Donnerstag, 18. Februar 2021
DAS ZEHN VASEN SPIEL
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
DAS ZEHN VASEN SPIEL
Scherben bringen Glück: Zu kunstvoll gestalteten Vasen zusammengefügt, lässt sich aus Scherben viel machen, punkteträchtiges Vasensammeln zum Beispiel. Das Ambiente liefert Ferdinand Hein, ambitionierter Kleinverleger aus Augsburg, die Spielidee der kreative Ammerländer Jean du Poël.
Zehn prachtvolle Vasen hat Poël für sein Spiel zerdeppert, ganz geordnet liegen die Scherben in einer quadratischen Auslage, alles in kräftigen Farben auf stabile Pappkärtchen gemalt. Zwei bis vier Spieler ab sechs Jahren gehen mit großen handlichen Spielfiguren ans Einsammeln der Vasenteile. Dazu ziehen sie ziehen ihre Holzfigur zwei oder drei Felder weit über die Trümmerlandschaft, dabei dürfen sie einmal im rechten Winkel abbiegen. Diese simple Bewegungsregel reicht zur Entfaltung eines hochtaktischen Sammelspiels aus. Übersprungene Vasenteile werden aufgenommen. Anfangs dürfen die Spieler sie auf der Hand behalten, ab einer bestimmten Kartenanzahl, müssen Vasenteile aber ausgelegt werden, wobei damit der Zugriff für Mitspieler ermöglicht wird, sofern nicht mindestens drei Vasenteile ausliegen. Wer geschlagen wird, hat Pech: er wird an eine völlig neue Stelle des Spielfeldes versetzt. Gewonnen hat, wer am Schluss die meisten vollständigen oder fast kompletten Vasen vorzeigen kann.
Das Vasenspiel ist ein kleines taktisches Schmankerl, bei dem die unterschiedliche Zugweite und die Nutzung von Spezialfeldern eine wichtige Rolle spielen. Spätestens nach zwanzig Minuten sind die Vasenteile abgeräumt, so dass genügend Zeit für eine oder mehrere Revanchepartien bleiben. Für Liebhaber taktischer Spiele gilt eine unbedingte Kaufempfehlung. Überzeugend ist, dass das Spiel zu zweit, zu dritt und zu viert die Spielspannung, die es verspricht, auch einhält. Die grafische Umsetzung und das Spielmaterial genügen hohen Ansprüchen, hier kann der kleine Augsburger Verlag durchaus mit den Großen mithalten.
Wieland Herold
Titel: Das Zehn Vasen Spiel
Autor: Jean du Poël
Verlag: Dr. F. Hein Spiele, Gunterstr. 13, 86152 Augsburg, Telf. 0821 - 312627
Spieler: 2 - 4
Alter: ab 6 Jahren
Spieldauer: ca. 20 Minuten
Preis: ca. 20.- €
Spiel 20/2001 R37/2021
Die Rezension erschien 2001 www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
In Bad Essen hat Jean du Poël von 1985 bis 2002 mehr als 40 Spiele veröffentlicht und alle ursprünglich im eigenen Historien-Spieleverlag herausgegeben. Einige seiner Ideen wurden von anderen Verlagen aufgegriffen, so das Geschicklichkeitsspiel CARABANDE, das er als AVUS 1995 in Göttingen auf dem Autorentreffen vorstellte. Die Bearbeitung von Goldsieber erhielt 1996 den Sonderpreis Geschicklichkeitsspiel.
Auch DAS ZEHN VASEN SPIEL erschien zuerst als AMPHORAE in Poëls Spielegalerie.
2002 erhielt Jean du Poël für seine Leistung den Inno-Spatz der Stadt Göttingen. Wie schon bei Franz Scholles durfte ich damals die Laudatio halten. Ich habe ihn als letzten „Allrounder im Spielegeschäft“ beschrieben. Jean du Poël pflege „sein Nischendasein“ jenseits der großen Verlagsgeschäfte, setze auf die Qualität seiner Spielprodukte, an die er äußerst hohe Maßstäbe anlege.
Umsetzen konnte Poël diesen hohen Anspruch nur dadurch, dass er sich für alles zuständig fühlte. Auf Arbeitsteilung verließ er sich nicht, von der Ideenentwicklung über die gestalterischen Entwürfe bis zur handwerklichen Fertigung aller Spielmaterialien. Seine Siebdruckanlage und seine Holzwerkstatt leisteten ihm dabei vorzügliche Dienste. Jean du Poël war Handwerker im ursprünglichen ganzheitlichen Sinne: Kunsthandwerk verbunden mit Autorentätigkeit, dem Erzählen von Geschichten aus der Vergangenheit in seiner Historien Spielegalerie ließen ihn zu einem originären Künstler werden. „Aus jedem geschichtlichen Ereignis kann man ein Spiel machen“, behauptete er und belegte das mit vielen historischen Ausflügen in die unterschiedlichsten Epochen. Die Antike hat es ihm dabei besonders angetan, so zählt zu seinen bekanntesten Spielen seine Diplomarbeit aus dem Jahre 1984 MARE MEDITERRANEUM, ein faszinierendes Seehandelsspiel mit einem einen Meter langen Spielplan und einer Materialfülle, vor der jeder normale Verlag die Segel gestreckt hätte.
Leider ist dieser begnadete Spielehandwerker 2016 nach langer Krebserkrankung verstorben. Das Foto zeigt ihn 1992 auf dem Autorentreffen in Göttingen.
Mittwoch, 17. Februar 2021
IM MÄRCHENWALD
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Vielseitig: IM MÄRCHWALD
Es war einmal ... , so muss natürlich ein Märchenspiel beginnen. Ein König sucht Rettung für seine erkrankte Tochter. Märchenbilder erfreuen sie besonders, gleich sieben sollten es sein und die müssen ganz eilig ins Königschloss gebracht werden, damit die sieben Zwerge, die recht herrisch sich in diesem MÄRCHENWALD aufspielen, die Prinzessin nicht in ihr Dorf entführen.
Der Wald besteht aus 7x7 verdeckt abgelegten Karten, auf denen Märchengegenstände, aber auch Raben, Hexen und sieben Zwerge abgebildet sind. Eine Startkarte gibt vor, welches Märchenbild die Prinzessin als erstes haben möchte. Reihum decken die Kinder Karten auf und gehen auf die Suche. Ist der Gegenstand gefunden, weist ein Zauberspiegel auf das neue Suchobjekt. Alles wäre so einfach, wenn nicht Raben die gefundenen Karten stibitzen würden und Hexen die gerade mühsam eingeprägte Kartenreihenfolge ständig durcheinander brächten. Außerdem stößt man immer wieder auf die Zwerge. Sollten davon sieben vor der geglückten Suche nach allen Märchenkarten für die Prinzessin aufgedeckt werden, haben die Zwerge und nicht die Spieler die Partie IM MÄRCHWALD gewonnen.
Autor Nikisch, inzwischen Redakteur bei Haba, bietet uns ein vielseitiges Spielerlebnis im kleinen Format bei Adlung Spiele an. Einerseits ein spannendes kooperatives Kartenspiel, bei dem schon fünfjährige Kinder mit Begeisterung dabei sind. Das Suchspiel ist aber durchaus etwas für die ganze Familie, für klein und groß eine echte Herausforderung. Sogar eine Solitärspielvariante bietet Nikisch an. Wer meinte, kooperative Spiele seien out, wird mit IM MÄRCHWALD vom Gegenteil überzeugt. Wer meinte, dem Memorygedanken ist nicht viel Neues hinzuzufügen, wird ebenfalls eines Besseren belehrt. Gönnen Sie sich und Ihrer Familie diesen preiswerten und unterhaltsamen Ausflug in die Märchenwelt.
Wieland Herold
Titel: IM MÄRCHENWALD
Autor: Markus Nikisch
Grafik. Franz Vohwinkel
Verlag: Adlung-Spiele
Spieler: 1-8
Alter: ab 5 Jahren
Spieldauer: ca. 20 Minuten
Preis: ca. 10.- DM
Spiel 19/2001 R36/2021
Die Rezension erschien 2001 www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
der 47jährige Markus Nikisch, der seit 2001 für Haba als Redakteur arbeitet, war immer auch als Autor unterwegs. Seine erste Veröffentlichung war IM MÄRCHENWALD bei Karsten Adlung. Damit landete er gleich einen großen Erfolg, sein Spiel kam 2001 auf die erste Nominierungsliste für das Kinderspiel des Jahres, das KLONDIKE von Haba gewann. Vielleicht war es der Türöffner für seinen Redaktionsjob.
Alle weiteren Erfolge fuhr er ab sofort nur noch für die Firma in Bad Rodach ein, als betreuender Chefredakteur und als Autor. Für SCHLOSS SCHLOTTERSTEIN gewann er 2003 den Deutschen Kinderspielepreis, SCHUSSELHEXE (2011) und POLIZEI-ALARM (2009) waren der Spiele Hit für Kinder in Österreich. Spiele wie SCHATZJAGD und MEMO-
CAR-RACE hat er zusammen mit seiner Frau Katja entwickelt, die vor einigen Jahren die Pressearbeit bei Haba kompetent betreute.
Inzwischen ist Nikisch hauptsächlich als Ideenscout für die Redaktion Spiel und Buch für Haba unterwegs, dabei hat er so tolle Spiele wie TAL DER WIKINGER von Wilfried und Marie Fort in Frankreich entdeckt.
Das Bild zeigt Markus Nikisch auf dem Autorentreffen in Göttingen 2010.
Montag, 15. Februar 2021
LITTLE BATTLE
Die kleine Kartenschlacht von Dorian und Leandro Berthelot hatten wir zu Beginn der Corona-Zeit im März 2020 verliehen und letztes Wochenende zurückbekommen. Ein Sechsjähriger und eine Fünfjährige hatten die letzten Monate viel Spaß damit.
Eigentlich liefert das Autorenteam nichts Neues, eine Kartenschlacht durch verdecktes Ausspielen, um an Schätze zu kommen. Das haben wir alle schon mehrfach gesehen. Trotzdem gelingt es den Berthelots Fünfjährige in eine Abenteueratmosphäre zu versetzen. Als Elternteil sollte man das ruhig ein bisschen zelebrieren und jedem Kind erst einmal ein schönes Schatzsucher-Schiff überreichen. Dann müssen die Kinder-Kapitäne auf Suche nach ihrer Mannschaft gehen. Papageien, Nashörner und Leoparden wandern nicht einfach so in die Kinderhände, ihre Karrten müssen sie fünfmal wandern lassen, bevor das Deck-Team für die Hoppetosse steht. Damit die Kinder nicht einfach nur nach hohen Karten greifen, sollte man ihnen vorher alle zeigen und erklären, dass die 8 beim Leoparden als höchste Karte ebenso viel wert ist wie die 10 bei den Papageien. Außerdem müssen sie wissen, dass die Tiere, die passend zu ihrer Farbe nur bestimmte Schatztruhen suchen auf unterschiedlich viele Zielobjekte stoßen. So gibt es nur vier Truhen für die Leoparden, aber acht für die Papageien. Noch wichtiger ist, dass die zu findenden Schätze sich deutlich unterscheiden. So gibt es mindestens vier Dublonen in jeder Schatzkiste, die die Leoparden öffnen können, aber nur maximal drei in den Kisten für die Papageien, die zweimal sogar in leere Truhen blicken.
Unsere Piratenschiffe sichten Land und nicht nur das, am Strand liegen gestapelt zwei Türme von Schatztruhen, von denen man stets nur die Deckelfarbe sieht. Auf Kommando stürzen die Schatzsucher auf diese Truhen zu und müssen gleichzeitig an einen der beiden Truhenhaufen eine Mannschaftskarte ausspielen. Stimmen Tier- und Truhenfarbe überein und liegt nur eine Karte an dem Stapel, bekommt das entsprechende Kind die Schatzkiste. In allen anderen Fällen kommt es zur „kleinen Schlacht“. Der Stärkste, der mit der höchsten Zahl, gewinnt sie. Unterlegene müssen nicht leer ausgehen, passt die nächste Truhenfarbe ebenfalls, bekommt sie der Verlierer.
Gespielt wird, bis alle 18 Truhen einen Besitzer gefunden haben. Ein weiteres Kartendrafting findet daher immer statt. Am Ende wird überprüft, wer die meisten Dublonen sammeln konnte.
In einer Variante spielen die Anführer der Tiergruppen mit, die jeweils besondere Funktionen besitzen. Sie haben zwar alle nur den Wert „0“, können aber im Gewinnfall mehr einstreichen. So darf der blaue Papageien-Chef nicht nur die blaue Kiste kassieren, sondern auch die darunter, wobei deren Farbe keine Rolle mehr spielt. Der Leopard nimmt die Farbe des letzten Abenteurers an, der die Truhe vorher auf seinem Stapel geöffnet hat. Schließlich verscheucht das rote Nashorn alle Karten mit einem Wert über 3 an seiner Truhe.
Die kleine Loki-Schachtel entpuppt sich als kleiner Spieleschatz. Grafisch ansprechend von Ariel Icandri umgesetzt mit schönen stabilen Papp-Schiffen ausgestattet und einer ansprechenden Idee der beiden Autoren. Sehr schön ist, dass die wachsende Kampfrüstung der kleinen Tiere Kindern auch ohne Kenntnis der Zahlen den Kampfwert vermittelt. Ein kleines Holzschwert des Leoparden hat natürlich keine Chance gegen ein richtiges Schwert
LITTLE BATTLE von Loki ist ein kleines Zockerspiel für Kinder, das mit wenigen Mitteln atmosphärisch stimmungsvoll umgesetzt wurde. Fünfjährige haben ihre erste Begegnung mit dem Draften von Karten. Grundschulkinder lernen ihre Legetaktik schon auf die möglichen Ergebnisse hin auszurichten. Wer nur noch niedrige Karten hat, sollte den Zufallsgewinn blauer Papageien-Kisten nicht verachten und diese durchaus auch an erst einmal falsche Kistenfarben ausspielen.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: LITTLE BATTLE
Autor: Dorian und Leandro Berthelot
Grafik: Ariel Icandri
Verlag: Loki, Vertrieb: Hutter Trade
Alter: ab 5 Jahre
Spieler: 3-5 Spieler
Spieldauer: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 9 Euro
Spiel 6/2021
Montag, 8. Februar 2021
PIGASUS
PIGASUS
Mit Urtis Šulinskas und Brain Games hat sich eine baltische Kooperation ergeben, die sicherlich nicht zum letzten Mal stattfand. Die Brettspiel-Enthusiasten um Egils Grasmanis gründeten Brain Games in Riga vor 17 Jahren. Damals wollten sie CATAN nach Lettland und in die anderen baltischen Staaten einführen. Inzwischen arbeitet der Verlag nicht nur an der Entwicklung der Brettspielkultur im Baltikum, sondern auch an eigenen Spielen. Am erfolgreichsten war das Team um Grasmanis bisher mit ICECOOL, das 2017 den Preis für das Kinderspiel des Jahres gewann. Eben das ist dem Nachbarn in Litauen, Urtis Šulinskas, im letzten Jahr mit SPEEDY ROLL gelungen, schon ein Jahr zuvor war er mit EMOJITO! nominiert. Damals hat sich wohl auch die Kooperation für die Herausgabe von PIGASUS ergeben.
Šulinskas spielt mit der Idee verschmelzender Tierkörper, das kennen wir aus den MIX-MAX- und KROKOFANT-Spielen. Es geht ihm aber nicht nur um witzige Tierzeichnungen, sondern deren rekonstruktive Zuordnung, der in ihnen steckenden Tiere. PIGASUS wird damit zum Reaktionsspiel, in dem nacheinander 56 der 72 Tierkarten aufgedeckt werden, die es paarweise zuzuordnen gilt.
Eigentlich müssen wir uns nur mit neun Tierarten auseinandersetzen von der Schnecke, zum Krokodil bis zum Elefanten. Das Mischungsprinzip erläutert das Spielecover sehr prägnant. So taucht jedes Tier in den restlichen acht Kombinationen auf, wobei Kopfteil und Farbe dominant bleiben und im Hinterteil die anderen Tierformen auftauchen. So entstehen Krokofant und Krokoschwein. Diese Schmelzbilder sind fantastisch. Der verantwortliche am Verlagsort lebende Grafiker Reinis Petersons ist vor allem als phantasievoller Gestalter von Kinderbüchern bekannt und war schon mehrfach für den Astrid Lindgren Memorial Award nominiert. Für Brain Games hat er bisher ICECOOL und GAME OF TRAINS illustriert.
