Dienstag, 19. Mai 2015
SCHATZ-RABATZ
Da will sich ein alter Piratenkapitän seinen Ruhestand mit gut gefüllten Schatztruhen versüßen. Wer ihm die vollsten Truhen bringt, hat gute Chancen, sein Nachfolger auf der Fregatte Goldscholle zu werden. Das Füllen der Schatztruhen lässt die Osnabrücker Autorin Karin Hetling in ihrem bei Noris erschienenen SCHATZ-RABATZ sehr real nachspielen. Dazu liegen 40 kleine und größere Holzschätze aus, vom winzigen Edelstein bis zum voluminösen Weinbecher, acht verschiedene Gegenstände in fünf unterschiedlichen Farben.
Gerade einmal 30 Sekunden Sandrieseln haben die kleinen Seeräuber Zeit, um ihre Kisten zu füllen. Kleine Teile passen besonders gut hinein, deshalb sind diese 20 Schätze auch am schnellsten weg. Wer Platz sparend und zügig packt, kann durchaus mehr als zehn Stücke in der Piratentruhe unterbringen. Wichtig ist allerdings, dass der Deckel gut schließt, sonst müssen mühsam erkämpfte Schätze wieder aus der Truhe entfernt werden. Für die Bilanz am Ende zählen nicht einfach die gesammelten Pretiosen, sondern nur die, die Bootsmann Jack nicht auch haben wollte. Dafür wird eine Tafel aufgedeckt, die das Interesse Jacks an meist 15 Schätzen offenbart. Nur die übrig gebliebenen Gegenstände zählen für die Endabrechnung. Der Gewinner erhält ein Puzzleteil eines Piratenschiffs. Sobald die Fregatte Bug, Heck und zwei Mittelteile besitzt, endet das Spiel. Mit nur einem Mittelteil lässt sich die Spielzeit verkürzen. Etwas ältere Piraten können mit einer offenen Jack-Karte spielen, sodass man sich orientieren kann, was Jack nicht haben will.
Karin Hetling hat ein witziges Kofferpack-Spiel in die Schatztruhe gepackt. 30 Sekunden sind wie im Fluge vorbei und in der Hektik gut zu stapeln, ist wahrlich nicht einfach. Die Variante für die älteren Kinder ist eindeutig das bessere Spiel, denn die Grundversion ist letztlich nur ein planloses Sammeln kleiner Teile und ein Ärgern über das, was Juwelen-Jack raubt.
Die Kinderjuroren „Spiel des Jahres“ haben diese Idee für das „Kinderspiel des Jahres“ 2015 nominiert. Nach ihrer Begründung erfordere „Karin Hetlings temporeiches Sammelspiel … räumliches Wahrnehmungsvermögen, schnelle Reaktionen und planvolles Vorgehen.“ Damit schaffe die Autorin Piratenatmosphäre pur für kleine und große Abenteurer.
Die 48jährige Autorin ist das Gewinnen gewohnt. 2010 hat sie den Förderpreis für Nachwuchsautoren der Jury „Spiel des Jahres“ gewonnen. 2013 gewann sie mit MAUS-GETRIXT (Ravensburger) den Kinderspielpreis As d’Or in Frankreich. 2015 kann nun der entsprechende Preis in Deutschland folgen.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: SCHATZ-RABATZ
Verlag: Noris
Autor: Karin Hetling
Spieleranzahl: 2-4
Alter: ab 5 Jahren
Dauer: ca. 20 Minuten
Preis: ca. 20 Euro
SPINDERELLA
Dreidimensional geht es in Roberto Fragas opulenten SPINDERELLA zu. Der Münchner Verlag Zoch lässt dazu eine ganze Waldlandschaft im Kinderzimmer entstehen. Auf dem Waldboden flitzen kleine Ameisen herum, um von der einen Seite zur anderen zu gelangen. Nicht ungefährlich für sie, denn über ihnen schwebt ein großes Spinnennetz als Walddach.
Die fetten Spinnen Roberto und Klaus bewegen sich dort auf einer Art Halmanetzplan. Ihre kleine Schwester Spinderella kann sich über eine Magnetaufhängung mit Seilvorrichtung durch die Bewegung ihrer Brüder abseilen und die Ameisen am Weiterkommen hindern. Sowohl Ameisen als auch die Spinnen werden durch Würfel aktiviert, das gilt auch für einen Baumstumpf, der schützend über eine Ameise gestülpt werden kann. Die Ameisenjagd endet, sobald drei Ameisen das Ziel erreicht haben.
SPINDERELLA gehört sicherlich zu den innovativsten Spielen in diesem Jahr. Roberto Fragas Idee führt zu einem faszinierenden Spielabenteuer, das schon für den Toy Award in Nürnberg nominiert war. Seit Mai ist die Ameisenjagd auch für das „Kinderspiel des Jahres“ 2015 nominiert. Für die Kinderjuroren zieht „der doppelbödige Mechanismus mit Magnetkraft … Spieler magisch an. Der Autor Roberto Fraga gewinnt dem klassischen Laufspiel eine neue Ebene ab. Die lauernde Spinne direkt über dem Ameisentreck sorgt für ein permanentes Kribbeln. Ärgere ich mit ihr die Mitspieler? Oder bringe ich meine Ameisen ins sichere Ziel? Diesem packenden Spielprinzip ordnet sich das tolle Material jederzeit unter.“ Der Begeisterung kann ich weitgehend zustimmen, der Magnetismus, der hier als Zug- und Einfangmechanismus genutzt wird, ist aber für Kinder ab sechs Jahren erst einmal gewöhnungsbedürftig, auch die Regel kommt nicht ganz so organisch daher, wie das bei den beiden anderen nominierten Spielen der Fall ist. Ein gutes Spiel, aber kein sehr gutes! Gereicht hat es trotzdem für SPINDERELLA, das am 08. Juni in Hamburg zum "Kinderspiel des Jahres" 2015 gewählt wurde. Eine nachvollziehbare Entscheidung für das innovativste Spiel im Wettbewerb um den Hauptpreis.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: SPINDERELLA
Verlag: Zoch
Autor: Roberto Fraga
Spieleranzahl: 2-4
Alter: ab 6 Jahren
Dauer: ca. 20 Minuten
Preis: ca. 30 Euro
Push a Monster
Mit PUSH A MONSTER von Queen Kids ist Wolfgang Dirscherl, einst Haba-Redakteur, und dem Österreicher Manfred Reindl ein monstermäßiges Spiel gelungen. Das Autorenteam lässt große und kleine Ungetüme in einer leicht erhöhten Monsterarena aufeinandertreffen. Klar, dass es dabei zu Rangeleien kommt, das ist auch der Sinn der Spielidee.
Mit zwei kleinen Schiebern agieren bis zu vier Kinder langsam, vorsichtig und möglichst geschickt, um das ein oder andere Ungeheuer noch auf der Plattform unterzubringen. Fällt dabei ein Monster heraus, ist das Kind, das am Schieben war, nicht gleich ausgeschieden. Die Autoren haben sich eine friedlichere Lösung ausgedacht: Sie belohnen alle anderen Beteiligten, denn diese erhalten ein entsprechendes Plättchen des Monsters, das die Arena verlassen musste. Wer am Ende die längst Monsterreihe vorweisen kann, gewinnt nach etwa 15 Minuten dieses spannende Geschicklichkeitsspiel.
PUSH A MONSTER ist nicht nur ein raffiniertes Schiebespiel, je älter die Kinder sind, desto mehr werden sie merken, dass diese Schieberei viele taktische Elemente enthält. Kleine Monster kippen zu lassen, ist natürlich günstiger als große.
Die Kinderjuroren der Jury „Spiel des Jahres“ sind überzeugt von dieser Idee, die unter den drei Nominierten für das „Kinderspiel des Jahres“ 2015 auftaucht. Entsprechend positiv lautet das Resümee der Juroren: „Stabiles Material, klares Regelwerk, ansprechende Grafik und ein neues Spielerlebnis – hier stimmt einfach alles.“ Dem kann ich mich nur anschließen!
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: Push a Monster
Verlag: Queen Kids
Autor: Wolfgang Dirscherl, Manfred Reindl
Spieleranzahl: 2-4
Alter: ab 5 Jahren
Dauer: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 29 Euro
Montag, 18. Mai 2015
Das Spiel des Poeten
Schatzsuche
Das sechzehnte Buch in der Montalbano-Reihe von Camilleri, in Italien schon 2010 erschienen, gerät zu einer literarischen Schatzsuche. Montalbano folgt lyrisch und melodramatisch verschlüsselten Botschaften, alles scheint anfangs recht belanglos. Da sind zwei religiöse Fanatiker, aufblasbare Puppen, die für Leichen gehalten werden, bis schließlich das Verschwinden eines jungen Mädchens einen echten Kriminalfall andeutet.
