Samstag, 9. Januar 2021
KAI PIRANJA
KAI PIRANJA
Alte Schätze neu gehoben
2004 ging es schon einmal gefährlich in Oliver Igelhauts Fischteich zu, große Fischräuber räumten unter den mehrheitlich friedlichen Artgenossen auf. Die Spieler, die die meisten Räuber in die Netze bekamen, gewannen meist nach unterhaltsamen 15 Minuten das Abacus-Spiel KAI PIRANJA. Die gefräßigen Fische schafften es bis auf die Empfehlungsliste zum Spiel des Jahres und sogar die Fairplay berücksichtigte das Fressen-und-Gefressen-Werden auf dem neunten Platz.
Abacus hat Igelhauts Idee nun eine Neuauflage spendiert, die grafisch überarbeitet und mit einer hübschen Regelvariante versehen ist. Immer noch sind 160 Fischkarten im Spiel, 32 harmlose und acht gefräßige in vier Sorten, außerdem können in einer Variante vier Haikarten untergemischt werden.
Alle Fische gibt es in harmlosen kleinen und großen Varianten, aber eben auch in einer gefräßigen Abart. Aus einem Kartengewusel gehen die Spieler auf Fischfang. In CAN’T STOP-Manier dürfen sie solange Fische ziehen, bis sie auf einen Räuber stoßen. In die eigene Auslage kommen dabei Fische der gleichen Größe oder gleichen Farbe. Wer einen harmlosen Fisch nicht anlegen kann, verschenkt ihn an die Nachbarangler. Wer möchte, darf nach einem harmlosen Fisch aufhören und seinen Fang einholen. Mehr Sinn macht es aber, den bisherigen Fang liegen zu lassen. Denn die Fischräuber fressen sich, wenn sie aufgedeckt werden, durch ganze Fischreihen durch und machen nur Halt vor der eigenen Art. An die Beutestapel kommt aber nur heran, wer mindestens drei Fische der entsprechenden Farbe vorweisen kann. Deshalb macht die Fangeinholung meist keinen Sinn, weil man oft auch mehrere Beutestapel einsammeln kann.
Das Spielende wird dann eingeleitet, wenn nur noch Karten mit Fischgräten zu sehen sind. Die haben auf ihrer Vorderseite identische Fische wie im Hauptstapel der Fischkarten und werden genauso gefangen. Sobald aber in dieser Phase ein Spieler einen Fischräuber aufdeckt, ist nicht nur für ihn Schluss, sondern das Spiel ist insgesamt beendet. Kleine und große Fische, auch die Räuber zählen am Ende nur einen Siegpunkt, wer die meisten hat, ist Fischerkönig oder besser KAI-ser.
Mit den Haien im Igelhautschen Gewässer ist Schluss mit der Fresshemmung, taucht er im Fang auf, frisst er sich durch die gesamte Fischreihe durch. Wer dann später einen Haifang für sich beanspruchen möchte, braucht schon vier Fische gleicher Farbe. Da wird das Fangnetz ganz voll, denn obendrauf gibt es zusätzlich den Beutestapel der entsprechenden Farbe.
KAI PIRANJA hat nichts vom Zockerspaß vor fast zwanzig Jahren verloren. Das „Einer geht noch!“ wird immer noch auffordernd gerufen, verbunden mit der Schadenfreude, die mit dem Hai sogar noch größer wird. Ein kurzweiliges Familienspiel mit Emotionen am Tisch, dessen Anreiz, weiter zu machen, durch die Dreierkombination und nun sogar Viererkombi gewachsen ist. Spott bleibt angesagt, ebenso wie die netten kleinen Geschenke, die man den Nachbarn macht. Igelhauts Idee trägt immer noch und sorgt für viel Vergnügen am Spieltisch. Grundschulkinder lieben dieses Spiel.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: KAI PIRANJA
Autor: Oliver Igelhaut
Grafik: Oliver Freudenreich
Verlag: Abacus
Alter: ab 6 Jahren
Spieler: 3-6 Spieler
Spieldauer: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 14 Euro
Spiel 1/2021
Freitag, 8. Januar 2021
GALERIE DER DIEBE
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
GALERIE DER DIEBE
In Zeiten wirtschaftlicher Rezession scheinen Diebstahlsthemen spielerisch salonfähig zu werden. Eine SUPERNASE muss man im gleichnamigen Ravensburger-Spiel haben, um mit Spürhunden auf Verbrecherjagd zu gehen. Gejagt werden sie dann in NIZZA von Dach zu Dach, so jedenfalls in dem Spiel von Wolfgang Kramer, bei Schmidt erschienen. Möglicherweise tragen die Fassadenkletterer Bilder unter dem Arm, die sie aus der GALERIE DER DIEBE mitgenommen haben.
Moralisch am verwerflichsten, spielerisch eindeutig am besten, ist das letztgenannte Spiel der Firma Parker. Ein Spieler muss hier nämlich in die Identität eines Gauners schlüpfen, um möglichst viele Kunstgegenstände aus einer Galerie zu entwenden. Alle anderen Mitspieler übernehmen Wächterrollen und versuchen, den Dieb zu fangen.
