Anläufe braucht. Wer Interesse an Geschichte und Freude an Logikrätseln hat, der sollte hier unbedingt zugreifen. Riedel wird 2019 diese Reihe weiter fortsetzen, dazu legt er alte Ideen wie SCHINDERHANNES und FLEET 1715 neu auf. Im Laufe des Jahres erscheinen noch weitere Neuentwicklungen wie DEADWOOD 1876 und PHILADELPHIA 1895. Wer übrigens Logikspielen nichts abgewinnen kann, für den bietet Riedel mit seinem Kartenmaterial zusätzlich klassische Spielvarianten wie SUPERTRUMPF und QUARTETT an.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: NAPOLEON 1813
Autor: Stephan Riedel
Grafik/Design: Bernhard Kilchmann, Stephan Riedel
Verlag: Clicker Spiele
Alter: ab 12 Jahren
Spielerzahl: 1-2
Spielzeit: ca. 60 Min.
Preis: ca. 13 Euro
Spiel 13/2019
Freitag, 22. Februar 2019
20 QUESTIONS
Alte Schätze neu gehoben
Unter dem Motto „Rückkehr der 90er“ gibt es in diesem Jahre einige Neuauflagen, so 20 QUESTIONS von Piatnik und TAGS von Asmodee. Das erste Spiel hat die Jury „Spiel des Jahres“ 1991 in der MB-Fassung immerhin auf ihrer Auswahlliste gehabt, TAGS bearbeitet CATEGORY neu, das 1994 eg-Spiele veröffentlicht hat. Die Stadt-Land-Fluss-Variante ließ die Jury damals links liegen, es reichte aber zu einer Nominierung für den As d'Or 1995.
20 QUESTIONS, das später als QUERDENKER herauskam und viele Jahr von University Games vertrieben wurde, ist ein Quizspiel dessen Qualität von der redaktionellen Aufarbeitung der 20 Lösungshinweise abhing. Da wird nach Personen, Gegenständen, Orten und Jahren gefragt, woraus sich automatisch ergibt, dass die unterschiedlichen Ausgaben aus ihrer Zeit heraus bewertet werden müssen. Mit Johannes Paul II., nach dem in der ersten Ausgabe gefragt wurde, wird heute kaum noch jemand etwas anfangen können. Sehr wahrscheinlich wird die Sängerin und Schauspielerin Miley Cirus aus der aktuellen Ausgabe 2046 auch niemand mehr kennen.
Am Spiel selbst hat sich wenig geändert, nur der Würfel fehlt. Eine Person übernimmt die Rolle des Vorlesers, reihum bekommen die Mitspieler Informationen, indem sie nach einem der 20 Hinweise fragen. Da erfährt man, dass das Ding, um das es geht, früher aus Glas war. Der nächste Spieler bekommt den Hinweis, dass das Ding paarweise auftritt. Es wurde von Herrn Frick 1887 erfunden und ist nicht für jeden geeignet, außerdem hat es seine eigene Lösung. Das ist eine der typischen zeitlosen Ratefolgen, die 20 QUESTIONS spannend machen. Wer die Lösung findet, bekommt so viele Punkte, wie noch Fragen übrig sind. Der Vorleser erhält für jede gestellte Frage einen Punkt. Da viele Karten schnell beantwortet werden, sind die Sprünge auf der 61 Felder-Bahn gewaltig. Wer beispielsweise die Erstinformation erhält: „Ich bin ein Universalgenie!“, wird locker 19 Felder marschieren dürfen. Auf das Drumherum wie Aussetzen, Vorrücken oder Zurückgehen kann man gut und gerne verzichten. Die Bonusrunde mit fünf Rateversuchen ist zwar ganz nett, aber am liebsten spielen wir in großer Besetzung ganz ohne Spielbrett, weil einfach nur das Raten enorm viel Spaß macht.
Piatnik versucht mit den aktuellen 300 Fragen recht zeitlos zu bleiben. Sortiert man etwa 25 Karten aus, hat man eine Fassung, die auch 2029 noch funktionieren wird. Ganz aktuell ist das Spiel sowieso nicht, so enden die Jahresfragen schon 2016. 20 QUESTIONS funktioniert heute wie damals vor allem durch den Reiz der Hinweise, bei denen man um die Ecke denken darf. Das klappt auch mit der Piatnik-Bearbeitung vor allem in großen Runden gut.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: 20 QUESTIONS
Autor: Robert Moog und Scott Mednick
Grafik/Design: keine Angabe
Verlag: Piatnik
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2 – 6
Spielzeit: ca. 45 Min.