Da geht Montalbano schließlich auf, dass die literarische Schnitzeljagd kein Zeitvertreib war, sondern deutlich mehr dahinter steckt. Der „Schatz“ erweist sich als bestialisch zugerichtete Leiche, den aufblasbaren Puppen ähnlich, die anfangs eine Rolle spielten.
Was über viele Seiten eher seicht dahin plätschert, wird im Laufe des Handlung zu einem für Camilleri ungewöhnlichen Psychothriller. Einem geistigen Duell zwischen einem Psychopathen und dem Kommissar, einem linguistischen Duell von zwei Personen, die sich sogar recht nahe stehen.
„Das Spiel des Poeten“ gehört zu den besseren Montalbano-Geschichten mit einem spannenden Showdown am Ende.
Wertung: ****
Titel: Das Spiel des Poeten
Verlag: Bastei-Lübbe
Autor: Andrea Camilleri
Seiten: 272 Seiten
Preis: 19,99 Euro
Die Jury empfiehlt und nominiert 2015
„Kinderspiel des Jahres“
Spinderella, Zoch
Nominiert für das „Kinderspiel des Jahres“ 2015
Push a Monster, Queen Kids
Schatz Rabatz, Noris
Empfehlungsliste „Kinderspiel des Jahres“ 2015
Chef Alfredo, Queen Kids
Der verdrehte Sprachzoo, Ravensburger
Fliegenschmaus, Haba
Fröschlein aufgepasst, Noris
Honigbienchen, Amigo
Joe’s Zoo, Piantnik
Schau mal! Was ist anders?, Amigo
„Spiel des Jahres“
Colt Express, Ludonaute/Asmodee
Nominiert für das „Spiel des Jahres“ 2015
Machi Koro, Kosmos
The Game, Nürnberger Spielkarten Verlag
Empfehlungsliste „Spiel des Jahres“ 2015
Cacao, Abacus
Loony Quest, Libellud / Asmodee
Patchwork, Lookout Spiele
Simsala Bumm, Pegasus
Ugo, Kosmos
Vollmondnacht: Werwölfe, Bezier Games
„Kennerspiel des Jahres“
Broom Service, alea
Nominiert für das „Kennerspielspiel des Jahres“ 2015
Elysium, Space Cowboys / Asmodee
Orléans, dlp Games
Empfehlungsliste „Kennerspielspiel des Jahres“ 2015
Arler Erde, Feuerland
Auf den Spuren von Marco Polo, Hans im Glück
Deus, Pearl Games / Heidelberger
Spinderella, Zoch
Nominiert für das „Kinderspiel des Jahres“ 2015
Push a Monster, Queen Kids
Schatz Rabatz, Noris
Empfehlungsliste „Kinderspiel des Jahres“ 2015
Chef Alfredo, Queen Kids
Der verdrehte Sprachzoo, Ravensburger
Fliegenschmaus, Haba
Fröschlein aufgepasst, Noris
Honigbienchen, Amigo
Joe’s Zoo, Piantnik
Schau mal! Was ist anders?, Amigo
„Spiel des Jahres“
Colt Express, Ludonaute/Asmodee
Nominiert für das „Spiel des Jahres“ 2015
Machi Koro, Kosmos
The Game, Nürnberger Spielkarten Verlag
Empfehlungsliste „Spiel des Jahres“ 2015
Cacao, Abacus
Loony Quest, Libellud / Asmodee
Patchwork, Lookout Spiele
Simsala Bumm, Pegasus
Ugo, Kosmos
Vollmondnacht: Werwölfe, Bezier Games
„Kennerspiel des Jahres“
Broom Service, alea
Nominiert für das „Kennerspielspiel des Jahres“ 2015
Elysium, Space Cowboys / Asmodee
Orléans, dlp Games
Empfehlungsliste „Kennerspielspiel des Jahres“ 2015
Arler Erde, Feuerland
Auf den Spuren von Marco Polo, Hans im Glück
Deus, Pearl Games / Heidelberger
Sonntag, 10. Mai 2015
YAK
Kürzestbeschreibung gefällig?
Kein Problem: BLUFF ohne Würfel, dafür mit Karten. Das reicht völlig aus, um YAK zu beschreiben.
BLUFF IN ZOO hieß entsprechend auch der bei Swan Panasia erschienene taiwanesische Vorläufer. Der 33jährige Autor Bono Light, der 2009 mit der „Game Farm“ ein Brettspielrestaurant in Taiwan gründete, brachte sein Bluffspiel mit Karten 2013 heraus. Vor zwei Jahren wurde es auch in Essen vorgestellt. Der Autor und Mitorganisator des Göttinger Autorentreffens Hilko Drude lobte schon 2013 auf BoardGameGeek mit einer 8er-Wertung “This is a wonderful bluffing game … I hope this will find a German publisher soon!”
Der Verlag ist nun gefunden. Zoch hat eine vor allem grafische deutlich überarbeitete Fassung des Spiels auf den Markt gebracht. Die kleinkindhafte Zoografik ist ersetzt worden durch eine eher familiengerechte Tiergrafik aus der Himalaya-Welt. Aus Elefanten, Löwen, Hasen, Füchsen und Mäusen sind je 15 Yaks, Steinböcke, Geier, Murmeltiere und Yetis in den Werten 1 bis 3 geworden. Die sonstigen Karten als Joker-, Spezial- und Stoppkarten sind ähnlich wie im Original erhalten.
Der Steigerungsablauf entspricht dem klassischen Bluff-Spiel. Jeder hat fünf Karten, die verdeckt abgelegt werden. Die Behauptungen der vorangegangenen Spieler müssen überboten oder angezweifelt werden. Man nennt eine höhere Anzahl von Tieren, die im Ablagestapel sein sollen oder man nennt die gleiche Anzahl, wie vorher gesagt, steigert dafür aber die Größe des Tiers, wobei der Yeti als kleinstes Wesen gilt und das Yak als größtes. Vom Yeti existieren nur Spuren, daher konnte noch nicht nachgewiesen werden, dass er größer als ein Murmeltier ist.
Vom Spielprinzip her ist das also nichts Neues, Joker zählen immer für das zuletzt genannte Tier. Wer zu Recht angezweifelt wurde oder zu Unrecht anzweifelt hat, kassiert den gesamten Ablagestapel. Wer am Ende am wenigsten Karten vor sich liegen hat, gewinnt das Spiel. Der besondere Pfiff, den sich Bono Light ausgedacht hat, kommt durch Spezialkarten ins Spiel. Davon gibt es zwei, die jeweils sechsmal vorhanden sind. Da sind die Ausrufezeichen, die jedes Tier im Stapel in das in der letzten Behauptung genannte Tier verwandeln, dann noch die Einerkarte, die alle Tierwerte auf den Wert eins reduziert. Die Wirkung dieser Spezialkarten kann durch acht Stopp-Karten aufgehoben werden und zwar dann, wenn die Zahl dieser Karten ungerade ist.
Kein Würfelglück, sondern Kartenglück ist nötig, um die Pokerrunden zu bestehen. Der Reiz ist dabei durchaus vergleichbar, allerdings durch die Spezialkarten weniger kalkulierbar. Ein Hochrechnen beim Bieten mit den Würfeln, die Joker eingeschlossen, schien irgendwie immer noch möglich. Die Gesetze der Wahrscheinlichkeit werden bei diesen Himalaya-Tieren irgendwie aufgehoben. Mich stört das nicht so, aber viele meiner Mitspieler fanden dann doch alles zu zufällig und hatten keine große Lust auf Wiederholungsrunden. YAK hat gegenüber BLUFF den großen Vorzug, dass alle bis zum Ende dabei sind und nicht vorzeitig ausscheiden müssen. Mir persönlich fehlt aber das Haptische des Würfelns, das subjektive Gefühl, das Schicksal selbst in der Hand zu haben, um mit vielen Jokern in hohe Bietregionen zu kommen. Daher ziehe ich letztlich auch Richard Borgs „Spiel des Jahres“ 1993 dieser Kartenspielvariante vor.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: Yak
Verlag: Zoch
Autor: Bono Light
Spieleranzahl: 2-6
Alter: ab 8 Jahren
Dauer: ca. 20 Minuten
Preis: ca 12 Euro
VIENNA
Lang ist Veröffentlichungsliste von Johannes Schmidauer-König noch nicht. Bisher sind erst zwei Spiele des österreichischen Autors erschienen, die er beide bei Schmidt herausgebracht hat. 2012 veröffentlichte er das durchaus beachtete DOG ROYALl und heuer VIENNA. Für beide Ideen gilt, so ganz originär sind sie nicht. Sein erstes knüpft eng an den aus Kanada stammenden Schweizer Klassiker DOG an, bei dem aktuellen Spiel habe ich noch keine Spielrunde erlebt, die sich nicht an KINGSBURG (Heldelbeger) erinnert fühlte.
