Freitag, 30. Juli 2021
GODS
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Vom Bastelbogen zum fertigen Spiel: GODS
Es gibt nur wenige Spieleautoren, die ihre Fans besonders preiswert an die eigenen Spielideen heranlassen. Michael Schacht gehört zu diesen Autoren. Seine „Spiele aus Timbuktu“ erscheinen meist als überaus günstige Bastelpackungen. Tolle Spiele wie CONTRA oder DIE TAFELRUNDE sind in dieser Reihe veröffentlicht worden. Das letzte Spiel ist später als KÖNIG DER DIEBE bei Eurogames erschienen, aus dem ersten wurde das Queen Games-Spiel ARCHITEKTON. Auch andere Spiele aus der Reihe haben den Weg in einen Verlag gefunden, für das meines Erachtens beste Spiel, das 2001 veröffentlichte GODS, gilt das allerdings nicht. Als Bastelbogen war es mit seinem umfangreichen Material das Aufwendigste, was Schachts Kleinverlag bislang zu bieten hatte. Trotzdem war die 1000er Auflage schnell vergriffen und das Spiel kam gut an.
Als vollwertiges Spiel, bei dem man ( fast ) ganz ohne Schere und Kleber auskommt, veröffentlicht Michael Schacht sein GODS nun selbst. Wie er sagt, erscheint das Spiel endlich in der Form, „die es sicherlich verdient“, allerdings streng limitiert auf 666 Exemplare.
Die Story bleibt erhalten: Nach der großen Flut ordnen zwei bis vier spielende Götter die Welt neu. Sie besiedeln sie mit Völkern und versuchen diese mit Tempelbauten von der richtigen Religion zu überzeugen. All das kostet auch Göttern Kraft, mit der es geschickt hauszuhalten gilt, um am Ende die zum Gewinn nötigen neun oder zehn Siegpunkte zu erreichen.
Die Götterlandschaft breitet sich auf 84 Hexfeldern aus, 32 davon sind den Völkern zugeordnet, ebenso viele den Tempeln, die die Spieler zu Spielbeginn erhalten, daneben gibt es noch Ödlandkärtchen und Sonderaktionsfelder, diese insgesamt 52 Kärtchen werden für das eigentliche Spiel aus einem Säckchen gezogen.
GODS erweist sich als ein äußerst spannendes taktisches Legespiel, dessen Grundstruktur – wie die meisten Spiele von Michael Schacht – ganz einfach ist. Der Spielablauf reduziert sich auf das Kräftesammeln, wobei es pro Spielrunde drei Kräftepunkte gibt, die nun nicht mehr in Form von Einzelkristallen vergeben, sondern auf einer Zählscheibe angezeigt werden. Mit diesen Punkten müssen zwei Aktionen ausgeführt werden. Dazu füllt man erst einmal seine Auslagetafel auf zwei unterschiedliche Hexplättchen auf, die man danach ins Spiel bringen kann. So können vor allem Völkerstämme gelegt werden. Die Kosten dafür liegen bei einem Kräftepunkt für jede angrenzende Hextafel. Legt man eine Ödlandkarte, erhält man sogar einen Stärkepunkt. Die anderen Sonderaktionen sind meist kostenfrei. Dreimal teurer als bei den Volksstämmen wird es, wenn man einen eigenen Göttertempel ins Spiel bringt, dafür lässt der aber alle anliegenden Volksstämme vom fremden Glauben abspringen. Und nur so kommt man an Punkte. Von der eigenen Religion überzeugte Völker werden mit Göttersteinen gekennzeichnet, sobald drei gleiche Stämme einer Religion angehören, spricht Schacht von einer Volksgründung, die beim ersten Mal mit einem Siegpunkt und zusätzlich einer Punktetafel belohnt wird. Die Stämme wenden sich immer mal wieder anderen Göttern zu, sobald man dadurch keine drei Stämme mehr besitzt, muss man seine Punktetafel abgeben, der anfangs gewonnene Siegpunkt geht aber nicht mehr verloren.
Für entscheidende Aktionen muss langfristig gespart werden, deshalb ist es auch gut, dass man in einer Runde seine beiden Legeplättchen einfach kostenfrei zurück ins Säckchen werfen darf, so dass die drei Kraftpunkte, für das große Kräftemessen und Punktesammeln aufgespart werden können. Zünglein an der Waage sind häufig die vier Einzelsiegpunkte für die vier Völker, die im Spiel sind. Trotzdem brauchen die Spieler zum Sieg in der Regel drei Völkerkarten, um die mindestens neun Siegpunkte zu erreichen, wobei die grünen Völker besonders beliebt sind, da sie vier statt der sonst üblichen drei Siegpunkte bringen. So kann man auch mit zwei Einzelsiegpunkten, einem grünen und einem anderen Volk zum Spielsieg kommen. In GODS läuft aber nichts verdeckt ab, alle Informationen stehen auch den Mitspielern zur Verfügung, so dass ständiges Konvertieren zum Spielalltag gehört.
Für mich ist Schachts Spiel vor allem zu zweit eine besondere Empfehlung wert, die Steuermöglichkeiten im Spiel zu dritt und zu viert lassen dann doch etwas nach. Die grafische Gestaltung hat Michael Schacht vom Vorgängerspiel übernommen. Das Kartenmaterial ist stabil, wird sinnvoll ergänzt durch Holzmaterialien für die Religionsanzeige. Die Regel ist gut strukturiert, enthält auch sinnvolle Anmerkungen zur Spieltaktik. Außerdem war noch soviel Platz auf dem Regelblatt, dass dort die Aktionsphasen vierfach auf kleinen Kärtchen gedruckt werden konnten. Damit geht das Timbuktu-Feeling, mit der Schere zur Spielentstehung beizutragen, doch nicht ganz verloren.
Titel: GODS
Autor: Michael Schacht
Grafik: Michael Schacht
Verlag: Spiele aus Timbuktu
Spieler: 2- 4
Alter: ab 10 Jahren (nicht ab 12 wie in der Regel angegeben)
Spieldauer: ca. 45 Minuten
Spiel 14/2006 R127/2021
Die Rezension erschien 2006 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der 56jährige Michael Schacht ist gelernter Grafiker, in diesem Beruf hat er auch bis 2005 gearbeitet, bevor er sich entschied, vom Spieleerfinden zu leben. Inzwischen gehört er hinter Kramer, Kiesling und Knizia zur erfolgreichen zweiten Garde der deutschen Spieleautoren und kann rund 200 Veröffentlichungen vorweisen.
Wichtig war für seine Autorenkarriere der Hippodice Autorenwettbewerb, darüber gelangten Spiele wie TAXI (Spiel im Heft, 1992) und CHARTS (Piatnik,1996) zur Veröffentlichung. Den Wettbewerb 1998 gewann er mit KONTOR. Mit der Umsetzung durch Goldsieber gelangte Schacht 1999 erstmalig auf die Auswahlliste für das Spiel des Jahres, das er dann 2007 für ZOOLORETTO gewann.
„Spiele aus Timbuktu“ war ein Eigenverlag des Autors, in dem er preiswerte Bastelpackungen von Spielideen in Kleinstauflage anbot, außerdem viele Erweiterungen zu COLORETTO und ZOOLORETTO.
Das Bild zeigt Michael Schacht mit seiner Partnerin Marianne Hartz im CALIFORNIA-Jahr 2006 in Göttingen.
Donnerstag, 29. Juli 2021
EXPEDITION ZU DEN ALTEN MAYASTÄTTEN
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Auf den Spuren einer alten Forschungsreise: EXPEDITION ZU DEN ALTEN MAYASTÄTTEN
Hauptberuflich beschäftigt sich Florian Isensee mit dem Verlegen und Verkaufen von Büchern. Der Isensee-Verlag gewinnt seine Schwerpunkte hauptsächlich aus der Region des Nordwesten Deutschlands, erweitert durch Bücher zur Kunst- und Kulturgeschichte, zur Archäologie sowie Veröffentlichungen in niederdeutscher Sprache. Über die Kulturgeschichte und Archäologie ist der vielseitige Verleger auf ein altes Buch gestoßen, das im 19. Jahrhundert Archäologiegeschichte geschrieben hat. 1839/40 bereiste der amerikanische Reiseschriftsteller und Archäologe John L. Stephens zusammen mit dem englischen Zeichner Frederick Catherwood das Gebiet der ehemaligen Maya-Kultur. Sein 1841 erschienener Reisebericht “Incidents of Travel in Central America, Chiapas, and Yucatan” wird auch von modernen Archäologen vor allem wegen der detailreichen Zeichnungen Catherwoods immer wieder herangezogen. „Die Entdeckung der alten Mayastätten“ (Edition Erdmann) nennt sich die aktuellste deutsche Fassung dieses Bestsellers aus dem 19. Jahrhundert.
Florian Isensee lädt drei bis vier Spieler ein, sich auf die Spuren von Stephens und Catherwood zu begeben. Er braucht dazu keinen Spielplan und keine Spielfiguren, 64 Spielkarten liefern das atmosphärische Ambiente für die EXPEDITION ZU DEN ALTEN MAYASTÄTTEN. Die Expeditionsroute symbolisieren zehn Wegekarten, die, nebeneinander ausgelegt, den Spielern Schatzfunde, aber auch gefährliche Abenteuer verheißen. Um an die Schätze heranzukommen und die Abenteuer zu bewältigen, benötigen die Spieler Aktionskarten, zusätzlich erhält jeder Spieler eine Rastkarte, die wichtig für den Kartennachschub ist. Schließlich gibt es noch einen Stapel mit zehn Schatzkarten, der Schätze im Wert zwischen 20 und 60 Punkten enthält. Darum geht es letztendlich auch in diesem Spiel: das Sammeln von punkteträchtigen Schätzen. Wer dazu am besten seine Aktionskarten einsetzt, gewinnt meist schon nach einer Viertelstunde die EXPEDITION ZU DEN ALTEN MAYASTÄTTEN.
Was passiert in dieser Zeit? Die Wegekarten werden nacheinander aufgedeckt. Ist es eine Abenteuerkarte, müssen die Spieler gemeinsam das Abenteuer bestehen. Da gibt es leicht zu bewältigende Ereignisse, wie die Begegnung mit der Schmugglerbande, die einen Gefahrenwert von fünf Punkten besitzt, und schwierige, wie die Überquerung einer verfallenen Hängebrücke, die mit zehn Punkten die Abenteurer oft zu weiteren Versuchen zwingt. Für das Bestehen des Abenteuers legen die Spieler verdeckt eine ihrer Aktionskarten ab, ergeben diese addiert den geforderten Gefahrenwert, gilt das Abenteuer als bestanden und die nächste Wegekarte wird aufgedeckt. Der Spieler mit der höchsten Aktionskarte erhält die Abenteuerkarte, die in der Endabrechnung immerhin zehn Punkte bringt. Wird das Abenteuer nicht bewältigt, muss jeder Spieler seinem linken Nachbarn seine höchste Aktionskarte zuschieben. Der Konflikt, in dem die Spieler immer wieder stehen, besteht hauptsächlich darin, dass man eigentlich die hochwertigen Aktionskarten für die Phasen aufheben möchte, in denen Schätze zu finden sind. An vier Fundorten gibt es ein bis drei Schätze zu finden, um die die Spieler sich mit ihren Karten duellieren.