Das Spiel entwickelt sich dabei sehr real auf einer variablen, immer wieder neu einrichtbaren dreidimensionalen Spiellandschaft mit Museumsräumen und Kunstgegenständen, Sicherheitsschlössern, Überwachungskameras und Alarmanlagen. Auch alle Wächterfiguren, die eher wie Galeriebesucher aussehen, haben auf diesem Spielplan feste Positionen eingenommen, nur über den Standort des Diebes wissen sie natürlich nicht Bescheid. Der zieht geheim hinter einem Sichtschirm, vor verräterischen, hinweisgebenden Blicken auf den Spielplan sollte er sich dabei hüten. Er ist über die Positionen der Wächter, auch der Kameras bestens informiert. Kooperation ist daher bei der Bewachungsmannschaft angesagt, um den Standort des Diebes herauszubekommen und ihn zu fangen, bevor er mit Diebesgut die Galerie verlässt. Da nach jedem Wächterzug der Dieb an der Reihe ist, kann man das Spiel mit zwei bis sieben Personen spielen. Echte Chancen hat der Dieb aber nur im 2 bis 4 Personenspiel.
In der Grundvariante müssen drei Kunstgegenstände entwendet werden. Deren Verschwinden wird einen Spielzug später real sichtbar, so dass die Wächter wissen, dass der Täter sich ganz in der Nähe des Tatorts befinden muss. Ihn daraufhin einzukreisen, gelingt meistens. Bis zum Diebstahl des dritten Gegenstandes kommt nur selten ein Dieb.
Der Spielablauf ähnelt dem bekannten SCOTLAND YARD, in dem Mr. X auf verschlungenen Wegen mit allen möglichen Verkehrsmitteln durch London eilt, allerdings sind die Chancen in dem Ravensburger Spiel erheblich besser verteilt. Trotzdem ist Parker eine atmosphärisch äußerst stimmige Umsetzung der Verbrecherjagd in das Kunstmilieu gelungen. Der Wiederspielreiz ist besonders bei Kindern ab 8 Jahren sehr hoch. Lässt man den moralischen Zeigefinger wegen der Thematik weg, kann man den Einbruch in die GALERIE DER DIEBE für diese Zielgruppe empfehlen. Der variable Spielplan lässt auch viele Varianten zu, die die Chancen des Einbrechers erhöhen. Die Zahl der Überwachungskameras kann reduziert werden; die Platzierung der Ausstellungsstücke kann einbruchfreundlicher vom Dieb vorgenommen werden; analog zu SCOTLAND YARD sollte prinzipiell mit zwei Doppelzügen für den Dieb gespielt werden.
Mit diesen Ergänzungen können wir tatsächlich unseren Einbrecher in die GALERIE DER DIEBE über die Dächer von NIZZA mit mindestens drei Kunstgegenständen enteilen sehen, ohne dass die SUPERNASEN eingreifen konnten.
(Wieland Herold)
Spieletelegramm:
Titel: GALERIE DER DIEBE
Verlag: Parker
Autoren: John LaBelle, Dave und Thomas Rabideau
Grafik: Tim Hildebrandt
Spielerzahl: 2-7
Alter: ab 10 Jahre
Spieldauer: Bei 4-5 Spielern ca. 1 Stunde
Preis: ca. 55.00 DM
Spiel 14/1993 R7/2021
Die Rezension erschien 1993
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zu den Autoren:
Das Autorentrio hat neben GALERIE DER DIEBE noch PIPELINE veröffentlicht, das in Deutschland zuerst bei Jumbo erschien, später dann von Piatnik veröffentlicht wurde. Die beiden Brüder haben dann noch CRAZY OLD FISH WAR (2008) bei Hasbro veröffentlicht.
GALERIE DER DIEBE landete 1991 unter den Mensa Select Gewinnern in den USA neben Spielen wie PYRAMIS und SET.
Donnerstag, 7. Januar 2021
HEXEN HEXEN
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Spiele rund um den Blocksberg
Neben spielerischen Teufeln (IN TEUFELSKÜCHE, F.X. Schmid; TEUFEL TEUFEL, Salagames) macht der Blocksberg in den 93er Spielekästen mobil und die Kinderzimmer unsicher. Schmidt Spiel und Freizeit geht auf HEXENJAGD. Recht spaßig können Kinder in diesem Spiel auf einem Hexenkarussell eine batteriebetriebene Kicherhexe jagen. Weniger laut, aber sicherlich mit ebenso viel Spielfreude, läuft das recht einfache Brettspiel HEXEN HEXEN ab, das Detlef Wendt entwickelt hat.
In Wendts Spiel können zwei bis vier Hexen auf die Suche nach Zaubergegenständen gehen. Der Oberhexe sind nämlich alle wichtigen Zauberutensilien abhanden gekommen, sie liegen nun wild verstreut im ganzen Hexenland herum. Auf einem Rundkurs versuchen die Spieler ihrer Oberhexe zu helfen, um Kröte, Giftflasche und Zaubersiegel wieder einzusammeln. Hexen sind allerdings nicht sehr kooperativ; der Konkurrenzkampf im Hexenland ist knallhart. Wähnt man sich kurz vorm Erreichen der Zauberkugel, wird man von seinen Mitspielern recht häufig in die Gegenrichtung geschickt. Entsprechende Spielfelder und ein Zauberwürfel bringen hier genügend Durcheinander.