Die mit Würfeln zu besetzenden Felder sind in VIENNA touristische Höhepunkte der Donaumetropole, spielgeschichtlich versetzt der Autor, der in Österreich auch erfolgreicher Pianist ist, seine drei bis fünf Akteure eher in der Zeit des Walzerkönigs Johan Strauss. Nun geht es nicht im ¾-Takt zum Belvedere, sondern eher auf wienerische Art gemütlich mit dem Fiaker vom Prater zum Schloss Schönbrunn. Irgendwie muss dabei die Siegpunktgewinnung erklärt werden, deshalb sind die Kutschengäste Lebemänner, die in die High Society aufsteigen wollen. Genderkonform ist das nicht gerade, wenn schon so viel zurecht gebogen wird, dann hätten es doch auch Lebedamen sein können, die vorankommen wollen. Sie hätten es vielleicht auch leichter gehabt, denn, um Beziehungen anzuknüpfen, stehen deutlich mehr Männer zur Verfügung.
Die Fahrt durch Wien soll in überschaubarer Rundenzahl 25 Siegpunkte erbringen. Dafür hat jeder in der Regel vier Würfel zur Verfügung, im Spiel zu dritt sind es fünf. Die 24 Stationsfelder sind aufsteigend Würfelzahlen von 1 bis 12 zugeordnet, maximal zwei Würfel dürfen dabei pro Feld eingesetzt werden. Außerhalb der Reihe gibt es ein 25. Feld, über das man bei Geldknappheit Münznachschub erhält. Außerdem startet jeder mit seinem „Lebemann“, einer Personenkarte, die unterschiedliche Geld- und Beziehungsausstattung regelt. Ein bis drei Münzen können das sein, aber auch zwei bis drei Beziehungspunkte. Das sind Beziehungen zum Hof, zum Klerus und zum reichen Bürgertum, die durch passende Symbole angezeigt werden.
In der Regel werden die Würfel aufsteigend eingesetzt. Wer an der Reihe ist, würfelt, besetzt ein Spielfeld und kassiert Münzen, Siegpunkte und neue Personen- oder Sonderkarten, wenn alle ihre Würfel eingesetzt haben. Höhere Zahlen bringen natürlich bessere Erträge als die niedrigen. Geld ist variabel nutzbar, einmal lassen sich auf einigen Feldern Siegpunkte kaufen, so in der Hofburg für drei Münzen fünf Siegpunkte, dann kann man aber auch Einfluss auf sein Würfelergebnis ausüben. Für eine Münze dürfen beliebig viele Würfel neu geworfen oder ein Ergebnis um eine Zahl nach unten oder oben verändert werden. Wer genug Geld hat, darf das beliebig oft praktizieren. Wer die Einsatzfolge seiner Würfel verändern möchte, also zurückgehen will, kann das auch gegen Abgabe einer Münze tun, er besticht quasi den Kutscher zum Umkehren.
Schnell wird deutlich, dass neben der Hofburg, die Pestsäule, der Stephansdom und Schloss Belvedere besonders lukrative Felder sind. Wobei bei den letzten drei Stationen jeweils ein Einflussvergleich bei den Beziehungen zum Hof, Klerus und zum Bürgertum stattfindet. Verglichen wird der Stand jeweils mit dem rechten und linken Nachbarn. Bei einer Mehrheit kann das bis zu sechs Siegpunkte auf einem Schlag bringen. Um diese Mehrheiten zu erhalten, ist der Nachschub neuer Personenkarten in vier Traditionskaffeehäusern dringend erforderlich. Hilfreich ist auch die Sonderkarte „Sissi“, die man im Burgtheater für eine eingesetzte „4“ oder „5“ erhält. Solche Sonderkarten bringen Doppelzüge, einen Zusatzwürfel und weitere Vergünstigungen.
Das ist alles gut ineinander verwoben, bringt durchaus auch Spielspannung und –spaß mit sich. Vor allem stellt sich nach dem Wurf immer die Frage: Klappen die Planungen? Nimmt mir niemand mein Feld weg? Wer stark bei den Personenkarten ist, sichert sich meist aber bestimmte Felder und hat eine sichere Einnahmequelle für mehrere Runden. Im Idealfall kann so ein Spieler mit einer „8“ und einer „10“ auf einen Schlag elf Siegpunkte kassieren. Das führt auch dazu, dass die 25 Siegpunkte meist nach sechs, maximal sieben Würfelrunden erreicht werden, so dass VIENNA tatsächlich nur etwa 30 Minuten dauert und eine Anfängerrunde auch nicht mehr als eine dreiviertel Stunde braucht. Am Ende ist das Spiel des Herren König nicht ganz frei vom Königsmachereffekt. Wer hinterherhinkt, hat meist keine Chance mehr auf den Sieg, kann aber durch Besetzen bestimmter Felder über den ersten oder zweiten Platz mitentscheiden.
Der Ablauf ist insgesamt stark repetitiv, sodass zwar meist der Wunsch nach einer Wiederholungsrunde auftaucht, dann aber die Luft raus ist. Zur Fortsetzung wären heiterere Varianten hilfreich. Das hätte sich auch angeboten. Michael Menzel hat nämlich zwei tolle Wienpläne für den Spielplan gezeichnet, eine Tag- und eine Nachversion. Weshalb Helligkeit und Dunkelheit der einzige Unterschied bleiben, bleibt mir unverständlich. Neue Stationen mit neuen Funktionen auf der Nachtseite hätten das Spiel doch aufpeppen können. Da sind Möglichkeiten mit Blick auf die Langzeitwirkung vertan worden.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: Vienna
Verlag: Schmidt
Autor: Johannes Schmidauer-König
Spieleranzahl: 3-5
Alter: ab 10 Jahren
Dauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 27 Euro
TRÄXX
Erstaunlich, was Reinhard Staupe aus dem Nürnberger-Spielkarten-Verlag in ganz kurzer Zeit gemacht hat. Seit QWIXX lohnt es jedes Jahr, genau hinzuschauen, was aus der Schmiede Staupe-Benndorf kommt. Mit THE GAME und TRÄXX sind es 2015 gleich wieder zwei Highlights, die Kultcharakter versprechen.
TRÄXX folgt dabei dem bewährten Konzept von leichtem Zugang, verbunden mit Spielspaß und –spannung. Im Grunde genommen ist es das erfolgreiche TAKE IT EASY-Prinzip, bei dem alle unter identischen Ausgangsbedingungen immer wieder gleiche Informationen zum Erreichen ihrer Ziele zu verarbeiten haben. Auch die Form des Spielplans ist identisch, ein Hexfeld, das allerdings nicht mit Plättchen belegt wird, sondern durch möglichst geschickte Linienführung viele Punkte erreicht werden.
Gespielt wird daher auf einem abwischbaren Pappbrett mit 61 Feldern in sechs Farben, wobei neun Felder noch durch Zahlenwerte von zwei bis zehn aufgewertet sind. Im Gegensatz zu TAKE IT EASY sind die Startbedingungen nicht ganz identisch, jeder der zwei bis vier Spieler, ein Solospiel ist übrigens auch möglich, startet von einem anderen Feld aus und zeichnet von dort aus eine durchgehende Linie, die möglichst viele Felder verbindet, wobei man die Zahlenfelder tunlichst als erster erreicht, denn nur dann bringen sie die volle Punktzahl ansonsten die Hälfte.
Welche Felder miteinander verbunden werden dürfen, ergibt sich aus 15 Karten, die nach und nach aufgedeckt werden. Dort sind immer vier oder fünf Farbfelder abgebildet, aus denen sich die Linienführung ergibt. Jeder schielt natürlich anfangs auf die frühe Anbindung hoher Zahlen, dabei muss aber immer wieder drauf geachtet werden, dass man in keine Sackgasse gerät, denn die Linie darf sich nicht selbst berühren oder kreuzen. Jedes nicht erreichte Feld bringt am Ende Minuspunkte, von daher sind auch immer genügend Auswege im Blick zu behalten und eine effektive Streckenführung. Wer nur über ein Farbfeld aus einem Engpass rauskommt, sieht oft in die Röhre, da genau diese Farbe vielleicht mehrfach hintereinander nicht aufgedeckt wird. In jeder Kartenrunde darf die Strecke stets nur an einem Ende verlängert werden, das schränkt auch die Optionen ein.