Isensees Kartenspiel ist von den Siegbedingungen her kompetitiv angelegt, das Besondere an seiner Spielidee ist aber, dass er - durchaus realitätsnah – für die Bewältigung des größeren Teils der Wegestrecke die Kooperation der Spieler verlangt. Daraus entwickelt sich der ganz besondere Reiz der EXPEDITION ZU DEN ALTEN MAYASTÄTTEN. Welche Karten setze ich wann ein, welches Risiko gehe ich ein, wenn ich mich nur geringfügig beim Bestehen der Abenteuer beteilige? Das sind Fragen, die sich den Spielern immer wieder stellen. Wie die meisten Kartenspiele ist Isensees Expedition glücksabhängig, aber das Glück lässt sich dank der kurzen Spieldauer immer wieder neu herausfordern. Ich empfehle daher viermal zu den Mayastätten aufzubrechen, das schaffen Sie in einer guten Stunde.
Die alten Grafiken, die für die unterschiedlichen Illustrationen verwendet werden, tragen gelungen zur Spielatmosphäre bei. Das Kartenmaterial ist hochwertig, aber spitzkantig. Die Verpackung, eine dünne Faltschachtel, hätte ich mir stabiler gewünscht. Für 6,50 Euro erwerben Sie ein interessantes, innovatives Spiel eines neuen Autors, der nun nicht mehr nur Bücher in seinem Buchverlag veröffentlicht.
Titel: EXPEDITION ZU DEN ALTEN MAYASTÄTTEN
Autor: Florian Isensee
Verlag: Isensee-Verlag (www.isensee.de)
Spieler: 2 bis 4
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 15 Minuten
Preis: 6,50 Euro
Spiel 11/2006 R124/2021
Die Rezension erschien 2006 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Seit 1995 ist der Oldenburger Buchhändler und Verleger, seit 2005 verlegt er auch eigene Spiele. Seine EXPEDITION ins Reich der Spiele bestand anfangs ausschließlich aus Kartenspielen, Ausflüge in die Geschichte, die zu den Mayas, nach Frankreich (MUSKETIER), Ägypten (RAMSES), Rom (HÄNDLER AUF DEM FORUM ROMANUM) und Kreta (LABYRINTH DES MINOTAURUS) führten.
Mit RAMSES und den HÄNDLERN verließ Isensee schon das Genre eher klassischer Kartenspiele, arbeitete aber noch kartenbasiert. In dem 2009 erschienenen dreiteiligen Abenteuer um MINOTAURUS ging es im Prinzip nur noch um Elemente des Kartenerwerbs zum Ausbau eines Labyrinths. 2010 lag mit GESCHENKE FÜR DEN RADSCHA in einer großen Schachtel, die als Umverpackung für das gesamt Œuvre Isensees dienen konnte, ein außergewöhnliches Wüstenabenteuer mit einem ungewöhnlichen Bewegungsmechanismus vor, das schon am Samstag auf der Messe ausverkauft war.
2011 erschien mit AKTIENRAUSCH das letzte Spiel, das aus der historischen Reihe herausfiel, aber extrem viel Aufmerksamkeit erregte. „Das hat mich damals total überrascht, dass sich erstmals TV-Stationen für eins meiner Spiele interessierten. Die Medienresonanz war unglaublich.“
Noch größer war die Resonanz 2019 zu einem Wahlspiel in den USA, das sich den damaligen Präsidenten vorknöpfte: FROM IDIOT TO PRESIDENT. Eine Teamarbeit mit Philipp Grasl, Daniel Sip, Mark Schütte und Thorben Schwitalla, für die die Freunde mit Haarenwerk einen eigenen Verlag gründeten. Produziert wurde nun auch nicht mehr im Isensee Verlag, sondern bei LudoFact mit einer Initialfinanzierung über Kickstarter. Das Medienecho auf das Spiel war beachtlich, wichtiger war für das Verlagsteam aber das große internationale Interesse.
Das Foto zeigt Florian Isensee mit allen seinen Spielen 2020.
Mittwoch, 28. Juli 2021
FESTIVAL BEIM PFERDESTALL
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Guter Zweck: FESTIVAL BEIM PFERDESTALL
Seit drei Jahren beleben die Kronberger Roland und Tobias Goslar die Spielszene mit genialen Ideen rund um die Raute. Schon mit dem pfiffigen FRANTIC FRANKFURT haben sie allerdings Abstand von den geometrischen Spielereien genommen, noch einen Schritt weiter gehen Sie mit ihrem neuesten Produkt FESTIVAL BEIM PFERDESTALL. Die Goslars sind nicht mehr freakig, sie kommen ganz familiär daher und bieten erstmalig ein klassisches Familienspiel in ihrem Programm an. Die Verbundenheit mit ihrem Kronberger Umfeld bleibt aber, war sogar Anlass für dieses Spiel. Seit vier Jahren veranstaltet die Ann-Kathrin-Linsenhoff-UNICEF-Stiftung im September in Kronberg das so genannte Schafhof-Festival. Die bekannte Dressurreiterin wohnt mit ihrer Familie auf diesem 18 Hektar großen Anwesen in der Nähe Kronbergs. Die Goslars haben 2005 für die Benefizveranstaltung in Zusammenarbeit mit Ann-Kathrin Linsenhoff FESTIVAL BEIM PFERDESTALL entwickelt. Ein Teil der Einnahmen des Spiels wird für ein UNICEF-Hilfsprojekt im Sudan gespendet.
Der spielerische Ansatz geht erst einmal von einem modifizierten Memo-Spiel aus. Damit geben sich die Goslars aber nicht zufrieden. Die Fortbewegungsweiten der zwei bis vier Spieler ab acht Jahren auf dem Schafhof-Gelände ergeben sich aus der Anzahl aufgedeckter Plättchen. Die Autoren nutzen den Reiz des Spiels mit dem Risiko, kombinieren diesen aber mit einem kleinen Schuss Taktik. Unter den 44 Spielplättchen gibt es Clowns, Kinder, Pferde und Kleintiere. Wer ein Plättchen aufdeckt, zieht natürlich nur ein Feld weit. Das gilt auch noch für zwei Plättchen, erst ab drei steigert sich die Bewegungsweite auf vier Felder, für jedes weitere Plättchen dürfen die Spieler vier Felder zusätzlich vorwärts ziehen. Das Problem dabei ist, dass die Kärtchen auf bestimmten Feldern auf dem Spielplan abgelegt werden müssen, damit sich mit der Zeit ein buntes Leben auf dem Schafhof entwickelt. So muss ein Clown immer bei einer der Festival-Attraktionen auftauchen, erst dann dürfen Kinder, die Teams zugeordnet sind, dort erscheinen. Pferde dürfen auf der Pferdeweide nur als Drillinge abgelegt werden. Bei den Kleintieren, die am Rentbach leben, sind es mindestens zwei, die abgelegt werden müssen. Das Aufdecken eines Clowns, eines Kleintieres in Kombination mit einem Nicht-Kleintier oder zweier Kinder aus einem Team beenden den Spielzug. Beim Clown oder wenn man freiwillig aufhört, darf man meistens ablegen und mit seiner Spielfigur auf einem vorgegebenen Weg voranziehen, sonst müssen alle Plättchen umgedreht werden und der nächste Spieler ist an der Reihe. Das Spiel endet, wenn ein Spieler bis zur Festival-Bühne ziehen konnte, oder wenn einer es schafft, alle verdeckt liegenden Kärtchen vorherzusagen. Das ist deshalb nötig, weil drei Clowns im Spiel sind, für die es keinen Ablageplatz gibt. Falsche Versuche werden nicht bestraft, wer es aber schafft, darf für jedes Kärtchen zwei Felder vorwärts ziehen. Wer danach am weitesten vorangekommen ist, ist Sieger des Spiels.
Die Umsetzung des Spiels ist solide: Grafisch gefällig, das Ambiente des Festes wird eingefangen, in der Ferne grüßen Mainhattan, der Limes und natürlich Kronberg, ordentliches Material mit großen Holzpöppeln und stabilen Memo-Plättchen, die Regel wird etwas gewöhnungsbedürftig über mögliche Fragen zum Spielablauf strukturiert.
Grundschulkinder, vor allem Mädchen, haben Spaß an diesem Spiel. Es dauert in voller Besetzung meistens länger als die angegebenen 15 Minuten, aber das macht nichts. Sobald die Ausschlussregelungen – und dafür sind die beiden Spielhilfen ganz wichtig – klar sind, ergeben sich spannende Partien, die meist zum Aufdecken aller Plättchen führen. Tobias und Roland Goslar haben ein rundes Familienspiel entwickelt, das zwar nicht durch viel Originalität auf sich aufmerksam macht, aber durch eine gesunde Mischung bekannter Spielprinzipien, die atmosphärisch dem realen Schafhof-Festival gerecht wird. Ein gutes Spiel für einen guten Zweck, was will man mehr.
Titel: FESTIVAL BEIM PFERDESTALL
Autor: Roland und Tobias Goslar
Verlag: Kronberger Spiele
Spieler: 2- 4
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 15 bis 30 Minuten
Preis: ca. 18 Euro
Zu den Autoren:
Tobias und Roland Goslar haben ab 2003 mit Rautenspielen auf sich aufmerksam gemacht, so mit BONOBO BEACH und CRONBERG. Für ihre Ideen gründeten sie den Verlag Kronberger Spiele. Das Legespiel TOM TUBE landete 2004 auf der Empfehlungsliste der Jury.
Roland Goslar ist den Spielen treu geblieben. Mit HALF-PINT HEROES erschien 2017 sein letztes Spiel, redaktionell betreut er Spiele für den Heidelberger Spieleverlag.
Das Bild zeigt Tobias und Roland Goslar bei ihrem ersten Auftritt 2002 auf dem Autorentreffen in Göttingen.
