Mittwoch, 30. September 2020
DIMENTICATO
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
DIMENTICATO - MENSCH ÄRGERE DICH NICHT ganz ohne Würfelglück
Vier Spielfiguren, ein Rundlauf mit Ausgangs- und Zielfeldern - wem kommt das nicht bekannt vor? Die Grundstruktur von MENSCH ÄRGERE DICH NICHT ist zwar erkennbar, aber trotzdem ist alles ganz anders in dem neuen Spiel DIMENTICATO. Erst einmal sucht man den Würfel vergeblich, dann gibt es keinen festen Spielplan, sondern variabel zusammensetzbare Spielplankarten, auf denen in bunter Mischung Würfel abgebildet sind.
Der Spielablauf ähnelt natürlich dem Klassiker. Es gewinnt der Spieler, der als erster seine vier Spielfiguren über den Rundlauf gebracht hat. Besonders gefordert sind die Spieler dadurch, dass sie sich die Würfelzahlen merken müssen, auf denen ihre Spielfiguren stehen. Die Punktzahl gibt die Zugweite für den nächsten Zug an. Da erst einmal alle vier Spielfiguren ins Spiel gebracht werden müssen, natürlich auch rausgeworfen werden kann, wobei man aber nur drei Felder zurückgesetzt wird, entsteht ein ganz schönes Durcheinander auf dem Spielfeld, bei dem es nicht einfach ist, die Übersicht zu behalten.
DIMENTICATO macht aus dem klassischen Glücksspiel ein rundes Familienspiel mit MEMO-Effekten, bei dem Kinder größere Chancen als Erwachsene besitzen. Damit gehört das Spiel aus dem Kleinverlag Dr. F. Hein Spiele zu den guten Familienspielen in diesem Jahr. Die Jury Spiel des Jahres hat DIMENTICATO sogar durch eine Nominierung für das Spiel des Jahres 1997 ausgezeichnet.
Heo
Spieletelegramm:
Titel: DIMENTICATO
Verlag: Dr. F. Hein Spiele
Autor: Ferdinand Hein
Grafik: Franz Vohwinkel
Spielerzahl: 2-4
Alter: ab 6 Jahre
Spieldauer: 20-30 Minuten
Preis: ca. 44.- DM
Die Rezension erschien 1997
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 7/ 1997 R 121/2020
Zum Spiel und zum Autor:
Wer nach den ältesten deutschen Kleinverlagen sucht, landet in Göttingen bei der Edition Perlhuhn oder im Westerwald bei F-Hein-Spiele. Stammt Reinhold Wittigs Edition noch aus den 70ern, hat Dr. Ferdinand Hein seinen Spieleverlag vor über 30 Jahren gegründet.
Der Doktortitel war Hein so wichtig, dass er sogar Platz in seinem Verlagsnamen einnahm. Erworben hat er ihn im Fachbereich Physik, wobei er beruflich später hauptsächlich als Unternehmensberater unterwegs war. Für einen Naturwissenschaftler war Hein erstaunlich kreativ. Vor den Spielentwicklungen malte Hein in Öl und Pastell, fertigte Siebdrucke und liebte es, antike Mosaiken zu reproduzieren. Mit Magischen Mosaiken und einfachen Legespielen startete Hein ab 1989.
Grafisch eindrucksvoll, spielerisch meist mit Soloherausforderung im Programm, wuchs der Kleinverlag mit jährlichen Veröffentlichungen in den 90er Jahren. Größere Aufmerksamkeit erhielt er, als sein Spiel DIMENTICATO 1997 auf der Auswahlliste der Jury landete. Mit diesem Spiel verließ Hein seine logischen Denkpuzzle und entwickelte eine gute Familienspielmischung aus MÄDN und MEMO. Von der Jury nicht gewürdigt, aber wahrscheinlich Heins bestes Spiel, war das 1999 erschienene FLORENTINER DOMINO, ein taktisches Legespiel in Domino-Manier, bei dem es um den Gewinn von Edelsteinen geht.
Fünf Jahre später wiederholte Hein mit IM WASSERGARTEN den Erfolg von 1997. In diesem wundervoll gestalteten Spiel setzt Hein auf genaue Wahrnehmung.
Hein war in der Folgezeit auf der Suche nach einem Nachfolger. Im Programm zehrte er von seinen Klassikern. 2005 war mit MANDALA noch ein sehr erfolgreiches Spiel erschienen, das Ravensburger dann ins THINK-Programm übernahm. Danach gab es aber keine weiteren Neuheiten. Hein fand schließlich in Matthias Kumpernaß einen Nachfolger, der 2011 den Verlagssitz von Augsburg nach Seelbach im Landkreis Altenkirchen verlegte. Kumpernaß führte auch heute noch F. Hein Spiele mit leicht zugänglichen Ideen fort und hat inzwischen das Programm durch eine spannende Kooperation mit Philippe Proux und dem Verlag Ludarden erweitert.
Das Bild zeigt Ferdinand Hein 2006 auf dem Autorentreffen in Göttingen.
Montag, 28. September 2020
KUHHANDEL
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Es gibt nur wenige Spiele, die sich länger als zehn Jahr auf dem Spielemarkt behauptet haben. KUHHANDEL von Rüdiger Koltze gehört zu diesen Verkaufsschlagern. Ein unscheinbares kleines Mitbringspiel bei Ravensburger, das sich aber nicht nur zum Verschenken eignet, weil man es sich erst einmal selbst schenken sollte.
KUHHANDEL ist ein Auktionsspiel, in dem man möglichst hochwertige Tierquartette einkaufen muss. Sobald zwei Spieler identische Tiere ersteigert haben, dürfen sie dem anderen einen "Kuhhandel" anbieten. Verdeckt wird dabei Geld für die Tiere geboten; wer in dieser Phase gut bluffen kann, hat meist gute Karten für den Spielausgang.
Drei bis fünf Spieler können eine Menge Spaß mit diesem sehr lautstarken Versteigerungsspiel haben. In diesem Jahr hat Ravensburger eine praktische Neubearbeitung auf den Markt gebracht. Mit der neuen Schachtel kauft man absolut keine Luft mehr mit: Nicht einmal halb so groß wie die alte Verpackung ist die witzig gezeichnete Neuausgabe, die Preisreduzierung fällt allerdings nicht so kräftig aus.
Wieland Herold
Spieletelegramm:
Titel: KUHHANDEL
Verlag: Ravensburger
Autor: Rüdiger Koltze
Grafik: Josef Blaumeister, 1985; Trevor Duntan 1996
Spielerzahl: 3-5
Alter: ab 9 Jahre
Spieldauer: 30 bis 45 Minuten
Preis: ca. 14.- DM
Die Rezension erschien 1996 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 23/ 1996 R 120/2020
Zum Spiel und zum Autor:
Der in der Nähe von Göttingen lebende Rüdiger Koltze startete seine Karriere 1982 mit dem MILLIONENSPIEL erfolgreich. Sein erstes Spiel landete gleich auf der Auswahlliste für das Spiel des Jahres, was im damaligen Procedere einer Nominierung gleichkam.
1985 gelang ihm dieser Erfolg für KUHHANDEL gleich noch einmal, wobei dieses Bluff- und Versteigerungsspiel sich als Dauerbrenner erwies. Es ist heute noch auf dem Markt und weltweit verbreitet. All das habe ihm in den letzten dreißig Jahren eine Million an Tantiemen eingebracht, erzählte er mir 2017 für ein Interview. Die Rechte hat er 2015 an Ravensburger verkauft. Er habe keine Familie, keine Kinder, deshalb habe er diese Lösung bevorzugt.
Bis auf die Neuauflagen von KUHHANDEL und einer Masterfassung tauchte zwischen 1985 und 2014 Rüdiger Koltze spielerisch ab. „Mein Geld habe ich am Anfang mit Autos, später mit Grundstücken und Immobilien verdient, die Spiele waren stets nur ein Sahnehäubchen.“ Trotzdem besuchte er 2012 und 2015 das Göttinger Autorentreffen. Mit beiden dort vorgestellten Spielen kam er zu weiteren Veröffentlichungen. Vor acht Jahren war es das Laufspiel WALPURGIS mit Hexen, die in der Walpurgisnacht zum Brocken im Harz aufstiegen. Bei Ravensburger wird es zum LAUF RAUF! mit einer MÄDN-Variante bis in die dritte Ebene. Die 2015 vorgestellte HECKMECK-Variante RAFFZAHN ist inzwischen bei Schmidt Spiele erschienen.
Das Bild zeigt Koltze in seiner Gartenlaube in Bettenrode bei Göttingen mit seinen erfolgreichen Spielen. Die Kuhhandel-Ausgabe ist die allererste Kleinauflage, die er noch selbst gestaltet hat.
Samstag, 26. September 2020
ENTDECKER
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Klaus Teuber: Auf der Suche nach einem neuen Eiland
Eigentlich hat Klaus Teuber die Reihenfolge seiner thematischen Spielherausgabe nicht recht eingehalten. Sein neuestes Spiel ENTDECKER (Goldsieber-Spiele) stellt sozusagen die Voraussetzung für die Entdeckung der Insel CATANS dar, mit deren Besiedlung der Autor im letzten Jahr zurecht viel Lorbeeren erntete.
Auch 1996 enttäuscht Teuber nicht! Er beweist erneut ein Gespür für spannende Spielmechanismen, wenn er ein Schiff in unbekannte Gewässer starten lässt. Ungewisse Inselwelten tun sich den Spielern auf, die sie überlegen müssen, ob Kundschafter reichen, sie zu erkunden, oder ob man in der Hoffnung auf eine reiche und große Insel nicht doch besser gleich ein Fort anlegt oder eine Siedlung baut, sofern die Goldvorräte ausreichen.
ENTDECKER ist ein taktisches Legespiel mit einer zur Spielthematik gehörenden gesunden Portion Glück, ähnlich anspruchs- und stimmungsvoll produziert wie seine SIEDLER VON CATAN, sodass wahrscheinlich auch 1996 nicht viel im Wege steht für einen Spitzenplatz dieser neuesten Spieleentwicklung Klaus Teubers.
Wieland Herold
Spieletelegramm:
Titel: ENTDECKER
Verlag: Goldsieber Spiele
Autor: Klaus Teuber
Grafik: Franz Vohwinkel
Spielerzahl: 2-4
Alter: ab 10 Jahre
Spieldauer: ca. 45 Minuten
Preis: ca. 59.- DM
Die Rezension erschien 1996 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 8 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 22/ 1996 R 119/2020
Zum Spiel:
Wie wir inzwischen wissen, gehört ENTDECKER tatsächlich in das Entwicklungsumfeld von CATAN. Meine damalige Erfolgsprognose für das Spiel bewahrheitete sich zumindest für den Deutschen Spielepreis. Dort erreichte das Spiel den Silberplatz, die Jury war da kritischer. ENTDECKER war Wettbewerbsspiel bei der Deutschen Brettspielmeisterschaft 1996. Dort gab es Mannschaften, die die nicht identisch gedruckten Plättchenrückseiten nutzten, sich wesentliche Karten einzuprägen, um damit zu gewinnen. Diese drucktechnischen Mängel verhinderte eine Platzierung auf der Juryliste.