Nach den 15 Karten ist Schluss und es kann am Rande des Plans über eine Wertungsskala bilanziert werden, wer die meisten Punkte erreicht hat. Eine Runde dauert etwa eine knappe Viertelstunde, sodass gleich mehrere Revanchen eingeplant werden können.
Grafisch kommt TRÄXX ein wenig altbacken daher, das Material ist aber solide, die Spielpläne lasen sich gut abwischen und auch die Folienschreiber trocknen noch nicht ein. Die Spielatmosphäre kommt gut an, da ist immer wieder Spannung angesagt, wenn die neuen Karten aufgedeckt werden. Es ist auch mehr Interaktion im Spiel als bei TAKE IT EASY, das ergibt sich allein schon aus dem Wettlauf um die hohen Wertungen.
Natürlich ist es eine Knobelaufgabe, das wird besonders am sehr gut spielbaren Solospiel deutlich, bei dem volle Zahlenwertungen nur unter Einhaltung aufsteigender Ziffernfolgen erreicht werden. Das Team Benndorf und Staupe sorgt im Bereich der Familienspiele für unterhaltsame Ergänzung, neben QWIXX gehört nun auch TRÄXX in eine gut sortierte Spielesammlung. Auch wenn es an dieser Stelle nicht besprochen wird: das zweite Spiel THE GAME ist ein absolutes Muss für jeden Spielefreund! Es ist spannend zu sehen, wie es mit der Kooperation Benndorf-Staupe weitergehen wird.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: Träxx
Verlag: Nürnberger-Spielkarten-Verlag
Autor: Steffen Benndorf, Reinhard Staupe
Spieleranzahl: 1-4
Alter: ab 8 Jahren
Dauer: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 16 Euro
SCHLAFMÜTZE
Das Kartenablegespiel SCHLAFMÜTZE von Amigo ist eigentlich ein Klassiker. Es entspricht fast hundertprozentig dem alten ESELSPIEL, das ursprünglich aus dem skandinavischen Bereich stamm. In Dänemark soll es um 1950 erfunden worden sein. In Schweden habe ich mehrere Holzfassungen in Spieleläden gesehen und bei uns gibt es zusätzlich auch noch die Kartenspielfassung von ASS auf dem Markt.
Wie sich das für einen Klassiker gehört, ist der Ablauf simpel. Das Spiel besteht aus 100 Karten, die je fünfmal in den Werten 1 bis 20 vorhanden sind. Mittig werden alle 1er-Karten ausgelegt, dort darf dann aufsteigend ablegt werden. Alle restlichen Karten werden an die zwei bis acht Spieler verteilt und liegen als verdeckter Zugstapel vor ihnen. Wer an der Reihe ist, überprüft, ob er seine aufgedeckte Karte ablegen kann, gelingt das nicht, eröffnet er einen eigenen Ablagestapel. Das hat zur Folge, dass nicht nur prioritär die fünf mittleren Stapel überprüft werden müssen, sondern auch alle bei den Mitspielern, wobei dort sogar absteigend gelegt werden darf. Wer übersieht, dass er eine Karte ablegen konnte, wird zur „Schlafmütze“ und erhält Strafkarten der Mitspieler, die er unter seinen Zugstapel packen muss. Sobald ein Spieler alle seine Karten los ist, endet das Spiel nach knapp 30 Minuten.
Vielspieler sagen: Ist das alles? Wo ist der Sinn des Spiels? Oder kritisieren ganz scharf, wie auf BoardGameGeek: „Leider nur hirnloses Kartenablegen. Keinerlei Entscheidungsmöglichkeiten oder ‚Spaß‘.“
Wenigspieler, Familien mit Kindern ab sechs Jahren urteilen weniger kritisch. In solchen Runden kommt es zu Fehlern und die dem Spiel immanente Schadenfreude kommt zum Zuge. Es kann eben doch passieren, dass eine Karte bei einem Mitspieler abgelegt wird, obwohl die Ablage in der Tischmitte Priorität hätte. Manchmal wird auch der Zugstapel vor dem Ablagestapel benutzt, was nicht zugelassen ist. Insbesondere in kleinen Runden werden allerdings kaum Fehler gemacht. Da geht es dann sehr stereotyp zu. Ständig passen die Karten nicht und man deckt einfach immer nur neue Karten auf, bis dann einer mal Glückt, dass eine angelegt werden kann. Das dauert am Anfang und dauert und dauert und führt oft zu Spielabbrüchen.
Am besten gelungen ist noch die grafische Gestaltung der Karten, da wird von 1 bis 20 eine richtige kleine Aufstehgeschichte erzählt, vom Weckerklingeln, übers Zähneputzen und Duschen bis zum fit in den Tag starten.
Letztlich muss sich Amigo fragen lassen: Wer ist denn hier die SCHLAFMÜTZE? Weshalb dieses Spiel jetzt, wenn doch die fast identische Idee von ASS als DAS LUSTIGE ESELSPIEL noch auf dem Markt ist. ASS hat immer wieder Neuauflagen des Klassikers herausgebracht, zuletzt 2010. Eine Ausgabe, die zwar nicht ganz so hübsch ist, aber für deutlich weniger Geld erworben werden kann.
Wertung: Vielleicht nächsten Monat noch einmal
Titel: Schlafmütze
Verlag: Amigo
Autor: ohne Nennung
Spieleranzahl: 2-8
Alter: ab 6 Jahren
Dauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 8 Euro
AUF DEN SPUREN VON MARCO POLO
Daniele Tascini und Simone Luciani haben ein fantastisches Gespür für die Umsetzung historischer Themen. TZOLK‘IN, das Spiel um den Maya-Kalender, war schon grandios. Jetzt setzen sie sich auf die SPUREN VON MARCO POLO und erneut erliegen die Spielefreaks der Faszination ihres historischen Entwurfs.
Hans im Glück hat diesmal das Glück gehabt, ein Spiel des italienischen Erfolgsduos veröffentlichen zu dürfen. Redaktionell gibt es zwar kleinere Fehler, aber an der Vielfalt des Gesamtentwurfs ist überhaupt nichts zu kritisieren. MARCO POLO will immer wieder ausprobiert werden, da keine Spielerfahrung der anderen entspricht.
Thematisch geht es um Marco Polos Reise in das Reich der Mitte. Spielerisch geht es, wie so oft, um Siegpunkte, die Spieler sogar, ohne die Reise ansatzweise durchzuführen, gewinnen können. Punkte gibt es für das Erfüllen von Handelsaufträgen und für die meisten Aufträge, die schafft man auch ohne zu reisen. Die Reise von Venedig nach Beijing wird ebenfalls belohnt, wobei die frühe Ankunft besonders viele Punkte bringt. Nur wer Beijing erreicht hat, darf am Ende Waren in Siegpunkte tauschen. Jede Handelsstation, die auf dieser Reise errichtet wird, bringt Vorteile, zum Teil auch Siegpunkte, vor allem wenn man acht oder neun Stationen errichten konnte. Wer durch sein Reisen zu bestimmten durch zwei Zielkarten vorgegebenen Städten gelangt, verbucht zusätzlich Punkte. Schließlich bringt am Ende Geld im Verhältnis 10:1 Wertungspunkte ein.
Gesteuert wird das alles durch Würfeleinsatz. Jeder besitzt dafür fünf eigene Farbwürfel, die die Spieler mit schwarzen oder einen weißen Würfel ergänzen können. Zu Beginn jeder der nur fünf Runden würfeln die Reisenden alle Würfel und steuern ihre Handlungen, indem sie sie auf Aktionsfelder setzen. So kommt man durch Platzieren von ein bis drei Würfeln an Geld, Rohstoffe, Kamele, an Aufträge und schließlich kann man auch Reisen durchführen. Manche Aktionsfelder dürfen nur einmal besetzt werden, die meisten mehrmals, wobei nachfolgende Spieler, den Wert ihres dort eingesetzten kleinsten Würfels bezahlen müssen. Am teuersten ist das Reisen. Zwei Würfel müssen dafür investiert werden, wobei die kleinste Würfelzahl die maximale Bewegungsweite vorgibt. Wer drei Stationen Richtung Beijing laufen möchte, muss erst einmal 12 Geld zahlen, hinzukommen drei Taler, wenn man nicht der erste Reisende ist. Auf vielen Strecken fallen weitere Ausgaben an. Seereisen kosten meist zusätzlich, vor allem die Südroute über Kochi geht richtig ans Portemonnaie. Auch auf den Landstrecken benötigen die Spieler oft weitere Kamele. Wer beispielsweise am Anfang mit drei Schritten von Venezia über Moscow nach Anxi reisen möchte, muss drei Kamele im Stall haben. Wohin man reisen möchte, hängt von den eigenen Zielkarten ab, aber auch von den lukrativen Angeboten, die manche Stationen bieten. Da gibt es einen Bonus für den, der zuerst in eine große Stadt kommt, in kleineren Städten fallen Belohnungen in jeder Runde an. In Anxi hätte zum Beispiel eine Gratifikation mit Siegpunkten ausliegen können. Die großen Städte verfügen zusätzlich über Stadtkarten, die durch Würfeleinsatz von denjenigen aktiviert werden können, die ein Kontor in dieser Stadt haben. Für Geld- und Siegpunkterwerb sind das nützliche Felder, wobei von 31 Stadtkarten in jedem Spiel nur neun zum Einsatz kommen.