Nicht nur die Bilder sind Anreiz, sich mit PIGASUS zu beschäftigen. Genial ist auch die Idee, nicht auf eine Alarmglocke á la HALLI GALLI zurückzugreifen, sondern die Tierschmelze in einer Quiekfigur fortzusetzen, die dann letztlich zum Namensgeber wurde, ein geflügeltes Schweinchen, ein PIGASUS eben.
Die Regeln sind simpel. Wer beim Aufdecken der Karten meint, die vertauschten Körperteile zweier passender Paare gefunden zu haben, schnappt sich den PIGASUS und bringt ihn zum Quieken. Stimmt die Zuordnung, darf man das Kartenpaar behalten, ist sie falsch, verliert man Karten nach Anzahl der Beteiligten. Da in Nicht-Coronazeiten bis zu acht Kinder mitspielen können, wären das dann auch acht Strafkarten. Šulinskas strapaziert hier die Frustrationstoleranz der Kleinen ganz schön, Hausregeln sollten die Strafkarten auf ein Pärchen beschränken.
Sind alle Karten aufgedeckt, liegen immer noch maximal 16 Karten ohne Partner aus, weil genau diese Kartenzahl vorher aussortiert wurde. Das macht PIGASUS auch bis zum Ende noch unübersichtlich und spannend. In die schrägen Tierwelten von Reinis Petersons muss man sich einsehen, mit der Zeit fällt die Zuordnung dieser fantasievollen Tiersymbiosen leichter. Ein fantastisches Reaktionsspiel für Kinder und wache Erwachsene.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: PIGASUS
Autor: Urtis Šulinskas
Grafik: Reinis Petersons
Verlag: Brain Games
Alter: ab 7 (klappt auch ab 5) Jahre
Spieler: 2-8 Spieler
Spieldauer: ca. 20 Minuten
Preis: ca. 16 Euro
Spiel 5/2021
Sonntag, 7. Februar 2021
JOCKEY
SAMMELSURIUM
Ravensburger Casino-Serie: JOCKEY
Die Casino-Serie war die Antwort der Ravensburger auf den Erfolg der 3M-Spiele aus den USA. Im edlen Buchschuber erschienen zwischen 1971 und 1975 13 Spiele. Verantwortlich war der damalige Redaktionsleiter Erwin Glonnegger, der 1987 in einem kleinen Sonderheft der Zeitschrift „Spielblatt“ seine damaligen Überlegungen darlegte: „Bei der Ausstattung der CASINO-SERIE ging ich seinerzeit Anfang der 70er Jahre unter anderem auch von Erfahrungen mit Büchern aus. Deshalb wurden z.B. die Packungen mit Buchbinderleinen überzogen und mit einer abnehmbaren Titelbanderole aus Papier versehen, ähnlich dem Schutzumschlag eines Buches. Die Packung war ferner so gestaltet, dass sie hochkant in einem Bücherregal aufgestellt werden konnte. Das bedeutete unter anderem auch, dass das Spielmaterial sehr kompakt in der Schachtel untergebracht werden musste.“
In der Reihe veröffentlichten Autoren wie Alex Randolph, der auch 3M mit auf den Weg gebracht hatte, er startete 1971 mit QUARO noch unter dem Pseudonym L.W. Bones, daneben erschienen Klassikerausgaben wie das SCHÖNE ALTE SPIELE, das Ravensburger schon in den 60er Jahren in flacher Schachtel veröffentlicht hat. Auch Max Kobbert kam mit COLOMINO hier zu seiner ersten Veröffentlichung. Am erfolgreichsten waren Lizenzausgaben der Firma Spencer-Murray aus Pennsylvania, die mit dem BÖRSENSPIEL und JOCKEY zum Erfolg in den ersten Jahren beitrugen.
JOCKEY
Das Pferderennspiel gehört zu den edelsten der Reihe. Glonnegger spendierte der Ausgabe Metallpferde und einen gerollten Filzplan für die Rennstrecke. Die Idee der Spencer-Murray-Corp. kombiniert geschickt ein kartengesteuertes Rennspiel mit Wettelementen. Bis zu sechs Akteure können vier Pferde steuern, dazu gibt es bei Spielbeginn zwischen 9 und 15 Rennkarten , die sich teilweise auf bestimmte Pferde beziehen, teilweise auf Positionen und Galoppphasen zwischen sieben und 30 Feldern ermöglichen. Bei einer Karte kann der Vorsprung eines Pferdes, wenn es führt, sogar verdreifacht werden. Auf der Basis der Handkarten werden Wetten vorgenommen, die können auf Sieg, Platz oder Einlauf lauten, wobei die Zweierwette die ersten beiden Pferde in beliebiger Reihenfolge nennt, die Einlaufwette aber die exakte verlangt. Entsprechend sind die Quoten unterschiedlich und reichen vom einfachen bis zum vierfachen Gewinn.
Bilanziert wird alles über eine Geldanzeige im Zentrum des Rennplans. Die Spieler müssen sehen, dass sie aus ihren 1000 DM Startkapital in drei Renndurchgängen das meiste Geld machen.
Der spezielle Reiz und auch die Planungsüberlegungen ergeben sich aus dem Karteneinsatz. Da bis auf die Vollbesetzung zu sechst nie alle Karten im Spiel sind, bleibt der Verlauf unberechenbar. Trotzdem kann man mit guten neutralen Karten immer wieder steuernd auf den Rennverlauf einwirken. Das wollen aber auch die anderen, deren Wetten man nicht kennt. Überschneiden sich Interessen, gewinnt meist dieses Pferd, es gibt dann aber auch leicht verringerte Quoten.
JOCKEY macht auch heute noch Spaß, die Überholmanöver hinten liegender Galopper sind 2021 ebenso reizvoll wie vor fast 50 Jahren. Ravensburger hat JOCKEY nach der Casino-Ära noch eine Schachtelausgabe mit Papp-Plan spendiert, 2001 erschien dann eine letzte Ausgabe von Berliner Spielkarten, die Reinhard Staupe betreut hat. So edel wie in der Casino-Serie ist aber das Pferderennen nie mehr erschienen.
Titel: JOCKEY
Autoren: S. Spencer, F. Murray
Coverfoto: Baumann
Verlag: Ravensburger
Spielerzahl: 3 - 4
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 90 Minuten
Preis: ca. 60.- DM
Wertung: Gerne morgen wieder
Sammelsurium 6- S6/2021
Mittwoch, 3. Februar 2021
FRANTIC FRANKFURT
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
FRANTIC FRANKFURT
Ich bin außer mir, neudeutsch: frantic! Da habe ich das fünfte Spiel der Goslar-Brüder vor mir und ihr Markenzeichen fehlt! Wo sind die Rauten? Vergeblich drehe und wende ich die kleine quadratische Schachtel und finde nur Spielkarten. Auch ihre Autorennamen suche ich vergeblich auf der Schachtel. Günter Burkhardt macht bei den Kronbergern mit FRANTIC FRANKFURT auf sich aufmerksam.
Zur schnellen Einordnung: FRANTIC FRANKFURT gehört in die Kategorie der rasanten Ablegespiele á la LIGRETTO und SPEED. Die Regeln sind denkbar einfach und sorgen trotzdem in der Ablegehektik immer wieder für Durcheinander und Kopfzerbrechen. 132 Karten in drei Farben sind im Spiel, Kartenwerte mit geraden Zahlen von 8 bis 20 und ungeraden Zahlen von 1 bis 13. Die Logik dieser ungleichen Verteilung ergibt sich aus den zwei Regeln für die Kartenablage:
1. Wird eine andere Farbe als die ausliegende gespielt, muss diese höher im Zahlenwert sein.
2. Wird die gleiche Farbe gespielt, darf dies nur mit einer ungeraden Zahl auf eine gerade erfolgen.
Diese einschränkenden Regeln machen eine gewisse Auswahl für die Kartenablage nötig. Jeder Spieler besitzt dazu einen Kartenstapel, den er loswerden möchte. Zehn Karten davon liegen in einem Vierer-, Dreier-, Zweierstapel und einer Karte vor ihm, die oberste jeweils offen. Vier Karten hat man also bei der aktuellen Ablage am Anfang im Blick. Abgelegt wird auf zwei bis vier Kartenstapel, je nach Spieleranzahl. Dazu zieht jeder am Anfang verdeckt eine Karte vom Nachziehstapel. Nachdem alle gleichzeitig ihre Karten umgedreht haben, geht’s los. Wer als erster seine zehn Karten los ist, klopft auf einen der Abwurfstapel, möglichst einen mit wenigen Karten, da die Reststapel unter den übrigen Spielern, nachdem sie auch fix Hand angelegt haben, verteilt werden. Gespielt wird bis ein Spieler nach dem Ende einer solchen Kurzrunde nur noch eine Karte im Nachziehstapel hat. Der hat damit nach zehn bis fünfzehn Minuten eine Partie Frantic Frankfurt gewonnen.
Wer sich dem Stress solcher hektischen Ablegespiele gern stellt, der muss sich FRANTIC FRANKFURT näher anschauen. Nicht weil hier jemand neue Legeregeln „erfunden“ hat, das sind letztlich willkürliche Setzungen, die einmal dieses und dann jenes von den Spielern verlangen, was mehr oder weniger lustvoll nachvollzogen werden kann, sondern weil phantasievolle redaktionelle Arbeit geleistet wurde. Eine Hommage an die Stadt Frankfurt und deren ehemalige und immer noch lebende Bewohner. Hier wird die Spielmechanik durchaus sinnvoll in Beziehung gesetzt zu den Bildmotiven. Die blauen Karten spiegeln das wirtschaftliche und politische Leben der Mainmetropole, die gelben Karten stellen Motive aus der Frankfurter Geschäfts- und Kulturwelt dar, vom Äpelwoi-Schenk bis J.W. v. Frankfurt. Das Rot führt uns letztlich in Frankfurts Nachtleben. Die Gebäudekarten haben die geraden Zahlen, Personenkarten sind in dem Spiel generell ungerade.
Tobias Goslar legt Grafiken vor, die auf Wiedererkennung angelegt sind. Er spielt mit Bildausschnitten und zoomt sich an die Objekte heran. So bekommen wir im Bildschnitt den hälftigen Reich-Ranicki mit demütiger Blickperspektive von unten noch gut mit, wenig später dürfen wir uns erhebend über seine dominierende Glatze freuen. Petra Roth ist in der Detailsicht allein an ihrer Amtskette erkennbar und Joschka mikrofongewaltig in allen Posen seiner jungen Jahre. Klasse Arbeit! Für das Spiel selbst macht diese Einteilung Sinn, so muss man sich bei den hohen Zahlen in Folge von Regel 2 nur noch auf Personen und gleiche Farben konzentrieren.
Leider sind rasante Spiele wie FRANTIC FRANKFURT nicht für jeden Spieler geeignet. Ungefähr gleiche Voraussetzungen in der Auffassungsgabe sollten bei den Beteiligten schon vorhanden sein, sonst kommt schnell Frust auf. Diejenigen, die nun gar kein Auge für neue Kartenkonstellationen auf dem Spieltisch haben, können eventuell bald doch etwas mit FRANTIC FRANKFURT anfangen, denn ursprünglich soll es ein Stichspiel gewesen sein, das der Autor Burkhardt auf dem Spieleautorentreffen 2004 in Göttingen Tobias und Roland Goslar vorgestellt hat. Auf ihrer Homepage kündigen die beiden Verlagsinhaber an, dass dort demnächst die Ausgangsregel für den Prototyp QUICK STOP veröffentlicht wird. Der Einsatz eines grünen Eddings wird allerdings notwendig werden. Für Ästheten ein Gräuel, vielleicht erweist sich diese Maßnahme auch förderlich für den Kauf eines Zweitspiels. Wie BONOBO und CRONBERG, zwei beachtliche Rautenspiele aus dem Verlag, lässt das Spielprinzip unendliche Variationen zu. Ich warte auf FRANTIC FRANKFURT mit einem Kanzler, der an der Leine liegt.
Wieland Herold
Titel: FRANTIC FRANKFURT
Autor: Günter Burkhardt
Grafik: Tobias Goslar
Verlag: Kronberger Spiele (www.kronberger-spiele.de)
Spieler: 2-4
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 10 Minuten
Preis: ca. 10 €
Spiel 6/2004 R28/2021
Die Rezension erschien 2004 www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der Realschullehrer Günter Burkhardt startete 1997 als 36jähriger zu Beginn gleich richtig durch. Er durfte sich nicht nur über MANITOU freuen, sondern hatte mit LANG LEBE DER KÖNIG und BÜRO CRAZY (beide FX Schmid) gleich zwei weitere Spiele in seinem Erstveröffentlichungsprogramm. BGG verzeichnet vorher noch Eigenpublikationen wie die QUASSELSTRIPPE (1994) und DAS LIEBLINGSSPIEL DES ADAM RIESE 1996.
MANITOU gefiel nicht nur den Juroren von Spiel des Jahres, es erreichte den fünften Platz beim Kartenspielpreis der Fairplay und den zehnten Platz beim Deutschen Spielepreis. Im Jahresrhythmus folgten mindestens zwei bis drei weitere Veröffentlichungen. Mit KUPFERKESSEL (Goldsieber) landete er 2002 erneut auf der Auswahlliste der Jury, gewann den österreichischen Titel Spiele Hit für Zwei und erreichte den achten Platz des Kartenspielpreises der Fairplay. Die Spiele MAORI (Hans im Glück, 2009) und POTATO MAN (Zoch, 2014) kamen auf die Empfehlungsliste der Jury Spiel des Jahres.
Beim Kartenspielpreis der Fairplay war er noch erfolgreicher, sein VOLLTREFFER (Berliner Spielkarten) gelangte 2000 auf den vierten Platz und mit VOM KAP BIS KAIRO (Adlung Spiele) erreichte er 2002 den ersten Platz.
Sein bisher größter Erfolg im Team mit seiner Tochter Lena war 2018 die Auszeichnung mit dem Kinderspiel des Jahres für FUNKELSCHATZ.
Von seinem Lehrerberuf hat er sich schon vor einiger Zeit beurlauben lassen. Er arbeitet inzwischen hauptberuflich als Spieleautor, engagiert sich in seiner Heimat in der Nähe von Bad Ditzenbach im Sportverein und ist für Die Grünen im Gemeinderat.
Das Bild zeigt Günter Burkhardt 2004 im Veröffentlichungsjahr des Spiels in Göttingen.
Samstag, 30. Januar 2021
CLEVER HOCH DREI
Spielefortsetzungen sind nicht mein Ding. Warschs Erweiterungen zu QUEDLINBURG habe ich alle ausgelassen. Eine Ausnahme mache ich mit seiner GANZ SCHÖN CLEVER-Reihe, das gilt nicht nur für das Spiel, sondern auch für die App, die ich stets schnell herunterlade.
Im Jahresrhythmus beschert uns der österreichische Autor Nachschub, bisher hat er sich durch eine Verdoppelung gesteigert, nun ist er bis zur dritten Potenz gekommen, ich freue mich schon auf sein Vordringen ins Raum-Zeit-Kontinuum.
Erst einmal bewegen wir uns auch bei CLEVER HOCH DREI auf bekanntem Terrain. Würfel in unterschiedlichen Farben mit Entwicklungsfeldern für jede einzelne Farbe, der weiße Würfel hat Jokerfunktion und immer noch darf man auf dem Silbertablett Restwürfel servieren. Leichte Variationen gibt es nun bei den Würfelfarben, türkise und braune Töne haben grau und grün gegenüber DOPPELT SO CLEVER ersetzt.
Der Ablauf ist bekannt. In der üblichen Abfolge würfelt man dreimal, legt jeweils einen Würfel heraus und wertet diesen, die übrigen drei bleiben für die anderen Spieler. Neu einstellen müssen wir uns auf alle Wertungsfelder, die in ihrer Verzahnung noch nie so komplex waren, wie in dieser Fassung. Ich gehe jetzt nicht auf die Details ein, auffallend ist aber die häufigere Verknüpfung von Bonifeldern. So erreicht man häufiger über Zweierkombis einen Bonus, im rosafarbenen Bereich darf man sogar für fast jede Setzung einen Bonus einkassieren, wertet dabei aber seinen Wurf nur hälftig. Neu ist dabei der Zahlen-Joker, der gegen eine beliebige Zahl ausgetauscht werden kann. Da die Zwänge insgesamt höher werden, kann das sehr hilfreich sein.
