Freitag, 30. April 2021
AMAZONAS
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Taktisches Familienspiel von Haba: AMAZONAS
Wer die gelben Kinderspielschachteln von Haba gewohnt ist, reibt sich erstaunt die Augen, ob der grünen Verpackung und der Altersangabe ab zehn Jahren. Haba macht mit Spielen wie TIMBERLAND von Klaus Teuber und EULENZAUBER von Erich Manz Ravensburger, ASS und F.X. Schmid Konkurrenz. 1992 hat es die Firma aus Bad Rodach erstmalig mit DONNERWETTER von Peter Lewe auf die Empfehlungsliste der Jury Spiel des Jahres gebracht. Man darf gespannt sein, wie sich das Nachfolgerspiel AMAZONAS von Klaus Hartinger und Arno Miller im nächsten Jahr schlagen wird.
Das Autorenteam versetzt uns auf einem großen Spielplan in das Überschwemmungsgebiet des Amazonas. Jaguar, Faultier, Ameisenbär und Tapir müssen mit der Unberechenbarkeit des Flusses klarkommen und ihn auf dem Weg zu den jeweiligen Ruheplätzen sicher überqueren. Im Duell auf eigenem Spielplan bekommt jeder fünf Tiere, zu dritt und zu viert sind es nur jeweils drei.
Gesteuert wird dieser Weg durch Würfel. Im Familienspiel sind es deren drei, zwei 6er Würfel und ein gelber Spezialwürfel, der den Lauf des Amazonas verändert und vor allem durch Holzstämme den Brückenschlag über Flussteile ermöglicht, der den Tieren bei Querungen hilft. Die Punktewürfel dienen ganz simpel der Fortbewegung der Tiere, Paschwerte verdoppeln den Zug. Auf die MÄDN-Eigenschaft des Herauswerfens verzichten die Autoren leider nicht, so ist man in der Nähe gegnerischer Tiere nie sicher, zumal man zu viert sich wegen querender Wege nie aus dem Weg gehen kann. Immerhin können zwei eigene Figuren auf einem Feld nicht geschlagen werden. Sobald ein Spieler alle drei oder fünf Tiere in seinen Ruhebereich gebracht hat, endet das Spiel.
Für fortgeschrittene Spieler lässt Haba mit einem anderen Spezialwürfel die Bildung von Pfützen zu, sogar ein kleiner Nebenfluss zum Amazonas kann dadurch entstehen. Diese Variante zeigt auf dem Würfel aber nur noch einmal den wichtigen Brückenschlag an.
Auch dieses Spiel überzeugt wie die meisten Spiele von Haba durch hervorragendes Spielmaterial. Die ausufernde Wasserfläche des Flusses ist eine reizvolle Idee, deren Querung aber durchaus etwas Zeit benötigt. Besonders dann, wenn man oft vom Spielplan gekegelt wird und mit seinen Tieren wieder von vorn beginnen kann. Durch diese Regel nähert sich Hartingers und Millers Idee zu sehr dem klassischen Laufspiel von MENSCH ÄRGERE DICH NICHT (MÄDN), was eine Auszeichnungswiederholung nach DONNERWETTER eher unmöglich macht.
Titel: AMAZONAS
Autor: Klaus Hartinger, Arno Miller
Grafik: Walter Matheis
Verlag: Haba
Spieler: 2-4
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 45 Minuten
Preis: ca. 50 Euro
Spiel 6/1992 R73/2021
Die Rezension erschien 1992
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Von Klaus Hartinger und Arno Miller hat man als Spieleerfinder nur bei diesem Spiel etwas gehört.
Der 61jährige Arno Miller, hauptberuflich Journalist in Bregenz/Österreich, blieb aber vor allem als Spielekritiker der Szene treu. Er gründete die Fachzeitschrift "Die Spielwiese", die 2005 in das Internetportal spielwiese.at überging. Arno Miller ist seit vielen Jahren Sprecher der Jury von Graf Ludo, dem Designpreis der Leipziger Spielemesse.
Das Bild zeigt Arno Miller 2000 auf dem Spieleabend der Jury Spiel des Jahres in Essen.
Donnerstag, 29. April 2021
ISIS SÜSSE SÜNDE
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Wider das Schlemmen: Isis – Süße Sünde
Eigentlich wissen wir doch inzwischen alles über gesunde Ernährung. Journale wie der Focus sind zu unseren Ernährungsberatern geworden und halten uns zum Stäbchen-Gehen, neudeutsch Nordic-Walking genannt, an. Und trotzdem locken immer wieder süße Sünden. Der Verführungen sind viele, kein Wunder, dass sich der Werbefachmann Raimund Wybranietz auf die Verführungskraft der Göttin Isis verlässt, der ägyptischen Liebesgöttin. Isis hat aber auch ihre dunklen Seiten, sie gilt als Göttin der Toten. Zwischen Skylla und Charybdis, so kommt man sich bei ihr vor. Auf das ägyptische Ambiente ist der Autor wahrscheinlich nur deshalb gekommen, weil er in seinem Spiel ISIS SÜSSE SÜNDE von den Vorgaben einer Ernährungspyramide ausgeht.
Noch nie etwas davon gehört? Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) arbeitete mit einem Pyramidenmodell für ausgewogene Ernährung. Die Pyramidenabschnitte stellen die Lebensmittelgruppen dar, aus denen wir unsere Speisen zusammenstellen. Täglich sollte jeder etwas aus jeder Gruppe essen. An der Spitze der Ernährungspyramide stehen die kalorienreichen Nahrungsmittel, wie Schokolade, Nüsse und Öle und Fette. Diese sollten nur in geringen Mengen aufgenommen werden. In der zweiten Ebene findet man die Lebensmittelkategorien, Fisch/Fleisch und Milch- und Käseprodukte. Auch auf dieser Stufe ist kontrolliertes Essen notwendig. Dagegen können in der 3. und 4. Stufe mit Gemüse, Obst und Getreideprodukten wie Reis, Brot, Nudeln und Kartoffeln unbedenklich gesündigt werden. Hier nehmen wir Nahrungsmittelbestandteile wie Vitamine, Spurenelemente und Kohlenhydrate zu uns. Wichtig ist die Flüssigkeitszufuhr, zwei Liter pro Tag sind erforderlich, zu viel Kaffee und alkoholische Getränke sollten nicht sein.
Die Ernährungspyramide gilt es im Spiel zu füllen. Zwei bis vier Spieler, die durchaus schon jünger als die vorgegebenen zehn Jahre sein dürfen, treten an, um in der Tempelanlage der Isis die Speisekammern nach den richtigen Speisen zu durchsuchen. Jeder führt einen fleißigen Diener durch diese Anlagen. Ausgestattet mit einer Ernährungspyramide, acht Schlüsseln zum Öffnen der Kammern, würfeln die Spieler sich durch das Pyramidenlabyrinth. Jeder besitzt zusätzlich noch eine Isis-Figur, die auf einer Zählleiste die aktuelle Kalorien-Bilanz anzeigt. Der Spieler, der es als erster schafft, alle 15 Pyramidenfelder zu füllen und im Zielbereich um die 2000 Kalorienpunkte mit seiner Isis zu sein, gewinnt das Spiel nach meistens einer guten Stunde.
Natürlich ist ISIS SÜSSE SÜNDE erst einmal nur ein simples Würfelspiel. Die Anlage der Gänge, die frei zu wählenden Richtungen lassen aber viele Bewegungsmöglichkeiten zu. Auch die Aufnahme der Ernährungskarten, die bestimmten Farbfeldern zugeordnet sind, geschieht zufällig. Man kann nicht steuern, ob man eine Schale Erdbeeren (80 kcal) oder eine halbe Ananas (180 kcal) zu sich nimmt. Die Schlangenfelder sollte man tunlichst meiden, denn diese verführen zu extremen süßen Sünden, so dass meist ein Drittel der maximalen Kalorienmenge schon erreicht wird. So schlagen Köstlichkeiten, wie Trüffelpralinen, denen ich auch im richtigen Leben kaum widerstehen kann, gleich mit 700 Kalorien zu Buche. Wie gut, dass es die Sportfelder gibt, die sich einigermaßen gezielt ansteuern lassen. Da baut eine Stunde Brust-Schwimmen die Bilanz gleich wieder um 1200 Kalorien ab. Interaktiv sind die Rachefelder zu verstehen, die meist dem Gegner Unheil bringen und den scheinbar nah geglaubten Sieg erst einmal verhindern helfen.
ISIS SÜSSE SÜNDE transportiert en passant eine Menge Wissenswertes über Ernährung, der Spielspaß bleibt dabei nicht auf der Strecke. Erwarten Sie kein hochkomplexes Spiel, aber ein vergnügliches. Hochkomplex sind höchstens die Ernährungszusammenhänge. Der Materialaufwand, den Wybranietz für sein Spiel betreibt, ist beträchtlich. 230 Nahrungsmittelkärtchen liegen ihm bei, keine kleinen Counter, sondern große Kärtchen, die ihren Platz auf der aufstellbaren Pyramide finden. Die grafische Gestaltung ist gefällig, das Schachtelcover eindrucksvoll. Der Vorbereitungsaufwand vor jedem Spiel ist beträchtlich. Da die Kärtchen alle nur in einem Leinenbeutel untergebracht sind, müssen jedes Mal Gemüse, Getreide, Obst und die süßen Sünden nebst den Ereigniskarten aufwändig sortiert werden. Die Regel ist gut strukturiert und lässt keine wesentlichen Fragen offen. Insgesamt ist dem Autor Raimund Wybranietz ein erstaunlich professionell gemachter Spieleerstling gelungen, bei dem nur die Preisgestaltung problematisch scheint. Mit 40 Euro, bei der Kleinauflage sicherlich eine realistische Kalkulation, hat der Verlag CommonGame Grenzen überschritten, die den Absatz schwer werden lassen.
Das aktuellste Modell der DGE ist im Übrigen nicht mehr die zweidimensionale Dreieckspyramide, sondern eine dreidimensionale Lebensmittelpyramide, die vielschichtiger der gesunden Ernährung gerecht wird. Die verbraucherfreundliche Darstellung könnte zu einer kleinen Revolution an den Frühstückstischen führen, so die Erwartung von Bundesverbraucherschutzministerin Renate Künast, die das neue Modell im März 2005 der Öffentlichkeit vorgestellt hat. Eigentlich eine Herausforderung für Raimund Wybranietz für eine notwendige Erweiterung seines Spiels: Wir warten auf ISIS II, vielleicht mit kleineren Pyramiden und günstiger kalkuliert.
Titel: Isis – Süße Sünde
Autor: Raimund Wybranietz
Grafik: Steffen Winker
Verlag: CommonGame (www.commongame.de)
Spieler: 2-4
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 30 bis 90 Minuten
Preis: ca. 40 Euro
Spiel 11/2005 R72/2021
Die Rezension erschien 2005 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Für Raimund Wybranietz war es das erste und gleichzeitig letzte Spiel, das er mit CommonGame veröffentlichte. Immerhin kann er einen ersten Platz beim Deutschen Lernspielpreis vorweisen, den er 2005 gewann. Damals war er Konkurrent von dem Spieltrieb Spiel ENERGIE 21, das ich gestern vorgestellt habe.
Das Bild zeigt den Autor bei seiner Erstvorstellung des Spiels in Göttingen 2004.
Mittwoch, 28. April 2021
ENERGIE 21
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Energisch feilschen: ENERGIE 21
Eine Auszeichnung hat ENERGIE 21 schon weg, Till Meyer und Nicole Stiehl vom Verlag Spieltrieb stehen auf der Nominierungsliste für den Deutschen Lernspielpreis 2005. Damit ist die Zielsetzung dieses Spiels und der meisten Spiele des Kleinverlags aus Niedermeilingen auch schon umschrieben: Spielerisch wollen sie die Welt verbessern, was das damit verbundene Spielvergnügen angeht, gelingt das den beiden Autoren meistens hervorragend.
ENERGIE 21 steht im Zusammenhang mit der NRW-Agenda 21 im Rahmen der Kampagne „Mit Energie in die Zukunft“. Es geht oder vielleicht muss man unter den neuen politischen Bedingungen in NRW besser sagen, es ging um den Ausbau erneuerbarer Energien für den Klimaschutz auf kommunaler Ebene. Im Spiel geht es jedenfalls noch für die zwei bis vier Spieler darum, jeweils einen Landkreis mit seinen Fabriken, Büros, Läden und Wohnbereichen mit möglichst viel regenerativer Energie zu versorgen.
Das Spiel lebt vom freien Handel mit den erneuerbaren Energien. Acht Energieformen sind mit jeweils neun Karten im Spiel, von der Nutzung der Erdwärme über die Biogasanlage bis zu den Klassikern Windkraft und Sonnenkollektoren ist alles dabei. Fünf Karten erhält jeder Spieler zu Spielbeginn, außerdem kommt in jeder Spielrunde eine dazu. Jeder Spieler besitzt in seiner Region jeweils drei Endverbraucher mit niedrigen, mittleren und hohen Verbrauchswerten, wobei die Grenzen fließend sind. Die Chips für den aktuellen Verbrauch werden zu Spielbeginn auf einem Spielplan platziert. Abwechselnd decken die Spieler einen Verbrauchschip auf und dürfen ihn dann auf dem gesamten Spielfeld ablegen. Klar, niedrige Werte legt man in die eigene Region, hohe zu den Gegenspielern. Die Schwankungsbreite ist beträchtlich, bei den Industrieanlagen zwischen 15 und 35. Mit drei Blockheizkraftwerken kann der eine Standort „entsorgt“ werden, für den zweiten sind schon sechs nötig. Das Spiel vor dem eigentlichen Spiel ist damit schon ein wichtiges Vorgeplänkel.
Der Spielablauf selbst folgt festen, aber sehr einfachen Regeln. In jeder Runde erhalten die Spieler eine neue Energiekarte, dann wird eine Ereigniskarte aufgedeckt, die rundenwirksam bleibt. Die Karten verbieten oder fördern den Bau bestimmter Anlagen in einer Runde, wichtig sind die Karten „Energieeffizienz“, da sie einen Chipaustausch von noch aktiven mit bereits abgearbeiteten Energiechips ermöglichen. Das Spielende wird durch zwei Ökobilanz-Karten geregelt. Im zweiten und dritten Drittel des Kartenstapels eingemischt, sorgen sie für eine Zwischen- und Schlusswertung. Das Spiel kann aber auch vorzeitig beendet sein, wenn ein Spieler es schafft, seinen letzten Chip in seiner Region abzuarbeiten. Bilanziert wird über eine Punkteleiste am Rande des Spielplans. Jeder startet mit 12 Punkten, hat aber gleichzeitig ohne den Einsatz regenerativer Energien 18 Minuspunkte (3x3, 3x2, 3x1) in seinem Landkreis stehen. An neue Punkte kommen die Spieler entweder durch Ereigniskarten oder durch die Umwandlung von Chips. Hier ist es dann vorteilhaft, Energiefresser abzubauen, da bringt der 35er-Chip nämlich sechs Punkte, gegenüber drei Punkten für den 15er-Chip.