Wer jetzt meint, dass man da doch total dem Würfelglück ausgesetzt sei, hat nur bedingt recht. Mit Hilfe von Kamelen lassen sich Würfel neu werfen, rauf oder runter drehen, für drei Kamele gibt es sogar einen schwarzen Würfel zusätzlich. Dann gibt es noch Raschid ad-Din Sinan, eine Charakterkarte, die alle Würfelgesetze aufhebt und die Würfel so dreht, wie der Spieler es möchte. Damit sind wir bei einer wichtigen Zusatzkomponente des Spiels, die es bewusst nicht mehr ausbalanciert, sondern ungleiche Startbedingungen durch ganz unterschiedliche Fähigkeiten schafft. Jeder will sich hier anfangs Raschid schnappen und stellt dann bald fest, dass es gar nicht einfach ist, mit diesem idealen Würfler zu gewinnen. Die anderen Charaktere haben auch ihre Reize. Da ist Matteo Polo, der Onkel Marco Polos, der einen zusätzlichen weißen Würfel zur Verfügung hat und ständig neue Aufträge bekommt. Mercator ex Tabriz ist ein erfolgreicher Schnorrer, wenn ein Mitspieler Waren oder Kamele auf dem Markt bekommt, erhält er ebenfalls eine Ware oder ein Kamel. Johannes Caprini ist seiner Zeit voraus, er ist der ideale Erfüller sämtlicher Zielaufträge und stets der erste in Beijing, wenn nicht Kubilai Khan mit spielt. Er beamt sich von Oase zu Oase und tanzt von einer lukrativen Stadt zur anderen. Kubilai Khan kassiert von vornherein zehn Siegpunkte, denn er startet nicht von Venedig, sondern von Beijing aus. Berke Khan muss nicht zahlen, wenn er ein besetztes Aktionsfeld nutzen möchte. Wilhelm von Rubruk besitzt gleich 11 Handelsposten, für die er zehn Siegpunkte zusätzlich erhält, wenn er sie alle platzieren kann. Das Gute bei ihm, er lässt en passant die Hütten stehen, wenn er sich auf Durchreise befindet. Schließlich taucht natürlich auch der Namensgeber des Spiels auf, er bringt seinen Vater mit und darf mit beiden Figuren übers Spielfeld wandern.
Das alles auszuprobieren, macht richtig viel Spaß. Selten war der Wiederspielreiz bei einem Spiel so hoch wie bei MARCO POLO. Die Varianz bringen nicht nur die Charaktere, sondern die unterschiedlichen Reiserouten und verschiedenen Ausgangslagen durch die Städtekarten und Boni, die stets neue Strategien erfordern. Das Erfüllen von Handelsaufträgen, auf das bisher nur kurz eingegangen wurde, ist für die Gesamtbilanz auch nicht zu unterschätzen. Viele Handelsaufträge bringen bis zu neun Siegpunkten und teilweise sogar zusätzliche Bewegungen für das Reisen. Die Mischung macht’s und diese ist immer wieder unterschiedlich. Oft will man bei MARCO POLO der erste sein, vor allem auf den Reiserouten. Andererseits wird nur der Startspieler, der als letzter in einer Runde gereist ist. Das erfordert geschicktes Taktieren. Da jeder Aktionsbereich im Prinzip immer nur einmal pro Runde von einem Spieler genutzt werden kann, sind dabei diejenigen gut dran, die über Zusatzwürfel verfügen. Mit zwei schwarzen Würfeln darf die Reise fortgeführt werden. Matteo Polo hat mit seinem zusätzlichen weißen Würfel gute Karten. Die Varianz führt allerdings auch zu Situationen, die langweilige Schleifen in den Aktionen zur Folge haben können. So habe ich eine Runde erlebt, in der der Raschid-Spieler in Moscow ständig 24 Punkte kassieren konnte. Er musste nur sechs Gold und sechs Kamele abgeben, sodass er stereotyp seine Würfel in den Gold- und Kamelebereich setzte. Da mussten alle zusammenstehen und den Druck auf ihn erhöhen, damit er nicht uneinholbar davon eilte.
Man braucht Spielerfahrung, um die Möglichkeiten der Charaktere voll auszureizen. Ich hätte mir gewünscht, dass es in Einführungsrunden neutrale Charaktere gegeben hätte, sodass sich unerfahrene Spieler erst allmählich an die Unausgewogenheiten machen können. Denn Zwänge gibt es genug. Einmal hat man zu wenig Geld für die Reiseschritte, das andere Mal fehlen die Kamele, dann wieder eine bestimmte Ware, um einen Auftrag zu erfüllen. Ständig herrscht Mangel, vor allem wenn man die Reiseziele im Blick behalten will und merkt, dass fünf Runden schnell vorbei sind. Obwohl das Spiel zu viert gut anderthalb Stunden dauert, vergeht die Zeit wie im Fluge.
AUF DEN SPUREN VON MARCO POLO fasziniert bisher jeden, der mit ihm in Berührung kam. Kritik gibt es wenig. Die redaktionellen Mängel sind marginal, bis auf die falsche Schreibweise von Beijing und die fehlende Zahl 48 auf der Zählleiste und Ungenauigkeiten bei der Angabe der vorhandenen Kamele und Pfeffersäcke, stört mich eigentlich nur, dass Hans im Glück bei der Größe der Waren etwas mehr Geld in die Hand hätte nehmen sollen. Einer- und Dreierwaren lassen sich nämlich fast gar nicht unterscheiden, das führt ständig zu falschen Abrechnungen. Das nehmen wir aber in Kauf, denn das Gesamtprodukt ist mehr als stimmig. Der Sieg beim Deutschen Spielepreis dürfte daher wieder einmal nach München gehen.
Wertung: Jederzeit wieder
Titel: Auf den Spuren von Marco Polo
Verlag: Hans im Glück
Autoren: Daniele Tascini und Simone Luciani
Spieleranzahl: 2-4
Alter: ab 12 Jahren
Dauer: ca. 20-25 Minuten pro Spieler
Preis: ca. 40 Euro
HEXX&HOPP
„… das schnellste Anlegespiel der Welt“, so lautet der Werbespruch Rüttingers für HEXX&HOPP, die aktuelle Spieleneuheit in seinem Verlag Drei Hasen in der Abendsonne. Keine Konkurrenz für SPEED, LIGRETTO oder HALLI GALLI, da diese Spielidee von René Brons kein Ablegespiel ist, sondern ein klassisches Legespiel mit vierfarbigen Sechseckkärtchen, das aber keine Spielerreihenfolge kennt.
Sieben dieser Plättchen bilden eine ypsilonähnliche Startaufstellung. Die Spieler erhalten meist 15 Kärtchen als verdeckten Stapel, nur im Spiel zu fünft sind es 13 Kärtchen. Auf das Kommando „… und hopp!!“ drehen alle ihre oberste Karte um, und versuchen sie schnell so anzulegen, dass sie farblich an mindestens zwei andere Plättchen passt. Ist eine Ablage gefunden, wird das Kärtchen platziert, die Zahl „2“ genannt und das nächste Plättchen umgedreht. Wer nichts Passendes findet, darf das Kärtchen auch verdeckt beiseitelegen, um es mit dem nächsten Plättchen zu versuchen. Wer länger sucht, findet vielleicht sogar Lücken mit drei oder mehr angrenzenden Kärtchen. Das bringt deutlichere Vorteile, da zwei und mehr eigene Plättchen an beliebige Mitspieler verteilt werden können. Einen Volltreffer landet der Spieler, der eine voll umrandete Lücke füllen kann. Sechs Übereinstimmungen bringen ein vorzeitiges Ende der Runde. Das übliche Ende tritt ein, wenn ein Spieler alle seine Kärtchen los ist. Restliche Karten bringen Minuspunkte für die anderen Spieler, wer nach zehn Runden die wenigsten Minuspunkte hat, gewinnt das Spiel.