Wahrscheinlich liegt es an der neuen Herausforderung, im Augenblick hat CLEVER HOCH DREI die Nase vorn in dieser Roll ´n Write-Reihe Wolfgang Warschs. Mir fehlt zwar die sehr reizvolle Option der Würfelrückholung, die mir DOPPELT SO CLEVER geboten hat, aber noch nie hat die Boninutzung so viel Spaß bereitet. Bisher habe ich nur Erfahrung alleine und mit zwei und drei Spielern sammeln können. Zu dritt fällt schon auf, dass länger überlegt wird, zumal die Interaktion über die Tablett-Angebote hinausgeht. Der gelbe Bereich kann auf bestimmten Feldern nur für passive Spieler genutzt werden.
Für Anfänger würde ich auf alle Fälle zu dem Einsteigerspiel GANZ SCHÖN CLEVER raten. 2018 hat die Jury Spiel des Jahres den Spielanspruch im Kennerbereich angesiedelt, da gehört auf alle Fälle auch CLEVER HOCH DREI hin. Unverständlich bleibt, weshalb Schmidt die Altersangabe immer noch für Zweitklässler vornimmt. Die waren und sind überfordert.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: CLEVER HOCH DREI
Autor: Wolfgang Warsch
Grafik: Leon Schiffer
Verlag: Schmidt
Alter: ab 10 Jahre
Spieler: 2-4 Spieler
Spieldauer: ca. 20 Minuten
Preis: ca. 10 Euro
Spiel 3/2021
Freitag, 29. Januar 2021
NOMADI
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Mit der Karawane durch die Wüste: Allein schafft es keiner
Was gehört zu einem guten Familienspiel? Spielatmosphäre, gutes Spielmaterial, eine einfache Regel neben taktischen Möglichkeiten, die gehörige Portion Glück, Kommunikationsmöglichkeiten und Spannung bis zum Ende.
Alle Kriterien erfüllt der Göttinger Spieleautor Reinhold Wittig mit seinem neuesten Spiel NOMADI das der Blatz-Verlag aus Berlin in gewohnt edler Ausstattung herausgebracht hat. 1993 und 1994 produzierte der Verlag Spiele von Reinhold Wittig, die jeweils als „Schönste Spiele des Jahres" ausgezeichnet wurden, in dieser Tradition steht NOMADI.
Mühsam kämpft sich eine große Karawane durch den Wüstensand. Zwei bis fünf Spieler müssen darauf achten, dass keines der Kamele aus der Reihe tanzt, die Tiere immer eng zusammenbleiben und sich allmählich auf Wasserlöcher und schließlich die Oase zubewegen.
Sechs Würfel dienen als Bewegungsmotor, wobei nicht immer nur eigene Kamele vorangebracht werden können, jeder darf nämlich jedes Kamel bewegen. Hier liegen die taktischen Möglichkeiten des Spiels, Absprachen sind möglich, ein gemeinsames Nachdenken über die besten Züge, bis schließlich die ersten drei Kamele die Oase erreicht haben.
NOMADI ist ein wunderschönes taktisches Würfelspiel, mit dem auch Kinder ab zehn Jahren schon gut zurechtkommen. Im Grunde genommen verpasst Wittig mit NOMADI seinem Klassiker WABANTI ein neues Gewand. Im Familienspielbereich gibt es in diesem Jahr kaum bessere Spiele, erneut hat der Göttinger Reinhold Wittig bewiesen, dass er neben Klaus Teuber und Wolfgang Kramer zu den besten deutschen Spieleautoren gehört.
Wieland Herold
Spieletelegramm:
Titel: NOMADI
Autor: Reinhold Wittig
Grafik: Hartmut Gärling
Verlag: Blatz
Spielerzahl: 2 – 5
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 60 Minuten
Preis: ca. 50.- DM
Die Rezension erschien 1995 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 22/ 1995 R 25/2021
Zum Spiel und zum Autor:
Über den Göttinger Geologen, Puppenspieler, Künstler und Spieleerfinder ließen sich Seiten füllen. Ich halte mich an dieser Stelle kurz:
Reinhold Wittig, der 83jährige Erfinder des Spieleautoren Treffens in Göttingen, entwickelt seit 1958 Spiele. 1976 gründete er seinen Kleinverlag Edition Perlhuhn, der mit Skaiplänen und Spielen in der Rolle bekannt wurde.
Zu seinen bekanntesten Spielen gehört die Würfelpyramide DAS SPIEL (1980 mit dem Sonderpreis Schönes Spiel ausgezeichnet), das heute immer noch von Abacus vertrieben wird. Für WIR FÜTTERN DIE KLEINEN NILPFERDE und MÜLLER & SOHN bekam er ebenfalls diese Auszeichnung, für die Grafik war jeweils sein Sohn Matthias verantwortlich. Seine ästhetischen Maßstäbe für Spielmaterial und Optik haben maßgeblich dazu beigetragen, dass der einfache Pöppelalltag aus den Spieleschachteln verschwand. Den Kosmos-Verlag brachte er durch edle Spiele in der Reihe mit der Feder voran, darunter auch eigene Veröffentlichungen wie MARITIM, das 1987 Chancen auf das Spiel des Jahres hatte.
1990 landete er mit DINO, damals noch von Hexagames auf der Auswahlliste für das Spiel des Jahres.
In den 90er Jahren prägte seine Handschrift die Spiele von Blatz und teilweise auch Haba. KULA KULA und das hier schon vorgestellte DOCTOR FAUST aus diesem Verlag bekamen ebenfalls den Preis für das Schöne Spiel. NOMADI war sein letztes Spiel bei Blatz. Die Blatz-Gruppe übernahm 1997 Schmidt und fungiert seit dem unter diesem Label. NOMADI war kurz zuvor in einer Fassung der Edition Perlhuhn erschienen (siehe Bild unten)
Die ganz großen Erfolge blieben dann zwar im neuen Jahrtausend aus, immerhin landete CORNU 2007 auf der Empfehlungsliste der Kinderspieljury und MOGULI erhielt 2013 eine MinD-Würdigung.
Die Organisation des Autorentreffens hat Wittig 2016 an die SAZ übergeben, in seiner Edition Perlhuhn unterstützt ihn seit letztem Jahr Timo Diegel. Ein Jahr danach ist er mit dem Göttinger SPATZ ausgezeichnet worden. Das Foto zeigt Wittig auf dem Autorentreffen in Göttingen 2007.
Mittwoch, 27. Januar 2021
SPEED
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Das schnellste Kartenspiel der Welt: SPEED
Fliegende Karten, rote Gesichter, flinke Hände und erleichterte Aufschreie sind bei dem brandaktuellen Kartenspiel SPEED für zwei Spieler von Reinhard Staupe zu beobachten. Ein Ablegespiel, das man in zwanzig Sekunden erklären kann und das inzwischen auch schon sekundenschnell abläuft.
Beginnen wir mit der Kurzerklärung: Je 30 Karten müssen von zwei Spielern so schnell wie möglich und turbulent durcheinander auf zwei Ablagestapeln untergebracht werden. Das Ablageprinzip ist einfach. Die Merkmale jeder Karte ergeben sich aus Bildmotiven, Farben und der Anzahl der Motive. Abgelegt werden darf Motiv auf Motiv, Farbe auf Farbe oder Menge auf Menge. Maximal drei Karten hat jeder zur Auswahl auf der Hand.
Nichts Neues, LIGRETTO lässt grüßen, werden Sie wahrscheinlich erst einmal sagen, aber Vorsicht, SPEED entfaltet ganz eigene Reize. Die Aufmerksamkeit auf drei Merkmale lenken zu müssen, fällt nicht nur anfangs nicht leicht. Die Spielhektik - nichts für nervöse Zeitgenossen -, wenn man den Partner eine Karte nach der anderen ablegen sieht, führt häufig genug zu Denkblockaden. Da sieht man den Wald vor lauter Farben nicht. Beachtet werden müssen immerhin sechs verschiedene Symbole, deren unterschiedliche Anzahl und außerdem noch sechs verschiedene Farben.
Da die Verteilung der drei Merkmale auf 60 Karten je zehnmal Farb- und Symbolidentität und zwölfmal Farbgleichheit zur Folge hat, besteht bei zwei Ablagestapeln fast immer die Möglichkeit, die Karten loszuwerden.
Reinhard Staupe, 27jähriger Student aus Lohfelden in der Nähe von Kassel, zeichnet als Autor verantwortlich für diesen Spiele Hit. Die in der Regel angegebene Spielzeit von drei bis fünf Minuten wurde inzwischen schon deutlich unterboten. Den Spielrekord hält mit 21 Sekunden der Verleger des Spiels, Karsten Adlung, gegen den auch der Autor keine Chance mehr hat.
Nichts steht also im Wege für die Berücksichtigung des Spiels im Guiness-Buch der Rekorde als ,,Schnellstes Kartenspiel der Welt“.
Wieland Herold
Spieletelegramm:
Titel: SPEED
Autor: Reinhard Staupe
Grafik: Jürgen Martens
Verlag: Adlung Spiele
Spielerzahl: 2
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 3 Minuten
Preis: ca. 10.- DM
Die Rezension erschien 1996
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 25/ 1996 R 23/2021
Zum Spiel und zum Autor:
Reinhard Staupe, der mit WIR SIND DIE ROBOTER zu den Nominierten für das Kinderspiel des Jahres 2020 gehörte, begann 1993 als Spieleautor, zählte aber innerhalb kürzester Zeit zu den damals erfolgreichsten. Mit SPEED, COMEBACK, DAVID & GOLIATH und BASARI landete er auf der Auswahlliste der Jury. Neben dem Eigenverlag Staupe Spiele, arbeitete er als verantwortlicher Redakteur für die Berliner Spielkarten. 2001 wechselte er zu Amigo und seit 2012 prägt seine Handschrift den Erfolg von NSV.
SPEED war sein erster großer Erfolg, neben dem Platz auf der Auswahlliste erreichte er mit dem Spiel den 3. Platz beim à la Carte-Preis der Fairplay.
Das Bild zeigt Adlung und Staupe 1995 in Essen.
Montag, 25. Januar 2021
DIE OPER DER SCHWARZEN SPIEGEL
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Spiel & Kunst: DIE OPER DER SCHWARZEN SPIEGEL
In Zeiten, in denen die Schließung von Opernhäusern droht, zumindest die Spielzeiten begrenzt werden, lohnt die eigene Anschaffung eines Opernhauses. Wenn auch noch gleich das Phantom mitgeliefert wird, ein Ambiente mit geheimnisvollen Spiegeln, kapitalen Säulen und einer entführten Primadonna stimmig scheint, alles eingebunden in ein Szenario des 19. Jahrhunderts, gefertigt aus edlen Materialien wie Samt, Messing, Gold und Silber, dann wächst das Interesse.
Diese Opernwelt ist das Produkt eines Spieleautors, der sich gern anregen lässt von literarischen Stoffen, phantastischen Themen, um selbst einzutauchen in diese Welten. Die dort erlebten eigenen Geschichten setzt er um in Rollenspiele und baut um alles ein Gesamtkunstwerk, das in keine herkömmliche Schublade zu packen ist. Er verbindet Kunst und Spiel, indem der Objektcharakter des Spiels durch optische und haptische Reize auf ein Niveau jenseits aller üblichen spielerischen Erfahrungen gehoben wird. Da außerdem das spielerische Vergnügen nicht auf der Strecke bleibt, ein hoher intellektueller und psychologischer Spielreiz vorhanden ist, erliegt man leicht der Verführung der Spielkunstobjekte dieses Autors.
Thomas Fackler heißt der junge Mann, der in der Nähe von Augsburg lebt und sich seit vier Jahren seine spielerischen Träume erfüllt. Als Diplomdesigner hat sich Fackler während seines Studiums schon intensiv der Designkonzeption von Brettspielen gewidmet. In seiner Diplomarbeit beschäftigte er sich mit Brettspiel-Didaktik und deren grafischer Gestaltung. Anstatt danach bei großen deutschen Spieleverlagen anzufragen, ob er nicht etwas frischen Wind in das Produktdesign des Brettspieleinerleis bringen könnte, stürzte sich Fackler gleich nach dem Studium in das Abenteuer der Eigenproduktion. 1991 stellte er auf den Spielertagen in Essen seine spielerische Adaption zu "Der Name der Rose" vor. In Facklers ABTEI DER WANDERNDEN BÜCHER wandeln feinst modellierte Mönche und Novizen aus Ton über einen Grundriss einer Abtei, mit Sieb bedruckt und danach vom Künstler aquarelliert. Sie sind auf der Suche nach einer geheimen Botschaft, die sich in zehn kleinen mit Gold bedruckten Holzfolianten befindet. Ein stimmungsvolles Deduktionsspiel, in dem der Autor keine Kompromisse bei der Materialauswahl eingegangen ist. 820.- DM kostete in Essen das Spiel, die Auflage war auf 200 Exemplare limitiert. Spieleinsider der Messe sahen die Schmerzensgrenze beim Spieleinkauf bei 100.- DM und prognostizierten das schnelle Scheitern des jungen Spieleautors. Das Ende der Messe zeigte, dass Thomas Fackler erfolgreich Neuland beschritten hatte. Der Spielwert seiner "Abtei" wurde allseits gelobt, für etwa 50 Spiele hatte er Aufträge erhalten, die Preisschallmauer im Brettspielsektor war durchbrochen. Das war auch für die Preiskalkulation Facklers notwendig, denn bei der Einzelanfertigung seiner Spiele zahlte er erst einmal kräftig drauf. So ging das erstverdiente Geld fast vollständig an den Buchbinder und Schreiner weiter, die wichtige Zuarbeit geleistet hatten. Davon leben konnte Thomas Fackler nicht. Ohne seine als Heilpädagogin arbeitende Frau, die mit ihm aber seine spielerischen Träume weiterträumt, hätte er 1991 aufgeben müssen. Wirtschaftlich kalkuliert, musste der Preis für dieses edle Spielobjekt deutlich höher liegen. Die wenigen Restexemplare, die heute noch bestellt werden können, kosten inzwischen fast das Vierfache. Für die Käufer der ersten Stunde eine ansehnliche Gewinnsteigerung.
In den folgenden Jahren der Produktion schob Fackler Bugwellen von Spielmechanismen vor sich her und verschwand erneut in literarische Phantasiewelten. Der "Glöckner von Notre Dame" reizte ihn dabei ebenso wie der Fauststoff oder Kafkas "Prozess". Da er das "Phantom der Oper" aber schon stimmig in seiner Diplomarbeit angedacht hatte, stellt er jetzt als zweites Spiel DIE OPER DER SCHWARZEN SPIEGEL vor.
Die Fragmente eines Opernwerkes bietet der Autor als dramatischen Erzählstoff an. Mir ist keine vergleichbare umfangreiche, märchenhafte Einstimmung in ein Spiel bekannt. Durch ein tragisches Unglück verliert Pandaré, Starsänger einer Opernbühne, seine Stimme. Verzweifelt sucht der Sänger sich von einer Brücke zu stürzen, zurückgehalten nur von der Nymphe Lucina, die ihm einen Pakt anbietet. Gegen seine menschliche Seele erhalte er ihre Zauberkräfte und natürlich seine Stimme wieder. Pandaré existiert weiter, aber fortan als Phantom, dessen gesichtsloses Antlitz eine silberne Maske verdeckt. Seine neugewonnene Gewalt macht ihn zum Tyrannen der Oper. Seine Liebe zu Lucina, die als Soubrette ins Ensemble aufgenommen wird, bleibt aber ohne Erwiderung. Als diese sich zu einem Komponisten hingezogen fühlt, verwandelt er sie in eine steinerne Herme und versteckt sie in einer großen Säule des Opernhauses. Die Rettung kann nur innerhalb der nächsten vier Nächte erfolgen. Der Komponist macht sich mit Hilfe des Intendanten, des Direktors des Bühnenensembles und eines Kriminalrats auf die Suche nach Lucina.
Hier beginnt die Rollenverteilung für das Spiel. Auf der einen Seite Pandaré, der Lucina in seiner Macht behalten möchte, kooperativ, gegen ihn spielend, die vier Verfolger. Auf dem Grundriss der Oper verteilt der Spieler des Phantoms beliebig sieben Säulen auf 51 Räume und Bühnenbereiche. Zur Tarnung stecken in sechs Säulen Nachbildungen der Herme Lucinas, die echte ist durch einen blauen Saphir gekennzeichnet. Die Gegenspieler Pandarés, zwei bis vier, die aber immer alle vier Verfolgerfiguren bewegen müssen, versuchen, die richtige Säule zu finden, ohne sich von dem Phantom fangen zu lassen. Ständig laufen sie dabei in Gefahr, in Spiegelfallen des Phantoms zu tappen, so dass sie das Schicksal Lucinas teilen müssen und in eine der Säulen gesperrt werden. In jeder Nacht haben die Spielgegner die Möglichkeit zu vier Spielzügen, so dass spätestens nach 16 Runden das Phantom gewonnen hat oder Lucina befreit wurde.