Nach dem Aufdecken der Ereigniskarte kommt eine ganz offene Handelsphase, wobei Gewinnpunkte, Energiepunkte und Karten in die Tauschverhandlungen mit aufgenommen werden können. Wer danach bauen möchte, legt eine oder mehrere Karten einer Anlagenform ab. Das Kartensammeln lohnt besonders bei Windkraftanlagen, aber auch für geothermische Einrichtungen und für die Biogasnutzung kann man das Sammeln oder kooperative Ablegen empfehlen. Bei den Sonnenkollektoren bringt es dagegen nur wenig. Für die ausgelegten Karten dürfen entsprechend der Energiepunkte Chips vom Spielplan genommen und Gewinnpunkte gesammelt werden. Nicht verbrauchte Energie wird auf einer Speicherskala angezeigt und kann später für Verhandlungen oder zur weiteren Verbesserung der Energiebilanz verwendet werden.
Das Spiel lebt atmosphärisch von dem Energiebasar. Kommunikationsfreudige Spielrunden können hier zur Höchstform auflaufen. Wer sich hier nicht einbringen kann, bleibt schnell auf der Strecke und damit auf seinen verbrauchsintensiven Anlagen sitzen. Die fetzige Tauschrunde darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass ganz schön viel Glück im Spiel ist. Es ist schon ein Unterschied, ob ich zum Beispiel unter meinen fünf Startkarten zwei Windräder oder zwei Sonnenkollektoren habe. Die Windräder sind schon 18 Punkte wert, die Kollektoren nur ein Sechstel davon. Solche Unterschiede lassen sich auch in der Handelsphase nicht mehr ausgleichen.
Mit diesen Einschränkungen lässt sich umgehen, so dass ENERGIE 21 in der entsprechenden Spielrunde für unterhaltsame und durchaus lehrreiche 60 Spielminuten sorgen kann. Die Spielregel informiert über alle regenerativen Energieformen, die im Spiel vorkommen. Das Spielmaterial ist funktional und solide, der Preis dadurch auch sehr günstig, die Spielregel nur für das Spiel zu viert ausreichend. Unklar bleibt, welche Veränderungen sich im Spiel zu dritt und zu zweit ergeben. Denkbar ist zum Beispiel, dass in der Zweiervariante jeder zwei Gebiete zu verwalten hat. Im Spiel zu dritt könnte das neutrale vierte Gebiet von allen zum Punktesammeln „entsorgt“ werden. Hinweise dazu fehlen leider. Ob es für das Spiel zum Lernspielpreis 2005 reichen wird, bleibt abzuwarten. Spielerisches Potential besitzt dieses neue Spiel von Stiehl und Meyer allemal.
Titel: ENERGIE 21
Autor: Nicole Stiehl und Till Meyer
Verlag: Spieltrieb (www.spieltriebgbr.de)
Spieler: 2 - 4
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 60 Minuten
Preis: ca. 15 Euro
Die Rezension erschien 2005 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zu den Autoren:
Till Meyer und Nicole Stiehl sind nun schon seit über 23 Jahren die engagierten Macher des Verlags Spieltrieb, die hauptsächlich Auftragsarbeiten für Unternehmen und Einrichtungen im Bildungsbereich annehmen, aber auch einige eigene Spiele entwickelt haben und vielen jungen Autoren eine Plattform für ihre ersten Publikationen boten.
Till Meyer bietet Seminare und Workshops zur Spielentwicklung an und das schon viel länger. 1985 leitete er sein erstes spielpädagogisches Seminar. Nicole Stiehl hat ihn während eines solchen Seminars im Rahmen ihrer Ausbildung als Sozialpädagogin kennengelernt und gleich angefangen, mit ihm Spiele zu entwickeln. Daraus erwuchs 1998 die Verlagsgründung.
Neben Auftragsarbeiten wie ENERGIE 21 sind Spiele wie EYNSTEYN, WOLFSPUREN und COLONY herausragende Veröffentlichungen des Verlags. Beachtlich auch die Reihe der KLEINEN FEINEN oder die ähnlich angelegte Spielesammlung DIE BOX mit sieben kleinen Spielen.
Viele Spiele von Spieltrieb zeigen, dass der Verlag die Zeichen der Zeit schon viel früher erkannt hat als die meisten Berliner Politiker. Das belegen Spiele wie ENERGIE 21, aber auch Spiele wie DAS KINDERRECHTSPIEL, KEEP COOL und BAUMLAND.
Für den Deutschen Lernspielpreis 2005 hat es damals leider nicht gereicht, Ernährungsfragen standen wohl für die Jury stärker im Fokus. Gewonnen hat ISIS SÜSSE SÜNDE von Raimund Wybranietz mit seinem Eigenverlag Common Game.
Das Bild zeigt Nicole Stiehl und Till Meyer auf der Spiel in Essen 2005.
Dienstag, 27. April 2021
GOLD DER INKA
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Schiebepuzzle im Inka-Tempel
Tobias und Roland Goslar waren bisher auf Rautenspiele abonniert, eigentlich wäre Harald Lieskes Spieleerstling, das GOLD DER INKA, etwas für die Kronberger Kleinverleger gewesen, aber Queen Games(ALHAMBRA) hat den Zuschlag bekommen. Das Spiel für zwei bis vier Personen hat zwar ein Thema, Schatzsuche in einem Inkatempel, stellen Sie sich dieses aber bitte nicht real umgesetzt vor. Wahrscheinlich sucht eher Indiana Jones spielerisch nach Inka-Schätzen, denn der Inka-Tempel, ein sechsteiliger Spielplan, lebt von beweglichen Bodenteilen. Korrekt beschrieben ist das GOLD DER INKA ein intelligentes Schiebepuzzle mit Rautenteilen.
Im Zentrum des Tempels befinden sich Zielrauten mit je drei Inka-Statuen, die die Spieler zu bergen versuchen. Der Weg dorthin ist beschwerlich, da er über viele Abgründe führt. Mit 13 beweglichen Wege-Rauten können diese aber überbrückt werden, wobei allerdings Mauern und Schlangen Zusatzhindernisse darstellen. Spielzüge der Spieler sind in vier Phasen unterteilt, für die drei Aktionspunkte zur Verfügung stehen. In der ersten und letzten Phase wird kostenfrei ein Blockadestein entfernt bzw. gesetzt. Wichtiger ist die zweite und dritte Phase, in der die Rauten und die Schatzsucher bewegt werden können. Auf dem in dreieckige Spielfelder unterteilten Spielfeld dürfen die Rautenteile beliebig frei verschoben und über eine Ecke gedreht werden. Hindernisse oder Überschneidungen beim Schieben oder Drehen beenden einen Zug. Die Spielfiguren können unter Beachtung der Hindernisse beliebig weit ziehen, jedes Überschreiten einer Schlange kostet allerdings einen Aktionspunkt. Sonderfelder ermöglichen eine Art Teleportation, aber auch die Bewegung der Zielrauten. Wer so als erster an die Statuen kommt und schließlich mit drei Figuren den Ausgang erreicht, gewinnt das Spiel.
Beachtlich: In der kleinen, preiswerten Schachtel steckt ein großes Spiel. Das Material ist solide, das Schiebepuzzle funktioniert gut, die Grafik, für die der Autor selbst verantwortlich zeichnet, ist gelungen.
Bedenklich: Der Grübelfaktor. Drei Aktionspunkte wollen sinnvoll verteilt werden, bei der Vielfalt der Schiebe-, Dreh- und Bewegungsmöglichkeiten dauert das ganz schön lange. Im Spiel zu viert eindeutig zu lang. Hinzu kommt, dass vorbereitende Planung fast unmöglich ist.
Bedeutend: Die intelligente Herausforderung des Schiebelabyrinths. Lieske kommt damit zwar nicht an das Kobbertsche VERRÜCKE LABYRINTH heran, liefert aber reizvollen Spielspaß besonders für zwei Schatzsucher in seinem Inka-Tempel.
Titel: GOLD DER INKA
Autor und Grafik: Harald Lieske
Verlag: Queen Games
Spieler: 2-4 (am besten 2)
Alter: ab 8 Jahren ( besser ab 10 Jahren)
Spieldauer: 30 bis 60 Minuten
Preis: ca. 15 Euro
Spiel 9/2005 R70/2021
Die Rezension erschien 2005 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der 46jährige Harald Lieske ist eigentlich eher als Spiel-Illustrator bekannt, weniger als Spieleautor. Er ist so etwas wie der Hausgrafiker von Friedemann Friese, auch für Spielworxx macht er viele Spiele
Zum Abschluss seines Designstudiums hatte er aber zwei Spiele entwickelt, von denen eines DAS GOLD DER INKA war.
Neben den Arbeiten Michael Menzels gehören die von Harald Lieske für mich zu den bemerkenswertesten der 00er Jahre. Die Arbeitsweise der beiden Grafiker könnte unterschiedlicher nicht sein: Menzel ist ein Perfektionist am Grafiktablett, Lieske vertraute anfangs ganz klassisch Stift und Pinsel. Seine Entwürfe entstanden ganz originär auf Papier.
2007 gelangte es ihm noch einmal , ein Spiel als Autor und Grafiker bis zur Endfertigung zu bringen. Winning Moves veröffentlichte das 2004 entwickelte Wetterspiel WIND UND WETTER.
Das Bild zeigt Harald Lieske 2004 auf dem Autorentreffen in Göttingen mit einem Vorläufer des Spiels.
Montag, 26. April 2021
HALLO DACHS
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Deutscher Kinderspielpreis 1996: HALLO DACHS
Der Rosdorfer Zahntechniker Klaus Teuber hat schon viele Auszeichnungen für seine Spielideen gewonnen, allein viermal den Preis für das Spiel des Jahres, zuletzt vor einem Jahr für DIE SIEDLER VON CATAN. Mit HALLO DACHS ist er erstmals mit einem Kinderspiel ganz vorn mit dabei, und ist der Sieger beim Deutschen Spielepreis in der Kategorie „Bestes Kinderspiel“.
HALLO DACHS ist ein memobasiertes Kinderspiel, in dem sich zwei bis vier Spieler die Lage möglichst vieler Leibspeisen Meister Grimbarts merken müssen.
Die Spieler gehen auf Waldwegen auf Futtersuche für den Dachs. An Wegekreuzungen kann man Punkte sammeln, wenn man die entsprechende Anzahl von Nahrungskärtchen aufdeckt. Bei zwei und drei Punkten ist das vielleicht noch zu schaffen, aber es gibt auch vier und fünf Punkte zu gewinnen, da kommt man ganz schön ins Schwitzen bei der Suche nach Schnecken, Käfern und Waldbeeren, die der scheue Dachs so gerne mag. Gar nicht mag unser Isegrimm, wenn er auf Unrat im Wald stößt, der sich leider recht häufig unter den Nahrungskarten verbirgt.
Das Gute an dem Spiel, ist der allmähliche Aufbau, weil man sich mit der Zeit mehr merkt und an höheren Punktzahlen versuchen kann. HALLO DACHS ist mehr als eine MEMO-Variante, da die geschickte Wegeplanung nicht unwichtig ist. Die Siegchancen für Kinder sind bei solchen Spielen groß, hier kann es ein echtes spielerisches Kräftemessen innerhalb der Familie geben.
Die Reihe „Maxis in der Minibox“ beim neuen Verlag Goldsieber betreut der Autor selbst zusammen mit Reiner Müller, seinem Partner bei TM-Spiele. Beide haben gut daran getan, HALLO DACHS in ihr Programm aufzunehmen.
Wieland Herold
Titel: Hallo Dachs
Autor: Klaus Teuber
Grafik: Gabriela Silveira
Verlag: Goldsieber
Spielerzahl: 2- 4
Alter: ab 6 Jahren
Spieldauer: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 20.- DM
Spiel 27/1996 R71/2021
Die Rezension erschien 1996 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der gelernte Zahntechniker Klaus Teuber war schon vor CATAN einer der bekanntesten Spieleautoren Deutschlands, hatte er doch schon für sein Erstlingswerk BARBAROSSA 1988 das Spiel des Jahres gewonnen. Es folgten Doppelsiege 1990 und 1991 für ADEL VERPFLICHTET und DRUNTER & DRÜBER.
Kinderspiele sind eher rar von ihm, BRUMMI ist völlig vergessen. LICHT UND SCHATTEN und BARBAROSSA JUNIOR stellen ebenso Ausnahmen dar, wie HALLO DACHS und DIE RITTER VON DER HASELNUSS in der Reihe Die Maxis in der Minibox.
HALLO DACHS wurde deutlich aufgepeppt als SPINNENGIFT UND KRÖTENSCHLEIM 2012 von Kosmos neu herausgegeben. Dieses Spiel gelangte auf die Nominierungsliste für das Kinderspiel des Jahres 2012.
Das Bild zeigt Klaus Teuber auf dem Goldsieberabend in Nürnberg 1996, als HALLO DACHS vorgestellt wurde.
Sonntag, 25. April 2021
SATELLIT
SAMMELSURIUM
Berliner Spielkarten – SPIEL-O-THEK: SATELLIT
Der Berliner Spielkarten Verlag ist vor allem durch seine Quartettspiele bekannt. Der Verlag hat sich zwischen 1968 und 2000 zwischendurch immer wieder kleine Abstecher in den Brettspielbereich geleistet. Bekannt ist vor allem die schöne Brettspiel-Serie SPIEL-O-THEK, in der ab 1974 Spiele veröffentlicht wurden. Die quadratischen Schachteln mit samtigem Inlett sollten der CASINO-Serie von Ravensburger und der E-Serie von F.X. Schmid Konkurrenz machen. Der Berliner Spielkarten Verlag, der die Reihe bis 1976 produzierte, brachte es aber nur auf fünf Spiele.