HEXX&HOPP übt die übliche Faszination von Anlegespielen aus. Obwohl nur vier Farben im Blick zu behalten sind, sorgt der Zeitdruck dafür, dass man oft froh ist, wenn man die zwei Anlegepunkte entdeckt. Die klassische Ruhe eines Legespiels geht natürlich verloren. Dem Druck halten manche Spieler gut stand, sie behalten ihren Durchblick, andere kommen damit gar nicht klar, sodass der Sieger oft schon früh feststeht, weil immer derselbe gewinnt. Damit wird aus dem „schnellsten Anlegespiel“ allerdings ein langwieriges und für die unterlegenen Spieler auch langweiliges Spiel. Die zehnmalige Wiederholung ist einfach zu viel. Nach meiner Erfahrung hält das kaum eine Runde durch, dreimal bis maximal fünfmal reicht völlig aus.
Was mir persönlich gut gefällt, ist das Ausbremsen des Führenden. Meist reicht es zwar nicht aus, aber schwächere Spieler haben zumindest eine kleine Chance, wenn sie länger suchen, mit den Strafkarten die schnellen Spieler etwas zu behindern. Da die Grundidee auf Schnelligkeit fußt, passieren natürlich auch Fehler, die während des Spiels nur selten korrigiert werden, es sei denn, die falsche Ablage ist mit Strafkarten verbunden.
Als Familienspiel mit Kindern ab neun Jahren ist HEXX&HOPP ordentlich, ein schnelles Spiel zum Aufwärmen in guter Rüttinger-Qualität. Bei gleichwertigen Partnern ist es sogar spannend, die findet man aber eher selten.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: Hexx&Hopp
Verlag: Drei Hasen in der Abendsonne
Autor: René Brons
Spieleranzahl: 2-5
Alter: ab 9 Jahren
Dauer: ca. 20-30 Minuten
Preis: ca. 13 Euro
BEGEGNUNGSTAG IM LEONLAND
„Spiele zur Barrierefreiheit – Der Weg zur Inklusion“
Jeder Mensch hat ein Recht auf "Inklusion", also darauf, ein gleichberechtigter Teil der Gesellschaft zu sein. So steht es in der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen, die seit 2009 auch in Deutschland gilt. Doch von der rechtlichen zur tatsächlichen Gleichstellung behinderter Menschen ist es noch ein weiter Weg.
Erst allmählich machen sich Kindergärten, Schulen, öffentliche Einrichtungen auf diesen Weg, der zum Umdenken in der gesamten Gesellschaft führen wird. Was bedeutet zum Beispiel die wichtige Barrierefreiheit für Schulgebäude, für Marktplätze und Museen. Der Behindertenverband Leipzig e.V. hat schon recht früh dazu auf der Buchmesse in Leipzig ein Kinderbuchprojekt vorgestellt. „Der kleine Löwe und seine Freunde“ von Marlies Große führt am Beispiel Leipzigs in unterschiedliche Probleme von Personen mit Handicaps ein. So sitzt der Löwe Leon im Rollstuhl, sein Freund Brailli der Maulwurf ist blind, das Häschen Lieschen kann nicht hören, beherrscht aber die Gebärdensprache. Schließlich ist da noch die musikalische Schildkröte Eddy, die manchmal etwas unkonzentriert die Aufmerksamkeit der Anderen auf sich lenkt. Im Bilderbuch besuchen die Freunde das Völkerschlachtdenkmal, den Zoo, einen Sportpark und Wildpark. Sie gehen auch ins Kino und besuchen Museen.
2014 hat Gunter Jähnig die Erzählungen und das inzwischen auch erschienene Hörspiel von Marlies Große in eine Brettspielsammlung unter dem Titel DER KLEINE LÖWE SPIELT MIT SEINEN FREUNDEN umgesetzt. Produziert wurde das Spiel von Harald Mücke, bei ihm (www.spielmaterial.de) können Multiplikatoren aus Kindergärten, Schulen und anderen sozialen Einrichtungen das Spiel kostenlos anfordern. Erstattet werden müssen nur die Portokosten.
Für jüngere Kinder sind zwei einfache Würfelspiele dabei, die jeweils den hälftigen Spielplan umfassen. Für Kinder ab vier Jahren gibt es das Laufspiel BARRIEREFREI SCHNELL ZUM ZIEL, eine Abwandlung des Leiterspiels mit Fotoabbildungen zu Barrieresituationen wie auf Rampen und im Aufzug. Zusätzlich können die Kinder sich noch mit der Brailleschrift auseinandersetzen.
Das zweite Spiel, DER WEG IST DAS ZIEL, ist abstrakter. Der Spielplan bietet auf einem Blindenleitsystem mit vielen Piktogrammen und Bildern Erzählanlässe. Auch hier kann ein einfaches Laufspiel gespielt werden, bei dem aber die Bilder erläutert werden sollten oder ganze Geschichten erzählt werden müssen.
Das komplexere Hauptspiel auf der Rückseite des Spielplans ist der BEGEGNUNGSTAG IM LEONLAND für zwei bis vier Kinder ab acht Jahren. Leon, Brailli, Lieschen und Eddy laden ihren neuen Freund Borstel nach Leonstadt in. Der kleine Igel kann selbst nicht sprechen, benutzt dafür einen so genannten Talker, mit dem er sich verständlich machen kann.
Die vier Freunde starten mit jeweils vier Spielfiguren aus den vier Ecken des Spielplans heraus und wollen in die Mitte nach Leonland, dort wo der große Begegnungstag stattfinden soll. Auf ihrem Weg dorthin versuchen sie so viel wie möglich Gäste mitzubringen. Zusätzlich haben alle noch eine spezielle Aufgabe zu erledigen, so müssen die Braillis die Rollstuhlfahrerrampe für die Bühne besorgen und die Leons einen Gebärdensprachendolmetscher auf den Markt bringen.
Jeder Spieler kann jede Figur bewegen, dazu werden Farb- und Augenwürfel geworfen. Die Farbe bestimmt die Freunde, die bewegt werden dürfen, der Zahlenwürfel gibt die Bewegungsweite vor. Wer Aufgaben erfüllt, erhält dafür Punkte, die auf Skalen mit Brailleschrift, Lormschrift, Gebärdensprache und arabischen Ziffern den jeweiligen Punktstand der Spieler anzeigen. Punkte gibt es für die Mitnahme von Spielsteinen und Gästen, für die Erfüllung der Aufgaben, Besetzung von vollständigen Ständen auf dem Fest und Ergänzung durch möglichst vier Gäste. Borstel wird dann abschließend zur Bühne geführt, wofür es noch einmal fünf Punkte gibt. Wer dann am meisten Punkte erreicht hat, ist der Spielsieger. Zum eigentlichen Spiel, zum gemeinsamen Fest haben aber alle beigetragen, sodass das Miteinander letztlich das Entscheidende ist.
Die Spielregel ist gewöhnungsbedürftig und eher umständlich und unstrukturiert verfasst. Mehr Klarheit bringt eine Kurzfassung. Die Firma von Harald Mücke hat viel Holzmaterialien für die Ausstattung des Spiels zur Verfügung gestellt, das ist solide. Die Zielgruppen für das Spiel sind weniger die Spieler, sondern Kindergärten, Vorschulen und Grundschulen. Die Kinder können sich mit diesem Material sehr gut mit unterschiedlichen Problembereichen von Menschen mit Handicap auseinandersetzen. Auch wenn das Umfeld sich hauptsächlich auf die Leipziger Situation bezieht, jeder wird vor Ort ähnliche Beispiele finden und auf Mängel hinweisen können, die deutlich machen, dass der Weg zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention in Deutschland noch lang ist.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: Der kleine Löwe spielt mit seinen Freunden
Verlag: Behindertenverband Leipzig e.V. (www.le-online.de), hergestellt von Harald Mücke
Autor: Günter Jähnig
Spieleranzahl: 2-4
Alter: ab 5 Jahren
Dauer: ca. 15 bis 30 Minuten
Preis: kostenlos für Multiplikatoren
Jeder Mensch hat ein Recht auf "Inklusion", also darauf, ein gleichberechtigter Teil der Gesellschaft zu sein. So steht es in der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen, die seit 2009 auch in Deutschland gilt. Doch von der rechtlichen zur tatsächlichen Gleichstellung behinderter Menschen ist es noch ein weiter Weg.