2001 erschien eine Überarbeitung bei Kosmos als DIE NEUEN ENTDECKER.
Das zweite Bild zeigt eine illustre Spielrunde 1996 auf dem Goldsieberabend, auf dem das Spiel vorgestellt wurde.
Freitag, 25. September 2020
BAUERNSCHLAU
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
BAUERNSCHLAU
Die traditionsreiche Spielefirma F.X. Schmid, die inzwischen schon auf eine 130jährige Geschichte zurückblicken kann , entwickelt sich immer mehr zu dem ernsthaftesten Konkurrenten des etwas jüngeren Branchenführers aus Ravensburg, das gilt zumindest für die Bereiche Spielqualität und Gestaltung. Wahrscheinlich ist dies einer der Gründe dafür, dass Ravensburger seit 1986 den Titel für das Spiel des Jahres nicht mehr erhielt, F.X. Schmid aber 1987 für AUF ACHSE und 1990 für ADEL VERPFLICHTET.
Auch in diesem Jahr kann sich das Programm aus Prien sehen lassen. Neben ausgezeichneten Wirtschaftsspielen DOLLARFIEBER und DIE BOSSE ragt besonders das Familienspiel BAUERNSCHLAU des Hamburgers Tom Schoeps - langjähriger Besucher des Göttinger Autorentreffens, der auch Ende Juni wieder in der Stadthalle sein wird - aus dem Gesamtprogramm heraus.
Optisch überzeugend gestaltet, für die Graphik ist wie schon beim Sieger des letzten Jahres Cornelia von Seidlein verantwortlich gewesen, vom Spielmaterial her sehr ansprechend, hat der Verlag ein ideales Spiel für die ganze Familie herausgegeben, das viel Spielspaß bringt.
Zwei bis sechs Mitspieler, die mindestens acht Jahre alt sein sollten, versuchen in diesem Spiel, wertvolle Schafherden zu sammeln. Schwarze Schafe schiebt man dabei am besten in gegnerische Zaungebiete, hochwertige weiße Zuchtschafe sucht man möglichst durch geschicktes Bauen eines eigenen Zaunes zu sichern. Da am Anfang die Schafkärtchen verdeckt gelegt werden, ergeben sich viele Möglichkeiten für taktische Überlegungen und Bluff. Wer dies am besten beherrscht und am Ende die wertvollste Schafherde hat, besitzt die sprichwörtliche Bauernschläue.
"Bauernschlau" war auch der Verlag mit der Herausgabe dieses Spiels, denn die Jury fand es preisverdächtig und setzte es mit auf die Bestenliste. Sollte es also nach 1987 und 1990 erneut einen Preis für F.X. Schmid geben? Ein Doppelerfolg übrigens den Ravensburg 1982 und 1983 mit SAGALAND und SCOTLAND YARD schon vorgemacht hat.
Titel: BAUERNSCHLAU
Verlag: F.X. Schmid
Autor: Tom Schoeps
Grafik: Cornelia von Seidlein
Spielerzahl: 2-6
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 60 Minuten
Preis: ca. 49.- DM
Die Rezension erschien 1991
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 9/ 1991 R 117/2020
Zum Spiel und zum Autor:
Der Hamburger Lehrer Tom Schoeps veröffentlicht seit Ende der 80er Jahre Spiele. Sein erster großer Erfolg war 1991 BAUERNSCHLAU, mit dem er den zweiten Platz beim Deutschen Spielepreis erreichte und auf die damalige Auswahlliste der Jury Spiel des Jahres kam. DIE DRACHENINSEL war dann 12 Jahre später der nächste Erfolg mit der Nominierung zum Spiel des Jahres und der Auszeichnung „Spielehit für Familien“ in Österreich.
Danach hat Schoeps lange keine Spiele mehr veröffentlicht, obwohl er seine Ideen weiterhin von Zeit zu Zeit auf dem Autorentreffen in Göttingen gezeigt hat. Das Bild stammt aus dem Jahre 2011. Schoeps präsentiert seine Prototypen André Maack (Ravensburger). FIEBER (moses., 2017) ist sein einziges Spiel, das nach der DRACHENINSEL erschienen ist.
Mittwoch, 23. September 2020
KLUSTER
Magnetismus übt große Faszination in vielen Kinderspielen aus. Für die Oberschwäbischen Magnetspiele ist es der hauptsächliche Geschäftsbereich, der die Firma Peter Schackerts mit BEPPO DER BOCK 2007 sogar zum Kinderspiel des Jahres geführt hat. Meistens sind die magnetischen Wirkungen nur ein Aspekt des Gesamtspiels. Ausschließlich mit Magnetsteinen funktionierten bisher POLARITY von Douglas Seaton, in dem die Steine fast schwebend ins Spiel gebracht wurden, und RATTLE SNAKE von Roberto di Meglio, das 2008 auf der Empfehlungsliste für das Kinderspiel des Jahres landete. In beiden Spielen ging es darum, als erster alle seine Magnetsteine loszuwerden.
Nach identischem Muster funktioniert KLUSTER von Paula und Robert Henning, das der französische Verlag Borderline Edition herausgebracht hat.
Die Regeln sind einfach, ergeben aber durchaus neue Aspekte gegenüber den Vorgängerspielen. Prinzipiell müssen zwei bis vier Spieler zwischen sechs und zwölf Magnete loswerden, die alle leicht unterschiedlich geformt sind und zwischen 15 und 25 Gramm auf die Waage bringen. Gespielt wird diesmal nicht auf einem Spielplan oder einer Spielmatte, sondern innerhalb eines Schnurkreises mit einem Durchmesser von ca. 30 Zentimetern. Wer am Zug ist, platziert einen Magneten innerhalb der Schnur. Führt das Einsetzen dazu, dass sich Magneten verbinden, bilden sie KLUSTER, alle diese Steine müssen aufgenommen werden.
Um Platz zu schaffen, lassen die Hennings es zu, dass durch den Einsatz des Magneten im Kreis liegende Steine verschoben werden dürfen, auch die Lage der Schnur darf verändert werden. Falls das alles ohne KLUSTER-Bildung abläuft, darf man seinen Stein regelgerecht platzieren. Wer als erster alle Steine los ist, gewinnt meist nach schnellen zehn Minuten eine Runde.
Die Faszination von KLUSTER ergibt sich aus der starken Anziehungskraft der Magnete und den immer wieder auftretenden Situationen, dass scheinbar ausweglose Konstellationen doch eine Lösung zulassen. Wer will, kann sich auch solo an KLUSTER versuchen, dabei sind aber nur zwei Fehler beim Setzen der 24 Steine erlaubt. Die Chancen sind besser, wenn Sie alleine auf einer Tischdecke spielen, da wird die Gleitfähigkeit der Steine doch etwas stärker gehemmt als auf der bloßen Tischplatte.
KLUSTER ist ein attraktives Spiel, Kritiker sagen auch Spielzeug, das seine Berechtigung besitzt, da alle Vorgängerideen nicht mehr auf dem Markt sind.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: KLUSTER
Verlag: Borderline Edition
Grafik: Niels, Marielsa (Fotos)
Autoren Paula und Robert Henning
Spielerzahl: 1 - 4
Alter: ab 14 Jahren, durchaus ab 6 spielbar
Spieldauer: ca. 10 Minuten
Preis: ca. 12.- Euro
Spiel 62/ 2020
YUCATA'
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
YUCATA' - ein neuer Dorra
Der Hannoveraner Stefan Dorra wird allmählich zum Star unter den Spieleautoren. Allein vier Neuheiten konnte er bei unterschiedlichen Verlagen 1996 herausbringen, und alle Spiele kann man bedenkenlos empfehlen. Da die Spieleläden nun nicht nach Autorennamen sortiert sind und die Verkäuferinnen auf die Frage nach den neuen Dorra-Spielen wahrscheinlich passen werden, möchte ich Ihnen in dieser und in folgenden Ausgaben der "Spieltipps" alle Dorra-Neuheiten kurz vorstellen.
Wir beginnen mit Dorras Ausflug nach Mittelamerika in den Mayatempel YUCATA' bei Palenque. Die Felder des Spielplans sind meanderförmig angeordnet und sollen genau der archäologischen Fundstätte in Mexiko entsprechen. 25 helle und 9 dunkle Steine liegen auf diesen Feldern, sie stehen für die guten und schlechten Lebenseinflüsse.
Zwei bis vier Spieler können den Tempel erkunden und versuchen, möglichst viele positive Steine unterwegs einzusammeln. Dies steuern sie durch Bewegungskarten, von denen jeder 7 auf der Hand hat. Alle überquerten und erreichten Steine, positive und negative, müssen eingesammelt werden. Vor den dunklen Steinen staut sich die Expedition meist. Der taktisch richtige Karteneinsatz ist die Voraussetzung dafür, die dunklen Steine vermeiden zu können, denn der Besitz von vielen negativen Einflüssen kommt teuer zu stehen. Ein dunkler Stein kostet einen Punkt Abzug, zwei schon drei Punkte, drei aber sechs Punkte usw. Wer nach Abzug dieser Punkte am meisten helle Steine besitzt, darf sich als Günstling des Sonnengottes ansehen.
YUCATA' ist ein spannendes strategisches Zugspiel, das mir vor allem in der Duell-Situation am meisten Spaß macht. Die Umsetzung durch den Hans im Glück Verlag aus München ist gelungen, wobei viel Luft in der Schachtel bleibt.
Da das Spiel nur etwa 15 Minuten dauert, kann schnell die nächste zeremonielle Aufstellung der Steine im Mayatempel vorgenommen werden. Die Spielregel macht verschiedene Vorschläge von Ayunito, dem kleinen Bocksprung, bis zu Zattopusta, dem rauen Wind, dessen Beherrscher als würdig erachtet wird, den Vorsitz im Ältestenrat zu übernehmen. Varianten sind noch viele denkbar, schon dieses Spiel vor dem Spiel macht Freude.
Wieland Herold
Spieletelegramm:
Titel: YUCATA'
Verlag: Hans im Glück
Autor: Stefan Dorra
Grafik: Franz Vohwinkel
Spielerzahl: 2-4
Alter: ab 9 Jahren
Spieldauer: ca. 15
Preis: ca. 29.- DM
Die Rezension erschien 1996 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 21/ 1996 R 118/2020
Zum Spiel und zum Autor:
Der in der Nähe von Hildesheim lebende Sprachheilpädagoge Dorra startete 1992 seine Autorenkarriere mit einem Achtungserfolg. Sein Zocker-Spiel RAZZIA landete auf der Auswahlliste der Jury, erreichte den 9. Platz beim Deutschen Spielpreis und den 6. bei À la Carte. 1994 bestimmte sein INTRIGE die Messediskussion auf der Spiel in Essen.