Spiel 12/2006 R125/2021
Die Rezension erschien 2006 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Dienstag, 27. Juli 2021
EQUILIBRIO
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Ruhiges Händchen gefordert: EQUILIBRIO
Früher waren es die klassischen Ankerbausteine, die zum Nachbau architektonischer Wunderwerke reizten. Bis in die 50er-Jahre fehlten die Naturbausteine, die im Übrigen seit 1995 im thüringischen Rudolstadt wieder produziert werden, in keinem Kinderzimmer. Ein in diese Richtung gehendes modernes Angebot bietet EQUILIBRIO von Michel und Robert Lyons aus dem Huch-Verlag. Die beiden Autoren folgen nicht dem Prinzip der Steinanhäufung für den Bau gewaltiger Kathedralen, sie kommen mit 18 Kunststoff-Bausteinen in sieben verschiedenen Formen aus.
EQUILIBRIO steht in der Tradition von ARCHITECTO, das ebenfalls von den beiden Autoren 2005 bei Huch erschienen ist. Hier wie dort steht im Zentrum des Spiels ein Aufgabenblock, der gedankliche und taktile Herausforderungen steigenden Schwierigkeitsgrades enthält. Die Aufgaben geben Art und Anzahl der zu benutzenden Bausteine vor und zeigen das zu erstellende Gesamtobjekt. Damit ist klar, EQUILIBRIO ist in der Regel ein Solitärspiel, eine logische Tüftelei, für deren Umsetzung man aber ein ruhiges Händchen benötigt. EQUILIBRIO ist anspruchsvoller als ARCHITECTO, da das Bauen auf Rollen, auf Spitzen, auf Halbkugeln erheblich mehr Feingefühl erfordert, als das bei den logischen Gedankenübungen vom Vorläuferspiel der Fall war. Nicht zu Unrecht verweist daher der spanische Spieltitel auf die Balance, auf das Gleichgewicht, das bei den Bauaufgaben im Vordergrund steht.
Für Grundschulkinder stellen beide Spiele interessante Herausforderungen dar und erfüllen vorbildlich Lernspielfunktion ganz im Sinne der Schulung von Kopf und Hand. Der Reiz für ältere Spieler hält sich nach meinen Erfahrungen in Grenzen, der Aufforderungscharakter am Anfang ist hoch, hält aber nicht an. Ärgerlich finde ich, dass der Verlag bei dem nicht gerade preiswerten Spiel doppelt abkassiert. Die Bausätze beider Spiele sind identisch, so dass die Besitzer von ARCHITECTO eigentlich nur den neuen Aufgabenblock benötigen, den es aber nur im Gesamtpaket gibt. Immerhin lässt sich aus der Not eine Tugend machen, mit beiden Spielen wird aus den Solofassungen ein Zweipersonen-Spiel, das man im direkten Wettstreit austragen kann.
Meine persönliche Meinung zu EQUILIBRIO und Co. ist geteilt. Die Spiele sind teuer, die Farbgestaltung des Materials ist gewöhnungsbedürftig, zumindest das hätte man bei der Zweitfassung ändern können. Ich frage mich, warum dann nicht besser gleich zu den optisch und haptisch überzeugenderen Ursprungsmaterialien von Anker zurückkehren. Positiv ist immerhin zu berücksichtigen, dass diese Spiele den raren Markt der Solitärspiele beleben. Als Lernspielangebote sind sie geeignet.
Titel: EQUILIBRIO
Autor: Michel und Robert Lyons
Grafik: service3.com
Verlag: Huch
Spieler: Solitärspiel
Alter: ab 7 Jahren
Spieldauer: beliebig, für die einfachen Bauten benötigt man wenige Minuten
Preis: ca. 20 Euro
Spiel 10/2006 R123/2021
Die Rezension erschien 2006 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 5 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Sonntag, 25. Juli 2021
XERXES
SAMMELSURIUM
E-Serie von F.X. Schmid
Die bei Spielesammlern bekanntesten Spiele aus dem F.X. Schmid Verlag sind die Spiele der E-Reihe. Das „E“ steht für Erwachsenenspiele, die Serie erschien in den Jahren 1973/74. Die E-Serie war die Antwort aus Prien auf die Casino-Reihe von Ravensburger und die 3M-Serie. Die Spieleschachteln ähnelten aber nur den Buchschubern von 3M. Im Grunde genommen waren es einfache Stülpschachteln mit durchaus edler Innenverkleidung.
Die am meisten gesuchten Spiele dieser Serie sind: TRADE, SAMURAI, PAGODE und SNIFF. Mit LASKA hatte der Verlag einen Klassiker im Programm, der von einem ehemaligen Schachweltmeister stammte.
Die Firma war älter als Ravensburger. Franz Xaver Schmidt gründete den Verlag 1860 in München. Anfangs wurden nur Spielwaren und Karten produziert, nach dem Zweiten Weltkrieg, das Unternehmen war inzwischen in Prien am Chiemsee ansässig, kamen auch Brettspiele und Puzzles dazu. 1997 übernahm Ravensburger die Firma, labelte bis 2000 noch Produkte unter FX, stellte dann aber die Spiele ein.
XERXES
XERXES erschien gleich im Doppelpack als XERXES und FRUNDSBERG, zwei strategische Spiele, die stark an HALMA angelehnt waren. Als Autor wird Kurt Heuser benannt, die Regelbearbeitung übernahm Eugen Oker. Wenige Jahre davor hatte Heuser in der Logiplay-Reihe von F.X. Schmid ein ähnliches Spiel unter dem Titel SOLO veröffentlicht.
In seiner Rezension in der Zeit (49/1968) schrieb Oker damals über die Entwicklung: „Kurt Heuser war – bevor er Schriftsteller und Drehbuchautor wurde – Pflanzer in Mozambique. In der Einsamkeit der Savanne, ‚auf Vorposten‘, wie er es nennt, lernt der Mensch den Wert des Spiels begreifen; da wird er inne, was ihm eine Handvoll HALMA-Kegel sein können. Beinahe zwangsläufig sind dort, wo die Spärlichkeit zur täglichen Realität gehört, Variationen zum Spiel entstanden, darunter eine, die ein völlig neues ergab. Eine HALMA-Variante, sonst nichts – und doch wurde aus der alten amüsanten Hüpferei ein strategisches Problemspiel.“
Heuser hatte das Schlagen eingeführt, übersprungene Gegner kamen aus dem Spiel und damit änderte sich prinzipiell auch das Spielziel, HALMA bekam eine kriegerische Dimension, in der es um die Eroberung eines Spielfeldes ging.
Schon in SOLO standen sich zwei Doppelreihen von Figuren gegenüber, ähnlich der Schlachtordnung von Cannae. Im Rücken jeder Phalanx befand sich das jeweilige Zielfeld. Wer dieses zuerst mit einer Figur erreichte, gewann.
Nichts anderes passiert in XERXES, nur der Titel passt besser und Heuser oder Oker haben dafür gesorgt, dass es gleich drei unterschiedliche Aufstellungsvarianten gibt. Gespielt wird auf einem 15x19 Feld mit jeweils 24 Spielfiguren. Die Figuren ziehen wie beim Klassiker HALMA, diagonal oder orthogonal in jede Richtung. Eigene oder fremde Figuren dürfen übersprungen werden, wenn das Feld dahinter unbesetzt ist, auch Kettensprünge sind erlaubt. Eigene Figuren bleiben dabei stehen, fremde Figuren werden geschlagen.
Das zweite Spiel FRUNDSBERG ist viel spannender, da die Grundaufstellung hinter einem Sichtschirm geheim vorgenommen wird und eine wichtige Flussgrenze spielentscheidend ist. Figuren müssen erst den Fluss überschreiten und diesmal als Ziel ein Doppelfeld erobern.
Die HALMA-Variante hat Reiz und besitzt viele taktische Komponenten mit Blick auf das Vorgehen. Da lässt sich ganz klassisch in der fast unangreifbaren Phalanx marschieren oder mit Spähtrupps und raffinierten Sprungfolgen ein Überraschungsangriff starten.
Als RITTERSCHLACHT erlebte XERXES 1975 seine dritte Auferstehung bei F.X. Schmid. 1987 kam es dann noch einmal unter dem Titel XERXES heraus, damals allerdings ohne die FRUNDSBERG-Variante, sodass die spielbox diese alte Idee als Spiel im Heft anbot.
Titel: XERXES / FRUNDSBERG
Verlag: F.X. Schmid
Autor: Kurt Heuser
Spielerzahl: 2
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 60.- DM
Wertung: Nächste Woche wieder
Sammelsurium 30 - S30/2021
Samstag, 24. Juli 2021
COLOR CODE
COLOR CODE - Wie bunt ist unsere Welt?
Kreativ, kommunikativ und kooperativ soll es in Zukunft in Spielen von Chili Island zugehen. Der junge Ableger von Queen Games ist ein Experimentierfeld für den Verlegersohn Julien Gupta, der schon mit einigen Spieleveröffentlichungen wie IM TAL DER DRACHEN und WALD DER WÖLFE, stets in Kooperation mit Johannes Berger, auf sich aufmerksam gemacht hat.
Schon für Juliens Vater Rajive Gupta spielten Produktionsstandards eine wichtige Rolle, auch Julien setzt hier Maßstäbe, an der sich viele andere orientieren sollten. Seine Spiele kommen komplett ohne Plastik aus, die Folien sind biologisch abbaubar. Alles wird in Deutschland oder der EU hergestellt aus mindestens 70% recycelten Rohstoffen. Zugegeben, bei Materialien, die hauptsächlich aus Pappe und Papier bestehen, ist das auch einfacher, aber der Ansatz ist lobenswert.
Ob das ebenfalls für das erste Spiel des jungen Verlages gilt, werden wir gleich sehen.
COLOR CODE, erneut eine Kooperation Gupta&Berger, ist ein kooperatives Farbassoziationsspiel, bei dem alle mit dem richtigen Einfühlungsvermögen sich am Ende über viele Punkte und das Erreichen des Highscores freuen können.
Sie alle kennen das Lied „Grün, grün, grün sind alle meine Kleider“, die grüne Farbe besitzen sie, weil der „Schatz ein Jäger“ ist. Und weiter geht’s mit dem roten Reiter, dem blauen Matrosen, dem schwarzen Schornsteinfeger, dem weißen Müller und dem bunten Maler. Wenn es denn immer so einfach wäre mit der Zuordnung. Wie sieht für Sie eine Suppe aus oder welche Farbe assoziieren Sie mit Social Media, mit acht Farben dürfen Sie dabei im Grundspiel antworten. Im Modul „Buntes Treiben“ kommen Pink, Lila und Orange dazu.