Erfolgreich war der Verlag dann noch einmal in seiner Schlussphase als Reinhard Staupe als Redakteur Spiele wie DAVID UND GOLIATH (1997) und MIT LIST UND TÜCKE (1999) veröffentlichte. 1999 übernahm Ravensburger die Firma Berliner Spielkarten. 2000 wurde die Marke Berliner Spielkarten mit den zusätzlichen Produktfeldern Spiele und Puzzle in die Spielkartenfabrik Altenburg integriert.
Ganz wesentlich für die Serie der SPIEL-O-THEK war die Kooperation mit Rudi Hoffmann, der einige Spiele beisteuerte. Rudi Hoffmann, der Vater von Guido Hoffman, gehörte schon in den 60er und 70er Jahren zu den bekanntesten Autoren Deutschlands. Da er als Werbegrafiker arbeitete, hat er die meisten seiner Spiele mit einem unverkennbaren ironischen Stil selbst gestaltet. Seine Handschrift prägt viele frühe Spiele der Verlage Spear und Berliner Spielkarten. Seinen größten Erfolg hatte er 1989 mit CAFÉ INTERNATIONAL (Mattel), das Spiel des Jahres wurde. Dieser Preis führte vor allem in den 90ern zu vielen Neuauflagen seiner älteren Spiele. Von den Berliner Spielen erlebte ELDORADO mehrere Neuauflagen, so als DORADA (Ravensburger, 1988), ALLES FÜR DIE KATZ? (F.X. Schmid, 1994) und SCHATZ IN SICHT (Haba, 2006). Rudi Hoffmann starb im Juli 2008 mit 83 Jahren.
SATELLIT
SATELLIT, das zweite Spiele Rudi Hoffmanns aus der Reihe der SPIEL-O-THEK war weniger erfolgreich als ELDORADO, das Spiel kreiste einsam und von einer Zweitauflage 1976 abgesehen nur kurz im Programm des Berliner Spielkarten Verlags. Dabei hatte Hoffmann sogar eine interessante Teilkooperation ins Spiel mit eingebaut.
Vier Raumschiffe umkreisen in Hoffmanns Spiel die Erde, jedes hat Platz für vier Weltraumfahrer. In den Kabinen des SATELLITen, der unserem Planeten am nächsten ist, starten die zwei bis vier Spieler. Feste Umlaufbahnen halten die Raumschiffe auf starren Kurs, dort stoßen sie auf Raumstationen, bei denen sie andocken können und sogar eine Marslandung ist auf der äußeren Bahn vorgesehen.
Um dorthin zu gelangen, müssen die Astronauten mehrfach von einem Raumgleiter in den anderen umsteigen. Das klappt orthogonal und diagonal. Zentrale Aufgabe für alle ist, möglichst viele Raumstationen zu besuchen und eventuell auch den Mars. Das wird belohnt mit ein oder zwei Informationspunkten. Sind zehn erreicht, darf es zurück zur Erde gehen. Für die direkte Landung gibt es dort noch einmal fünf Punkte.
Zeitgemäß überlässt Hoffmann die Bewegung der Raumgleiter allein der Würfelsteuerung. Immerhin darf jeder jeden Satelliten bewegen, immerhin verlässt sich der Autor nicht nur auf einen zufälligen Wurf, sondern gesteht jedem aktiven Spieler deren zwei zu.
Da die Besatzung meist aus mehreren Weltraumfahrern besteht, decken sich zum Teil die Bewegungsinteressen. Das gilt vor allem auf der äußeren Bahn mit dem Planeten Mars. Die Belohnungspunkte bekommt zwar stets nur der aktive Spieler, aber andere können nachziehend, erneut die Landung versuchen.
Thematisch ist dieser Umlaufbahnwechsel und die Teilkooperation bei der Bewegung der Raumkörper durchaus gelungen. Der hohe Würfelanteil mit dem entsprechenden Glücksfaktor machen aus SATELLIT aber nur ein durchschnittliches Spiel, das in Zeiten, in denen wir den Mars terraformen, ziemlich altbacken wirkt.
Die Umsetzung mit Plastikkabinen und kleinen Plastikastronauten hat den Charme der frühen 70er. Der Spielplan bleibt sehr abstrakt, er hätte durchaus die Handschrift des Autors vertragen.
Titel: SATELLIT
Autor: Rudi Hoffmann
Grafik: o.A.
Verlag: Berliner Spielkarten
Spielerzahl: 2 - 4
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 30 DM
Wertung: Nächsten Monat wieder
Sammelsurium 17 - S17/2021
Samstag, 24. April 2021
GESCHICKT GESTECKT
GESCHICKT GESTECKT
Im Schatten der erfolgreichen Flügelschläge der 170 Startvögel in WINGSPAN wuchs im Hargravschen Erfindergärtchen noch ein Strauß bunter Blumen heran. Die Masse macht es weniger in dem Spiel, Hargrave beschränkt sich nämlich auf 18 Sorten, aber die Klasse der Autorin zeigt sich auch schon in diesem kleinen Kartenspiel.
TUSSIE MUSSIE nannte sie ihr blumiges Spiel, in viktorianischer Zeit ein kleines Blumenarrangement aus duftenden Kräutern und Blüten. Ursprünglich gedacht, um den Träger vor schädlichen Gerüchen zu schützen, die durch die schlechten Bade- und Hygienebedingungen in früheren Jahrhunderten hervorgerufen wurden, blieb es wegen seines Charmes beliebt.
In Deutschland eher unbemerkt, schaffte es das kleine Spiel sogar zur hauseigenen Konkurrenz um das beste Kartenspiel 2019 auf BGG. Gegenüber 170 Vögeln hatten die 18 Blumen zwar keine Chance, aber für beide Erstlinge Nominierungen in den USA zu erreichen, war ein beachtlicher Erfolg.
Seit wenigen Wochen liegt eine deutsche Ausgabe von TUSSIE MUSSIE vor. Der Titel blieb leider nicht erhalten. Wegen der deutschen Neigung zu Alliterationen müssen wir mit GESCHICKT GESTECKT vorliebnehmen. Immerhin steckt in der kleinen Schachtel von Frosted Games nicht nur die damalige Fassung für zwei bis vier Spieler, sondern auch eine Solo-Variante für Blumenarrangeure.
Hargraves Idee, kleine Arrangements von Blumen zu erstellen, gehört zum Genre der Mikro-Games. Am Ende von vier Kartenverteilungsrunden besitzt jeder vier Blumenkarten, teilweise offen, teilweise verdeckt, die durch Wechselwirkungen und Punkteherzchen über Sieg oder Niederlage entscheiden. Gespielt wird über drei Runden.
Hargraves mechanischer Kniff bei der Konstruktion des Spiels geht von Randolphs „Kuchenregel“ aus, die er erstmalig für TWIXT entwickelte. Das „Ich teile den Kuchen und du wählst“, nutzt die Autorin für die Kartenverteilung. Im Wechsel nehmen die Spieler zwei Karten auf. Eine davon müssen sie dem Gegner offen anbieten, die andere verdeckt. Je nach Wahl kommen sie dann entsprechend offen oder verdeckt in das Arrangement des TUSSIE MUSSIE. Offene Karten werden als „Strauß“ definiert, verdeckte als „Erinnerung“, was wertungstechnische Bedeutung haben kann.
Unabhängig von offener oder Erinnerungskarte zählen am Ende Herzen auf den Karten Siegpunkte, die findet man auf knapp der Hälfte der Karten. Dann gibt es Farbwertungen für lila, rosa und rote Blumen, für bestimmte Positionen im Arrangement und für Sträuße und Erinnerungen. Die Ringelblume führt sogar zur Entfernung einer Blume. Ähnlich wie in FLÜGELSCHLAG hat sich die Autorin hier im Bereich der Flora vorher kundig gemacht und denkt auch an die Konnotation, die beim Verschenken bestimmter Blumen mitschwingen. Die „Goldblume“ nimmt man neben dem Gänseblümchen klassischerweise für die Frage, ob er mich liebt oder doch nicht liebt.
In der Schachtel stecken neben den 18 liebevoll von Beth Sobel illustrierten Blumenkarten, sechs Solospielkarten für ein Duell mit einer fiktiven Konkurrentin, außerdem eine Übersichtskarte mit einem Glossar und einer Erläuterung einiger spezieller Karten. Nach der Regel für drei oder vier Spieler wird die Kartenverteilung einfach durch Angebote im und gegen den Uhrzeigersinn vorgenommen.
Für das kleine, seichte Tischduell bietet GESCHICKT GESTECKT kurzweilige Unterhaltung mit reizvollen Bluff-Phasen. Alles geht schnell, drei Spiele mit insgesamt zwölf Entscheidungen dauern gerade einmal 15 Minuten. Die Spannung bei der Kartenauswahl trägt, führt auch zu Emotionen am Spieltisch, bietet aber keinen langfristigen Spielspaß. Da würde ich mir dann aber doch eine deutliche Pflanzenerweiterung im Hargravschen Garten wünschen, der die Ärgerfaktoren verstärkt und mehr Abwechslung in die Arrangements bringt. Trotzdem ist es ein stimmiger Ansatz, in dem Hargrave an die ursprüngliche Bedeutung von „durch die Blume sprechen“ erinnert.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: GESCHICKT GESTECKT
Autorin: Elisabeth Hargrave
Grafik/Design: Beth Sobel, atelier 198
Verlag: Frosted Games
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 1-4
Spielzeit: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 9 Euro
Spiel 28/2021
Freitag, 23. April 2021
EXKLUSIV
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Exklusives taktisches Legespiel
Edel sei das Spiel, einfach und gut. So könnte der Leitspruch für fast alle Spiele von Niek Neuwahl lauten. In einer Minute erklärt, mit großer Spielspannung versehen und einem hohen ästhetischen Anspruch an das Spielmaterial. Das sind Spiele, die holt man nicht nur wegen ihrer intellektuellen Herausforderung hervor, sondern auch wegen der haptischen und optischen Reize.
Der in Florenz lebende Holländer Neuwahl liebt das Spiel mit geometrischen Formen. Durch äußerste Reduktion zur Perfektion gebracht hat er es in dem Holzinselspiel 1-STEIN & CO. (2003), wo er aus simplen identischen Quaderspielsteinen ein hochkomplexes Spiel entwickelt. 2005 bietet er mit dem Zweipersonenspiel EXKLUSIV eine etwas vertracktere Spielsteinform an. Ein spielplanfeldgroßes Quadrat ist mit einem rechtwinkligen Dreieck verbunden, dessen Hypotenuse sich über zwei Spielplanfelder erstreckt. Dieses an einen Pferdekopf erinnernde Gebilde ergibt beim Ablegen häufig Aussparungen, um die es letztlich in dem Spiel geht.
Auf dem quadratischen Spielfeld mit 9x9-Feldern versucht jeder Spieler maximal 16 dieser Spielsteine unterzubringen. Beachtet werden muss nur, dass die quadratischen Formen immer in einem Spielplanquadrat liegen und die neuen Steine Kontakt zu einem gelegten Stein besitzen müssen. Es wird abwechselnd gelegt, dabei versuchen die Spieler, Flächen, die von eigenen Steinen umschlossen sind, ohne dass ein gegnerischer Stein noch hineinpasst, zu bilden. Dafür gibt es Punkte, ganze Quadrate bringen zwei, halbe einen Punkt. Zur Abrechnung werden entsprechend der Punktwertung Zählsteine verwendet, die in die gewonnenen Felder gelegt werden. Sobald ein Spieler, nach schellen 10 bis 15 Minuten, keinen Stein mehr legen kann, endet das Spiel und es gewinnt derjenige, der die meisten Flächen für sich verbuchen konnte.
Auf dem Spielbrett von EXKLUSIV entwickelt sich in dieser Viertelstunde bei gleichwertigen Spielern meist ein spannendes Ringen um die Flächen mit knappen Spielausgang. Sollten die Spieler mehr für sich und weniger gegen den Mitspieler agieren, reichen die Zählsteine manchmal nicht aus, weil zu viele exklusive Flächen gewonnen werden. Bei der kurzen Spieldauer sollte man mindestens zwei Partien mit wechselndem Startspieler ansetzen. Die kurze, aber ausreichende Spielregel schlägt sogar Serien mit fünf und mehr Spielen vor. Für Liebhaber abstrakter Spiele sicherlich keine Zumutung, sondern eine Herausforderung, der man sich immer wieder gern stellt. Das Spielmaterial erfüllt die anfangs formulierten hohen Ansprüche, untergebracht ist es in einer gefalteten Wellpappenschachtel. Einzig die Regel könnte etwas edler daher kommen, denn der Preis ist auch exklusiv. Mit knapp 30 Euro bewegt sich das Spiel an der Schmerzgrenze.
Wieland Herold
Titel: EXKUSIV
Autor: Niek Neuwahl
Verlag: Rombol, Friedrich-List-Strasse 65, 33100 Paderborn (www.rombol.de)
Spieler: 2
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 30 Euro
Spiel 14/2004 R69/2021
Die Rezension erschien 2004 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der 1944 im niederländischen Zoeterwoude geborene Nicolaas Neuwahl wollte und sollte als Architekt eigentlich einen eher sicheren Berufsweg einschlagen. Erst als er Mitte der 70er Jahre mit seiner italienischen Frau in die Nähe von Florenz zog, erfuhr er, nach dem Verkauf der schwiegerväterlichen Firma, einer Fabrik die Waagen herstellte, und seinem Eintritt in eine Geschenkartikelfirma, dass man spielend gutes Geld verdienen kann. Der auf Werbeprodukte spezialisierten Firma gelangen hervorragende Umsätze mit dem einfachen KLAPPENSPIEL, das er 1984 als SHUT THE BOX sogar als Lizenzausgabe bei MB unterbringen konnte.
Finanziell hat er das meiste Geld über Werbespiele verdient, wahrgenommen wurde er zuerst für die vielen Spiele bei Peri und seinen Erfolg mit AZTEC, später kam noch die Auszeichnung für TA YÜ (Kosmos, 1999) dazu und Würdigungen für TOSCANA (Piatnik, 2001).
Niek Neuwahl engagierte sich zusätzlich, um uneigennützig für die Verbreitung des Kulturguts Spiel und für Interessen der Spielautoren einzutreten. So hat er von Anfang an die Arbeit der Spielautoren Zunft (SAZ) wohlwollend begleitet und war von 1997 bis 1999 Vorsitzender der Zunft. Während dieser Tätigkeit konnte er besonders den internationalen Anspruch der SAZ betonen. In Italien unterstützte er als Juror die Arbeit des inzwischen auch über die italienischen Grenzen hinaus bekannten Autorenpreises „Premio Archimede“, der seit 1993 vergeben wird. Daneben gehört er mit zum Patronat der international bekannten „Board Game Studies“. 2004 erhielt er während des 23. Göttinger Spieleautorentreffens den Inno-Spatz für sein Lebenswerk.