Mit LINIE 1 war er wahrscheinlich am dichtesten am Spiel des Jahres dran. Er hatte nur das Pech, dass Teubers CATAN unschlagbar war. Daher reichte es „nur“ für die Auswahlliste und den zweiten Platz beim Deutschen Spielepreis.
Mit den Spielern SEERÄUBER (2006), LAND IN SICHT (2009) und ESELSBRÜCKE (2011) war er dann später ebenfalls nominiert. Für MEDINA (2001) bekam er noch einmal den 2. Platz beim Deutschen Spielepreis.
Das Taktikspiel YUCATA‘ erreichte den 7. Platz beim Deutschen Spielepreis 1996.
Das Bild zeigt Dorra und seine Gattin Rita im Gespräch mit Stefan Brück in Göttingen 1996.
Montag, 21. September 2020
CROSS-CITY ODER RAUCHENDE SOCKEN
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
CROSS-CITY ist ein Wildwest- und Abenteuerspiel für drei bis sechs Spieler ab 9 Jahren. Wer dem Spiel Böses will, wird es als MONOPOLY-Verschnitt abqualifizieren. Mit seinen liebevollen, teilweise ironischen, aber auch im positiven Sinne naiven Zeichnungen vermittelt es die Atmosphäre eines toll gemachten Spieleprototypen.
Nichts ist perfekt von der Verlagsstange, obwohl die Firma Hermes-Spiele es von Ravensburger hat produzieren lassen. Wer sich durch die lange Spielregel durchgearbeitet hat, ein wirklich mühsames Geschäft, dem eröffnet sich echte Wildwestatmosphäre: Der Zug nach Westen kann beginnen, auf zum Goldwaschen, aber auch zur harten Arbeit auf der Ranch.
CROSS-CITY will aufgebaut werden! So ganz legal geht es dabei nicht zu, aber wenn der Sheriff nicht gerade zur Whiskeyflasche greift, schnappt er auch schon mal einen Banditen.
Rudolf Ehm, der Autor dieses Spiels, hat für alle Spielfreunde, die sich dem Würfelglück gern noch aussetzen mögen, ein wunderschönes Spiel geschaffen, für das man sich aber mindestens anderthalb Stunden Zeit nehmen muss und das wegen der Materialfülle auch nicht ganz billig ist.
(Wieland Herold)
Spieletelegramm:
Titel: CROSS-CITY
Verlag: Hermes Spiele , Weserstr.4, 26603 Aurich
Autor: Rudolf Ehm
Grafik: Heidemarie Ehm
Spielerzahl: 3-6
Alter: ab 8 Jahre
Spieldauer: ca. 90 Minuten
Preis: ca. 89.- DM
Die Rezension erschien 1996 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 20/ 1996 R 116/2020
Zum Spiel und zum Autor:
Rudolf Ehm war Anfang der 90er Jahre ein äußert produktiver Spieleautor, dem wir rund 40 Veröffentlichungen verdanken. Die meisten seiner Spiele sind in liebevoll gefertigten Kleinstauflagen in dem Verlag JoJo-Spiele, den er 1989 zusammen mit seiner Frau Heidemarie gegründet hat, erschienen. Heidemarie Ehm war für die phantasievolle grafische Gestaltung seiner Spielideen zuständig, sie brachte durch ihre Zeichnungen Atmosphäre in seine klar strukturierten taktischen und strategischen Spiele, sie entwarf fantastische Welten für seine märchenhaften Kinderspiele, sie gestaltete die Materialien für seine großflächigen Holzspiele und seine Marionettenspielereien. Fünf Jahre nach der Verlagsgründung starb die gestalterische Seele der JoJo-Spiele. Für Rudolf Ehm ein Schicksalsschlag, den er nicht richtig überwinden konnte.
Eins seiner besten Spiele, SCHLANGENTWIST wurde bei dem bekannten internationalen Wettbewerb für Spieleautoren in Boulogne-Billancourt in Frankreich 1995 mit dem Hauptpreis ausgezeichnet. In dem Spiel für zwei bis vier Spieler, das er 1991 erfunden hat, suchen sich Holzschlangenköpfe den passenden Unterbau. Je nach schwarz-weiß-Musterung der zu sammelnden Holzsteine können dabei Warteschlangen, Brillenschlangen, Autoschlangen und weitere vier Schlangentypen entstehen. Ein verzwicktes taktisches Spiel, bei dem jeder Spieler seine drei Schlangenköpfe geschickt bewegen muss, um noch fehlende Farbkombinationen für seinen Schlangenkörper einzusetzen. Die berechtigte Hoffnung auf einen Verlagsvertrag blieb nach dieser Anerkennung im Ausland leider aus.
Im gleichen Jahr kooperierte Ehm aber mit dem Auricher Uwe Wibben, der 1996 das damals bekannteste JoJo-Spiel, CROSS CITY ODER RAUCHENDE SOCKEN in seinem Verlag Hermes -Spiele herausbrachte. Danach gab es nur noch eine kurze Kooperation mit Beleduc.
Das erste Bild stammt von der Präsentation des Spiels in Nürnberg 1996. Das obere Bild zeigt Ehm 1996 in Essen, unten ist er zusammen mit seiner Frau Heidemarie 1992 in Göttingen zu sehen im Gespräch mit Familie Jannshoff.
Samstag, 19. September 2020
WALKABOUT
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Wanderung im australischen Outback
Das Thema Australien bleibt nach NOMADI für Reinhold Wittig auf der Tagesordnung. Erneut fasziniert er mit einer innovativen Spielidee, die die dritte Dimension mit ins Spiel bringt. Das neue Spiel WALKABOUT stellte er 1996 auf dem 15. Spieleautorentreffen der Öffentlichkeit vor und erfuhr viel Anerkennung.
WALKABOUT ist ein kreatives Zeichenspiel mit einem Gestaltungspiel vor Spielbeginn. Ein Spielplan mit einer Flussbettzeichnung und symbolhaften Bildern am Längsrand wird erst einmal zu einer stimmigen australischen Landschaft aufgepeppt. Kleine Büsche, große und kleine Steine und zwei Kängurus stehen als Spielmaterial zur Verfügung, wobei Erweiterungsideen keine Grenzen gesetzt sind, ein kleiner Sandhaufen, trockenes Moos und weitere Tiere sind denkbar.
Das Spiel wird in zwei Gruppen gespielt. Jede Gruppe erhält einen Leiter, sodass mindestens vier Spieler beteiligt sein müssen. Für jede Gruppe gibt es Setzsteine einer Farbe, außerdem noch Papier und Bleistifte. Die beiden Leiter zeichnen auf einer Planskizze einen Weg ein, der bei einem der fünf Symbole auf einer Spielplanseite beginnen muss und auf der anderen gegenüberliegenden Seite bei einem anderen Symbol endet. Die beiden Wegeskizzen werden anschließend ausgetauscht.
In zehn Etappen müssen nun die Gruppenführer ihre Gruppe den Weg der anderen Gruppe führen. Hier liegt die Schwierigkeit, aber auch der besondere Reiz von WALKABOUT: Alle Spieler müssen sich gedanklich in die dreidimensionale Spielfläche hineinversetzen. Der jeweilige Spielleiter zeichnet ein Bild, das er von dem Punkt aus sieht, der den Startpunkt der Gruppe darstellt. Perspektivisches Sehen ist nötig, das in eine kleine Zeichenskizze umgesetzt werden muss. Andeutungen genügen - Känguruohren, die über einen Stein hinausragen, daneben ein kleiner Strauch -, die Anforderungen an das Zeichentalent sind daher nicht allzu hoch.
Erkennt die Gruppe den Standort, wird einer der Gruppensteine an diese Stelle gelegt und eine neue Wegetappe gezeichnet. Zeitgleich, also nicht abwechselnd, arbeitet die zweite Gruppe an ihrem Weg, denn es geht in der ersten Spielvariante darum, als erste Gruppe in zehn Einzelschritten den Zielpunkt zu erreichen.
In einer zweiten Variante werden 32 Punktesteine zusätzlich noch auf dem Plan verteilt. Sie haben unterschiedliche Wertigkeit, einen oder zwei Pluspunkte, aber es gibt auch Steine mit zwei Minuspunkten. Führt ein Weg in die Nähe eines Punktesteines, kann die Gruppe jeweils entscheiden, ob der Stein mitgenommen wird oder nicht. Wer zuerst zum Ziel kommt, erhält in dieser Variante fünf Punkte. Da am Ende die gesamten Punkte zählen, muss diese Gruppe aber nicht automatisch gewonnen haben.
WALKABOUT bietet ganz neue, überraschende Spielerfahrungen. Das Spielprinzip ist beliebig transferierbar. Ein Kinderzimmer ist ebenso wie eine Marslandschaft dafür geeignet. Eine geniale neue Idee Reinhold Wittigs.
Wieland Herold
Spieletelegramm:
Titel: WALKABOUT
Verlag: Edition Perlhuhn
Autor: Reinhold Wittig
Spielerzahl: ab 4 Spieler
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 65.- DM
Die Rezension erschien 1996 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 8 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 19/ 1996 R 115/2020
Zum Autor:
Über den Göttinger Geologen, Puppenspieler, Künstler und Spieleerfinder ließen sich Seiten füllen. Ich halte mich an dieser Stelle kurz:
Reinhold Wittig, der 83jährige Erfinder des Spieleautoren Treffens in Göttingen, entwickelt seit 1958 Spiele. 1976 gründete er seinen Kleinverlag Edition Perlhuhn, der mit Skaiplänen und Spielen in der Rolle bekannt wurde.
Zu seinen bekanntesten Spielen gehört die Würfelpyramide DAS SPIEL (1980 mit dem Sonderpreis Schönes Spiel ausgezeichnet), das heute immer noch von Abacus vertrieben wird. Für WIR FÜTTERN DIE KLEINEN NILPFERDE und MÜLLER & SOHN bekam er ebenfalls diese Auszeichnung, für die Grafik war jeweils sein Sohn Matthias verantwortlich. Seine ästhetischen Maßstäbe für Spielmaterial und Optik haben maßgeblich dazu beigetragen, dass der einfache Pöppelalltag aus den Spieleschachteln verschwand. Den Kosmos-Verlag brachte er durch edle Spiele in der Reihe mit der Feder voran, darunter auch eigene Veröffentlichungen wie MARITIM, das 1987 Chancen auf das Spiel des Jahres hatte. In den 90er Jahren prägt seine Handschrift die Spiele von Blatz. KULA KULA und das hier schon vorgestellte DOCTOR FAUST aus diesem Verlag bekamen ebenfalls den Preis für das Schöne Spiel. Die ganz großen Erfolge blieben dann zwar im neuen Jahrtausend aus, immerhin landete CORNU 2007 auf der Empfehlungsliste der Kinderspieljury und MOGULI erhielt 2013 eine MinD-Würdigung.