Der Color-Coder bekommt drei Begriffe zugeordnet, je nach Anzahl der Beteiligten arbeitet das Team zwischen 12 und 18 Begriffen in einer Spielrunde ab, sodass jeder mindestens einmal an der Reihe ist. Wer mit den Karten „Suppe“, „Social Media“ und „USA“ startet, muss jeweils eine von seinen acht Farbkarten den begriffen verdeckt zuordnen. Der zwitschernde Twitter-Vogel ist blau, auch Facebook hat einen blauen Kreis, „Social Media“ übernimmt schon einmal die blaue Farbkarte. Diese Farbe hätte ich durchaus auch für die USA in Betracht gezogen, schon allein wegen der Flagge und der Demokraten. Bleiben die roten Streifen, obwohl man hier ganz schnell in das Fettnäpfchen der Diskriminierung treten könnte, da auch die alte Karl May Bezeichnung „Rothäute“ in diesen Assoziationskreis auftauchen könnte. Entscheidend ist, was die anderen denken. Bleibt die Suppe, Curry als Zutat fällt aus, da die orangene Farbe noch im Erweiterungsdeck steckt, eine schöne Rote Beete-Suppe verhindern die USA, bleiben die klassische grüne Erbsensuppe oder die braune Gulaschsuppe. Mit einem 50/50 Hilfs-Chip könnte ich es meinen Mitspielern leichter machen.
Spannend ist danach die Diskussion in der Gruppe, bei der es dem Color-Coder meist schwer fällt, nichts zu sagen, wenn die anderen die Lösung schon parat haben, aber immer noch diskutieren oder meilenweit weg von der Richtung Zuordnung sind. Bei mir geht’s schon los mit den Sozialen Medien, was für mich eindeutig war, geht eher in die rote Richtung wegen Instagram, Pinterest und YouTube. Für die USA bleibt dann nur noch blau übrig, weil man ja auch über den großen blauen Ozean fliegen müsse. Zumindest bei der Suppe geht’s in die richtige Richtung, da ich es ihnen leichter gemacht habe, setzt das Team auch noch einen Bonus-Chip ein, der die Wertung verdoppelt.
Für die Auswertung gibt es eine Wertungstafel, jeweils zwei richtige Lösungen bringen das Team voran. Berauschend war dieses erste Ergebnis noch nicht, aber wir haben ja noch vier Runden. Am Ende dürfen wir uns über 14 Karten bzw. Bonus-Chips freuen, die uns den „Highscore“ einbringen. Das schafft man auch meistens, wenn man sämtliche Hilfechips, wie den Insider und Farbfilter nutzt, wobei der letzte eine Farbe ausschließt und der erste auf gemeinsamen Erfahrungen beruht. Die insgesamt drei Bonus-Chips richtig eingesetzt, reichen meist für den Sprung über die höchste Wertungsgrenze.
Wer nur mit Erwachsenen spielt, kann auch die 18 extra scharfen Begriffe mit einmischen und sich fragen, welche Farbe hat denn die Ekstase oder müssen Dessous nur schwarz sein? Im Modul „Buntes Treiben“ kommen nach jedem geschafften Level die drei zusätzlichen Farben ins Spiel. So ganz viel bringt das allerdings nicht, da erstaunlich oft die Farben Rot, Blau, Grün, manchmal auch noch Schwarz und Weiß gewählt werden und die Trefferquote mit diesen Farben erheblich höher ausfällt.
Mit COLOR CODE ist Gupta&Berger ein guter Einstieg des neuen Verlages in den Bereich der Kommunikationsspiele gelungen. Das Spielprinzip bietet zwar wenig Neues, deutlich mehr bieten die anregenden Diskussionen um die bunte Vielfalt unserer Welt.
Titel: COLOR CODE
Autor: Johannes Berger, Julien Gupta
Grafik: Annika Jansen, Sandra Grelling
Verlag: Chili Island
Spielerzahl: 2-6
Alter: ab 10 Jahre
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 30 Euro
Spiel 53/2021
Freitag, 23. Juli 2021
DIABOLO
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Teuflisches Spiel: DIABOLO
Michael Schacht gehört zu den vielseitigsten Autoren, die in den 90er-Jahren in Konkurrenz zu Kramer und Co. angetreten sind. Er hat ein gutes Händchen für die großen Spiele, KARDINAL UND KÖNIG gehört immer noch zum Besten, was er je entwickelt hat, eine Reihe seiner Kartenspiele, darunter COLORETTO, gehören aber in die allererste Riege. Dieser Tradition folgt DIABOLO, sein neuestes Amigo-Spiel.
70 Zahlen in fünf Farben mit Werten von 1 bis 5 stehen den drei bis fünf Spielern zur Verfügung. Sechs davon hat jeder auf der Hand, mit jedem Spielzug wird ergänzt, bevor eine Karte passend an farblich zugeordnete „Himmel und Hölle“-Karten in der Tischmitte gelegt wird. Die Entscheidung, die jeweils zu fällen ist, heißt damit: Ordne ich meine Farbkarte lieber dem Himmel oder der Hölle zu. Sobald insgesamt zweimal fünf Karten an beliebigen Farben anliegen, wird zumindest im Spiel zu dritt und zu viert gewertet. Überwiegen die Engelspunkte, wird die Farbe positiv gewertet, im anderen Fall gibt es Minuspunkte, bei Gleichstand, wird die Farbe nicht gewertet. Die Zuordnung der Punkte ergibt sich aus den sechs Handkarten der Spieler. Der Spieler, der die höchste Kartensumme der abgerechneten Farbe besitzt, erhält die Plus- oder Minuspunkte. Zusätzlich darf einmal vor dem Aufdecken der Farbkarten der Spieler eine so genannte „Dopplerkarte“ eingesetzt werden, die den Ergebniswert verdoppelt. Das ist schon das ganze Spiel. Beachtet werden muss nur noch, dass maximal drei Karten auf einer der Kartenseiten angelegt werden dürfen.
Ein typischer Schacht: minimales Regelwerk für ein schnelles Spiel, das Spaß macht. Gespielt werden so viele Runden, wie Spieler teilnehmen, so dass meist nach 15 bis 30 Minuten das teuflische Spielvergnügen DIABOLO schon vorüber ist. Diese Spieldauer hindert niemanden, zu Revancherunden anzutreten. Für die Abrechnung liegt sogar ein Punkteblock dem Spiel bei.
DIABOLO ist nichts für Taktiker, große Überlegungen muss man nicht anstellen, da Planungen häufig genug durch unglückliche Kartenaufnahme zerstört werden können. Trotzdem wird man nicht nur gespielt, hat bei sieben Karten, die jeweils zur Auswahl stehen, schon Einflussmöglichkeiten, wobei besonders das rechtzeitige Herbeiführen der Wertung oft spielentscheidend ist. Himmlisch gut ist DIABOLO sicherlich nicht, teuflisch schlecht aber auch nicht, kein großartiges, aber ein solides Spiel, mit leicht positiver Bilanz auf der himmlischen Seite, zumal es äußerst preiswert auf dem Markt zu erhalten ist.
Titel: DIABOLO
Autor: Michael Schacht
Grafik: Michael Schacht
Verlag: Amigo
Spieler: 3- 5
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: 8 Euro
Spiel 8/2006 R121/2021
Die Rezension erschien 2006 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der 56jährige Michael Schacht ist gelernter Grafiker, in diesem Beruf hat er auch bis 2005 gearbeitet, bevor er sich entschied, vom Spieleerfinden zu leben. Inzwischen gehört er hinter Kramer, Kiesling und Knizia zur erfolgreichen zweiten Garde der deutschen Spieleautoren und kann rund 200 Veröffentlichungen vorweisen.
Wichtig war für seine Autorenkarriere der Hippodice Autorenwettbewerb, darüber gelangten Spiele wie TAXI (Spiel im Heft, 1992) und CHARTS (Piatnik,1996) zur Veröffentlichung. Den Wettbewerb 1998 gewann er mit KONTOR. Mit der Umsetzung durch Goldsieber gelangte Schacht 1999 erstmalig auf die Auswahlliste für das Spiel des Jahres, das er dann 2007 für ZOOLORETTO gewann.
„Spiele aus Timbuktu“ war ein Eigenverlag des Autors, in dem er preiswerte Bastelpackungen von Spielideen in Kleinstauflage anbot, außerdem viele Erweiterungen zu COLORETTO und ZOOLORETTO.
Das Bild zeigt Michael Schacht mit seiner Partnerin Marianne Hartz im DIABOLO-Jahr 2006 in Göttingen.
Donnerstag, 22. Juli 2021
WER HAT MEHR?
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
WER HAT MEHR?
Geht’s noch ein bisschen hässlicher? Dieses Spiel mit den Temperamenten, das Piatnik von dem englischen Autor Alan Moon in diesem Jahr veröffentlicht hat, wirbt nicht unbedingt mit seinem Cover. Der aufbrausende Choleriker, der träumende Phlegmatiker reizen mich eigentlich nicht, dieses Spiel in die Hand zu nehmen. Dann schon eher das melancholische Konterfei eines Woody Allen Doppelgängers.
Hinter dieser thematischen Verpackung steckt ein Stichspiel, das gar nicht so schlecht ist. Die 60 Spielkarten, die der roten Cholerik, gelben Sanguinik und blauen Phlegmatik zugeordnet sind, besitzen Werte von 1 bis 20. Zusätzlich gibt es vier Trumpfkarten, bei der Allen als Melancholiker den Verzicht auf Trumpf mit sich bringt. Außerdem spielen Bietchips eine nicht unwichtige Rolle.
Die Rundenzahl orientiert sich an der Spielerzahl, sodass zwischen acht und 13 Runden gespielt werden. Die Zahl der Handkarten startet niedrig bei drei Karten und steigert sich von Runde zu Runde um eine Karte. Am Ende bekommt jeder je nach Spielerzahl zwischen 10 und 15 Karten, die Trumpffarbe wird zufällig bestimmt. Vor dem Spiel bewerten alle ihre Kartenhände und wetten der Reihe nach offen auf Farben, von denen man meint, am Ende die meisten Karten zu besitzen. Wer sich für den Melancholiker entscheidet, zeigt damit an, dass er insgesamt die wenigsten Karten am Ende haben möchte. In dieser Bietphase hinten zu sitzen, besitzt Vorteile, da man die vorher abgegebenen Gebote in seine Überlegungen mit einbeziehen kann. Wer will darf auch auf mehr als eine Farbe setzen.
Der Spielablauf entspricht den üblichen Stichspielregeln, die wir aus dem SKAT-Spiel kennen. Es besteht Farb-, aber kein Stichzwang. Wer den Stich gewinnt, spielt weiter aus. Am Ende bringt jede erfüllte Wette fünf Punkte, hinzu addiert wird jede Karte dieser Farbe. Unerfüllte Wetten zählen fünf Minuspunkte. Der graue Chip bringt so viele Plus- oder Minuspunkte wie Handkarten in der entsprechenden Runde verteilt wurden.