Der besondere Spielreiz liegt in den verdeckten Spielzügen. Jeder Spieler besitzt ein Rollenbuch, in das die Spielzüge eingetragen werden. Die Verfolger starten im Vestibül der Oper und können von hier aus in jedem Spielzug maximal drei Felder weit gehen. Um vom Startfeld aus in den hinteren Bühnenteil zur Treppe, die zum Schnürboden führt, zu gelangen, sind schon mindestens drei Teilzüge nötig, also brauchen die Verfolger dafür fast eine ganze Nacht. Vom Startfeld aus können 22 Räume der Oper erreicht werden. Sobald die Verfolger ihre Züge geheim notiert haben, hat das Phantom die Möglichkeit bis zu vier Spiegelfallen auszulegen, außerdem taucht es selbst in einem Raum auf. Hat der Spieler des Phantoms die Bewegungen der Mitspieler gut eingeschätzt, konnte er damit vielleicht schon nach dem ersten Spielzug einige Gegner in Säulen verbannen. Diese können zwar von Mitspielern wieder befreit werden, das kostet dann aber in den Folgezügen Zeit, die beim Suchen nach der Säule mit Lucina fehlen kann. Sind am Ende eines Spielzuges alle Verfolger gefangen, kann das Phantom sogar vorzeitig gewinnen.
Am Ende einer Nacht können alle wieder aus den Säulen befreit werden, müssen dann aber erneut im Vestibül mit ihrer Suche beginnen. Das Phantom darf zusätzlich zwei Säulen vertauschen. Hier kann der Spieler des Phantoms kräftig bluffen, manchmal ist dieser Tausch aber auch die letzte Rettungsmöglichkeit vor der großen Aufdeckung.
Für Spieleeinsteiger scheint die Macht des Phantoms groß, ein gut eingespieltes Verfolgerteam und überraschende, nicht ausrechenbare Bewegungszüge, können Pandaré aber in große Bedrängnis bringen und die Chancen, Lucina zu befreien, wachsen, sind sogar größer. Jedes Spiel verläuft daher anders, führt zu einer anderen Rettungsgeschichte.
Die verdeckten Spielzüge, die Suche nach einer großen Unbekannten erinnern an einen Spielklassiker, an SCOTLAND YARD, 1983 bei Ravensburger erschienen. Thomas Fackler hat dieses Spielprinzip benutzt, aber ganz eigenständig weiterentwickelt und atmosphärisch so stimmig umgesetzt, dass seine OPER DER SCHWARZEN SPIEGEL spielerisch allemal das Niveau des "Spiel des Jahres" 1993 hält. Es ist kein komplexes Spiel, mit einer Spieldauer von etwa einer Stunde wird es auch nie zu lang. Kinder ab zehn Jahre kommen mit dem Spielmechanismus schon gut klar und nehmen mit Begeisterung an der Befreiung Lucinas teil, noch lieber wird sie aber von ihnen versteckt.
Einmalig gelungen ist zudem die Spielgestaltung. Alle 342 Einzelteile des Spiels sind Sonderanfertigungen, alles Handarbeit, sie machen jedes Spiel zum Unikat. In Samt verpackt, alles in einer leinengebundenen großen Spieleschachtel, ohne die übliche Verpackungsluft der großen Spielefirmen, liefern drei Schachtelebenen den aquarellierten Spielplan der Oper, das Spielmaterial mit den gedrechselten Hermen, eine mit Saphir, der Phantomfigur mit Silbermaske, den hohlen Stecksäulen mit vergoldetem Sockel, dazu zehn versilberte Spiegel, gedrechselte Verfolgerfiguren um einen Silberkern, jede individuell durch einen anderen Mantelkragen unterschieden. Im letzten Kasten steckt das Erzählwerk, fünf Spielbücher und das Opernfragment. Alles ergibt ein Gesamtwerk, das im Brettspielbereich einmalig ist. DIE OPER DER SCHWARZEN SPIEGEL ist ein gelungenes zweites Kunstwerk Thomas Facklers.
Vom Erfolg dieses Spiels ist der Autor auch fest überzeugt. Optimistisch setzt er deshalb die Limitierung der OPER deutlich höher mit 873 Exemplaren an. Thomas Fackler arbeitet dabei ohne Netz und doppelten Boden, mit hohem persönlichen Risiko. Fragt man den Autor nach einer Erklärung für seinen Optimismus, erzählt er, der so gerne Geschichten erzählt, eine, die unglaublich klingt, aber wahr ist. Im April 1971 ist der 104. Starfighter direkt auf den damals neunjährigen Thomas abgestürzt. Es ist ein Wunder, dass der Junge, der mitten in den Flugzeugtrümmern mit schweren Brandverletzungen aufgefunden wurde, die Explosion überlebt hat. Dieses Erlebnis gibt ihm sein Urvertrauen in die Zukunft und uns die Gewissheit, dass er noch zu vielen weiteren Ausflügen in fantastische spielerische Welten einladen wird.
(Wieland Herold)
Spieletelegramm:
Titel: DIE OPER DER SCHWARZEN SPIEGEL
Autor: Thomas Fackler
Grafik: Thomas Fackler
Verlag: Thomas Fackler
Spielerzahl: 2-5
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: ca. 60 Minuten
Preis: 2900 DM
Die Rezension erschien 1994
Wertung Spielreiz damals 8 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 10/ 1994 R 21/2021
Zum Autor:
Thomas Fackler ist 1991 durch DIE ABTEI DER WANDERNDEN BÜCHER bekannt geworden. Die individuelle Gestaltung mit hochwertigen Materialien machten jedes Spiel zum Unikat, mit dem er damals an der Preisobergrenze von 1000 DM kratzte. Ein Schnäppchenpreis wie sich bald herausstellte, denn die OPER DER SCHWARZEN SPIEGEL konnte er 1993 locker für das Dreifache verkaufen. Augenblicklich liegt der Verkaufspreis seines ersten Spiels bei 3800 Euro. Wer eines der ersten Spiele für 820 DM erworben hat, dessen Einsatz hat sich fast verfünffacht.
Fackler, der 1998 mit dem „Inno-Spatz“ der Stadt Göttingen ausgezeichnet wurde, arbeitete danach ein knappes Jahrzehnt als Spieleredakteur für Prestel. 2001 bekam er für TROIA – DAS SPIEL den Sonderpreis „Geschichte im Spiel“, den die Jury „Spiel des Jahres“ damals vergab. DIE MAUER wurde ebenfalls 2001 für den Deutschen Designpreis Holzspielzeug nominiert.
Aktuell arbeitet der 58järige Fackler als freier Künstler in Aystetten. Zu Beginn des letzten Jahres wurde er mit dem Kunstpreis der Stadt Donauwörth ausgezeichnet.
Das Bild zeigt Thomas Fackler 1992 in Essen bei der ersten Präsentation von der OPER.
Sonntag, 24. Januar 2021
AGENT
SAMMELSURIUM
Pelikan Buchkassetten: AGENT
Die bei Spielesammlern bekanntesten Spiele aus dem Pelikan Verlag sind die Buchkassetten, die zwischen 1974 und 1976 erschienen sind. Die ursprünglich nur für Tinten und Farben bekannte Firma aus Hannover mit dem Wappentier Pelikan, war ab den 30er Jahren die wesentliche Firma in Deutschland für Füllfederhalter. Die Erfolge führten in den 70er Jahren zu einer großen Erweiterung der Produktpalette. Neben Spielen kamen Drucker, Projektoren, sogar Kosmetik ins Sortiment der Firma. TKKG wurde von Pelikan ursprünglich entwickelt. Die Expansion ließ die inzwischen von der GmbH zur AG gewordene Firma straucheln. 1984 wurde sie von der Condorpart AG in der Schweiz übernommen, die die Spieleproduktion nicht fortführte. Inzwischen gehört Pelikan dem malaysischen Unternehmen Goodace, das nunmehr als Pelikan International Corporation Berhad firmiert.
18 Spiele in Buchkassetten sind in den 70er Jahren erschienen. Die Spiele waren kleiner als die der Konkurrenz. Ihr quadratisches Format (19x19 cm) wirkte sich auch auf die Spielfeldgröße aus, das geklappt die vierfache Schachtelgröße ergab, oft aber auch nur aus einem Kunststoffbrett eben der Größe bestand.
Pelikan griff teilweise auf renommierte Autoren zurück wie Alex Randolph und Eric Solomon. Bei firmeneigenen Entwicklungen arbeitete die Redaktion mit Pseudonymen. Das Pferderennspiel FINISH wurde so einem E. Siena zugeschrieben, GLOBETROTTER hat angeblich ein R. F. Pleuna erfunden und DIAMANT ein A. Steyn.
Wie in der E-Serie von F.X. Schmid tritt auch bei Pelikan der Spielekritiker Eugen Oker als Serienbegleiter auf, aber auf eine anregende Weise einstimmend. Einleitende Kurzgeschichten führen zu manchen Spielen, wie der Verlag selbst sagt, meist „frei erfunden, zum Teil wahr“. Eugen Oker „wolle ja nicht bloß Einleitungen schreiben, sondern Vorspiele und Einstimmungen.“ Auch an den Regeln der Pelikanspiele soll Oker beteiligt gewesen sein.
AGENT
Mit dem Spiel AGENT griff Pelikan auf das erste erfolgreiche Spiel des Engländers Eric Solomon zurück. Mit nur 24 Jahren hatte Solomon 1959 im Fach Mathematik promoviert. Er arbeitete zunächst erfolgreich in einem Rechenzentrum, bis er 1965 sein eigenes Unternehmen Engineering Computations gründete.
Sein mathematischer Hintergrund prägte seine Spielentwicklungen ab 1972. Klare und einfache Strukturen, ohne dass sich dadurch langweilige Spiele ergeben würden, waren sein Markenzeichen. Die schönste Belohnung der mühsamen (und zumeist schlecht bezahlten) Arbeit eines Spiele-Autors sah Solomon darin, dass er sicher sein durfte, vielen spielenden Menschen eine Menge Freude bereitet zu haben.
Solomons erstes publiziertes Spiel war SIGMA FILE 1972, das dann in der deutschen Erstausgabe AGENT hieß. Es zählt inzwischen zu den modernen Spiele-Klassikern.
Das Besondere und für die damalige Zeit Ungewöhnliche an Solomons Spiel war, dass die Figurenbewegungen der acht Agenten auf einem abstrakten Spielplan von 5x5 Feldern nicht an bestimmte Spieler gebunden ist, sondern dass jeder jede Figur bewegen darf. In HEIMLICH & CO. hat Wolfgang Kramer dieses Prinzip ebenfalls mit einem Agentenspiel 13 Jahre später bis zum Spiel des Jahres geführt.
Solomons Ansatz der Zuordnung von Agenten ist komplexer als bei Kramer, der einfach nur eine verdeckt zu ziehende Farbkarte nimmt. Bei Solomon werden die Agenten geheim bestochen, dazu hat jeder einen Kapitalplan mit insgesamt 10.000 Dollar, aufgeteilt in vier Einzelwerte von 1000 $, 500$, 400$, 300$, 200$ und 100$, die beliebig auf die acht Agenten verteilt, aber später nicht mehr umgebucht werden können.
Die acht Agenten sind Männer und Frauen, farblich gehören sie als Paar ziemlich stereotyp einer Nationalität an mit der entsprechenden Hauptstadt in den Eckfeldern. So stammen die grünen Figuren aus Washington, die blauen aus London, rote und gelbe kommen aus Moskau und Peking. Wer am Zug ist, bewegt eine beliebige Figur. Zuerst geht es Richtung Tanger, da sich dort ein Koffer mit Geheiminformationen befindet. Wer nicht ziehen möchte, darf bestechen und sein Kapital nutzen. Schließlich kann man Agenten auch auf die Bahamas schicken, indem man sie mit anderen Figuren schlägt, die mindestens vorher mit 500 oder 1000 $ bestochen sein müssen, denn dieser frevlerische Akt ist teuer, er kostet nämlich genau diese Summe.
Bis auf die Bestechungsaktion, kann bei jeder anderen Aktion interveniert werden. Im Falle des Einspruches, werden Teilsummen der Gelder offenbart, die man zur Bestechung benutzt hat. Wer in diesem Bietverfahren die Mehrheit erringt, darf entweder seinen geplanten Zug durchführen oder sorgt dafür, dass er rückgängig gemacht wird. Die sukzessive Bestechung, bei der man auch lange viel Geld zurückhalten kann, um am Ende aufs richtige Pferd zu setzen, war in den 70ern ungewohnte Kost. Keine Würfel, keine Karten, nur psychologische Einschätzung der Mitspieler und der geschickte Umgang mit Geld. Was sich im Spiel ebenfalls ergibt, sind Teamverhandlungen, Partnerschaften auf Zeit.
Das Spiel endet, wenn ein Agent den Koffer in seine Hauptstadt bringt. Derjenige, der das meiste Geld auf diesen Agenten gesetzt hat, gewinnt das Spiel. Die Emotionen am Tisch gehen natürlich hoch, wenn das nicht der Spieler war, der den Agenten in die Hauptstadt gezogen hat.
Irritierend ist, dass es unterschiedliche Regelausgaben bei Pelikan gab. Die stimmungsvolle erste Auflage mit dem Vorwort Eugen Okers, unterscheidet sich zum Teil deutlich von der eher nüchternen mehrsprachigen zweiten Auflage. So darf in der zweiten Fassung in der Bestechungsphase stets nur Geld auf einen Agenten übertragen werden, dass war vorher nicht eingeschränkt. Auch das Schlagen kostete ursprünglich nur 500 $, später 1000$. Wer sich dann noch in der mehrsprachigen Ausgabe die englische Regel ansieht, wird zusätzlich verwirrt zurück gelassen, denn diese entspricht ziemlich genau der Interpretation Eugen Okers. Persönlich tendiere ich zur ersten Fassung, die die Hürde für rivalisierende Kämpfe nicht allzu hoch hängt und vor allem mehr Optionen bei den Bestechungen zulässt.
Solomons Spielidee war seiner Zeit voraus. Viele liebten das Spiel, es gab aber auch genügend Ablehnung. Die Kritik betraf nicht nur die unklaren Regeln, auch der Spielablauf erwies sich oft als langwierig, vor allem wegen der ständigen Unterbrechungen durch Bietergefechte, die langwierig waren. So richtig beeinflussen konnte man den Verlauf nicht, wer zu viel auf einen Kandidaten geboten hatte, der dann auf die Bahamas geschickt wurde, war raus aus dem Spiel und oft als Königsmacher dann Zünglein an der Waage. Trotzdem gewann Solomon später noch Auszeichnungen für Neuauflagen.
National wurde Solomons Idee noch zweimal aufgelegt. In Deutschland erschien 1990 die erfolgreichste Fassung unter dem Titel CASABLANCA. Diese Bearbeitung von Amigo erhielt einen Platz auf der Auswahlliste zum Spiel des Jahres 1991 und erreichte den 5. Platz beim Deutschen Spielepreis. Zuletzt ist das Spiel als JAGD NACH DEM GRAL 2007 beim argentum verlag erschienen.
Titel: AGENT
Verlag: Pelikan
Autor: Eric Solomon
Spielerzahl: 3 - 4
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 90 Minuten
Preis: ca. 60.- DM
Wertung: Gerne morgen wieder
Sammelsurium 4 - S4/2021
Freitag, 22. Januar 2021
ARTISCHOCKEN
ARTISCHOCKEN
Frisch auf den Tisch kommen aus lokalem Anbau Paprika und Zwiebeln und diesmal auch die nicht immer beliebte Artischocke. Einmal werden die Gemüse in Form eines PUNKTESALATs von Bauern aus Friedberg angeboten, das andere Mal liefern Dietzenbacher Ökolandwirte ARTISCHOCKEN knackig vom Feld.
Typisch für beide Produkte ist, dass die Samenlieferungen jeweils aus den USA stammen. Einmal von Molly Johnson, Robert Melvin und Shawn Stankewich, das andere Mal von Emma Larkins. Beachtlich ist der hohe Frauenanteil an der Erfindung beider Spiele.