Die Organisation des Autorentreffens hat Wittig 2016 an die SAZ übergeben, in seiner Edition Perlhuhn unterstützt ihn seit letztem Jahr Timo Diegel.
Das Bild zeigt Reinhold Wittig 1995 auf „seinem“ Autorentreffen in Göttingen.
Mittwoch, 16. September 2020
LÖWENHERZ
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Spieltipp: Erwachsenenspiele
Klaus Teuber – Gewinner des Deutschen Spielepreises 1997
Über eine Million SIEDLER VON CATAN-Spiele (Spiel des Jahres 1995) sind inzwischen verkauft, ein Erfolg der seinesgleichen sucht. Trotzdem bleibt der preisgekrönte Spieleautor Klaus Teuber bescheiden, arbeitet weiter als Zahntechnikermeister in Rosdorf bei Darmstadt und bastelt auch künftig an guten Spielideen.
Für LÖWENHERZ, ein anspruchsvolles Spielabenteuer für zwei bis vier Spieler ab 12 Jahren, hat Teuber zum vierten Mal den Deutschen Spielepreis erhalten. Drei Burgen und drei Ritter sind die Ausgangsbasis für alle, die in den Kampf um die Nachfolge des sterbenden Königs eingreifen. Grenzen müssen gezogen werden, seine Rittermacht sollte man zum Schutz der eigenen Gebiete erweitern, sich vor Intrigen schützen und genügend Dukaten in der Schatztruhe liegen haben. Da gilt es, viel abzuwägen, die Entwicklung auf dem Spielplan, der aus sechs Teilen immer wieder neu zusammengesetzt werden kann, genau im Blick zu haben.
Die einzelnen Spielrunden werden gesteuert über Aktionskarten, die für die Mitspieler drei unterschiedliche Aktivitäten ermöglichen. Da geht es um Geld, da darf man Grenzen oder Ritter setzen oder eigene Gebiete erweitern. Gebietsgründungen und -erweiterungen bringen Machtpunkte, wer am Ende am meisten davon besitzt, gewinnt das Spiel. Besonders wertvoll ist dabei der Besitz von Städten, die stets besonders umkämpft sind, aber auch Silberminen können große Erträge abwerfen.
Wie bei vielen Spielen von Klaus Teuber ist man bei LÖWENHERZ vom Spielablauf sofort gefesselt. Er vermag, wie kein anderer Autor, Spielspannung zu vermitteln, Spielatmosphäre aufzubauen. Der kommunikative Aspekt tritt gegenüber seinem genialen Wurf DIE SIEDLER VON CATAN hier etwas zurück, spielt aber bei der Auseinandersetzung um die Aktionskarten eine wichtige Rolle. Teuber, der sich im März verpflichtet hat, nur noch Spiele beim Siedler-Verlag Kosmos herauszubringen, hat das Spiel LÖWENHERZ noch beim Verlag Goldsieber veröffentlicht, der seine Idee stimmungsvoll umgesetzt hat.
Der neue Teuber ist insgesamt noch etwas anspruchsvoller als sein Spiel des Jahres 1995. Den Weg zum komplexeren Spiel hat er eingeschlagen und setzt ihn konsequent fort. Seine Fans danken es ihm mit dem Deutschen Spielepreis.
Wieland Herold
Titel: Löwenherz
Verlag: Goldsieber
Grafik: Andreas Steiner
Autor: Klaus Teuber
Spielerzahl: 2 - 4
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: 60 bis 90 Minuten
Preis: ca. 55.- DM
Die Rezension erschien 1997 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 8 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 6/ 1997 R 114/2020
Zum Spiel und zum Autor:
LÖWENHERZ war der letzte große Erfolg Klaus Teubers für Goldsieber. Das Spiel landete auf der Auswahlliste der Jury und bekam den ersten Platz beim Deutschen Spielepreis. Teuber war damit 1997 mit vier Titeln der mit Abstand erfolgreichste Autor dieses noch jungen Preises, es folgten Kramer und Knizia, der Teuber 2002 mit AMUN-RE immerhin einholte, aber noch nicht überholt hat.
Das Besondere in dieser Phase war, dass Klaus Teuber wenig später seine Arbeit als Zahntechniker aufgab und sich als Profi-Autor ganz an Kosmos band.
Löwenherz landete dann später als DER KÖNIG KEHRT ZURÜCK beim CATAN-Verlag Kosmos und erreichte immerhin noch einmal einen Platz unter den Top 10 des Spielepreises.
Das Bild zeigt Klaus Teuber 1997 auf dem Goldsieber-Abend mit Jurymitglied Helmut Wresnik. An diesem Abend wurde in Nürnberg Löwenherz präsentiert.
Montag, 14. September 2020
KALEIDOS
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
KALEIDOS: Stadt – Land – Fluss mit Bildtafeln
Wimmelbilder á la Mitgutsch gibt es einige in dem Bildsuchspiel KALEIDOS von eg Spiele. Da führt ein Seniorkapitän seine Enkel durch sein Archiv, da schraubt ein Mechaniker an seiner Honda, Fantasywesen schweben über Mayawelten und ein Kind träumt sich ins Wunderland. Einerseits real, anderseits irreal wird Mögliches und Unmögliches miteinander verknüpft. Zwölf detailverliebte Motive in Schachtelgröße stellt Spartaco Albertarelli seinen zwei bis vier Spielern oder Teams für Beobachtungsschlachten zur Verfügung.
KALEIDOS ist nichts anderes als das altbekannte Stadt, Land, Fluss mit Bildvorgaben als gedanklicher Hilfe. Ein Buchstabe wird erdreht, dann suchen alle unter dem Druck des Sanduhrrieselns passende Begriffe, die dann ausgewertet werden. Gültige Worte bringen, allein genannt, fünf Punkte, sonst nur einen. Die Suche endet nach 12 Bildern oder vorher verabredeten niedrigeren Rundenzahlen.
KALEIDOS lebt von den fantasievollen Wimmelbildern, auf denen es viel zu entdecken gibt. Da die eigentliche Spielidee nichts Neues bietet, hätte der Verlag zumindest den Grafiker erwähnen sollen. Der Jury Spiel des Jahres ist das Spiel von Spartaco Albertarelli 1995 immerhin ein Platz auf der Auswahlliste wert.
Wieland Herold
Spieletelegramm:
Titel: KALEIDOS
Verlag: eg Spiele
Autor: Spartaco Albertarelli
Grafik: o.A.
Spielerzahl: 2-4 oder Teams
Alter: ab 14 Jahren
Spieldauer: ca. 60 Minuten
Preis: ca. 39.- DM
Die Rezension erschien 1995 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 17/ 1995 R 112/2020
Zum Spiel:
KALEIDOS landete in Deutschland 1995 auf der Auswahlliste zum Spiel des Jahres. Ein Jahr später gewann es den As d’Or als bestes Partyspiel in Frankreich.
Die Neuausgabe 2008, diesmal mit Illustrationen von Marianna Fulvi und Elena Prette, wurde erneut für den As d’Or als bestes Gesellschaftsspiel nominiert und gewann 2009 den Deutschen Lernspielpreis.
Sonntag, 13. September 2020
DIE MAULWURF-COMPANY
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Kampf um die goldene Schaufel
Was thematische Verpackung ausmachen kann, beweist Ravensburger aktuell mit DIE MAULWURF-COMPANY. Virginia Charves Grundidee ist schon gut 15 Jahre alt, erschien ursprünglich als INNER CIRCLE bei MB und als TOP STAR bei Spear. Bertram Kaes, der für Ravensburger unterhaltsame Spiele wie DAS NILPFERD IN DER ACHTERBAHN und NOBODY IS PEREFECT umgesetzt hat, verpasst Virginia Charves Idee eine Einkleidung, die plötzlich ein nachgefragtes Spiel aus TOP STAR & Co. macht.
Charves Idee basiert auf einem dreidimensionalen Aufbau, in dem sich die Spieler durch mehrere Spielplanschichten über Etagenlöcher nach unten arbeiten müssen, sodass am Ende nur einer übrig bleibt. Wieso nicht vor Kaes jemand auf die naheliegende Buddel-Idee für Maulwürfe gekommen ist, wird genauso ein Rätsel bleiben, wie ein TOP STAR, der in die Tiefe geht.
Die oberste Buddelebene besitzt noch 13 Löcher, um die sich zu viert 24 kleine Grabowskis streiten. Bewegt werden diese mit Hilfe von Zugscheiben, die alle sechs Runden neu aktiviert werden. Sind die 13 Buddellöcher gefüllt, wird die Zahl der Maulwürfe auf acht, dann auf vier reduziert, bis schließlich der Gewinner nach einer knappen dreiviertel Stunde feststeht und die goldene Schaufel erreicht hat.
DIE MAULWURF-COMPANY ist ein rundum stimmiges Familienspiel, sehr ansprechend von Ravensburger umgesetzt, bei dem Glück und Taktik sich die Waage halten.
Wieland Herold
Spieletelegramm:
Titel: DIE MAULWURF-COMPANY
Verlag: Ravensburger
Autor: Virginia Charves, Bertram Kaes
Grafik: Walter Pepperle
Spielerzahl: 2-4
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 45 Minuten
Preis: ca. 39.- DM
Die Rezension erschien 1995 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 16/ 1995 R 111/2020
Zum Spiel:
Die Vorgeschichte des Spiels habe ich in meiner damaligen Rezension schon ausführlich gewürdigt. Was ich damals in der Rezension nicht erwähnt habe, ist, dass Ravensburger noch in Nürnberg 1995 das Spiel ausschließlich als Idee von Bertram Kaes vorstellte. Die neuen Redakteure von Ravensburger kannten die Vorgängerspiele wahrscheinlich gar nicht und ein alter Hase wie Erwin Glonnegger war schon einige Jahre pensioniert. Immerhin reagierte der Verlag auf die aufkommende Kritik und arrangierte sich mit der eigentlichen Autorin, die nun auch erwähnt wurde.
Die Erfolgsgeschichte lässt sich dann ebenfalls sehen. Die Maulwürfe landeten auf der Auswahlliste zum Spiel des Jahres 1995 und erreichten immerhin den vierten Platz beim Deutschen Spielepreis.
Samstag, 12. September 2020
DRUNTER & DRÜBER
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Auf der Bestenliste:
Spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen
Ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen gibt es in diesem Jahr um den Titel "Spiel des Jahres". Ein Kampf David gegen Goliath, wenn man die hinter den Spielen stehenden Verlage betrachtet: David "Hans im Glück" aus München gegen den Goliath aus Ravensburg, der mit DAS LABYRINTH DER MEISTER hochkarätige Konkurrenz ins Rennen schickt.