Das Bild zeigt Niek Neuwahl auf dem Autorentreffen in Göttingen 2002.
Donnerstag, 22. April 2021
DROLL!
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Partner wechsele dich! DROLLl!
Ein echter Luftikus scheint ein Studienrat aus Amberg zu sein, der sich nicht nur seinen Aufgaben als Englisch-Lehrer widmet, sondern sich auch noch an der spielerischen Umsetzung klassischer Lektürestoffe versucht. Vielleicht war es ihm irgendwann zu langweilig, „A Midsummer Night’s Dream“ zum x-ten Mal mit einem Englisch Leistungskurs durchzukauen. Die theatralische Umsetzung lockt auch kaum noch Schüler hinter der Schulbank hervor, also musste ein Spiel erfunden werden. Inwieweit sich Partner- und Rollentausch bei erfahrungsgemäß mädchendominanten Englischkursen schulisch wirklich umsetzen lassen, oder ob die bairische Kultusbehörde eigentlich gegen ein „in-teames“ Spiel an der Schule einschreiten müsste, lassen wir mal dahin gestellt. Georg Luft, so heißt der Anglist passend, hat sich jedenfalls mit Puck und Elfen eingelassen und ist seit 1999 unter die Spielentwickler gegangen.
Dass es ein langer Reifeprozess bis zu endgültigen Spielegeburt sein kann, musste der Amberger Autor ebenfalls erleben. Dabei ging er den Weg der meisten jungfräulichen Autoren. 2002 machten sich zehn mühsam hergestellte Prototypen auf den Postweg zu renommierten deutschen Verlagen. Fast zwei Jahre dauerte es, bis der letzte Rückläufer eintraf. Die Einschätzung war einhellig: Zu kompliziert, kein Markt für die Spielidee vorhanden, eine zu eingeschränkte Zielgruppe. Luft nahm sich die Kritik zu Herzen. Aus der ursprünglichen Spielidee, die sich ausschließlich an zwei erwachsene Paare richtete, wurde eine Kinderspielfassung ab fünf Jahren, ein weniger lyrisches Familienspiel ab zehn Jahren und die alte, aber deutlich überarbeitete Romantikfassung, fast identisch mit dem Familienspiel, für zwei bis drei verliebte Paare. Georg Luft resümiert in seiner Leidens- oder Erfolgsgeschichte über den Entstehungsprozess des Spiels: „So wurde innerhalb eines Jahres aus einem Spiel mit einer kleinen Zielgruppe ein Spiel, das ein große Publikum anspricht. Innerhalb von fünf Jahren wurde aus einem Geistesblitz ein wunderbares Spiel.“
Prüfen wir diese Werbeaussage, ob er erfolgreich „von Spiel zu Spielen fortgezogen“ (Helena im Sommernachtstraum) ist oder ob letztlich Philostrats Aussage gilt: „Kein Spieler weiß Bescheid“. Optisch wirkt Lufts Sommernachtstraum-Adaption, die er, weil es toll klingt, DROLL! genannt hat, ansprechend. Mit Katrin Ehmann hat er eine Illustratorin gefunden, der eine familiengerechte, augenzwinkernde Umsetzung gelungen ist. Das Spielplangerüst besteht aus drei mehrfach verbundenen konzentrischen Kreisen mit sechs Zugängen, Wertungsskalen – Elfenleiter genannt – und einem zentralen Lichtungsfeld für den oder die Sieger.
Im Kinderspiel geht es letztlich nur darum, vorgegebene Mitspieler auf dem Spielplan zu treffen. Im Spiel zu viert sucht zum Beispiel die lilafarbene Figur, die gelbe und rote auf. Eine Herzchen-Karte gibt vor, wer gesucht wird. Da die gelbe Figur nicht nur lila, sondern auch grün sucht, laufen die Spieler nicht immer nur aufeinander zu, sondern durchaus voneinander weg. Motor des Spiels ist natürlich ein Würfel. Besuchen die Spieler ein DROLL-Feld, von denen es drei gibt, dürfen sie ihre Zielkarte wechseln. Erreichen sie den gesuchten Partner, gibt es stets zwei Elfenpunkte, wobei der aufgesuchte zumindest mit einem Punkt dabei ist, wenn auch er hinter dem Aufsuchenden hinterher war. Bei zehn erreichten Punkten ist Schluss, wobei sich das Ende manchmal etwas mühsam nach elendig langer Würfelei ergibt. Für die vorgegebene Zielgruppe ab fünf Jahren denkbar ungeeignet, oft frustrierend, auch die Abstraktion der Herzens-Symbolik überfordert Kindergartenkinder.
Reizvoller kommt da doch die Familienspielfassung daher, obwohl auch sie würfelgesteuert abläuft. Jeder hat hier seinen festen Partner, so sind Lysander und Hermia miteinander verbunden, unterliegen aber dem shakespeareschen Wechselspiel der Liebe. So verfällt Lysander von Zeit zu Zeit der schönen Helena und Hermia zeigt sich Demetrius nicht abgeneigt. Entsprechend aggressiv dürfen sie dabei gegen ihre Nebenbuhler vorgehen. Wenn sie diese antreffen, dürfen sie beliebig in der Landschaft verschickt werden. Im Grunde läuft das Spiel ähnlich wie in der Kinderspielfassung ab. Die Spieler würfeln, versuchen sich an ihre Zielvorgaben, die aktuellen Herzchen, zu halten und die entsprechenden Figuren zu treffen. Die Wertung unterscheidet sich etwas und Geschenke kommen hinzu, außerdem ein zweiter Symbolwürfel, der Zusatzaktionen zur Folge hat. Mit ihnen bringt Georg Luft das Elfenpaar Titania und Oberon mit ins Spiel, wobei das Symbol der Titania die Bewegungsweite des Zahlenwürfels variiert und Oberon zum Geschenkeklau animiert. Hauptsächlich dient der Aktionswürfel aber dem Gewinn von Geschenken, außerdem bringt er eine echte Ziegelsteinmauer ins Spiel, die Umwege zur Folge hat, und er sorgt – etwas nervig – für ständig wechselnde Herzchenkarten.
Mit dem Erreichen von zehn Elfenpunkten ist fast ein Teilsieg da. Sollten dazu noch zwei Geschenke im Besitz sein und der wahre Partner auf der Anzeigetafel, dann gelingt der Sprung ins Elfenparadies. Damit ist das Spiel aber noch nicht zu Ende, denn jetzt sind die Partner gefordert. Alle streben dem Zentrum zu und versuchen ihre jeweiligen Zielfelder punktgenau zu erreichen. Geschenke und Punkte spielen keine Rolle mehr, das richtige Partnerherzchen wird aber immer noch verlangt. Es klappt nicht immer, dass der Teilsieger sich auch mit seinem Partner am Ende gemeinsam über den Sieg freut, da sich das Würfelglück auch anderen zuneigen kann. Meist steht aber nach etwa einer Stunde fest, welches Team oder Paar sich am Ende siegreich gefunden hat. In der entsprechend ablaufenden Romantikfassung dürfen die sich liebenden Paare Liebeserklärungen austauschen, fremdgehen, Nebenbuhler verjagen und Körbe geben.
Georg Luft warnt seine Spieler: „Für Anhänger des taktischen Knobel- und Strategiespiels ist das Spiel nicht geeignet!“ Auch die zweite und damit ebenfalls die dritte Variante sind äußerst glücksabhängig. Der Symbolwürfel bringt nur bedingt taktische Möglichkeiten ins Spiel, die Titania-Rolle hätte ich mir zum Beispiel häufiger gewünscht. Wer sich auf ein solches Spiel einlassen will, wird aber ordentlich bedient. Das Spielmaterial ist von guter Qualität, die zweiteilige Regel zwar gewöhnungsbedürftig, aber letztlich doch einigermaßen verständlich. Zur Hintergrundinformation ist die Lektüre der Homepage (www.droll.info) ausdrücklich zu empfehlen, dann wird vielleicht auch deutlicher, dass das Spiel DROLL! doch etwas mehr mit Shakespeare zu tun hat, als man beim Spielen mitbekommt. Enden wir deshalb auch mit Puck, dem Troll aus dem Sommernachtstraum:
„Nun gute Nacht! Das Spiel zu enden,
Begrüßt uns mit gewognen Händen!“
Hoffen wir, dass diese „gewognen“ Hände Würfelglück verheißen, dann wird des Autors „in-teames“- Spiel vielleicht keine Luftnummer in der Spielelandschaft werden.
Titel: DROLL!
Autor: Georg Luft
Grafik: Katrin Ehmann
Verlag: Love Games Spieler: 3 – 6
Alter: ab 5 Jahren (drei unterschiedliche Fassungen)
Spieldauer: je nach Spiel 15 bis 90 Minuten
Preis: ca. 30 Euro
Spiel 13/2004 R68/2021
Die Rezension erschien 2004 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
GGeorg Luft ist gebürtiger Regensburger. Seit 1996 arbeitet er als Geographie- und Englischlehrer am Dr.-Johanna-Decker-Gymnasium in Amberg. Nebenbei führten beide Fächer zu Nebenbeschäftigungen. Anglistik hat ihn zu der einmaligen Spielentwicklung gebracht. Die Geographie, verbunden mit seiner Begeisterung fürs Wandern, zu mehreren Buchveröffentlichungen. Außerdem war er als Tontechniker unterwegs und nahm CDs für seine Schule auf. In seinem Studio "live is live!" sind über70 CDs entstanden, von Kabarett über Orgelkonzerte bis hin zu großen Oratorienchören.
In diesem Jahr hat er das Buch BURGEN, RITTER, SCHLOSSGESPENSTER mit Abenteuer-Wanderungen in der südlichen Oberpfalz veröffentlicht. Er pflegt die Seite www.wanderbar.bayern mit Impressionen aus der blau-weißen Region und „anderen Paradiesen“.
Mittwoch, 21. April 2021
DRUIDS
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
DRUIDS
Mit Mehrheiten spielt der italienische Autor Leo Colovini sehr gerne, vorbildlich in CLANS und recht reizvoll auch in dem neuen Spiel DRUIDS, das bei Kidult Game erschienen ist. Ohne Autorennennung würde man unbedarft wahrscheinlich von einem typischen Knizia sprechen, ein verdecktes Kartenanlegespiel mit Bluffelementen.
Abstrakte Spielideen verkaufen sich mit thematischer Einbindung besser. In Colovinis Spiel werden Druiden bemüht, die Runenamulette aus wertvollen Edelsteinen sammeln. Der Weg zum Punktesammeln wirkt reichlich konstruiert, hat aber durchaus seinen Reiz. Gewertet wird an mystischen Ortskarten, von denen sechs ausliegen. Steinkarten mit Zahlenwerten von eins bis neun sind in sechs Serien diesen Orten zugeordnet, da 12 mystische Orte im Spiel sind, ist jede Farbe oder Steinsorte also zweimal vertreten. Außerdem gibt es noch sogenannte Diener-Karten mit den Werten eins bis sechs. In jedem Spielzug werden zwei Karten, entweder eine Diener-Karte und eine Steinkarte oder zwei Steinkarten an ein oder zwei mystische Orte gespielt. Vor dem Ausspielen der Karten darf an einem der Orte eine Wertung vorgenommen werden, sofern dort mindestens drei Karten ausliegen, eine muss davon eine Diener-Karte sein. Bei der Wertung wird zuerst überprüft, ob die abgelegten Edelsteinkarten zum mystischen Ort passen. Falsche Karten werden aussortiert, alle korrekten Karten ergeben in der Addition den Punktwert, der zur Verteilung ansteht. Die Punkte werden an die ausliegenden Diener verteilt. Die kleinsten Werte werden zuerst bedient, bleiben Punkte übrig, erhalten 5er- und 6er-Diener auch ihren Lohn. Generell gilt, der Letzte bekommt alles, das kann ganz viel, aber auch gar nichts sein. Für die Punktanzeige gibt es Pöppel und Punktekarten, die aneinander gelegt eine Wertungsleiste ergeben. Eine pfiffige Lösung für dieses kleine Kartenspiel, die Schule machen könnte. Nach der Wertung wird der mystische Ort durch einen anderen ersetzt. Die Spieler erhalten ihre Diener-Karten wieder, die Steinkarten werden beiseitegelegt. In der Regel müssen 11 Orte gewertet werden, bis das Spielende eintritt. Nur in dem Fall, in dem ein Spielstein über die letzte Punktekarte gezogen werden müsste und die nachzulegende unterste Karte besetzt ist, tritt ein vorzeitiges Spielende ein.
Das Regelwerk ist damit schon beschrieben. Der Spielreiz ergibt sich aus der verdeckten Kartenablage, die Bluffmöglichkeiten bietet. Allerdings sollte man diese auch nicht überbewerten. Spielziel bleibt für alle Spieler, die eigenen Diener mit wertvollen Edelsteinen zu bedienen. Wem es gelingt, mystische Orte besonders reich zu bestücken, die passenden Diener parat zu haben und zum rechten Zeitpunkt zur Wertung zu schreiten, der kann kräftig Punkte kassieren. Zufällig können sich natürlich auch Mitspieler an solchen Orten engagiert haben. Meist ist daher Glück und weniger Psychologie im Spiel. Trotz allem macht DRUIDS vor allem zu viert Spaß. Die italienische Firma Kidult Game, die nun auch mit Kartenspielen auf dem Markt ist, hat Colovinis Idee grafisch ansprechend umgesetzt. Ein ordentlicher Einstieg in das neue Genre.
Wieland Herold
Titel: DRUIDS
Autor: Leo Colovini
Grafik: Antonio Lutapelli
Verlag: Kidult Game
Spieler: 2-4
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: 30 Minuten
Spiel 12/2004 R67/2021
Die Rezension erschien 2004 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
der promovierte Historiker Leo Colovini ist mit rund 100 Veröffentlichungen der wohl bekannteste Spieleautor Italiens. Schon als 12jähriger lernte der Venezianer Alex Randolph in einem Schachclub kennen. Daraus erwuchs eine lange Freundschaft. Über den Status des Spieletesters wurde er bald Co-Autor. 1986 war DRACHENFELS die erste Veröffentlichung beider Autoren. Nur zwei Jahre später bekam er mit Alex Randolph eine Auszeichnung für INKOGNITO (1988).