Preis: ca. 30 Euro
Spiel 12/2019
Donnerstag, 21. Februar 2019
OHANAMI
Kartenfolgen von 1 bis 100 und darüber hinaus haben es Steffen Benndorf angetan, perfekt und kooperativ hat er diese Grundidee der Kartenablage in THE GAME umgesetzt, jetzt versucht er es in dem Spiel OHANAMI konfrontativ mit 120 Karten.
Im Gegeneinander taucht kein Totenkopf mehr auf, eher meditativ gestalten wir drei wundervolle japanische Gärten. Versetzt werden wir in die Zeit der japanischen Kirschblüte. Das Betrachten von Blüten, japanisch „Hanami“, gehört in der Zeit von Ende März bis Anfang Mai zu den traditionellen japanischen Festen. Vielerorts werden in dieser Zeit die keine Früchte tragenden japanischen Kirschbäume in Parks nachts angestrahlt, sodass die hellrosa Blüten im Kontrast zur dunklen Nacht stehen. Doris Dörrie nutzte das Hanami-Fest für ihren Film „Kirschblüten“, der 2008 für den Goldenen Bären der Berlinale nominiert war.
Christian Opperer gelingt es, durch viele individuelle Kartengrafiken atmosphärisch kleine japanische Stein- und Wassergärten mit viel Grün und rosa Kirschbaumblüten auf dem Spieltisch entstehen zu lassen. Im Spiel selbst achtet man zwar nicht mehr so darauf, aber einzeln betrachtet sind alle Karten kleine Meisterwerke. Die 120 Karten sind in unterschiedlicher Anzahl verteilt auf die Steingarten-Karten und die anderen Pflanzwelten. Jede siebte Karte zeigt Steinelemente, fast jede dritte Karte ist grün, wobei die Reihung bei 35 Karten nur wenige Lücken lässt. Bei den 34 blauen Wasserkarten folgen die Abstände in 2er, 4er und 6er-Schritten, die restlichen 34 rosa Karten haben einen hohen Primzahlanteil.
OHANAMI wird in drei Spielrunden mit jeweils zehn Karten von zwei bis vier Gartenarchitekten gespielt. Der Spielablauf ist typisch für den Autor ganz einfach, die Spieltiefe ergibt sich mit der Spielerfahrung. Jeder sucht sich zwei Karten von seinen Handkarten aus, legt diese verdeckt vor sich ab und draftet dann den Rest der Karten. Die ausgewählten Gartenteile kommen in die persönliche Auslage, die aus maximal drei Kartenreihen bestehen darf. Liegt die erste Karte einer Reihe aus, darf diese zahlenmäßig sowohl nach oben als auch nach unten ergänzt werden, wobei darauf zu achten ist, dass man immer noch Platz für mittlere Werte lässt, denn ganz hohe und ganz tiefe Karten lassen sich immer unterbringen. Neben den Zahlenwerten hat man aber vor allem die Gartenarten im Blick, denn nach dem Ausspielen der ersten zehn Karten und denen der Folgerunden kommt es jedes Mal zu einer Wertung.
In der ersten Runde werden nur die Wasserkarten gewertet und das gleich dreifach. Für die blauen Karten wiederholt sich diese Wertung insgesamt dreimal, sodass zuerst gelegte blaue Karten bis zum Ende neun Wertungspunkte bringen. In der zweiten Runde wird die Wertung durch die grünen Karten ergänzt, bei denen jede Karte vier Punkte bringt. Durch die Schlusswertung werden die ersten grünen Karten damit mit acht Punkten belohnt. In der abschließenden letzten Runde kommt es zur Wertung aller vier Gartenteile. Die Steingärten bringen sieben Punkte und die Kirschblüten folgen den Dreieckszahlen in der typischen Folge 1,3,6,10 usw. Maximal können die rosa Blüten 120 Punkte bringen, was einer achtfachen Wertung jeder Karte entspricht und damit einer Quote, die nur scheinbar von den Wasserkarten übertroffen wird, da man anfangs meist nur vier oder fünf blaue Karten in die Auslage bekommt, die dann am Ende neunfach in die Bilanz eingehen.