Bernd Brunnenhofer, der auf dem Spieleautorentreffen Ende Juni in Göttingen erfreut feststellte, dass sein Verlagskürzel HIG zu Autokennzeichenehren in unserer Region gekommen ist, leitet einen Einmannbetrieb, der schon in den letzten Jahren sehr erfolgreich war. Er ist bekannt für gut ausgewählte Autorenspiele in seinem Verlagsprogramm. Mit GREYHOUNDS war Brunnenhofer als Autor und Produzent schon einmal auf der Bestenliste; 1989 unterlag der Verlag mit Rudi Hoffmanns MAESTRO nur knapp CAFÉ INTERNATIONAL vom gleichen Autor. In diesem Jahr hat der Münchner Kleinverleger mit Klaus Teuber den erfolgreichsten jungen Autor der letzten Jahre für sich gewinnen können. Teuber hat den Titel schon 1987 für BARBAROSSA und 1990 für ADEL VERPFLICHTET erhalten. Diesmal geht er mit DRUNTER & DRÜBER ins Rennen.
Das Spiel ist erneut ein Volltreffer Teubers. Es besitzt ähnlichen Spielreiz wie sein Siegerspiel des letzten Jahres. Teuber versetzt seine Spieler nach Schilda. Wie immer ist dort wieder einmal nicht alles in Ordnung: Die Schildbürger haben vergessen, Straßen, Mauern und Flüsse in ihrer Stadt zu bauen. Diese Arbeit sollen ihnen in dem Spiel 2 bis 4 Spieler abnehmen, die, so recht nach Schildbürgermanier, kreuz und quer, auch über schon stehende Häuser ihre Bautrupps durch die Stadt schicken können. Der Witz des Spiels liegt darin, dass jeder Spieler zu Beginn geheim eine Gebäudesorte zugelost bekommt, die er durch geschickten Straßen- und Mauerbau zu schützen versucht, damit sie nicht überbaut werden.
Eine gewisse Mithilfe bieten die vielen kleinen Toilettenhäuschen in der Stadt, da diese erst nach Abstimmung aller Spieler überbaut werden dürfen. Wer hier aber zu früh zu erkennen gibt, dass er z.B. das dreieckige Rathaus schützen will, der findet am Ende kaum noch Rathäuser auf dem Spielplan.
Ein fantastisches Spiel, witzig produziert, mit dem einzigen Manko, dass ein Kleinverleger es auf den Markt gebracht hat. In den letzten zehn Jahren haben nur Branchenriesen den Preis erhalten, da die Jury nur ihnen zutraute die erforderlichen 200.000 bis 300.000 Spiele für das aktuelle Weihnachtsgeschäft zu produzieren. In dieser Größenordnung spielt sich die Nachfrage nach der Titelvergabe mindestens ab.
Wieland Herold
Spieletelegramm:
Titel: DRUNTER & DRÜBER
Verlag: Hans im Glück
Autor: Klaus Teuber
Grafik: Franz Vohwinkel
Spielerzahl: 2 - 4
Alter: ab 9 Jahren
Spieldauer: ca. 30 - 45 Minuten
Preis: ca. 29.- DM
Die Rezension erschien 1991
Wertung Spielreiz damals 8 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 8/ 1991 R 110/2020
Zum Spiel und zum Autor:
Meine Skepsis im Vorfeld bestätigte sich zum Glück nicht. DRUNTER & DRÜBER gewann 1991 den Titel, der damit schon der dritte des jungen Zahntechnikers aus Rosdorf bei Darmstadt war. Außerdem landeten Autor und Verlag auf dem 3. Platz beim Deutschen Spielepreis, den der in der Besprechung erwähnte Konkurrent aus Ravensburg gewann.
Neben Klaus Teuber begann damit auch für Bernd Brunnhofer eine Erfolgsgeschichte für seinen kleinen Münchner Verlag der 1994 für MANHATTAN und 1996 für EL GRANDE erneut den Preis gewann, bevor 2001 der ganz große Erfolg mit CARCASSONNE kam.
Das Foto von Klaus Teuber stammt von der Spiel in Essen 1992.
Freitag, 11. September 2020
HEADQUARTER
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Köpfchen - Köpfchen
Wenn Sie noch etwas Repräsentatives für den Platz unter dem Weihnachtsbaum suchen, verbunden mit anspruchsvollem Spielspaß für zwei Personen, dann liegen Sie mit HEADQUARTER genau richtig. Ein großer Holzkopf für dessen Gehirnfüllung eine Menge Holzsteine bereit liegen. Ein Spielpartner bearbeitet die linke, der andere die rechte Gehirnhälfte. Dazu wird aus einem Sack blind ein aus zwei Holzwürfeln beklebter Stein gezogen, der meist zweifarbig ist. Diese Steine können senkrecht in die eigene Kopfseite eingebaut werden, aber auch waagrechtes Einsetzen ist möglich, so dass die zweite Farbe sich auf der Gegenseite auswirkt. Spielziel ist es, möglichst große zusammenhängende Flächen einer Farbe auf der eigenen Kopfseite zu erreichen. Das ist gar nicht so einfach, da der Mitspieler immer dazwischen funkt.
HEADQUARTER ist ein reizvolles Spiel für zwei Personen und ein fantastisches - allerdings auch etwas teures - Spielobjekt, das Sie sicherlich nicht wieder in die Schachtel packen, sondern auffällig in ihrem Wohnzimmer platzieren werden. Eine Aufforderung für viele weitere Partien.
Wieland Herold
Titel: HEADQUARTER
Verlag: Theta bei ASS
Autor: Michael Sohre
Spielerzahl: 2
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: 10 Minuten
Preis: ca. 100.- DM
Die Rezension erschien 1996
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: gerne morgen wieder
Spiel 18/ 1996 R 109/2020
Zum Spiel und zum Autor:
HEADQUARTER wurde 1995 unter dem Theta-Label von Michael Sohre und Werner Falkhoff in Essen vorgestellt. Ein Jahr später übernahm ASS das Spiel.
Michael Sohre war neben Wolfgang Großkopf der erste Spieleautor aus der DDR, der im Westen präsent war. Sohre war zu DDR-Zeiten Produktionsleiter für die Defa, aber auch schon vor 1989 interessierte sich der ausgebildete Werkzeugmacher für die Spielzeugentwicklung und entwarf Baukastensysteme.
1993 gründete er mit dem Bonner Werner Falkhof, der gerade mit PUSHER reüssierte (Auswahlliste 1993) den Theta Verlag, der 1995 für Sohres TRI-BA-LANCE mit dem Sonderpreis Schönes Spiel ausgezeichnet wurde und in Frankreich den „Super As D’Or“ erhielt. Folgeprodukte wie HEADQUARTER und HANDICAP waren weitere herausragende Spiele.
Die Designobjekte von Theta setzten sich leider nie so richtig durch. Zwischenzeitlich übernahm sie ASS, dann stellte die Firma aber ihre Produktion ein.
Seit der Jahrtausendwende experimentierten beide in Kleinmachnow mit einem Material, das zu neuer ästhetischer Qualität im Brettspielbereich führen sollte. Sohre wandte sich vom Holz ab und begab sich auf die Suche nach Möglichkeiten, Kunststoffe zu ersetzen. Ihr Ergebnis nannten sie „THETA-Stone“. Ihr Geheimrezept lässt wie Steinholz eine sehr kurze kalte Aushärtung von nur zwei Stunden zu. Abgeformt wurde in kostengünstige Kautschukformen, Figuren, Objekte einzeln, Spielsteine in Platten, die mit Wasserstrahltechnik exakt geschnitten werden. Die Nachbearbeitung fand wie bei Holzfiguren in Schleiftrommeln statt. In Spielen wie LETTER STONE und einer Neuauflage von MINOTAURUS zeigten sie die Qualitäten des Stoffes.
2011 verstarb Sohre leider viel zu früh mit 62 Jahren, drei Tage vor seiner liebsten Spielemesse in Essen.
Das obere Bild zeigt Michael Sohre in Essen 1995, wo das Spiel noch im Eigenverlag THETA vorgestellt wurde.
Mittwoch, 9. September 2020
IRRGENDWIE
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Wie kommt die Maus zum Käse?
Irgendwie kommen die drei kleinen Holzmäuschen zu ihren drei Käsestücken, aber wie? Verirren ist an der Tagesordnung, da Irrwege eine Vorliebe dieser kleinen Feld- und Wühlmäuse sind.
Silvia Heinz und Dieter Matthes von Pyramo ist wieder einmal ein wunderschönes Holzsolospiel geglückt, dem auch gute Chancen bei der Vergabe für den Titel "Schönstes Spiel des Jahres" eingeräumt werden dürfen. Die beiden Autoren und Produzenten sind bekannt für kniffliges Holzspielzeug. Besucher des Göttinger Autorentreffens können am 30. Juni in der Stadthalle, wie auch in den letzten Jahren schon, die schönen und vertrackten Spiele aus Bernried in Bayern bewundern. Die Mäuse werden auch dabei sein, und Sie können sich versuchen, ob es Ihnen gelingt, 18 dominoähnliche "Spurensteine" so auf dem quadratischen Spielfeld anzuordnen, dass jede Maus auf einer durchgehenden Spur zum eigenen Käse gelangt. Damit der erste Erfolg nicht zu schnell überheblich macht, liegen dem Spiel 56 Legeaufgaben bei, die Beschäftigung für lange, einsame Abende bieten. Die Lösungen werden nicht mitgeliefert, ein zu schnelles Nachblättern ist nicht möglich. Für ganz Verirrte schickt Sivia Heinz aber einen "Irrwegweiser" nach.
Die Jury hat mit IRRGENDWIE zurecht ein ganzes Solospielprogramm der Firma "Pyramo" gewürdigt, das neben der Solo-Spurensuche vor allem mit SCHLANGENGRUBE und QUADROMANIE schon lang bekannte Holzspiele enthält. Sollte es den Holzmäuschen gelingen, einmal auf die richtige Spur gesetzt, den Weg zum Siegertreppchen zu finden?
Wieland Herold
Spieletelegramm:
Titel: IRRGENDWIE
Verlag: PYRAMO
Autoren: Heinz, Silvia Mathes, Dieter
Grafik: o.A.
Spielerzahl: 1
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ab 10 Minuten
Preis: ca. 49.- DM
Die Rezension erschien 1991
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 6/ 1991 R 109/2020
Zum Spiel:
Von 1982 bis 1995 hat der kleine PYRAMO-Verlag eine ganze Reihe von anspruchsvollen Solitär-Spielen und dreidimensionalen Puzzles - überwiegend in Holz und Handarbeit gefertigt - herausgebracht. IRRGENDWIE war das erfolgreichste Spiel des kleinen Verlages. Den Titel „Schönstes Spiel“ gewann es zwar 1991 nicht, aber immerhin reichte es zum Platz auf der Auswahlliste zum Spiel des Jahres.
Besonders gefallen fand ich damals auch an einem frühen Spiel des Verlages, der SCHLANGENGRUBE aus dem Jahr 1985. Diese Idee landete als DAS GLASTROPFENSPIEL 1990 bei Ravensburger.
Auf der Seite der Verlegerin und Autorin Silvia Heinz-Matthes (www.pyramo.de) findet man heute noch Lösungen zu den damaligen Aufgaben.