Erst allmählich machen sich Kindergärten, Schulen, öffentliche Einrichtungen auf diesen Weg, der zum Umdenken in der gesamten Gesellschaft führen wird. Was bedeutet zum Beispiel die wichtige Barrierefreiheit für Schulgebäude, für Marktplätze und Museen. Der Behindertenverband Leipzig e.V. hat schon recht früh dazu auf der Buchmesse in Leipzig ein Kinderbuchprojekt vorgestellt. „Der kleine Löwe und seine Freunde“ von Marlies Große führt am Beispiel Leipzigs in unterschiedliche Probleme von Personen mit Handicaps ein. So sitzt der Löwe Leon im Rollstuhl, sein Freund Brailli der Maulwurf ist blind, das Häschen Lieschen kann nicht hören, beherrscht aber die Gebärdensprache. Schließlich ist da noch die musikalische Schildkröte Eddy, die manchmal etwas unkonzentriert die Aufmerksamkeit der Anderen auf sich lenkt. Im Bilderbuch besuchen die Freunde das Völkerschlachtdenkmal, den Zoo, einen Sportpark und Wildpark. Sie gehen auch ins Kino und besuchen Museen.
2014 hat Gunter Jähnig die Erzählungen und das inzwischen auch erschienene Hörspiel von Marlies Große in eine Brettspielsammlung unter dem Titel DER KLEINE LÖWE SPIELT MIT SEINEN FREUNDEN umgesetzt. Produziert wurde das Spiel von Harald Mücke, bei ihm (www.spielmaterial.de) können Multiplikatoren aus Kindergärten, Schulen und anderen sozialen Einrichtungen das Spiel kostenlos anfordern. Erstattet werden müssen nur die Portokosten.
Für jüngere Kinder sind zwei einfache Würfelspiele dabei, die jeweils den hälftigen Spielplan umfassen. Für Kinder ab vier Jahren gibt es das Laufspiel BARRIEREFREI SCHNELL ZUM ZIEL, eine Abwandlung des Leiterspiels mit Fotoabbildungen zu Barrieresituationen wie auf Rampen und im Aufzug. Zusätzlich können die Kinder sich noch mit der Brailleschrift auseinandersetzen.
Das zweite Spiel, DER WEG IST DAS ZIEL, ist abstrakter. Der Spielplan bietet auf einem Blindenleitsystem mit vielen Piktogrammen und Bildern Erzählanlässe. Auch hier kann ein einfaches Laufspiel gespielt werden, bei dem aber die Bilder erläutert werden sollten oder ganze Geschichten erzählt werden müssen.
Das komplexere Hauptspiel auf der Rückseite des Spielplans ist der BEGEGNUNGSTAG IM LEONLAND für zwei bis vier Kinder ab acht Jahren. Leon, Brailli, Lieschen und Eddy laden ihren neuen Freund Borstel nach Leonstadt in. Der kleine Igel kann selbst nicht sprechen, benutzt dafür einen so genannten Talker, mit dem er sich verständlich machen kann.
Die vier Freunde starten mit jeweils vier Spielfiguren aus den vier Ecken des Spielplans heraus und wollen in die Mitte nach Leonland, dort wo der große Begegnungstag stattfinden soll. Auf ihrem Weg dorthin versuchen sie so viel wie möglich Gäste mitzubringen. Zusätzlich haben alle noch eine spezielle Aufgabe zu erledigen, so müssen die Braillis die Rollstuhlfahrerrampe für die Bühne besorgen und die Leons einen Gebärdensprachendolmetscher auf den Markt bringen.
Jeder Spieler kann jede Figur bewegen, dazu werden Farb- und Augenwürfel geworfen. Die Farbe bestimmt die Freunde, die bewegt werden dürfen, der Zahlenwürfel gibt die Bewegungsweite vor. Wer Aufgaben erfüllt, erhält dafür Punkte, die auf Skalen mit Brailleschrift, Lormschrift, Gebärdensprache und arabischen Ziffern den jeweiligen Punktstand der Spieler anzeigen. Punkte gibt es für die Mitnahme von Spielsteinen und Gästen, für die Erfüllung der Aufgaben, Besetzung von vollständigen Ständen auf dem Fest und Ergänzung durch möglichst vier Gäste. Borstel wird dann abschließend zur Bühne geführt, wofür es noch einmal fünf Punkte gibt. Wer dann am meisten Punkte erreicht hat, ist der Spielsieger. Zum eigentlichen Spiel, zum gemeinsamen Fest haben aber alle beigetragen, sodass das Miteinander letztlich das Entscheidende ist.
Die Spielregel ist gewöhnungsbedürftig und eher umständlich und unstrukturiert verfasst. Mehr Klarheit bringt eine Kurzfassung. Die Firma von Harald Mücke hat viel Holzmaterialien für die Ausstattung des Spiels zur Verfügung gestellt, das ist solide. Die Zielgruppen für das Spiel sind weniger die Spieler, sondern Kindergärten, Vorschulen und Grundschulen. Die Kinder können sich mit diesem Material sehr gut mit unterschiedlichen Problembereichen von Menschen mit Handicap auseinandersetzen. Auch wenn das Umfeld sich hauptsächlich auf die Leipziger Situation bezieht, jeder wird vor Ort ähnliche Beispiele finden und auf Mängel hinweisen können, die deutlich machen, dass der Weg zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention in Deutschland noch lang ist.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: Der kleine Löwe spielt mit seinen Freunden
Verlag: Behindertenverband Leipzig e.V. (www.le-online.de), hergestellt von Harald Mücke
Autor: Günter Jähnig
Spieleranzahl: 2-4
Alter: ab 5 Jahren
Dauer: ca. 15 bis 30 Minuten
Preis: kostenlos für Multiplikatoren
LOONY QUEST
In der wundersamen Arkadia-Welt wird ein Nachfolger für Herrscher Fedoor gesucht. Deshalb treten zwei bis fünf Recken an, um den alternden König zu beerben. Was wie die Einleitung zu einem Märchenspiel klingt, ist ein prickelndes Malspiel aus dem Hause Libellud. Mit viel Kreativität haben die Macher aus Frankreich LOONY QUEST entwickelt. Ihr Spiel gehört sicherlich zu den erfrischendsten Ideen des aktuellen Jahrgangs.
LOONY QUEST ist ein Jump'n'Run-Malspiel. Man stelle sich die Arkadenwelt mit den üblichen Actionabenteuern vor. Die Aufgaben werden aber nicht mit dem Joystick bewältigt, sondern mit einem Stift in der Hand. Sieben Welten voller Wunder wollen durchlaufen sein. Sechs Level in Eiswelten, Wüstenlandschaften, Unterwassergefilden müssen die Spieler bewältigen. Jeder hat dafür eine transparente Folie vor sich. Darauf zeichnen die Spieler innerhalb eines Sanduhrdurchlaufs, bei uns sind es 35 Sekunden, ihren Weg durch die Abenteuerwelt. Oft sind es nur Verbindungslinien, die sie zeichnen müssen, manchmal umkreisen sie Missionen oder markieren sie. Die Aufgabe haben alle vor Augen, denn sie liegt in der Spielkonsole, der Schachtel, aus. Dort sehen sie die Missionsaufgabe und welche Felder sie berühren oder nicht berühren dürfen, um Siegpunkte zu gewinnen und nicht zu verlieren. Die Folien kommen nach Durchlauf der Sanduhr auf die Vorlage, um eine Auswertung vorzunehmen. Ist die Hauptaufgabe erfüllt, erhalten die Spieler Erfahrungspunkte, entsprechend gibt es weitere Punkte für Bonusfelder oder Strafpunkte für berührte Fallen oder Feinde. Mit dem Gewinn von Sonderplättchen gibt es Vergünstigungen, teilweise kann man Mitspieler ärgern. Besonders der Moskito ist beliebt, der beim Zeichnen auf dem Stift balanciert werden muss. Solche Streiche können zusätzlich mit den Konsequenzen aufzunehmender Strafplättchen kumuliert werden. Da hat man plötzlich einen Krampf in der Hand und muss mit durchgestrecktem Arm zeichnen oder Rechtshänder müssen mit der linken Hand den Level durchlaufen.
Ist eine komplette Welt mit sechs Folien bewältigt, endet nach etwa 30 Minuten in voller Besetzung das Spiel. Dann kann es gleich weitergehen, denn die Aufgaben steigern sich von Mission zu Mission. Da dürfen sich die Spieler nur noch kurz die Aufgabe einprägen, da müssen sie Laser ausschalten oder gelangen über kleine Elfen in eine Bonuslevelwelt. Anfangs scheinen die Aufgaben unendlich, durchlaufene Welten verlieren mit der Zeit aber ihren Reiz.
Trotz innovativer Grundidee bleibt es eher bei einem Anfangsfeuer der Begeisterung. Die Grafiken sind toll, das Ausprobieren der unterschiedlichen Missionen macht Spaß. Jeder zuschauende Mitspieler wird schnell in den Bann des Spiels gezogen und will mitmachen. Trotzdem gibt es viele Aber!