Die Spannung in OHANAMI ergibt sich aus dem Drafting-System. Es bringt nichts, nur auf die eigene Auslage zu schielen. Wenn der Spieler vor mir Kirschblüten sammelt, dann werden wahrscheinlich nicht allzu viele bei mir landen. Da nutzt es auch nur wenig, dass die zweite Runde gegen den Uhrzeigersinn gespielt wird. Einerseits muss ich an meiner Kartenauslage orientiert bleiben und auch dort Zahlenoptionen offenlassen, damit ich nicht in unnötige Zwänge komme, andererseits ist der Kontrollblick in die Nachbargärten schon notwendig. Das kann vor allem bei den letzten Karten von Bedeutung sein, wenn bestimmte Kartenwerte größere Zahlensprünge beim Gegner zur Folge haben. Es geht daher nicht nur um die persönliche Gartengestaltung, sondern um Zahlenunkraut für den Nachbarsgarten.
Benndorf ist mit seinem Zahlen Auf und Ab wieder einmal ein gutes Spiel gelungen, das diesmal sogar grafisch richtig zu gefallen weiß. Folgen wir daher dem Spiel und einer alten japanischen Weisheit:
Willst Du für eine Stunde glücklich sein, so betrinke Dich.
Willst Du für drei Tage glücklich sein, so heirate.
Willst Du für acht Tage glücklich sein,
so schlachte ein Schwein und gib ein Festessen.
Willst Du aber ein Leben lang glücklich sein,
so schaffe Dir einen Garten.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: OHANAMI
Autor: Steffen Benndorf
Grafik/Design: Christian Opperer
Verlag: NSV
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2 – 4
Spielzeit: ca. 20 Min.
Preis: ca. 9 Euro
Spiel 11/2019
Mittwoch, 20. Februar 2019
MONSTER-BANDE
Das Herbstprogramm der Drei Hasen in der Abendsonne prägte grafisch einmal nicht Johann Rüttinger, der 36jährige Illustrator Florian Biege zeichnet für beide Veröffentlichungen verantwortlich. Dass er sein Handwerk versteht, beweist der Münsteraner in seiner Kooperation mit Walter Moers. Seine Comicfassung von „Die Stadt der träumenden Bücher“ ist erste Sahne. Und Biege kann nicht nur illustrieren, eines der beiden Spiele hat er zusätzlich noch selbst entwickelt. Mit MONSTER-BANDE geht er damit auch erstmalig unter die Spieleautoren.
Sein Spielmaterial, zweimal 54 unterschiedliche Monsterkarten, könnte theoretisch zu einem simplen MEMO-Spiel taugen, bei dem die jeweils unterschiedlichen Kartenrückseiten das Suchen sogar erleichtern würden. Biege will es aber raffinierter und er fordert Kinder ab sieben Jahren auch sprachlich. Die Hälfte der Karten wird offen ausgelegt, der Rest steht verdeckt in Stapeln bereit. Gespielt wird in Teams, wobei der eine Teampartner dem und den anderen erklären muss, welche Karte er zu suchen hat. 60 Sekunden haben die Rater Zeit, so viele Monster wie möglich zu finden. Das alleine klingt schon schwer, wenn man die Formulierungsprobleme von Grundschülern im Blick hat. Biege will aber noch mehr, zwei Würfel definieren Begriffe, die in der laufenden Runde nicht benutzt werden dürfen. Einmal darf nichts über die Größe und Augen gesagt werden, dann über Zahlen oder Gliedmaßen. Sonst ist alles erlaubt, neben der Sprache können Mimik und Gestik hilfreich sein, indem das Monster imitiert wird. Dieser Part macht Kindern besonders viel Spaß. Die Zuhörer dürfen auch Fragen stellen, bis sie das Monster richtig identifiziert haben. Das gegnerische Team kontrolliert, dass die Würfelvorgaben eingehalten werden, klappt das nicht, wird die gezogene Karte wieder unter den Stapel geschoben. Gespielt wird, bis alle 54 Monster gefunden wurden, was mit der Zeit natürlich immer schneller geht.