Für kleine Kinder ab fünf Jahren hat der Autor eine gelungene Mischung von Würfelglück und in Ansätzen auch taktischen Planungsmöglichkeiten gefunden, die vor allem in der Endphase Spielspannung bringen. Ob allerdings die graphische Gestaltung des Spielplanes überall auf Zustimmung stößt, wage ich zu bezweifeln. Einen liebevoller gestalteten Entwurf des Hexenlandes hätte ich mir hier gewünscht, zumal Salagames mit dem auch in diesem Jahr erschienenen TEUFEL TEUFEL bewiesen hat, dass es über hervorragende Spielbrettdesigner verfügt.
(Wieland Herold)
Spieletelegramm:
Titel: Hexen Hexen
Verlag: Salagames
Autor: Detlef Wendt
Grafik: Sven Höffer
Spielerzahl: 2-4
Aller: ab 5 Jahre
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 34.00 DM
Spiel 13/1993 R6/2021
Die Rezension erschien 1993
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Detlef Wendt war bis 2017 Rechtsanwalt in Recklinghausen. Jetzt ist er eher als Buchautor unterwegs und verleiht in seinem Blog den „Wendt der Woche“. Wie er selbst sagt, habe er sich, solange er denken könne, kreativ betätigt, unter anderem bereits während seines Studiums als Autor von Gesellschaftsspielen. ASS und Salagames waren für ihn wichtige Verlage. So startete er 1989 mit dem Spiel ZAUBERTRANK und ALLE MEINE TIERE (1990) bei ASS, es folgten SCHLAFMÜTZE (1992) und HEXEN HEXEN bei Salagames. Auch Ravensburger veröffentlichte mit SCHMUGGLER AN BORD (1992) und SUPERNASE (1993) zwei Spiele von ihm. In dieser aktiven Phase Anfang der 90er Jahre war er auch an der Gründung der SAZ beteiligt und publizierte in der spielbox Artikel zu Urheber- und Titelschutzfragen von Spielen.
Am erfolgreichsten war er mit dem kleinen Kartenspiel MAUSEN (Abacus), das 2004 erschien und gleichzeitig seine letzte Spieleveröffentlichung war, wenn man von der Neuauflage des Spiels unter dem Titel JUMBO& CO. 2015 absieht. Mit diesem Spiel landete er 2004 auf der Empfehlungsliste der Jury und erreichte Platz 10 beim Kartenspielpreis der Fairplay.
Da er sich im Augenblick im Unruhestand des Pensionärs befindet, ist es durchaus möglich, dass demnächst wieder Spiele von ihm zu erwarten sind. Auf seiner Seite (www.detlefwendt.de) verrät er jedenfalls, dass er sich momentan wieder mit dem Erfinden von Spielen beschäftige.
Das aktuelle Foto stammt von Wendts Homepage und wird mit seiner Genehmigung hier verwendet.
Mittwoch, 6. Januar 2021
QUARTO!
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
QUARTO - "Vier in einer Reihe" einmal ganz anders
Die Macher von Fun-Connection aus Berlin haben ein gutes Händchen für Taktikspiele für zwei Personen. Sie haben vor einigen Jahren mit ABALONE ein schon zum Spieleklassiker avanciertes Kugelspiel aus Frankreich nach Deutschland geholt. Dieses mehrfach ausgezeichnete Spiel lebt von der einfachen Spielidee und dem hervorragenden Material.
Ähnlich erfolgreich scheint der neue Import aus Frankreich von Gigamic zu werden: Ein taktisches Legespiel, ganz aus Holz, das in einer Minute erklärt ist, spätestens nach 15 Minuten beendet ist und garantiert nicht im Spieleschrank verstauben wird.
QUARTO! heißt dieses neue Spiel, wobei der Titel fast schon Spielregelersatz ist. "Quarto" ruft nämlich der Spielsieger, der es geschafft hat, auf dem Holzspielbrett mit sechszehn Spielfeldern vier Figuren mit gleichen Merkmalen in eine Reihe zu bringen. Keine ganz neue Idee also, gäbe es da nicht die Spielsteine mit vier verschiedenen Merkmalen - sie sind entweder groß oder klein, rund oder Quadratisch, hell oder dunkel, mit oder ohne Loch - und den genialen Setzmechanismus, da die Spielfigur, die man nutzt, stets vom Mitspieler ausgesucht wird. Hier liegt der besondere Spielreiz, hat man doch hier den Ausgang des Spieles im wahrsten Sinne des Wortes, selbst in der Hand.
Eine tolle Idee, die auch vom Spielmaterial her überzeugend umgesetzt ist. Der Variantenvorschlag, auch ein Quadrat als Siegbedingung zuzulassen, ist von Anfang an zu empfehlen.
Auch der Jury" Spiel des Jahres" gefiel dieses taktische Denkspiel von Blaise Muller, mit acht anderen Spielen kam es auf die Nominierungsliste für das beste Spiel des Jahres 1993. Beim Titelkampf zog QUARTO! zwar gegenüber dem Mehrpersonenwürfelspiel BLUFF den kürzeren, aber den Titel "bestes Zweipersonenspiel 1993" verdient es allemal.
(Wieland Herold)
Spieletelegramm:
Titel: QUARTO!