1995 gründete er gemeinsam mit Randolph und Dario de Toffoli den Spielerverlag Venice Connection. Er gehört außerdem zum Team von Studiogiochi, das u.a. verantwortlich für den Premio Archimede ist.
Nachdem Colovini sein Geschichte-Studium mit einer Arbeit über Karl den Großen (Carolus Magnus) und die Langobarden in Italien abgeschlossen hatte, entwickelte er daraus das Spiel CAROLUS MAGNUS, das ihn zu seiner ersten Nominierung zum Spiel des Jahres führte. 2002 gelang ihm das noch einmal mit CLANS.
2016 galt er als der geheime Gewinner des Kinderspielpreises für LEO MUSS ZUM FRISÖR (vgl. Bild), für dieses Spiel von Abacus erhielt er die Kinderspielauszeichnung des Deutschen Spielepreises.
Dienstag, 20. April 2021
PISTACHIO
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
PISTACHIO unter antiker Sturmhaube
Mit VERTIGO und PISTACHIO beschreitet Parker Neuland im Bereich der Spiele für zwei Personen, die unter dem Logo „Kopf an Kopf“ angeboten werden. Das Spielwerk selbst gerät hier zum Designobjekt.
Wie ein kleiner Rechenschieber kommt PISTACHIO daher. Aufgereiht sind 15 orangene und dunkelrote Kugeln auf fünf Stäben, die in einem Sockel eingelassen sind und gekrönt werden von einem halbrunden Abschluss, der wie eine antike Sturmhaube wirkt. Optisch macht das richtig viel her. Spielerisch haben wir hier eine Variante von 4 GEWINNT, bei der es aber um eine Gewinnstellung von fünf Kugeln in ununterbrochener Reihe geht, die senkrecht, waagrecht oder diagonal über die fünf Stäbe hinweg erreicht werden muss.
Das Besondere an dem Aufbau dieses tempelartigen Gerüsts, die Kugeln fallen nicht einfach am Gestänge herunter, sie dürfen auch wieder entfernt werden und das macht das Kalkül für die zu erreichende Siegbedingung besonders. Eine Gewinnstellung in der Senkrechten ist absolut unwahrscheinlich, interessanter sind die diagonalen und horizontalen Positionen.
Wer am Zug ist, setzt wie im klassischen 4 GEWINNT eine Kugel ein. Sobald es die sechste Kugel auf einem Stab ist, wird die unterste entfernt und seinem Besitzer zurückgegeben. Dadurch kann es ganz selten passieren, dass ein Spieler, der alle seine Kugeln auf die Stäbe gesetzt hat, aussetzen muss, bis er eine Kugel zurückbekommt.
Die Beschränkung auf ein mobiles 5x5-Raster, gegenüber dem statischen 6x7-Raster beim Klassiker tut der Idee gut. Farblich hätte ich mir stärkere Kontraste gewünscht, aber diese fast orangenen und violetten Töne sind wohl dem Gesamtkunstwerk geschuldet. Optisch jedenfalls eine gelungene Variante der 4 GEWINNT-Idee.
Wieland Herold
Titel: PISTACHIO
Autor: o.A.
Grafik: o.A.
Verlag: Parker
Spieler: 2
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 10- 20 Minuten
Preis: ca. 29 DM
Spiel 13/1994 R66/2021
Die Rezension erschien 1994
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Montag, 19. April 2021
VERFLIXTE STREIFEN
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
SUDOKU in VERFLIXTE STREIFEN
Die Rätselform der SUDOKUS ist noch gar nicht so alt. 1979 hat Howard Garns dieses Zahlenrätsel erfunden, das in den 80ern in Japan populär wurde und dort den Namen SUDOKU erhielt. Der Weg von einem Zeitschriften-Rätsel aufs Spielbrett währte länger. Erst seit letztem Jahr drängen die SUDOKUS auf den Spieltisch. Kosmos, Jumbo, Clementoni,
Ravensburger, Noris streiten sich um die besten Varianten. Dabei treten zum Teil renommierte Autoren an. Kosmos hat Reiner Knizia mit im Boot, bei Clementoni ist es Leo Colovini.
In diesem Jahr ergänzt vor allem Kosmos die Varianten von Knizia beträchtlich. Nach SUDOKU – DAS BRETTSPIEL (2005), folgen heuer DAS WÜRFELSPIEL, DAS DUEL DER MEISTER und die VERFKLIXTEn STREIFEN (außerdem noch: VERHEXTE QUDRATE, VERDREHTE BLÖCKE).
Knizias Idee, er zerlegt das klassische 9x9 Raster in dem in jeder Reihe, Spalte und Diagonale jede Zahl nur einmal vorkommen darf in Streifen und lässt dabei die bis zu vier Kontrahenten einfach gegeneinander Puzzeln. Jeder bekommt dafür seinen Farbsatz mit den neun Zahlenstreifen und versucht, ein passen SUDOKU hinzubekommen. Sobald einer fertig ist, endet die Partei. Der Gewinner kann dann aber auch den anderen noch bei der Lösung helfen.
Die Streifen besitzen zwar eine Vor- und Rückseite, trotzdem ist die Anforderung deutlich geringer als bei einem echten SUDOKU, man muss nur ein bisschen hin- und herschieben und manchmal drehen. Das war’s! Die erfinderische Leistung Knizias ist nicht wirklich erkennbar. Das Prinzip der Aufteilung des 9x9- Rasters hat er exakt so bei VERHEXTE QUADRATE und VERDREHTE BLÖCKE übernommen. Keines dieser Spiele braucht die Welt. Eine typische Auftragsarbeit des Autors, die wir ganz schnell vergessen dürfen.
Wieland Herold
Titel: SUDOKU – VERFLIXTE STREIFEN
Autor: REINER KNIZIA
Grafik: SENSIT Communication
Verlag: Kosmos
Spieler: 1-4
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca.10 Minuten
Preis: ca. 8 Euro
Spiel 1/2006 R64/2021
Die Rezension erschien 2006 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 2 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächsten Monat wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Reiner Knizia, der weltweit produktivste Spieleautor, der auf inzwischen über 700 Spieleveröffentlichungen stolz sein kann, hatte bis 2004 schon einige Auszeichnungen gewonnen, darunter 1993 für MODERN ART und 1998 für EUPHRAT & TIGRIS. Die besondere Leistung für die spielerische Adaption von DER HERR DER RINGE zeichnete die Jury „Spiel des Jahres“ mit dem Sonderpreis „Literatur im Spiel“ 2001 aus.
2004 war Knizias EINFACH- Jahr. Mit EINFACH GENIAL erschien eines seiner besten Spiele, EINFACH TIERISCH war thematisch überzeugender als der Vorgänger HIGH SOCIETY, der aber noch den 10. Platz beim Deutschen Spielepreis erreicht hatte.
2008 erhielt Knizia für KELTIS erstmals den Titel „Spiel des Jahres“ und das gleichzeitig im Doppelpack, da WER WAR’S den blauen Pöppel bekam.
Das Bild stammt aus dem Jahr 2016 als Reiner Knizia mit MMM! für das Kinderspiel des Jahres nominiert war.
Sonntag, 18. April 2021
COUP
SAMMELSURIUM: Krone-Spiele
Skrupel, Spiele zu Werbezwecken mit der Gemütlichkeit des Rauchens in Verbindung zu setzen, gab es in den 70er nicht. Da kooperierte die Zigarettenmarke KRONE sogar mit den Spieleherstellern ASS und Schmidt Spiele und produzierte einige sehr interessante Spiele.
Bei ASS erschienen die meisten Spiele, insgesamt sechs, fünf große und das kleinere WÜRFEL JOKER. Für zwei der Spiele wurde kein Autor genannt, so 6MAL6 und DOMINGO.
BATTEL und WÜRFEL JOKER stammen von Hans-Jörn Nürnberger, der zeitgleich wundervolle Holzspiele im eigenen Verlag (Hanje-Spiele) veröffentlichte. Wolfgang Kramer steuerte zur Krone-Reihe TRANS-CART und COUP bei.
Krone initiierte sogar eigene Spielkreise mit einer Publikation, dem Krone-Spiele-Magazin. Begeistert war ich damals nicht nur von einigen Spielen, sondern vom GROSSEn KRONE SPIELEBUCH in dem über 150 Spiele überwiegend aus den 60ern und 70ern vorgestellt wurden. Das Buch erschien 1976 in Kooperation mit dem Hoffmann und Campe Verlag.
COUP
Das beste Spiel aus der KRONE-Reihe ist sicherlich COUP von Wolfgang Kramer. Es erschien als drittes Spiel Kramers bei ASS, wie auch vorher schon TEMPO (1974) und LEGEMAX (1974), die als normale Spiele bei ASS erschienen sind. Die Firma hatte damals ihren Sitz in Leinfelden bei Stuttgart, also im direkten kramerschen Umfeld.
COUP ist in gewisser Hinsicht Kramers Reminiszenz an Sid Sackson AQUIRE, das ich als erstes Spiel in meiner Sammelsurium-Reihe besprochen habe. Es gibt Geld, es gibt Spielsteine für den Aufbau von Ketten und so etwas wie Aktien, die aber als simple Farbchips daherkommen.
Wolfgang Kramer geht noch abstrakter als Sackson an das Thema heran, er differenziert nicht zwischen Hotelketten und lässt auch keine beliebige Entwicklung auf dem Spielplan zu. Ganz nüchtern gibt es nur sechs Farbreihen mit 20 Feldern und entsprechenden Holzsteinen für jedes Feld. Jeder startet in den Partien bis zu vier Spielern mit 3000 DM, mit mehr wird es weniger. Auch die Zahl der Steine, die jeder erhält schwankt zwischen sieben und zwölf. Im Gegensatz zu AQUIRE wird nicht nur ein Stein pro Runde gelegt, sondern es müssen drei bis sechs sein. Auch die Zahl der Aktienkäufe, pardon für den Chip-Erwerb, schwankt bis zu vier. Die Kosten bleiben stets gleich, ein „Hunni“ war zu zahlen.
Nach Aktienkauf müssen alle geforderten Steine gelegt, übrige Handsteine dürfen sogar ausgetauscht werden. Sobald in einer Zahlenreihe mindestens eine Kette von 10 Steinen gebildet wird, spricht man vom COUP. Danach dürfen alle anderen Spieler nur noch einen einzigen Stein setzen.
Die Bilanz am Ende ist etwas Rechenarbeit. Einkäufe rentieren sich erst ab Ketten mit mehr als sieben Steinen, dann bekommt man 150 DM für die investierten 100 zurück. Eine 10er-Kette bringt 300, ab diesem Zeitpunkt bringt jeder zusätzliche Stein jeweils weitere 100 DM pro Anteil ins Portfolio.
Kramers COUP ist deutlich einfacher gestrickt als AQUIRE, macht aber trotzdem Spaß. Das Spekulieren auf Gewinnerketten, das Zurückhalten von Fusionssteinen, das hat schon so etwas vom Sackson-Feeling. Der Ausgang ist stets offen, es bleibt bis zum Schluss spannend. Ein gelungenes Spiel des damals 33jährigen Autors, das atmosphärisch aber wie viele Spiele dieser Zeit arg nüchtern daherkommt.
COUP ist auch das einzige Spiel der Krone-Reihe, das es später zu einer Neuauflage gebracht hat. Optisch aufgehübscht, thematisch besser eingekleidet und auch im Regelwerk verbessert ist es 1990 als HOLIDAY AG bei F.X. Schmid noch einmal erschienen. Zu diesem Zeitpunkt war Kramer schon der erste hauptberufliche Spieleerfinder Deutschlands, der sich nach den Erfolgen für HEIMLICH & CO. und AUF ACHSE wahrlich nicht mehr hinter Sid Sackson verstecken musste.
Titel: COUP
Autor: Wolfgang Kramer
Grafik: o.A.
Verlag: ASS / Krone
Spielerzahl: 2 - 6
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 60 Minuten
Preis: ca. 30 DM
Wertung: Gerne morgen wieder
Sammelsurium 15 - S15/2021
Samstag, 17. April 2021
WÜRMELN
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Würmeliges Wettrennen: WÜRMELN
Alex Randolph hat wohl eine Vorliebe für Kriechtiere. Kleine Kinder lieben TEMPO KLEINE SCHNECKE, für die der in Venedig lebende Autor die wunderschönen Holzschnecken selbst entworfen hat. Für ältere Kinder und deren Eltern bietet er aktuell ein Wurmwettrennen an, bei dem Würfel auch eine Rolle spielen, aber eine ganz andere als in dem einfachen Farbwürfelspiel mit den Schnecken von Ravensburger.
WÜRMELN hat der Berliner Blatz-Verlag in eine kleine Schachtel gepackt, der Spielspaß kommt aber gar nicht so gering daher. Jeder besitzt einen Farbwurm aus sieben Teilen, kleine Plastikhalbschalen, die die Würmelinge wendig kriechen lassen. Das Besondere an Randolphs Idee: Es gibt keinen Spielplan, sondern eine frei zu definierende Rennstrecke, die die Spieler selbst durch einen Start- und Zielbereich begrenzen. Die Würfel dienen auch nicht als üblicher Glücksmotor, sondern einem Bietverfahren, das aus WÜRMELN ein raffiniertes Bluffspiel macht.
Jeder Würfel besitzt Zahlen von 3 bis 7 und ein X. Die geheimen Gebote haben Erfolg, wenn das eingestellte Ergebnis nur von einem Spieler gewählt wurde. Wer ein „X“ alleine wählt, darf sich eine Zahl auswählen, die noch nicht gezeigt wird. Wir kennen dieses Prinzip aus Randolphs HOL’S DER GEIER-Spiel, geht es da nur um Punkte, dient das Ganze hier der Fortbewegung. Nach dem Gebot, bewegt sich der Wurm mit dem niedrigsten Ergebnis zuerst. Da es keine Rennbahnen gibt, sondern nur die freie Tischfläche, muss sich der Wurm auch nicht gerade bewegen, das heißt, ein Teil vor das andere setzen. Er kann die Wurmbahnen der anderen queren, und sie damit ganz schön wurmen. Ärger muss man schon abkönnen, dafür dürfen sich die nachkriechenden Würmer ja auch länger schlängeln.