Dienstag, 8. September 2020
INVERS
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Spielehits des 91er-Jahrgangs
Vielleicht wird das neue Spiel des Jahres 1991 INVERS, das erste Spiel nur für zwei Personen das den Titel erhalten könnte. Erfunden hat es der Belgier Kris Burm, es ist sein allererstes Spiel, das gleich so erfolgreich einschlägt. INVERS gehört zu den kleinen taktischen Spielen, die schnell erklärt sind, deren Feinheiten sich aber erst nach mehrmaligem Spielen erschließen.
Ein ,,Schiebe- und Umdrehspiel" sei es, verspricht der Untertitel, und so ist es dann auch: 18 rote und 18 gelbe Spielsteine liegen wechselseitig auf einem quadratischen Spielplan. Mit Hilfe eines weiteren Steins wird jeweils ein Spielstein aus dem Quadrat herausgeschoben und umgedreht. Damit wird er ,,invers" und muss - umgedreht - im nächsten Zug wieder - ins Spielfeld geschoben werden, um einen anderen Stein herauszuschieben. Spielziel ist es, als erster alle eigenen Farbsteine umgedreht zu haben.
Ein schnelles Spiel, bei dem immer genügend Zeit für eine Revanche bleibt. Die Altersempfehlung wird schon für Siebenjährige gegeben. Auch jüngere Kinder können das Spiel schnell verstehen, aber Vor- und Grundschulkinder haben meist Probleme mit dem nicht ideal gelösten Schiebemechanismus. Dafür hat der österreichische Verlag im Plastikspielbereich Neuland beschritten. Spielsteine und Spielbrett sind aus recyclingfähigem Kunststoff hergestellt. Zum Recycling ist das Spiel aber viel zu schade.
WIELAND HEROLD
Spieletelegramm:
Titel: INVERS
Verlag: Peri
Autor: Kris Burm
Grafik: o.A.
Spielerzahl: 2
Alter: ab 7 Jahren
Spieldauer: ca. 20 Minuten
Preis: ca. 30.- DM
Die Rezension erschien 1991
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: gerne morgen wieder
Spiel 5/ 1991 R 108/2020
Zum Spiel und zum Autor:
Kris Burms erstes Spiel war gleich ein großer Erfolg. Er landete mit INVERS auf der Auswahlliste für das Spiel des Jahres 1991.
Der 1957 geborene belgische Autor ist vor allem bekannt durch sein GIPF-Projekt, mit Ideen, die er ursprünglich im Eigenverlag Don & Co herausgebracht hat, die später dann zuerst bei Schmidt und ab 2016 bei HUCH! erschienen.
Mit fast allen Spielen dieser Reihe landete er auf der Auswahl- oder späteren Empfehlungsliste für das Spiel des Jahres. Darunter GIPF selbst 1998, ZÈRTZ (2000), DVONN (2002), PÜNCT (2006) und TZAAR (2008).
Das Bild stammt aus Essen 1997, bei der erstmaligen Präsentation von GIPF.
Montag, 7. September 2020
DER DIEB VON MARADAD
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Trainingsspiele für den Prozentekampf
"Darf's ein eine bisschen mehr sein?" - diese übliche Frage am Fleischstand beim Abwiegen der Mettwurst wird jetzt nach Aufhebung des Rabattgesetzes eher umgekehrt häufiger gestellt werden. Nicht nur die obligatorischen 3 Prozent sind bei Barzahlung abziehbar, Verhandlungsgeschick lässt locker zusätzliche DM sparen.
Wie auf einem orientalischen Basar wird es nun in bundesdeutschen Geschäften zugehen, prophezeien die Kritiker. Damit Sie gewappnet sind für diese neuen Auseinandersetzung im geschäftlichen Alltag, sollten Sie Ihre Verhandlungstaktiken spielerisch vorher erproben.
Manfred Schüling, Berliner Spieleautor - im letzten Jahr erfolgreich mit ZATRE auf der Liste der besten Spiele des Jahres vertreten-, zaubert mit dem DIEB VON MARADAD märchenhafte, orientalische Basarstimmung in ihr Wohnzimmer. Die ganze Geschichte spielt auf einem staubigen, orientalischen Marktplatz. Einmal in der Woche (und so oft sollte man den DIEB VON MARADAD mindestens spielen) treffen sich vier Familien, um ihre Antiquitäten, Kunstschätze, aber auch Ramschwaren zu verkaufen. Sie stellen Marktstände auf, breiten dort ihre Waren aus und versuchen sie an den Mann zu bringen. Mit 3000 Slumpies, der Währung dieses Fantasiestaates, ausgerüstet, feilscht man, um möglichst billig wertvolle Kunstschätze zu erwerben. Verhandlungsgeschick ist beim Aufbau einmaliger Kunstsammlungen nötig. Man sollte sich aber, wie auf jedem Basar, vor Fälschungen, Kopien und drittklassiger Qualität hüten. Solche Güter packt man am besten schnell auf den eigenen Verkaufstisch, um sie weiter zu verhökern. Ganz raffiniert wird es, wenn der DIEB VON MARADAD umgeht, da er nicht einfach Gegenstände klaut, sondern gegen wertlose Attrappen eintauscht. Am Ende gewinnt natürlich der tüchtigste Händler mit der größten und wertvollsten Sammlung und den meisten Slumpies.
Manfred Schüling hat mit diesem neuen Spiel erneut einen Volltreffer gelandet. Spielrunden mit Spaß an kommunikativen Prozessen werden sich herrlich amüsieren können. Das Spiel gibt es bisher nur in einer Kleinauflage, die vom Autor liebevoll selbst gefertigt wird. Das hat zwar seinen Preis, Sie werden aber mit dieser spielerischen Schulung die hundert Mark locker wieder bei ihren nächsten Einkäufen 'rausholen.
Wieland Herold
Spieletelegramm:
Titel: DER DIEB VON MARADAD
Verlag: Eigenverlag Schüling-Spiele, Zähringerstr. 1a, 10707 Berlin
Autor: Manfred Schüling
Grafik: o.A.
Spielerzahl: 4
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 60 - 120 Minuten
Preis: ca. 120.- DM
Die Rezension erschien 1994 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 6/ 1994 R 107/2020
Zum Spiel und zum Autor:
Der Berliner Autor Manfred Schüling ist vor allem durch ZATRE Anfang der 90er Jahre bekannt geworden. Dieses Spiel brachte er zuerst in einer Kleinstauflage im Eigenverlag heraus, 1993 erschien es bei Peri und landete auf der Auswahlliste für das Spiel des Jahres.
Einen ähnlichen Erfolg erhoffte sich Schüling für den DIEB VON MARADAD, der aber nur in seinem Kleinverlag erschien.
Das Bild zeigt den Berliner Autor 1994 auf dem Autorentreffen in Göttingen mit seinem Spiel.
Sonntag, 6. September 2020
BUZZLE
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Was lässt sich nicht alles aus den Formen „CIiu“ bilden? Wenn Sie sich den kleinen I-Punkt wegdenken, haben Sie die Basis für das gesamte Alphabet. Drei Freunde aus den USA haben 1981 diese geniale Grundidee zu einem außergewöhnlichen Wortspiel verarbeitet, das sie RUNES nannten und im eigenen Verlag EON Products veröffentlichten.
Nur wenige in Deutschland kannten das Spiel, das Franz-Josef Herbst als BUZZLE 1994 auf der Spiel in Essen vorstellte. Beim Buchstaben-Puzzle der drei Autoren schreibt jeder Spieler ein Geheimwort aus fünf Buchstaben auf, das es zu entschlüsseln gilt. Dazu werden die BUZZLE-Formen als Rateversuch unter einen Spielplan eines Mitspielers gelegt. Ist das kleine Teil enthalten, wird es in das Buchstabenfeld gelegt. Der fragende Spieler bekommt einen Punkt auf einer Wertungsskala gutgeschrieben und darf weiterraten. Stimmt das Teil nicht, bekommt der Antwortende einen Punkt und der nächste Spieler ist an der Reihe.
Mit Hilfe der wachsenden Informationen dürfen Rateversuche zu den Schlüsselwörtern gestartet werden. Wer einen Volltreffer landet, bekommt fünf Extrapunkte und jeweils einen für die noch zu ergänzenden kleinen Teile. Wer daneben liegt, kassiert entsprechend seiner zu ergänzenden Teile aber auch Minuspunkte.
Hat ein Spieler 25 Punkte erreicht und errät dann noch ein weiteres Geheimwort, ist dieser Sieger einer BUZZLE-Partie. Vergessen Sie SCRABBLE, viel origineller ist BUZZLE als geniales Wortspiel mit deduktiven Anklängen.
Wieland Herold
Spieletelegramm:
Titel: BUZZLE
Verlag: Franjos
Autoren: Eberle, Bil, Kittredge, Jack, Olotka, Peter
Grafik: Franz-Josef Schulte
Spielerzahl: 2-4
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 29.- DM
Die Rezension erschien 1995 unter www.spielundautor.de
Wertung Spielreiz damals 8 von 10 Sternen,
das entspricht: gerne morgen wieder
Spiel 15/ 1995 R 106/2020
Zum Spiel:
BUZZLE landete 1995 nur auf der Auswahlliste der Jury Spiel des Jahres. Im gleichen Jahr gewann es auch den 7. Platz beim Deutschen Spielepreis.
Eine Neuauflage von BUZZLE erschien 2007 bei Franjos.
Das Foto zeigt "Franjos" Herbst auf der Spiel 1994 bei der Vorstellung des Spiels.
Samstag, 5. September 2020
MEDICI
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Gleich zwei von den sieben Spielen der diesjährigen Empfehlungsliste für das Spiel des Jahres 1995 spielen in Italien im 15. Jahrhundert. In CONDOTTIERE geht es um die Kämpfe der vielen Stadtstaaten, in MEDICI von Reiner Knizia speziell um die Handelsmetropole Florenz und den Aufstieg reicher Kaufleute durch den Handel mit Farben, Tuchen und Gewürzen.
MEDICI ist ein Versteigerungsspiel um Warenkarten in unterschiedlicher Wertigkeit von 0 bis 5 Einheiten, ein neutraler 10er Wert spielt eine besondere Rolle in der ersten Wertungsphase. Mit dem Startkapital von 40 Florentiner Münzen steigen alle ein, je nach Spielerzahl sind zwischen 18 und 36 Warenkarten im Spiel.
Der Startspieler deckt bis zu drei Karten auf, um die dann als Gesamtpaket einmalig reihum geboten wird. Der Spieler mit dem höchsten Gebot bekommt alle Waren. Innerhalb einer Spielrunde darf jeder nur maximal fünf Karten ersteigern. Wer mit drei Warenkarten beginnt, muss bei folgenden Dreierpaketen passen. Ist bei allen das Lager gefüllt, wobei der letzte seine fünf Karten einfach vom Stapel ergänzt, endet die Spielrunde.