Verlag: Fun Connection/Gigamic
Autor: Blaise Muller
Spielerzahl: 2
Spieldauer: 10 bis 15 Minuten
Preis: ca. 59.00 DM
Spiel 12/1993 R5/2021
Die Rezension erschien 1993
Wertung Spielreiz damals 8 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Erfunden hat den Klassiker QUARTO! der 72jährige Schweizer Mathematiker Blaise Muller. 1985 wurde seine Idee mit dem „Concours International de Créateurs de Jeux de Société“, der überwiegend in Boulogne-Billancourt vergeben wurde.
Es dauerte noch bis 1991 bis GiGamic das Spiel in Frankreich herausbrachte. Fun Connection veröffentlichte es erstmalig in Deutschland, es folgte dann 1994 eine Ausgabe von F.X. Schmid.
Die Auszeichnung auf der Auswahlliste zum Spiel des Jahres 1993 blieb nicht die einzige Würdigung dieser Spielidee. Schon 1992 gewann es den Super As d’Or in Frankreich, war 1993 das Spiel des Jahres in Italien und unter den Top 5 der Mensa-Spiele. 2004 gewann es noch den Titel Spiel des Jahres in Finnland.
Dienstag, 5. Januar 2021
E-Serie F.X. Schmid
E-Serie F.X. Schmid
Buchkassetten groß:
CARAMBA
CRISS CROSS
LASKA
PAGODE
SAMURAI
SNIFF
TRADE
TRICOLOR
XERXES
Buchkassetten klein:
DUAL
LEGRAND
MASCO
REVANCHE
Sonderformat:
TYPISCH DU (400/260/70cm)
Kleine Buchschuber
1000 KILOMETER
5 MINUTEN DENKMAL
CARMEN PROBT OTHELLO
KARTEN ORAKEL
PANTOMIK
QUIZ FÜR GLOBETROTTER
SALTA
Buchkassetten groß:
CARAMBA
CRISS CROSS
LASKA
PAGODE
SAMURAI
SNIFF
TRADE
TRICOLOR
XERXES
Buchkassetten klein:
DUAL
LEGRAND
MASCO
REVANCHE
Sonderformat:
TYPISCH DU (400/260/70cm)
Kleine Buchschuber
1000 KILOMETER
5 MINUTEN DENKMAL
CARMEN PROBT OTHELLO
KARTEN ORAKEL
PANTOMIK
QUIZ FÜR GLOBETROTTER
SALTA
3 M – Deutschland Buchkassetten
TIMES
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Zeitreisen in die Vergangenheit
Seit Mitte der 80er-Jahre die Quizwelle über Deutschland geschwappt ist, bleibt kein Spielejahr ohne Ergänzungskästen. Im Hause Parker, das mit der Quizspielreihe mit dem so schön auszusprechenden Namen "Trivial Pursuit" die Ratebewegung in Gang gesetzt hat, gibt es allein 1993 drei neue Trivial-Ausgaben. Für Fernsehfreunde erscheint die TV-Ausgabe mit 4800 Fragen von Bonanza bis zur Schwarzwaldklinik. Die Holiday Edition enthält 2400 Fragen rund ums Thema Reisen. Schließlich veröffentlicht Parker noch eine Exklusivausgabe im Buchformat, das Quizspiel für den Bücherschrank. Unterschiede bei den vielen auf dem Markt befindlichen Quizspielen gibt es nur in der Originalität der Fragen, die Spielmechanismen ähneln sich alle. Otto Normalverbraucher wird so seine Probleme haben mit den vielen Spezialistenkästen, die nur etwas für eingefleischte Fans sind.
Ganz neue Wege geht das Spiel TIMES des Aurichers Uwe Rosenberg, das bei Salagames erschienen ist. Hier müssen 1000 historische Ereignisse näher eingegrenzt werden und dies nicht nur für die letzten 100, sondern 992 Jahre, vom Jahre 1000 bis ins letzte Jahr hinein. Entsprechend grob ist das Eingrenzungsraster.
Man kann sich für Einordnungen in Jahrhunderte, Jahrzehnte und Jahre entscheiden, jeweils mit einem 5er-, 3er- oder Einerschritt. Wenn zum Beispiel nach Nostradamus gefragt wird, der seine Wanderungen als Pestarzt beendet hat, dann tasten sich die Spieler erst allmählich an das Ereignis heran. Da sie versuchen müssen, Handkarten mit unterschiedlichen Bereichsvorgaben loszuwerden, entscheidet jeder erst einmal, welchen Bereich er eingrenzen möchte. So steckt der erste z.B. den Bereich von 1400 bis 1699 ab, über drei Jahrhunderte hinweg also, der zweite Spieler hat die Karte "5 Jahrzehnte" gelegt. Er muss nun ein Jahrhundert festlegen und in dem Jahrhundert dann seine 5 Jahrzehnte markieren. Entsprechend enger wird es bei den folgenden Spielern. Zu jeder Zeit darf man Zweifel äußern. Berechtigter Zweifel führt zur Kartenablage, sonst wird man seine Karte nur los, wenn man mit seiner Einordnung richtig lag. Hier sind die genauen Jahreskarten recht einfach loszuwerden, da garantiert ein Spieler im Vorfeld in einem falschen Jahrzehnt gelandet ist.