Wer zuerst mit seinem Wurm die Ziellinie erreicht, ein Wurmteil reicht dafür aus, gewinnt dieses würmelige Rennen.
Zu dritt macht WÜRMELN nicht so richtig Spaß, da man meistens mit seinem Gebot durchkommt und gibt es einmal ein Patt, dann darf nur einer ziehen. Fetzig wird das Pokern ums Vorankommen in Vollbesetzung oder zu viert. Das freie Spiel im Raum mit dem Bluffmechanismus beim Bieten machen aus WÜRMELN ein ganz besonderes Rennspiel.
Wieland Herold
Titel: WÜRMELN
Autor: Alex Randolph
Grafik: o.A.
Verlag: Blatz
Spieler: 3-5
Alter: ab 7 Jahren
Spieldauer: ca.10-20 Minuten
Preis: ca. 15 DM
Spiel 12/1994 R63/2021
Die Rezension erschien 1994
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Alex Randolph war der Kosmopolit unter den Spieleautoren. 1922 in Böhmen geboren. Seine Mutter stammte aus Colorado, sein Vater war Russe. Schon als Kind lebte er mehrere Jahre in Venedig, bevor er als Zehnjähriger in ein Schweizer Internat geschickt wurde. Ein Jahr vor dem Zweiten Weltkrieg ging die Familie zurück in die USA. Während des Krieges arbeitete er am Entschlüsseln feindlicher Codes.
Nach dem Krieg lebte er als Werbetexter und Romancier in Boston, bevor er 1961 mit Pentomino-Steinen sein erstes Spiel veröffentlichte. Randolph siedelte dann nach Wien um, spielte dort im Café Hawelka TWIXT mit Herbert Feuerstein, das bald als 3M-Spiel in einer edlen Buchschuberausgabe erschien und ihm einen mehrjährigen Aufenthalt in Japan finanzierte. Mitte der 70er Jahre fand der Spieleautor nach Venedig zurück, wo er 2004 starb.
Anfangs entwickelte er, inspiriert durch die Japanreise, hauptsächlich taktische Spiele für zwei, wie EVADE, BUFFALO und GEISTER. In den 80er Jahren erfand er erfolgreich viele Familienspiele wie SAGALAND, „Spiel des Jahres“ 1981, das er zusammen mit seinem engen Freund Michael Matschoss entwickelte, der sich inzwischen um sein spielerisches Erbe kümmert. Es blieb zwar sein einziges „Spiel des Jahres“, für GUTE FREUNDE (1989) gewann er den ersten Sonderpreis „Kinderspiel“, was er mit LEINEN LOS! 1997 noch einmal wiederholte. INKOGNITO (1988) und VENICE CONNECTION (1996) bescherten ihm den Sonderpreis „Schönes Spiel“.
WÜRMELN erschien nach der Blatz-Ausgabe noch mehrmals in Deutschland. 1996 kam eine Fassung mit kleinen Kamelen und Karawanen-Schlangen als KAMELTREIBER bei MB heraus. Mit schönen Holzteilen setzte Abacus Randolphs Idee 2008 als WORM UP! noch einmal um.
In den 90er Jahren arbeitete Randolph eng mit Johann Rüttinger zusammen. Posthum veröffentlichten Rüttinger und Kathi Kappler 2012 das lesenswerte Buch Randolphs „Die Sonnenseite. Fragmente aus dem Leben eines Spieleerfinders“.
In seinem 68. Lebensjahr wird der Philosoph unter den Spieleautoren mit dem Göttinger SPATZ ausgezeichnet, außerdem erhält er 1992 einen Sonderpreis für sein Lebenswerk beim Deutschen Spielepreis. Randolph gilt neben Sid Sackson als einer der ersten Spieleautoren, der seine Leidenschaft zum Beruf gemacht hat. Er hat schon in den 70er Jahren dafür gesorgt, dass Autorennamen auf den Schachteln auftauchten. Das Bild zeigt Randolph während der Preisverleihung mit dem Göttinger SPATZ 1990.
Freitag, 16. April 2021
DICKE DÄMONEN
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Preiswertes Schnürsenkelspiel: DICKE DÄMONEN
Wer aus vier Schnürsenkeln und 50 Pöppeln ein zwar nicht abendfüllendes, aber äußerst unterhaltsames Spiel entwickeln kann, muss schon ein ganz schön kreatives Köpfchen besitzen. Heinrich Glumpler ist nicht nur das gelungen, er konnte das Ganze noch thematisch entwickeln und eine Spielgeschichte erfinden. Mit fast philosophischem Hintergrund entführt er bis zu vier Spieler in eine magische Welt von Geistern und Dämonen, die sich in den Kraftlinien und –feldern der vier Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde bewegen und bekämpfen. Die diese magische Welt immer wieder bewegende Frage ist, ob die Dämonen der Elemente oder die weißen Geister diese Welt beherrschen. Die immer wieder kehrende Frage beantworten die Spieler von Glumplers Spiel DICKE DÄMONEN recht zügig, meist steht die Antwort nach fünfzehn bis zwanzig Minuten fest und dann ist auch klar, ob es einen Gewinner gibt oder ob das Spiel pfiffiger als die Spieler war.
Die Schnürsenkel in den Farben rot, blau, gelb, grün werden geknotet und dann übereinander gelegt, so dass sie sich mehrfach schneiden und unterschiedlich große Felder entstehen. Jeder Spieler zieht danach blind aus einem Leinensack vier Pöppel, die den Farben der Elemente entsprechen, die aber auch für die weiße Geisterwelt stehen können. In jedem Spielzug darf ein Spieler eine seiner vier Figuren setzen. Die Dämonen, die die Elemente beherrschen, dürfen in Eckfelder von Linien gesetzt werden, die der Dämonenfarbe entsprechen. Die weißen Geister werden in die Zentren der Flächen, die durch die Schnürsenkelüberschneidungen entstanden sind, gesetzt. Ihre Anwesenheit verhindert das weitere Auftreten von Dämonen in diesen Regionen. Nach dem Setzen eines Spielsteins wird nachgezogen. Einmal im Laufe des Spiels dürfen die Spieler sich als Wahrsager versuchen. Sie bestimmen die voraussichtliche Siegfarbe und stellen den entsprechenden Pöppel vor sich ab.
Wer sich so weit aus dem Fenster gelegt hat, spielt ab sofort nur noch stark eingeschränkt mit. Er muss die restlichen beiden Pöppel abgeben, zieht einen nach und kann dadurch nur noch gering steuernd den weiteren Spielablauf bestimmen. Da anderen Spielern die gewählte Farbe als Siegfarbe nicht mehr zur Verfügung steht, ist die Wahl des richtigen Zeitpunkts dieser Aktion meist siegentscheidend. Da durch das Setzen der Geister immer mehr Eckfelder nicht belegt werden dürfen, ergibt sich das Spielende genau dann, wenn ein Spieler seine Figur nicht mehr unterbringen kann. Bei der Endabrechnung wird überprüft, welche Dämonenfarbe in den Feldern die Mehrheit hat. Bei Gleichstand gibt es keine Punkte, sonst ergibt sich die Siegpunktzahl aus den Eckfeldern und Knotenpunkten. Die weiße Farbe gewinnt dann, wenn mehr weiße Geister beschworen wurden als die anderen Farben an Punkten erreichen konnten. Besonders in Partien, in denen die Spieler häufig Pattsituationen erzielen, kommt das gar nicht so selten vor.
Heinrich Glumpler hat die DICKEn DÄMONEN nur in einer Kleinstauflage von 200 Exemplaren produziert, die ist schon seit einiger Zeit vergriffen. Großzügig stellt er aber eine „Nachbauanleitung“ auf seiner Homepage zur Verfügung, außerdem kann man das Spiel dort online ausprobieren. Die Solovariante, bei der man die Plätze eins bis drei richtig voraussagen muss, besitzt Suchtpotential. Klasse Spiel – ein besonderer Dank geht an den Autor, der seine Idee zur kostenfreien Umsetzung im Internet zur Verfügung stellt.
Wieland Herold
Titel: DICKE DÄMONEN
Autor: Heinrich Glumpler
Verlag: Edition Erlkönig (www.erlkoenig.ws )
Spieler: 1-4
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 20 Minuten
Preis: ca. 13 Euro (zurzeit nicht erhältlich, aber kostenloser Nachbau möglich, siehe Homepage Glumplers)
Spiel 8/2005 R63/2021
Die Rezension erschien 2005 www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor
Der Kölner Autor hat in den letzten 30 Jahren rund 30 Spiele veröffentlicht. Ursprünglich kam er aus der Rollenspielecke, hat Spiele für MIDGARD und PLÜSCH, POWER & PLUNDER entwickelt. Viele seiner Ideen hat er im eigenen Verlag Edition Erlkönig veröffentlicht, so auch die DICKEn DÄMONEN.
Erfolgreich war er aber auch bei anderen Verlagen, so mit ZAUBERSTAUBER bei Kosmos (2005), Tiptoi-Spielen bei Ravensburger (DIE GEHEIMNISVOLLE MASKE, 2011, DAS TAL DER TEMPEL, 2012), aber vor allem mit dem KNEIPENQUIZ (2016) bei moses.
Die Anleitung zu DICKE DÄMONEN kann man immer noch über seine Seite herunterladen. 2014 hat der Autor eine zweite Auflage des Spiels in seiner Edition veröffentlicht.
Das Bild zeigt Heinrich Glumpler 2004 auf dem Autorentreffen in Göttingen.
Donnerstag, 15. April 2021
DANCING DICE
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
DANCING DICE
Italienische Verlage scheinen ein Faible für pure Würfelspiele zu haben, so ist Kidultgame mit Spartaco Albertarellis DICELAND, DICERUN und POLTERDICE groß geworden. In diese Reihe fügt sich gut das gerade erschienene DANCING DICE von Silvano Sorrentini aus dem Verlag daVinci Games.
Die 36 „Tanzwürfel“ sind zwar eine Spezialanfertigung, sie drehen sich aber auch nicht anders als normale 6er-Würfel auf dem Spieltisch. Dafür sorgt der Blick auf die Würfelbilder erst einmal für einen Drehwurm. Trittfolgen männlicher Designer-Slipper - aus Italien natürlich – verwirren den geübten Würfler. Soll das etwa nachgetanzt werden? Zum Beispiel die „6“ , die aussieht wie ein großer Hummer, oder die “5” mit einem einbeinigen Tänzer in der Mitte. Keine Sorge, es geht nicht um irgendwelche Tanzschritte. Vergessen können Sie eigentlich auch gleich das gesamte Tanzthema. Es geht um nichts anderes als um Würfelkombinationen, richtig – YAHTZEE und KNIFFEL lassen grüßen.
Alles ist natürlich etwas anders verpackt. So besitzt jeder der maximal sechs Spieler zwei Würfelsätze mit jeweils drei Würfeln. Die Farbzuordnung ergibt sich einmal aus der Würfelfarbe und beim zweiten Satz mit weißen Würfeln aus den entsprechenden Farbabdruck der Schuhe. Gewürfelt wird gleichzeitig hinter einem Sichtschirm (!) – schummeln ist natürlich untersagt -, einmaliges Nachwürfeln ist erlaubt. Mit den Ergebnissen bilden die Spieler zwei Dreikombinationen, mit denen sie in die Kampfwertung gehen. Hochwertig sind vor allem Einer-, Zweier und Dreierpasch, wer den Tango – eine vorher ausgewürfelte Kombination – trifft, landet auf Platz vier, danach zählen ganz simpel nur Punkte von 18 bis 4. Bei Gleichstand ist es von Vorteil drei Würfel aus einem Satz zu haben, das gibt den Gewinnausschlag. Unterlegene Tänzer, das sind stets mindestens die Hälfte der Mitspieler, wobei abgerundet wird, bei fünf Spielern sind in einer Runde also drei betroffen, verlieren sogenannte „Vitalitätspunkte“. Zehn Punkte haben alle am Anfang, am Ende – nach 15 bis 20 Minuten – hat nur noch einer Punkte. Er hat sich erfolgreich durchgetanzt, sorry durchgewürfelt, wenn nicht vorher schon alle in Schweiß gebadet das Handtuch geworfen haben ob der mühsamen Würfelei.
Auch Spezialkombinationen wie Rock und Gala retten das Spiel nicht. Die Würfelorgie – wenn es denn eine wäre! – hinter dem Sichtschirm täuscht Taktik, Feinjustierung, Bluffmöglichkeit vor. Nichts davon erlebt man im Spiel. Wie viel spannender ist doch da ein offenes Würfelduell, an dem alle teilnehmen können.
DANCING DICE besitzt für die jeweilige Wertung eine Anzeige über einen Spielplan, der auch Auskunft über die Vitalitätspunkte gibt. Verpackt ist alles in einer mittelgroßen Spieleschachtel. Die Grafik ist thematisch ordentlich umgesetzt. Trotzdem ist das „Spiel für erprobte Tänzer“ nur ganz hart gesottenen Würfelfreaks zu empfehlen. Holen Sie lieber die klassischen Vorbilder wieder einmal raus.
Titel: DANCING DICE
Autor: Silvano Sorrentino
Grafik: Gianpaolo Derossi
Verlag: daVinci Games
Spieler: 2-6
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 20 Minuten
Preis: ca. 15 €
Spiel 7/2005 R62/2021
Die Rezension erschien 2005 www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 3 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächsten Monat wieder
Mittwoch, 14. April 2021
AUF DIE NÜSSE
Die kleinen Metallschachteln der Schweizer Game Factory entpuppen sich immer mehr als Garant für kurzweiligen Spielspaß. Das gilt für PUNTO von Bernhard Weber, aber auch für das im letzten Jahr erschienene GOLD von Reiner Knizia und das fetzige ZOINX von Garret Donner & Co. Das Team um den amerikanischen Autor Donner, dessen Veröffentlichungsliste bei BGG inzwischen schon auf über 120 Spiele angewachsen ist, taucht fast identisch erneut mit Michael Steer im aktuellen AUF DIE NÜSSE! wieder auf. Diesmal nur ergänzt durch Brian Spence, der rund ein Drittel der Spielentwicklungen Donner und Steers begleitet hat. Besonders in den 90er Jahren und im ersten Jahrzehnt dieses Jahrtausends war das Duo bzw. das Trio erfolgreich unterwegs. AUF DIE NÜSSE ist daher auch eine alte Spielidee von 2008, die als GO NUTS! damals bei Gamewright erschien.