Da ist einmal die Materialseite. Die Folien schmieren nach Gebrauch und lassen sich nicht mehr ordentlich reinigen, dafür sind auch die Schwämme auf der Rückseite der Stifte etwas klein geraten. Die Marker für die Punktezählung im Innenrand der Schachtel verrutschen, sodass Diskussionen anfangen, wer wo gewesen ist. Diskussionsfreudig verläuft auch die Auswertung, denn es nicht immer ganz klar, wo Berührungen stattfinden, wo Verbindungen hergestellt werden. Immer wieder musste ich in meinen Runden auch feststellen, dass es manche einfach können, andere wiederum nicht. Das ist für die letzte Gruppe dann eine eher frustrierende Erfahrung, da können sechs Level ewig dauern. Zumal die schwachen Zeichner es sind, die sich dann oft genug mit Moskitos herumschlagen müssen. Tolle Idee, die aber Schwächen besitzt. Was den Wiederspielreiz angeht, können sicherlich Ergänzungswelten die Begeisterung neu entflammen.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: Loony Quest
Verlag: Libellud/Asmodee
Autoren: Laurent Escoffier und David Franck
Spieleranzahl: 2-5
Alter: ab 8 Jahren
Dauer: ca. 20 Minuten
Preis: ca. 25 Euro
DA LUIGI
Der 46jährige Handelslehrer Rüdiger Dorn kann alles und das sogar äußerst erfolgreich. Er sahnte beim Kennerspielpreis für ISTANBUL ab, ist mit LOS MAMPFOS für das Kinderspiel des Jahres und mehrfach u.a. mit JAMBO und DIE BAUMEISTER VON ARKADIA für das „Spiel des Jahres“ nominiert gewesen, wobei er mit LAS VEGAS 2012 sicherlich die größten Chancen hatte.
Auch der Kosmos Verlag kann Vieles und das sogar äußerst erfolgreich. Kinderspiel, Kennerspiel und sogar drei „Spiele des Jahres“ kann der Verlag aus Stuttgart vorweisen, meist auch hervorragendes Spielmaterial, ansprechende Grafiken und gute redaktionelle Bearbeitung der Spiele.
Bei der aktuellen Kooperation von Verlag und Autor scheint aber irgendwo kräftig etwas danebengegangen zu sein. Unsere ersten Runden bei Dorns Restaurantspiel DA LUIGI waren völlig frustrierend, bis allmählich durchdrang, dass der Autor eigentlich etwas zulassen wollte, was in der Regel ausdrücklich untersagt war. Inzwischen ist es auch verlagsoffiziell, die Regel ist geändert, natürlich nur im Internet. Wer ein Exemplar der ersten Auflage erwirbt, wird daher mit den Spielzutaten nicht viel anfangen können, denn die Zielgruppe der Familienspieler wird sich wohl kaum um Regelupdates bemühen.
Wichtigster Faktor in DA LUIGI ist die Zeit. Zeit, die die Restaurantgäste mitbringen, um ihr Essen zu bekommen. Zeit, die dem Koch zur Verfügung steht, um Produkte zu erwerben, die die Gäste auf dem Tisch sehen wollen. Der eigentliche Zubereitungsvorgang spielt keine Rolle, das Spiel pendelt zwischen Marktplatz und einer Ristoranteleiste hin und her.
Ins Restaurant können maximal sechs Gäste kommen, die je nach ihrer Bereitschaft zu warten, entsprechenden Zeitabschnitte zwischen 10 und 60 Minuten zugeordnet werden. Jeder der zwei bis vier Restaurantbesitzer erhält eine solche Leiste, außerdem zwei Gäste, die bereit sind vierzig und sechzig Minuten zu warten, der eine will vier Speisen und Getränke der andere zwei. Die Speisen können auf dem Marktplatz erworben werden, das sind kleine Holzwürfel, von denen insgesamt sechs im Spiel sind. Die kosten kein Geld, sondern maximal Zeit. Felder mit einem Würfel sind ganz kostenlos, Felder mit zwei bis vier Würfeln kosten eine bis drei Zeiteinheiten. Wer so vier Würfel einkauft, muss einen oder mehrere Gäste um zusammen drei Felder verschieben. Wichtig dabei ist, dass das Feld frei sein muss, auf das ein Gast geschoben wird. Diese Regel führte bei vielen Gästen zu Engpässen und Bewegungslosigkeit, da ursprünglich kein Gast freiwillig aus dem Ristorante geschoben werden durfte. Genau diese Regel ist jetzt aufgehoben und bringt damit etwas mehr Bewegung unter die Gäste.
Sind die „Zeitkosten“ bezahlt, werden die erworbenen Steine den Gästen zugeordnet oder in den Spielervorrat gelegt. Konnte dadurch eine Bestellung erfüllt werden, wandert der Gast zufrieden aus dem Lokal und bringt am Ende zwischen einem und fünf Siegpunkten. Wird ein Gast ohne fertige Bestellung aus dem Laden komplementiert, das heißt über den Zeitabschnitt „10“ hinausgeschoben, bekommt der Besitzer eine saure Zitrone, die in der Endabrechnung einen Minuspunkt bringt, während des Spielverlaufs aber schon durch dankbare Gäste mit Blumensträußen ausgeglichen werden kann. Neben der Gästebedienung ist die Begrüßung neuer Kunden das zweite entscheidende Moment im Spiel. Außer den jeweils zwei Startkarten stehen pro Spieler noch je zwölf Gästekarten zur Verfügung. Wer nicht auf den Markt geht, sorgt daher für Gästenachschub. Der Witz dabei, er kümmert sich nicht nur um eigene Gäste, sondern auch um die der Mitspieler. Dafür nimmt er stets eine Gästekarte mehr auf, als Mitspieler beteiligt sind, zwei sind für ihn, jeweils eine für die anderen Gastronomen. Da die neuen Gäste immer an die Tische gesetzt werden müssen, die ihrer maximalen Wartezeit entsprechen, tritt ein Verdrängungsmechanismus ein, der in vollen Lokalen zu vielen Verschiebungen führen kann und oft bedeutet, dass man in eine saure Zitrone beißen muss. Alle neuen Gäste bringen noch Extras mit, die sofort umgesetzt werden, wenn sie ins Lokal kommen. So kommt man an zusätzliche Speisewürfel, an die oben erwähnten Blumensträuße, teilweise kosten sie aber auch zusätzliche Zeit oder gleich eine weitere Zitrone.
Sobald die Gästekarten aufgebraucht sind, ist jeder Spieler noch einmal an der Reihe und kann seine Gäste bedienen, um offene und punkteträchtige Bestellungen zu erfüllen. Wer dann am Ende unter Abzug der Zitronenkarten die meisten Punkte erreicht hat gewinnt nach etwa einer dreiviertel Stunde DA LUIGI.
Mit der Regeländerung wird dieses Beköstigungsspiel zu einem ordentlichen Familienspiel mit leichten Ärgerkomponenten. Das Gerangel und damit auch die Interaktion finden vor allem auf dem Markt statt, da die Waren unterschiedlich häufig vorhanden sind. Die Dessert-Würfel mit Jokerfunktion gibt es nur zehnmal, die Pasta nur zwölfmal, Wein und Wasser sind teilweise doppelt so häufig vorhanden. Da ein Zuordnungszwang bei den Speisewürfeln besteht, kann es leider dazu kommen, dass Zutaten Gästen zugeordnet werden müssen, die kaum noch die Chance haben, alle ihre Wünsche erfüllt zu bekommen. Denn die Würfel verfallen, wenn ein Kunde das Lokal zwangsweise verlassen muss. Diese Regel ist auch in der überarbeiteten Version erhalten geblieben und sorgt manchmal für Frust.
Die grafische Gestaltung vor allem der Gästekarten durch Christian Fiore ist gelungen, schön dass sich auch der Autor verewigt sehen darf. Als sehr eiliger Gast übrigens, der neben seiner Pasta nur noch auf Wasser und Wein wartet, dafür aber auch nur 20 Minuten Zeit mitbringt. Wer seine Bedürfnisse befriedigen kann, erhält immerhin vier Siegpunkte für die Endabrechnung und vorher bringt er als Bonus immerhin noch einen Speisenwürfel mit. Die Autorenkarte ist fast symptomatisch für mein Resümee: Schnelle Kost für Zwischendurch. Fast Fastfood ohne großen Tiefgang. Wenn man auf Auszeichnungslisten 2015 schielt, wird DA LUIGI kaum zu finden sein, das Restaurant von CHEF ALFREDO aus dem Hause Queen Games dürfte da erfolgreicher auftreten.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: Da Luigi
Verlag: Kosmos
Autor: Rüdiger Dorn
Spieleranzahl: 2-4
Alter: ab 8 Jahren
Dauer: ca. 40 Minuten
Preis: ca. 25 Euro
« vorherige Seite
(Seite 2 von 2, insgesamt 39 Einträge)