Bei TIMES geht es noch weniger um Detailwissen als um Kartenglück, Pokerface und etwas taktische Planung. Normale historische Kenntnisse sind hilfreich. Entgegen üblicher Quizspielerfahrung ist hier der Spielreiz am höchsten, wenn alle überhaupt keine Ahnung von dem Ereignis haben, und das ist zum Glück bei vielen Fragekarten der Fall. In diesem Sinne gilt das Spielemotto: Wissen ist Macht! Sie wissen nichts? Macht überhaupt nichts!! Vielleicht wussten Sie ja aber auch, dass Nostradmus 1529 seinen Job als Pestarzt aufgab.
(Wieland Herold)
Spieletelegramm:
Titel: TIMES
Autor: Uwe Rosenberg
Grafik: Karsten Lübke
Verlag: Salagames
Spielerzahl: 2 – 5
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 45 Minuten
Preis: ca. 45.00 DM
Spiel 11/1993 R4/2021
Die Rezension erschien 1993
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Seinen ersten Erfolg fuhr Rosenberg als junger Autor mit dem zweiten Platz für MILLENIUM 1991 im Hippodice Wettbewerb ein. Das Spiel erschien unter der Ägide von Peter Gehrmann 1992 als TIMES bei Salagames. Dort veröffentlichte der Redaktionsleiter außerdem noch die Idee MARLOWE von Uwe Rosenberg. Danach ergab sich die ertragreiche Kooperation mit Amigo.
BOHNANZA (1997) war dann sein erster ganz großer Erfolg, das Spiel landete nicht nur auf der Auswahlliste der Jury Spiel des Jahres. Es gewann den À la Carte-Preis der Fairplay 1997 und erreichte den fünften Platz beim Deutschen Spielepreis.
Der auch internationale Siegeszug setzte sich aber erst danach in Gang. Seit 23 Jahren schon liefert Amigo Gartenbohnen, Saubohnen und auch die ein oder andere Blaue Bohne in unendlich vielen gelben Schachteln aus. Keiner hat mehr so den rechten Überblick, was da alles in rosenbergscher Gartenerde inzwischen herangezüchtet wurde. Das klassische Saatgut wurde vielfach gemendelt und gegendert, musste sich gegen die Bohnenmafia wehren, trat Seereisen an, gelangte in den Wilden Westen und kämpfte sich in BOHNRÖSCHEN durch Rankenwerke.
Nach seinem Studium der Statistik gründete Uwe Rosenberg 2000 zusammen mit Hanno Girke und Marcel-André Casasola Merke den Lookout Spieleverlag. Er behielt aber im Gegensatz zu Klaus Teuber, der sich an Kosmos band, seine Unabhängigkeit und veröffentlichte weiter Spiele bei vielen Verlagen, so das Zweipersonenspiel BABEL 2001 bei Kosmos oder 2004 YELLOWSTONE PARK bei Amigo.
Die großen Erfolge mit komplexen Aufbauspielen wie in AGRICOLA gönnte er aber Lookout Games.
Auch in der Folgezeit unterstützte er Neugründungen von Verlagen, so Feuerland und die Edition Spielwiese. Ganz aktuell hat er auch die Wyrmgold GmbH mit angeschoben und dem jungen Verlag ROBIN VON LOCKSLEY spendiert.
Auf dem Bild ist der 29jährige Uwe Rosenberg 1999 in Essen mit seinem damaligen Gesamtprogramm zu sehen.
Montag, 4. Januar 2021
TOPFGUCKER
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Vegetarische Genüsse
Reinhold Wittigs Spiele erscheinen nicht nur in der Edition Perlhuhn. Einige Spieleperlen überlässt er von Zeit zu Zeit der Produktion fremder Verlage, wenn er weiß, dass seine Spielideen adäquat umgesetzt werden. So gab es einige Zeit eine sehr erfolgreiche Zusammenarbeit mit Franckh-Kosmos. In den letzten Jahren hat der Spieleverlag HABA aus Bad Rodach, der vor allem hochwertige Holz(brett)spiele produziert, Spiele von Wittig veröffentlicht. Viele Kinder erinnern sich sicherlich mit Begeisterung an die großen Holzlokomotiven aus dem Spiel JAMES WATT, die während der Weihnachtsausstellung "Spielwerke - Kunstwerke" im Städtischen Museum immer auf Fahrt gingen.
Diese Lokomotiven stammen aus einer ganzen Serie von Kleinkinderspielen, die der Göttinger Spieleautor für HABA entwickelt hat.
Ganz neu ist ein Familienspiel ab sechs Jahren bei HABA erschienen, bei dem jeder Spieler sein Süppchen kochen, aber auch den Mitköchen über die Schulter gucken kann. TOPFGUCKER heißt daher auch dieses wunderschöne Holzspiel. Vom massiven zweiteiligen Holzspielplan mit sechs Kochstellen über die großen Kochfiguren bis zu den Zutaten ist alles in Holz ausgeführt. Störend nur, dass die Setzfelder für die großen Holzköche zu klein geraten sind.
Jeder Spieler versucht, nach seinen Rezeptkarten schmackhafte Fantasiegerichte zusammenzustellen. Von der Klaren Brühe (ein leerer Topf) über den Erbseneintopf zum Sternnudelauflauf ist alles drin. Alles auf rein vegetarischer Basis: Mit Pilzen, Möhren, Nudeln und Erbsen werden diese herrlichen Gerichte gezaubert.