Bis auf das Thema sind die Ideen mechanisch fast gegenläufig. Sammelt man in dem Friedberger Spiel kräftig Gemüse und Wertungskarten, baut man in Dietzenbach eher die Bestände ab, was im besonderen Maße für die Artischocken gilt.
Was Emma Larkins gegen Artischocken hat, bleibt unklar, für viele ist das Blütengemüse, das Artischockenherz, eine Delikatesse. Larkins liefert uns aber ein „herzloses“ Kartenspiel, in dem alle mit zehn Artischocken starten, von denen fünf auf die Kartenhand kommen, die irgendwann ohne Artischocken mit Brokkoli, Karotten und Kartoffeln gefüllt sein muss.
ARTISCHOCKEN ist ein Kartenmanagementspiel, bei dem Kartennachschub aus einer Gemüsekiste kurz- und mittelfristig das Kartendeck verbessert und zur Reduzierung des Artischockenvorrats führt. Larkins kommt mit 100 Gemüsekarten aus, wobei je nach Spielerzahl 20 bis 40 Artischocken im Spiel sind. Die restlichen Karten verteilen sich auf zehn Gemüsesorten, wobei Amigo mit dem Rhabarber sogar noch sechs Bonus-Karten spendiert. Fünf Karten davon liegen offen in einer Gemüsekiste zur Ergänzung der Kartendecks bereit.
Der Spielablauf ist eingängig, die zehn oder elf Gemüsesorten lassen sich aber erst nach ein, zwei Proberunden gezielt nutzen. Wer an der Reihe ist, bedient sich aus der Gemüsekiste und spielt dann beliebig viele Handkarten aus, nur die Artischocken nicht, die muss man mit Hilfe der Gemüsekarten auf den Kompost entsorgen. Das Besondere bei Larkins Spiel ist, dass danach das Deck nicht wieder auf fünf Karten ergänzt wird, sondern alle nicht genutzten Karten auf eine persönliche Ablage kommen und fünf neue Karten gezogen werden. Das ergibt sich aus der Siegbedingung, denn wenn unter diesen fünf Karten keine Artischocke ist, hat man sofort gewonnen. Zur Beschleunigung trägt auch bei, dass die neu hinzukommende Karte aus der Gemüsekiste nicht erst über den Ablagestapel, sondern sofort über die Hand ins Spiel gelangt. Das sorgt für eine schnellere Dynamik und bringt überhaupt das Spiel in Gang.
Die Siegbedingung hat zur Konsequenz, dass man einerseits schnell Artischocken loswerden möchte, andererseits das Kartendeck durch effektives Gemüse ergänzen will. Das Gute ist, dass die Karten sämtliche Haupt- und Nebenwirkungen der einzelnen Gemüsesorten exakt beschreiben. Da sehnt man sich anfangs nach Karotten, die es ermöglichen, gleich zwei Artischocken zu kompostieren. Die meisten Gemüsesorten lassen unter bestimmten Bedingungen nur den Abwurf einer Artischocke zu, so die Aubergine, Kartoffel oder der Brokkoli. Andere Sorten führen zur Interaktion wie die Rote Beete, der Lauch oder die wandernde Zwiebel.
Einerseits lässt sich damit die Kompoststrategie fahren, bei der man einfach nur voll reduziert und am Ende meist nur noch ganz wenige Karten hat. Man kann aber auch reduzieren und mit bleibendem Gemüse die Hand füllen, sodass auch mit Restbeständen von Artischocken trotzdem das Spielziel erreicht werden kann.
Klingt simpel, ist auch ganz einfach und erstaunlich unterhaltsam. Natürlich sind wir von den Zufälligkeiten der Gemüsekiste abhängig, aber fünf Alternativen bringen schon so etwas wie Auswahl, auch wenn anfangs der Lauch gerne liegen bleibt. Aus diesem Grund macht es Sinn, das zusätzliche Bonusangebot von Amigo mit dem Rhabarber zu nutzen, denn mit ihm lässt sich die Gemüsekiste neu bestücken. Der Nutzen mancher Gemüsesorten hängt auch von den Spielphasen ab, so bringen Brokkoli, Rote Beete, Kartoffeln und Mohrrüben gegen Ende nicht mehr viel, dafür werden Auberginen und Lauch interessanter.
Optisch gefällig von Bonnie Pang umgesetzt, gefällt dieser Deckbauer aus dem Dietzenbacher Anbaugebiet. Er kann gut mit der Gemüsekiste aus Friedberg mithalten.
ARTISCHOCKEN geht wie PUNKTESALAT gut als Vorspeise vor größeren Menüs durch.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: ARTISCHOCKEN
Autor: Emma Larkins
Grafik: Bonnie Pang
Verlag: Amigo
Alter: ab 10 Jahre
Spieler: 2-4 Spieler
Spieldauer: ca. 20 Minuten
Preis: ca. 10 Euro
Spiel 2/2021
Donnerstag, 21. Januar 2021
IN DUBIO PRO REO
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
IN DUBIO PRO REO
Blind wird Justitia, die Göttin der Rechtsprechung, mit ihren verbundenen Augen dargestellt. Steht diese Blindheit im ursprünglichen Sinne für ihre Unbefangenheit und Unbestechlichkeit, so spiegeln leibhaftige Justizerfahrungen andere Blindheiten wieder. Da ist Valentin Hermann mit seiner in Essen vorgestellten Justizsatire, IN DUBIO PRO REO, deutlich näher an der Realität, wobei sein Spiel im Zweifelsfall häufig genug für den Kläger ausgeht.
Abhängig von der Kommunikationsbereitschaft einer Spielrunde kann diese Neuheit des Fanfor Verlages mit Ärgerspielen wie INTRIGE und KOHLE, KIES & KNETE durchaus mithalten. In diese Gruppe der kommunikativen Ärgerspiel muss IN DUBIO PRO REO eingeordnet werden. Am meisten Spaß machen die juristischen Streitereien, wenn mindestens sechs oder sogar acht Spieler beteiligt sind.
Jeder erhält eine Personenkarte, aus deren Beschreibung sich mögliche Anklagepunkte ergeben, diese Karte liegt offen aus. Da gibt es zum Beispiel den leidenschaftlichen Magic-Spieler, der gerne jammert und eine Mütze trägt. Daneben gibt es noch einen Stapel mit sieben Richterkarten, u.a. gehört zum Hohen Gericht die gute Richterin Haar, die eine Abneigungen gegen Kopfbedeckungen hat. Außerdem sind noch rund 150 weitere Spielkarten im Spiel, von denen jeder zu Beginn sechs erhält. Der große Kartenstapel enthält Vorwurfskarten, Argumentekarten im Wert von eins bis fünf, Bestechungskarten und weitere Sonderkarten.
Der Spielablauf ist einfach: Eine Vorwurfskarte wird gegen einen bestimmten Mitspieler ausgespielt. Es geht dabei immer um einen Streitwert, der Minuspunkte bringt. So könnte dem Magic-Spieler der Vorwurf gemacht werden, dass er eine Black-Lotus-Karte zerrissen habe. Schon in der Anfangsphase können sich die Kontrahenten einigen, in dem man eine Aufteilung der negativen Punkte vereinbart. Erfolgt keine Einigung kommt es zur Güteverhandlung. Jetzt muss jeder eine Karte verdeckt ausspielen und dann aufdecken, da liegen dann z.B. Karten mit zwei oder fünf Argumenten. Wieder kann verhandelt werden, ob man sich der größeren Zahl der Argumente (Karte) beugt, oder man vertraut auf die Hauptverhandlung. In dieser dürfen beliebig viele Karten eingesetzt werden, die Kartenwerte aus der Güteverhandlung zählen dabei in der Endabrechnung mit. Der Mandant mit den meisten Argumenten gewinnt meist den Streit, wenn nicht der am Ende gezogene Richter mit jeweils speziellen Abneigungen gerade gegen den Sieger des Rechtsstreits etwas hatte. Der Gewinner erhält drei Pluspunkte, der Verlierer den Streitwert in Minuspunkten angerechnet. Das Spiel endet, sobald ein Spieler 20 Minuspunkte erreicht hat.
Wird IN DUBIO PRO REO nur trocken als Kartenspiel - wer hat die höheren Werte? - gespielt, ist es reichlich flau. Spielerische Atmosphäre kommt aber auf, wenn die Spielgruppe Spaß und Freude daran hat, sich auf die Alltagsstreitereien auch rhetorisch einzulassen. Selbst wenn letztlich doch die Karten entscheiden, gehört das Klappern davor zum juristischen Handwerk. Wenn dann noch Bestechungskarten richtig eingesetzt werden (damit verlieren die Argumente ihren Wert), mit einem Urlaubsekel Urlaubskarten zunichte gemacht werden, ein Schlichter geschickt eingesetzt wird, mit dem man dann selbst die Minuspunkte verteilen darf, dann wird IN DUBIO PRO REO zu einem besonderen spielerischen Leckerbissen.
(Wieland Herold)
Spieletelegramm:
Titel: IN DUBIO PRO REO
Autor: Valentin Herman
Grafik:
Verlag: FanFor verlag
Spielerzahl: 4-8
Alter: ab 12 Jahre
Spieldauer: ca. 60 Minuten
Preis: ca. 19.- DM
Die Rezension erschien 1995
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 21/ 1995 R 19/2021
Zum Autor:
Gut zehn Jahre unterhielt Valentin Herman seine Fan-Gemeinde mit seichten, teilweise abgedrehten Karten- und komplexen Wirtschaftsspielen und war von 1990 bis 2002 mit seinem FanFor-Verlag regelmäßiger Gast auf der Spiel in Essen.
Er startete 1990 mit NACHT DER DIEBE, bekannt war auch seine jährliche ABI-Reihe, die er 1994 startete. Mit X-PASCH konnte er 1996 immerhin den 8. Platz des À la carte-Preises der Fairplay erreichen.
Auf dem Bild ist Herman 1995 in Essen zu sehen, als das Spiel erschien.
DINO
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Die Dinos sind los!
Vor gut einem Jahr gab es nur zwei nennenswerte Saurierspiele auf dem Brettspielmarkt. Das schon 1987 entstandene IRIDIUM von Reinhold Wittig und das bei Haba erschienene hübsche Kinderspiel PRONTO BRONTO.
Die vielen Saurierausstellungen, der "Jurassic-Park"-Rummel haben inzwischen dafür gesorgt, dass kein Spieleverlag das Thema mehr auslässt. Auch sonst holen uns an allen Ecken und Enden die Saurier wieder ein. Kennen Sie noch einen Laden, in dem Sie nicht irgendwo von einem Saurierprodukt angemacht werden?
Falls Sie der Sauriermanie verfallen sind, eine Spielempfehlung:
Der Firma Salagames verdanken wir 1993 das einzig anspruchsvolle Saurierspiel. Sie haben Reinhold Wittigs IRIDIUM als DINO wieder neu auf den Markt gebracht. Wittig hatte seine Idee schon 1989 bei Hexagames unterbringen können, diese Ausgabe war 1990 auf der Auswahlliste der Jury Spiel des Jahres. Nach der Insolvenz von Hexagames 1992 übernahm die Berliner Firma Salagames einige der Spiele ins Programm, darunter DINO.
Der Geologe Wittig folgt der Theorie, dass ein Meteoriteneinschlag zum Aussterben der Saurier führte. Zwei bis sechs Wissenschaftlerteams schickt er aus, vor dem großen Einschlag möglichst viele Sauriereier zu sammeln.
Geschicktes Vorgehen, strategische Planung sind nötig in diesem reizvollen taktischen Brettspiel, um rechtzeitig mit den meisten Eiern die Zeitmaschine ins 20. Jahrhundert zu erreichen. Mit Abstand das beste Spiel zum Saurierthema, das auch nach der Dino-Welle nicht im Regal verstauben wird. Es ist zudem zurzeit äußerst preisgünstig zu erwerben.
(Wieland Herold)
Spieletelegramm:
Titel: DINO
Autor: Reinhold Wittig
Grafik: Andreas Steiner
Verlag: Salagames Vertrieb. Fun Conncetion
Spielerzahl: 2-6
Alter: ab 10 Jahre
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 25.- DM
Die Rezension erschien 1993
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 22/ 1993 R 18/2021
Zum Spiel und zum Autor:
Über den Göttinger Geologen, Puppenspieler, Künstler und Spieleerfinder ließen sich Seiten füllen. Ich halte mich an dieser Stelle kurz:
Reinhold Wittig, der 83jährige Erfinder des Spieleautoren Treffens in Göttingen, entwickelt seit 1958 Spiele. 1976 gründete er seinen Kleinverlag Edition Perlhuhn, der mit Skaiplänen und Spielen in der Rolle bekannt wurde.
Zu seinen bekanntesten Spielen gehört die Würfelpyramide DAS SPIEL (1980 mit dem Sonderpreis Schönes Spiel ausgezeichnet), das heute immer noch von Abacus vertrieben wird. Für WIR FÜTTERN DIE KLEINEN NILPFERDE und MÜLLER & SOHN bekam er ebenfalls diese Auszeichnung, für die Grafik war jeweils sein Sohn Matthias verantwortlich. Seine ästhetischen Maßstäbe für Spielmaterial und Optik haben maßgeblich dazu beigetragen, dass der einfache Pöppelalltag aus den Spieleschachteln verschwand. Den Kosmos-Verlag brachte er durch edle Spiele in der Reihe mit der Feder voran, darunter auch eigene Veröffentlichungen wie MARITIM, das 1987 Chancen auf das Spiel des Jahres hatte.
1990 landete er mit DINO, damals noch von Hexagames auf der Auswahlliste für das Spiel des Jahres.
In den 90er Jahren prägte seine Handschrift die Spiele von Blatz und teilweise auch Haba. KULA KULA und das hier schon vorgestellte DOCTOR FAUST aus diesem Verlag bekamen ebenfalls den Preis für das Schöne Spiel. Die ganz großen Erfolge blieben dann zwar im neuen Jahrtausend aus, immerhin landete CORNU 2007 auf der Empfehlungsliste der Kinderspieljury und MOGULI erhielt 2013 eine MinD-Würdigung.
Die Organisation des Autorentreffens hat Wittig 2016 an die SAZ übergeben, in seiner Edition Perlhuhn unterstützt ihn seit letztem Jahr Timo Diegel. Ein Jahr danach ist er mit dem Göttinger SPATZ ausgezeichnet worden. Das Foto zeigt Wittig auf dem Autorentreffen in Göttingen 2007.
Mittwoch, 20. Januar 2021
DAS WAREN ZEITEN
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Zeitreisen in die Vergangenheit
Seit Mitte der 80er-Jahre die Quizwelle über Deutschland geschwappt ist, bleibt kein Spielejahr ohne Ergänzungskästen. Im Hause Parker, das mit der Quizspielreihe mit dem so schön auszusprechenden Namen TRIVIAL PURSUIT die Ratebewegung in Gang gesetzt hat, gibt es allein 1993 drei neue Trivial-Ausgaben. Für Fernsehfreunde erscheint die TV-Ausgabe mit 4800 Fragen von Bonanza bis zur Schwarzwaldklinik. Die Holiday Edition enthält 2400 Fragen rund ums Thema Reisen. Schließlich veröffentlicht Parker noch eine Exklusivausgabe im Buchformat, das Quizspiel für den Bücherschrank. Unterschiede bei den vielen auf dem Markt befindlichen Quizspielen gibt es nur in der Originalität der Fragen, die Spielmechanismen ähneln sich alle. Otto Normalverbraucher wird so seine Probleme haben mit den vielen Spezialistenkästen, die nur etwas für eingefleischte Fans sind.
Ganz neue Wege werden nun mit historischen Rätselspielen beschritten, bei denen man auch ohne Detailkenntnisse Erfolgserlebnisse haben darf. Die Firma MB lässt in DAS WAREN ZEITEN! auf die letzten 40 Jahre zurückblicken. "Kannst Du Dich erinnern? Wann war das doch noch, als ... Karl-Heinz Rummenigge verkündete, er wechsle für zehn Millionen Mark zu Inter Mailand?" So ungefähr ahnt man, wann das war, ganz genau wissen es nur wenige. Diese Situation wird spieltechnisch ausgenutzt, man muss hier nicht immer genau das richtige Datum wissen, sondern darf Zeiträume angeben. Dazu besitzt jeder Spieler oder jede Spielgruppe, denn das Spiel eignet sich sehr gut für eine Teamauseinandersetzung, sieben Zeitrahmen, die Zeiträume von einem Jahr bis zu sieben Jahren abdecken. Wer als erster seine Zeitrahmen los wird, hat gewonnen. Da die Zeitspanne mit 40 Jahren überschaubar ist, zudem viele Ereignisse uns gut in Erinnerung sind, ist die Eingrenzungsidee eine pfiffige Quizvariante, in der jeder seine Chance hat. Mit 2500 Fragen in den Bereichen Schlagzeilen, Kino, Fernsehen, Musik, dies&das ist für langen Rategenuss gesorgt.