In der Auswertung wird zuerst ermittelt, wer den höchsten Warenwert besitzt, der bekommt 30 Florentiner gutgeschrieben. Bis auf den vorletzten Platz gehen die meisten nicht leer aus. Der zweite Blick gilt den Warenkontoren, in denen die Einkäufe bilanziert angezeigt werden. Wobei jede Warenkarte unabhängig von ihrem Wert die Bilanz um einen Schritt verbessert, die 10er-Karte bringt hierbei nichts ein. Die Sieger in den fünf Kontoren gewinnen jeweils 10 Florentiner, die Zweitplatzierten immerhin noch 5.
In ähnlicher Weise läuft die zweite und dritte Spielrunde ab, wobei Spitzenfelder Sonderprämien von 10 und 20 Florentiner einbringen. Wer nach der dritten Runde das größte Vermögen besitzt, gewinnt MEDICI nach einer knappen Stunde.
Knizias Kalkulationen in MEDICI beziehen sich immer auf das Gesamtvermögen, das über den Sieger entscheidet, das aber auch für die wichtigen Versteigerungsphasen genutzt werden muss. Sein Kalkül ist durch die Warenbegrenzung auf fünf Karten besonders raffiniert. Da kann man zwar auf die kostenlosen letzten Karten spekulieren, sollte aber schon gezielter vorgehen, um am Ende seine Florentiner-Truhe am besten gefüllt zu haben. Konzentration auf das Wesentliche – und das sind meistens die Boni – machen den Reiz des Spiels von Knizia aus. MEDICI ist ein Klassiker unter den Versteigerungsspielen, kommt aber nicht ganz an MODERN ART (Hans im Glück, 1992) heran.
Wieland Herold
Spieletelegramm:
Titel: MEDICI
Verlag: Amigo
Autor: Reiner Knizia
Grafik: Franz Vohwinkel
Spielerzahl: 3-6
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 60 Minuten
Preis: ca. 25.- DM
Die Rezension erschien 1995
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: gerne morgen wieder
Spiel 14/ 1995 R 105/2020
Zum Spiel und zum Autor:
MEDICI landete nicht nur auf der Auswahlliste der Jury Spiel des Jahres. 1995 gewann es auch den 5. Platz beim Deutschen Spielepreis.
Reiner Knizia, der weltweit produktivste Spieleautor, der auf inzwischen über 700 Spieleveröffentlichungen stolz sein kann, hatte bis 1995 schon einige Auszeichnungen gewonnen, darunter für QUO VADIS, TUTANCHAMUN und MODERN ART.
Die besondere Leistung für die spielerische Adaption von DER HERR DER RINGE zeichnete die Jury „Spiel des Jahres“ mit dem Sonderpreis „Literatur im Spiel“ 2001 aus.
2008 erhielt er für KELTIS erstmals den Titel Spiel des Jahres und das gleichzeitig im Doppelpack, da WER WAR’S den blauen Pöppel bekam.
Das Bild stammt vom Goldsieber-Abend 1996, zu sehen sind die damaligen Jungstars der Szene Klaus Teuber und Reiner Knizia.
Freitag, 4. September 2020
CONDOTTIERE
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Ziemlich teuer kommt CONDOTTIERE von Eurogames daher. Geboten wird aber einiges in diesem kartengesteuerten Strategiespiel mit einem metallischen Condottiere, der sage und schreibe 150 Gramm Lebendgewicht auf die Küchenwaage bringt. Fein ziseliert ist er eine „naturgetreue Nachbildung der Statue des Condottiere Colleoni“, wie in der Spielanleitung zu lesen ist. Sie steht real heute noch in Venedig und zählt zu den bekanntesten Reiterstatuen weltweit.
Wegen einer solch gewichtigen Figur kauft man in der Regel kein Spiel, es muss schon was taugen. Die Idee des französischen Autors Dominique Ehrhard, der bisher durch das Ballonspiel MONTGOLFIERE auffiel, und des Italieners Duccio Vitale, der mit VERTIGO, FIEF 2 und Kriegssimulationen wie KURSK 1943 bisher auf sich aufmerksam machte, würde auch ohne große Startspielerfigur überzeugen.
Zwei bis sechs Anführer von Söldnerarmeen, Condottiere eben, streiten um frühneuzeitliche Provinzen Italiens. Im Zeitalter der Renaissance entstanden damals Dynastien wie die Medici und Sforza. Der Kampf um die 17 Regionen Italiens wird Runde für Runde mit zu Beginn zehn Spielkarten ausgefochten. Das sind meistens Söldnerkarten mit Kampfwerten zwischen 1 und 10. Vogelscheuchen, Trommler, Bischöfe, Übergabe-Karten, Heldinnen und Wintereinfall ergänzen die Kartenoptionen.
Die Kartenschlachten um die Provinzen enden, wenn beispielsweise in Viererrunden ein Spieler über ein Territorium von vier angrenzenden Regionen verfügt, im Duell müssen es sechs sein. Die Spielrunden enden, wenn nur noch ein Spieler Karten besitzt, danach gibt es für jeden wieder den vollen Satz mit zehn Spielkarten, zusätzlich Karten für eroberte Provinzen.
Die Karten müssen damit für mehrere Kampfrunden ausreichen. Wer keine Chancen sieht oder kein Interesse an der umkämpften Provinz besitzt, die jeweils der Besitzer der CONDOTTIERE-Figur festlegt, kann aussetzen. Der Kampf um ein Gebiet endet, wenn alle gepasst haben oder ein Spieler die Karte „Übergabe“ spielt. Der Wert der Söldnerkarten wird dann unter Berücksichtigung der Sonderkarten addiert. Der Spieler mit der stärksten Armee stellt dann einen Holzturm ins eroberte Gebiet und erhält den CONDOTTIERE.
Der Spielreiz ergibt sich aus den Kartenschlachten, die Prise Pfeffer bringen die Spezialkarten. So dient die Vogelscheuche dem Kartenrückzug. Eine ausgespielte Karte darf wieder auf die Hand genommen werden. Wer scheinbar mächtig mit einem 10er-Söldner in die Auseinandersetzung zieht, kann den mit Hilfe der Scheuche wieder zurückziehen. Der Wintereinfall zerstört auch manche Hoffnungen, da er alle Kartenwerte auf 1 reduziert, nur die Heldin bleibt verschont. Noch radikaler wirkt der Bischof, denn sein kirchlicher Einsatz beendet jeden Kampf.
CONDOTTIERE besitzt seine Stärken im Kampf zu dritt und zu viert, mit mehr Spielern kann es sich ziehen, da immer wieder neue Allianzen geschmiedet werden, die den Führenden ausbremsen. Die Jury Spiel des Jahres würdigt zurecht dieses Kartenspiel mit einem Platz auf ihrer 95er Auswahlliste.
Wieland Herold
Spieletelegramm:
Titel: CONDOTTIERE
Verlag: Eurogames
Autoren: Ehrhardt, Dominique, Vitale, Duccio
Spielerzahl: 2-6
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: ca. 60 - 90 Minuten
Preis: ca. 69.- DM
Die Rezension erschien 1995
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: gerne morgen wieder
Spiel 13/ 1995 R 104/2020
Zum Spiel:
CONDOTTIERE landete nicht nur auf der Auswahlliste der Jury Spiel des Jahres. 1995 gewann es auch den französischen Spielepreis Super As d’Or. Außerdem reichte es zum 10. Platz beim À la Carte Kartenspielpreis der Fairplay.
2007 gab es eine Neuauflage beim Heidelberger Spieleverlag.
Donnerstag, 3. September 2020
ZÜNDSTOFF
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Gesprächsstoff lieferte Michael Kiesling aus Weyhe bei Bremen auf der, was größere Spiele angeht, neuheitenarmen SPIEL '95 genug. Ein Newcomer, der seine Spiele an einem recht großen Stand wie ein Etablierter präsentierte. Dass die ganz großen Verlage Freiräume für kleinere lassen, hat sich wohl auch bis Bremen herumgesprochen, so dass Kieslings mutige Devise: Nicht kleckern, klotzen! manches Erstaunen hervorrief.
Dabei ist Kiesling mit seinem neu gegründeten 1X1 Spiele - Verlag durchaus professionell an das Abenteuer Spielewelt herangetreten. Seine Marktanalyse hat die oben erwähnten Defizite bei den Branchenriesen ergeben. Er hat den Einstiegserfolg von Goldsieber mit verfolgt und, was sicherlich nicht das Unwichtigste war, er hatte drei gute eigene Spiele in der Hinterhand. Zwei Spiele davon hat er in Essen vorgestellt, beide mit gewöhnungsbedürftigem Regelwerk, aber guten Spielideen, beide professionell gemacht.
Mit dem Großen von den beiden, ZÜNDSTOFF, werde ich mich hier weiter beschäftigen. Es kommt vielversprechend daher, verpackt wie die Highlights von F.X. Schmid, peppige Grafik, auch der Inhalt geht in Ordnung. 15 runde Planetenscheiben, eine Sonnenscheibe, die auf einem 4x4 Raster einen immer wieder veränderbaren Spielplan ergeben, dazu je ein Satz Spielkarten für zwei bis fünf Spieler, kleine Sonnenbrillenchips und Plastikpöppel als Spielfiguren. Bis auf die Pöppel, die ich ein für allemal aus guten Spielen verbannt wähnte, ist das Spielmaterial in Ordnung.
Die Spielgeschichte vergessen Sie am besten schnell wieder, das Spiel lebt von seiner Mechanik, weniger von seiner Hintergundgeschichte: Bei einem Wettlaufspiel verursacht durch Ganoven von der Erde zur Sonne wird um den Titel "All-Capone" gerungen, derjenige, der als erster zwei verschiedenfarbige Sonnenbrillenchips ergattert, erhält den Titel.
Anfangs starten die Spieler in ein finsteres Universum, alle Planetentafeln sind, bis auf den Startplaneten, die Erde, und das Zielfeld, die Sonne, verdeckt. Von der Erde ausgehend, weisen drei verschiedenfarbige Raketenköpfe in unterschiedliche Richtungen. Diese Raketen sind auch auf den anderen Planetenscheiben abgebildet. Im Spielverlauf geht es darum, durch geschicktes Ablegen seiner Spielkarten Raketenflüge zu ersteigern, Planeten oder die Sonne zu drehen. Dazu besitzt jeder Spieler einen identischen Kartensatz mit einer Karte zum Drehen der Sonne, zwei Karten für die Planetenrotation, jeweils zwei Karten für die drei Raketenfarben und zwei Jokerkarten. In jede Spielrunde müssen zwei Karten eingebracht werden. Wenn die erste Handkarte verdeckt gespielt wurde, decken alle Spieler diese Karte auf. Erst dann wird die zweite Karte erneut verdeckt gelegt. Zuerst wirken sich die Sonnenkarten und Planetenkarten aus und bringen dabei schon Vieles durcheinander. Dann dürfen die Spieler fliegen, die am meisten Punkte für den Flug mit einer Raketenfarbe geboten haben. Zu Beginn fliegt man sozusagen ins Blaue auf den Nachbarplaneten, der nun aufgedeckt wird. Im Laufe des Spiels eröffnet das All aber seine ungeahnten Möglichkeiten. Den farbigen Raketenspitzen folgend, sind Flüge über viele Planeten möglich, bis man schließlich zur Sonne gelangt, wenn das Zutrittsfeld zur Sonne die gerade benutzte Raketenfarbe zeigt. Dafür erhält man dann die entsprechende Sonnenbrille und fliegt sofort wieder zur Erde.