Ein wunderschöner Spielmechanismus, für Wittig-Kenner sei verraten, dass er an dessen FOTOSAFARI IN OMBAGASSA angelehnt ist, der in einer einfachen Spielversion gut schon für Vorschulkinder geeignet ist. Für ein Familienspiel ganz neu ist die Idee, unterschiedliche Siegbedingungen für Kinder und Erwachsene einzuführen. Da muss man gar nicht mehr freiwillig verlieren, sondern sich zu gedanklichen Höchstleistungen aufschwingen, um überhaupt noch mithalten zu können. Ein toller Einfall!
(Wieland Herold)
Spieletelegramm:
Titel: TOPFGUCKER
Verlag: Haba
Autor: Reinhold Wittig
Grafik: Hans Rubin
Spielerzahl: 2-4
Alter: ab 6 Jahren
Spieldauer: 30 Min
Preis: ca. 59.00 DM
Spiel 4/1992 R3/2021
Die Rezension erschien 1992
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Über den Göttinger Geologen, Puppenspieler, Künstler und Spieleerfinder ließen sich Seiten füllen. Ich halte mich an dieser Stelle kurz:
Reinhold Wittig, der 83jährige Erfinder des Spieleautoren Treffens in Göttingen, entwickelt seit 1958 Spiele. 1976 gründete er seinen Kleinverlag Edition Perlhuhn, der mit Skaiplänen und Spielen in der Rolle bekannt wurde.
Zu seinen bekanntesten Spielen gehört die Würfelpyramide DAS SPIEL (1980 mit dem Sonderpreis Schönes Spiel ausgezeichnet), das heute immer noch von Abacus vertrieben wird. Für WIR FÜTTERN DIE KLEINEN NILPFERDE und MÜLLER & SOHN bekam er ebenfalls diese Auszeichnung, für die Grafik war jeweils sein Sohn Matthias verantwortlich. Seine ästhetischen Maßstäbe für Spielmaterial und Optik haben maßgeblich dazu beigetragen, dass der einfache Pöppelalltag aus den Spieleschachteln verschwand. Den Kosmos-Verlag brachte er durch edle Spiele in der Reihe mit der Feder voran, darunter auch eigene Veröffentlichungen wie MARITIM, das 1987 Chancen auf das Spiel des Jahres hatte.
In den 90er Jahren prägte seine Handschrift die Spiele von Blatz und teilweise auch Haba. KULA KULA und das hier schon vorgestellte DOCTOR FAUST aus diesem Verlag bekamen ebenfalls den Preis für das Schöne Spiel. Die ganz großen Erfolge blieben dann zwar im neuen Jahrtausend aus, immerhin landete CORNU 2007 auf der Empfehlungsliste der Kinderspieljury und MOGULI erhielt 2013 eine MinD-Würdigung.
Die Organisation des Autorentreffens hat Wittig 2016 an die SAZ übergeben, in seiner Edition Perlhuhn unterstützt ihn seit letztem Jahr Timo Diegel. Ein Jahr danach ist er mit dem Göttinger SPATZ ausgezeichnet worden. Das Foto stammt aus der Entwicklungsphase von TOPFGUCKER 1991. Es wurde bei der SPATZ-Verleihung von Alex Randolph aufgenommen und zeigt neben den Wittigs Rita Süssmuth und Erwin Glonnegger.
Sonntag, 3. Januar 2021
UNGEHEUER INDISKRET
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Puzzlebilder spielerisch genutzt
Bisher kannte man die Produkte des Friedrich W. Heye Verlages nur als kleine ausgestanzte Puzzleteilchen, die, zusammengefügt, meist witzige Cartoon-Puzzle internationaler Cartoonisten von Degano bis Mordillo ergaben. Dass mit solchen einfallsreich ironischen Detailbildern mehr anzufangen ist als die alleinige Zerlegung in Kleinstteile, hat der Verlag in diesem Jahr herausgefunden. Passend zu Bildern von Marino Degano - die natürlich auch als Puzzle zu haben sind - haben renommierte Spieleautoren Gesellschaftsspiele für Jugendliche und Erwachsene entwickelt.
Wolfgang Riedesser nennt sein Spiel UNGEHEUER INDISKRET. Puzzlebild und Spielplan sind hier völlig identisch. Wir sehen eine Landkarte Europas unter der Herrschaft lustiger und liebenswerter Drachen. Mit viel Liebe zum Detail werden wir Deutschen und unsere Nachbarn ironisch aufs Korn genommen.
Mindestens eine Stunde Betrachtungsvergnügen sind erst einmal angesagt, sicherlich der schönste Spielplan des Jahres 1992. Riedesser nutzt die vielen Spielplaneinzelheiten für seine psychologische Spielidee. Wer will nicht gern wissen, was die anderen denken? In diesem Spiel kann man es herausbekommen.