(Wieland Herold)
Spieletelegramm:
Titel: Das waren Zeiten
Verlag: MB
Spielerzahl: 2 oder Teams
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 80.00 DM
Spiel 21/1993 R17/2021
Die Rezension erschien 1993
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Montag, 18. Januar 2021
SPIEL DER TÜRME
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Bestseller-Edition: SPIEL DER TÜRME
Der Blick in die wöchentliche Bestsellerliste des Spiegels ist für viele eine Kaufhilfe. Auch Spieleverlage fangen an, sich an Bestseller-Spieleautoren zu orientieren.
Ganz neue Maßstäbe setzt dabei ein Spieleautor unter den Produktmanagern der großen Verlage, Roland Siegers nämlich, der bei Schmidt Spiel und Freizeit eine ganz neue Autoren-Edition startet, der man nur viel Erfolg wünschen kann.
Nicht kleckern, klotzen scheint Siegers Devise zu sein, der nicht erst vorsichtig den Markt abtastet, sondern gleich in die Vollen mit sechs großformatigen Spielen einsteigt. Das Risiko ist berechenbar: Die Planer bei Schmidt haben sechs Autoren ausfindig gemacht, die in den letzten Jahren allein 40 Prozent der Auszeichnungen aus der Auswahlliste "Spiel des Jahres" unter sich ausgemacht haben. Diese Ehrengarde der Spieleautoren hat insgesamt über 18 Millionen Spiele verkauft. Schmidt hat in der ersten Runde die renommierten Autoren Alex Randolph (1x Spiel des Jahres, 9x Bestenliste), Sid Sackson (1x Spiel des Jahres, 8x Bestenliste), Wolfgang Kramer (2x Spiel des Jahres, 4x Bestenliste), Reinhold Wittig (3x Sonderpreis für "Das schöne Spiel", 5x Bestenliste), Rudi Hoffmann (1x Spiel des Jahres, 4x Bestenliste) und Roland Siegers (6x Bestenliste) in den spielerischen Olymp mit aufgenommen und hat zum Teil bewährte alte Spiele in neuer Bearbeitung (ACQUIRE, von dem amerikanischen Autor Sid Sackson entwickelt und ABILENE, von eben diesen Roland Siegers, der die Reihe gestartet hat), sonst aber echte Neuheiten dieser Autoren herausgebracht. Es fehlen eigentlich nur Klaus Teuber und Reiner Knizia, die neuen Stars am Autorenhimmel, in dieser Bestseller-Edition. Sie dürften wohl 1994 vertreten sein.
Von den Brettspielneuheiten ragt mit Abstand Rudi Hoffmanns SPIEL DER TÜRME, ein knallhartes Strategiespiel, das sofort auf der Bestenliste '93 gelandet ist, heraus.
Beim SPIEL DER TÜRME greift Siegers auf eine Neuentwicklung Hoffmans zurück. Wir werden in eine recht abstrakte mittelalterliche Stadt versetzt, in der vier Adelsfamilien mit großen Türmen die Stadtviertel dominieren wollen. Vorerst liegen 80 Holzsteine in den Straßen der Stadt, acht zentrale Stadtviertel warten auf ihre Füllung. Jeder Spieler hat 20 Steine einer Farbe mit vier unterschiedlichen Wappensymbolen. Gezogen wird orthogonal so weit, wie andere Steine dies zulassen. Identische Symbole dürfen überbaut werden, sodass Türme bis zu einer Höhe von fünf Steinen entstehen. Wandert ein Turm in ein Stadtviertel, darf er nicht mehr bewegt werden. Solange er noch nicht die Maximalhöhe hat, kann er seinen Besitzer aber noch wechseln. SPIEL DER TÜRME endet, wenn ein Zentrum vollständig besetzt ist. Der Spieler mit den meisten Eroberungen in den Zentren gewinnt.
Anfangs wirkt die Steinflut mit den vier Symbolen in vier Farben verwirrend, auch das Türmchenbilden ist gar nicht so einfach, da sie ja nur aus identischen Symbolen entstehen. Vorausschauende Planung ist alles in diesem Spiel, vor allem die Sicherung von Vierertürmen, die Gegner ja noch übernehmen können. Kein einfaches Spiel, aber nach zwei Proberunden immer wieder eine spannende Herausforderung vor allem in voller Besetzung.
(Wieland Herold)
Spieletelegramm:
Titel: SPIEL DER TÜRME
Autor: Rudi Hoffmann
Grafik:
Verlag: Schmidt
Spielerzahl: 2-4
Spieldauer: etwa 45 min
Preis: ca. 49.00 DM
Spiel 20/1993 R14/2021
Die Rezension erschien 1993
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Rudi Hoffmann, der Vater von Guido Hoffman, gehörte schon in den 60er und 70er Jahren zu den bekanntesten Autoren Deutschlands. Da er als Werbegrafiker arbeitete, hat er die meisten seiner Spiele mit einem unverkennbaren ironischen Stil selbst gestaltet. Seine Handschrift prägt viele frühe Spiele der Verlage Spear und Berliner Spielkarten.
Seinen größten Erfolg hatte er 1989 mit CAFÉ INTERNATIONAL (Mattel), das Spiel des Jahres wurde. Dieser Preis führte vor allem in den 90ern zu vielen Neuauflagen seiner älteren Spiele. HALALI gehörte dazu, ursprünglich hieß das Spiel JAG UND SCHLAG und war 1973 bei Spear erschienen. Das auch solche alten Ideen immer noch erfolgreich sein können, zeigen die weiteren Auflagen, die 2012 und 2015 folgten. SPIEL DER TÜRME war wie das Mattel-Spiel eine Neuentwicklung für die Bestseller-Reihe von Schmidt. Es reichte immerhin für die Auswahlliste zum Spiel des Jahres 1993, außerdem landete Hoffmann mit dem Spiel auf dem siebten Platz beim deutschen Spielepreis. 2006 erschien eine Neuausgabe des Spiels bei Pro Ludo.
Rudi Hoffmann starb im Juli 2008 mit 83 Jahren.
Das Foto zeigt Rudi Hoffmann 1989 in Essen während der legendären CAFÉ INTERNATIONAL-Runde mit Randolph, Sackson und Kramer.
Sonntag, 17. Januar 2021
LASKA
SAMMELSURIUM
E-Serie von F.X. Schmid
Die bei Spielesammlern bekanntesten Spiele aus dem F.X. Schmid Verlag sind die Spiele der E-Reihe. Das „E“ steht für Erwachsenenspiele, die Serie erschien in den Jahren 1973/74. Die E-Serie war die Antwort aus Prien auf die Casino-Reihe von Ravensburger und die 3M-Serie. Die Spieleschachteln ähnelten aber nur den Buchschubern von 3M. Im Grunde genommen waren es einfache Stülpschachteln mit durchaus edler Innenverkleidung.
Die am meisten gesuchten Spiele dieser Serie sind: TRADE, SAMURAI, PAGODE und SNIFF. Mit LASKA hatte der Verlag einen Klassiker im Programm, der von einem ehemaligen Schachweltmeister stammte.
Die Firma war älter als Ravensburger. Franz Xaver Schmidt gründete den Verlag 1860 in München. Anfangs wurden nur Spielwaren und Karten produziert, nach dem Zweiten Weltkrieg, das Unternehmen war inzwischen in Prien am Chiemsee ansässig, kamen auch Brettspiele und Puzzles dazu. 1997 übernahm Ravensburger die Firma, labelte bis 2000 noch Produkte unter FX, stellte dann aber die Spiele ein.
LASKA
Der 1868 in Berlinchen geborene Emanuel Lasker ist bis jetzt der am längsten amtierende Schachweltmeister. Sein Vorgänger, der Österreicher Wilhelm Steinitz, war der erste Weltmeister im Schachspiel von 1886 bis 1894. Lasker behielt dann den Titel von 1894 bis 1921 über einen Zeitraum von 27 Jahren.
Lasker studierte in Berlin und Göttingen Mathematik. Seine frühen Erfolge im Schachspiel führten aber dazu, dass er, was damals schon möglich war, Profispieler wurde. Zuerst in London, später in New York, wo er in 19 Spielen 1894 erstmalig die Weltmeisterschaft gegen Steinitz gewann. Trotz der Erfolge brachte er sein Studium zu Ende und promovierte 1901 in Erlangen. Zu einer akademischen Anstellung reichte das aber nicht, sodass er weiter Schach spielte und die Redaktion der Deutschen Schachzeitung übernahm. Außerdem wandte er sich der Philosophie zu, und veröffentlichte mehrere Bücher, so sein frühes Werk über die „Wissenschaft des Kampfes“, dabei übertrug er Schachprinzipien auf andere Lebensbereiche.
Lasker beschäftigte sich auch mit anderen Spieleklassikern wie MÜHLE und DAME. Für das MÜHLE-Spiel schlug er vor, dass jeder Spieler zehn statt neun Steine erhielt. Am Anfang ließ er ihnen die Wahl, entweder einen neuen Stein einzusetzen oder einen bereits gesetzten zu ziehen.
Seine Variation des DAME-Spiels wurde 1911 als LASKA von der Hans Joseph GmbH in Berlin-Schöneberg veröffentlicht. Lasker selbst sagte, es sei vom englischen CHECKERS und dem russischen BASHNI beeinflusst.
LASKA wird nur auf 25 Feldern in sieben Reihen gespielt, wobei die Reihen abwechselnd drei oder vier Felder besitzen, es gelten zunächst einmal die DAME-Grundregeln. Beide Spieler starten mit elf Steinen, die grundsätzlich diagonal und vorwärts gezogen werden. Wird die gegnerische Grundlinie erreicht, befördert man den Stein zum Offizier, der nun auch rückwärts ziehen kann. Im Gegensatz zur klassischen Doppeldame, die beliebig weit ziehen darf, bewegt sich Laskers Offizier nur ein Feld in alle Richtungen. Die eigentlich neue Qualität von LASKA besteht aber darin, dass geschlagene Steine nicht aus dem Spiel sind, sondern gefangen genommen werden, was zu Turmbildungen führt. Dieses Element hat Lasker vom russischen BASHNI abgekupfert. Werden Türme übersprungen, wandert nur der oberste Stein in Gefangenschaft, der darunter bestimmt neu die Handlungsfähigkeit des Turms oder Steins. Ziel des Spieles ist es, dem Gegner alle Steine zu nehmen oder ihn bewegungsunfähig zu machen.
Dieser neuen Variante fehlt zwar die Dynamik, die die flexibleren DAME-Steine im Endspiel bringen, dafür ergeben sich ganz neue Denkprozesse durch die Gefangennahme gegnerischer Steine und der Möglichkeit der Wiederbefreiung. Entscheidend bleibt das Stellen von Fallen, die sich aus dem Sprungzwang ergeben. Ganz neu ist auch das Taktieren mit den unterschiedlichen Türmen. Wer viele gegnerische Steine in einem Turm hat, wird diesen gut vor Angriffen abschirmen. Wer es schafft den Gegner zu Kettensprüngen zu zwingen, bei denen am Ende der große Turm selbst abgefangen wird, erlebt den besonderen Reiz dieses Spiels.
In einer LASKA-Partie bleibt die Zahl der auf dem Brett befindlichen Spielsteine zwar konstant, trotzdem verringern sich die Spielsteine auf dem Brett und werden zu immer größeren Türmen. Dieses Wachsen in die Vertikale macht einen besonderen Reiz des Spiels aus. Die Anlage des Spielbretts ohne Doppelecken wie bei DAME verhindert meist ein Remis. Trotzdem kann es zu ständigen Zugwiederholungen kommen, die wie beim Dauerschach das Unentschieden bringen.
Für viele Spiele der E-Serie hat der Begründer der Spielekritik in Deutschland, Eugen Oker, die Regeln aufbereitet. So haben wir ihm nicht nur eine sehr übersichtliche und bebilderte Regel zu verdanken, sondern zusätzlich auch noch taktische Hinweise.
Titel: LASKA
Verlag: F.X. Schmid E-Serie
Autor: Emanuel Lasker
Spielerzahl: 2 - 4
Alter: ab 12 Jahre
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 60.- DM
Wertung: Gerne morgen wieder
Sammelsurium 3 - S3/2021
Freitag, 15. Januar 2021
VERFLIXT GEMIXT
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
VERFLIXT GEMIXT
Blickfang im Spieleladen sind die großen Schachteln, meist mit aufwendigem Cover, mit vielzuviel verpackter Luft. An den kleinen Mitbringspielen gehen die meisten vorbei, nur für Kindergeburtstage halten sie her.
Eines dieser wohlfeilen Kinder- und Familienspiele sollten Sie sich in diesem Jahr selbst gönnen. Es ist eine ganz raffinierte MEMO-Variante des bekannten Kinderspieleautors Heinz Meister. VERFLIXT GEMIXT hat er das kleine Ravensburger Spiel für zwei bis fünf Menschen ab vier Jahre genannt.
Auch dieses Spiel enthält noch einige Luft in der kleinen Schachtel, dafür wird aber eine pfiffige Spielidee mitgeliefert. 16 Tierkärtchen, 20 Chips und ein Würfelstab stellen das ganze Zubehör dar. Von der Grundidee her handelt es sich um ein einfaches Merkspiel. Die Memoryleistung wird bei VERFLIXT GEMIXT aber gleich doppelt abverlangt. Statt eines Pärchens gilt es, vier mit einem Würfelstab erdrehte Tierbilder zu finden. Ganz einfach bei nur 16 Tierbildern, denkt man. Versuchen Sie's mal. Den Esel, die Maus und den Fuchs finden Sie noch, aber verflixt, wo war denn nur das Krokodil? Gegen Spielende geht es natürlich erheblich schneller.
Wer als erster fünfmal die immer neu gemixten Tierbilder gefunden hat, ist Spielsieger. Wie bei allen MEMO-Varianten zeigt sich, dass die mitspielenden Kinder meist die Nase vorn haben. Gönnen Sie auch Ihrem Kind ein Erfolgserlebnis bei der Suche nach Ente, Nilpferd, Bär und Löwe.
(Wieland Herold)
Spieletelegramm:
Titel: VERFLIXT GEMIXT
Verlag: Ravensburger
Autor: Heinz Meister
Grafik: Detlef Kersten
Spielerzahl: 2-5
Spieldauer: etwa 15 min
Preis: ca. 12.00 DM
Spiel 19/1993 R13/2021
Die Rezension erschien 1993
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Heinz Meister gehört zu den produktivsten und am längsten aktiven Spieleautoren in Deutschland. Mit Blick auf die Anzahl seiner Veröffentlichungen dürfte ihn nur Reiner Knizia übertreffen.
Besonders erfolgreich war und ist Heinz Meister mit Kinderspielen. Mit SCHWEINSGALOPP gewann er 1992 sowohl den Sonderpreis der Jury Spiel des Jahres als auch den des Deutschen Spielepreises. Auf diesen war er Anfang der 90er Jahre abonniert, er gewann ihn 1993 für VERFLIXT GEMIXT und 1994 für HUSCH, HUSCH, KLEINE HEXE. Ein Jahr später zeichnete ihn die Jury Spiel des Jahres mit dem damaligen Sonderpreis Kinderspiel für KARAMBOLAGE aus. ZAPP ZERAPP war dann fast wieder ein Doppelerfolg, mit Klaus Zoch zusammen gewann er 2001 den Deutschen Kinderspielepreis und eben die Nominierung. EIERLEI ist in dieser Phase erschienen, konnte aber keine Auszeichnungen gewinnen.
Das Bild zeigt Heinz Meister mit Synes Ernst bei der Übergabe der Nominierungsurkunde während der Preisverleihung in Berlin 2005 für DADDY COOL, ein weiteres erfolgreiches Meisterstück.
Donnerstag, 14. Januar 2021
AUF KURS
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
AUF KURS - BLATZ Spiele aus Berlin
Den richtigen Kurs hat die neue Firma BLATZ aus Berlin eingeschlagen mit ihrer guten Auswahl bekannter Wittig-Spiele. Sieht man einmal von dem recht simplen DOW JONES ab, das die Erwartungen an ein Wirtschaftsspiel nicht recht einlösen kann - die ursprüngliche Geistervariante NICHT GEHEUER IM GEMÄUER war thematisch passender für diesen einfachen Spielmechanismus , dann bleiben immer noch drei hochwertige Spiele übrig, von denen KULA KULA ein wunderschönes Spiel für die ganze Familie ist, HANS DAMPF erweist sich als der Renner für große Spielkreise und mit AUF KURS werden alle Freunde taktischer Spiele zufrieden gestellt.