ZÜNDSTOFF ist ein gewöhnungsbedürftiges Spiel, zumal die Regel den Zugang nicht leicht macht, diese Hürde sollte man aber nehmen, denn dann eröffnen sich mit dem Spiel durchaus spielerische Reize. Die Bedeutung der Kartenablage, das Zurückhalten bestimmter Farben, der rechtzeitige Einsatz der Sonnenkarte oder der Planetenkarten werden taktisch erst nach dem dritten oder vierten Spiel gezielter genutzt. Dann geht die Post ab in diesem Spiel, das 20 bis 30 Minuten dauert und sich daher für einige Wiederholungen anbietet.
Dass 1x1 Spiele keine Eintagsfliege bleiben wird, belegen die zahlreichen Besuche auch renommierter Autoren bei diesem neuen Verlag während der Spiel '95. Michael Kiesling ist entschlossen, auf hohem Qualitätsniveau weiterzuarbeiten. Drücken wir ihm die Daumen, dass der Zündstoff ausreicht.
Wieland Herold
Spieletelegramm:
Titel: ZÜNDSTOFF
Verlag: 1x1 Spiele
Autor: Michael Kiesling
Spielerzahl: 2-5
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 35.- DM
Die Rezension erschien 1996
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: gerne morgen wieder
Spiel 17/ 1996 R 103/2020
Zum Spiel und zum Autor:
Mit MOGELEI UND ZÜNDSTOFF war Michael Kiesling einmalig auf der Spiel in Essen mit seinem 1x1-Verlag 1995 präsent. Zwei Jahr später begann die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Wolfgang Kramer, zuerst mit HASTE WORTE (F.X. Schmidt) später folgten die Spiele des Jahres TIKAL UND TORRES.
Das Foto von Michael Kiesling stammt von seinem Auftritt mit dem 1x1-Verlag 1995 in Essen.
Mittwoch, 2. September 2020
TIMBERLAND
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Wer die gelben Schachteln kennt, weiß, hier kommt ein Kinderspiel von Haba auf den Tisch. Ganz neu ist ein grünes Schachtelformat aus Bad Rodach und mit der Farbe ändert sich auch die Zielgruppe. Familienspieler will Haba mit diesem neuen Konzept ansprechen und sucht sich zu Beginn auch gleich einen renommierten jungen Autor aus, der vor zwei Jahren das Spiel des Jahres gewann. Klaus Teuber, der in diesem Jahr mit ADEL VERPFLICHTET erneut Chancen auf den begehrten Spieletitel besitzt, hat für Haba mit TIMBERLAND ein Aufforstungsspiel auf einer Waldlichtung entwickelt.
TIMBERLAND läuft über jeweils vier Spielphasen in zwei Jahren. Wer länger spielen möchte, kann die erweiterte Spielregel für drei oder vier Jahre nutzen. Die zwei bis vier Förster starten mit drei bis sechs Früchten und noch mehr Bäumen. Im Herbst, wenn nicht nur die Blätter fallen, sondern auch Eicheln und Bucheckern den Waldboden bedecken, beginnt das Spiel. Kartenwerte regeln die Spielreihenfolge. Zuerst stellt jeder drei seiner Bäume auf die Lichtung, dann werden die Früchte angrenzend verteilt.
Im folgenden Winter durchwühlt ein Wildschwein den Waldboden und sammelt dabei bis zu drei Früchte auf, die dann beliebig verteilt werde. Da nur identische orthogonal angrenzende Bäume als Wald bewertet werden, ist diese dreimalige Wühlphase des Wildschweins besonders wichtig. Im folgenden Frühjahr und Sommer wachsen die Bäume, allerdings nur dann, wenn etwas Lichteinfall vorhanden ist. Das gilt auch für schon existierende Baumriesen, ohne Licht sterben sie ab.
In der Schlussphase des Sommers sorgt der Holzfäller für Auslichtung des Waldes. Vier Runden lang schlägt er geradlinige Schneisen in den Wald. Ziehen darf ihn der Spieler, der die höchste Karte spielt. Die noch stehenden Bäume werden dann gewertet. Ein einzelner Baum bringt nur einen Punkt, zwei bringen drei Gewinnpunkte, zehn Punkte fahren vier und mehr Bäume ein. Dann folgt ein zweites Anbaujahr, das weitgehend nach den bisherigen Regeln abläuft. Wer am Ende die meisten Punkte vorweisen kann, wird Oberförster von Klaus Teubers Baumspiel.
TIMBERLAND ist ein taktisches Schmankerl, bei dem in Vollbesetzung der Konkurrenzdruck ziemlich groß ist, im Duell wird alles überschaubarer. Haba spendiert tolles Material, das herbstliche Stimmung auf das Spielbrett zaubert.
(Wieland Herold)
Spieletelegramm:
Titel: TIMBERLAND
Verlag: Haba
Autor: Klaus Teuber
Spielerzahl: 2-4
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 45.- DM
Die Rezension erschien 1990
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: gerne morgen wieder
Spiel 2/ 1990 R 102/2020
Zum Spiel und zum Autor:
TIMBERLAND war erst das dritte Spiel des Erfolgsautors Klaus Teuber. Nach BARBAROSSA UND DIE RÄTSELMEISTER (1988) erschien neben dem Haba-Spiel 1989 noch EINFALLS-PINSEL bei ASS.
TIMBERLAND landete immerhin auf Platz 9 beim Deutschen Spielepreis, der 1990 erstmalig vergeben wurde. Im gleichen Jahr gewann Teuber, wie damals vermutet, mit ADEL VERPFLICHTET zum zweiten Mal ein Spiel des Jahres, gleichzeitig war dieses Spiel der erste Preisträger in Essen.
TIMBERLAND erschien übrigens 1989 ursprünglich noch in gelber Verpackung, für die Rezension lag mir die grüne Ausgabe vor.
Das Foto von Klaus Teuber stammt von der Spiel in Essen 1992.
Dienstag, 1. September 2020
BARBAROSSA UND DIE RÄTSELMEISTER
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
BARBAROSSA UND DIE RÄTSELMEISTER
Der Erstling des Spieleautors der Neunziger, Klaus Teuber, wird von ASS 1996 neu gestylt wieder herausgegeben. BARBAROSSA UND DIE RÄTSELMEISTER, Spiel des Jahres 1988, gleich am Anfang ein großer Starterfolg Teubers, hat auch nach acht Jahren nichts von seiner Kreativität und Originalität eingebüßt. In diesem Spiel müssen Begriffe geknetet und erraten werden, ein höchst vergnügliches Unterfangen für die ganze Familie. Vor acht Jahren hat BARBAROSSA eine ganze Reihe von Kreativ- und Kommunikationsspielen in Gang gebracht, wobei aber nur ganz wenige die Qualität des Vorbilds erreicht haben. Der große Vorteil der Neufassung: Jetzt können sich nicht nur bis zu vier Spieler am Ratespaß beteiligen, es ist erweitert worden auf die große Familienrunde mit sechs Spielern. BARBAROSSA UND DIE RÄTSELMEISTER gehört zur Grundausstattung jeder Spielesammlung!
Auch die Juniorfassung gibt es in neuer Gestaltung unter dem Titel PHANTASIA IN KINDERHAND (Goldsieber). Teuber ist mit dieser Version zurück zu seinem Ursprungsgedanken gekommen, die Phantasie nämlich durch phantastische Wolkenbilder anregen zu lassen. Diese Spielfassung ist kostengünstiger als BARBAROSSA, spricht auch schon Grundschüler an und eignet sich ebenso gut als Spiel für die ganze Familie.
(Wieland Herold)
Spieletelegramm:
Titel: BARBAROSSA UND DIE RÄTSELMEISTER
Verlag: ASS
Autor: Klaus Teuber
Spielerzahl: 3-6
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 60 Minuten
Preis: ca. 45.- DM
Titel: PHANTASIA IN KINDERHAND
Verlag: Goldsieber Spiele
Autor: Klaus Teuber
Spielerzahl: 3-5
Alter: ab 6 Jahren
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 19.- DM
Die Rezension erschien 1996 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: gerne morgen wieder
Spiel 16 1996 R 101/2020
Zum Spiel und zum Autor:
Die Marke CATAN gilt inzwischen als zweiterfolgreichste nach MONOPOLY. In diesem Jahr feiert das Kultspiel CATAN (früher DIE SIEDLER VON CATAN) seinen 25. Geburtstag. Zum Jubiläum ist auf der Insel Mainau ein überdimensionales CATAN-Feld mit der typischen Wabenstruktur entstanden, das im Juli feierlich eröffnet wurde.
Der gelernte Zahntechniker Klaus Teuber war schon vor CATAN einer der bekanntesten Spieleautoren Deutschlands, hatte er doch schon für sein Erstlingswerk BARBAROSSA 1988 das Spiel des Jahres gewonnen. Es folgten Doppelsiege 1990 und 1991 für ADEL VERPFLICHTET und DRUNTER & DRÜBER.
Den Weg zu dem Jahrhundertspiel CATAN beschreibt Klaus Teuber in dem ganz aktuell zum Jubiläum erschienenen Buch MEIN WEG NACH CATAN, mit dem er seine Leser auf eine Reise in seine persönliche Geschichte und die Spielgeschichte der 60er und der folgenden Jahrzehnte nimmt.
Bei den Puzzlestücken, die Teuber in seinem Weg nach Catan zusammensetzt, spielen Menschen eine entscheidende Rolle, seine Familie, Redakteure und Journalisten, und die eigene Fantasie. Einer der wichtigsten Freunde ist Reiner Müller, der ihn mit BARBAROSSA auf den Weg gebracht hat und CATAN zu Kosmos.
Teubers Geschichte danach ist von dem einmaligen Erfolg geprägt, von den vielen Nachfolgespielen, aber auch der Parallelarbeit, die das TM-Team in den 90er Jahren für den Goldsieber Verlag leistete.
Das Foto mit Klaus Teuber stammt von der Spiel 1994. Ausgewählt habe ich es, weil er hier mit Reiner Müller, den für ihn wichtigsten Redakteur, zu sehen ist. Das TM-Team mit Wolfgang Lüdtke, hat wohl auf dieser Spiel das Programm für Goldsieber ausgeheckt.
BARBAROSSA UND DIE RÄTSELMEISTER landete dann später beim CATAN-Verlag Kosmos, wurde 1998 und 2005 nur unter dem Titel BARBAROSSA neu aufgelegt und erschien 2015 als KNÄTSEL.
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