Der Spielablauf ist einfach. Ein Spieler liest eine Fragenkarte vor und setzt danach eine Drachenmaske auf, damit er für einige Zeit blindgestellt ist. Die anderen Spieler suchen passend zur Frage Bildmotive aus dem Spielplan aus, die sie mit einem Papprahmen kennzeichnen. An einem Beispiel verdeutlicht, läuft die Spielrunde so ab: Bei der Frage "Wo würde ich am liebsten voll mitmischen?" entscheidet sich Tom für das liebende Drachenpaar in Dänemark, Marianne für den Flamencotanz in Spanien und Peter bevorzugt das Fußballspiel der Drachen in Süditalien. Der Spieler mit der Maske versucht danach herauszubekommen, wer sich für welchen Bildausschnitt entschieden hat. Für Übereinstimmungen gibt es ECUs, deren Besitz am Ende auch den Spielsieg bringt, aber das ist sicherlich nicht spielentscheidend.
Zugegeben, diese Spielidee ist nicht ganz neu, aber zusammen mit dem herrlichen Spielplan von Degano ist UNGEHEUER INDISKRET eine sehr sehenswerte Neuerscheinung dieses Jahres.
(Wieland Herold)
Spieletelegramm:
Titel: UNGEHEUER INDISKRET
Verlag: Heye
Autor: Wolfgang Riedesser
Grafik: Marino Degano
Spielerzahl: 3-6
Spieldauer: 45 Min
Preis: ca. 59.00 DM
Spiel 3/1992 R2/2021
Die Rezension erschien 1992
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Für knapp zehn Jahre gehörte Wolfgang Riedesser zwischen 1988 und 1998 zu den bekanntesten Spieleautoren Deutschlands. Bekannt wurde er vor allem durch AVE CAESAR (Ravensburger 1989) und Spiele wie der GOLDERNE DRACHE (F.X. Schmid, 1992) und ROUTE 66 (ASS, 1993). Von 1993 bis 1995 war er erster Vorsitzender der SAZ.
Das Bild zeigt ihn auf einer SAZ-Veranstaltung 1995 in Nürnberg mit Friedhelm Merz und Bernward Thole.
Samstag, 2. Januar 2021
UM REIFENBREITE
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
UM REIFENBREITE
Ob Niedersachsenrundfahrt, Friedensfahrt, Giro d'Italia und Tour de France irgendwo treten sie immer in die Pedalen und schinden sich, die Radfahrer aller Nationen und Rennställe. Die Faszination, die von dem vorbeirauschenden Pulk eines solchen Rennens ausgeht, hat schon häufig Brettspielerfinder zu Adaptionen angeregt, die bisher alle nicht überzeugen konnten.
Das wird nun anders werden. Jumbo hat ein Radrennspiel von Rob Bontenbal herausgebracht, das alle bisherigen Radspiele nicht nur UM REIFENBREITE - so der Titel des Spiels - schlägt.
Wer geht in Führung? Wer hängt sich dran? Von der ersten Sekunde an sind in diesem Spiel Taktik und Teamgeist gefordert, denn jeder Spieler ist verantwortlich für ein Team von vier Fahrern.
Zwischensprints, Windschattenfahren, das Suchen der Ideallinie, das Abschirmen des Gegners, alles ist unter Berücksichtigung des Straßenbelags, von Steigungen und rasanten Abfahrten umgesetzt in diesem Spiel. Perfekter kann eine Brettspielsimulation kaum sein. Auch die Kniffe und Tricks der Strampel-Giganten kommen zum Zug. Sogar die unerlaubten. Wer sich an ein Auto anhängt, geht nur ein Risiko ein, dass er sich dabei erwischen lässt!
Vor dem Gesamtvergnügen ist allerdings erst einmal ein ausführliches Regelstudium nötig. Aber auch hier erleichtern die Einführung in die einfachen Grundregeln, das Ausprobieren der erweiterten Grundregeln den Weg zu den Profi-Regeln. Ein sinnvoller Aufbau, sodass man nicht gleich beim Anblick des 16seitigen Regelheftes verschreckt aufgibt. Zumal auch die Spieldauer beliebig variiert werden kann. Also rein in den Sattel und ran ans Pedal! Sprintstrecke, Bergrennen, Langstrecke oder gleich die ganze Tour - Sie haben die Wahl.
(Wieland Herold)
Spieletelegramm:
Titel: UM REIFENBREITE
Verlag: Jumbo
Autor: Rob Bontenbal
Grafik: Jan van Haasteren
Spielerzahl: 2-4
Spieldauer: 60-90 Min
Preis: ca. 90.00 DM
Spiel 2/1992 R1/2021
Die Rezension erschien 1992
Wertung Spielreiz damals 8 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Bob Bontenbal gehört zu den Spiel des Jahres-Preisträgern, die ein Spiel herausgebracht haben, das gleich unheimlich erfolgreich war, danach kam aber nichts mehr. Bontenbal (1945-2015) war in Holland als Reinkarnationstherapeut bekannt, wie viele Niederländer liebte er den Radsport. 1979 entwickelte er deshalb HOMAS TOUR, ein Radrennspiel, das in Insiderkreisen legendären Ruf gewann. Es dauerte über zehn Jahre bis ein großer holländischer Verlag auf die Idee aufmerksam wurde und die Rechte von Homas Spelen übernahm. Das Jumbo-Spiel UM REIFENBREITE gewann dann 1992 nicht nur den roten Pöppel, sondern landete auch auf dem 2. Platz beim Deutschen Spielepreis. 2002 veröffentlichte Jumbo eine aktualisierte Fassung.