Der eine oder die andere werden dieses Segelspiel auf den Markierstrahlen von Leuchttürmen noch als das 1987 prämiierte MARITIM in Erinnerung haben. Inzwischen hat Franckh Kosmos zum Glück für Blatz das Spiel leider aus dem Programm genommen. Etwas aufgepeppt dürfen seit kurzem aber zwei bis sechs Segelschiffe wieder auf Törn gehen.
Sie umrunden auf einer immer wieder veränderbaren Wasserlandschaft eine Boje, orientieren sich dabei an den Leuchtstrahlen von sechs Leuchttürmen und versuchen, als erste wieder ins Ziel zu gelangen. Das ist schon die ganze Spielbeschreibung. Dahinter verbirgt sich aber ein hochkarätiges Taktikspiel. Neun Zugpunkte hat jeder zur Verfügung, um sein Schiff voranzubringen und Leuchttürme in die richtige Position zu stellen. Die taktischen Manöver sind vielfältig, besonders die Wende muss gut geplant werden, sonst nehmen einen die Mitspieler den Wind aus den Segeln.
Eine neue Brise bläst auch im Regelblätterwerk der Blatz-Spielemacher. Im kompakten DIN A6 Format präsentieren sich die Regeln, locker und gut verständlich geschrieben mit ungewöhnlichen Extras. Die Regel von AUF KURS fordert nicht nur großspurig zum Regatta-Wettkampf der "Weltbesten" auf, sie liefert auch das kulinarische Ambiente. Mit einem Labskaus-Rezept können Sie Ihr Segelspiel beginnen oder auch beenden. Für alle Landratten gibt's noch einen Kurzkurs Segellatein gratis. Hier stimmt alles. Blatz sei Dank, dass Segeltouren á la Reinhold Wittig wieder möglich sind.
Wieland Herold
Spieletelegramm:
Titel: Auf Kurs
Verlag: Blatz-Spiele
Autor: Reinhold Wittig
Spielerzahl: 2-6
Spieldauer: etwa 45 bis 60 min
Preis: ca. 59.00 DM
Spiel 5/1992 R11/2021
Die Rezension erschien 1992
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Über den Göttinger Geologen, Puppenspieler, Künstler und Spieleerfinder ließen sich Seiten füllen. Ich halte mich an dieser Stelle kurz:
Reinhold Wittig, der 83jährige Erfinder des Spieleautoren Treffens in Göttingen, entwickelt seit 1958 Spiele. 1976 gründete er seinen Kleinverlag Edition Perlhuhn, der mit Skaiplänen und Spielen in der Rolle bekannt wurde.
Zu seinen bekanntesten Spielen gehört die Würfelpyramide DAS SPIEL (1980 mit dem Sonderpreis Schönes Spiel ausgezeichnet), das heute immer noch von Abacus vertrieben wird. Für WIR FÜTTERN DIE KLEINEN NILPFERDE und MÜLLER & SOHN bekam er ebenfalls diese Auszeichnung, für die Grafik war jeweils sein Sohn Matthias verantwortlich. Seine ästhetischen Maßstäbe für Spielmaterial und Optik haben maßgeblich dazu beigetragen, dass der einfache Pöppelalltag aus den Spieleschachteln verschwand. Den Kosmos-Verlag brachte er durch edle Spiele in der Reihe mit der Feder voran, darunter auch eigene Veröffentlichungen wie MARITIM, das 1987 Chancen auf das Spiel des Jahres hatte.
In den 90er Jahren prägte seine Handschrift die Spiele von Blatz und teilweise auch Haba. AUF KURS war eines der ersten Spiele für Blatz. KULA KULA und das hier schon vorgestellte DOCTOR FAUST aus diesem Verlag bekamen ebenfalls den Preis für das Schöne Spiel. Die ganz großen Erfolge blieben dann zwar im neuen Jahrtausend aus, immerhin landete CORNU 2007 auf der Empfehlungsliste der Kinderspieljury und MOGULI erhielt 2013 eine MinD-Würdigung.
Die Organisation des Autorentreffens hat Wittig 2016 an die SAZ übergeben, in seiner Edition Perlhuhn unterstützt ihn seit letztem Jahr Timo Diegel. Ein Jahr danach ist er mit dem Göttinger SPATZ ausgezeichnet worden. Das Foto zeigt Wittig auf dem Autorentreffen in Göttingen 2007.
Dienstag, 12. Januar 2021
IN TEUFELS KÜCHE
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Höllischer Spaß : IN TEUFELS KÜCHE
Einen "höllischen Spaß für die ganze Familie" verspricht der Untertitel dieses neuen Spiels und hier hält die Werbung einmal, was sie verspricht.
Der Spaß beginnt schon, bevor man mit dem eigentlichen Spiel anfängt, denn das wichtigste Spielgerät, ein Höllenofen, ist nach Öffnen der Schachtel sofort Objekt der Spielbegierde aller Mitspieler. Hier hat sich die Firma F.X. Schmid etwas ganz Pfiffiges einfallen lassen: Der Boss der Hölle verbirgt sich in diesem schwarzen Ofen. Klingelt man ihn mit Hilfe eines roten Druckknopfes heraus, kommt er - oder er kommt auch nicht. Ein Zufallsmechanismus sorgt dafür, dass man nie genau weiß, wann denn nun der Oberteufel geruht herauszuspringen. Hier werden ab und zu Rekorde aufgestellt, über 30 Mal muss man sich manchmal bemühen, um den Teufel hinter dem Ofen hervorzulocken.
Dieser Plastik-Gimmick steht im Zentrum des höllischen Spieles, in dem sich bis zu vier Spieler um die Erstellung der Leibspeisen des Oberteufels bemühen. Mindestens zehn sollte man schon zusammenbrutzeln, von den lebenden Spaghetti bis zu den grünen Dracheneiern darf alles dabei sein. Hüten sollten sich die Spieler aber davor, dem Oberteufel Milch zu servieren. Soweit die Spielgeschichte.
Im Spiel selbst hat jeder Spieler drei Teufelsköche zur Verfügung, die in der Höllenküche Töpfe einsammeln, um sie dem Oberteufel zu servieren. Den Topfinhalt der eigenen Töpfe kennt man, zum Spielgewinn muss man aber mindestens einen fremden Topf stibitzen, der natürlich nicht mit Milch gefüllt sein darf.
IN TEUFELS KÜCHE geht es heiß her! Die Teufelchen gönnen sich nichts, jagen sich ständig ihre Kochtöpfe mit möglichst feinen Speisen ab und liefern sich dabei höllische Duelle. Wenn zwei Teufel aufeinandertreffen kommt es zu einem solchen Zweikampf, in dem der Höllenofen die entscheidende Rolle spielt. Wer den Teufel aus dem Ofen lockt, gewinnt das Duell. Für den Verlierer gibt's einen über die Mütze, eine kräftige Beule trägt er fortan mit sich herum.
Bluffelemente, der reizvolle Duellmechanismus, eine überschaubare Spieldauer und das hervorragende Spielmaterial - alles stimmt in diesem gelungenen Brettspiel des bekannten Spieleerfinders aus Venedig, Alex Randolph. Er ist Garant für wirklich höllischen Spielspaß von mindestens einer halben Stunde Spieldauer. Meist wird es sicherlich nicht bei nur einer Menüwahl in der Hölle bleiben. IN TEUFELS KÜCHE gehört zu den herausragenden raren Neuheiten im Famlienspielsektor in diesem Jahr.
(Wieland Herold)
Spieletelegramm:
Titel: In Teufels Küche
Verlag: F.X. Schmid
Autor: Alex Randolph
Grafik: F. Visintin
Spielerzahl: 2-4
Alter: ab 10 Jahre
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 55.00 DM
Spiel 17/1993 R10/2021
Die Rezension erschien 1993
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Alex Randolph war der Kosmopolit unter den Spieleautoren. 1922 in Böhmen geboren. Seine Mutter stammte aus Colorado, sein Vater war Russe. Schon als Kind lebte er mehrere Jahre in Venedig, bevor er als Zehnjähriger in ein Schweizer Internat geschickt wurde. Ein Jahr vor dem Zweiten Weltkrieg ging die Familie zurück in die USA. Während des Krieges arbeitete er am Entschlüsseln feindlicher Codes.
Nach dem Krieg lebte er als Werbetexter und Romancier in Boston, bevor er 1961 mit Pentomino-Steinen sein erstes Spiel veröffentlichte. Randolph siedelte dann nach Wien um, spielte dort im Café Hawelka TWIXT mit Herbert Feuerstein, das bald als 3M-Spiel in einer edlen Buchschuberausgabe erschien und ihm einen mehrjährigen Aufenthalt in Japan finanzierte. Mitte der 70er Jahre fand der Spieleautor nach Venedig zurück, wo er 2004 starb.
Anfangs entwickelte er, inspiriert durch die Japanreise, hauptsächlich taktische Spiele für zwei, wie EVADE, BUFFALO und GEISTER. In den 80er Jahren erfand er erfolgreich viele Familienspiele wie SAGALAND, „Spiel des Jahres“ 1981, das er zusammen mit seinem engen Freund Michael Matschoss entwickelte, der sich inzwischen um sein spielerisches Erbe kümmert. Es blieb zwar sein einziges „Spiel des Jahres“, für GUTE FREUNDE (1989) gewann er den ersten Sonderpreis „Kinderspiel“, was er mit LEINEN LOS! 1997 noch einmal wiederholte. INKOGNITO (1988) und VENICE CONNECTION (1996) bescherten ihm den Sonderpreis „Schönes Spiel“.
In den 90er Jahren arbeitete Randolph eng mit Johann Rüttinger zusammen, der auch XE CIAO CIAO … in sein Programm nahm. Posthum veröffentlichten Rüttinger und Kathi Kappler 2012 das lesenswerte Buch Randolphs „Die Sonnenseite. Fragmente aus dem Leben eines Spieleerfinders“.
In seinem 68. Lebensjahr wird der Philosoph unter den Spieleautoren mit dem Göttinger SPATZ ausgezeichnet, außerdem erhält er 1992 einen Sonderpreis für sein Lebenswerk beim Deutschen Spielepreis. Randolph gilt neben Sid Sackson als einer der ersten Spieleautoren, der seine Leidenschaft zum Beruf gemacht hat. Er hat schon in den 70er Jahren dafür gesorgt, dass Autorennamen auf den Schachteln auftauchten.
Das Bild zeigt Alex Randolph 1990 bei seiner SPATZ-Verleihung mit Rita Süßmuth.
Montag, 11. Januar 2021
BLUFF
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
BLUFF: Pokerface und Würfelglück
Vergessen Sie CHICAGO, KNIFFEL, YATZEE und andere fetzige Würfelspiele - BLUFF ist ab diesem Jahr angesagt und wird alle Würfelfans begeistern.
F.X. Schmid ist es zu verdanken, dass dieses amerikanische Spiel nun auch in Deutschland zu erwerben ist. Etwas Vergleichbares gab es bisher in deutschen Würfellanden noch nicht. Alle, die MÄXCHEN, auch unter dem Namen „21“ bekannt, kennen, werden den Bluffreiz in dem neuen Würfelspiel aus Eching gut umgesetzt finden. Denn Pokerface und Würfelglück sind in diesem raffinierten Würfelspiel angesagt.
Der Spielablauf ist schnell erklärt. Jeder Spieler erhält fünf Würfel, dazu einen Würfelbecker mit erotischen Dimensionen. Die Würfel weisen die üblichen Punktzahlen von 1 bis 5 auf, statt der „6“ einen Stern, der Jokerfunktion besitzt.
Jeder würfelt und sieht sich verdeckt seinen Wurf an. Dann beginnt das eigentliche Spiel. Auf einer Setztafel schätzt der erste Spieler ein mögliches Würfelergebnis. Er wettet, dass sich zum Beispiel sechsmal die „3" unter allen Bechern verbirgt. Der Stern nimmt dabei den Wert der Zahl an, auf die gewettet wird. Wie im Pokerspiel muss nun erhöht werden, sechsmal die „4" oder siebenmal die „1" wären Mindestgebote. Wird die Wette angezweifelt, werden die Becher gelüftet. Der Differenzbetrag muss mit Würfeln bezahlt werden. Hat man zum Beispiel auf neunmal die „5" gewettet, diese befindet sich aber nur siebenmal auf den Würfeln, muss der Wetter zwei Würfel abgeben. Ein Spieler ohne Würfel scheidet aus. Der letzte Spieler mit mindestens einem Würfel hat am besten gewettet und gewinnt das Spiel.
BLUFF macht besonders viel Spaß in großen Spielrunden, maximal sechs Personen können sich an dem Würfelspaß beteiligen. Spielt man nur zu zweit oder zu dritt, sollte man die Würfelzahl erhöhen.
Wieland Herold
Spieletelegramm:
Titel: BLUFF
Verlag: F.X. Schmid
Autor: Richard Borg
Grafik: o.A.
Spielerzahl: 2-6
Alter: ab 12 Jahre
Spieldauer: etwa 15 Minuten
Preis: ca. 35.00 DM
Spiel 16/1993 R9/2021
Die Rezension erschien 1993
Wertung Spielreiz damals 8 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Das Hauptbetätigungsfeld des 72jährigen Richard Borg sind eigentlich Konfliktsimulationen. Sehr erfolgreich sind seine historischen Spiele wie MEMOIR `44 und das Fantasy-Spiel BATTLELORE.
BLUFF erschien als LIARS DICE ursprünglich im Eigenverlag in den USA, bis es MB 1988 übernahm. In Deutschland wurde dieses Bluffspiel 1993 Spiel des Jahres und kam auf den 4. Platz beim Deutschen Spielepreis.
Mit Spielen wie BLITZ UND DONNER (Kosmos 2000) und WYATT EARP (Alea 2001) war er ebenfalls noch recht erfolgreich.
Das Bild zeigt Richard Borg auf der Spiel in Essen 1993.
Sonntag, 10. Januar 2021
TWIXT
SAMMELSURIUM
3M Buchkassetten
In den 60er und 70er Jahren hat die Firma 3M (Minnesota Mining & Manufacturing Company) Maßstäbe in der Spielentwicklung gesetzt, die sich auch auf den deutschen Markt auswirkten. Spiele landeten im Buchschuber und damit plötzlich im Bücherregal nicht nur von 3M, sondern als Casino-Spiel von Ravensburger oder in der E-Serie von F.X. Schmid und im kleineren Schuber von Pelikan.
TWIXT
Zu den bekanntesten 3M Spielen gehört neben ACQUIRE von Sid Sackson, TWIXT von Alex Randolph. In Die Sonnenseite – Fragmente aus dem Leben eines Spieleerfinders, das die Drei Hasen in der Abendsonne 2012 zu Randolphs 90. Geburtstag herausgebracht haben, beschreibt der Autor die Erfindung von TWIXT. „Die Idee kam mir auf einen Schlag. Warum nicht mal ein ‚Border-to-Border-Spiel‘ mit Rösselsprüngen? Das war in Wien, in den 50er-Jahren.“ Er probierte es noch am gleichen Abend im Café Hawelka in der Wiener Dorotheengasse aus, sein Spielpartner war kein geringerer als der im Oktober verstorbene Herbert Feuerstein. Die ersten Partien fanden als Papier- und Bleistiftspiele statt.
Als Spiel wurde TWIXT 1962 als eines der ersten 3M-Spiele veröffentlicht. Gespielt wird auf einem 24x24 Felder großen Steckplan. Die beiden Kontrahenten besitzen je 40 Pfeiler und Brückenglieder, wobei eine durchgehende Brückenverbindung entweder von oben nach unten oder von rechts nach links erreicht werden muss. Der gedankliche und reale Brückenschlag über die Pfeiler findet im Rösselsprung-Rhythmus statt. Diese SCHACH-Entfernung muss man die ganze Zeit über im Blick behalten und taktisch nutzen. Sobald ein Spieler eine Verbindung zwischen seinen zwei Seiten hinbekommt, ist die Partie beendet.
Da die deutsche Regelübersetzung Fragen offenließ, beispielsweise durfte das Wegnehmen von Verbindungen nur als Extrazug vorgenommen werden, hat Randolph in den 80ern in der Pöppel-Revue die Regeln noch einmal auf den Punkt gebracht.