Es ist erstaunlich, was die Schweizer in ihrer 5,5x5,5x3 cm Metallschachtel alles unterbringen: Neun handliche Würfel, die mit 3,4 cm3 nicht einmal winzig ausfallen , außerdem eine mehrfach geklappte Spielregel im A5-Format. Gegenüber dem Original fehlen nur Wertungsblock und Stift, das dürfte aber in jedem Haushalt zu finden sein.
AUF DIE NÜSSE! ist ein typisches Zockerspiel, diesmal mit Eichhörnchen- und Hunde-Würfeln. Jeder bekommt einen Hunde-Würfel, das eigentliche Spiel läuft aber mit den fünf Eichhörnchen-Würfeln ab. Die zeigen entweder Nüsse, Tannenhäher oder Eichhörnchen, wobei diese mit hälftiger Wahrscheinlichkeit auftauchen, die Rabenvögel gibt es nur einmal. Das Sammelziel beim Würfeln gilt den Nüssen. Jede Nuss bringt einen Punkt, Eichhörnchen und Tannenhäher dagegen keine Punkte. Die Hörnchen darf man zum Weiterwürfeln benutzen, die Tannenhäher kommen aus dem Spiel. Solange man nicht nur Häher oder Hörnchen würfelt, darf man austeigen und das Nussergebnis eintragen lassen oder weiterwürfeln, mit dem Risiko, dass die Tannenhäher alles bisher Gesammelte für sich beanspruchen, wenn nur sie zu sehen sind. Wahrscheinlicher ist ein lupenreiner Hörnchen-Wurf, der zwar auch zum Verlust aller Punkte führt, zusätzlich aber zu einer speziellen AUF DIE NÜSSE-Runde, die viel mehr Gewinnpunkte bringen kann. Der aktive Spieler darf dabei alle zuletzt genutzten Würfel so oft werfen und laut seine erwürfelten Nüsse addieren, bis seine Mitspieler mit ihrem Hundewürfeln alle jeweils den einmal vorkommenden roten Hund geworfen haben, was sie laut mit einem „Wuff Wuff!“ ankündigen müssen.
Einerseits wartet man auf solche AUF DIE NÜSSE-Runden, andererseits reizt auch „der letzte Würfel“. Gelingt es, mit ihm eine Nuss zu werfen, darf man gleich noch einmal mit seinen fünf Würfeln weitermachen.
Gespielt wird auf 50 Punkte oder mehr. Das kann entsprechend vorher vereinbart werden. Das doppelte Zocken um die Schnellwürfelrunde oder das Blankspielen macht aus AUF DIE NÜSSE ein fetziges Zockerspiel. Die Wahrscheinlichkeit spricht für häufige AUF DIE NÜSSE-Runden, aber wie das so ist mit der Wahrscheinlichkeitsrechnung, irgendwie machen die Tannenhäher einem doch wieder einen Strich durch die Rechnung. Das simple Glücksspiel macht vor allem mit Kindern viel Spaß, die Altersangabe können Sie locker von acht auf sechs Jahre reduzieren. Das vielfältige Addieren der Wurfergebnisse müssen aber etwas ältere Kinder oder Erwachsene übernehmen.
Der Tannenhäher war übrigens ursprünglich ein Auto, das hat BGG und australische Juroren aber nicht abgehalten GO NUTS! für den Golden Geek der besten Kinderspiele 2009 zu nominieren und für das beste australische Kinderspiel 2010. Gewonnen hat die Idee von Donner & Co. keinen der Preise, dazu ist es dann doch zu seichte, aber äußerst unterhaltsame Kost.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: AUF DIE NÜSSE!
Autoren: Garrett J. Donner, Brian S. Spence, Michael S. Steer
Grafik/Design: Sam Ward, Michelle Albano
Verlag: Game Factory
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2-4
Spielzeit: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 9 Euro
Spiel 27/2021
Dienstag, 13. April 2021
JUMPING CUPS
BACKGAMMON lässt grüßen: JUMPING CUPS
Das Cover erinnert erst einmal an eine CUP STACKER Challenge , JUMPING CUPS vermittelt Hektik, Bewegung und Stress. Was bei dieser Idee von René Bros und Jaques Zeimet wirklich übrigbleibt ist höchstens gedanklicher Stress. Für die STACK-Pyramide reichen die Becher nicht. Was sich die beiden Autoren ausgedacht haben, ist nichts anderes als ein taktisches gegenläufiges Laufspiel, das irgendwie an BACKGAMMON erinnert, aber vollständig auf Würfelglück verzichtet.
Jeweils fünf Becher, gelbe und rote, müssen, ausgehend von fünf entsprechend farbigen Startfeldern, über vier neutrale Felder in den gegnerischen Startbereich, der gleichzeitig der jeweilige Zielsektor ist, geführt werden. Die Bewegung ist simpel. Es darf bei den gegenläufigen Sprüngen immer nur ein Becher gezogen werden, der wandert so viele Felder, wie sein Becherturm hoch ist. Vor allem in der neutralen Zone kommt es immer wieder zu Begegnungen und Blockaden eingenommener Becher.
Das Spiel endet, wenn entweder ein Spieler nicht mehr ziehen kann, weil seine Becher alle blockiert sind oder er übers Ziel hinausschießen würde. Ganz ideal ist es, wenn ein Spieler alle seine fünf Zielfelder besetzen kann. Das zweite Ziel exakt zu erreichen, ist aber ganz schön schwer, da eigene Doppelbecher sich sofort weiterbewegen müssen, wenn dabei das letzte Feld überschritten wird, hat man automatisch verloren. Da ist es schon sinnvoller, auf die Blockade des Gegners zu spielen.
Wie bei BACKGAMMON ist das Mittelspiel entscheidend, danach läuft sich das Ganze nur noch aus. JUMPING CUPS ist ein Spielduell, mit dessen Anforderungen schon Sechsjährige gut klarkommen, die stören sich auch nicht an der CUP STACKER-Aufmachung. Das Ganze könnte man auch mit BACKGAMMON-Steinen Spielen. Die Entscheidungen fürs Spieldesign kann ich bei dieser taktischen Herausforderung nicht nachvollziehen, Kinder stört das aber gar nicht.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: JUMPING CUPS
Autoren: René Brons, Jacques Zeimet
Grafik/Design: Fiore GmbH
Verlag: HUCH!
Alter: ab 8 Jahren, (funktioniert problemlos ab 6 Jahren)
Spielerzahl: 2
Spielzeit: ca. 10-15 Minuten
Preis: ca. 20 Euro
Spiel 26/2021
Montag, 12. April 2021
LANTRIS
LANTRIS
Der Berliner Marcel Davidsohn hat zusammen mit drei Freunden 2018 den Kuriosum-Verlag gegründet. Ihm ging es dabei hauptsächlich um eine Veröffentlichungsplattform für eigene Spielideen, gleichzeitig bietet er aber auch an, die Ideen von anderen umzusetzen und zur Produktionsreife zu bringen. Auf der letzten „echten“ Spiel 2019 stellte er das Spiel FAULES EI vor. Ein witziges Kartenspiel, das bei Grundschulkindern gut ankommt.
Neben dem FAULEn EI hat Davidsohn hauptsächlich preiswerte Print & Play-Spiele herausgebracht. Nicht nur eigene Ideen, sondern auch die von anderen Autoren, beispielsweise RUNGHOLT von Ronald Hild und PIXPLAIN von Florian Ortlepp. Die Spiele kosten nur 2,99 Euro.
Aktuell liegt mit dem Legespiel LANTRIS wieder ein Schachtelspiel des Berliner Verlags vor, für das der Verlagsinhaber und Ulrike Klattkowsky verantwortlich zeichnen. In LANTRIS gehen wir auf die Suche nach dem Posten eines königlichen Landschaftsarchitekten, der archetypische Landschaften wie Eis, Wald, Wasser und Wüste und bebaute Flächen in gewünschte Konstellationen bringt.
Das Thema können Sie vergessen, der Architekt sieht auf dem Cover auch wahrlich nicht königlich aus. Die Spielidee selbst führt aber zu einem spannenden Legespiel á la HONSHU. Die Basis dafür ergibt sich aus Landschaftskarten mit jeweils vier Feldern, die je nach Bedürfnis überlappend gelegt werden dürfen. Die Bedürfnisse regeln Auftragskarten, die sich auf einfache oder komplexere geometrische Formen einer Landschaft beziehen oder große Landschaftsformen mit exakt sieben Landschaftsteilen umfassen und schließlich bestimmte benachbarte Gebiete von jeweils vier Feldern erfordern.
Alle starten mit drei Landschaftskarten und drei Aufträgen. Jeder besitzt zusätzlich noch drei Architekten, mit denen zu wertende Gebiete besetzt sein müssen. Wer am Zug ist, spielt eine Landschaftskarte aus, die angrenzend oder beliebig überlappend auf vorhandene Karten gelegt wird. Gebietsflächen, die ein Architekt beansprucht, dürfen durch andere Spieler aber nicht verkleinert werden. Die zweite optionale Aktion bezieht sich auf diese Figuren. Mit ihr darf ein Architekt ein- oder versetzt werden. Als dritte Aktion wird überprüft, ob eine Auftragskarte erfüllt werden kann unter der Voraussetzung, dass in dem zu wertenden Gebiet auch ein eigener Architekt steht, der nach Erfüllung des Auftrages vom Feld genommen wird.
Sobald die 60 Landschaftskarten gezogen sind oder der Stapel mit den Auftragskarten leer ist, endet die Suche nach dem königlichen Architekten. Die Runde wird noch beendet und dann werden die Punkte für alle erfüllten Aufträge addiert. Auch an eine Expertenvariante denkt der Verlag. Gewertete Gebiete werden dabei mit einem Chip gekennzeichnet und dürfen vom gleichen Spieler nicht noch einmal gewertet werden, es sei denn, die Landschaftskarte wird überdeckt und der Landschaftstyp verändert.
Bei diesem Spiel gilt, Augen zu und den Mechanismus genießen. Grafisch ist das Ganze aus dem letzten Jahrhundert, das Legespiel selbst mit der geschickten Nutzung der Wertungskarten ist konfrontativ und herausfordernd und reizt zu Revancherunden.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: LANTRIS
Autoren: Ulrike Klattkowsky, Marcel Davidsohn
Grafik/Design: Laura Lakacauskaite, Alicenorines
Verlag: Kuriosum
Alter: ab 7 Jahren
Spielerzahl: 2-4
Spielzeit: ca. 30-45 Minuten
Preis: ca. 23 Euro
Spiel 25/2021
Sonntag, 11. April 2021
HEPTA
SAMMELSURIUM
Ravensburger Traveller-Serie: HEPTA
Neben der Casino-Serie war die Traveller-Reihe in den 70er Jahren besonders beliebt. Sie erschien in zwei Schachtelformaten, zuerst als flache Ausgabe (202x202x28 mm; 1972 und 1973) und als etwas kleinere dickere Schachtel (190x190x36 mm; 1973-1978). Diese Schachtelform setzte sich durch und diente auch der Veröffentlichung weiterer Titel. Zur Serie gezählt werden aber nur Titel mit dem Logo „traveller serie“. Die Spiele in der Reihe waren fast durchweg Spiele für zwei Personen, meist taktische Spiele mit geringem Glücksanteil.
In der Reihe veröffentlichte Alex Randolph die meisten Spiele, zum Teil wie auch in der Casino-Serie unter dem Pseudonym L.W. Bones (PEGGINO). Daneben erschienen Klassikerausgaben wie REVERSI, GO und GOBANG, TANGRAM, SOGO und 3x16, das alte NÜMMERCHEN.
Herausragend sind für mich die Randolph-Spiele WÖRTERKLAUER, BANDA und HEPTA. Immer wieder gut ist RACKO, das es aber auch in vielen anderen Ausgaben von Ravensburger gibt.
HEPTA
Für HEPTA entwickelte Randolph, absolut nicht selbstverständlich für die frühen 70er Jahre, sowohl eine Solo-Variante als auch ein klassisches Duell.
Im Spiel für zwei Personen müssen die Kontrahenten auf einem 7x7 Raster 14 Legeformen unterbringen. Im Wege sind sieben Hindernissteine, die anfangs beliebig platziert werden. Ein Spieler platziert diese roten Steine, der andere darf sich aussuchen, mit welchen Legeformen er spielen möchte, die gibt es als Winkel oder Rechtecke, die jeweils drei Felder abdecken.
In HEPTA geht es darum, den Gegner in die Enge zu treiben, damit er keine seine Legeformen mehr ablegen kann. Wer die meisten seiner sieben Teile loswird, gewinnt. Die gleiche Anzahl führt zu einer unentschiedenen Wertung. Taktisch geschickt muss man Freiräume in Bereichen für eigene Legeteile einbauen, die der Gegner nicht mehr nutzen kann. Das gut im Blick zu behalten, sichert den Sieg.
Besonders ist die Solovariante, die Randolph auf einer farbigen Spielplanseite integriert. Die 7x7 Felder sind sieben Farben zugeordnet. Die Aufgabe ist jeweils, mit allen Legeformen die Felder zu bedecken, aber eine Farbe auszusparen. Diese Solo-Puzzle sind durchaus reizvoll und unterschiedlich schwierig. Es empfiehlt sich, erst einmal mit den roten Lücken zu beginnen.
Die Solovariante hebt HEPTA für mich aus der Masse der Traveller-Spiele heraus. Sie hat etwas Meditatives, fast künstlerisches, wenn am Ende an Mondrian erinnernde Bilder entstehen.
HEPTA erschien später noch einmal als MAGIC 7 bei Arxon (1983) und war außerdem in der Spielesammlung DIE DREI (1998) von Franjos dabei.
Titel: HEPTA
Autor: Alex Randolph
Grafik: o.A.
Verlag: Ravensburger
Spielerzahl: 1 - 2
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 15-20 Minuten
Preis: ca. 15 DM
Wertung: Nächste Woche wieder
Sammelsurium 15 - S15/2021
Samstag, 10. April 2021
4MATION
Geburtstagsgeschenk kommt zur Veröffentlichungsreife: 4MATION
Eigentlich sollte es nur ein Geburtstagsgeschenk werden, was sich die Waldviertlerin Melanie Haumer da ausgedacht hat. Die 4 GEWINNT-Variante 4MATION der 22jährigen Autorin, die sich mit nachhaltiger Produktentwicklung und Innenarchitektur beschäftigt, ist nicht nur auf einem Gabentisch gelandet, sondern auch in der Redaktion des einzigen österreichischen Verlags im benachbarten Wien. Piatnik gefiel Haumers Idee und ihr erstes Spiel liegt nun seit wenigen Wochen produziert vor.