Was am Anfang noch eher zufällig abläuft, wird mit steigender Kartenzahl berechenbarer und fängt an Spaß zu machen. Die Spielregel bietet am Ende noch einige Varianten, die keine Langeweile aufkommen lassen. So gibt es doppelte Bietmöglichkeiten und geheime Gebote.
Augen zu und durch, kann ich nur empfehlen, das Spiel ist zwar potthässlich, aber als Stich- und Bietspiel besitzt es Reiz. Bei wenigen Karten ist das Bieten auf eine Farbe eher zufällig, da keiner weiß, welche Karten überhaupt im Spiel sind. Hinten raus wird das alles kalkulierbarer und spannender.
Titel: WER HAT MEHR?
Autor: Alan Moon
Grafik: Wolfgang Rieder
Verlag: Piatnik
Spielerzahl: 3- 6
Alter: ab 8 Jahre
Spieldauer: 45 Minuten
Preis: 10.- DM
Spiel 05/1990 R119/2021
Die Rezension erschien 1990
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Alan Moon war in den 80er Jahren für Avalon Hill journalistisch tätig, arbeitete auch an der Spielentwicklung für diese Firma und für Parker Brothers. Dem deutschen Publikum wurde er Anfang der 90er Jahre durch Spiele wie AIRLINES (Abacus) und Spiele des Verlags White Wind bekannt, den er zusammen mit Peter Gehrmann gründete. In dieser frühen Phase erschien WER HAT MEHR (1990) bei Piatnik.
In 1000er Auflagen erschienen die meisten Spiele bei White Wind so auch ELFENROADS, das später in der Version von Amigo als ELFENLAND Moons erstes „Spiel des Jahres“ wurde. Zwischen 1998 und 2004 war Moon besonders erfolgreich.. Mit UNION PACIFIC (1999) und DAS AMULETT (2001) landete er auf der Nominierungsliste. 2004 gelang ihm sein größter Erfolg mit ZUG UM ZUG, zu dem in der Folgezeit verschiedene Varianten und Erweiterungen erschienen sind und immer noch erscheinen.
WER HAT MEHR erschien 2001 in einer attraktiveren Fassung als WHERE’S BOB’S HAT? bei Abacus.
In dieser erfolgreichen Phase war Moon erster Vorsitzender der Spieleautorenzunft. Das Bild stammt aus einem Gespräch zweier Preisträger in Göttingen aus dem Jahre 2005. Werner Hodel und Alan Moon diskutieren, ob der Mississippi oder die Schiene der bessere Transportweg in den USA sei.
Mittwoch, 21. Juli 2021
TORJÄGER
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Spiel zur WM in Südafrika: TORJÄGER
Nach dem Sommermärchen 2006 in Deutschland, das uns nur den Bronzeplatz einbrachte, treten nun erneut, diesmal in Südafrika, unsere TORJÄGER um Miroslav Klose, Lukas Podolski und vielversprechenden Thomas Müller an, den Siegerpokal nach Deutschland zu holen. Die Ergebnisse in der Vorrunde gegen Finnland waren zwar nicht berauschend, aber zum klaren Gruppensieg hat es gereicht und gegen Serbien, Australien und Ghana dürfte es wohl auch in der Vorrunde klappen.
Spielerisch ist von der Mannschaft einiges zu erwarten. Erfolge auf dem Rasen produzieren allerdings selten Erfolge auf dem Spieltisch. Bis auf TIPP KICK hat sich kein Fußballspiel über mehrere Jahre hinweg gehalten. Kosmos probiert es 2020 mit TORJÄGER von Ingo Althöfer. Seit 1994 hat der 49jährige Mathematiker den Lehrstuhl für Mathematische Optimierung an der Friedrich-Schiller-Universität Jena inne. Nebenher erfindet er Spiele, arbeitet dabei eng mit Reinhold Wittig zusammen. Recht bekannt ist sein EINSTEIN WÜRFELT NICHT!, das in seinem 3-Hirn-Verlag und in der Edition Perlhuhn erschienen ist.
Althöfers TORJÄGER kennzeichnet das, was Fußball ausmacht, Glück und Taktik spielen eine große Rolle, der Teamgeist bleibt beim Duell so ziemlich auf der Strecke. Jeder startet auf einem 5x7 Felder großem Puzzlebrett, an das nur das Feld für den Torwart angehängt ist, mit 11 Spielern. Die Feldspieler teilen sich je zweimal die Nummern zwei bis sechs, die „1“ hat der Torwart. Der Mathematiker Althöfer überlässt die Zufallssteuerung dem Würfel. Es gewinnt dabei der Spieler, der drei Spielfiguren auf die gegenüberliegende Seite ins Tor zieht.
Die Anfangsaufstellung wird beliebig auf den jeweiligen ersten Grundlinien vorgenommen. In TORJÄGER geht es nur nach vorn gerade oder diagonal, ist die gewürfelte Zahl blockiert, darf eine beliebige Figur gezogen werden. Wenn ein Spieler das gegnerische Tor erreicht, müssen wie beim Toranstoß alle Spieler zurück in ihre Spielhälften.
Ein simples Spiel, das Althöfer an EINSTEIN WÜRFELT NICHT angelehnt hat, das allerdings nur mit sechs Spielsteinen und auf einem kleinen 5x5 Feld gespielt wird. Vor allem die Regel, dass bei blockierten Steinen ein beliebiger gesetzt werden kann, verleiht TORJÄGER durchaus taktische Züge.
Das Papp-Material mit Puzzle-Spielplan und dicken Papp-Markern ist für die kleine Kosmos-Schachtel ausreichend. Dank der Wendeseiten darf man unter vier Teams wählen. Wer will, kann den Ablauf verkürzen und nur auf ein Siegtor spielen, wer möchte kann aber auch zu viert ein kleines Turnier organisieren. Althöfers Spiel funktioniert, macht durchaus auch Spaß, TIPP KICK wird es aber nicht überleben.
Titel: TORJÄGER
Autor: Ingo Althöfer
Grafik: Christian Fiore
Verlag: Kosmos
Spielerzahl: 2-(4)
Alter: ab 8 Jahre
Spieldauer: 25 Minuten
Preis: 9.- Euro
Spiel 01/2010 R120/2021
Die Rezension erschien 2010
Wertung Spielreiz damals 5 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der 1961 in Lage geborene Mathematiker Ingo Althöfer promovierte 1986 in Bielefeld, seit 1994 hat er den Lehrstuhl für Mathematische Optimierung an der Friedrich-Schiller-Universität Jena inne.
Seine Forschungsschwerpunk liegen in den Bereichen Spieltheorie und Kombinatorische Optimierung. Althöfer hat experimentell untersucht, wie sich Lego-Steine beim Waschen in der Waschmaschine zu Zufalls-Komplexen zusammensetzen, die Ergebnisse dokumentierte er in „Meine wunderbare Wasch-Saison“. Sein Highlight der Wasch-Saison2013: „Steine von verschiedenen Herstellern (einschließlich LEGO und der DDR-Marken PeBe2000 und Formo) bilden in der Waschmaschine gemeinsame Zufallskomplexe: Es wäscht zusammen, was zusammen gehört!“
Spielideen veröffentlichte er im Eigenverlag 3-Hirn Spiele. Das 3-Hirn-Prinzip hat er in den 80ern noch vor seiner Promotion formuliert und an SCHACH demonstriert. Beim 3-Hirn sind ein Mensch und zwei Computer mit verschiedenen Programmen beteiligt. Der Mensch lässt beide Apparate rechnen und trifft die Wahlentscheidung. Ein menschliches Hirn wählt also aus den Vorschlägen von zwei Elektronen-Hirnen aus. 1 + 2 = 3, daher 3-Hirn.
In diesem Verlag erschien auch 2004 EINSTEIN WÜRFELT NICHT! Zur WM 2006 griff Noris die Idee auf und veröffentlichte FINALE, das dem Kosmos-Spiel TORJÄGER entspricht. 2006 erhielt Altöfer den Inno-SPATZ der Stadt Göttingen.
Das Bild zeigt den Autor auf dem Autorentreffen im Jahr seiner Auszeichnung.
Montag, 19. Juli 2021
LOGO-NOTE
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Notenlernprogramm: LOGO-NOTE
Mit einem ganz besonderen Anspruch hat sich Horst Hoffmann aus Hasbergen bei Osnabrück an ein Notenlernprogramm gemacht. Mit seinem Spiel LOGO-NOTE will er schon Kinder ab vier Jahren ansprechen.
Das Spiel enthält 108 Karten für verschiedene Lernspielvarianten. Im Grundprogramm (36 Karten) geht es erst einmal nur um die korrekte Benennung der Noten. Dem Notenbild zugeordnet werden optische Denkhilfen, so ein Elefant für das "e". Eher lautmalerisch ist man dabei beim "c" und "cis" vorgegangen, hierfür stehen die Bilder Zebra und Zitrone. Die vorgeschlagenen Lernspiele sind einfach gehalten, durch Abdecken der Bilder werden die Noten mit der Zeit richtig erlernt. Auch die Wettkampfvarianten überzeugen spielerisch kaum.
Etwas abwechslungsreicher sind die weiteren Spiele mit den restlichen 72 Spielkarten. Im ersten Spiel muss eine Notenkarte der richtigen Bildkarte zugeordnet werden. Bei Benutzung des vollständigen Kartensatzes müssen die unterschiedlichen Tonhöhen berücksichtigt werden, was dann auch schon für Grundschulkinder ganz schön anspruchsvoll wird. Insofern empfiehlt Horst Hoffmann zurecht, das Spiel mit dem vollen Kartensatz erst nach längerer Vorbereitungszeit zu spielen. Die musikalische Begleitung wird dringend empfohlen.
Nach unseren Probespielen mit Vorschulkindern eignet sich LOGO-NOTE für die Grundeinführung von Noten. Der Spielspaß bleibt aber etwas auf der Strecke, die Pädagogik steht im Vordergrund.
Titel: LOGO-NOTE
Autor: Horst Hoffmann
Grafik: o.A.
Verlag: Horo-Vertrieb
Spielerzahl: 2-4
Spieldauer: eine Runde ca. 20 Minuten
Preis: ca. 20.00 DM
Spiel 21/1994 R117/2021
Die Rezension erschien 1994
Wertung Spielreiz damals 5 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Das Foto zeigt den Autor bei der Präsentation seines Spiels auf der Spiel 1993 in Essen.
Samstag, 17. Juli 2021
RAMBA ZAMBA
RAMBA ZAMBA auf dem Bauernhof
Mit einer Klassiker-Kopie reüssierte der österreichische Klavierlehrer Johannes Schmidauer-König vor fast zehn Jahren bei Schmidt Spiele. Mit DOG ROYAL variierte er den kanadischen Klassiker, der vor allem in der Schweiz viele Fans besitzt und der in Deutschland in der edlen TAC-Fassung bekannt ist.