Freitag, 1. Januar 2021
ACQUIRE
SAMMELSURIUM
3M Buchkassetten
In den 60er und 70er Jahren hat die Firma 3M (Minnesota Mining & Manufacturing Company) Maßstäbe in der Spielentwicklung gesetzt, die sich auch auf den deutschen Markt auswirkten. Spiele landeten im Buchschuber und damit plötzlich im Bücherregal nicht nur von 3M, sondern als Casino-Spiel von Ravensburger oder in der E-Serie von F.X. Schmid und im kleineren Schuber von Pelikan.
ACQUIRE
Zu den bekanntesten 3M Spielen gehört ACQUIRE von Sid Sackson, das seit gut 50 Jahren zu meinen Lieblingsspielen gehört. ACQUIRE ist wohl Sacksons bekanntestes Spiel und erschien 1964 bei 3M in der Bookshelf Serie, übrigens nicht schon 1962 wie die deutsche Wikipedia behauptet. 3M hatte Alex Randolph und Sid Sackson 1961 beauftragt die neue Spielreihe zu konzipieren. Mit den Spielen ACQUIRE, JUMPIN, TWIXT, OH-WAH-REE, QUINTO, STOCKS&BOUNDS und PHLOUNDER startete die Reihe. Die edlen Buchschuber waren hochwertig ausgestattet und kosteten damals 7,95 $ (umgerechnet etwa 31 DM, was heute unter Berücksichtigung der Inflation ca. 66 Euro entspricht).
Sackson reichte das Spiel 1963 bei 3M noch unter dem Titel VACATION ein. 3M schlug dann die Namensänderung in ACQUIRE vor, die Sackson akzeptierte. Das Spiel wurde 1963 in mehreren US-Städten getestet, die Produktion begann dann 1964 und gehörte zu den Startspielen der Bücherregal-Serie.
In der ursprünglichen Fassung ging es um Investitionen in Hotelketten, später waren das dann Aktiengesellschaften. Gespielt wurde stets auf einen Kunststoffspielbrett, meist in einem Raster von 9x12 Feldern. Für jedes Feld existiert ein Hotelbaustein, eine Hotelkette ergibt sich erst aus dem Zusammenführen von mindestens zwei aneinandergrenzenden Bausteinen. Dann entstehen unterschiedlich wertvolle Ketten wie Luxor, Festival oder Imperial. Mit den Hotelketten entwickelt sich das eigentliche Spiel, das geringe Startkapital über geschickten Aktienkauf zu mehren.
Geldknappheit prägt den Spielverlauf, da das Aktienkapital nur im Falle einer Fusion flüssig gemacht werden kann, wenn größere Ketten die Kleineren schlucken. Berühren sich Ketten, fusionieren sie. Allerdings sind große Ketten mit zehn und mehr Hotels sicher. Deshalb endet das Spiel, wenn kein Stein mehr gelegt werden kann oder eine Kette mehr als 41 Gebäude besitzt.
ACQUIRE ist Spekulation pur, ein Spiel, bei dem man meint, sein Glück in der Hand zu haben und die anderen zu steuern, wenn man die richtigen Fusionssteine im Hinterhalt hat. Andererseits ist man aber vom Aufnahmeglück beim Nachziehen neuer Steine abhängig. Trotzdem bleibt die Spannung durchgehend erhalten, ein Spiel, das kribbelt und zu immer wieder neuen Runden herausfordert.
Für Spielfreunde, die nicht nur beim MONOPOLY Hotels bauen möchten, zudem einen auch taktischen Spielgenuss erleben wollen, gibt es kein besseres Spiel. Das galt vor über 50 Jahren und gilt auch heute noch.
Es gibt allerdings deutlich schönere Fassungen als die ursprüngliche 3M-Ausgabe. Der Buchschuber ist durchaus attraktiv und auch nach 50 Jahren noch stabil, Aktien und Geldgrafik sind eher schlicht gehalten. Beim gelben Spielbrett sträuben sich heute eher die Haare, die stabilen Plastiksteine sind aber funktional, zumal sie sich ganz ordentlich aufstellen lassen, sodass die Stellbänke, die es später häufiger gab, damals nicht nötig waren. An die Bestseller-Edition von Schmidt Spiele kommt diese erste Fassung allerdings nicht heran, zumal die Sonderaktions-Karten dieser Ausgabe den Glücksfaktor deutlich reduzierten. Aktuell gibt es ACQUIRE nur in einer Fassung von Avalon Hill zu kaufen. Auf dem Gebrauchtmarkt würde ich eher zu der Edelfassung von Schmidt raten, als zu den 3M-Ausgaben. Die erste deutsche Fassung von Schmidt, die sich grafisch ganz an der 3M-Ausgabe orientierte war übrigens 1979 ein Konkurrent von HASE UND IGEL um das erste Spiel des Jahres, es landete aber neben dem 3M Spiel TWIXT, ebenfalls in einer Ausgabe von Schmidt, „nur“ auf der Auswahlliste. Damals wurden sogar noch die exakten Platzierungen der Spiele angegeben, ACQUIRE landete auf dem 4. Platz, TWIXT wurde Zweiter.
Titel: ACQUIRE
Verlag: 3M
Autor: Sid Sackson
Spielerzahl: 2 - 6
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: ca. 90 Minuten
Preis: ca. 60.- DM
Wertung: Gerne morgen wieder
Sammelsurium 1 - S1/2001
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