Nicht schon wieder eine 4 GEWINNT-Variante, werden Sie vermutlich jetzt sagen, aber geben Sie der jungen Autorin ruhig eine Chance, denn sie bringt Lenkung ins Spiel. Die bonbonfarbenen blauen und pinken Spielsteine dürfen in den Würfeleinsatz der Schachtel mit 7x7 Feldern nicht beliebig gespielt werden, sondern stets orthogonal oder diagonal angrenzend zu dem zuvor gesetzten Stein. Diese Lenkung führt in 4MATION zu einem durchaus spannenden Spielerlebnis. Da entstehen gewollte Zugzwänge, manchmal begibt man sich sogar mit Absicht in eine Sackgasse, nur um berechenbar wieder herauszuspringen und spielentscheidende Gewinnzüge zu machen, die zu einer Viererreihe führen.
Die einfachen Regeln machen das wertig umgesetzte Strategiespiel ideal für Grundschulkinder. Sechsjährige sind schon begeistert und fordern immer wieder Revanche. Auf drei Siegpunkte sollte man daher ruhig spielen.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: 4Mation
Autor: Melanie Haumer
Grafik/Design: Yvonne Tauss
Verlag: Piatnik
Alter: ab 6 Jahren
Spielerzahl: 2
Spielzeit: ca. 10 Minuten
Preis: ca. 15 Euro
Spiel 24/2021
Freitag, 9. April 2021
Ravensburger Taveller
3 x 16 flache Schachtel, 1973
ALCAZAR dicke Schachtel, 1978
BANDA flache Schachtel, 1973, dicke Schachtel 1974
BON VOYAGE flache Schachtel, 1973, dicke Schachtel 1978
DOMICOLOR dicke Schachtel 1974
GO + GOBANG flache Schachtel, 1973, dicke Schachtel 1974
HEPTA dicke Schachtel 1974
ISOLA flache Schachtel, 1972, dicke Schachtel 1974
MIRACLE dicke Schachtel 1974
PEGGINO dicke Schachtel 1975
QUADRATA flache Schachtel, 1973, dicke Schachtel 1973
RACKO dicke Schachtel 1976
REVRSI flache Schachtel, 1972, dicke Schachtel 1974
SCHASKA flache Schachtel, 1973, dicke Schachtel 1974
SOGO dicke Schachtel 1974
TANGRAM dicke Schachtel 1976
TRAV. MEMORY dicke Schachtel 1974
TRI-O-TRIX dicke Schachtel 1976
ÜBER BORD dicke Schachtel 1977
WÖRTERKLAUER dicke Schachtel 1975, blaue Schachtel
WÖRTERKLAUER dicke Schachtel 1978, braune Schachtel
COMMUNICATE!
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Bauspiel auf Anweisung: COMMUNICATE!
An klassische alte Baukästen erinnert der große Holzkasten mit Schiebedeckel der sächsischen Firma Beleduc. Brückenteile, Dächer, Zylinder, und Quader, 26 handliche Bauteile und das zweimal, enthält die Holzkiste. Freies Bauen könnte angesagt sein, aber COMMUNICATE!, das die Firma Dialogform von der Bauhaus Universität in Weimar entwickelt hat, will mehr sein. „Ein Spiel zur Förderung der Sprachentwicklung und Verständigung, außerdem gut für Formenverständnis und Motorik“, verspricht die Spielregel.
Die Zielgruppen, Vorschul- und Grundschulkinder, sind damit klar vorgegeben. Entsprechend einfach ist die Regel gehalten, wenn man den entwicklungspsychologischen Teil weg lässt, reduziert sie sich auf zwei überschaubare Absätze. COMMUNICATE! ist ein Spiel für zwei Kinder, die sich am Spieltisch gegenüber sitzen. Zwischen ihnen ist ein Sichtschutz aufgebaut, praktischer Weise der Schiebedeckel, der in zwei Ständern aufgestellt werden kann. Jedes Kind hat seinen Holzbausatz mit den 26 Steinen zur Verfügung. Ein Kind spielt den bauausführenden Architekten, das andere Kind versucht einen möglichst adäquaten Nachbau. Dazu beschreibt der „Architekt“ so genau wie möglich sein Bauvorhaben. Er benennt das gewählte Bauteil und dessen Platzierung. Sobald das Bauwerk fertig ist, wird der Sichtschutz entfernt und die entstandenen Objekte können verglichen werden.
Die Spielregel lässt viele Freiheiten für das eigentliche Spiel, so können Vorgaben verabredet werden, die wachsende Bauprojekte beinhalten. Die Kleinen können mit drei oder fünf Bausteinen beginnen und sich allmählich steigern. Für richtiges Bauen können Punkte vergeben werden, so dass im Wechselspiel COMMUNICATE! kompetitiv angegangen werden kann. Bauen durch nonverbale Verständigung ist ebenso möglich, aber natürlich deutlich schwieriger.
Das Spiel erinnert in Ansätzen an VISIONARY, einem 1997 von der Jury „Spiel des Jahres“ empfohlenem Spiel von Schmidt Spiel und Freizeit. Was dort „blind“ über verbale Steuerung geschah, läuft ersichtlich einfacher in der Beleduc-Variante ab. Trotzdem fällt es kleinen Kindern nicht leicht, die Bauhandlungen zu beschreiben und zu verstehen. Insofern erfüllt das Spiel die hoch gesteckten Ansprüche, die oben formuliert sind, voll und ganz. Das Spielmaterial ist hervorragend und eignet sich natürlich nicht nur zum Regelspiel. Preislich bleibt COMMUNICATE! in den Regionen, in denen sich damals VISIONARY bewegte, wobei der Holzanteil mehr als doppelt so groß ist. Ein Baukasten und ein herausforderndes Spiel, dessen Anschaffung lohnt.
Wieland Herold
Titel: COMMUNICATE!
Autor: Dialogform, Weimar
Verlag: Beleduc (www.beleduc.de)
Spieler: 2
Alter: ab 5 Jahren
Spieldauer: 10 - 30 Minuten
Preis: ca. 35 Euro
Spiel 6/2005 R61/2021
Die Rezension erschien 2005 www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Donnerstag, 8. April 2021
TRAUMFÄNGER
Kleinkindgerecht: TRAUMFÄNGER
Gute Spiele für kleine Kinder ab drei oder vier Jahren sind rar. Die Kinderjury zeichnet meistens erst Spiele ab einem Alter von fünf Jahren aus. 2021 dürfte sich das ändern. Wenn mich nicht alles täuscht, landet das fantastische TRAUMFÄNGER-Spiel von Laurent Escoffier und David Franck mindestens auf der Empfehlungsliste. Dem Spiel traue ich auch noch höhere Weihen zu, zumal die Franzosen es vorgemacht haben. Die von Space Cow wundervoll umgesetzte Idee wurde vor zwei Monaten mit dem As D’Or für Kinderspiele ausgezeichnet.
Was tun, wenn die eine oder andere Gruselgestalt im Traum auftaucht? Unter dem Bett verstecken, geht nicht, da lauern wahrscheinlich noch andere Monster. Aber Kuscheltiere um Hilfe zu bitten, hat noch nie geschadet. Die beiden Autoren nutzen simple Ideen des Größenvergleichs und der Abdeckung für ihr TRAUMFÄNGER-Spiel. Dafür stehen den Kindern große runde Scheiben mit Teddybären, etwas kleinere mit Pandas und noch kleinere mit einem rosa Hasen und einem kleinen Pummeleinhorn zur Verfügung.
Eine Albtraum-Karte wird in die Mitte dieser Kuscheltier-Parade gelegt. Reihum wählen die Kinder ein Kuscheltier, von dem sie ausgehen, dass es erfolgreich den Albtraum bekämpfen kann. Das heißt, er muss vollständig abgedeckt werden. Vor der Überprüfung legen alle die gewählten Tiere in ihr Wolkenbett, dort sammeln sie gleichzeitig Traumplättchen für den späteren Spielsieg.
Haben alle ein Tier gewählt, wird der Erfolg überprüft. Der Bär passt immer, bringt aber nur ein Traumplättchen. Auf kleine Albträume kann man vielleicht auch mit Einhorn oder Häschen reagieren, passen diese, bringen sie gleich drei oder vier Gewinnplättchen. Das ist immer ein Spiel mit dem Risiko, dass die Kleinen hier lernen, durchaus aber auch abhängig von der Zugreihenfolge, denn von den ganz kleinen Kuscheltieren gibt es jeweils nur eine Abdeckscheibe.
Wer als erster zwölf schöne Traumplättchen für sein Wolkenbett bekommt, gewinnt das Spiel. Die Ausstattung mit Traumkissen, dicken Kuscheltier-Scheiben und schönen Wolkenfeldern ist gelungen, auch die grafische Gestaltung von Maud Chalmel hält den Gruselfaktor in Grenzen. Varianten für Dreijährige und ältere Kinder runden das Ganze sinnvoll ab. Ein rundum gelungenes und stimmungsvolles Kinderspiel, das viele Erzählanlässe bietet, über Albträume zu reden, aber auch über die vielen schönen Traumerlebnisse, die die doppelseitigen Traumplättchen anbieten.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: TRAUMFÄNGER
Autoren: Laurent Escoffier, David Franck
Grafik/Design: Maud Chalmel
Verlag: Space Cow, Vertrieb: Asmodee
Alter: ab 3 Jahren
Spielerzahl: 2-4
Spielzeit: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 22 Euro
Spiel 23/2021
Mittwoch, 7. April 2021
BUNTE RUNDE
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Strategisches Sammeln in BUNTE RUNDE
Aus ein paar Holzteilen, Chips und einer simplen Regel ein gutes Spiel zu machen, dazu gehört schon die Genialität eines guten Spieleautors. Reiner Knizia hat ein Händchen, aus wenig viel zu machen. In BUNTE RUNDE, seinem neuen Kinderspiel bei Winning Moves, gelingt ihm dies mit 36 Holzteilen in sechs Formen und Farben. Attraktiv wirkt das nicht unbedingt, eine Spielfigur, die im Kreise läuft, scheint dem DDR-Ampelmännchen nachempfunden, das Holzmaterial erinnert an vergangene Mengenlehrezeiten.
Lassen wir mal die Ästhetik beiseite, dann liegen wir mit der Mengenlehre gar nicht so schlecht. BUNTE RUNDE ist zwar vordergründig kein Lernspiel, aber ein hochkarätiges, planerisches Rechenexempel, wer sich noch an ein fantastisches Frühwerk des Autors erinnern kann, ist versucht zu sagen: TUTANCHAMUN light. Großer Vorzug der BUNTEn RUNDE: Es ist in einer Minute erklärt, besitzt aber langfristiges Entwicklungspotential, das Kinder vorzüglich in strategisches Denken einführt und auch mitspielenden Erwachsenen einiges abverlangt.
Ovale, Kreise, Dreiecke, Quadrate, Rechtecke und Stäbchen liegen sechsfarbig im Kreis aus. Das dort wandelnde Ampelmännchen darf von jedem der zwei bis sechs Spieler ein bis drei Holzteile weit bewegt werden. Der Zielstein geht in den Besitz des Spielers über. Der Sinn des Ganzen ergibt sich aus der Wertung: Sobald das letzte Teil einer Farbe oder Form, beides ist natürlich auch möglich, genommen wird, gibt es für alle Spieler, die Anteile besitzen, Goldmünzen. Besonders raffiniert ist, dass bei weitem nicht alles gewertet wird, denn das Spiel endet nach schnellen zehn bis fünfzehn Minuten, wenn die nur 36 Münzen verteilt sind.
BUNTE RUNDE sollte man nicht unterschätzen, die simple Regel für das Ende, bringt die eigentliche Strategie ins Spiel. Das Beobachten der Sammelaktivitäten Mitspieler ist zwingend erforderlich, es bringt nichts, allein eine Form oder Farbe zu sammeln, da schaffen die anderen es garantiert, Wertungen zu verhindern. Koalitionsbildungen sind gut, aber auch ständigem Wechsel unterworfen. Spannend wird das Spiel vor allem am Ende, wenn klar wird, welche Farben und Formen nicht gewertet werden.
BUNTE RUNDE ist wieder einmal ein ideales Familienspiel von Winning Moves. Es besitzt Anspruch, bereitet sogar reinen Erwachsenenrunden großen Spaß, bietet durch eine Einsteigerversion mit 25 Bildkärtchen Vorschulkindern einen leichten Einstieg. Kritik übe ich nur an der Spielerzahl, zu sechst entsteht eine äußerst zufällige BUNTE RUNDE, zwei bis vier Spieler genießen aber durchaus Spielspannung.
Wieland Herold
Titel: BUNTE RUNDE
Autor Reiner Knizia
Grafik: Rolf Vogt
Verlag: Winning Moves
Spieler 2-6
Alter ab 6 Jahren
Spieldauer ca. 15 Minuten
Spiel 5/2005 R60/2021
Die Rezension erschien 2005 www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Reiner Knizia, der weltweit produktivste Spieleautor, der auf inzwischen über 700 Spieleveröffentlichungen stolz sein kann, hatte bis 2004 schon einige Auszeichnungen gewonnen, darunter 1993 für MODERN ART und 1998 für EUPHRAT & TIGRIS. Die besondere Leistung für die spielerische Adaption von DER HERR DER RINGE zeichnete die Jury „Spiel des Jahres“ mit dem Sonderpreis „Literatur im Spiel“ 2001 aus.
2004 war Knizias EINFACH- Jahr. Mit EINFACH GENIAL erschien eines seiner besten Spiele, EINFACH TIERISCH war thematisch überzeugender als der Vorgänger HIGH SOCIETY, der aber noch den 10. Platz beim Deutschen Spielepreis erreicht hatte.
BUNTE RUNDE hätte man 2005 durchaus auch auf Empfehlungslisten vermuten können, das Spiel ging aber leer bei Auszeichnungen aus. Nur die „Kinderspielexperten“ packten es 2006 auf ihr Nominierungsliste.
2008 erhielt Knizia für KELTIS erstmals den Titel „Spiel des Jahres“ und das gleichzeitig im Doppelpack, da WER WAR’S den blauen Pöppel bekam.
Das Bild stammt aus dem Jahr 2016 als Reiner Knizia mit MMM! für das Kinderspiel des Jahres nominiert war.
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