Wer es einfacher machen will, lässt die Würfel weg oder spielt nur mit einem Würfel, die Kartenzahl kann natürlich auch reduziert werden. Dann schlagen Biege und der Verlag noch Varianten für zwei und drei Spieler vor, letztendlich taucht auch das anfangs erwähnte klassische MEMO-Spiel unter den Variationen auf.
Was Kindern anfangs Probleme bereitet, sind die Würfelsymbole, die nicht unbedingt eingängig sind. Da ist Erwachsenenhilfe und Begleitung während des Spielens unbedingt nötig. Die Monster finden viel Anklang, in ihrer vieläugigen, haarigen und stacheligen Varianz haben sie alle irgendwie etwas liebenswert Ironisches. Der Teamgedanke lässt auch große Gruppen zu, wenn mehr mit raten, werden die Monster auch schneller gefunden. Alles hängt natürlich von der Beschreibung ab, aber auch dabei ist ein Lernzuwachs bei Erst- und Zweitklässlern festzustellen. Wenn sie erst einmal merken, dass es neben Farbe, Beinen und Augen noch viele weitere Beobachtungsbereiche gibt, die das Unterscheiden leichter machen, dann schafft man auch einmal drei Monster innerhalb des Sanduhrrieselns. Ein gelungener Einstieg in die Spielwelt von Florian Biege, grafisch und spielerisch zugleich.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: MONSTER-BANDE
Autor: Florian Biege
Grafik/Design: Florian Biege
Verlag: Drei Hasen in der Abendsonne
Alter: ab 7 Jahren
Spielerzahl: 2 – 8
Spielzeit: ca. 20 – 30 Min.
Preis: ca. 20 Euro
Spiel 10/2019
Dienstag, 19. Februar 2019
STAKA
Wer die Hintergrundgeschichte von FUNKELSCHATZ kennt, der weiß, dass Lena Burkhardt aus dem Spiel mit Vorhangringen auf die Idee zum „Kinderspiel des Jahres“ 2018 kam. Ganz ähnlich erging es Michael Baumann, der in geselliger Runde Serviettenringe stapelte und nun mit STAKA sein erstes Spiel vor sich hat.
Das Besondere an Baumanns Idee ergibt sich aus der Form seiner 13 „Serviettenringe“, es sind recht breite Holzquadrate mit großer Lochung und gekanteten Seitenteilen. Dadurch stehen die Ringe nicht nur stabil senkrecht auf ihren Längsseiten, sondern auch auf den kleineren Schmalseiten der Kanten. Mit fast 40 Aufgabenkarten bietet Baumann unterschiedliche Spielmodi an. Im „Duell-Modus“ geht es darum, wer als schnellster Vorgaben mit bis zu sechs Steinen nachbaut. Im „Flash-Modus“ baut zwar einer alleine, er steht aber unter dem Zeitdruck eines Würfels, denn solange er baut, werden die Würfelpunkte addiert. Wer am Ende die wenigsten Punkte hat, gewinnt diese Auseinandersetzung, bei der darauf geachtet werden sollte, dass die Anforderungen der Aufgabenkarten vergleichbar bleiben. Diese sind zwar schon zwei Schwierigkeitsgraden zugeordnet, aber auch innerhalb dieser Einordnung gibt es erhebliche Anforderungsunterschiede. Es gibt auch Spieler, denen die Vorstellungskraft für die dreidimensionalen Nachbauten fehlt.
Richtig herausfordernd ist der „Zen-Modus“, der waghalsige Bauten mit oft allen 13 STAKA-Steinen enthält. Dazu passt der Solomodus gut, es funktioniert aber auch abwechselnd mit mehreren Spielern. Der „Crash-Modus“ bringt ein Ausscheiden von Spielern mit sich, wie wir es leider auch in Spielen wie MEN AT WORK erleben. Schließlich darf sich jeder an neuen Figuren austoben und diese über Instagram an den Verlag schicken. Dort lassen sich schon imposante Bauten bewundern.