Mit einer erneuten Kopie eines sehr beliebten Spiels wechselt er nun erstmalig den Verlag und veröffentlicht mit RAMBA ZAMBA ein Spiel bei dem Schweizer Verlag Game Factory. Hier zoffen sich Tiere auf dem Bauernhof, ähnlich wie sie einst im Jahr der Erstveröffentlichung von DOG ROYAL sich in Frank Bebenroths DRECKSAU (Kosmos) kräftig eingesaut hatten.
So wie man vor neun Jahren lauter Drecksäue vor sich liegen haben musste, sind es nun fünf Tiere einer Tierart. Schmidauer-Königs Hackordnung fängt ganz klein mit Würmern an, die die Hühner lieben, die wiederum stehen auf dem Speiseplan von Füchsen ganz oben, die zu vertreiben den Hofhunden Spaß macht. Schutz bieten wie einst die Scheunen Heuhaufen, der Blitz wird durch Heugabeln ersetzt, schließlich spielen drei Bauern noch eine marginale Rolle.
Mit drei Handkarten baut sich jeder den eigenen Bauernhof auf oder spielt eine Ärgerkarte nach rechts oder links. Die Hackordnung gilt in jedem Fall, wobei das größere oder stärkere Tier, sofort zwei kleinere Tiere verspeist oder verjagt. Hunde können dabei nur vom Bauern vertrieben werden. Schutz bieten die Heuhaufen, die aber durch Heugabeln beseitigt werden.
Tierpärchen machen es außerdem möglich, zwei Karten zu spielen. In der eigenen Auslage kann das der Sprung zum fünften identischen Tier sein, beim Gegner werden gleich vier kleinere Tiere vertrieben, wenn denn so viele da sind
Das Hin und Her, die ständigen Verluste verlangen von Kindern eine hohe Frustrationstoleranz, das war bei Bebenroth schon so, verschont wird hier niemand. Im direkten Vergleich mit dem wiederhervorgeholten DRECKSAU macht die Schlamm-Variante Grundschulkindern einfach mehr Spaß, trotzdem funktioniert RAMBA ZAMBA ähnlich gut und wer die Alternative nicht besitzt, kann problemlos zu diesem Spiel des österreichischen Autors greifen.
Turbulent geht es jedenfalls zu und Glück muss man haben mit Heuhaufen zur rechten Zeit, wenn den Gegnern die Heugabeln ausgegangen sind. Grafisch hat Michael Menzel die Kontrahenten auf dem Bauernhof sehr witzig umgesetzt.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: RAMBA ZAMBA
Autor: Johannes Schmidauer-König
Grafik: Michael Menzel
Verlag: Game Factory
Spielerzahl: 2-5
Alter: ab 8 Jahre
Spieldauer: ca. 20 Minuten
Preis: ca. 13 Euro
Spiel 52/2021
Freitag, 16. Juli 2021
ATMOSFEAR
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
ATMOSFEAR
Dass die Brettspielbranche massiv gegen die boomenden Computerspiele, gegen Super Mario's Gameboy-Abenteuer und die perfekten Videospiele von Nintendo und Sega anzukämpfen hat, kündigte sich schon vor einigen Jahren an. Die meisten Jugendlichen zieht's zum Bildschirm; Vernetzungsmöglichkeiten lassen inzwischen spielerische Interaktion zu, der Ausbruch aus der Isolation des Solospielers ist damit auch gelungen.
MENSCH ÄRGERE DICH NICHT! und MONOPOLY könnten demnach bald nur noch musealen Charakter besitzen und in Weihnachtsausstellungen neben Krippen und Christbaumschmuck präsentiert werden, wenn nicht die Brettspielhersteller reagieren würden. Einen Frontalangriff auf die von Videospielen verwöhnten Kids startet die süddeutsche Firma Schmidt Spiel und Freizeit. Dort will man die Gruppe der zehn bis sechszehnjährigen über das Medium Film wieder zum Brettspiel zurückführen. Die Lösung sieht man im Videobrettspiel ATMOSFEAR.
Wer sich auf ein Spielabenteuer einlässt, sollte erst einmal das entsprechende Ambiente herstellen. Spielen Sie nur abends, verdunkeln Sie den Raum, nur das notwendigste Licht zum Lesen der Spielkarten sollten Sie anlassen, so schaffen sie die beste Atmosphäre.
Der Spielmechanismus ist einfach: Sie schlüpfen in die fantastisch-gruseligen Rollen von Mumien, Vampiren und Hexen und würfeln sich über einen Rundparcours eines Friedhofes. Dabei versuchen Sie, innerhalb von sechzig Minuten sechs Schlüssel in Ihren Besitz zu bekommen und möglichst nicht Ihrem persönlichen Alptraum zu begegnen. Soweit ist das Spiel nicht weiter originell, wenn nicht die Spieldauer und der Spielablauf über ein Videoband gesteuert würden. Die Zeitangaben der Videocassette werden spieltechnisch über Zeitkarten genutzt, außerdem erscheint in unregelmäßigen Abständen der "Herr des Schlüssels" auf dem Bildschirm, der Spielleiterfunktionen übernimmt. Unter strenger Einhaltung der Regelvorgaben kommt es zu einer Interaktion zwischen Spielern und "Schlüsselmeister", dessen rigide Anweisungen immer befolgt werden müssen. Da die Gruppe letztlich gegen den "Herrn der Schlüssel" spielt, denn er gewinnt, wenn niemand die Aufgabe löst, entwickelt sich besonders gegen Ende ein hektisches, nervenaufreibendes Spiel.
Es ist sicherlich nicht jedermanns Sache, ständig mit "elender Wurm" angeredet zu werden, auch die schaurige Metamorphose des Schlüsselmeisters ist nichts für schwache Nerven. Erwachsene Spieler brechen daher häufig diesen "Blödsinn" ab. Die vom Verlag angepeilte Zielgruppe kann sich aber der Faszination dieses Spieles nicht entziehen. Thema, Sprache und Umsetzung finden hier viel Zustimmung, auch Begeisterung. Insofern scheint der Weg, den Schmidt Spiel und Freizeit hier eingeschlagen hat, erfolgreich zu sein.
Titel: ATMOSFEAR
Verlag: Schmidt Spiel und Freizeit
Autor: Phillip Tanner
Spielerzahl: 2-6
Spieldauer: 60 Minuten
Alter: ab 12 Jahre
Preis: ca. 90.00 DM
Spiel 11/1992 R150 /2021
Die Rezension erschien 1992
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
SUNSET BLVD
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Doppelgänger gesucht: SUNSET BLVD
Mit OTTIFANTEN hat der Hamburger Gunter Baars spielerisch von sich reden gemacht (Schmidt Spiele 1989). Bis 1987 war er Co-Redakteur beim MAD- Magazin und betreute dort Serien wie Ottifanten, Larry und Kosinus.
Mit SUNSET BLVD bewegt er sich durchaus weiter im satirischen Bereich, geht es doch um Original oder Fälschung bei Filmstars und ihren Imitatoren. Allein viele Zeichnungen der Stars sind das Geld wert, ein grandioser Woody Allen, ein breit grinsender Schwarzenegger, der magische Finger von E.T. und ein lachender Alf. Tom Hanks hätte ich nicht unbedingt erkannt, auch Cary Grant hätte eleganter aussehen dürfen.
Die Spieler sind Reporter und versuchen vier Stars abzulichten. Die Schauspieler und Figuren liegen in echt und als Double in einer langen Kartenschlange aus, die begrenzt wird durch eine Start- und Ziel-Karte.
Jeder bekommt vier Auftragskarten und muss beispielsweise Bilder von John Travolta, Peter Falk, Audrey Hepburn und Tom Hanks in die Redaktion bringen. Dazu würfeln alle mit drei Würfeln, von denen einer zur Bewegung einer eigenen Spielfigur genutzt wird. Landet diese auf einer verdeckten Karte, wird die umgedreht und bleibt fortan offen liegen. Liegt das Double schon aus, muss der Spieler darauf springen, das kann ein Schritt vor oder zurück sein. Gehört der Schauspieler zu den Auftragskarten, wird diese umgedreht. Der Auftrag gilt als erfüllt. Wer zuerst alle vier Aufträge schafft und das Zielfeld erreicht, gewinnt das Spiel. Wer das letzte Feld der Reihe erreicht, ohne alle Aufträge abgedeckt zu haben, muss erneut von vorn starten.
Die Regeln sind einfach, die Auswahl unter drei Würfeln schränkt den Glücksfaktor deutlich ein. Am Anfang tappen alle zwar im Dunkeln, aber mit der Zeit sind die Teiloffenbarungen durchaus hilfreich, zumal man ja alle Stars und deren Doppelgänger zum Teleportieren in die jeweils gewünschte Richtung gezielt nutzen kann. In der Regel kann deshalb die doppelte Runde verhindert werden. Insofern ist Gunter Baars ein recht unterhaltsames Spielchen mit den Stars und Sternchen aus Hollywood gelungen.
Titel: SUNSET BLVD
Autor: Gunter Baars
Grafik: Manfred Nestler
Verlag: Fun Connection/ Salagames
Spielerzahl: 2-6
Spieldauer: 30 Minuten
Preis: 16.- DM
Spiel 27/1993 R116/2021
Die Rezension erschien 1993
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Gunter Baars, Jahrgang 1962, arbeitete viele Jahre als freiberuflicher Texter, Herausgeber und Drehbuchautor, unter anderem für MAD und Ottos Ottifanten.
Er ist schon seit über 30 Jahren Spieleautor. OTTO’S GROSSES OTTIFANTEN-Spiel war 1989 seine erste Spieleveröffentlichung. Inzwischen hat er ca. 80 Ideen veröffentlicht, das Spielen in der Schachtel gehört oft zu seinem Markenzeichen.
Zu ganz großen Preisen in Deutschland hat es noch nicht gereicht. Immerhin war er mit SPARITO (Selecta, 2003) , BUDDEL COMPANY (Ravensburger, 2005), DAS GROSSE TIER-RÄTSEL (Ravensburger, 2011) und KIPP, KIPP, AHOI! (Ravensburger, 2009) auf der Auswahlliste und den Empfehlungslisten der Jury Spiel des Jahres.
Dienstag, 13. Juli 2021
QUINTO
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Spiele für Zocker: QUINTO
Die Firma ASS hat mit BRAINY ein pfiffiges Deduktionsspiel des Belgiers Rik van Even und mit BÖRSENKRACH ein recht einfaches Spekulationskartenspiel in diesem Jahr herausgebracht. Herausragend in der neu eingerichteten Kartenspielserie "Spiele für Zocker" ist aber QUINTO, ein Ablege-Spiel des amerikanischen Autors Sid Sackson, bei dem fünf Karten eine wichtige Rolle spielen.