„Was nicht verboten ist, ist erlaubt Die Original-TWIXT-Regel bestand aus nur vier kurzen Sätzen. Diese würde ich so übersetzen:
1. Spiel-Ziel ist, gegenüberliegende Ränder zu verbinden: Rot die zwei roten, Schwarz die zwei schwarzen.
2. Abwechselnd wird ein Stecker in ein beliebiges Loch des Spielfeldes gesetzt nur nicht hinter den Grenzlinien des Gegners.
3. Wenn, nachdem man einen Stecker gesetzt hat, zwei oder mehr eigene Stecker im "Rösselsprung" - Abstand stehen, kann man sie verbinden.
4. Gelingt es einem der beiden, eine ununterbrochene Verbindungskette zwischen seinen zwei Rändern aufzubauen, hat er gewonnen; gelingt es keinem der beiden, ist das Spiel unentschieden.“
Randolph geht dann noch auf die Kuchenregel (s.u.) und auf die Räumungsregel ein, die dazu dient, verdrängte Endspiel-Situationen aufzulockern. „Vor jedem Zug kann man nach Belieben eigene schon gesetzte Verbindungen wieder vom Brett entfernen.“
TWIXT entwickelt trotz ganz simpler Regeln eine erstaunliche Spieltiefe, die der Autor selbst recht gut im Griff hatte. In den 90ern durfte ich seine Spielstärke bewundern und scheiterte grandios gegen ihn, während einer Partie auf dem Autorentreffen in Göttingen. Während der Mind Sports Olympiade fanden ab 1997 TWIXT-Meisterschaften statt. Der erste der sich als Champion in die Siegerliste eintragen durfte, war Alex Randolph, sein Nachfolger kam aus Deutschland und war bis 2002 Klaus Hussmanns. Aktuell steht als letzter Gewinner der Italiener Cosimo Cadellicchio in der Liste. Randolph betreute auch in den ersten Ausgaben der spielbox Anfang der 80er- Jahre in der Denkrubrik TWIXT-Aufgaben.
Schon von Anfang an, hat der Autor den Startvorteil als Problem erkannt. Wenn der erste Zug ins Zentrum gespielt wird, ergibt sich daraus ein extremer Vorteil. Deshalb hat er die „Kuchenregel“ eingeführt. Der eine macht den ersten Zug, der andere wählt die Farbe und damit eventuell die Position des Pfeilers, den der erste gesetzt hat. Es geht also zu, wie beim gerechten Teilen des Kuchens. Einer schneidet, der andere wählt sein Kuchenteil aus.
Die 3M-Fassung hat im Buchschuber das klappbare Spielbrett und eine Schachtel mit den Brückenbauelementen. Im Prinzip haben sich alle Nachfolgeausgaben an diesem Material orientiert. Die deutsche Ausgabe von Schmidt war übrigens 1979 ein Konkurrent von HASE UND IGEL um das erste Spiel des Jahres, es landete aber knapp geschlagen auf dem zweiten Platz. Als MINI-TWIXT erschien noch eine quasi Café Hawelka Fassung 1979 bei Schmidt.
Danach folgten Ausgaben von Klee Spiele (1990) und eine sehr gelungene von Kosmos 1998. Schon in den 60er Jahren plagiierte die Firma Rhön-Plastik mit dem Spiel IMURI Randolphs Idee, als Autor war ein Klaus Munro ausgewiesen. 2018 wollte der Amerikaner Wayne Dolezal mit seiner Firma Lil' Cerebral Games eine Neuauflage von TWIXT über Kickstarter finanzieren, ohne einen Lizenzvertrag mit Randolphs Neffen und Erben Michael Katz geschlossen zu haben. Die Kampagne wurde noch rechtzeitig gestoppt. Die Ausgabe von Kosmos ist die letzte deutsche Veröffentlichung von TWIXT, zur Jahrtausendwende erschien noch eine ganz kleine Auflage der Felsberger Spiel&Art AG in der Schweiz in einer wunderschönen Holzfassung.
Titel: TWIXT
Verlag: 3M
Autor: Alex Randolph
Spielerzahl: 2 - 4
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 60.- DM
Wertung: Gerne morgen wieder
Sammelsurium 2 - S2/2021
Samstag, 9. Januar 2021
KAI PIRANJA
KAI PIRANJA
Alte Schätze neu gehoben
2004 ging es schon einmal gefährlich in Oliver Igelhauts Fischteich zu, große Fischräuber räumten unter den mehrheitlich friedlichen Artgenossen auf. Die Spieler, die die meisten Räuber in die Netze bekamen, gewannen meist nach unterhaltsamen 15 Minuten das Abacus-Spiel KAI PIRANJA. Die gefräßigen Fische schafften es bis auf die Empfehlungsliste zum Spiel des Jahres und sogar die Fairplay berücksichtigte das Fressen-und-Gefressen-Werden auf dem neunten Platz.
Abacus hat Igelhauts Idee nun eine Neuauflage spendiert, die grafisch überarbeitet und mit einer hübschen Regelvariante versehen ist. Immer noch sind 160 Fischkarten im Spiel, 32 harmlose und acht gefräßige in vier Sorten, außerdem können in einer Variante vier Haikarten untergemischt werden.
Alle Fische gibt es in harmlosen kleinen und großen Varianten, aber eben auch in einer gefräßigen Abart. Aus einem Kartengewusel gehen die Spieler auf Fischfang. In CAN’T STOP-Manier dürfen sie solange Fische ziehen, bis sie auf einen Räuber stoßen. In die eigene Auslage kommen dabei Fische der gleichen Größe oder gleichen Farbe. Wer einen harmlosen Fisch nicht anlegen kann, verschenkt ihn an die Nachbarangler. Wer möchte, darf nach einem harmlosen Fisch aufhören und seinen Fang einholen. Mehr Sinn macht es aber, den bisherigen Fang liegen zu lassen. Denn die Fischräuber fressen sich, wenn sie aufgedeckt werden, durch ganze Fischreihen durch und machen nur Halt vor der eigenen Art. An die Beutestapel kommt aber nur heran, wer mindestens drei Fische der entsprechenden Farbe vorweisen kann. Deshalb macht die Fangeinholung meist keinen Sinn, weil man oft auch mehrere Beutestapel einsammeln kann.
Das Spielende wird dann eingeleitet, wenn nur noch Karten mit Fischgräten zu sehen sind. Die haben auf ihrer Vorderseite identische Fische wie im Hauptstapel der Fischkarten und werden genauso gefangen. Sobald aber in dieser Phase ein Spieler einen Fischräuber aufdeckt, ist nicht nur für ihn Schluss, sondern das Spiel ist insgesamt beendet. Kleine und große Fische, auch die Räuber zählen am Ende nur einen Siegpunkt, wer die meisten hat, ist Fischerkönig oder besser KAI-ser.
Mit den Haien im Igelhautschen Gewässer ist Schluss mit der Fresshemmung, taucht er im Fang auf, frisst er sich durch die gesamte Fischreihe durch. Wer dann später einen Haifang für sich beanspruchen möchte, braucht schon vier Fische gleicher Farbe. Da wird das Fangnetz ganz voll, denn obendrauf gibt es zusätzlich den Beutestapel der entsprechenden Farbe.
KAI PIRANJA hat nichts vom Zockerspaß vor fast zwanzig Jahren verloren. Das „Einer geht noch!“ wird immer noch auffordernd gerufen, verbunden mit der Schadenfreude, die mit dem Hai sogar noch größer wird. Ein kurzweiliges Familienspiel mit Emotionen am Tisch, dessen Anreiz, weiter zu machen, durch die Dreierkombination und nun sogar Viererkombi gewachsen ist. Spott bleibt angesagt, ebenso wie die netten kleinen Geschenke, die man den Nachbarn macht. Igelhauts Idee trägt immer noch und sorgt für viel Vergnügen am Spieltisch. Grundschulkinder lieben dieses Spiel.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: KAI PIRANJA
Autor: Oliver Igelhaut
Grafik: Oliver Freudenreich
Verlag: Abacus
Alter: ab 6 Jahren
Spieler: 3-6 Spieler
Spieldauer: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 14 Euro
Spiel 1/2021
Freitag, 8. Januar 2021
GALERIE DER DIEBE
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
GALERIE DER DIEBE
In Zeiten wirtschaftlicher Rezession scheinen Diebstahlsthemen spielerisch salonfähig zu werden. Eine SUPERNASE muss man im gleichnamigen Ravensburger-Spiel haben, um mit Spürhunden auf Verbrecherjagd zu gehen. Gejagt werden sie dann in NIZZA von Dach zu Dach, so jedenfalls in dem Spiel von Wolfgang Kramer, bei Schmidt erschienen. Möglicherweise tragen die Fassadenkletterer Bilder unter dem Arm, die sie aus der GALERIE DER DIEBE mitgenommen haben.
Moralisch am verwerflichsten, spielerisch eindeutig am besten, ist das letztgenannte Spiel der Firma Parker. Ein Spieler muss hier nämlich in die Identität eines Gauners schlüpfen, um möglichst viele Kunstgegenstände aus einer Galerie zu entwenden. Alle anderen Mitspieler übernehmen Wächterrollen und versuchen, den Dieb zu fangen.
Das Spiel entwickelt sich dabei sehr real auf einer variablen, immer wieder neu einrichtbaren dreidimensionalen Spiellandschaft mit Museumsräumen und Kunstgegenständen, Sicherheitsschlössern, Überwachungskameras und Alarmanlagen. Auch alle Wächterfiguren, die eher wie Galeriebesucher aussehen, haben auf diesem Spielplan feste Positionen eingenommen, nur über den Standort des Diebes wissen sie natürlich nicht Bescheid. Der zieht geheim hinter einem Sichtschirm, vor verräterischen, hinweisgebenden Blicken auf den Spielplan sollte er sich dabei hüten. Er ist über die Positionen der Wächter, auch der Kameras bestens informiert. Kooperation ist daher bei der Bewachungsmannschaft angesagt, um den Standort des Diebes herauszubekommen und ihn zu fangen, bevor er mit Diebesgut die Galerie verlässt. Da nach jedem Wächterzug der Dieb an der Reihe ist, kann man das Spiel mit zwei bis sieben Personen spielen. Echte Chancen hat der Dieb aber nur im 2 bis 4 Personenspiel.
In der Grundvariante müssen drei Kunstgegenstände entwendet werden. Deren Verschwinden wird einen Spielzug später real sichtbar, so dass die Wächter wissen, dass der Täter sich ganz in der Nähe des Tatorts befinden muss. Ihn daraufhin einzukreisen, gelingt meistens. Bis zum Diebstahl des dritten Gegenstandes kommt nur selten ein Dieb.
Der Spielablauf ähnelt dem bekannten SCOTLAND YARD, in dem Mr. X auf verschlungenen Wegen mit allen möglichen Verkehrsmitteln durch London eilt, allerdings sind die Chancen in dem Ravensburger Spiel erheblich besser verteilt. Trotzdem ist Parker eine atmosphärisch äußerst stimmige Umsetzung der Verbrecherjagd in das Kunstmilieu gelungen. Der Wiederspielreiz ist besonders bei Kindern ab 8 Jahren sehr hoch. Lässt man den moralischen Zeigefinger wegen der Thematik weg, kann man den Einbruch in die GALERIE DER DIEBE für diese Zielgruppe empfehlen. Der variable Spielplan lässt auch viele Varianten zu, die die Chancen des Einbrechers erhöhen. Die Zahl der Überwachungskameras kann reduziert werden; die Platzierung der Ausstellungsstücke kann einbruchfreundlicher vom Dieb vorgenommen werden; analog zu SCOTLAND YARD sollte prinzipiell mit zwei Doppelzügen für den Dieb gespielt werden.
Mit diesen Ergänzungen können wir tatsächlich unseren Einbrecher in die GALERIE DER DIEBE über die Dächer von NIZZA mit mindestens drei Kunstgegenständen enteilen sehen, ohne dass die SUPERNASEN eingreifen konnten.
(Wieland Herold)
Spieletelegramm:
Titel: GALERIE DER DIEBE
Verlag: Parker
Autoren: John LaBelle, Dave und Thomas Rabideau
Grafik: Tim Hildebrandt
Spielerzahl: 2-7
Alter: ab 10 Jahre
Spieldauer: Bei 4-5 Spielern ca. 1 Stunde
Preis: ca. 55.00 DM
Spiel 14/1993 R7/2021
Die Rezension erschien 1993
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zu den Autoren:
Das Autorentrio hat neben GALERIE DER DIEBE noch PIPELINE veröffentlicht, das in Deutschland zuerst bei Jumbo erschien, später dann von Piatnik veröffentlicht wurde. Die beiden Brüder haben dann noch CRAZY OLD FISH WAR (2008) bei Hasbro veröffentlicht.
GALERIE DER DIEBE landete 1991 unter den Mensa Select Gewinnern in den USA neben Spielen wie PYRAMIS und SET.
Mittwoch, 6. Januar 2021
QUARTO!
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
QUARTO - "Vier in einer Reihe" einmal ganz anders
Die Macher von Fun-Connection aus Berlin haben ein gutes Händchen für Taktikspiele für zwei Personen. Sie haben vor einigen Jahren mit ABALONE ein schon zum Spieleklassiker avanciertes Kugelspiel aus Frankreich nach Deutschland geholt. Dieses mehrfach ausgezeichnete Spiel lebt von der einfachen Spielidee und dem hervorragenden Material.
Ähnlich erfolgreich scheint der neue Import aus Frankreich von Gigamic zu werden: Ein taktisches Legespiel, ganz aus Holz, das in einer Minute erklärt ist, spätestens nach 15 Minuten beendet ist und garantiert nicht im Spieleschrank verstauben wird.
QUARTO! heißt dieses neue Spiel, wobei der Titel fast schon Spielregelersatz ist. "Quarto" ruft nämlich der Spielsieger, der es geschafft hat, auf dem Holzspielbrett mit sechszehn Spielfeldern vier Figuren mit gleichen Merkmalen in eine Reihe zu bringen. Keine ganz neue Idee also, gäbe es da nicht die Spielsteine mit vier verschiedenen Merkmalen - sie sind entweder groß oder klein, rund oder Quadratisch, hell oder dunkel, mit oder ohne Loch - und den genialen Setzmechanismus, da die Spielfigur, die man nutzt, stets vom Mitspieler ausgesucht wird. Hier liegt der besondere Spielreiz, hat man doch hier den Ausgang des Spieles im wahrsten Sinne des Wortes, selbst in der Hand.
Eine tolle Idee, die auch vom Spielmaterial her überzeugend umgesetzt ist. Der Variantenvorschlag, auch ein Quadrat als Siegbedingung zuzulassen, ist von Anfang an zu empfehlen.
Auch der Jury" Spiel des Jahres" gefiel dieses taktische Denkspiel von Blaise Muller, mit acht anderen Spielen kam es auf die Nominierungsliste für das beste Spiel des Jahres 1993. Beim Titelkampf zog QUARTO! zwar gegenüber dem Mehrpersonenwürfelspiel BLUFF den kürzeren, aber den Titel "bestes Zweipersonenspiel 1993" verdient es allemal.
(Wieland Herold)
Spieletelegramm:
Titel: QUARTO!
Verlag: Fun Connection/Gigamic
Autor: Blaise Muller
Spielerzahl: 2
Spieldauer: 10 bis 15 Minuten
Preis: ca. 59.00 DM
Spiel 12/1993 R5/2021
Die Rezension erschien 1993
Wertung Spielreiz damals 8 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Erfunden hat den Klassiker QUARTO! der 72jährige Schweizer Mathematiker Blaise Muller. 1985 wurde seine Idee mit dem „Concours International de Créateurs de Jeux de Société“, der überwiegend in Boulogne-Billancourt vergeben wurde.
Es dauerte noch bis 1991 bis GiGamic das Spiel in Frankreich herausbrachte. Fun Connection veröffentlichte es erstmalig in Deutschland, es folgte dann 1994 eine Ausgabe von F.X. Schmid.
Die Auszeichnung auf der Auswahlliste zum Spiel des Jahres 1993 blieb nicht die einzige Würdigung dieser Spielidee. Schon 1992 gewann es den Super As d’Or in Frankreich, war 1993 das Spiel des Jahres in Italien und unter den Top 5 der Mensa-Spiele. 2004 gewann es noch den Titel Spiel des Jahres in Finnland.
« vorherige Seite
(Seite 6 von 23, insgesamt 558 Einträge)
nächste Seite »