Die Spielideen machen nicht das Besondere von STAKA aus, sondern das regelgeleitete oder freie Spielen mit dem STAKA-Material. Kein Wunder, dass Baumann der Meinung war, daraus müsse man mehr als Serviettenringe machen. Es sind kleine Kunstwerke, die entstehen, die, wenn sie denn farbig wären, an Mondrian erinnern. Helvetiq bietet das Produkt im Leinensack und Packverpackung für den Laden an. Elegant gelöst ist die Stapelung der Ringe auf einem Sockel, der von einem Metallstift gesichert wird. Bei dieser Materialqualität ist der Preis von etwa 25 Euro sogar günstig.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: STAKA
Autor: Michael Baumann
Grafik/Design: Felix Kindelán
Verlag: Helvetiq
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 1 – 4
Spielzeit: ca. 20 Min.
Preis: ca. 25 Euro
Spiel 09/2019
Montag, 18. Februar 2019
KNASTER
Jetzt knistert es schon nicht mehr, jetzt knastert es bei NSV. Wüppens Klassiker WÜRFEL BINGO, das als KNISTER im NSV-Programm erhältlich ist, wird aufgewertet. Der Redakteur Reinhard Staupe schreibt dazu: „Bei allen Vorzügen, die KNISTER unzweifelhaft besitzt, muss man jedoch eines eingestehen - für eine bestimmte Zielgruppe bietet es schlicht „zu wenig Fleisch“. Bloß würfeln und eintragen, ohne (von der Positionierung abgesehen) eine sonstige Einflussmöglichkeit zu haben, das ist dem einen oder anderen anspruchsvolleren Spieler dann doch zu wenig. Tja, und was passiert an dieser Stelle? Nicht zu glauben: Eine Spielidee flattert ins Haus und parkt punktgenau in diese Lücke ein! Sie fügt eine Ebene hinzu, eine einzige nur, und diese verleiht dem Ganzen Tiefe und echte eigene Entscheidung. Und damit sind wir bei: KNASTER.“
Markus Schleininger hat für den Ergänzungsvorschlag gesorgt. Am Grundspiel ändert sich nichts, gewürfelt wird mit zwei Würfeln, die Wurfergebnisse werden wie bisher in ein 5x5-Raster eingetragen. Jetzt endet das Spiel aber nicht mehr automatisch nach 25 Würfelrunden. Wer will, kann auf den Eintrag verzichten und eine schon eingetragene Zahl umkreisen, denn nur vollständig umkreiste Reihen, Spalten und Diagonalen bringen Siegpunkte. Die Wertungspunkte, die es ursprünglich für Pokerkombinationen gab, werden nun in Kreisen verrechnet, so bringen ein 5er Pasch und eine entsprechende Straße drei Umkreisungen.
Damit ändert sich nicht nur die Punktberechnung, sondern auch der Spielrhythmus, War Gleichschritt im Original angesagt, blickt der eine am Ende vielleicht auf viele abgeschlossene Kreisgruppen und damit Punkte, hat aber einige Lücken auf dem Blatt, während ein anderer versucht, über die automatischen Wertungskreise zu punkten und sonst auf die Tube zu drücken, um das Spielende schnell herbeizuführen, das dann eintritt, wenn alle Felder gefüllt sind.
Da alle unter dem Wertungsdruck stehen, außerdem in der Endabrechnung jede umkreiste Zahl noch einmal einen Punkt bringt, nivellieren sich die Unterschiede. Die Zwänge sind genauso da wie beim Vorläuferspiel. Wenn es keine Zahl zum Umkreisen gibt, muss eben eingetragen werden und genau das führt dann automatisch zu einem Zwangsspielende, das die Bilanz verhagelt. Das Dilemma, das Schleininger hier entstehen lässt, gibt dem Spiel zwar eine neue Dimension, macht es aber für mich nicht reizvoller. Ich bevorzuge weiterhin die schlichte Einfachheit von WÜRFEL BINGO / KNISTER, das natürlich nicht an ein GANZ SCHÖN CLEVER heranreicht, aber mit vielen der aktuellen Roll and Write- Spiele mithalten kann.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: KNASTER
Autoren: Markus Schleininger, Reinhard Staupe, Heinz Wüppen
Grafik/Design: Oliver Freudenreich
Verlag: NSV
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 1 – 12
Spielzeit: ca. 15 Min.
Preis: ca. 9 Euro
Spiel 08/2019
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