In Sacksons Spiel muss eine Fünferreihe Karten komplettiert werden, für diese Quintos gibt es Punkte. Die Karten sind entweder "Kombikarten" (64 Stück), die Farbe, Form und Anzahl zugeordnet werden können, so gibt es z.B. eine rote Karte mit vier Kreisen. Weiterhin sind 32 Wortkarten im Spiel, die nur auf ein Element hinweisen. Jokerfunktion übernehmen 14 Brücken- und Wortbrücken-Karten. Jeder Spieler bildet Ablagereihen vor sich. Die Anlegeregel ist einfach: Mindestens ein übereinstimmendes Element muss auf der angelegten Kombi-Karte oder Wort-Karte vorhanden sein, angelegt werden darf an alle Reihen. Für vollständige Quintos gibt es in der ersten Phase Punktkarten vom Stapel, in der zweiten und dritten Phase des Spiels, müssen diese noch ergänzt werden durch Punktkarten der Mitspieler, deren Reihe vervollständigt wurden.
Ein spannendes Legespiel für 2 bis 4 Spieler, das auch in einer Teamversion viel Spaß macht.
Autor und Verlag verzichten auf eine thematische Verpackung dieses Kartenkombinationsspiels. Die klare Struktur tut dem Spiel gut, in anderen Bereichen hätte ASS die Amigo-Produktion zum Vorbild nehmen sollen. In eine QUINTO-Schachtel mit 134 Spielkarten passen gut sechs 6 NIMMT! hinein. Der Käufer zahlt für riesige Luftanteile einen doppelt so hohen Preis. Das ist unverschämt. Eine Halbierung der Schachtelgröße ist hier mindestens zu verlangen. Vom Spielwert her beurteilt ist QUINTO zwar nicht preiswert, aber allemal seinen Preis wert. Nutzen Sie den Luftraum und füllen ihn mit einem 6 NIMMT!, einem CANASTA-Blatt und weiteren Kartenspielen, dann sind die lauen Sommernächte gerettet.
Titel: QUINTO
Autor: Sid Sackson
Verlag: ASS
Spielerzahl: 2-4
Spieldauer: eine Runde ca. 20 Minuten
Preis: ca. 23.00 DM
Spiel 19/1994 R112/2021
Die Rezension erschien 1994
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Sid Sackson (1920 – 2002) gehört zu den weltweit bekanntesten Spieleautoren des letzten Jahrhunderts. Sackson war einer der ersten Spieleautoren, die von dieser Berufung leben konnten. Ganz wesentlich hat dazu der Welterfolg von ACQUIRE beigetragen.
In seinem Haus in der New Yorker Bronx baute er sich ein wissenschaftliches Archiv auf mit einer riesigen Sammlung an Brett- und Kartenspielen, die auf knapp 20.000 Titel geschätzt wurde. Leider fand sich keine museale Lösung nach seinem Tod für diese einmalige Sammlung. Die Spiele wurden auf einer Reihe von Auktionen verkauft und die Sammlung zerschlagen.
Neben ACQUIRE ragen Spiele wie FOCUS (Spiel des Jahres 1981), CAN’T STOP, METROPOLIS und BAZAAR aus seinem umfangreichen Gesamtwerk heraus.
Das Foto zeigt Sackson 1989 in Essen bei der legendären CAFÉ INTERNATIONAL-Runde.
Montag, 12. Juli 2021
SPAZIERGANG MIT KREISEL
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Kreiselnd ins Rentenalter
Alfelder Spieleerfinder erfährt viel Anerkennung beim Spieleautoren-Treffen in Göttingen
Eines der ältesten Kinderspiele ist der Kreisel. Ein beliebter Zeitvertreib, der sich vermutlich von der häuslichen Tätigkeit des Spinnens ableiten lässt. Es gibt fast keinen Kulturbereich unserer Erde, in dem der Kreisel nicht zu finden ist. In altägyptischen Grabbeigaben ist er ebenso nachweisbar wie bei Indianern im brasilianischen Dschungel. Cato, sittenstrenger Römer, prägte den Satz, der im ganzen europäischen Mittelalter Geltung besaß: "Den Kreisel darfst du treiben, das Würfelspiel musst du meiden." [trochos ludo, aleas fugo].
Der Faszination des Kreiselspiels konnte sich der Alfelder Martin Schulz nicht entziehen. Im Rentenalter noch einmal aktiv werden und etwas Neues unternehmen, das erhoffte er sich vor zwei Jahren von einer Kreiselspielidee, die er im Oktober '92 an den Ravensburger Spieleverlag schickte. In den 60er Jahren hatte der ehemalige Schichtführer der Alfelder Papierfabrik ein ähnliches Spiel der Firma Schmidt Spiel&Freizeit kennengelernt, das er nun eigenständig weiterentwickelt hat.
Ravensburger konnte als Brettspielverlag mit diesem Geschicklichkeitsspiel nicht viel anfangen, lobte aber die Fleißarbeit. Ähnliche Kreiselroulette-Spiele (TIROLER KREISEL) seien relativ bekannt und auf dem Markt, so der Tenor. Martin Schulz verknüpft aber das Drehen des Kreisels mit einem bewegbaren Spielbrett. Sein Kreisel wandert durch eine hübsche Wegelandschaft. Ein weites Vorwärtsdrehen bringt entsprechend viele Punkte. Der pfiffige Dreh des Spielebastlers besteht darin, dass sein Wegeplan auf einer großen hölzernen Kugel lagert, so dass durch entsprechendes Heben und Senken des Spielbrettes der Kreisel in die erforderliche Richtung dirigiert werden kann.
In liebevoller Handarbeit fertigte dann Martin Schulz seinen SPAZIERGANG MIT KREISEL selbst. In zwei verschiedenen Größen produziert er inzwischen sein Spiel weitgehend aus Holzmaterialien, die an eine Eisenbahnlandschaft erinnern.
Viel verdienen kann er nicht mit seiner Bastelei, die großen Holzkästen sind sehr preisgünstig zu erwerben. Dafür hat Martin Schulz aber ein Hobby gefunden, dessen positives Echo auf Spieleveranstaltungen ihm mehr als Geld einbringt. Der Spaß der Kinder, aber auch der Erwachsenen, die sich am Kreisel versuchen, ist ihm der größte Lohn.
Titel: SPAZIERGANG MIT KREISEL
Verlag: Eigenverlag, Schieferkamp 11, 31061 Alfeld
Autor: Martin Schulz
Spielerzahl:1-8
Spieldauer: variabel
Preis: 35.- oder 59.- DM
Spiel 1201994 R113/2021
Die Rezension erschien 1994
Wertung Spielreiz damals 5 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor
Das Foto zeigt Martin Schulz 1994 auf dem Autorentreffen in Göttingen
Montag, 5. Juli 2021
CHECK THE RIPPER
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
CHECK THE RIPPER
Den Spieletitel des Jahres, wenn es ihn denn gäbe, hätte sich der Verlag ASS mit einem neuen Spiel von Alex Randolph verdient. CHECK THE RIPPER ist nicht etwa die phonetische Umlautung des altbekannten Gangsters Jack, nein, der Titel verbindet die spielerischen Schach- und Kriminalelemente, um die es in diesem neuen Brettspiel für 2-4 Spieler geht.
Man muss aber kein Großmeister sein, um mit diesem Spiel klar zu kommen. Die einfachen Grundkenntnisse über die Zugmöglichkeiten der Schachfiguren reichen aus, damit man seinen ermittelnden Inspektor von Tatort zu Tatort in England eilen lassen kann, mal bewegt er sich springend wie ein Pferd fort, ein anderes Mal düst er als Turm davon, je nach Würfelwurf.
Auf einer großen Englandkarte werden auf diese Weise Indizien zusammengetragen, um vier Täter zu entlarven. Ob es nun die Mörderin mit der Schere ist oder der Täter, der mit dem Hammer an vier Orten zugeschlagen hat, für richtige Ermittlungen gibt es Punkte. Im Laufe des Spiels fällt es immer leichter, auf weitere Indizien zu verweisen. Gute Gedächtnisleistung ist die wesentliche Voraussetzung für den Spielsieg.
Der Autor hat bekannte Spielmechanismen gekonnt variiert und daraus ein gut spielbares nicht allzu komplexes Spiel gemacht. Der schöne Spielplan eignet sich auch als Wandschmuck, hier hat der Verlag gute Arbeit geleistet. Schachtelgröße und Packungsinhalt stehen aber in einem unverschämten Verhältnis zueinander. Hier stimmt das Preis- Leistungsverhältnis überhaupt nicht mehr. Wenn ich bei einem Spielepreis von DM 45.- bis 50.- nur 10 Prozent Spielmaterial und 90 Prozent Luft erwerbe, dann muss ich mich als Kunde ärgern. Spieleverlage sollten allmählich anfangen, sich umweltorientierter zu verhalten. Wenn die Schachteln voll Material sind, dann wird der Verbraucher auch bereit sein, für kleinere Spielekästen etwas mehr Geld zu bezahlen. Die Rechnung mit den großen Spielekästen und hohen Endverkaufspreisen wird bald nicht mehr aufgehen.
Titel: CHECK THE RIPPER
Autor: Alex Randolph
Verlag: ASS
Spielerzahl:2-4
Alter: ab 12 Jahre
Spieldauer: ca. 45 Minuten
Preis: ca. 50.00 DM
Spiel 15/1994 R107/2021
Die Rezension erschien 1994
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zu den Autoren:
Alex Randolph war der Kosmopolit unter den Spieleautoren. 1922 in Böhmen geboren. Seine Mutter stammte aus Colorado, sein Vater war Russe. Schon als Kind lebte er mehrere Jahre in Venedig, bevor er als Zehnjähriger in ein Schweizer Internat geschickt wurde. Ein Jahr vor dem Zweiten Weltkrieg ging die Familie zurück in die USA. Während des Krieges arbeitete er am Entschlüsseln feindlicher Codes.
Nach dem Krieg lebte er als Werbetexter und Romancier in Boston, bevor er 1961 mit Pentomino-Steinen sein erstes Spiel veröffentlichte. Randolph siedelte dann nach Wien um, spielte dort im Café Hawelka TWIXT mit Herbert Feuerstein, das bald als 3M-Spiel in einer edlen Buchschuberausgabe erschien und ihm einen mehrjährigen Aufenthalt in Japan finanzierte. Mitte der 70er Jahre fand der Spieleautor nach Venedig zurück, wo er 2004 starb.
Anfangs entwickelte er, inspiriert durch die Japanreise, hauptsächlich taktische Spiele für zwei, wie EVADE, BUFFALO und GEISTER. In den 80er Jahren erfand er erfolgreich viele Familienspiele wie SAGALAND, „Spiel des Jahres“ 1981, das er zusammen mit seinem engen Freund Michael Matschoss entwickelte, der sich inzwischen um sein spielerisches Erbe kümmert. Es blieb zwar sein einziges „Spiel des Jahres“, für GUTE FREUNDE (1989) gewann er den ersten Sonderpreis „Kinderspiel“, was er mit LEINEN LOS! 1997 noch einmal wiederholte. INKOGNITO (1988) und VENICE CONNECTION (1996) bescherten ihm den Sonderpreis „Schönes Spiel“.
In den 90er Jahren arbeitete Randolph eng mit Johann Rüttinger zusammen. Hierbei entstand auch DIE VERBOTENE STADT. Vorher hatten sie beide schon TWIDDELDUM bei Noris veröffentlicht. Im Verlag Drei Hasen in der Abendsonne erschien das lesenswerte Buch Randolphs „Die Sonnenseite. Fragmente aus dem Leben eines Spieleerfinders“.
Das Bild zeigt Randolph auf den Autorentreffen in Göttingen bei seiner SPATZ-Verleihung 1990.
Sonntag, 4. Juli 2021
PEGGINO
SAMMELSURIUM
Ravensburger Traveller-Serie: PEGGINO
Neben der Casino-Serie war die Traveller-Reihe in den 70er Jahren besonders beliebt. Sie erschien in zwei Schachtelformaten, zuerst als flache Ausgabe (202x202x28 mm; 1972 und 1973) und als etwas kleinere dickere Schachtel (190x190x36 mm; 1973-1978). Diese Schachtelform setzte sich durch und diente auch der Veröffentlichung weiterer Titel. Zur Serie gezählt werden aber nur Titel mit dem Logo „traveller serie“. Die Spiele in der Reihe waren fast durchweg Spiele für zwei Personen, meist taktische Spiele mit geringem Glücksanteil.
In der Reihe veröffentlichte Alex Randolph die meisten Spiele, zum Teil wie auch in der Casino-Serie unter dem Pseudonym L.W. Bones (PEGGINO). Daneben erschienen Klassikerausgaben wie REVERSI, GO und GOBANG, TANGRAM, SOGO und 3x16, das alte NÜMMERCHEN.
Herausragend sind für mich die Randolph-Spiele WÖRTERKLAUER, PEGGINO und HEPTA. Immer wieder gut ist RACKO, das es aber auch in vielen anderen Ausgaben von Ravensburger gibt.
PEGGINO
Alex Randolphs abstrakte Idee PEGGINO funktioniert als Duell und als kniffliges Solo-Spiel. Wahrscheinlich hat sich Randolph vom Hollerith-System der Lochkarten bei der Spielentwicklung leiten lassen. Im Spiel sind rechteckige Kärtchen mit sechs Feldern, die eine bis sechs Lochungen besitzen. Diese nutzt der Autor zur Arretierung in ein Lochbrett von 7x7 Feldern. Arretiert wird mit schwarzen Holzstiften. Die Kärtchen besitzen eine blaue und eine gelbe Seite, die den beiden Kontrahenten zugeordnet sind.
Erst einmal steckt der Startspieler sieben Stifte in den Plan, der zweite Spieler ergänzt diese Startsituation ebenfalls durch bis zu sieben weitere Stifte, er kann aber auch auf diesen Zug verzichten.
Danach nimmt der Startspieler drei Karten, steckt einen weiteren Stift und platziert dann eine oder mehr Karten. Das geht nur dann, wenn für sämtliche Kartenlöcher Stäbe vorhanden sind. Wer nicht mehr weiter legen kann oder will, wirft eine seiner drei Karten ab und übergibt an den Kontrahenten, der ebenso verfährt. Dabei haben die Spieler das Spielziel im Auge, mit der eigenen Kartenfarbe den größeren Teil des Spielbretts abzudecken.
PEGGINO wird beendet, wenn es keine Karten mehr gibt oder wenn das Brett vollständig bedeckt ist, sodass kein Stift mehr gesteckt werden kann.
Strategisch sollte man vor allem die spiegelbildlichen Kartenpaare zurückhalten, denn diese kann der Gegner vollständig abdecken. In der Regelübersicht gibt es eine Seite, die diese Pärchen alle zeigt. Am besten ist es natürlich, wenn man beide Teile selbst besitzt. Damit ist auch der Memoanteil im Spiel recht hoch, da man sich schon erinnern sollte, welche Karten bereits aus dem Spielgenommen sind. Da stets eine Karte „entsorgt“ wird, trifft das meist eine dieser Spiegelbild-Karten. Einen nicht zu unterschätzenden Vorteil besitzt auch der Spieler, der zuletzt legt, daraufhin lässt sich durchaus spielen.
In der Solo-Variante gilt es , das gesamte Spielbrett abzudecken und dabei möglichst viele Stifte zu verwenden. 39 davon sind leicht unterzubringen, alle Stifte, das sind nur zwei mehr, ist aber eine richtig schwere Aufgabe.
PEGGINO erschien später noch einmal in der Spielesammlung DIE DREI (1998) von Franjos, damals unter dem Titel PEGS.
Titel: PEGGINO
Autor: L. W. Bones (Alex Randolph)
Grafik: Manfred Burggraf
Verlag: Ravensburger
Spielerzahl: 1 - 2
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 15 DM
Wertung: Nächste Woche wieder
Sammelsurium 27 - S27/2021
Samstag, 3. Juli 2021
MOZZAROLLER
Unterwegs für Pizzeria Angelo: MOZZAROLLER
Jeffrey A. Allers erfindet seit gut ein Dutzend Jahren Spiele. Mit ABER BITTE MIT SAHNE reüssierte er 2008 bei Winning Moves. Mit Spielen wie CITRUS (dlp 2013) und PANDORIA (Irongames 2018) konnte er überzeugen. 2021 gelingt ihm das wieder für HASHI (nsv), ob sich MOZAROLLER unter seinen guten Spielen einreiht, werden Sie gleich sehen.
Allers, der mit seiner Familie lange in Berlin lebte, ist seit letztem Jahr ins Dreiländereck von Deutschland, Frankreich und der Schweiz nach Kandern gezogen. Im Umfeld von Kandern gibt es laut TripAdvisor allein rund 20 Pizzerien, wahrscheinlich alle mit Lieferservice, direkt in der Kleinstadt im Landkreis Lörrach mit Isola Bella und San Lorenzo nur zwei. Mit der Pizzeria Angelo macht Allers ihnen nun Konkurrenz und jagt ihnen mit flotten, rollerfahrenden Lieferanten Kunden ab.
Der Konkurrenz stellen sich bis zu vier Spieler, sogar eine Solovariante hat der Autor entwickelt. Für die Vorbereitung der Kundenaufträge greift der Kanderner Autor auf Würfel zurück, gleich acht Zutatenwürfel mit Champignons, Mais, Oliven, Rucola, Tomaten und Mozzarella liegen dem Spiel bei. Angelo möchte also nicht nur durch schnelle Lieferungen überzeugen, sondern auch durch einen durchweg vegetarischen Ansatz, der nicht durch Salami und Parmaschinken ergänzt wird, sondern durch Komponenten wie Chili und Knoblauch, die für die Schlusswertung zählen.
Acht Aufträge liegen aus, dazu Lieferantenplättchen und Strafchips. Wer am Zug ist, würfelt anfangs alle acht Würfel, Strafchips können die Anzahl in späteren Runden reduzieren. Eine Zutat muss mindestens auf eine Auftragskarte gelegt werden. Dort darf man dann weitere passende Würfel ablegen, wenn der Auftrag gefüllt ist, geht das auch auf angrenzenden Karten. Man kann aber auch neu würfeln, muss aber mit dem Ergebnis mindestens eine Zutat regelgerecht ablegen können, das darf nun auch auf eine benachbarte Karte sein. Schließlich darf man seinen Zug freiwillig beenden. Wer Schluss macht, bekommt erfüllte Aufträge und Strafchips für unfertige.
Wer die meisten Aufträge eines Pizzafahrers vor sich hat, bekommt dessen Plättchen, die am Ende zwischen fünf und zehn Punkte wert sind, wobei die Punktezahl mit der vorhandenen Kartenzahl korreliert. Mehrheiten sind hier wichtig, denn Gleichstände sorgen dafür, dass das Lieferantenplättchen neutralisiert in der Mitte der Tischauslage landet. Zünglein an der Waage können dabei oft Jokeraufträge sein, die mit einer beliebigen Zutat dreimal belegt werden.
Wenn die Nachfrage nicht mehr auf acht Karten aufgefüllt werden kann, wird die Runde beendet. Punkte gibt es für jede Zutat auf den Aufträgen, für jedes gewonnene Plättchen und zusätzlich Bonuspunkte für Chili und Knoblauch.
Im Solospiel ist man Konkurrent von Angelo und duelliert sich in acht Runden um jeweils sechs Aufträge. Alle Aufträge, die man nicht abarbeitet, bekommt Angelo. Mindestens drei sollten es daher sein und ab und zu auch mal ein Vierter, dann könnte man gewinnen. In der Wertung spielen wie im Grundspiel auch die Farbplättchen eine Rolle und die Zusatzpunkte durch Chili & Co., die im Duell ziemlich wichtig sein können, da fünf entsprechende Beläge 15 Punkte bringen. Angelo, dem die Pizzen ja ohne große Würfelleistung quasi in den Schoß fallen, scheint Profi zu sein, besiegen konnten wir ihn noch nicht.
Thematisch bewegt sich Allers in ziemlich ausgefutterten Bereichen. Pizzabringdienste tauchten schon häufig in Spielen auf. Auch das Erwürfeln von Zutaten ist nichts weltbewegend Neues. Sein Spiel mit dem Risiko ist durch die Ausweitung auf Nachbaraufträge aber durchaus reizvoll, verbunden mit den Mehrheitsduellen um die Mozzaroller und die scharfen Zutaten. Die Solo-Variante überzeugt nicht, da braucht es Hausregeln, um überhaupt eine Chance zu haben. So könnte Angelos Gegner in jeder zweiten Runde sich einen Auftrag würfellos schnappen, dann besteht eine kleine Chance den Besitzer der Pizzeria zu besiegen.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: MOZZAROLLER
Autor: Jeffrey D. Allers
Grafik/Design: Bartlomiej Kordowski
Verlag: Piatnik
Alter: ab 7 Jahren
Spielerzahl: 1 - 4
Spielzeit: ca. 25 Minuten
Preis: ca. 11 Euro
Spiel 50/2021
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